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PORTUGAL
GANZ FÜR UNS Während sich Portugal zur Hauptsaison vor Reisemobiltouristen kaum retten kann, haben wir Ende September viele Plätze ganz für uns alleine.
Europas Wilder Westen
Türkisblaues Wasser, atemberaubende Steilküste und malerische Städte – Portugal bietet ein absolutes Traumziel. Blöd nur, dass es über 2.000 Kilometer von Deutschland entfernt liegt. Wer nicht auf einen Portugal-Roadtrip verzichten möchte, leiht sich ein Reisemobil. Das haben wir gemacht und sind die Westküste Portugals abgefahren.
TEXT + FOTOS: Inka Gösmann
Zu viert macht sich unsere kleine Reisegruppe mit dem Flieger auf nach Portugal. Wir landen am späten Abend in Lissabon. Bei dem perfekten Urlaub kommt es für uns auf eine gute Balance an. Daher haben wir uns, bevor wir den Camper beziehen, für drei Nächte eine Wohnung in der Stadt gemietet und erkunden Lissabon von dort aus. In die Hauptstadt Portugals sind wir schockverliebt. Gelbe Retro-Stadtbahnen, steile ten Häuserfassaden und kleine BlätterteigPudding-Törtchen, sogenannte Pastei de Nata, die uns an jeder Straßenecke das Wasser im Mund zusammenlaufen lassen – die Stadt begeistert auf allen Ebenen. Nach drei Tagen Städtetrip sind unsere Füße platt gelaufen und wir freuen uns auf die Ruhe und Entspannung im Campervan. Ein Taxi bringt uns für nur 35 Euro vom Stadtzentrum zum etwa 40 Minuten entfernten Depot unseres Verleihers Indie Campers.
Zuhause auf Zeit
Unser Reisemobil haben wir vorab von sere Wahl, nachdem wir uns online durch unzählige Verleiher geklickt hatten, uf Indie Campers. Die Größe des Campers, Empfehlungen von Freunden und schlussendlich der Preis haben unsere Wahl beachtet werden, was im Preis bereits inkludiert ist. Unser Paket umfasste standardmäßig beispielsweise nur ein Bettwäscheset und lediglich 675 Kilometer Fahrtstrecke. Obwohl wir wussten, dass wir diese bei unserer Route überschreiten werden, buchten wir. Die Mehrkilometer kosten uns weniger als die nächsthöhere Kilometerpauschale. Nachrechnen lohnt sich! Positiv war, dass wir bei Unklarheiten zum Buchungsprozess jederzeit über den Chat auf der Website Hilfe bekamen. Nach abgeschlossener Buchung schickte der Verleiher uns ein Video, mit dessen Hilfe wir uns mit unserem Camper vertraut machen konnten. Als wir den Camper abholen, bekommen wir vor Ort nochmals eine persönliche Einführung, die Aufgrund unserer bereits vorhandener Campererfahrung relativ kurz ausfällt.
EINSTEIGEN BITTE Gelbe Retro-Straßenbahnen sind das Marken zeichen Lissabons. Die Tramlinie 28 durchquert einmal alle beliebten Touristenviertel. Die Fahrt durch die steilen, engen Gassen ist ein echtes Er lebnis und unbedingt empfehlenswert.
tuellen Zustand des Fahrzeugs gründlich von innen und außen – schließlich wollen wir später nicht für Schäden zur Rechenschaft gezogen werden, die wir nicht verursacht haben. Nachdem alles Organisatorische erledigt ist, heißt das Kommando endlich: Hit the Road!
Los geht‘s
Aufgrund des Wetterberichts entschließen wir uns in Richtung Norden zu starten und man einen tollen Blick über die Steilküste haben und einen wunderschönen Sonnenuntergang beobachten können. Da wir von Lissabon die mautfreie Route nehmen, brauchen wir deutlich länger als unser Navi angibt und verpassen den Sonnenuntergang. Auch am nächsten Morgen bleibt uns der Blick über die Küste verwehrt, denn wir wachen in einer Nebelschwade auf und können nur erahnen, wie toll der von lassen wir uns die Stimmung genauso wenig verderben wie von den unzähligen Mückenstichen, die wir als Andenken von einer kurzen Lagebesprechung beim Frühstück beschließen wir weiterzufahren. Unser Nächstes Ziel: das Surferparadies Nazaré. Die Küstenstadt ist bekannt für ihre Monsterwellen, die im Winter mehr als 30 Meter hoch werden und regelmäßig als Kulisse für Surfweltrekorde dienen. Doch auch in Nazaré ist das Glück nicht auf unserer Seite. Denn als wir ankommen, ist das Meer trotz Wind ungewöhnlich ruhig. Statt die Monsterwellen zu bestaunen, verbringen wir ein paar Stunden lesend am Strand. Ins Wasser trauen wir uns nur kurz, denn das ist Ende September selbst für Wasserratten ziemlich kalt. Nach einem holprigen Start werden wir am Abend mit dem tollsten Stellplatz unserer Reise belohnt. Etwas weiter südlich von Nazaré hofften Sonnenuntergang.
Ab in den Süden
Da das Wetter im Norden die nächsten Tage nicht besser werden soll, entschlie-
TRAUMHAFT In den Felsbuchten tauchen immer wieder wunderschöne Sandstrände auf. Wer baden will, muss erstmal den Abstieg meistern. Mit etwas Glück führt eine schmale Treppe zum Strand.
ERFRISCHEND Auch wenn das türkisblaue Wasser einladend wirkt, in die eiskalten Wellen stürzen sich nur Hartgesottene. AUFLADEN Auf den Campingplätzen laden wir nicht nur unseren Batteriespeicher, sondern tanken auch selbst neue Energie. Aufgrund der Nebensaison ist es nicht nötig, dass wir die Plätze reservieren.
REISEINFOS
WILDCAMPEN
Lange Zeit galt Wildcampen in Portugal als problemlos. In den letzten Jahren hat sich diesbezüglich einiges geändert. Seit dem 19. Juli 2022 sind laut portugiesischer Straßenverordnung „Übernachtungen in vom IMT (Institut für Mobilität und Transport) zugelassenen Wohnmobilen für einen Zeitraum von maximal 48 Stunden erlaubt“. Das gilt jedoch nicht für Plätze in Naturparks. Zudem sollten Wohnmobil-Verbotsschilder unbedingt beachtet werden, sonst können saftige Geldbußen auf die Urlauber zukommen. Wichtig ist: Übernachten ist nicht gleich wildcampen. Das bedeutet, abseits von Campingplätzen darf kein Campingverhalten – wie Stühle und Tische aufstellen, die Markise ausfahren etc. – gezeigt werden.
ßen wir umzukehren und Richtung Algarve zu fahren. Auf dem Weg zu unserem Zwischenstopp in Setúbal schauen wir uns in Sintra den Regaleira-Palast an. Das Anwesen mit dem verwunschenen, vier Hektar großen Park zählt zum UNESCO-Weltkulturerbe und beeindruckt mit unterirdischen Tunnelsystemen, begehbaren Brunnen und kleinen detailreichen Bauten. Da wir noch ein ganzes Stück weiterfahren wollen, können wir nicht den ganzen Park besichtigen. Trotzdem fühlen wir uns, als wir wieder durch das Tor auf die Straße treten, als wären wir für ein paar Stunden in eine Märchenwelt Lissabon in Setúbal und legen einen weiteren Zwischenstopp in Sines ein. Auf der Fahrt können wir nicht glauben, wie schön die Landschaft an der Westküste Portugals ist. Immer wieder führen schmale Wege von der Straße ab zu kleinen Sandstrandbuchten. Nicht selten ist der Weg zur Bucht ein Abendteuer. Gerade mit einem gemieteten Camper ist hier besondere Vorsicht geboten, denn bei vielen Verleihern sind Schäden am Fahrzeugboden nicht von der Versicherung
KUSCHLIG UND KOMPAKT Das Stockbett in unserem Campervan ist nichts für Personen mit Platzangst. Vor allem auf dem oberen Bett sind es nur wenige Zentimeter bis zur Decke.
WIE IM MÄRCHEN Die wahre Attraktion der Quinta da Regaleira ist die weitläufige Gartenanlage, die das Herrenhaus umgibt. Versteckte Höhlengänge, Wasserfälle und wildrankende Pflanzen verwandeln den Park in eine Fantasiewelt. TURM ODER BRUNNEN? Der Brunnen Poco Iniciático sieht aus wie ein umgestülpter Turm. Eine spiralförmige Treppe führt den Brunnen hinab und wirkt mystisch. Reisemobil-Parkplätze, von denen wir ein gutes Stück zur Bucht wandern müssen. Doch die Mühe lohnt sich allemal, denn ein Strand an der Westküste Portugals ist schöner als der andere.
Catching the Waves
WIR KOMMEN WIEDER Nach nur wenigen Stunden Surfkurs ist uns klar: das war nicht unser letztes Mal auf dem Brett. Portugal ist zum Wellenreiten ein Traum. Ob blutige Anfänger oder langjähriger Profi – hier findet jeder die perfekte Welle. Nachdem wir einige schöne Buchten erkundet und immer wieder die Surfer im Meer beobachtet haben, wollen wir nun endlich selbst in die Wellen. Spontan buchen wir uns einen Surfkurs und checken dafür zwei Tage auf einem Campingplatz in Odeceixe ein. Hier macht sich bemerkbar, dass wir bereits in der Nebensaison unterwegs sind, denn sowohl auf dem Campingplatz als auch am Strand treffen wir nur wenige andere Reisende. Ein Glück für uns, denn so bekommen wir einen privaten Surfkurs und können mithilfe un
GROSSES KINO Plötzlich wird die Urlaubslektüre zur Nebensache. Was am Strand passiert, ist deutlich spannender: Unzählige Surfer stürzen sich hier in die Wellen.
die ersten Stehversuche auf dem Board und wollen am nächsten Tag gleich wieder in die Wellen. Am zweiten Tag feiern wir tatsächlich erste Erfolge und schaffen es die ein oder andere Welle zu ste-
GUTEN APPETIT Vor 26 Jahren haben Petra und Wolfgang ihren Traum zur Wirklichkeit gemacht: Sie sind nach Portugal ausgewandert und verkaufen am westlichsten Punkt Europas deutsche Bratwürstchen. hen. Auch wenn das noch kein wirkliches surfen ist, unser Ehrgeiz ist geweckt und wir versprechen, bald wieder zu kommen und eine ganze Woche einen Surfkurs zu buchen. Kaputt vom Kampf mit den Wellen, fahren wir weiter die Küste entlang. So könnten wir uns wochenlang von einer Bucht zur nächsten hangeln, doch unser Urlaub neigt sich dem Ende entgegen und wir treten die Rückesie nach Lissabon an, wo wir den Camper wieder abgeben und legen wir einen letzten Stopp in Sagres ein. Auf dem Weg dorthin statten wir dem westlichsten Zipfel Festland Europas einen Besuch ab und essen die letzte Bratwurst vor Amerika. Anscheinend ein Muss, wenn man nach Portugal kommt. Uns erinnert Deutschland – was uns wehmütig stimmt. Hätten wir länger Zeit, würden wir weiter die Algarve entlangfahren. Haben wir aber nicht – deswegen heißt es für uns am letzten Tag nicht „Adeus“ sondern „Vejo você em breve“ – bis bald Portugal! CAMPING- UND STELLPLÄTZE:
Day & Night Parkplatz Peniche Estrada Marginal Norte 2520 Peniche
Ecoparque Do Outão R. Orlando Curto 2900-182 Setúbal +351 265 423 890
Parque De Campismo São Miguel R. Estr. Nacional 120 7630-592 Odeceixe www.campingsaomiguel.pt
Wohnmobilstellplatz in Vila Bispo Praça de Tanegashima 8650 Vila do Bispo
Orbitur Sagres Cerro das Moitas 8650-998 Vila de Sagres www.orbitur.pt
REISEMOBILVERMIETUNG:
Indie Campers – Lisbon Depot R. Eng. Clément Dumoulin Armazém J 2625-106 Póvoa de Santa Iria www. indiecampers.de
Besuchen Sie uns! 14.01. – 22.01.2023