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Spiel- und Lesetipps

ERGREIFENDE LEKTION IN SACHEN MENSCHLICHKEIT

Maria Riss, Zentrum Lesen

Mason ist zu dick und zu gross, er ist dauernd verschwitzt und er kann kaum lesen und schreiben. Dafür hat Mason ein riesengrosses Herz. Natürlich ist er eine willkommene Zielscheibe für den Spott und die Aggressionen anderer Kinder. Hätte er nicht den viel zu kleinen, aber superschlauen Calvin an seiner Seite, wäre das Leben kaum auszuhalten. Aber dann, nach einem Streit mit der Dorfbande, verschwindet Calvin plötzlich, ist wie vom Erdboden verschluckt. Schon einmal wurde

in der Gegend ein Junge vermisst, schon einmal war dieser Junge der beste Freund von Mason. Und damals, da hat man den Jungen tot unter einem Apfelbaum gefunden.

Wie im Untertitel erwähnt, erzählt Mason seine Geschichte selber und aus seiner Perspektive. Er mag nicht lesen und schreiben können, aber erzählen, das kann er unsäglich gut. Er berichtet von all diesen schönen und schrecklichen Ereignissen in kurzen Abschnitten und in einfacher Sprache, die doch so vieles auszudrücken vermag. Er kann Dinge in Worte fassen, für die es im Grunde eigentlich keine Worte gibt. Wenn es ein lesenswertes Buch über Diversität, über Integration und gegenseitigen Respekt gibt, ist es ist wohl diese «ganze Wahrheit» von Mason Buttle. Man könnte den Inhalt dieses Buches auch als ergreifende Lektion in Sachen Menschlichkeit bezeichnen. Für Jugendliche und Erwachsene.

Leslie Connor: «Die ganze Wahrheit (wie Mason Buttle sie erzählt)», Übersetzt von André Mumot, Hanser 2021

Weitere Lese-Empfehlungen gibt es unter: www.zentrumlesen.ch

KLEINE KUNST, GROSSES SPIEL

Mark Weisshaupt, Lernwerkstatt SPIEL

16 Fotos aus dem Stapel, fünf verschiedene Materialsets (farbige Würfelchen, Bauklötze, Stöcke mit Steinen, Schnürsenkel, Symbolkarten) und los geht’s: Jede*r gestaltet mit seinem aktuell vorliegenden Materialset ein ihm zufällig und geheim zugeordnetes Foto nach, wobei alle Spielenden alle 16 Fotos sehen können. Einer muss nun beispielsweise ein Boot auf dem Meer so mit neun Farbwürfelchen in einem kleinen Rahmen nachlegen, dass es von den anderen Spielenden unter den 16 Fotos wiedererkannt wird. Eine Andere muss zeitgleich ein Foto von einem Rad in Schneelandschaft mit Schnürsenkeln nachgestalten. Ein Dritter hat die Aufgabe, mit einer Auswahl aus Symbolkarten eine Staude Trauben den Mitspielenden anzudeuten, wobei alle immer darauf achten, dass die Nachgestaltung von den anderen möglichst eindeutig nur dem einzig richtigen, eigenen Foto zugeordnet werden kann – dann gibt es Punkte für die richtig Ratenden und die Gestalter*innen. Kreative und logische Kompetenzen werden so auf geniale Weise zugleich angesprochen - das ist «Pictures». Beim Zuschauen ist es so leicht verstanden und von den Materialsets her so einladend, dass man extrem leicht ins Spiel kommt – für Spieleinsteiger*innen und mit kreativem Ausdruck Fremdelnde eine absolute Integrationsleistung. Gewinnen wird dann zur Nebensache, wenn lustige Gespräche aufklären, anhand welcher Muster jede*r gestaltet hat, ob man eher Details oder abstraktere Strukturen der Vorlage genutzt hat, wie man mit der Herausforderung von zugewiesenem Foto und Materialart fertig wurde. Die Materialien wechseln in jeder Runde durch, so dass alle mit allen Materialsets im Spiel einmal ein Foto nachgestalten müssen. Es gibt keine Wartezeiten, da man nach Fertigstellung des eigenen die anderen Werke schon zu interpretieren beginnen kann.

Das Spiel wird ab acht Jahren empfohlen (es geht eventuell auch früher) und kann (wegen der fünf Materialsets) mit drei bis fünf Personen gespielt werden. Fortgeschrittene könnten mit dem geistigen Vorläufer «Was’n das» viel Spass haben, wo noch seltsamere, lustige Materialien benutzt werden.

«Pictures», ab acht Jahren, von Daniela und Christian Stöhr, PD-Verlag

(«Was’n das?», ab 14 Jahren, von Philippe des Paillères, Ravensburger)

AUDIOGAMES: SPIELEN MIT DEN OHREN

Judith Mathez, Beratungsstelle Digitale Medien in Schule und Unterricht – imedias

Games ohne Bilder? Ja, das gibt es, so genannte «Audiogames». Im Fall von «Sound of Magic» sieht das folgendermassen aus: Die Hauptfigur kommt in einem Kerker zu sich. Die Umgebung wird wie in einem Hörspiel detailliert beschrieben, aber im Gegensatz dazu lässt sich die Spielhandlung interaktiv steuern: Versuche ich erst die Kerkertür zu öffnen oder untersuche ich die Kerkerzelle? Nach und nach entfaltet sich durch die Beschreibungen, Geräusche und Dialoge eine Fantasy-Welt, mit Zauberern, seltsamen Wesen und verwunschenen Orten.

Die Hauptfigur durchwandert diese Welt und versucht das Geheimnis ihrer Vergangenheit zu lüften. Um voranzukommen, löst sie Rätsel im Stil eines klassischen Adventure-Games. Die witzigen Dialoge und die Soundkulisse sind sorgfältig gestaltet. Die Game-App ist ab null beziehungsweise vier Jahren freigegeben und eignet sich für Kinder ab Schulalter und Erwachsene. Es ist auf deutsch verfügbar.

Noch tiefer tauchen die Spieler*innen bei einem anderen Audiogame ein: Die Hauptfigur von «A Blind Legend» ist der blinde Ritter Edward Blake, dessen Frau von den Wachen des Königs entführt wird. In Begleitung seiner Tochter Louise macht er sich auf den Weg, sie zu befreien. Das Actiongame bedient sich binauraler Klangtechnologie, wodurch eine eindrückliche dreidimensionale Klangwelt entsteht. Folgt man beispielsweise auf einem schmalen Felsgrat Louise, hört man die unten abbröckelnden Steine, aber auch die Stimme von Louise, die einmal von vorn, dann wieder von links oder rechts ruft, um den Vater über den Grat zu führen. Die Game-App ist ab 12 beziehungsweise 13 Jahren freigegeben und auf englisch und französisch verfügbar.

Audiogames eignen sich gleichermassen für blinde, sehbehinderte und sehende Personen. Die Spiele sind nicht nur unterhaltsam, sondern können auch das Bewusstsein Sehender dafür schärfen, was es bedeutet, sich stark auf sein Gehör zu verlassen.

«Sound of Magic», Everbite «A Blind Legend», Dowino IMPRESSUM

«das HEFT» – das Magazin der Pädagogischen Hochschule FHNW – erscheint zweimal jährlich, 3. Jahrgang, Nr. 5, Mai 2021, www.fhnw.ch/ph

Herausgeberin: Pädagogische Hochschule FHNW

Verantwortlicher Redaktor: Marc Fischer

Autor*innen dieser Ausgabe: Amina Abdulkadir, Anja Blechschmidt, Sandra Bucheli, Susanne Burren, Marc Fischer, Karolin Heckemeyer, Michael Hunziker, Simone Kannengieser, Sabina Larcher, Judith Mathez, Salomé MüllerOppliger, Virginia Nolan, Diana Sahrai, Susanne Stoerch Mehring, Katrin Tovote, Maria Riss, Thomas Röthlin, Mark Weisshaupt

Bildessay: Barbara Keller

Fotograf*innen dieser Ausgabe: André Albrecht, Adriana Bella, Marc Fischer, Christian Irgl, Barbara Keller, Vera Sperisen, Raphael Zahnd

Gestaltung: HinderSchlatterFeuz, Zürich

Druck: Sprüngli Druck AG, Villmergen

Inserate: print-ad kretz gmbh, Austrasse 2, 8646 Wagen, Tel. 044 924 20 70, Fax 044 924 20 79, E-Mail: info@kretzgmbh.ch

Abonnement: «das HEFT» kann kostenlos abonniert werden: dasheft.ph@fhnw.ch

Postadresse: Pädagogische Hochschule FHNW, Kommunikation, Bahnhofstrasse 6, 5201 Windisch, 056 202 72 60

Auflage: 7000 Exemplare Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck von Artikeln nur mit Genehmigung der Redaktion.

ISSN 2624-8824 (Print)

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