DAS JÜDISCHE ECHO
DEBATTEN UND TRÄUME 70 Jahre „Das Jüdische Echo“ Jüdisches Leben in Österreich, Europa und Israel
9 783854 396772
Vol. 69/70 2021/22 | 5782
Vorworte
E RN S T H A M M ERSC H M I D, N I N I T SC H AVO L L
70 Jahre „Das Jüdische Echo“ Leon Zelman s. A., geboren 1928 in Polen, wurde als 12-jähriges Kind mit seiner Familie in das Ghetto Łódź deportiert, wo er seine Eltern verlor. 1944 wurden er und sein Bruder in das KZ AuschLeon Widecki witz überführt, wo auch sein BruObmann der ums Leben kam. Er selbst ist in das KZ Ebensee, ein Außenlager des KZ Mauthausen, überstellt worden, das am 6. Mai 1945 befreit wurde. Wien, 1951. Seit dem Sieg über Hitler-Deutschland und seine Alliierten sind gerade einmal sechs Jahre vergangen. Von der einst blühenden jüdischen Gemeinde der Stadt mit fast 200.000 Menschen sind nur einige wenige Tausend übrig geblieben Die allermeisten wurden ermordet oder vertrieben und enteignet. Der HolocaustÜberlebende Zelman steht vor dem Abschluss seines Publizistik-Studiums und gründet unter der Mitwirkung seiner Studienkolleg/innen Rita Koch, Otto Kahn, Kurt Weigel und Iszek Merdinger ein kleines Mitteilungsblatt der Jüdischen Hochschüler. Sie nennen es „Das Jüdische Echo“. Unbequem, teilweise polemisch, gegen Assimilation auftretend und um ein eigenständiges, selbstbewusstes Judentum bemüht, so beschreibt Zelman die Blattlinie. (vgl. „Leben nach dem Überleben“, Armin Thurnher, S. 150–151). Über die Jahre entwickelte sich „Das Jüdische Echo“ zu einer international beachteten Zeitschrift, die sich als Sprachrohr eines lebendigen, facettenreichen Judentums versteht und als ein „Europä isches Forum für Kultur und Politik“. Nur wenige Publikationen Österreichs können auf eine 70-jährige Tradition verweisen. Bis auf 2020, als wegen der Corona-Pandemie keine Ausgabe produziert werden konnte, ist jedes Jahr ein „Jüdisches Echo“ erschienen. Leon Zelman fungierte bis zu seinem Ableben im Jahre 2007 als Herausgeber und Chefredakteur. Seine Agenden übernahm Alexander Friedmann, der „Das Vol. 69/70: 70 Jahre „Das Jüdische Echo“
„Das Jüdische Echo“ ist in der Geschichte und Gegenwart der Wiener jüdischen Publizistik eine Ausnahme. Als einzige Zeitschrift erscheint sie kontinuierlich seit 1952 mit nur einer Unterbrechung Evelyn Adunka wegen der gesundheitlichen und Co-Chefredakteurin ökonomischen Krise vor genau einem Jahr. Seit 1982 erscheint „Das Jüdische Echo“ im handlichen A4-Format, und es waren oft sehr umfangreiche und bei genauerer Lektüre uneinheitliche Hefte. Die beiden umfangreichsten Ausgaben (348 und 304 Seiten!) erschienen 2001 und 2009. Die ausnahmslos sehr schönen A4-Cover wurden in unserer Jubiläumsausgabe reproduziert. Gegründet von jüdischen Studenten und Akademikern rund um Leon Zelman und von ihm bis zu seinem Tod 2007 fortgesetzt, ist die Publikation ein kulturelles, politisches und zionistisches Diskussionsforum mit zahllosen österreichischen und internationalen jüdischen und nichtjüdischen Autoren und Autorinnen. Die Auswahl der alten Beiträge für dieses Heft war leicht, weil es so viele gute Artikel gab, aber auch schwer, weil der Umfang des Jubiläumsheftes notwendigerweise vorgegeben war. Bedanken möchte ich mich bei allen Autoren und Autorinnen für die Erlaubnis, ihre früheren Artikel nachdrucken zu dürfen. Gerne hätte ich mehrere und auch längere Artikel ausgewählt. Ich hoffe aber, dass die Leser nun auch ältere Ausgaben des „Jüdischen Echos“ zur Hand nehmen werden. Denn auch jene Artikel, auf die ich hier nur in meinem Rückblick und in den Einleitungen für die jeweiligen Kapitel verweisen konnte, halte ich für besonders empfehlenswert, und ich wünsche mir auch für sie viele Leser neuer Generationen. Besonders hinweisen möchte ich auf den Abschnitt „Hin zur Gegenwart“, in dem sechs subjektive essayistische Artikel 7
Jüdische Echo“ 2007/08 dem Leben und Wirken Zelmans widmete. Nachdem Friedmann im Jahr darauf frühzeitig verstarb, gründete sich 2008 ein Herausgeberverein, mit mir als Obmann, Ari Rath s. A. als Obmann-Stellvertreter und Susanne Trauneck als operativer Leiterin. Unser Verein hat Marta S. Halpert als Chefredakteurin engagiert, Erhard Stackl folgte ihr 2014. „Das Jüdische Echo“ 2019/20 zum Thema „Starke Frauenstimmen“ hat redaktionell Anna Goldenberg als Co-Chefredakteurin mitgestaltet. Für die Ihnen vorliegende Jubiläumsausgabe 70 Jahre „Das Jüdische Echo“ ist es uns gelungen, die renommierte Historikerin und Publizistin Evelyn Adunka für die inhaltliche Gestaltung zu gewinnen. Sie ist unserer Publikation eng verbunden und hat bereits etliche Beiträge verfasst, darunter einen zum 50-jährigen Jubiläum des „Jüdischen Echos“ (siehe Seite 15). Frau Adunka lässt hervorragende Artikel aus bisher erschienenen Ausgaben Revue passieren, von Autor/innen wie Hilde Spiel, Elie Wiesel, Peter Stephan Jungk, Helene Maimann, Amos Oz, Doron Rabinovici, Vladimir Vertlib, Alexia Weiss, Peter Huemer und vielen mehr. „Das Jüdische Echo“ entsteht im engen Zusammenwirken mit dem Falter Verlag, der unsere Zeitschrift produziert und vertreibt. Dem Geschäftsführer Siegmar Schlager und seinem Team sei an dieser Stelle für die langjährige hervorragende Zusammenarbeit ausdrücklich gedankt. Mein Dank gilt auch all jenen Unternehmen, Institutionen, Ministerien und der Stadt Wien, welche die Wertigkeit und Bedeutung unserer kleinen, aber umso feineren Jahrespublikation erkennen und die mit ihren Inseraten, Ankäufen und Förderungen den Fortbestand des „Jüdischen Echos“ gewährleisten. Jetzt und hoffentlich auch die nächsten 70 Jahre.
8
zu lesen sind, die bis heute aktuelle und brisante Themen zur Diskussion stellen. Für mich als Historikerin waren und sind jüdische Zeitschriften der Vergangenheit und Gegenwart nicht nur stets eine faszinierende Lektüre, sondern auch wichtige Quellen für meine historischen Arbeiten. So war es für mich eine große Freude und angenehme Aufgabe, die vorliegende Jubiläumsausgabe redigieren zu dürfen. „Das Jüdische Echo“ reiht sich ein in eine (nur wenig erforschte) jüdische Presse- und Medienlandschaft der Wiener jüdischen Nachkriegsgemeinde, die erstaunlich vielfältig war und vielfach noch ist. Erwähnt seien hier zur Erinnerung nur die wichtigsten Titel: „Die Gemeinde“ und das Nachfolgeorgan „Wina“, „Die Neue Welt und Judenstaat“ und ihre Nachfolgerin „Illustrierte Neue Welt“, die Kulturzeitschrift „David“ und die unabhängige Zeitschrift „Nu“. Die letzten drei Titel erscheinen vier Mal im Jahr, nur „Wina“ erscheint monatlich. Leon Zelman hat mich bereits 2001 eingeladen, für das Jubiläumsheft „50 Jahre Das Jüdische Echo“ eine kurze Geschichte der Zeitschrift zu verfassen. Diesen Beitrag, der unverändert im vorliegenden Heft nachzulesen ist, habe ich damals sehr gerne geschrieben, und danach freute ich mich über das gelungene Jubiläumsheft. In diesem Sinne wünsche ich, dass auch die künf tigen Ausgaben des „Jüdischen Echos“ viele gute Autoren und Autorinnen sowie interessierte Leser finden mögen.
DAS JÜDISCHE ECHO
Biografien der Autorinnen und Autoren Adunka Evelyn, Mag. Dr. phil., geboren 1965, Studium der Philosophie, Geschichte und Judaistik in Wien. Forschungen über die Geschichte der Wiener jüdischen Gemeinde nach 1945 und in der Zwischenkriegszeit, über die erste Generation der ÖsterreicherInnen in Israel und über den Bücherraub. Redaktionsmitglied der Zeitschrift für Kultur des Exils und des Widerstands „Zwischenwelt“ der Theodor Kramer Gesellschaft und Vorstandsmitglied der österreichischen Gesellschaft für Exilforschung. Erhielt 2019 den Preis der Stadt Wien für Publizistik. Veröffentlichte u. a. zuletzt: Sophie Roth. Für mein Schurlikind. Tagebuch 1940–1944, Hg. 2012; Jüdisches Leben in der Wiener Vorstadt: Ottakring und Hernals. Zusammen mit Gabriele Anderl 2013, Neuauflage 2020; Klaus Kreppel unter Mitwirkung von Evelyn Adunka und Thomas Soxberger: Jonas Kreppel. Glaubenstreu und vaterländisch. Biographische Skizze über einen österreichischjüdischen Schriftsteller, 2017; Exilforschung: Österreich. Leistungen, Defizite & Perspektiven, Hg. mit Primavera Driessen Gruber und Simon Usaty, 2018; Max Eisler. Wiener Kunsthistoriker und Publizist, 2018; Zionistenkongresse in Wien, 2018; Arthur Freud: Rückblicke. Erinnerungen eines Zionisten. Mähren – Görz/Gorizia – Triest/Trieste – Wien, Hg. mit Andrea M. Lauritsch, kommentiert und redigiert von Armin A. Wallas, 2019. Im Verlag der Theodor Kramer Gesellschaft erscheint 2021 ihr Buch „Meine jüdischen Autobiographien. Eine Leseverführung und subjektive Auswahl“. Ash Mitchell G, PhD Harvard University, ist emeritierter ordentlicher Professor für Geschichte der Neuzeit an der Universität Wien und Mitglied der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften sowie der European Academy of Sciences and Arts. Bis zu seiner Berufung nach Wien 1997 lehrte er am Department of History der University of Iowa/USA. Er war Fellow am Wissenschaftskolleg zu Berlin 1990–1991 und hatte Gastprofessuren und Gastforscheraufenthalte u. a. an der Universität Göttingen, der Hebrew University of Jerusalem, der Princeton University und der University of California at Berkeley; zuletzt war er von 2018 bis 2020 Gastforscher am Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte Berlin. Sein Arbeitsschwerpunkt ist die neuere und neueste Wissenschaftsgeschichte im politischen, sozialen und kulturellen Zusammenhang, darunter die Beziehungsgeschichte von Wissenschaft und Politik. Hauptergebnisse seiner Tätigkeit in Wien sind zwei Bände: „Geisteswissenschaften im Nationalsozialismus. Das Beispiel der Universität Wien“ (Hg. mit Wolfram Nieß und Ramon Pils, Göttingen 2010) und „Universität – Politik – Gesellschaft“ (Hg. mit Josef Ehmer, Göttingen 2015). Zuletzt erschienen sind der von ihm herausgegebene Sammelband „Science in the Metropolis: Vienna in Transnational Context 1848–1918“ (New York 2020) und eine Monographie im Preprint-Format, „Die Max-Planck-Gesellschaft im Kontext der deutschen Vereinigung 1989–1995“ (Berlin 2020). Bassani Giorgio (1916–2000), geboren in Bologna als Sohn eines Arztes, wuchs in Ferrara auf. Er studierte Literatur und Kunstgeschichte in Bologna. 1939 unterrichtete er in der jüdischen Schule und engagierte sich im antifaschistischen Widerstand. Im Mai 1943 wurde er verhaftet, im Juli 1943 nach dem Sturz Mussolinis freigelassen. Er übersiedelte nach Rom, wo er fortan lebte. Bassani war Lektor bei Feltrinelli und Präsident der Kultur- und Umweltschutz-
172
organisation „Italia Nostra“. In dem autobiographischen Roman „Die Gärten der Finzi-Contini“, der auch verfilmt wurde, und in dem Buch „Ferrareser Geschichten“ (beide übersetzt von Herbert Schlüter) setzte er der jüdischen Gemeinde der Stadt seiner Jugend ein Denkmal. Bassani erhielt zahlreiche Auszeichnungen, darunter 1969 den Nelly-Sachs-Preis. Beller Steven, geboren 1958 in London, studierte Geschichte in Cambridge, England, verfasste zahlreiche Artikel und Bücher zur mitteleuropäischen und jüdischen Geschichte, darunter: Wien und die Juden 1867–1938 (1993); Herzl (1996); Franz Joseph: eine Biographie (1997); Geschichte Österreichs (2007); Antisemitismus (2009). Er war 2012 auch Herausgeber der Sammlung „Rethinking Vienna 1900“. Sein neuestes Buch, „Habsburg Monarchy 1815–1918“, ist 2018 bei Cambridge University Press erschienen. Beller wohnt in Washington DC. Berczeller Richard (1902–1994), wuchs in Ödenburg als Sohn des Schriftsetzers, Gründers der ungarischen sozialdemokratischen Partei und Direktors der Landeskrankenkasse und Vizepräsident der Arbeiterkammer im Burgenland in der Ersten Republik Adolf Berczeller auf. Er studierte Medizin in Wien, arbeitete als Arzt für die Stadt Wien und ab 1931 als Arzt in Mattersburg. 1938 flüchtete er nach Frankreich, er war Kolonialarzt in der Elfenbeinküste und lebte ab 1941 als Arzt in New York. Berczeller schrieb für den „New Yorker“, für die „Zukunft“ und den „Aufbau“. Seine Erinnerungen „Die sieben Leben des Dr. B. Odyssee eines Wiener Arztes“ und „Verweht“ erschienen 1965 und 1983. Joachim Riedl gab 1992 die Festschrift „Denn sie töten den Geist nicht, ihr Brüder!“ zum 90. Geburtstag Berczellers heraus. Posthum erschienen 2012 seine Erzählungen „Fahrt ins Blaue“. Auch Berczellers Sohn, der Arzt Peter Berczeller (1931–2019), veröffentlichte 2013 seine Erinnerungen „Der kleine weiße Mantel“. Bunzl Matti, geboren 1971 in Wien, Studium der Kulturanthropologie und Geschichte in Stanford und der University of Chicago. Lehrtätigkeit an der University of Illinois von 1998 bis 2014 (Assistant, Associate, Full Professor). Autor von Symptome der Moderne. Juden und Queers im Wien des späten 20.Jahrhunderts (Edition Parabasen 2004); Anti-Semitism and Islamophobia: Hatreds Old and New in Europe (Prickly Paradigm Press/University of Chicago Press, 2007); In Search of a Lost Avant-Garde: An Anthropologist Investigates the Contemporary Art Museum (University of Chicago Press, 2014). Direktor des Illinois Program for Research in the Humanities der University of Illinois von 2003 bis 2007; Direktor des Program in Jewish Culture and Society der University of Illinois von 2008 bis 2014; Intendant des Chicago Humanities Festival von 2010 bis 2014. Seit Oktober 2015 Direktor des Wien Museums. Seit Juli 2016 Honorarprofessur für das Fach „Kultur- und Sozialanthropologie“ an der Fakultät für Sozialwissenschaften der Universität Wien. Elon Amos (1926–2009), geboren in Wien als Amos Sternbach als Sohn eines Geschäftsmanns, kam mit seinen Eltern 1933 nach Palästina. Er studierte an der Hebräischen Universität und in Cambridge Geschichte und Rechtswissenschaften, war Mitarbeiter und Kolumnist des „Haaretz“ und schrieb für den „New Yorker“ und die
DAS JÜDISCHE ECHO
„New York Review of Books“. Elon war Autor viel gelesener Sachbücher zur jüdischen Geschichte, darunter: In einem heimgesuchten Land. Reise eines israelischen Journalisten in beide deutsche Staaten (1966), Die Israelis. Gründer und Söhne (1974), Nachrichten aus Jerusalem (1998), Jerusalem (1990), Der erste Rothschild (1998) und zuletzt 2003 „In einer anderen Zeit. Porträt der jüdischen Epoche (1743–1933)“. Er schrieb auch eine Biographie über Theodor Herzl und den Roman „Schrei ohne Antwort“, die von Traudl Lessing, der Ehefrau des Fotografen Erich Lessing, ins Deutsche übersetzt wurden. Seit 2004 lebte Elon in der Toskana. Embacher Helga, Dr. phil., ao. Univ., Professorin am Fachbereich Geschichte an der Universität Salzburg, 1998–2001 Mitarbeiterin an der Österreichischen Historikerkommission, 1997 Gastprofessorin an der University of Minnesota, Minneapolis, 2003/04 an der University of Pennsylvania, Philadelphia und am Institut für Politikwissenschaft der Universität Innsbruck, 1988 Forschungsstipendium für Israel und 1989 Fulbright Stipendium in New York. Letzte Publikationen (Auswahl): Antisemitismus in Europa. Fallbeispiele eines globalen Phänomens im 21. Jahrhundert, Böhlau, Wien 2019 (gemeinsam mit Bernadette Edtmaier und Alexandra Preitschopf); „Israel-Annäherungen und Antisemitismus in der FPÖ“, in: Europäische Rundschau, 47 (2019/4); „Antisemitismus in der Corona-Krise“, in: Alpendistel. Magazin für antifaschistische Gedenkkultur, 1 (2020). Ihr Film „Wenn man lebt, erlebt man. Ari Rath. Israeli mit Wiener Wurzeln“ (mit Hannes Klein) 2005 war auf Bayern Alpha zu sehen. Frei Bruno (1897–1988), wurde als Benedikt Freistadt als Sohn eines Kaufmanns in Pressburg geboren, wo er die Talmudschule Jessode Hatora besuchte. 1909 kam er nach Wien, wo er Philosophie studierte. 1920 publizierte er auf Vermittlung der Sozialarbeiterin Anitta Müller-Cohen die Reportagen „Jüdisches Elend in Wien“. 1917 wurde er Redakteur der von Carl Colbert herausgegebenen Zeitung „Der Abend“, 1923-–1925 ihr Korrespondent in Berlin. 1929 war er Chefredakteur von „Berlin am Morgen“. 1933 flüchtete er nach Prag, 1936 nach Paris, 1941 nach Mexiko. 1947 kehrte er nach Wien zurück, wo er Chefredakteur von „Der Abend“ wurde. Er korrespondierte mit seiner Cousine Alice Schwarz über Israel und publizierte 1965 das Buch „Israel zwischen den Fronten. Utopie und Wirklichkeit“. Weitere Bücher veröffentlichte er über Josef PopperLynkeus („Der Türmer“ 1971), über Moses Hess und über den Kibbuz („Die heilige Utopie 1981). Seine Autobiographie „Der Papiersäbel“ erschien 1972. Frei blieb bis zuletzt Mitglied der Kommunistischen Partei. Gauß Karl-Markus, geboren 1954, lebt als Schriftsteller und Herausgeber der Zeitschrift „Literatur und Kritik“ in Salzburg. Seine Bücher sind in viele Sprachen übersetzt worden und wurden vielfach ausgezeichnet. Er publiziert auch in der „Presse“, der „Neuen Zürcher Zeitung“, der „Zeit“ und der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Zuletzt erschienen: „Zwanzig Lewa oder tot“ (2017), „Abenteuerliche Reise durch mein Zimmer“ (2019) und „Die unaufhörliche Wanderung“ (2020), eine Sammlung, die u. a. ein Porträt des mährischen Trebic, einer „Stadt ohne Juden“ mit dem schönsten jüdischen Viertel Mitteleuropas, sowie des albanischen Berat enthält, in der einst die christlichen und muslimischen Einwohner alle jüdischen Nachbarn vor den Nationalsozialisten retteten.
Vol. 69/70: 70 Jahre „Das Jüdische Echo“
Jungk Peter Stephan, geboren 1952 im kalifornischen Santa Monica, verbrachte Kindheit und Jugend in Wien, Berlin und Salzburg. Er ist freier Schriftsteller, Drehbuchautor und Dokumentarfilmregisseur. Seine bekanntesten Werke: Franz Werfel: Eine Lebensgeschichte; Tigor; Die Unruhe der Stella Federspiel; Die Reise über den Hudson. Sein Roman „Der König von Amerika“ über Walt Disney diente dem amerikanischen Komponisten Philip Glass als Vorlage für dessen Oper „The Perfect American“. Der Dokumentarfilm „Auf Ediths Spuren“ basiert auf Jungks 2015 erschienenem Buch „Die Dunkelkammern der Edith Tudor-Hart“. 2021 erscheint im S. Fischer Verlag sein Buch „Marktgeflüster. Eine verborgene Heimat in Paris“ sowie bei müry-salzmann die Monografie „Warum ich beschloss, Peter Pakesch zu mögen“. Jungk lebt seit 1988 in Paris. Huemer Peter, Dr. phil., Journalist und Historiker, geboren 1941, Studium von Geschichte, Germanistik, Kunstgeschichte an der Universität Wien, 1977–1987 Leiter der Talkshow „Club 2“, 1987–2002 „Im Gespräch“ ORF-Radio, 1992–2001 Moderator „Berliner Begegnungen“ 3sat. Lehrtätigkeit an der Filmakademie Wien und Universität Wien. Publikationen u. a.: „Sektionschef Robert Hecht und die Zerstörung der Demokratie in Österreich“ (1975), „Heimat. Lügen. Literatur – Texte zur gegenwärtigen Befindlichkeit“ (2006), daneben eine Vielzahl von Buchbeiträgen zur österreichischen Geschichte im 20. Jahrhundert. Auszeichnungen u. a. Preis der Stadt Wien, Friedrich-Torberg-Medaille, Axel-Corti-Preis, Staatspreis für Kulturpublizistik, Concordia Ehrenpreis 2016. Knoll Reinhold, geboren 1941 in Wien als Sohn des Soziologen August Maria Knoll. Studium der Geschichte und Kunstgeschichte in Wien. Arbeitete als innenpolitischer Redakteur für den ORF und unterrichtete ab 1972 Soziologie an der Universität Wien. 1974 gründete er die Vereinigung „Kritischer Wähler“. Er publizierte Standardwerke zur Geschichte der Soziologie in Österreich, aber auch mehrere Bände Satiren. Krausneker Verena, geboren 1973 in Wien, ist promovierte Sprachwissenschaftlerin der Universität Wien. Der Fokus ihrer Arbeit liegt auf Gebärdensprachen. Über „Gehörlose ÖsterreicherInnen im Nationalsozialismus“ hat Krausneker einen Dokumentarfilm realisiert (www.univie.ac.at/gehoerlos-im-ns). Von 2014 bis 2016 leitete sie ein europäisches Projekt zu Gebärdensprachen in der Schulbildung: www.univie.ac.at/designbilingual. Zivilgesellschaftliches Engagement prägt ihr Leben: Sie hat 1999 die Initiative „Zara – Zivilcourage und Anti-Rassismus-Arbeit“ mitbegründet, war sieben Jahre ehrenamtlich Vorstandsmitglied des Österreichischen Gehörlosenbundes und als Expertin für die World Federation of the Deaf tätig. Sie ist Mitbegründerin des Feldenkrais Institut Wien. Lingens Peter Michael, Journalist und Verleger in Wien. Er begann seine Karriere bei der sozialistischen Arbeiterzeitung, wechselte nach einem Jahr zum „Kurier“, wo er für seine Gerichtssaal berichterstattung mit dem Renner-Preis für Publizistik ausgezeichnet wurde. 1970 bestellte ihn Oscar Bronner zum Gründungschef redakteur des „profil“, das er durch 18 Jahre leitete. Von 1990 bis 1993 war er Herausgeber und Chefredakteur der „Wochenpresse/ Wirtschaftswoche“, für deren Ausgestaltung als Wirtschaftszeitschrift er mit dem Czipin-Preis der Wirtschaftsuniversität Wien ausgezeichnet wurde. 1993 bis 1996 war er Co-Chefredakteur des „Standard“. Von 1997 bis 2000 nahm er eine Professur für
173
J ournalismus an der Donau-Universität Krems und später der Journalismus- Akademie in Wien wahr. Bis 2017 war er Kolumnist des „profil“. Derzeit ist er Kolumnist des „Falter“. Er ist Autor mehrerer Bücher, darunter: Auf der Suche nach den verlorenen Werten in Politik, Kunst, Moral und Gesellschaft; Begegnungen; Wehrloses Österreich; Ansichten eines Außenseiters und zuletzt: Drogenkriege. Livnat Andrea, Dr. phil., geboren 1974 in München, studierte Jüdische Geschichte und Kultur, Politikwissenschaften und Judaistik. Ende 2009 legte sie ihre Dissertation über Theodor Herzl im kollektiven Gedächtnis Israels vor, die mittlerweile unter dem Titel „Der Prophet des Staates“ (Campus 2011) erschienen ist. Zahlreiche Veröffentlichungen zur deutsch-jüdischen Geschichte sowie Israel und Nahost. Zuletzt erschien „111 Orte in Tel Aviv, die man gesehen haben muss“ (Emons 2019). Andrea Livnat ist seit vielen Jahren leitende Redakteurin bei www.hagalil.com, dem größten jüdischen Onlineportal in Europa. Maimann Helene, Historikerin, Autorin, Ausstellungsmacherin, Kuratorin, Filmemacherin. Sie promovierte mit einer Grundlagenforschung über das österreichische Exil, die 1975 unter dem Titel „Politik im Wartesaal. Österreichische Exilpolitik in Großbritannien 1938–1945“ veröffentlicht wurde. In der Folge entwickelte sie das Berufsfeld der Applied History für alle Medien: Publikation, Ausstellung, Radio, Dokumentarfilm. Sie arbeitet seit 1980 in allen diesen Branchen der Vermittlung von Wissen an Öffentlichkeit. Von 1980 bis 1994 war sie Lektorin an den Universitäten Wien sowie Gastprofessorin an der Uni Salzburg und an der TU Wien. 1990 wechselte sie in den ORF, arbeitete zunächst für den Rundfunk und dann für das Fernsehen, seit 2008 vor allem als Filmemacherin und Autorin. Sie unterrichtet auch an der Wiener Filmakademie der Universität für Musik und Darstellende Kunst. Zahlreiche Publikationen, Essays und Dokumentarfilme, zuletzt vor allem Filmbiografien sowie Radiofeatures. Zurzeit arbeitet sie als Historikerin und Dramaturgin an einem Kinofilm über den jungen Bruno Kreisky (gemeinsam mit Harald Sicheritz und Fritz Schindlecker). Unter dem Arbeitstitel „Katzensprung“ entsteht eine Publikation über die Kinder, die zweite Generation, der aus dem Widerstand, dem Exil, dem Untergrund und der Haft nach Wien zurückgekehrten bzw. hier aus Osteuropa gestrandeten Überlebenden der Schoah und des Weltkriegs, die 2022 bei Zsolnay erscheinen wird. Helene Maimann erhielt 1981 die Victor- Adler-Medaille; 2011 den Karl-Renner-Preis; 2013 das Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst; 2017 die Rosa Jochmann-Plakette und den Käthe-Leichter-Staatspreis sowie 2019 den Axel-Corti-Preis für Publizistik. Meisels Mosche (1919–2014) wuchs als Sohn eines Kaufmanns in Wien auf. Die Familie war religiös und kam aus Galizien. Er besuchte das Wiener Chajesgymnasium und war Mitglied des Verbands zionistischer Mittelschüler. Nach der Matura flüchtete er 1938 nach Palästina, wo er an der Hebräischen Universität in Jerusalem Philosophie und Geschichte studierte. Seine Eltern wurden in der Shoah ermordet. Er diente in der britischen Armee und wurde 1948 Mitarbeiter der Tageszeitung „Maariv“. Von 1961 bis 1994 war er auch Korrespondent für den österreichischen Rundfunk und das Fernsehen. Moser Jonny (1925–2011), geboren in Parndorf im Burgenland. Er wuchs in einem religiösen Elternhaus auf, seine Eltern Josef und Katharina hatten einen Gemischtwarenladen. Nach dem
174
„Anschluss“ wurden Jonny, seine Eltern und seine ältere Schwester illegal des Landes verwiesen. Sie lebten in Budapest einige Zeit lang als „U-Boote“. 2006 erschienen seine Erinnerungen „Wallenbergs Laufbursche: Jugenderinnerung 1938–1945“, herausgegeben von Albert Lichtblau und Eleonore Lappin. Moser war Mitbegründer des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstands (DÖW) und jahrzehntelang Bezirksrat der SPÖ im ersten Bezirk in Wien. Daneben führte er eine Trafik im zweiten Bezirk. Seit seiner Dissertation über die Geschichte des österreichischen Antisemitismus 1848–1896 (1962) war er auch freischaffender Historiker. Seine Werke zur Verfolgung der österreichischen Juden trugen wesentlich zur Erforschung der Shoah in Österreich bei. Seine 1966 im Europa Verlag publizierte Monographie „Die Judenverfolgung in Österreich 1938–1945“ war die erste wissenschaftliche Publikation zu diesem Thema. Eine Pionierarbeit war auch seine 1999 vom DÖW herausgegebene Broschüre „Demographie der jüdischen Bevölkerung Österreichs 1938–1945“. Posthum erschien 2012 sein Buch „Nisko. Die ersten Judendeportationen“, herausgegeben von seinen Söhnen Joseph W. und James R. Moser. Nach seiner Pensionierung war Moser als Zeitzeuge unermüdlicher Referent an Schulen. Im Mai 2018 wurde ein Park vor der U-BahnStation Schottenring nach ihm benannt. Muzicant Ariel, geboren 1952 in Haifa, lebt seit 1956 in Wien. Nach einem Medizinstudium und der Promotion ist er seit 1977 Immobilienkaufmann. Seit 1981 war er Vorstandsmitglied der Israelitischen Kultusgemeinde Wien, von 1998 bis 2012 war er ihr Präsident, seither ist er ihr Ehrenpräsident. Er war einer der Gründer der Zwi-Perez-Chajes-Schule und ist heute Vizepräsident des Europäischen Jüdischen Kongresses. Er besitzt eine umfangreiche Judaicasammlung österreichischer Provenienz bestehend vor allem aus Kultgegenständen und Archivalien. Oz Amos (1939–2018), wurde als Amos Klausner in Jerusalem geboren. Sein Vater Jehuda Arie Klausner war Bibliothekar, sein Großonkel war der revisionistisch-zionistische Literaturwissenschaftler und Historiker Joseph Klausner (1874–1958). 1954 trat er in den Kibbuz Hulda ein, ab 1986 lebte er in Arad, zuletzt in Tel Aviv. Seine zahlreichen Romane, Essaybände („Im Lande Israel“ 1984, „Wie man Fanatiker kuriert“ 2004) und ein Buch über den Literaturnobelpreisträger Samuel Agnon erschienen bei Suhrkamp, die meisten in der Übersetzung von Ruth Achlama. Von 1987 bis 2005 unterrichtete Oz hebräische Literatur an der Ben-Gurion-Universität in Beer Sheva. In den Siebzigerjahren war er ein Mitbegründer der israelischen Friedensbewegung Schalom Achschaw. Er erhielt zahlreiche Preise und Auszeichnungen, darunter 1992 den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels und 1998 den Israel-Preis für Literatur. Sein autobiographischer Roman „Eine Geschichte von Liebe und Finsternis“ (2004) ist eine berührende Schilderung seiner Familie und deren Freunde, vor allem auch seiner Mutter Fania, die 1952 Selbstmord beging. 2015 wurde das Buch mit Natalie Portman verfilm. 2013 publizierte er mit seiner Tochter Fania Oz-Salzberger das Buch „Juden und Worte“. 2005 war Oz Gast im Bruno Kreisky Forum in Wien und 2006 beim Festival „Literatur im Nebel“ im Waldviertel. Pataki Heidi (1940–2006), war Lyrikerin und Essayistin. Sie studierte Publizistik und Kunstgeschichte in Wien und arbeitete von 1970 bis 1980 als Redakteurin für die von Günther Nenning herausgegebene Monatszeitschrift „Neues Forum“. Von 1981 bis 1983 war
DAS JÜDISCHE ECHO
sie Redakteurin der Zeitschrift „FilmSchrift“. Pataki gehörte 1973 zu den Initiatoren der Grazer Autorinnen/Autorenversammlung und war von 1991 bis 2006 deren Präsidentin. Sie publizierte mehrere Gedichtbände und 2001 den Band „contrapost. Über Sprache, Kunst und Eros“. 1998 erhielt sie den Literaturpreis der Stadt Wien. Rabinovici Doron, geboren 1961 in Tel Aviv, lebt seit 1964 in Wien. Seit 1986 ist er Sprecher des Republikanischen Clubs – Neues Österreich, der 2021 mit dem Leon-Zelman-Preis ausgezeichnet wurde. Bücher u. a.: „Andernorts. Roman“ 2010 bei Suhrkamp (auf der Shortlist zum Deutschen Buchpreis), „Die Außerirdischen. Roman“ 2017 (auf der Longlist zum Österreichische Buchpreis). Seine Studie „Instanzen der Ohnmacht. Wien 1938–1945. Der Weg zum Judenrat“ wurde 2000 im Jüdischen Verlag bei Suhrkamp publiziert. Er ist Mitherausgeber der Anthologie „Neuer Antisemitismus? Eine globale Debatte“ (edition suhrkamp 2004, aktualisierte Neuauflage 2019). 2013 zeichnete er – mit Matthias Hartmann – für die Produktion „Die letzten Zeugen“ verantwortlich. 2018 schuf er nach einer Idee von Florian Klenk die Theatercollage „Alles kann passieren. Ein Polittheater“. Auszeichnungen u. a. Clemens-Brentano-Preis (2002), Anton-Wildgans-Preis (2010), Ehrenpreis des Österreichischen Buchhandels für Toleranz im Denken und Handeln (2015). Radzyner Joana, Dr. phil., geboren 1954 in Warschau. Studium der Geschichte, Soziologie und Politikwissenschaft in Wien, Krakau, Minneapolis, USA. Redakteurin bei „Presse“ und „profil“, seit 1983 Osteuropa-Korrespondentin des ORF. Seit 2010 freie Publizistin. 1999 erschien ihr Buch „Sklavenarbeit unterm Hakenkreuz: die verdrängte Geschichte der österreichischen Industrie“, zusammen mit Reinhard Engel. 2016 gab sie im Verlag der Theodor Kramer Gesellschaft mit Konstantin Kaiser das Buch ihrer Mutter Tamar Radzyner, „Nichts will ich dir sagen. Gedichte und Chansons“, heraus. Rauscher Hans, geboren 1944 in Wien, ist Journalist und Autor, seit Längerem politischer Kolumnist für die Tageszeitung „Der Standard“. Sein Markenzeichen ist das Kürzel „RAU“. Er begann seine Laufbahn bei einem kleinen volkswirtschaftlichen Fachblatt, dann schrieb er für „trend“, „profil“, „Kurier“, „Wirtschaftswoche“ und „Format.“ Er ist Autor mehrerer Bücher, darunter „Israel, Europa und der neue Antisemitismus“ (Molden 2004), „Was gesagt werden muss, aber nicht gesagt werden darf“ (Ecowin, 2017), sowie Träger mehrerer journalistischer Auszeichnungen, u. a. des Concordia-Preises und der Friedrich-Torberg-Medaille. Shamosh Amnon, geboren 1929 in Syrien, kam mit seiner Familie als Kind nach Tel Aviv und kämpfte im Unabhängigkeitskrieg in der Eliteeinheit Palmach. Er studierte an der Hebräischen Universität und war Gründungsmitglied des Kibbuzes Ma’ayan Baruch. Von seinen zahlreichen Gedichtbänden, Erzählungen und Essays wurde nur wenig übersetzt. 1979 erschien die englische Übersetzung eines Bandes mit Erzählungen, „My Sister the Bride“. Scholl Susanne, geboren 1949 in Wien, Tochter einer jüdischen Familie, der die Flucht nach England gelungen war. Studium der Slawistik in Rom, danach Beginn der journalistischen Arbeit in Österreich. Zunächst Redakteurin in der außenpolitischen Redaktion der APA, danach Korrespondentin für den ORF in Deutschland und Russland. Seit 2009 freie Journalistin und Schriftstellerin in Wien. Sie publizierte zahlreiche Sachbücher, Romane und Gedichtbände, zuletzt
Vol. 69/70: 70 Jahre „Das Jüdische Echo“
erschienen „Die Damen des Hauses“ und „Schäm dich, Europa!“. Seit 2017 ist sie eine der Sprecherinnen der „Omas gegen Rechts“. Schubert Kurt (1923–2007), war Gründer und Ordinarius des Instituts für Judaistik an der Universität Wien und Gründer des Österreichischen Jüdischen Museums in Eisenstadt. Er war auch Präsident des katholischen Akademikerverbands, des Koordinierungsausschusses für christlich-jüdische Zusammenarbeit und des Österreichischen Bibelwerks. Schubert publizierte zahlreiche Bücher zur jüdischen Geschichte und mit seiner Ehefrau, der Kunsthistorikerin Ursula Schubert (1927–1999), Standardwerke zur jüdischen Bildkunst. Sein Buch „Erlebte Geschichte. Erinnerungen“ erschien posthum 2017. An der Palacki-Universität in Olmütz wurde 2006 das Kurt und Ursula Schubert Zentrum für Jüdische Studien gegründet. An der Universität Wien wurde das Kurt und Ursula Schubert Archiv eingerichtet. Seit 2010 wird der Kurt-Schubert-Gedächtnispreis für interreligiöse Verständigung verliehen. Segenreich Ben, Dr., geboren 1952 in Wien, studierte Mathematik, Physik und Wirtschaftsstatistik in Paris und Wien und war in den frühen 1980er-Jahren Vorsitzender des Dachverbands der Jüdischen Jugend in Österreich. 1980–1983 war er Informatiker in Wien sowie Österreich-Korrespondent der israelischen Tageszeitung „Maariv“. 1983 wanderte er nach Israel aus. Ben Segenreich war ständiger Korrespondent in Israel für den ORF, die österreichische Tageszeitung „Der Standard“ und die deutsche „Die Welt“ und Autor zahlreicher Berichte für Print- und elektronische Medien in Österreich, Deutschland und der Schweiz. Seit 2019 ist er Israel-Korrespondent des Nahost-Thinktanks Mena-Watch. Sein Buch „Fast ganz normal. Unser Leben in Israel“, verfasst gemeinsam mit seiner Frau Daniela Segenreich, ist 2018 erschienen. Spiel Hilde (1911–1990), wuchs als Tochter eines zum Katholizismus übergetretenen jüdischen Chemikers in Wien auf und besuchte die Schule von Eugenie Schwarzwald. 1930–1936 studierte sie Philosophie. Nach der Promotion und der Ermordung ihres Lehrers Moritz Schlick emigrierte sie 1936 nach Großbritannien. 1941 wurde sie britische Staatsbürgerin. Ihre Erfahrungen als Korrespondentin des „New Statesman“ in Österreich verarbeitete sie in dem Buch „Rückkehr nach Wien. Tagebuch 1946“. Ab 1963 lebte sie als Kulturkorrespondentin der „FAZ“ und Generalsekretärin des PEN-Clubs in Wien. Nach der Trennung von ihrem ersten Mann Peter de Mendelssohn heiratete sie 1972 den Schriftsteller Hans FleschBrunningen. Mit dem Buch „Fanny von Arnstein oder die Emanzipation“ 1962 widmete sie sich der Wiener jüdischen Geschichte. Spiel veröffentlichte zahlreiche Romane, Erzählungen, Essays, ein Buch über Wien und eine zweibändige Autobiografie. Hans A. Neunzig gab posthum die Sammlungen „Dämonie der Gemütlichkeit“ (mit Glossen zur Zeit und dem Bericht über eine Reise nach Israel 1971), „Das Haus des Dichters“ mit literarischen Essays und einen Band mit gesammelten Briefen heraus. In Döbling, wo sie lebte, wurde ein Park nach Hilde Spiel benannt, in Wien-Liesing eine Gasse. Vertlib Vladimir, geboren 1966 in Leningrad (heute St. Petersburg). 1971 Emigration aus der Sowjetunion mit seinen Eltern, Zwischenstationen in Israel, Österreich, Italien, den Niederlanden und den USA. Seit 1981 in Österreich. Vertlib studierte Volkswirtschaftslehre in Wien, seit 1993 ist er freiberuflicher Schriftsteller. Er lebt in Salzburg und Wien. Vertlib schreibt Romane, Essays und Artikel
175
für Zeitungen und Zeitschriften. 2007 verfasste er das Libretto zum Oratorium „Und alle Toten starben friedlich“ von Wolfgang R. Kubizek, das in der Gedenkstätte KZ Mauthausen aufgeführt wurde. Sein Theaterstück „ÜBERALL NIRGENDS lauert die Zukunft“ wurde 2016 in Salzburg, Mittersill, Hallein und München gespielt. Er ist Mitherausgeber der in Wien erscheinenden Zeitschrift „Zwischenwelt. Zeitschrift für Kultur des Exils und des Widerstands“ der Theodor Kramer Gesellschaft. Für sein Werk erhielt Vertlib den Adelbert-vonChamisso-Förderpreis sowie den Anton-Wildgans-Preis 2001. Zu seinen Büchern gehören unter anderem die Romane „Zwischenstationen“ (1999), „Das besondere Gedächtnis der Rosa Masur“ (2001), „Schimons Schweigen“ (2012) und „Viktor hilft“ (2018). Sein Roman „Lucia Binar und die russische Seele“ war 2015 auf der Longlist zum Deutschen Buchpreis. Weisgram Wolfgang, geboren 1957, studierte Theaterwissenschaften und Germanistik. Er ist Redakteur der Tageszeitung „Der Standard“ und berichtet seit Jahrzehnten aus dem und über das Burgenland. Dabei nimmt er natürlich immer wieder auch auf die jüdische Geschichte dieses kleinen Landes, das heuer seine 100-jährige Zugehörigkeit zu Österreich feiert, bezug. 2006 erschien sein Buch „Im Inneren der Haut“ über den Stürmer des „Wunderteams“ Matthias Sindelar. Die Branchenzeitschrift „Der österreichische Journalist“ kürte ihn 2016 zum besten Journalisten des Burgenlands. Weiss Alexia, geboren 1971 in Wien, ist Journalistin und Autorin. Germanistikstudium und Journalismusausbildung an der Universität Wien. Seit 1993 journalistisch tätig, u. a. als Redakteurin der Austria Presse Agentur. Aktuell schreibt sie vor allem für das jüdische Magazin „WINA“, für gewerkschaftliche Medien wie die „KOMPETENZ“ der GPA, und sie bloggt regelmäßig zum Thema „Jüdisch leben“ auf der Onlineseite der „Wiener Zeitung“. „Haschems Lasso“, ihr erster Roman, erschien 2009, es folgten „Endlosschleife“ und das Kinderbuch „Dinah und Levi. Wie jüdische Kinder leben und feiern“. Im Frühjahr 2021 veröffentlichte sie ihr bisher letztes Buch: „Jude ist kein Schimpfwort. Zwischen Umarmung und Ablehnung. Jüdisches Leben in Österreich“. Wiesel Elie (1928–2016), wurde als Eliezer Wiesel in der rumänischen Kleinstadt Sighet in den Karpaten geboren und 1944 mit seiner Familie nach Auschwitz deportiert. Seine Mutter wurde ermordet, sein Vater starb in Buchenwald. Nach der Befreiung in Buchenwald wurde er vom Kinderhilfswerk OSE nach Paris gebracht, wo er studierte und als Hebräischlehrer und Chorleiter arbeitete. Nach einer Reise nach Israel 1948 begann er als Journalist für die Zeitung „Jediot Achronot“ zu arbeiten. 1956 ging er als deren Korrespondent nach New York, wo er einen schweren Autounfall erlitt. 1972 erhielt Wiesel eine Professur am City College in New York, 1976 wurde er Andrew W. Mellon Professor in the Humanities der Boston University. Sein Buch „Nacht“ über die Lager wurde ein Klassiker der Literatur über die Shoah. Wiesel veröffentlichte rund 60 Bücher, (meist autobiografische) Romane, Dramen, Essays, Porträtsammlungen aus der biblischen, talmudischen und chassidischen Tradition und eine zweibändige Autobiografie. 1986 erhielt er den Friedensnobelpreis. 1992 sprach Wiesel kurz vor dem Ende der Amtszeit Kurt Waldheims auf dem gegen die Politik Jörg Haiders gerichteten Konzert für Österreich mit André Heller auf dem historischen Balkon der Hofburg auf dem Wiener Heldenplatz.
176
Wischenbart Rüdiger, geboren 1956 in Graz, Studium der Germanistik und Romanistik, Journalist bei „Neue Zeit“ (Graz), „Tagesspiegel“ (Berlin) und ORF (Graz und Wien, bis 1992). Pressesprecher der Frankfurter Buchmesse (1998 bis 2001), selbstständiger Berater „Content and Consulting“ mit Schwerpunkt internationale Buchmärkte und digitale Transformation seit 2003. Buchveröffentlichungen u. a. „Karpaten, die dunkle Seite Europas“ (1992), „Canettis Angst“ (1994) und „Die Sehnsucht nach der großen Stadt. Fremdlingsgeschichten aus Wien“ (1995). www.wischenbart.com Zelman Leon (1928–2007), geboren in Szcekociny, wurde 1930 in das Ghetto Łódź deportiert und 1945 im KZ Ebensee befreit. Er studierte Zeitungswissenschaft an der Universität Wien, an der er 1954 promovierte, und gründete 1963 das Reisebüro City des österreichischen Verkehrsbüros. 1981 gründete er mit der Hilfe der Wiener Politiker Leopold Gratz und Heinz Nittel den Jewish Welcome Service, der vielen vertriebenen österreichischen Juden und Jüdinnen einen Wien-Besuch ermöglichte. 1995 publizierte er mit Armin Thurnher seine Erinnerungen „Ein Leben nach dem Überleben“; die englische Übersetzung erschien 1998. Im Palais Epstein, das sich Zelman als ein Haus der Toleranz gewünscht hätte, wurde 2008 eine Gedenktafel für ihn enthüllt. Am Gelände des ehemaligen Aspangbahnhofs im Wiener dritten Bezirk wurde ein Park nach Zelman benannt. Seit 2013 erinnert auch der Leon-Zelman-Preis an ihn. Zohn Harry (1923–2001), geboren in Wien als Sohn des Schildermalers Abraham Leon Zohn und seiner Frau Adele, die beide aus Galizien stammten. 1939 flüchtete er über Großbritannien in die USA. Auch seine Eltern und seine drei älteren Schwestern konnten flüchten. Ab 1947 unterrichtete Zohn an der Harvard University, ab 1951 an der Brandeis University, an der er eine Professur für Deutsche Literatur des 20. Jahrhunderts erhielt. 1952 dissertierte er bei Karl Vietor über Stefan Zweig. Er engagierte sich in der AustroAmerican Association of Boston, war Mitglied des österreichischen und amerikanischen PEN-Clubs und Mitbegründer der Internationalen Stefan-Zweig-Gesellschaft. Zohn übersetzte u. a. Werke von Theodor Herzl, Gershom Scholem, Walter Benjamin und Alex Bein. Er publizierte 1964 den Essayband „Wiener Juden in der deutschen Literatur“, eine Monografie über Karl Kraus und 1986 das Buch „,… ich bin ein Sohn der deutschen Sprache nur …‘. Jüdisches Erbe in der österreichischen Literatur“. Im Peter Lang Verlag gab er die Serie „Austrian Culture“ heraus, in der auch sein Band „Austriaca and Judaica. Essays and Translations“ erschien. 1994 wurde er mit der Festschrift „Brücken über dem Abgrund. Auseinandersetzungen mit jüdischer Leidenserfahrung, Antisemitismus und Exil“, herausgegeben von Amy Colin und Elisabeth Strenger, geehrt. Zohn erhielt auch mehrere österreichische Auszeichnungen.
DAS JÜDISCHE ECHO