6 minute read
MEHR ALS ÄSTHETIK
Das Eigenheim von heute steht in einer bunten Architekturlandschaft, welche die immense Individualität seiner Bewohner widerspiegelt: Ob smarte Haustechnik, nachhaltige Bauweisen oder exponierte Grundstückslagen – Wünsche sind da, um erfüllt zu werden.
Lange Zeit ließen sich die Wünsche für ein eigenes Haus schnell und präzise auf wenige gemeinsame Nenner bringen. Vor allem für Familien stand das Wohnglück viele Jahre sinnbildlich als schmuckes Einfamilienhaus in den grünen Vororten: viel Freifläche, viel Platz – alle Wünsche erfüllt!? Damals schon. Heute sieht die Sache anders aus. Wir haben längst über den Tellerrand geblickt und wissen, dass sich das „perfekte“ Zuhause keineswegs nur über die Größe eines Hauses oder eines Grundstücks definieren. Unsere Rahmenbedingungen haben sich Stück für Stück erweitert: So ist zum Beispiel energiesparendes und klimaschonendes Bauen heute kein Einzelstreben ökologisch ambitionierter Bauherren mehr. Der sogenannte Niedrigstenergiegebäude-Standard ist seit diesem Jahr für alle Mitgliedstaaten der EU verpflichtend – auf längere Sicht auch für Bestandsimmobilien.
WOHNKOMFORT DURCH WENIGER STROM- UND HEIZKOSTEN Fakt ist: Ein Neubau von heute verbraucht selbst im Mindeststandard nur sehr wenig Energie und muss diese weitestgehend regenerativ parat stellen. Soweit so gut. Doch es geht noch besser, indem Sie zum Beispiel ein Haus im derzeit höchsten Gebäude-Energiestandard KfW Effizienzhaus 40 Plus bauen. Das ist nicht nur über alle Maßen umwelt- und ressourcenschonend, sondern wartet auch mit zahlreichen Annehmlichkeiten auf. Stichwort: Unabhängigkeit von Stromanbietern und steigenden Energiekosten. Aussehen könnte das Ganze so: Eine moderne Photovoltaikanlage, optimal ausgerichtet auf einem Dach nach Süden, die den Strom für Heizung und Haushalt generiert. Was nicht verbraucht wird, speichert zum Beispiel eine Modulbatterie oder versorgt – ganz aktuell wie bei so vielen Hausprojekten der Fall – das Elektroauto, welches sich über die hauseigene E-Tankstelle in der Garage „betanken“ lässt. Und ganz wichtig: bei Bedarf den Strom auch wieder ins Haus zurückspeisen kann. Warmwasserbereitung und Heizunterstützung übernehmen Solarkollektoren. Diese können bis zu 60 Prozent des Warmwassers bereitstellen. In heißen Sommerwochen deckt eine sinnvoll geplante Anlage den Warmwasserbedarf in aller Regel komplett ab. So bleibt das Hauptheizungssystem, etwa eine Erdwärmepumpe, in der heißen Jahreszeit im besten Fall abgeschaltet. Unser Tipp: Setzen Sie auf eine smarte Heizungssteuerung für noch bessere Energieeffizienz und einen satten Komfort-Gewinn im Haus. Damit lassen sich individuelle Szenarien erstellen, welche beispielsweise vernetzte Heizkörper-Thermostate, Sonnensensoren und Rollläden miteinander kombinieren. So kommen Sie etwa an einem kalten Winterabend in ein angenehm vorgewärmtes Zuhause. Die meisten Anlagen können mittlerweile auch per Sprachassistent gesteuert werden – unter anderem bequem vom Sofa aus. Zusammen mit einem Smart Home-System lässt sich die smarte Heizungssteuerung auch mit anderen Geräten verbinden.
VOM „GRÜN“ PROFITIEREN Kehren wir nochmal zum Thema nachhaltig Bauen zurück. Wir verbringen einen Großteil unseres Lebens in geschlossenen Räumen. Wohngesundheit und behagliches Wohnen gehen mit Lebensqualität einher und stehen deshalb für viele Bauherren inzwischen ganz oben auf ihrer Wunschliste. Ein begehrter Werkstoff beim Hausbau ist und bleibt deshalb Holz: Es kann von Natur aus sehr lange Wärme speichern und gibt diese nur langsam wieder ab. So fühlen sich zum Beispiel Außen- und Innenwände oder Böden grundsätzlich angenehm warm an. Und keine Sorge, an heißen Tagen bleibt deshalb die Hitze ausgesperrt. Wie groß die Fähigkeit der Wärmespeicherung ist – und damit auch die klimaregulierende Wirkung im Sommer und Winter – hängt von der jeweiligen Wandstärke des Hauses ab. Um ein Beispiel zu nennen: Eine 30 Zentimeter dicke Wand aus Holz in Rahmenbauweise erreicht mit einem Wärmedurchgangskoeffizient von 0,15 bis 0,2 W/m2 bereits hervorragende Dämmwerte und damit den Niedrigenergiestandard. Mit Holz lässt sich also schon eine hochwärmegedämmte Hülle errichten, die mit einer vergleichsweise geringen und damit auch platzsparenden Dämmung auskommt. So wuppen moderne Holzbauten die gesetzlichen Anforderungen der Energieeinsparverordnung spielend leicht. Natürliche Dämmstoffe sind grundsätzlich erste Wahl beim Holzbau. Sie sind ökologisch abbaubar und unterstützen das Raumklima im Haus positiv. Von Zellulose über Holzfaser bis hin zu Schafwolle stehen unterschiedliche Materialien zur Wahl. Wie schon erwähnt ist Holz übrigens ein schlechter Wärmeleiter. Folglich benötigt eine Holzwand auch weniger Dämmmaterial. Letztere lässt sich zudem platzsparend in die Konstruktion einbringen. Verglichen mit einem massiven Haus aus Stein sind die Holzwände deshalb
Foto: Keitel-Haus
deutlich schlanker. Und das zeigt sich mit einem Raumgewinn von bis zu zehn Prozent. Heißt: Dass ein Holzhaus – im direkten Vergleich mit derselben Grundfläche eines Steinhauses – mehr Wohnfläche aufweist.
KLUG GEPLANT, BESSER WOHNEN „Komfort ist nicht allein eine Frage des Geldes“, erklärt Andreas May, Vorstand des Bauherren-Schutzbundes in Berlin. „Mit kluger Planung macht ein Haus einen gesamten Lebenszyklus mit.“ Und das heißt: Anforderungen und Wünsche an die eigenen vier Wände nicht nur am Heute, sondern auch am Morgen und am Übermorgen messen. So ist das Familiendomizil mit Erd- und Obergeschoss samt ausgebautem Dachboden aktuell die beste Wahl. Doch wie sieht es später aus, wenn die Kinder ausgezogen sind? Wird das mehrstöckige Haus ein unüberwindbares Hindernis? Was machen, wenn ja? Vorkehrungen treffen und das Thema Barrierefreiheit auch in jungen Bauherren-Jahren nicht außer Acht lassen! Breite Türen, schwellenlose Eingängen und Terrassenübergänge sowie viel Bewegungsfläche in Küche und Bad sind altersunabhängig ein Segen. Apropos Bad: Hier zählt zum Beispiel die bodengleiche Dusche längst zum Standard im Neubau. Sie ist sicher und komfortabel zu begehen für junge und ältere Bewohner gleichermaßen. Auch sollten Sie die flexible Nutzung von Räumen bis hin zu eventuellen Neuaufteilungen der Wohneinheiten, etwa einer separaten, zweiten Wohnung im Obergeschoss, im Blick behalten. Viele Kosten lassen sich für spätere Umbauten sparen, wer sinnvoll vorplant: Das gilt auch für größere Maßnahmen, wie
Foto: Fingerhut Haus
zum Beispiel Platz für einen Aufzug im Alter. Letzterer zählt sicherlich aktuell noch zu den Raritäten im Hausbau, sofern keine Gehbehinderungen vorhanden sind. Aber: Bewohner*innen von Hausbauten in Hanglagen betreten beispielsweise oftmals ihr Zuhause über einen Haupteingang im Kellergeschoss, während sich die eigentlichen Wohnräume in den oberen Etagen befinden. Sie würden beim Transportieren von Möbeln oder Einkäufen sicherlich von den Vorzügen eines Aufzuges profitieren. Zukunftsweisend ist auch die verbaute Technik im Haus. Wer aktuell das Rundum-Smart-Home-Paket scheut, sollte dennoch eine Art „multimediale“ Vorsorge treffen. Diese kostet erstmal wenig, setzt aber eine gute Basis für späteren Bedarf: etwa mit USB- Ladesteckdosen, YUV-Dosen, HDMI-Anschlüsse und LWL-Datenanschlussdosen samt der dazugehörigen Leerrohre in jedem Raum. Und noch ein Tipp für Bauherren jenseits der 40: Je näher der anvisierte Hausbau an das Rentenalter der Bauherren heranrückt, könnte bei der Bauplanung auch ein Bungalow eine gute Alternative darstellen. Hier genießen die Bewohner*innen die Annehmlichkeiten von Leben, Wohnen, Essen und Schlafen auf einer Ebene. Vollkommen barrierefrei von Grund auf.
STILMITTEL UND SOLARER GEWINNER „Großflächige, teils bodentiefe Verglasungen sind beim Hausbau heute Standard, denn moderne, mehrfachverglaste Fenster lassen viel Licht und Sonnenwärme hinein, geben die Wärme aber längst nicht mehr so schnell nach außen ab wie früher“, erklärt uns Achim Hannott, Geschäftsführer vom Bundesverband Deutscher Fertigbau. Vor allem im Zusammenspiel mit Holz sieht unser Experte jede Menge Vorteile für zukünftige Bauherren. „Gemeinsam können die Baumaterialien Holz und Glas ihre Stärken in den Bereichen Wohnkomfort und Energieeffizienz in einem Fertighaus ideal ausspielen.“ Besonders eindrucksvoll zeigt dies die angesagte, moderne Fachwerkarchitektur in Holz-Skelettbauweise: Große Glasflächen schmiegen sich hier entlang der Holzgefache. Im Inneren präsentieren sich weitläufige, lichtdurchflutete und offen konzipierte Wohnlandschaften. Bei vielen Hausprojekten dieser Art gipfelt das Wohnglück nicht nur in einem außergewöhnlichen Baustil, sondern auch mit einem bewussten Blick ins Freie – und das meist auf idyllisch gelegenen Grundstücken, etwa exponiert in Hanglage. Dabei lassen sich bei vielen Sonnenstunden immens große, solare Wärme- und Energiegewinne einheimsen. Grundsätzlich gilt: „Energetisch sinnvoll ist, dass große Fenster und Verglasungen bereits bei der Hausplanung auf die Himmelslage hin ausgerichtet werden. Am besten sind solare Einträge bei Südausrichtung, aber auch Ost- bzw. Westausrichtungen bringen deutliche Vorteile“, weiß Frank Lange, Geschäftsführer des Verbandes Fenster + Fassade. Unabkömmlich in diesem Fall ist ein ausgeklügeltes Verschattungssystem für die heiße Jahreszeit. „Rund ein Drittel der Fertighäuser werden heute von Anfang an als Smart Home geplant. Hier bietet es sich an, den Sonnenschutz vor dem Fenster intelligent einzubinden, um solare Wärmegewinne dann einzufahren, wenn sie auch wirklich sinnvoll und gewünscht sind“, schließt Achim Hannott. (fri)