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Minijob, Midijob und kurzfristige Beschäftigung

Geringfügige Beschäftigung – mit den Änderungen seit 2019 Minijob, Midijob und kurzfristige Beschäftigung

Foto: Fokussiert – stock.adobe.com

Text: Ernst Stilke

Geringfügige Beschäftigungsverhältnisse sind sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer attraktiv: Diese Minijobs bieten gerade für unterschiedlich stark frequentierte Physiotherapiepraxen eine große Flexibilität und sind nach deutschem Recht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung nicht in vollem Umfang versicherungspflichtig.

Es lohnt sich für Praxisbetreiber, sich mit der Rechtslage rund um Minijobs zu beschäftigen, wenn sie einen Mitarbeiter möglichst kostengünstig und rechtssicher in Teilzeit beschäftigen möchten. In diesem Artikel sollen die folgenden Möglichkeiten erläutert werden: 1. Der Minijob oder 450-Euro-Job mit einem Arbeits- entgelt von monatlich bis 450 EUR 2. Der Midijob – Arbeitsentgelt derzeit zwischen monatlich 450,01 und 1.300 EUR 3. Die sogenannte kurzfristige Beschäftigung für drei Monate oder 70 Arbeitstage

All diese Beschäftigungsformen sind verpflichtend bei der Minijob-Zentrale anzumelden (www.minijob-zentrale.de). Für Praxisinhaber sind hier die Unterschiede zwischen den Beschäftigungsformen hinsichtlich der verminderten Arbeitnehmerbeiträge nach den sozial- und steuerrechtlichen Anforderungen zu beachten.

Arbeitsrechtlich haben die Arbeitnehmer die gleichen Rechte und Pflichten wie ein in Vollzeit beschäftigter Mitarbeiter. Hierzu gehören nicht nur der Kündigungsschutz und die Entgeltfortzahlung im Fall der Arbeitsunfähigkeit, sondern auch der Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub von mindestens vier Wochen (§ 3 BurlG).

Minijob

Für Beschäftigungsverhältnisse aus der Kategorie „Minijob“ sind von dem Arbeitgeber in der Regel Pauschalbeiträge entsprechend des Arbeitsentgelts (bis 450,00 EUR) in Höhe von 13 Prozent zur Krankenversicherung – soweit ansonsten schon eine Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung vorliegt – und 15 Prozent zur Rentenversicherung sowie regelmäßig zwei Prozent pauschale Lohnsteuer zu entrichten, falls nicht die individuellen Besteuerungsmerkmale heranzuziehen sind.

Die Kosten für den Inhaber können sich dabei – unter Hinzufügung von anteiligen Umlagen und Beiträgen zur Unfallversicherung – zu einem Arbeitgeberbruttobetrag von circa 590 EUR summieren. Der Arbeitnehmer kann daneben aus seinem Entgelt einen Anteil von derzeit 3,9 Prozent in seine Rentenversicherung einzahlen, um die damit verbundenen Vorteile auf Ansprüche aus der Rentenversicherung zu nutzen. Will der Arbeitnehmer das nicht, muss er schriftlich einen (von der Praxis zur Verfügung gestellten) Befreiungsantrag stellen, der ebenfalls an die Minijob-Zentrale weitergeleitet werden muss.

Ein Arbeitnehmer kann mehrere Minijobs zugleich ausüben. Da diese zusammengerechnet werden, dürfen sie in der Summe den Betrag von regelmäßig 450 EUR monatlich

nicht überschreiten. So darf im Jahresmittel der Höchstbetrag von 5.400 EUR nicht überschritten werden. Auf der Website der Minijob-Zentrale sind hierzu weitergehende Informationen und ein Berechnungstool zu finden.

Besonderheiten bei Abrufarbeitsverhältnissen

Eine Verschärfung beim Teilzeit- und Befristungsgesetz hat der Gesetzgeber für die Minijobs auf Abruf vorgenommen. Schon vorher sollte im Arbeitsvertrag für den Arbeitnehmer eine Arbeitsleistung entsprechend des erwarteten Arbeitsanfalls vereinbart werden. Es ist also eine bestimmte Dauer der wöchentlichen und täglichen Arbeitszeit festzulegen und schriftlich zu vereinbaren. Wurde das nicht im Vorhinein schriftlich niedergelegt, unterstellt die Sozialversicherung (Betriebsprüfer!) eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von mindestens zehn Stunden. Seit dem 1. Januar 2019 gilt jedoch – ohne schriftliche Vereinbarung – eine Arbeitszeit von 20 Stunden wöchentlich als vereinbart! Eine schriftliche Festlegung der Arbeitszeit ist daher dringend anzuraten.

Wird die tägliche Arbeitszeit in einem Abrufarbeitsverhältnis nicht festgelegt, ist der Arbeitnehmer jeweils für mindestens drei zusammenhängende Stunden in Anspruch zu nehmen. Darüber hinaus sind noch die Erhöhungsgrenzen in Abweichung von der Vereinbarung oder die Unterschreitungsgrenzen sowie die Benachrichtigung für den Abruf vier Tage zuvor zu beachten.

Bei falscher oder unterlassener Eingrenzung ist schnell mit Nachforderungen der Sozialversicherung in fünfstelliger Höhe (!) zu rechnen, z. B. rückwirkend für drei Jahre. Für Nachforderungen wird der sogenannte Phantomlohn für berechnete, aber nicht geleistete Arbeitszeit zugrunde gelegt. Dieser überschreitet oft nicht nur die Geringverdienstgrenze, es entstehen auch Sozialversicherungspflicht und Steuern in erheblicher Höhe (20 Stunden wöchentlich x mindestens 9,35 EUR Mindestlohn x 4,33 als monatliche Berechnungsgröße). Hinzuzufügen ist der Entgeltanspruch des Arbeitnehmers für diese Zeit.

Midijob

Als Midijobs werden Arbeitsverhältnisse mit einem erzielten Arbeitsentgelt von monatlich 450,01 EUR bis 1.300 EUR bezeichnet. In dem als „Übergangszone“ benannten Entgeltbereich übernimmt der Arbeitgeber die Sozialversicherungsbeiträge in voller Höhe und der Arbeitnehmer einen verminderten Beitrag entsprechend des gleitenden Entgelts von vier Prozent bei 450,01 EUR bis zum vollen Beitrag ansteigend. Der Arbeitnehmer hat dabei den umfassenden Anspruch auf alle Leistungen der Sozialversicherung. Durch dieses Konstrukt soll der Übergang von einem 450-EuroMinijob zu umfangreicherer Beschäftigung abgefedert werden. In der Rentenversicherung werden Entgeltpunkte nach Maßgabe der Beiträge ermittelt.

Kurzfristige Beschäftigung

Bei der kurzfristigen Beschäftigung, die auf drei Monate oder 70 Arbeitstage pro Kalenderjahr begrenzt ist, muss der Arbeitgeber keine pauschalen Sozialabgaben zahlen, da die Pflicht hierzu nur für die Entgeltgeringfügigkeit gilt. Allerdings sind trotzdem die Umlagen U1 (Krankheit), U2 (Mutterschutz) und U3 (Insolvenzgeld) von zusammen regelmäßig 1,2 Prozent und die Beiträge zur Unfallversicherung sowie die pauschale Lohnsteuer – je nach Fall 25 oder 20 Prozent, hier an das Betriebsstättenfinanzamt und nicht an die Minijob-Zentrale – zu leisten. Dieses Arbeitsmodell war zunächst bis Ende 2018 befristet und ursprünglich für Saisonarbeiter, Schüler, Studenten und kurzfristige Vertretungen gedacht. Diese zeitliche Befristung wurde 2019 aufgehoben.

Auch bei der geringfügigen Beschäftigung ist die Entgeltgeringfügigkeitsgrenze von 450 EUR monatlich wieder relevant. Diese Grenze gilt allerdings nur bei berufsmäßiger Beschäftigung, d. h., wenn der Job für die in Betracht kommende Person nicht von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung ist, ansonsten ist das Entgelt in der Höhe nicht beschränkt. Das Problem ist ausgeschlossen, wenn neben diesem Job eine Hauptbeschäftigung ausgeführt wird, die den Lebensunterhalt sichert. Bei der kurzfristigen Beschäftigung kann das Arbeitsentgelt brutto gleich netto an den Beschäftigten ausgezahlt werden, da bei diesem Arbeitsverhältnis keine Sozialabgaben und kein Lohnsteuerabzug zu berechnen sind und der Arbeitgeber nur mit einem Pauschalbetrag von 25 Prozent belastet wird. Der Arbeitnehmer muss ausdrücklich erklären, dass keine Beiträge an die Rentenversicherung abgeführt werden sollen. Das ist möglich, wenn Rentenbeitragszahlungen aus einem anderen Arbeitsverhältnis, aus Freiwilligkeit oder eine Befreiung vorliegen.

BDA-Checkliste für DSSV-Mitglieder

Für die hier dargestellten Minijobs wurde von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände e. V. (BDA) eine hilfreiche Checkliste entwickelt, die auch auf der Seite der Minijob-Zentrale oder der Website des DSSV von Mitgliedern heruntergeladen werden kann.

Jede Praxis, die einen Minijob vergeben will, sollte mit dieser Checkliste die Prüfung der sozialversicherungsrechtlichen Voraussetzungen für den bestimmten Arbeitnehmer beginnen und das Ergebnis dann von diesem unterzeichnen lassen.

Foto: Klaudia Lech

Ernst Stilke, DSSV-Jurist

Zu allen rechtlichen Fragen rund um den Studioalltag bietet die Rechtsabteilung des DSSV im Rahmen einer bestehenden Mitgliedschaft die Möglichkeit, eine kostenlose rechtliche Erstberatung mit Einschätzung der Rechtslage zu erhalten, beispielsweise nach Erhalt einer Attestkündigung, zur Überprüfung von Vertragsklauseln oder zu arbeitsrechtlichen Themen.

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