Fazit 176

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Der Unterschied in der Liebe zwischen Mann und Frau besteht darin, daß der Mann das Auto liebt, die Frau den Parkplatz.

Jean-Paul Belmondo, 1933–2021, Schauspieler

Werner Berg Museum & Kulturstadt Bleiburg

Dialog und große Bilder

Im kärtnerischen Bleiburg gibt es heuer eine bemerkenswerte Ausstellung. Es geht dabei um das Leben in Südkärnten und das Zusammenleben der dortigen Menschen. Von Gerhard Kosel

Fotos: Georges Biard, Künstlerischer Nachlass Werner Berg, Werner-Berg-Museum

W

enn man über den Bleiburger Hauptplatz wandelt, dann lassen den Besucher zuerst die großflächigen Bilder staunen, welche an mehreren Bürgerhäusern angebracht sind. Da sind fotografische Portraits von Menschen aus den Tälern Südkärntens zu sehen, die in den Dialog treten mit Bildern von Werner Berg. Was sind das für Menschen und welche Geschichten können sie uns erzählen? Die Antwort darauf findet sich im Museum am oberen Hauptplatz: »doma-daheim – Unterwegs zu den Kärntner Sloweninnen und Slowenen« lautet der Titel dieser einzigartigen Ausstellung. Einblicke werden da gewährt in den Alltag, aber auch in Geschehnisse aus der Vergangenheit. Geschichten werden erzählt, die zu tun haben mit Vertreibung, Aussiedelung, mit Gewalt und Terror. Sorge über das Schwinden der Muttersprache, die Veränderungen in den Dörfern. Viele Fragen, viele unterschiedliche Antworten. Das Wichtigste aber: Es wird geredet und diskutiert. Über die Bilder, über eine mögliche Zukunft. Die Kulturstadt Bleiburg lädt ein, in den Dialog zu treten. Denn die Fragen, die aufgeworfen werden, betreffen uns alle. Die Antworten sind ebenso bunt und vielfältig. Einfach hingehen, fragen und mitreden! Der Bauer & Maler Werner Berg Der aus Elberfeld nahe Wuppertal stammende Werner Berg studierte in Wien Staatswissenschaften und Malerei. Beeinflusst durch den Bund Neuland zog es

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ihn mit seiner Frau nach Südkärnten, wo sie im Jahr 1931 den Rutarhof kauften, eine Familie gründeten und als Bauern eine harte, aber selbstbestimmte Existenz aufbauten. Dieses Jauntal und seine Menschen ließen ihn nie mehr los. Seine Gemälde und Holzschnitte bilden den bäuerlichen Alltag ebenso ab wie die Stimmungen der grandiosen Landschaft im Wechsel der Jahreszeiten. Als Intellektueller mit der Welt draußen in regem Kontakt, war er in ständigem Zweifel und Ringen um den Stellenwert seiner Malerei. Im Sommer wurde am Hof angepackt und im Winter wurde gemalt. So bildete er die Gesichter seiner Mitmenschen im Jauntal und um den Rutarhof in einzigartiger Weise ab, war er doch mittendrin als Weltbürger und Fürsprecher für die Zweisprachigkeit und ein offenes Miteinander der Volksgruppen.

Die Sloweninnen und Slowenen Mit der Sprache sind wir oder sind wir nicht, mit der Sprache werden wir oder werden wir nicht sein. So spricht der große Kärntner Dichter Florjan Lipuš und tatsächlich schwingt in dieser Aussage die Sorge mit über die Marginalisierung der slowenischen Sprache. Die tägliche Obsorge für ein gedeihliches Miteinander, das offene Aufeinander-Zugehen ist ein Prozess, der immer wieder neu zwischen den Bewohnern Südkärntens definiert und umgesetzt wird. Die Umsetzung des Artikel 7 des österreichischen Staatsvertrages hat auch hier nach Jahrzehnten der Bemühungen und des Widerstandes

Früchte getragen. Die Zweisprachigkeit ist gelebte Realität geworden. Die Kultur spielt auch hier eine entscheidende Rolle. Das gemeinsame Singen, Beten, Arbeiten und die Sprache als Brücke. Lebendiger Alltag, der mit einem Dobro jutro beginnt, in den Kindergärten ebenso wie in den Geschäften und den Ämtern. Die Sprache als Schlüssel und Türenöffner, begleitet von einem freundlichen Lächeln! Die Bilder von Karlheinz Fessl Im Jahr 2013 hat der Kärntner Fotograf Karlheinz Fessl begonnen, Angehörige der slowenischen Volksgruppe mit seiner Kamera zu porträtieren und zu interviewen. Bilder, Geschichten aus dem Alltag sowie sehr persönliche Statements der Südkärntnerinnen und Südkärntner wurden zu einem bemerkenswerten Bildband zusammengefügt, der zum 100-Jahr-Jubiläum der Kärntner Volksabstimmung unter dem Titel »doma/daheim« erscheinen konnte. Die Bilder von Werner Berg wurden durch den Kurator Dr. Harald Scheicher mit den Fotografien von Karlheinz Fessl in Beziehung gesetzt und durch die Statements der Proträtierten verstärkt. Eine bemerkenswerte Ausstellung, die berührt und Einblicke in sehr persönliche Seelenlandschaften gewährt. Die Kulturstadt Bleiburg Im Jahr 1968 fand die Eröffnung der Werner Berg Galerie im ehemaligen Amtshaus am Bleiburger Hauptplatz statt. Die umfassende Präsentation seines Œuvres war dem Künstler Werner Berg wichtig


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