CONCORDE CHARISMA

Darf’s etwas mehr sein?

Der Luxus-Bestseller feierte dieses Jahr 20. Geburtstag. Zum Jubiläum wurde der Concorde Charisma umfassend modernisiert, verbessert und aufgewertet. Wir haben ihn auf einer Reise zum Bodensee und ins Allgäu ausführlich getestet.

TEXT +FOTOS: Martin Häußermann

GUTE REISE Dank einiger technischer Helferlein fährt sich der weiße Riese erstaunlich einfach. Eine Ausstattung, die von einer Spülmaschine über TV-Anlage bis zur Regenbrause reicht, sorgt für Top-Wohnkomfort.

Einen solchen Testwagen haben wir nicht alle Tage. Der Testalltag besteht aus Campervans, Teilintegrierten und Alkovenmobilen in Preisregionen, die für uns noch irgendwie erreichbar scheinen. Aber nun bekommen wir eine Mail von Concorde-Pressesprecher Mirko Kerber: Wider Erwarten könne er uns nun für knapp drei Wochen einen Charisma 910 MI zum Test anbieten. Großartig, schließlich hatten wir dieses Fahrzeug schon bei der Vorstellung vergangenen Herbst kurz auf eine Probefahrt mitgenommen und angedeutet, dass dies doch mal einen Test in unserem Magazin wert wäre. Wohl wissend, dass dieses Fahrzeug für ne liegt – für uns übrigens auch. Schon der Grundpreis mit 275.800,- Euro lässt uns schlucken. Weil Concorde seine Testwagen mit vielem ausstattet, was gut und teuer ist, steht als Endsumme 432.830,- Euro auf der Liste. Das ist beeindruckend.

Update für den Bestseller

Sucht man in Nachschlagewerken nach dem Begriff nen wie göttliche Gabe oder hohe Ausstrahlungskraft. Nun ist der Integrierte namens Charisma von Concorde zweifellos von Menschen gemacht, aber seine Ausstrahlungskraft ist ebenso zweifellos hoch. „Der Charisma ist unser Bestseller“, sagt Concorde-Pressesprecher Mirko Kerber im Brustton der Überzeugung. Seit genau 20 Jahren läuft der Luxusliner, den Concorde selbst als „Klassiker unter den Landyachten“ bezeichnet, im fränkischen Schlüsselfeld vom Band. Nicht nur der runde Geburtstag, sondern auch die Tatsache, dass die dritte Generation des Erfolgsmodells neun Jahre unverändert blieb, waren Grund und Anlass für eine umfassende Veränderung. Der Charisma ist ein Integrierter der Luxusklasse, dem man sofort ansieht, aus welchem Stall er kommt. Schließlich umfasste das Charisma-Update auch Bugmaske und Heckpartie, die optisch an den Centurion angelehnt sind. Als Basis dient der Iveco Daily 65 C mit 6,5 Tonnen zulässiger Gesamtmasse. Unser Testwagen bekam als Extra das Chassis-Paket (19.500,- Euro) spendiert, zu dem unter anderem eine Vollluftfederung und eine Spurverbreiterung an der Vorderachse gehört. Als 7,5 Tonner hat er trotz umfangreicher Zusatzausstattung noch knapp 900 Kilogramm Zuladungsreserve und darf mit dem alten Führerschein Klasse 3 – aktuell Klasse C1 – gefahren werden. Das freut die Gattin, die im Besitz des alten Dreiers ist und sich zumindest auf der Rückfahrt mal für einige hundert Kilometer hinters Steuer klemmt. Dem Schreiber dieser Zeilen, Inhaber des Lkw-Führer ein, aber keine Angst.

Die Dimensionen sind beachtlich

Tatsächlich muss man sich an die Dimensionen des Fahrzeugs gewöhnen. Knapp 9,5 Meter Länge, knapp 2,5 Meter Breite und eine Höhe von mehr als drei Metern – mit Dachklimaanlage und Satellitenschüssel – sind schon eine Ansage. Also lässt man es zunächst ruhig angehen, gewinnt dann aber sehr schnell Vertrauen in den Koloss. Für ein Reisemobil in dieser Größenklasse fährt sich der Charisma erstaunlich handlich. Fast wie ein Pkw, traute ich mir zu sagen. Was nicht jeder verstehen konnte und sicher auf meine Erfahrung mit großen Fahrzeugen

zurückzuführen ist. Andererseits gibt die Bedienung des Charisma einem routinierten Autofahrer keine großen Rätsel auf. Die Lenkung ist angemessen direkt, das Fahrverhalten dank der erwähnten Spurverbreiterung und der „Active Air“ genannten Fahrwerksstabilisierung eher auf der komfortablen Seite, aber nicht träge. Dazu kommt diese wunderbare ZF-Achtgang-Wandlerautomatik, die butterweich schaltet. Das Einzige, was wir noch dazu bestellen würden, wäre wohl einen Retarder, also eine verschleißfreie Wirbelstrombremse. Schließlich Bergen und damit auch auf Passstraßen unterwegs. Und das stresst die Bremsen auch bei Einsatz der Motorbremse doch ein wenig. Wer die Anschaffung eines solchen Luxusliners erwägt, sollte sich vorher überlegen, wo er das Gefährt abstellt. Wir hatten Glück, denn unsere Nachbarn haben einen großen Hof und waren zum Testzeitpunkt nicht zu Hause. In unserer Wohnsiedlung hätten wir den Concorde

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6,6 t 888 kg 7,49 t 400 l

Technische Daten und Preise: Concorde Charisma

2 x 300 l

BASIS/CHASSIS: Iveco Daily 65C18, 3 Liter F1C Heavy Duty, Vierzylinder-Turbodiesel, 2.998 cm3, 154 kW (210 PS) bei 3.500/min, Drehmoment 470 Nm bei 1.400-3.000/ min, 8-Gang-Wandlerautomatik, Heckantrieb, ABS, ESP, Hillholder, ACC, LED-Tagfahrlicht, elektrisch verstell- und beheizbare Außenspiegel, höhenverstellbares Lenkrad, zwei drehbare Pilotensitze im Fahrerhaus

MASSE UND GEWICHTE: Länge 9,27 m, Breite 2,43 m, Höhe 2,54 m, Radstand 4,9 m, Masse in fahrbereitem Zustand 6.602 kg, zulässige Gesamtmasse 7.490 kg, Zuladung 888 kg, Dieseltank 120 l

AUFBAU: Wand, Dach und Boden aus Alu-Sandwich

WOHN- UND SCHLAFRAUM: Barsitzgruppe mit zwei drehbaren Einzelsitzen und einer L-förmigen Couch, abtrennbares Schlafzimmer mit Queensbett, Liegefläche 200 x 157 cm, Kleiderschränke unter dem Bett, Wäschefächer seitlich und in Hängeschränken KÜCHE: Drei-Flamm-Herd, Kompressorkühlschrank mit Eisfach 177 l, Mikrowellenherd, Geschirrspülmaschine, Mineralstoff-Küchenarbeitsplatte mit nahtlos eingeformten Spülbecken (Spülbecken verkleidet mit Edelstahl), Staumöglichkeiten in Schubladen und Hängeschränken

SANITÄR: Raumbad mit großem Waschtisch, Zerhackertoilette, separater Dusche mit Regenbrause, Außendusche in der Heckgarage

HEIZUNG, STROM- UND WASSER VERSORGUNG: Hybrid-Heizungssystem bestehend aus Alde-Warmwasserheizung, kombiniert mit Webasto-Dieselheizung 5,2 kW und Alde-Flow Zusatzboiler, Heizung Schlafzimmer separat regelbar, Dachklimaanlage für Wohnraum 2.200 W mit Heizelement 1.700 W, Bordbatterie Lithium 24 V/400 Ah, Kontrollpanel, LED-Beleuchtung, 120 Liter-Gastank. Testverbrauch: 15,5 l/100 km

AUSSTATTUNG UND PREISE: Grundpreis: 275.800,- Euro

Motorvariante C21 (154 kW/210 PS) 2.855,- Euro Chassis-Paket II 70C: u.a. 7,49 t zul. Gesamtmasse Vierkanal Vollluftfederung mit Auto-Level-Funktion, Differenzialsperre, Leichtmetallräder 19.500,- Euro Hydraulische Hubstützenanlage 9.900,- Euro Zwei Heckauszüge 2.360,- Euro Sicherheitspaket mit Abstandsregeltempomat, ACC und Notbremsassistent 7.030,- Euro Geschirrspülmaschine 2.615,- Euro Elektropaket „Ultra-Power“ mit LithiumBatterie 400 Ah, Kombi-Ladegerät 150 A, Sinus-Wechselrichter 12 V auf 230 V 11.990,- Euro

Testfahrzeugpreis: 432.830,- Euro

sonst kaum abstellen können, ohne mit anderen Nachbarn Ärger zu bekommen. Bei Ankunft stellen wir fest, dass der Hof dann doch nicht so groß ist. Doch das Birdview-Kamerasystem ist sehr hilfreich. Kameras an allen vier Seiten des Fahrzeugs zeigen auf einem TFT-Bildschirm die genaue Position und bieten so eine nahezu perfekte Rundumsicht. Als Rangierhilfe kommen noch die separate Rückfahrkamera sowie die großen Busspiegel hinzu. So lässt sich das 9,27 Meter lange Trumm auch mal einparken, wenn gerade kein Einweiser zur Verfügung steht. Kaum steht der Charisma da, bekommen wir Besuch. Während wir ihn einladen, kommen immer wieder Spaziergänger vorbei, die gerne mal einen Blick reinwerfen.

Üppiger Luxus auf Rädern

Die Besucher sind beeindruckt. Weil schon der Aufstieg über die vier Treppenstufen etwas buchstäblich Erhabenes hat und der Luxus, der einem dann entgegenschlägt, für Nichteingeweihte schon fast unglaublich ist. Eindruck schinden wir immer wieder mit der Spülmaschine, die unter der Spüle eingebaut ist. Die ist auf Reisen auch wirklich praktisch, aber beim aufgerufenen Preis von rund 2.600,- Euro muss man schon ein bisschen schlucken. Man geht im Charisma auf einem Holzboden Die drei drehbaren Einzelsitze und die L-förmige Längscouch sind mit feinem cremefarbenem Leder bezogen, Möbelklappen und Schranktüren in Nussbaum gehalten. Das wirkt gediegen, ohne konservativ oder gar langweilig zu sein. Unser Charisma ist mit einer sogenannten Barsitzgruppe ausgestattet. Namensgebend ist eine Vitrine, in der unter anderem Weingläser untergebracht sind, die während der Fahrt tatsächlich nicht scheppern, sondern ruhig darauf warten, am Zielort rausgeholt zu werden.

STAURAUM SATT Unter dem Queensbett liegt eine riesige Heckgarage. Der Doppelboden beherbergt kleine Schuhstaufächer, aber auch Wassertanks und Bordelektrik.

GRADE BLEIBEN Die Hubstützenanlage sorgt mit einem Druck aufs Bedienpanel im Einstieg dafür, dass der Wagen sauber im Wasser steht.

GUTE NACHBARN Auf unserem Campingplatz bekamen wir einen Concorde-Alkoven als Parzellennachbar.

EINFACHE ENTSORGUNG Steht man mit dem Ablasstutzen über dem Gulli, lässt man zuerst das Schwarzwasser ab, dann wird mit dem Grauwasser nachgespült. Funktioniert ohne Chemie. Ich glotz‘ TV

Zu diesem Grundriss gehören das bereits erwähnte Sofa sowie die Einzelsitze. Wenn man zu zweit reist, dreht man den Beifahrersitz, besetzt den Einzelsitz in der zwiten Reihe und speist an dem Tisch, der an der rechten Wand angeschlagen ist. Selbstverständ man auch den gedrehten Fahrersitz und das Sofa als Essplatz nutzen kann. Letzteres ist zum TV-Genuss eher ungeeignet, denn der Bildschirm senkt sich aus dem darüber liegenden Schrank bis zur Sofalehne hinunter ab. Und wenn sich zwei nicht übers Fernsehprogramm einig sind, kein Problem. Im Schlafgemach hängt noch ein zweiter Bildschirm. Wobei das nicht das wichtigste Feature hier ist, sondern das bequeme Queensbett, in dem man so gut schläft wie auf der heimischen Matratze. Allerdings muss man relativ weit hinten ins Bett einsteigen. Auf jeder Bettseite gibt es dafür eine relativ große Heckgarage zu begründen, die auf der gesamten Fläche nahezu Stehhöhe hat – und dann eben entsprechend in den Wohnbereich hineinragt. In diesem Stauraum ließe sich spielend ein Motorroller plus zwei Fahrräder unterbringen. Concorde hat diesen Raum für ein enorm praktisches Regalsystem genutzt, in dem sich vielerlei Utensilien unterbringen lassen, die man auf Reisen zwar gerne dabei hat, aber nicht zwingend in der oberen Etage braucht. Drei Fahrräder sowie Campingmöbel haben wir locker untergebracht.

Luxus trifft Qualität

Nach diesem Test haben wir mehr als nur eine Ah besonders die Kombination aus gediegenem Luxus, praxisgerechter Ausstattung und ausgeprägtem Qualitätsbewusstsein. Leider muss man für all dies schon reichlich was auf der hohen Kante haben.