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KATALONIEN

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TOSKANA

TOSKANA

SCHÖNER SCHATTEN Die Parzellen auf dem Camping Senia Cala Gogo sind mit Strohmatten abgedeckt, die im heißen Sommer Schatten spenden.

Hart am Wind

Ein Urlaub der Gegensätze: Wir genießen die Berglandschaft der Pyrenäen und den Strand am Mittelmeer, baden in ruhigem Wasser und bestaunen Surfer auf hohen Wellen. Katalonien begeistert uns, ob aus der Luft oder vom Fahrrad aus.

TEXT & FOTOS: Martin Häußermann

COOL BLEIBEN Der Camping Bassegoda Park ist dicht mit alten Bäumen bewachsen, die dafür sorgen, dass sich das Reisemobil nicht unnötig aufheizt. Wer weitere Abkühlung braucht, hüpft in den platzeigenen Pool. DURCH DIE BERGE Katalonien bedeutet nicht nur Trubel am Strand. In den Pyrenäen ist es deutlich ruhiger und grüner. Wandern und Fahrradfahren sind hier gute Optionen.

Die Zeiten ändern sich in Katalonien. Nicht unbedingt in dem Sinne, dass die angestrebte Unabhängigkeit von Spanien aufgegeben oder vollzogen würde. Das scheint eine unendliche Geschichte zu sein. Aber genau diese Geschichte prägt die Menschen bis heute. Immer wieder wurden die stolzen Katalanen unterjocht, erstmals im spanischen Erbfolgekrieg (1701 bis 1714), dann vom faschistischen Franco-Regime, das sich 1936 blutig an die Macht putschte. In der Folge ließ der Diktator alle Anzeichen regionaler Identitäten verfolgen, die katalanische Sprache, Bräuche und Feste auf Androhung von Gefängnisstrafen verbieten. Die neue Verfassung von 1978 räumte den Katalanen eine gewisse Autonomie ein, dieser Autonomiestatus wurde 2005 erneuert, weil Franco-Treue bei der Ausgestaltung der ersten Verfassung mitarbeiteten. Und prompt grätschte die politische Rechte die Katalanen wieder ab. Deren Klage beim Verfassungsgericht hatte Erfolg: 14 Artikel des neuen Autonomiestatuts wurden als verfassungswidrig angesehen. Die Katalanen waren außer sich. Madrid schaltete auf stur, ließ katalanische Politiker verhaften. Die Flucht des katalanischen Präsi-

BADEN IN DER BUCHT Vom Camping Senia muss man ein paar Meter zu Fuß gehen, um in diese Bucht zu kommen. Aber der Spaziergang lohnt sich.

RUHE VOR DEM WIND Das Meer vor dem Camping La Ballena Alegres zeigt zwei Gesichter. Am frühen Morgen ist es noch schön ruhig und das Meer lädt zum Baden ein. Nachmittags kommt Wind auf. So stark, dass Surfer ihre wahre Freude haben. denten Puigdemont nach Deutschland im Jahr 2018 ist vielen noch vor Augen. Inzwischen versuchen sich neue politische Akteure an Schadensbegrenzung. Aus dem wilden Gegeneinander könnte vielleicht doch ein gedeihliches Miteinander werden.

Tolle Gastgeber

Wer als Deutscher nach Katalonien kommt, erlebt die Menschen als bodenständige und tolle Gastgeber. Das erfahren wir nicht zuletzt auf den Campingplätzen, die wir auf unserer Reise besucht haben. Diese Reise führt uns auf kleinen Sträßchen zunächst in die Pyrenäen. Am Fuße des Berges Bassegoda (1373 ü.d.M) liegt der Campingplatz Bassegoda Park unweit des Städtchens Albanyà. Der Platz ist schön in die Natur integriert. Große Bäume spenden Schatten auf den allerdings nicht besonders großen Parzellen. Dieser Platz ist ein Paradies die Natur genießen wollen. Wanderungen durch sich ganz nah am Platz – oder auf die umgebenden Anhöhen versprechen viel Abwechslung. Abends

IN DIE LUFT GEHEN Ein Rundflug bietet Gelegenheit, die Urlaubsregion um Empuriabrava von oben zu genießen. Mutigere machen mit erfahrenen Fallschirmspringern einen Tandemsprung.

CAMPINGPLÄTZE

Camping Bassegoda Park Camí de Bassegoda s/n E-17733 Albanyà (Girona) Telefon: +34 972 542020 info@bassegodapark.com www.bassegodapark.com/de

Camping la Ballena Alegre Carretera Sant Martí d’Empuries s/n E-17470 Sant Pere Pescador (Girona) Telefon: +34 972 520302 info@ballena-alegre.com www.ballena-alegre.com/de Camping Sènia Cala Gogo Av. Andorra 8 E-17251 Calogne (Girona) Telefon: +34 972 651564 Calagogo@calagogo.es www.calagogo.es/de

REISEMOBILVERMIETUNG:

Autocaravanes Libertium C-17 km 17,2 08185 Lliçà de Vall (Barcelona) Telefon: +34 93 844 5520 info@libertiumautocaravanas.es

ESSEN & TRINKEN:

Sidreria Mooma Mas Saulot s/n E-17257 Palau-Sator info@mooma.cat www.mooma.cat

Cavas Castillo de Perelada S.A. Plaça del Carme 1 E-17491 Peralada (Girona) Telefon: +34 972 538001 info@pereladachivite.com www.perelada.com/en

AKTIVITÄTEN:

Rundflüge, Tandemfallschirmsprünge Sector Aeroclub s/n E-17487 Empuriabrava (Girona) Telefon: +34 872 222224 fly@thelandofthesky.eu www.airempuriabrava.com

TOURISMUSINFO:

Katalonien Tourismus – Agència Catalana de Turisme Palmengartenstraße 6 60325 Frankfurt/Main Telefon: +49 69 7422 487 info.act.de@gencat.cat www.katalonien-tourismus.de

MIT DEM RADEL DA Das Fahrrad eignet sich hervorragend, um im Landesinneren Neues zu entdecken. Staus werden höchstens durch Schafe verursacht. Hier nehmen wir Kurs auf Pals. herrscht Ruhe – und Dunkelheit. Tatsächlich hält man hier die Lichtverschmutzung in sehr engen Grenzen. Beste Voraussetzungen für die Sternwarte Observatori Astrònomic Albanyà direkt am Rande des Campingplatzes. Hier wird einerseits sehr wissenschaftlich Astronomie betrieben, immerhin arbeitet das Observatorium seit 2018 mit der Nasa zusammen, andererseits gibt es hier junge Wissenschaftler, die engagiert und sehr unterhaltsam ihre Forschungsgebiete jungen und älteren Besuchern nahebringen. Nach dem Vortrag bleiben wir noch eine Weile sitzen, schauen nach oben und genießen still die sternenklare Nacht. Deutlich weniger beschaulich geht es am Strand des Camping La Ballena Alegre an der Costa Brava zu. Als wir am Nachmittag dort eintreffen, bläst das, was Hanseaten als steife Brise bezeichnen würden. Die Surfer, ob von Segeln oder Kites gezogen, müssen sich buchstäblich reinhängen, um diesen Wind in Vortrieb umzusetzen. Das gelingt mal mehr, mal weniger gut. Den Könnern unter den Kitesurfern zuzuschauen, ist eine Freude. Sie nutzen Wind und Wellen für große Sprünge. Und wenn dann einer tatsächlich ins Wasser klatscht, steigt er gleich wieder auf. Hier schwimmen zu gehen ist unmöglich, denn gerade

TRADITION TRIFFT MODERNE Unter den alten Mauern des Castillo de Perelada entstand ein topmodernes Weingut mit riesigen Kellern, in denen mehrheitlich Rotweine in Eichenfässern reifen.

DAS PRICKELT SCHÖN Der Schaumwein Cava, der im Castillo ausgeschenkt wird (oben), gehört ebenso zu den Spezialitäten Kataloniens wie der Cidre, den man hier aus lokal angebauten Äpfeln gewinnt (rechts).

ALLES FRISCH Auf dem Markt in der Provinzhauptstadt Girona gibt’s frische Melonen und andere Lebensmittel. Auch Kleidung und andere Gegenstände des täglichen Bedarfs werden angeboten. nach rechts. Wir müssen bis zum nächsten Morgen warten. Da ist dann alles ruhig. Kein Wind – der setzt tatsächlich immer erst in den Mittagsstunden ein. Keine Surfer und leichte Wellen. Perfekt für entspannten Frühsport. Während andere am Strand joggen oder spazieren gehen, nutzen wir die Gunst der Stunde und gehen schwimmen, um später im Strandrestaurant ein kleines Frühstück zu genießen. Und wir erfreuen uns an unserem Campingplatz, der perfekt organisiert erscheint und vom ADAC vergangenes Jahr zum nachhaltigsten Campingplatz Europas ernannt wurde. Unter anderem nutzen die Betreiber Wärmepumpen zur Erwärmung des Brauchwassers und zur Klimatisierung und gewinnen mit Photovoltaik-Anlagen eigenen Strom.

Adrenalin und Genuss

Nicht ganz so nachhaltig ist unser Vormittagsvergnügen. Wir fahren zum nahegelegenen Sector Aeroclub, setzen uns in eine kleine Cessna und gion von oben. 290,- Euro kostet der Spaß. Das ist es uns durchaus wert. Die Tatsache, dass die Flüge

STADT AM FLUSS Das ist einer der bekanntesten Blicke Gironas – aufgenommen von der Eiffelbrücke, die sich über den Fluss Onyar spannt. Buchstäblich herausragend ist die Kathedrale.

UNABHÄNGIG Das Zeichen der katalanischen Unabhängigkeit begleitet den Besucher auf allen Wegen. Radfahrer finden ihre Wege vielfach unter den Bahntrassen (rechts). hier CO 2-kompensiert werden, beruhigt unser ökologisches Gewissen zumindest ein bisschen. Unsere Kollegen und Campingnachbarn sind da mutiger. Sie gehen ebenfalls in die Luft und stürzen sich später aus dem Flugzeug. Nicht alleine, sondern angeschirrt aktiv sind. Ein spektakuläres Vergnügen, und ebenfalls nicht günstig. Inklusive Fotos sind gut 400,- Euro anzulegen. Nachdem wir die breit grinsenden Gesichter nach der Landung gesehen haben, sparen wir uns die Frage, ob es sich gelohnt hat. Aber nicht nur Adrenalinjunkies kommen hier auf ihre Kosten, sondern auch – und vor allem – Genussmenschen. Die katalanische Küche ist ein Gedicht – ebenso die Weine. Wie diese in großem Stil kultiviert werden, erfahren wir im Castillo de Perelada. Zunächst meint man, ein sehr traditionelles Weingut zu betreten. Der Eindruck täuscht nicht vollständig, immerhin wird hier seit dem Mittelalter Wein angebaut. Seit 1923 ist es in Besitz der Familie Mateu. Die dritte Generation betreibt nun Weinbau in großem Stil. Mit Geld, das aus anderen Wirtschaftsaktivitäten gewonnen wurde, expandierte das Weingut, kaufte massenhaft Anbau gantische, topmoderne Kelleranlage. Auch hier gilt: Die Zeiten ändern sich.

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