SPEICHER FÜR DIE STABILE ENERGIEVERSORGUNG
2 Speicher für die stabile Energieversorgung
STAND DER TECHNIK: PUMPSPEICHERKRAFTWERKE Energiespeicherung im großen Maßstab – das können derzeit nur Pumpspeicherkraftwerke. Etwa 30 davon gibt es in Deutschland. Ihre Funktionsweise ist vergleichsweise einfach: Sobald überschüssiger Strom vorhanden ist, wird Wasser mit elektrisch betriebenen Pumpen aus einem tiefer gelegenen in ein höher gelegenes Becken befördert. Umgekehrt kann das Wasser wieder abgelassen werden und dabei über Turbinen Generatoren antreiben, wenn zusätzlicher Strom gebraucht wird. Diese Technologie wird seit mehr als hundert Jahren in Deutschland genutzt. Pumpspeicherkraftwerke bieten den Vorteil, dass sie gespeicherte Energie innerhalb weniger Minuten bereitstellen können. Je nach Größe der Speicherbecken können sie mehrere Stunden lang Strom liefern. Allerdings reichen die Kapazitäten der vorhandenen Pumpspeicherkraftwerke bei Weitem nicht aus, um die zukünftigen Herausforderungen der Energiewende zu bewältigen. Dafür müsste die gesamte Wassermenge des Bodensees in Pumpspeicherwerken bewegt werden. Experten gehen davon aus, dass bis Mitte des Jahrhunderts eine Speicherleistung von 30 bis 45 GW nötig sein wird, um die Stabilität des Versorgungssystems in Deutschland zu erhalten. Derzeit stehen aber nur 7 GW zur Verfügung.
WIND UND WASSER EFFIZIENT NUTZEN Wissenschaftler arbeiten daran, die Leistungsfähigkeit von Pumpspeicherkraftwerken zu verbessern. Das Karlsruher Institut für Technologie untersucht
So soll das Kombikraftwerk Halde Sundern einmal aussehen.
beispielsweise, wie die Wasser führenden Stollen gebaut sein müssen, damit die Wasserkraft möglichst effizient für die Stromerzeugung genutzt werden kann. Beispielsweise kann der Stollen zwischen dem Ober- und Unterbecken eines Kraftwerks vergrößert werden. Zukünftig können solche Stollen mit einem Durchmesser von 9 m die Ausmaße eines Straßentunnels haben. Eine solche Optimierung der Wasserführung kann eine zusätzliche Leistung von immerhin 1,4 MW erbringen; das ist etwa so viel, wie eine kleine Windkraftturbine leistet. Die Möglichkeiten, neue Pumpspeicherkraftwerke zu bauen, sind begrenzt. Denn sie benötigen einen großen Höhenunterschied zwischen den beiden Wasserbecken; schon das engt die Auswahl möglicher Standorte ein. Außerdem brauchen Pumpspeicherwerke viel Fläche – und das oft in landschaftlich reizvollen Mittelgebirgsregionen, wo das Gelände die besten Voraussetzungen bietet. Dies reduziert die gesellschaftliche Akzeptanz für den Neubau solcher Kraftwerke. Trotzdem gehen Experten davon aus, dass in Deutschland rund 10 GW zusätzliche Leistung gebaut werden könnte. Gute geografische Bedingungen für Pumpspeicherkraftwerke herrschen zudem in den Alpen, aber auch in Norwegen. Norwegische Speicher könnten deswegen in Zukunft einen Teil der überschüssigen Energie aus deutschen Windkraftanlagen aufnehmen. Allerdings erfordert dies wiederum den Ausbau von Fernleitungen für den Stromtransport. Durch den erforderlichen zusätzlichen Transport wird diese Form der Speicherung jedoch teurer.
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Im Rahmen eines Pilotprojekts bei Hamm wird zum Beispiel erprobt, ob sich auch Abraumhalden für den Bau von Pumpspeicherkraftwerken eignen. Das mit einer Windkraftanlage gekoppelte Pumpspeicherkraftwerk auf der Halde Sundern soll eine Leistung von 15 MW bereitstellen – genug für die sechsstündige Stromversorgung von 8.000 Haushalten. Aber auch völlig andere Speichertechnologien müssen erforscht, fortentwickelt und praxistauglich gemacht werden, um die Energiewende zu bewältigen. 2012 hat die Bundesregierung deswegen in einer groß angelegten Förderinitiative den Start von insgesamt 60 Forschungsprojekten zur Energiespeicherung bekannt gegeben.
Welche Speichertechnik jeweils in Frage kommt, hängt auch von der Art der Anwendung ab. Soll vergleichsweise viel oder wenig Energie gespeichert werden? Wie schnell muss sie im Bedarfsfall zur Verfügung stehen? Wird der Speicher häufig ge- und wieder entladen? Kurzzeitspeicher dienen dazu, reaktionsschnell vergleichsweise kurzfristige Schwankungen in der Energieerzeugung aufzufangen. Langzeitspeicher hingegen sollen ihren Energievorrat über Wochen oder Monate hinweg bereithalten.
PERSPEKTIVEN FÜR DRUCKLUFTSPEICHER
WIRKUNGSGRAD, WIRTSCHAFTLICHKEIT, VERLÄSSLICHKEIT
Druckluftspeicher sind nach Pumpspeicherkraftwerken die nächstbesten Kurzzeitspeicher. Bislang gibt es weltweit allerdings erst zwei solcher Anlagen, im niedersächsischen Huntorf und im US-Bundesstaat Alabama.
Ein besonders wichtiges Kriterium für die Energiespeicher der Zukunft ist der so genannte Wirkungsgrad. Er gibt an, wie viel Prozent der ursprünglich zugeführten Energie der Speicher wieder abgeben kann. Der Wirkungsgrad von Pumpspeicherkraftwerken liegt beispielsweise bei etwa 75 bis 80 Prozent. Wirtschaftlichkeit und Verlässlichkeit sind weitere wichtige Aspekte. Die Speicher müssen dazu beitragen, eine sichere Energieversorgung zu stabilen und vertretbaren Preisen zu gewährleisten.
Druckluftspeicher nutzen unterirdische Salzstöcke, aus denen das Salz mit Wasser ausgespült worden ist. Diese riesigen Kavernen sind luftdicht. Die meisten Salzstöcke gibt es im Norden und in der Mitte Deutschlands – in der Nähe von Regionen also, die auch beste Bedingungen für Windkraftanlagen bieten. Weil der Großteil eines Druckluftspeichers unterirdisch liegt und der oberirdische Flächenverbrauch dementsprechend gering ist, ist die gesellschaftliche Akzeptanz für solche Anlagen in der Regel höher als für Pumpspeicherwerke.
Wie ein Pumpspeicherkraftwerk funktioniert.
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UNTER DRUCK GESETZT Die Funktionsweise der Druckluftspeicher: Bei einem Überangebot von Strom wird Luft mit elektrisch betriebenen Kompressoren verdichtet und in den Salzstock gepresst. Steigt die Nachfrage nach Energie, wird die Luft wieder abgelassen und bringt beim Ausströmen eine Turbine in Schwung, die ihrerseits einen Generator antreibt. Innerhalb von etwa zehn Minuten kann ein Druckluftspeicher seine Leistung abrufen. Der große Nachteil von Druckluftspeichern ist ihr niedriger Wirkungsgrad: Er liegt heute unter 55 Prozent. Ursache ist die Wärmeentwicklung, die jeder kennt, der schon einmal einen Fahrradschlauch aufgepumpt hat. Beim Zusammenpressen erwärmt sich die Luft; diese Wärmeenergie wird an die Umwelt abgegeben. Damit geht sie für die spätere Stromerzeugung verloren. Umgekehrt muss die ausströmende Luft erwärmt werden, da sie sich beim Ausdehnen abkühlt. So lässt sich verhindern, dass Eis entsteht, das die Turbine beschädigen kann. Bislang wird für die Erwärmung Erdgas verbrannt, was wiederum das klimaschädliche Kohlendioxid erzeugt. Nicht so jedoch bei ADELE.
Schematische Darstellung des adiabaten Druckluftspeichers ADELE.
zur Erwärmung der ausgespeicherten Luft einsetzen. Das erhöht den Wirkungsgrad und sorgt dafür, dass das Druckluftspeicherkraftwerk kein Erdgas verbrennen muss und damit kein Kohlendioxid ausstößt.
WÄRME SPEICHERN UND VIELE TECHNISCHE WIEDERVERWENDEN INNOVATIONEN SIND NÖTIG Der adiabate Druckluftspeicher für die Elektrizitätsversorgung – oder eben kurz ADELE – soll in Staßfurt in Sachsen-Anhalt entstehen. Diese Demonstrationsanlage wird ein neues, erweitertes Konzept erproben: ADELE soll nicht nur die Druckluft, sondern auch die Wärme speichern und nutzbar machen. Damit erhöht sich der Wirkungsgrad auf bis zu 70 Prozent. ADELE wird den größten Teil der Wärme, die bei der Komprimierung entsteht, anschließend wieder
Die technischen Herausforderungen bei der Entwicklung von ADELE sind enorm. Der Kompressor beispielsweise wird durch die auf 100 bar verdichtete und mehr als 600 Grad heiße Luft einer Belastung ausgesetzt sein, die bisher großtechnisch noch nicht erprobt wurde. Völlig neu entwickelt werden die Wärmespeicher, in denen Steinschüttungen oder keramisches Material die Hitze aufnehmen sollen.
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Auch die Speicherung der Druckluft stellt vor besondere Herausforderungen. Salzstöcke sind zwar bereits bestens erprobt als Speicher für Erdgas. Druckluft hingegen enthält viel mehr Feuchtigkeit. Sie kann zu Korrosion an unterirdischen Rohren und Armaturen führen. Außerdem werden Druckluftspeicher sehr viel häufiger als Erdgasspeicher entladen und wieder neu gefüllt, so dass die Druckverhältnisse im Salzstock häufiger und stärker schwanken werden.
Vulkangestein. Dabei wird beispielsweise erkundet, welche Natursteine als Wärmespeicher besonders gut geeignet sind, wie sie geschichtet werden müssen und wie sich die Strömung der heißen Luft zwischen den aufgeschichteten Steinen verhält.
Die Demonstrationsanlage ADELE soll nach Fertigstellung eine elektrische Leistung von 90 MW über mehrere Stunden erbringen können. Das entspricht etwa der Stromerzeugung von 50 Windrädern. Außer ADELE sind auch in den USA adabiate Druckluftspeicher in Planung. Zukünftige Druckluftspeicheranlagen sollen einmal in der Lage sein, mehrere Stunden lang eine Leistung von 300 MW ins Stromnetz zu liefern.
Nicht nur in Großkraftwerken, auch für private Heizungskeller eignet sich die Kraft-Wärme-Kopplung. So genannte Mikro- und Mini-KWK-Systemen sind sehr effizient und können in großen Ein- und Zweifamilienhäusern, kleinen Mehrfamilienhäusern und Gewerbebetrieben eingesetzt werden.
MEHR FLEXIBILITÄT FÜR DIE KRAFT-WÄRMEKOPPLUNG Die Speicherung von Wärme hat auch für ein völlig anderes Projekt Bedeutung. Dabei geht es darum, Anlagen zur Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) besser zu nutzen. KWK-Anlagen stellen neben der Stromproduktion zusätzlich Nutzwärme zur Verfügung. Strom und Wärme fallen bei heutigen KWK-Anlagen gleichzeitig an. Das heißt, wenn der Kunde Wärme benötigt, muss auch der produzierte Strom der KWK-Anlage in das Stromnetz eingespeist werden. Wärmespeicher könnten zukünftig für eine Entkoppelung der Strom- und Wärmenutzung sorgen. Die flexible Nutzung der Kraft-Wärme-Kopplung untersucht zum Beispiel das Forschungsprogramm FleGs, das vom Bundeswirtschaftsministerium gefördert wird. In dieses Programm fließen auch die Resultate aus der Versuchsanlage am Kraftwerk Niederaußem ein: Sie testet Wärmespeicher aus
Hochtemperaturspeicher können nicht nur dazu beitragen, KWK-Anlagen flexibler zu nutzen. Auch als Wärmespeicher in Solarkraftwerken sind sie denkbar.
Energieversorger können über ein intelligentes Energiemanagementsystem viele kleine Anlagen zu einem virtuellen Kraftwerk bündeln. Der Einsatz von so genannten Heizwasserpufferspeichern ermöglicht hierbei einen flexiblen Betrieb der Anlagen, der die volatile Stromerzeugung aus Sonne und Wind ausgleichen kann und so zur Netzentlastung beiträgt.
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"POWER TO GAS": GASERZEUGUNG DURCH ELEKTROLYSE Ein völlig anderes Konzept der Energiespeicherung macht sich die elektrisch betriebene Umwandlung von Wasser in Wasserstoff oder Methan zunutze. „Power to Gas“ lautet der Oberbegriff für diese Verfahren, in denen überschüssiger Strom für die Elektrolyse genutzt wird. Wasser (H2O) wird mittels Elektrolyse zunächst in Wasserstoff (H) und Sauerstoff (O) zerlegt. In einem weiteren Schritt lässt sich aus Wasserstoff (H) und Kohlendioxid (CO2) Methan (CH4) erzeugen. Methan ist auch der Hauptbestandteil des natürlich vorkommenden Erdgases. Leider ist dieses Verfahren heute noch sehr teuer und muss zudem an die speziellen Anforderungen (flexible Nutzung regenerativen Stroms) angepasst werden.
EINFACH INS ERDGASNETZ EINSPEISEN Das aus Wasser gewonnene Gas soll dann in das 500.000 km lange Netz der Erdgasleitungen eingespeist werden; die Pipelines selbst würden somit als Speicher dienen. Auch erprobte Speicher für Erdgas, beispielsweise Salzstöcke oder poröse Gesteinsschichten, werden hinsichtlich ihrer Eignung untersucht. Das Erdgasnetz verkraftet es problemlos, wenn das in ihm enthaltene Gas zu 5 Prozent aus Wasserstoff besteht. Allerdings muss auch sichergestellt sein, dass alle Erdgasverbraucher (zum Beispiel unsere Heizungen zuhause) dieses Gemisch vertragen. Das synthetisch erzeugte Methan kann sogar unbegrenzt eingespeist werden. Beide Gase lassen sich zusammen mit dem natürlichen Erdgas in vielen Erdgaskraftwerken zur Stromerzeugung nutzen. Der Wirkungsgrad der Umwandlung von Strom zu Wasserstoff liegt bei etwa 70 Prozent. Der Wirkungsgrad mit Methanherstellung beträgt derzeit allerdings nur 35 Prozent. Er wird sich aber durch laufende technische Entwicklungen rund um die großtechnische Herstellung von synthetischem Methan voraussichtlich auf ca. 60 Prozent steigern lassen.
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WIE LÄSST SICH ELEKTROLYSE IN DIE VERSORGUNG INTEGRIEREN?
BIOGASANLAGEN UNTERSTÜTZEN DIE ENERGIESPEICHERUNG
Die so genannte alkalische Elektrolyse ist bereits seit Mitte des 20. Jahrhunderts großtechnisch erprobt. Außerdem gibt es alternative flexible Verfahren, die intensiv erforscht und zum Teil bereits praktisch erprobt werden. Weitere Untersuchungen beschäftigen sich damit, wie sich großtechnische Anlagen zur Elektrolyse optimal in die Netze zur Energieverteilung einbinden lassen. Auch für die Integration der Methanherstellung in die Energiespeicherung und -verteilung sind weitere Forschungen nötig.
Eine aussichtsreiche Option für „Power to Gas“ wird die Kombination von Hybridkraftwerken mit Biogasanlagen sein.
Einige Projekte im Rahmen der Initiative der Bundesregierung zur Erforschung der Energiespeicherung beschäftigen sich damit, verbesserte Komponenten zu entwickeln und unterschiedliche Materialien für die Elektrolyse zu erproben. Außerdem testen sie das Verhalten von Modellanlagen unter ständig wechselnder Belastung. Entscheidend dabei ist die Frage, wie sich in der kommerziellen Anwendung die Lastschwankungen durch die unstete Energieerzeugung von Wind- und Solarkraftwerken auswirken werden. Bis „Power to Gas“ in der Energieversorgung genutzt werden kann, werden noch viele Jahre vergehen. Experten rechnen derzeit damit, dass diese Speichertechnologie zwischen 2025 und 2035 anwendungsreif sein wird.
Die Hybridkraftwerke nutzen zum Beispiel Windund Sonnenenergie, um mit Hilfe der Elektrolyse Wasserstoff zu erzeugen. Er kann beliebig gespeichert und bei Bedarf anschließend zusammen mit Biogas in Blockheizkraftwerken verbrannt werden. Gerade Biogas aus Fermenten enthält viel CO2 und auch Anteile H2. Dabei erzeugt die Anlage gleichzeitig Strom und Wärme. Auch Biogas selbst wird bei der Umsetzung der Energiewende eine große Rolle spielen. Die Bundesregierung will die Errichtung von Biogasanlagen fördern, die das erzeugte Gas zwischenspeichern und für regionale Verteilnetze als Reserve für windschwache Zeiten bereithalten. Erfolgreich erprobt wurde dies zum Beispiel im Demonstrationsnetz des Eifelkreises Bitburg-Prüm. Das Biogas wird kontinuierlich in einem so genannten Fermenter produziert und in einem Gasspeicher zwischengelagert. Wenn zu wenig Leistung aus Photovoltaik oder Windkraft im Netz ist, wird das Gas genutzt, um in einem Blockheizkraftwerk Strom und Wärme zu erzeugen. Der Energiegehalt des Biogases bleibt trotz der Zwischenspeicherung fast vollständig erhalten.
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NEUE AUFGABEN FÜR DIE BATTERIE Eine bereits bestens erprobte Technologie für die Energiespeicherung sind Batterien bzw. Akkumulatoren. Der Wirkungsgrad von Akkus beispielsweise in Handys liegt bereits bei bis zu 95 Prozent. Für großtechnische Anwendungen sind Batterien allerdings zu kurzlebig, zu schwer und zu teuer. Außerdem sind sie häufig auch zu empfindlich, gegen Kälte zum Beispiel. Hinzu kommt: Sie sind nicht ungefährlich, weil brennbar, und sie enthalten giftige Materialien, die die Umwelt belasten. Am weitesten verbreitet sind Lithium-Ionen-Akkumulatoren, die eine vergleichsweise hohe Energiedichte aufweisen. Forscher arbeiten daran, ihre Lebensdauer zu verbessern – von derzeit bis zu 3.000 auf gut 20.000 Ladezyklen. Auch so genannte Redox-Flow-Batterien stehen im Blickpunkt der Forscher. Sie können mit einem Wirkungsgrad von 70 bis 80 Prozent aufwarten. Ihr großer Vorteil aber ist die vergleichsweise lange Lebensdauer und die unabhängige Wahl von Speichermenge und -leistung.
HERAUSFORDERUNG: DIE ENTWICKLUNG GROSSER ANLAGEN In Redox-Flow-Batterien erfolgt die Speicherung der Elektrolyte, also der elektrisch geladenen Batterieflüssigkeiten, in externen Tanks. Die Herausforderung besteht unter anderem darin, große Anlagen zu entwickeln und das Strömungsverhalten der Elektrolyte durch die Batteriezellen zu optimieren. Ziel eines Entwicklungsprojekts im FraunhoferInstitut Umsicht in Oberhausen beispielsweise sind große Redox-Flow-Batterien, die bis zu 2 MW Leistung bringen können. Das entspricht rechnerisch etwa dem Bedarf von 2.000 Haushalten.
Auch der Einsatz neuer Batteriechemie oder die Nutzung neuer Materialien – auch im Nanobereich – wird geprüft, um die für Batterien typischen Nachteile wie hohes Gewicht und geringe Lebensdauer zu reduzieren. Dazu gehört beispielsweise ein Projekt an der Universität Duisburg-Essen, bei dem der Einsatz eines nanostrukturierten Kompositmaterials aus Silizium und Kohlenstoff für die Anode von Lithium-Ionen-Batterien erprobt wird: Es soll dazu führen, dass Batterien sehr viel mehr Energie als bisher speichern können.
BATTERIEN IN VERSORGUNGSNETZE EINBINDEN Die optimale Integration von Batterien als Speicher in die Energieversorgungsnetze stellt eine weitere Herausforderung dar. Auf der Nordseeinsel Pellworm soll dies im Rahmen eines umfassenden Modellversuchs erforscht werden. Ein anderes Projekt am Karlsruher Institut für Technologie untersucht, wie sich Batterien untereinander vernetzen und zu größeren Einheiten zusammenschließen lassen. Beim italienischen Energieversorger ENEL werden verschiedene Akkumulatoren bereits in der Praxis erprobt, die die Energie für den Tagesverbrauch von etwa 50 Haushalten speichern können. Ziel ist es unter anderem festzustellen, ob Batteriespeicher die raschen, mit jeder Wolke am Himmel wechselnden Schwankungen von Photovoltaikanlagen automatisch auffangen können. Die Erhöhung der Energiedichte ist ein wesentliches Ziel vieler Forschungsvorhaben rund um Batterien. Gleiches gilt für die so genannten Superkondensatoren, die als elektrische Energiespeicher derzeit beispielsweise in Elektrowerkzeugen oder Hybridfahrzeugen genutzt werden. Ihre Vorteile gegenüber Batterien sind die lange Lebensdauer von bis zu 500.000 Ladezyklen sowie die Schnelligkeit, mit der sie Energie bereitstellen können.
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ELEKTROAUTOS ALS ENERGIESPEICHER Ein großes Speicherpotenzial können zukünftig auch Batterien von Elektroautos bieten. Die technischen und wirtschaftlichen Potentiale werden in einer Reihe von staatlich geförderten Forschungsprojekten untersucht. Die Idee dahinter: Die Batterien von Elektroautos (Lithium-Ionen) könnten im Rahmen eines intelligent gesteuerten Netzes (Smart Grid) beziehungsweise intelligent gesteuerten Hauses (Smart Home) zugleich als lokaler Energiespeicher dienen. Fachleute rechnen, dass 20 Mio. Elektroautos zehnmal mehr Strom speichern könnten als die heute bestehenden Pumpspeicher. Eine der großen Herausforderungen liegt in der intelligenten und steuerbaren Einbindung so vieler Elektroautos in die Netzinfrastruktur. Bis zum Jahr 2020 sollen in Deutschland laut Plan der Bundesregierung etwa 1 Mio. Elektroautos auf Deutschlands Straßen fahren. Wenn die Hälfte der Fahrzeuge gleichzeitig am Netz ist und sich auch nur etwa ein Drittel ihrer Batteriekapazität für die Stromspeicherung nutzen lässt, dann ließe sich damit schon für eine kurze Zeit Energie im Umfang des jährlichen Stromverbrauchs von 715 Haushalten speichern (die Rechnung basiert auf 500.000 Fahrzeugen mit Batteriekapazität von 5 kWh).
ZUKUNFTSMUSIK Möglicherweise wird es Energiespeicher geben, wo sie heute noch kaum einer erwartet: Ein Forscherteam der University of South Carolina beispielsweise verwandelt T-Shirts in tragbare Stromspeicher. Das Baumwollmaterial wird unter Entzug von Sauerstoff in großer Hitze in Spezialöfen gebacken. Danach, so ergaben erste Tests, ließe es sich als Superkondensator nutzen – in ferner Zukunft könnte daraus einmal der tragbare Stromspeicher fürs Handy entstehen.
SPEICHER MIT SCHWUNG Zu guter Letzt geht es noch einmal richtig rund: Schwungräder speichern Strom in Form von Rotationsenergie. Sie werden – wie Kreisel – beschleunigt, wenn ein Energieüberschuss zur Verfügung steht. Wenn die Netzleistung nach unten wegsackt, steht die gespeicherte Energie von Schwungrädern unmittelbar als Ersatz zur Verfügung. Die insgesamt gespeicherte Energiemenge ist allerdings gering. Deshalb können Schwungräder bislang nur Spannungsschwankungen ausgleichen und zur Spannungsqualität beitragen. Entwickler arbeiten an verbesserten Materialien, an Schwungrädern im Vakuumbetrieb und an einer optimalen, möglichst reibungsarmen Lagerung, um die Energieverluste zu minimieren. Die Technologie wird auch in der Autoindustrie genutzt, um Bremsenergie zu speichern und für den Antrieb wieder nutzbar zu machen.
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