Sommer 2015
FINANZIERUNG! Auslaufmodell Hausbank? FÜHRUNG NEU! Georg Edlauer löst Thomas Malloth ab
FORTSCHRITT
Daniel Jelitzka – hartnäckig innovativ!
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Sommer 2015 | ImmoFokus
03
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Neue Perspektiven für das Land! Herausgeber: Philipp Kaufmann
F
ür viele war die Aussendung fast wie ein Aprilscherz. Damals im Jahr 2005 verkündete am 1. April ein junges Team ein ambitioniertes Projekt: ein neues Magazin mit der Immobilie im Fokus. Mit einer Auflage von 300.000 Stück wendete sich der Verlag an die Branche sowie an die breite Öffentlichkeit und wollte monatlich mehr als 1 Mio. Leser begeistern. Vor zehn Jahren setzte das damalige Magazin auf ein Wendekonzept: zwei Seiten, neue Perspektiven, Gewerbe und Wohnen in einem Produkt. Die erste Ausgabe erschien am 2. April 2005. Wir feiern somit das zehnjährige Jubiläum unseres Magazins, welches seither viel erlebt hat und die Branche in einer aufregenden Zeit begleitet hat. Das Produkt hat sich verändert und laufend entwickelt. Die damalige Überlegung, sowohl für B2B als auch für B2C zu schreiben, war in sich logisch, die Umsetzung in einem Produkt und der damit verbundene hohe Aufwand jedoch nie wirtschaftlich darstellbar.
„ Visionen ohne Umsetzung bleiben geträumt.“
Mit 2013 kam es zum Neustart! Im Sommer vor nunmehr zwei Jahren kam es für mich überraschend zu interessanten Gesprächen und einer undenkbaren Wende: aus einer möglichen Beteiligung an einem Medienprojekt entstand die Chance, den ImmoFokus vom damaligen Eigentümer zu kaufen. Ein Neustart, der mir am Herzen lag und liegt. Seit dem 27. August 2013 gibt es den neuen Verlag: das Fokus-media House. Seither fragen mich viele, warum ich mit meinem Bruder Fabian in ein Print-Produkt investiere. Gerade in eine Branche, die am absteigenden Ast scheint, und in einen Markt, der übersättigt ist. Alle Kritiker haben Recht: Print und hier vor allem Fachmagazine sind kein einfaches Geschäft. Wenn es einfach wäre, würden es noch mehr machen.
Medien sind unsere Leidenschaft. Wir haben uns als KaufmannGruppe das Engagement damals gut überlegt. Für uns ist der Verlag eine Möglichkeit, der Branche etwas zurückzugeben und gemeinsam zu gestalten. Meine persönlichste Motivation war, dass ich unendlich stolz auf die Immobilienbranche bin und zu deren weiteren Professionalisierung etwas beitragen möchte. Mit dem Wissen für Immobilienprofis verfolgt der Verlag einen klaren Auftrag und hat es geschafft, sich mit dem Relaunch im Jahr 2014 große Akzeptanz in der Branche zu erarbeiten. Meine Aufgabe als Herausgeber war es, mit Michael Neubauer und Ronald Goigitzer zwei „Führungsspieler“ in die Mannschaft zu holen, welche heute Mitgestalter und -gesellschafter sind. Neue Perspektiven für die Branche und die breite Öffentlichkeit. Wir setzen auf die zehnjährige Tradition vom ImmoFokus und seine Stärken: mit Walter Senk ist heute der damalige Redakteur der ersten Stunde mit an Bord und wir schreiben für die Branche sowie die breite Öffentlichkeit: Unser Print-Produkt ist mit etwas über 10.000 Stück Auflage klar für die Branche und alle Profis geschrieben. Diese unsere Leser sollen Spaß am Magazin haben und es gerne lesen. Und über den Sommer starten wir ein Produkt für die breite Öffentlichkeit. Was vor zehn Jahren nur eine Vision war, ist heute machbar: eine Redaktion, die Branche und die breite Öffentlichkeit als Leser – die Revolution des Internets macht es möglich! Herzlichst
Philipp Kaufmann
Sommer 2015 | ImmoFokus 05
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Editorial
Auch wenn die Europäische Zentralbank den Euroraum mit billigem Geld überschwemmt, bei den Immobilien-Developern scheint es nicht anzukommen. Grund genug für den ImmoFokus, sich umzuhören, was die Banken zu welchen Rahmenbedingungen finanzieren. Hat das Modell Hausbank ausgedient? Welche Finanzierungsinstrumente sind derzeit bei den Immobilienunternehmen hoch im Kurs? Wird sich Crowdfunding als Finanzierungsinstrument durchsetzen oder wird es eine Randnotiz der Geschichte? Wir sind diesen Fragen nachgegangen. Am Sommer-Cover: Daniel Jelitzka im großen ImmoFokus Interview. Dass im ImmoFokus Interviews einen großen Stellenwert haben, hat sich mittlerweile herumgesprochen. Für diese Ausgabe durften wir uns unter anderem mit Ewald Müller (AluKönigStahl), Michael Weitersberger (RBI), Julius Gaugusch (VB Real Estate Services), Crowdfunding-Expertin Elfriede Sixt und - aus gegebenem Anlass - mit Georg Edlauer, der überraschend zum Nachfolger von Thomas Malloth als Präsident der Immobilientreuhänder gewählt wurde, zum Gedankenaustausch treffen. Natürlich haben wir auch über den Tellerrand geschaut und mit Hermann Rauter jemanden gefunden, der im Teilen Erfüllung findet. Und wir haben Gerhard Kozel und Michael Wittmann getroffen, die behaupten, dass man mit „aktiviertem“ Wasser Betriebskosten senken kann. Zu Tisch waren wir in der Sommerausgabe mit Georg Muzicant, der nunmehr bereits seit zehn Jahren das Familienunternehmen leitet. Die Marktanalysen befassen sich in dieser Ausgabe mit Tirol und Russland. Russland, das die heurige GREET schwänzte.
Karl Wlaschek verstorben. Kurz vor Redaktionsschuss erreichte uns die Nachricht vom Ableben des Billa-Gründers. Ihm gehörten unter anderem acht Palais (darunter Kinsky, Ferstel, Harrach) in der Wiener Innenstadt, die Bürotürme Andromeda-Tower und Ares Tower als Teil der Donau City, die Wiener Börse sowie das Schlosshotel in Velden. Er war einer der größten privaten „Hausherren“ des Landes - in Summe nannte er rund 250 Gebäude in Österreich sein Eigen. Ein ausführliches Portrait dieses außergewöhnlichen Mannes werden Sie in der kommenden Herbstausgabe, die pünktlich zur Expo Real München erscheinen wird, lesen. Bevor ich vergess’, es Ihnen zu erzählen: Wir ziehen um. Der Möbelpacker steht schon quasi hinter mir, um meinen Computer an sich zu nehmen. Sie erreichen uns ab sofort im Millennium Tower, in einem der – meiner Meinung nach – schönsten Tower von Wien.
Michael Neubauer Chefredakteur
Frühjahr 2015 | ImmoFokus
07
70
Brennpunkt: Tirol INTERESSANT & VIELSCHICHTIG
Inhalt 5 7 10
VOM HERAUSGEBER EDITORIAL KURZ & BÜNDIG
Im Fokus 025 DIE BEWEGTE IMMOBILIENWIRTSCHAFT Kolumne von Philipp Kaufmann
065 SENKRECHT Die Kolumne von Walter Senk
106
122 ZU TISCH MIT Georg Muzicant
126 LOKALAUGENSCHEIN Weihburggasse 30 134 ÜBER DEN TELLERRAND Fifty-Fifty Wasser wie es sein soll
139 DER SCHREIBTISCH VON …
052 BILLIGES GELD FÜR UNTERNEHMEN Anleihen & Co
056 OHNE GELD KA MUSI Was sagen die Immo-Experten
062 HAIRCUT Wenn Anleihegläubiger Haare lassen müssen.
Thomas Malloth
174 DER AUFSTEIGER Claudia & Christian Bontus 175
DIE AKADEMISCHE SEITE … von Gunther Maier
180 DER TOP DEAL 6B47 verkauft mit einem Deal vier Objekte im Wert von 165 Millionen Euro.
Im Brennpunkt: Tirol 070 DYNAMIK IN TIROL
Vielschichtiger Immobilienstandort
Im Brennpunkt: Russland 154 RUSSISCHER BÄR
194 IMMOBILIE IM FOKUS Viertel zwei wächst
Immobilienfinanzierung
Faciliy & Management 150 QUO VADIS, FM?
Interview mit Alexander Redlein
022 DEN RÜCKEN TIEF GEBEUGT Horten die Banken das Geld?
028 AUCH WIR SIND BETROFFEN Michael Weitersberger, Raiffeisenbank International, im Interview
034 SCHAU GENAU
Positionen & Meinungen
Wenn die Masse kauft
08 ImmoFokus | Frühjahr 2015
172
GEBÄUDEWERTE FÜR ANLEGER
098 VOM PIONIER ZUM PIONIER
176 DIVIDENDENKAISER
106 TRADITION, VISION UND KONSENS
Immo-Service
118
193 IMMOBILIEN ERLESEN 190 VORSCHAU 190 IMPRESSUM
Interview mit Alexander Ertler
Interview mit Georg Edlauer
Banken und Risikomanagement
038 CROWDFUNDING
Finance & Investment
DER NEUE PRÄSIDENT Interview mit Ewald Müller
174 Coverstory DANIEL JELITZKA Er geht seinen erfolgreichen Weg – hartnäckig & innovativ
126
88
Lokalaugenschein WEIHBURGGASSE 30 (WIEN)
116
Manager im Gespräch EWALDFrühjahr MÜLLER 2015 | ImmoFokus 09
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Büromarkt Wien
Erholung in Sicht
Berliner Europacity
Corporate Building n Die KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft hat mit CA Immo einen Mietvertrag über 12.000 Quadratmeter Mietfläche für ein neu zu errichtendes Bürogebäude in der Berliner Europacity geschlossen. Das Unternehmen wird exklusiver Büromieter des Gebäudes. Das Investment der CA Immo beträgt rund 58 Millionen Euro, der Baustart für das Gebäude soll bereits im Herbst 2015 erfolgen. CA Immo CEO Bruno Ettenauer blickt positiv in die Zukunft: „Wir verfügen in diesem Areal noch über eine Reihe von Grundstücken in attraktiver Lage, die wir maßgeschneidert für die Nutzer bebauen können. Weitere erfolgreiche Vertragsabschlüsse noch in diesem Jahr sind somit aus unserer Sicht zu erwarten.“
Spatenstich
Das Tor zur „New World of Work“ n Für eines der spektakulärsten Bauprojekte Wiens ist nun der offizielle Startschuss gefallen: der 102,5 Meter hohe ORBI Tower wird das neue Wahrzeichen des Entwicklungsstandorts TownTown in Wien-Erdberg. Der Turm, der vom Bauträger IWS TownTown AG errichtet wird, umfasst eine Bürofläche von 21.600 Quadratmetern auf 26 Stockwerken. Der Baustart ist mit Mai 2015 erfolgt, die Fertigstellung ist für Juni 2017 geplant. Abgestimmt auf Größe, Firmenphilosophie und Corporate Design, lässt der ORBI Tower auf 800 Quadratmetern pro Geschoss
jede individuelle Gestaltungsfreiheit zu: Unternehmen sind eingeladen, das perfekte Office zu entwickeln und umzusetzen, wissenschaftliche Beratung und erfahrene Architekten helfen dabei. „Neue Technologien und Kommunikationsformen erfordern neues Denken. Moderne Netzwerkorganisation verlangt mehr Flexibilität. Die Zufriedenheit der Mitarbeiter entwickelt sich zum wesentlichen Erfolgsfaktor. Große Konzerne wie Microsoft haben diese Zeichen der Zeit längst erkannt“, erklärt Ernst Machart, Vorstandsvorsitzender der IWS TownTown AG.
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Franz Pöltl, Geschäftsführer der EHL Investment Consulting, hat die Fondsgesellschaft Union Investment beim Erwerb des Bürogebäudes Green Worx von der S+B Gruppe und Raiffeisen Holding beraten.
Anna Elise Buchter wird bei Hackenberg & Co. den Bereich Asset Management unterstützen und gemeinsam mit dem vorhandenen Team weiter ausbauen.
Michael C. Wisser, Geschäftsführer der WISAG Service Holding Austria. lud anlässlich des 20jährigen Firmenjubiläums zum ersten WISAG FM-Club
News Ticker Vermarktung 1: EHL Immobilien wurde in Kooperation CBRE mit der Vermarktung des ORBI Towers exklusiv beauftragt. Flugsicherung zieht um: Die Austro Control wird vor dem Jahresende für eine Übergangszeit in den IZD-Tower auf der Donauplatte übersiedeln. Das Gebäude im dritten Bezirk ist „am Ende seiner Lebenszeit“ angekommen.
10 ImmoFokus | Sommer 2015
Fotos: WISAG, EHL, Bogenhausener Tor Immobilien GmbH
n Nicht nur das Modesta-Team berichtet von spürbar stärkerer Bewegung am Wiener Büromarkt. Andreas Polak-Evans, Partner der Modesta Real Estate, ist stolz auf die Leistungen seiner Mannschaft im ersten Quartal. Mit insgesamt 5.000 Quadratmetern erreichte man einen Marktanteil von rund 10 Prozent. Der größte Brocken war die erfolgreiche Wiederansiedlung von Merck Sharp & Dome im Ares Tower auf 2.200 Quadratmetern. Modesta verzeichnet auch großes Interesse an den Objekten, die man im Portfolio zur Verwertung hat, darunter 11.000 m2 in der Brehmstraße und die ehemalige BoschLiegenschaft. Die grundsätzliche positive Entwicklung wird auch von anderen Markteilnehmern bestätigt. Allerdings: „Wir sprechen nach wie vor davon, dass Unternehmen Flächen effizienter gestalten und Standorte zusammenlegen. Neuansiedlung gibt es de facto keine“, konstatiert Polak-Evans.
Kurz & Bündig > Office office@fokus-media.at
Bavaria Towers
Porr baut in München n Die Von der Heyden Group hat die PORR mit dem Bau des Blue Tower und des White Tower als Teil eines der spektakulärsten Development-Projekte in der bayrischen Hauptstadt, den „Bavaria Towers“ beauftragt. Das geschätzte Gesamtinvestment für beide Türme beläuft sich auf 160 Millionen Euro. Der vom Madrider Stararchitektenduo Nieto Sobejano Arquitectos entworfene Gebäudekomplex wird aus vier fünfeckigen Hochhäusern mit insgesamt 77.651 Quadratmetern bestehen. Die Verhandlungen zwischen der Von der Heyden Group und PORR haben aufgrund der Komplexität des Projekts mehr als 6 Monate in Anspruch genommen. Die Bauzeit ist mit 38 Monaten veranschlagt – einschließlich der Abbrucharbeiten der bestehenden Gebäude, die planmäßig am 15. Juni 2015 starten sollen.
Sommer 2015 | ImmoFokus
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Kurz & Bündig > Hotellerie hotel@fokus-media.at
Hotel angelo
Fünfjähriges Jubiläum n UBM, Vienna International und Warimpex feiern das fünfjährige Jubiläum des Hotels angelo in Kattowitz. Das angelo Hotel in der polnischen Sekundärstadt war für die Entwickler UBM und Warimpex ein klassisches Early Bird-Investment. „In unserem Portfolio haben Zonen mit hoher Bevölkerungsdichte schon immer eine wichtige Rolle gespielt“, so WarimpexCEO Franz Jurkowitsch. Mit dem Bau wurde zu Beginn der Subprime-Krise begonnen. „Die damals mutige, antizyklische Entscheidung hat sich retrospektiv als richtig erwiesen“, betont UBM-CEO Karl Bier. Das Haus habe sich zu einem profitablen Hotel mit florierendem Bankettgeschäft entwickelt. Wegen der niedrigen Zinsen im Euroraum richten Fonds und institutionelle Investoren langsam ihren Blick wieder nach Osten. Aufgrund des zunehmenden Interesses sei man optimistisch, das Investment in den nächsten Jahren mit hoher Wertschöpfung erfolgreich abschließen zu können.“.
Accor
Verkauf von 29 Hotels n Accor verkauft über eine Sale-andFranchise-back-Transaktion 29 Hotels mit 3.354 Zimmern an die Kölner Event Hotels. Der französische Hotelkonzern erhält 209 Millionen Euro für die 18 Hotels in Deutschland sowie elf Hotels in den Niederlanden. Der Käufer wird zudem 25 Millionen Euro in die Renovierung der Häuser investieren. Bei 27 der insgesamt 29 Hotels handelt es sich um Teile des im vergangenen Jahr erworbenen Moor-ParkPortfolios. Die anderen beiden Hotels - ein Ibis Budget in Deutschland und ein Mercure in den Niederlanden – gehören seit Längerem der Hotelinvest-Sparte von Accor. Das Closing der Transaktion soll noch in diesem Sommer erfolgen.
Deutscher Hotelmarkt im Hoch
15 Prozent mehr Zimmer n Auch 2015 hält die starke Bautätigkeit im Hotelsegment weiter an, ergibt eine aktuelle bulwiengesa-Studie. Mit insgesamt rund 11.100 fertiggestellten Zimmern wurde der Vorjahreswert um 15 Prozent gesteigert und erstmalig seit 2010 die 10.000er Marke wieder überschritten. Allein in den letzten sechs Jahren von 2009 bis 2014 entstanden 63.800 neue Hotelzimmer verteilt auf 425 Beherbergungsbetriebe mit einer Mindestgröße von 40 Zimmern. Dabei handelte es sich entweder um Neubauten, Umwandlungen von zuvor zumeist gewerblich genutzten Immobilien oder Erweiterungen. Die Bauaktivität ist vor allem auf den starken Expansionsdrang der Kettenhotellerie zurückzuführen, deren Marktanteil in Deutschland immer noch verhältnismäßig gering ist.
Kurz & Bündig + Kurz & Bündig + Kurz & Bündig + Kurz & Bündig +
Norbert B. Lessing, Country General Manager Hilton Hotels Österreich, feierte Anfang Juni den 40sten Geburtstag des 2004 generalsanierten Hilton Vienna am Stadtpark, des größten Hotels Österreichs.
Sonja Bohrer, General Manager des Renaissance Wien Hotel in Wien 15, freut sich mit ihrem Team über den gelungenen Umbau und den kompletten Relaunch des Hauses.
Das einstige Kärntner Nobelhotel Bleibergerhof hat mit Bernd Hinteregger, Chef der HB1 Hotelgruppe, einen neuen Eigentümer. Das 108-ZimmerHotel ist der siebente Betrieb der HB1-Gruppe.
12 ImmoFokus | Sommer 2015
Foto: Fotolia
News Ticker Kongresstouristen: Jede Stadt will den Kongresstouristen. Denn dieser lässt deutlich mehr Geld in der Destination seiner Wahl – z. B. im Schnitt 474 Euro pro Kopf und Nächtigung in Wien. Neue Struktur: Best Western verpasst sich eine neue Struktur in Europa. Von der Deutschland-Zentrale in Eschborn sollen mehrere Länder Zentraleuropas geführt werden.
Kurz & Bündig > Wohnen wohnen@fokus-media.at
Projekt: 52° Nord
BUWOG baut in Berlin n Mit der Verabschiedung eines neuen Bebauungsplans für das Areal Regattastraße hat die Bezirksverordnetenversammlung des Berliner Bezirks Treptow-Köpenick den Weg für das bisher mit Abstand größte Bauvorhaben der BUWOG in Deutschland frei gemacht: Auf der rund 100.000 Quadratmeter großen Liegenschaft wird die BUWOG Group in den kommenden Jahren das Projekt „52° Nord“ realisieren. Die Fertigstellung des ersten Bauabschnitts „Seefeld“ ist für April 2017 vorgesehen. Das voraussichtliche Gesamtinvestitionsvolumen beträgt nach aktuellem Planungsstand über 270 Millionen Euro. Insgesamt sollen 700 bis 800 Eigentums- und Mietwohnungen sowie Reihenhäuser und eine Kindertagesstätte entstehen. Zudem sind rund 600 Garagenstellplätze vorgesehen.
future. Gespräche »Erst seit ich in dieser Wohnung lebe, weiß ich, was Wohnen zur Lebensqualität beitragen kann.« Bewohnerin eines Raiffeisen evolution Projekts.
Und wie
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Sommer 2015 | ImmoFokus 13
Kurz & Bündig > Wohnen wohnen@fokus-media.at
Eigenheim
Mieten statt kaufen n Europäer geben im Schnitt rund 40 Prozent ihres Haushaltseinkommens für Wohnen aus und sind der Ansicht, dass dieser Anteil weiter steigen wird. Sechs von zehn Europäern wohnen gemeinsam mit ihrem Partner, 39 Prozent mit einem oder mehreren Kindern und nur 15 Prozent der Europäer leben alleine, so eine aktuelle Studie von RE/MAX Europe. Mehr als ein Drittel gab an, im eigenen Haus zu wohnen und 25 Prozent in einer Eigentumswohnung. Die meisten Eigenheimbesitzer gibt es in Großbritannien, den Niederlanden und Italien; hingegen wohnen Schweizer, Deutsche und Österreicher mehrheitlich in Miete.
Achtung Gefahr!
Fotos: Otto Immobilien, campus21
Schimmelbildung n 18 Prozent der Österreicher wohnen in einer schimmligen Wohnung. Zu diesem Ergebnis kommt eine repräsentative Umfrage von immowelt.at. Die vom Schimmel ausgehende Bedrohung verkennen aber viele: Jeder sechste Österreicher (16 Prozent) ist der Meinung, dass Schimmel keine Auswirkungen auf die Gesundheit hat. Weitere 47 Prozent gehen nur von einem schwachen Gesundheitsrisiko aus. Lediglich 21 Prozent sind sich der möglichen Folgen des Schimmelbefalls bewusst. Hauptursachen für Schimmelbildung in Wohnräumen sind hohe Luftfeuchtigkeit und falsches Lüften. Deswegen tritt Schimmel am häufigsten im Badezimmer (48 Prozent) auf, wo durch Baden und Duschen oft hohe Luftfeuchtigkeit herrscht. Auch das Schlafzimmer (37 Prozent) gehört zu den häufig betroffenen Räumen, da hier viele Österreicher komplett aufs Heizen verzichten und so unbewusst die Schimmelbildung begünstigen. Gleiches gilt für Kellerräume auch hier herrschen oft ideale Bedingungen für Schimmelpilze.
Seestadt Aspern wächst
Öko-Studierendenwohnheim n Das weltweit energieeffizienteste Wohnheim für Studierende namens „GreenHouse“ nahm im März in der Wiener Seestadt Aspern seinen Betrieb auf. Sensoren in hochwärmegedämm ten Zimmern messen den CO2-Wert und „wissen“, wann die Lüftungsanlage Frischluft zufüh ren muss. Zwei energieoptimierte Rotationswärmetauscher gewinnen 85 Prozent der Wärme sowie die notwendige Luftfeuchtigkeit im gesamten Haus zurück. Die Aufzüge arbeiten mit Bremsrückgewinnungsenergie und kommen ohne Öl und Maschinenraum aus. Die Dachf lä che wird zur Gewinnung von Sonnenenergie mit Photovoltaik genutzt. Das sind nur einige Beispiele für die ökologischen Besonderheiten des GreenHouse, das bereits von der ÖGNB für seine Nachhaltigkeit zertifiert wurde. Es umfasst 313 Wohnplätze, die gleichmäßig auf die drei Gebäudeteile „Sonne“, „Erde“ und „Luft“ aufgeteilt sind.
Kurz & Bündig + Kurz & Bündig + Kurz & Bündig + Kurz & Bündig +
Mit Alexander Bosak hat sich die Otto Immobilien Gruppe einen erfahrenen Immobilienexperten für die Leitung der neu geschaffenen ressortübergreifenden Research-Abteilung an Bord geholt.
Die neu gegründete „Wiener Privatbank Immobilienmakler GmbH“ konnte zur Abrundung ihres Dienstleistungsspektrums Eckhard Horstmeier als Leiter der Abteilung „Investment/ Zinshaus“ gewinnen.
Ernst Kovac übernimmt mit 1. August 2015 die Geschäftsführung der IMV IMMOBILIEN Management GmbH. Kovac wird für die Bereiche Akquisition, Marketing, Personal und Organisation zuständig sein.
News Ticker Graz 1: Alpha Tower: Das Ehemaliges Studentenheim „Hafnerriegel“ wurde von 6B47 zeitgemäßem Wohnanspruch angepasst. 75 Prozent der Wohnungen sind bereits vergeben. Graz 2: MILESTONE GRAZ feiert Dachgleiche – 378 neue Apartments für Studierende ab Oktober 2015 in Graz.
Sommer 2015 | ImmoFokus 15
Kurz & Bündig > Investment & Finance investmentandfinance@fokus-media.at
Kreditportfoliomarkt
2015: 100 Mrd. Euro n 2014 wurden europäische Kreditportfolios mit einem Nennwert in Höhe von 91 Milliarden Euro (Vorjahr: 64 Milliarden Euro) verkauft. PwC rechnet für 2015 mit einem weiteren Anstieg auf 100 Milliarden. Mit einem Nennwert von 49 Milliarden war über die Hälfte der im Jahr 2014 abgeschlossenen Deals im Transaktionsgeschäft auf die gewerbliche Immobilienfinanzierung zurückzuführen. Mit einem Betrag von knapp unter 20 Milliarden (doppelt so viel wie im Vorjahr) lag das Hypothekengeschäft bei Konsumenten an zweiter Stelle. Die umfangreichsten Transaktionen erfolgten auf den britischen, irischen und spanischen Märkten, wobei die in diesen Ländern ansässigen Banken für mehr als 75 Prozent des Transaktionsvolumens zuständig waren. Die jüngsten Analysen von PwC zeigen, dass europäische Banken nach wie vor Kredite in Höhe von 2 Billionen Euro halten, die nicht mehr zum Kerngeschäft gehören. Während diese Kredite zum größten Teil im normalen Geschäftsverlauf refinanziert werden, bleibt nach wie vor ein großer Pool an Krediten, die letztendlich verkauft werden. Auch bei den aktuellen Transaktionsvolumen ist davon auszugehen, dass der Kreditportfoliomarkt in den kommenden Jahren weiterhin boomen dürfte. Irland, Spanien und das UK werden auch im weiteren Jahresverlauf stark bleiben, auch von erheblichem Wachstum im italienischen, niederländischen und den CEE-Märkten kann man ausgehen. Auf diese Märkte entfielen weniger als 10 Prozent des Transaktionsvolumens im Jahr 2014. „Wir erwarten, dass sie sich im Jahr 2015 um mehr als das Doppelte auf etwa 20 Milliarden Euro erhöhen werden. Viele große Finanzinvestoren, die alle über erhebliche zugesagte Finanzierungen verfügen, wollen dem erbitterten Wettbewerb in den britischen, irischen und spanischen Märkten entkommen“, so Bernhard Engel, Partner und Leiter des Bereichs Financial Services Deals & M&A bei PwC Österreich.
Investieren in den eigenen Bestand
Modernisierung als Renditetreiber n Die 20 größten deutschen Wohnungsunternehmen investierten im Jahr 2009 im Durchschnitt 15,43 Euro pro Quadratmeter für Instandhaltung und Modernisierung. Im vergangenen Jahr waren es 18,90 Euro. Das entspricht einem Anstieg von 22 Prozent in fünf Jahren. Scope Ratings rechnet mit einer weiteren Zunahme in den kommenden beiden Jahren auf knapp 20,00 Euro pro Quadratmeter. Der signifikante Anstieg der Renditen für Bestandsinvestitionen ist vor allem auf den steigenden Anteil an Modernisierungs- im Vergleich zu Instandhaltungsmaßnahmen zurückzuführen: Während von den Investitionen in den Bestand der 20 größten deutschen Wohnungsunternehmen 2009 zwei Drittel auf Instandhaltungsund ein Drittel auf Modernisierungsmaß-
nahmen entfielen, liegt dieses Verhältnis 2014 bei 55 zu 45 Prozent. Zum Hintergrund: Wohnungseigentümer können in Deutschland 11 Prozent der Modernisierungsinvestitionen auf die jährliche Miete umlegen. Es gibt auch keine Kappungsgrenze für Mietsteigerungen aufgrund Modernisierung. Modernisierungsinvestitionen erhöhen damit nachhaltig die Ertragskraft von Wohnungsunternehmen. Für Instandhaltungsaufwendungen gilt dies hingegen nicht. Sie können nicht auf den Mieter umgelegt, sondern müssen vom Eigentümer getragen werden. Daher gilt: Je höher der Anteil der Modernisierungs- im Vergleich zu Instandhaltungsmaßnahmen, desto höher die Rendite auf Investitionen in den eigenen Bestand.
Kurz & Bündig + Kurz & Bündig + Kurz & Bündig + Kurz & Bündig +
Moritz Attems-Gilleis verstärkt ab sofort den stark wachsenden Investmentbereich bei Arnold Immobilien. Der studierte Jurist war zuletzt bei Gabler Gibel & Ortner Rechtsanwälte tätig.
Gerald Speckner, Financial Controller für Österreich & CEE Accounting bei CBRE, zeichnet unter anderem für Forecasting, Planung, Analysen, Reporting, Budgetierung und Kostenrechnung verantwortlich.
Lucien J. Berlinger ist seit Anfang Jänner der neue Vorstandsvorsitzende der Zürcher Kantonalbank Österreich AG. Das Tochterunternehmen der drittgrößten Schweizer Bank ist auf Private Banking spezialisiert.
News Ticker S Immo AG: Die börsennotierte s Immo AG erhöht die Dividende auf 0,24 Euro je Aktie. Warimpex: Russland brockt Warimpex einen Millionen Verlust ein. Forum Nachhaltige Geldanlagen: Marktbericht 2015 dokumentiert ungebrochenes Wachstum in Österreich – Nachhaltige Fonds und Mandate erreichten 2014 in Österreich ein Volumen von 8,97 Mrd. Euro.
16 ImmoFokus | Sommer 2015
Kurz & Bündig > Investment & Finance investmentandfinance@fokus-media.at
Europa bleibt bevorzugter Markt für Investoren aus dem Mittleren Osten
Gesamtes Investitionsvolumen 14,1 Milliarden Dollar n „Investoren aus dem Mittleren Osten haben im Jahr 2014 rund US‑Dollar 14,1 Milliarden außerhalb ihrer eigenen Heimatregion investiert, belegt ein aktueller Report von CBRE. Im Vergleich zum Vorjahr ist dies ein Rückgang um etwa 13 Prozent (2013: US‑Dollar 16,3 Milliarden), dennoch war der Mittlere Osten im Jahr 2014 die drittgrößte Herkunftsregion von ausländischem Kapital, nach Asien mit US-Dollar 28 Milliarden und Nordamerika mit dem höchsten Investitionsvolumen in der Höhe von US-Dollar 66 Milliarden. Europa bleibt der bevorzugte Markt. Mit US-Dollar 10,2 Milliarden entfiel der größte Anteil der Investitionen aus dem Mittleren Osten auf den Gewerbeimmobilienmarkt in Europa. London stand mit einem investierten Volumen von rund US-Dollar 4,4 Milliarden an erster Stelle, obwohl hier ein Rückgang des Anteils am Gesamtvolumen von 45 Prozent (2013) auf 32 Prozent (2014) verzeichnet wurde. Dahinter folgten Paris mit US-Dollar 2,2 Milliarden (+ 16 Prozent gegenüber 2013) und New York mit US-Dollar 1,3 Milliarden (+ 10 Prozent gegenüber 2013). Der Großteil des investierten Kapitals aus dem Mittleren Osten entfiel mit rund US‑Dollar 7,3 Milliarden auf Büroimmobilien. Dahinter folgten Hotelimmobilien mit einem Volumen von etwa US‑Dollar 2,3 Milliarden, Handelsimmobilien mit US-Dollar
1,7 Milliarden sowie Wohnimmobilien mit rund US-Dollar 1,0 Milliarde. Industrieimmobilien lagen mit US‑Dollar 573 Millionen auf dem fünften Platz. „Auch bei den Investoren aus dem Mittleren Osten ist ein deutlicher Trend hin zu mehr Diversifikation im Anlageportfolio erkennbar“, sagt Georg Fichtinger, Head of Capital Markets bei CBRE Österreich. „Natürlich spielen Büroimmobilien traditionell die stärkste Rolle bei den Investments, doch zeigen insbesondere die starken Zahlen für Hotelimmobilien, dass alternative Anlageklassen in Zukunft immer mehr in den Fokus der Investoren rücken werden
Top-Ziele für Investoren aus dem Mittleren Osten MARKT
INVESTITIONSVOLUMEN (IN US-DOLLAR MIO.)
London
4.442
Paris
2.223
New York
1.345
Deutschland
802
Großbritannien
702
Quelle: CBRE Research
Immobiliendienstleistungen
Fotos: Arnod Immobilien, BBRE, Züricher Kantonalbank Österreich, apops
Neues Schwergewicht n DTZ kauft Cushman & Wakefield und gibt die eigene Marke auf. Das neue Unternehmen wird unter dem Namen Cushman & Wakefield operieren und mit über 43.000 Mitarbeitern auf einen Umsatz von 5,5 Milliarden Dollar kommen. Brett White wird die Position des Chairman und des Chief Executive Officer des kombinierten Unternehmens einnehmen. Carlo Barel di Sant’Albano wird für den Nahen und Mittleren Osten und Afrika (EMEA) die oberste globale Führungsrolle übernehmen. John Santora wird Chief Operating Officer und Chief Integration Officer und Tod Lickerman wird die Rolle des Präsidenten des globalen Unternehmens übernehmen. Cushman ist der größte nicht börsennotierte Makler für Gewerbeimmobilien und wird in der Transaktion mit 2,04 Milliarden Dollar bewertet. Im Rahmen der Transaktion verkauft EXOR SpA, die Holdinggesellschaft der italienischen Agnelli-Familie, ihren Anteil von 75 Prozent an Cushman an den Finanzinvestor TPG Capital von David Bonderman. EXOR fließen dabei Nettoerlöse von 1,28 Milliarden Dollar zu. Cushman wird mit DTZ zusammengeführt, einer Gesellschaft, die TPG Ende letzten Jahres gekauft hat. Im Januar hat DTZ die Akquisition des US-Maklers Cassidy Turley abgeschlossen und kam damit auf einen Umsatz von rund 2,9 Milliarden Dollar. Aus dem Zusammenschluss entsteht ein globaler Konkurrent für CBRE Group Inc. und Jones Lang LaSalle Inc., die Nummern eins beziehungsweise zwei der Immobiliendienstleister. Die Transaktion soll im vierten Quartal abgeschlossen sein.
Sommer 2015 | ImmoFokus 17
Kurz & Bündig > International international@fokus-media.at
Studentisches Wohnen
TH Real Estate verkauft
Deutsche Wohnen füllt Kriegskasse
n Seit 2010 hat sich der Bestand privater Studentenwohnanlagen in den dreißig größten deutschen Hochschulstädten auf etwa 25.000 Wohnplätze verdoppelt. Unter Berücksichtigung der sich derzeit in Bau und Planung befindlichen Anlagen dürfte eine weitere Verdoppelung auf dann etwa 50.000 Plätze bis 2020 erfolgen. Zu diesem Ergebnis kommt Savills in ihrem zweiten Teil der Publikationsreihe zum studentischen Wohnungsmarkt. Bei den geschaffenen Wohneinheiten handelt es sich zumeist um etwa 20 bis 25 Quadratmeter große Apartments. In besonders teuren Wohnungsmärkten wie Hamburg oder München sind viele der Apartments sogar kleiner als 20 Quadratmeter. Bis zum Jahr 2020 werden die privaten Anbieter ihren Marktanteil am studentischen Wohnungsbestand in den dreißig größten Hochschulstädten von heute 16 Prozent auf dann voraussichtlich 22 Prozent ausbauen. Im Jahr 2000 waren es lediglich 6 Prozent. Ob diesem enormen Angebotszuwachs in allen Städten eine ausreichend große Nachfrage gegenübersteht, analysiert Savills im dritten Teil seiner Veröffentlichungsreihe.
n TIAA Henderson Real Estate (TH Real Estate) hat handelnd für den paneuropäischen Einzelhandelsfonds Herald das Fachmarktzentrum „Dreieich Nordpark“ bei Frankfurt am Main verkauft. Käufer ist ein von M&G Real Estate gemanagter globaler Immobilienfonds. Der Kaufpreis beträgt 51,9 Millionen Euro. Transaktionsberater für TH Real Estate waren CBRE und Rechtsanwälte der Kanzlei Franzen Steinhardt Wehle. M&G Real Estate wurde von BNP und CMS Hasche Sigle vertreten. Das 23.000 Quadratmeter große Fachmarktzentrum befindet sich in Dreieich, zirka zehn Kilometer südlich von Frankfurt, und wird jährlich von rund 2,5 Millionen Besuchern frequentiert. Ankermieter sind Real und Decathlon. „Die Strategie des Fonds ist es, Wertschöpfungspotentiale zu heben und in einem nachfragestarken Marktumfeld zu realisieren. Nach erfolgreicher Umsetzung unserer Asset-Management-Strategien während der Haltedauer freuen wir uns, die Immobilie zu einem optimalen Zeitpunkt im Marktzyklus verkauft zu haben“, erklärt Carl White, Fondsmanager des Herald Fund bei TH Real Estate.
n Die Deutsche Wohnen will sich über eine Kapitalerhöhung bis zu 950 Millionen Euro beschaffen. Damit soll u.a. der Kauf eines 500 Millionen Euro teuren Pakets mit 6.500 Wohnungen finanziert werden. Ein erheblicher Teil davon dürfte in BerlinMarzahn liegen: Erst kürzlich hatte die Deutsche Wohnen beim Bundeskartellamt die Übernahme zweier Gesellschaften gemeldet, die zur Reggeborgh-Gruppe gehörten und denen über 4.500 Wohnungen in Marzahn zuzurechnen sind. Außerdem gibt die Deutsche Wohnen ihre Quartalszahlen bekannt: Das FFO legte um 21 Prozent auf 71,3 Millionen Euro zu, einschließlich Verkäufen stieg der FFO um 8 Prozent auf 80,6 Millionen Euro. Unterm Strich weist der Wohnungskonzern allerdings einen Verlust von 44,2 Millionen Euro aus. Grund sei ein Bewertungseffekt bei Wandelschuldverschreibungen infolge des höheren Aktienkurses. Das bereinigte Periodenergebnis gibt die Deutsche Wohnen mit 91,7 Millionen Euro an. Der Verschuldungsgrad von 50,4 Prozent soll durch Refinanzierungen - auch mit Mitteln aus der Kapitalerhöhung - auf unter 45 Prozent gedrückt werden.
Verdoppelung bis 2050
Dreieich Nordpark
Paketkäufe im Visier
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Britische Millionäre verdoppelten ihr Vermögen seit 2005
Superreiche mit Immobilien noch reicher gens bei den meisten auf das Konto ihrer Immobilieninvestments. Der reichste Mensch in Großbritannien ist laut „Sunday Times“ der aus der Ukraine stammende USInvestor Leonard Blavatnik. Sein Vermögen beträgt demnach 13,17 Milliarden Pfund, alleine im vergangenen Jahr kamen 3,17 Milliarden dazu. Bei den Stars der Musikbranche liegen weiter Ex-Beatle Paul McCartney und seine Frau Nancy Shevell mit 730 Millionen Pfund vorne, gefolgt von Musical-Komponist Andrew Lloyd-Webber (650 Millionen) und der Rockband U2 (431 Millionen). Reichster Sportler ist Formel1-Star Lewis Hamilton, der über 88 Millionen Pfund verfügt, gefolgt von Fußballer Wayne Rooney (72 Millionen). Die „Sunday Times“ zählt etwa Land und Immobilien, Aktien und Unternehmen zum Vermögen, aber keine Bankkonten. Auf der Liste stehen nicht nur Briten, sondern auch Menschen mit Wohnsitz in Großbritannien. Viele Angaben sind geschätzt und oft nur bedingt vergleichbar, weil etwa Paare, Geschwister oder Bands gemeinsam betrachtet werden.
n Wer zu den tausend reichsten Menschen in Großbritannien gehören will, muss ein Vermögen von 100 Millionen Pfund knapp 140 Millionen Euro - vorweisen. Das sind 15 Millionen Pfund mehr als noch vor einem Jahr, wie aus der veröffentlichten „Sunday Times“-Liste der Reichen des Vereinigten Königreichs hervorgeht. Vor zehn
Jahren reichten noch 50 Millionen Pfund, um zu dem exklusiven Club dazuzugehören. Seit 2005 hätten die reichsten Tausend ihr Vermögen trotz Finanzkrise verdoppelt und verfügen jetzt über insgesamt 547,1 Milliarden Pfund, darunter befinden sich mittlerweile auch 117 Milliardäre. Der größte Teil des Wertzuwachses geht übri-
Fosun
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n Fosun hat zum ersten Mal eine Immobilie in Kontinentaleuropa gekauft und überbot eine Bietergemeinschaft aus Hines und dem Staatsfonds Abu Dhabis. In Mailand erwarben die Chinesen für 345 Millionen Euro Palazzo Broggi, die ehemalige Unicredit-Zentrale im Zentrum der norditalienischen Metropole. Verkäufer war ein Fonds von IDeA Fimit. Die Unicredit hat ihre Zentrale inzwischen in ein neues Geschäftsviertel von Mailand verlegt, nutzt derzeit aber noch einen Teil der 50.000 Quadratmeter großen Immobilie.
Jasna Zwitter-Tehovnik, LL.M (NYU), DLA Piper Weiss-Tessbach, wurde als Solicitor of the Senior Courts of England and Wales zugelassen. Sie gehört damit zu den wenigen Anwälten mit vierfacher Zulassung.
Fotos: Fotolia – Frank Boston
Kauf in Mailand
Benedikt Binder-Krieglstein hat die Verantwortung für das Eigenmessenportfolio von Reed Exhibitions Messe Wien sowie für die Agenden Marketing, Database und Digital Services übernommen.
Karl Bier (UBM) hat Savills mit dem Verkauf eines Gewerbeimmobilienportfolios im Wert von 900 Millionen Euro beauftragt. Die Objekte befinden sich in Deutschland, Österreich, Frankreich und den Niederlanden.
News Ticker Polen: Die PORR hat zwei Aufträge im Bahnbau im Wert von 12 Millionen Euro an Land gezogen. Niedrigzinsen: Deutsche Versicherungen können wegen widrigem Umfeld ihre Zinsversprechen nicht erwirtschaften – Situation der heimischen Versicherer ist weit weniger dramatisch beruhigen Versicherungsexperten.
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Gasometer
Standort in Ausbau n Das Areal der Wiener Gasometer wächst weiter. Die strategische Ausrichtung auf Nahversorgung und Aufbau einer Music City steigert Umsatz und Frequenz. Die Stadt Wien hat in den Aufbau der Gasometer Music City investiert. Nun zieht dies private Investitionen nach sich. Über drei Millionen Euro werden in diesem Jahr für die Weiterentwicklung des Standortes aufgewendet. Die Mittel bringen Privatunternehmen auf, die am Standort tätig sind. Das ist der größte Investitionsschub seit der Revitalisierung der einstigen Gasbehälter. Die Gasometer Music City gehört zu je 50 Prozent der WBV-GPA sowie GESIBA. Nach Hereinholung der Pop- und Jazzausbildung sowie des Unterrichts in Musik, Gesang und Schauspiel mit Musicalschwerpunkt bekommt die Gasometer Music City nun auch eine Klassikausbildung. Die Johann Sebastian Bach Musikschule verlagert ihren Standort ins Gasometer C. Auf rund 450 Quadratmetern sind die Errichtung von Tanz- und Schulungsstudios für den Freizeitbereich geplant wie auch eine moderne Bowlinganlage, die das bestehende Entertainment- Angebot ideal ergänzen.
Waterfront für 250 Millionen Euro verkauft
Bremen
n Das „Waterfront“ in Bremen hat laut einem Bericht des „Weser-Kuriers“ neue Eigentümer. Die irische LNC Property Group habe die Shoppingcenter-Immobilie an einen britischen Investor verkauft, so die Zeitung mit Verweis auf Marktkreise. Der Kaufpreis liege demnach bei 250 Millionen Euro. Mit dem Eigentümerwechsel solle sich auch das Centermanagement ändern: Die Hamburger ECE werde künftig für das Management der 46.000 Quadratmeter Verkaufsfläche verantwortlich sein, heißt es in der Zeitung. Auf TD-Anfrage wollten weder der jetzige Centermanager noch die ECE den Verkauf der Immobilie kommentieren. Das „Waterfront“ entstand auf dem Gelände des ehemaligen Space-Parks und wurde 2008 eröffnet.
Bedarf an weiteren Fachmarktzentren
Frankfurt hat Platz
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n In Frankfurt besteht noch Bedarf an zusätzlichen Fachmarktzentren. Genau das hat bulwiengesa für die Stadt Frankfurt am Main und die Gemeinden im Hochtau nuskreis sowie im Rheingau-Taunus-Kreis erhoben. Es bestehe noch Versorgungspotenzial, wenn es um Fachmarktverkaufsflächen geht, aber auch die gesamte Region ist trotz hoher Kaufkraft nur durchschnittlich mit Fachmarktstandorten ausgestattet. So liegt die Ausstattungquote mit Fachmärkten bei 0,47 Quadratmeter Verkaufsfläche pro Einwohner und da mit nur marginal über dem Bundesschnitt (0,46 Quadratmeter Verkaufsfläche pro Einwohner).
Helmut Hochfilzer hat zusätzlich zu seinen Aufgaben als SILLPARK Centermanager die Verantwortung für sieben SES-Shoppingcenter in Westund Südösterreich übernommen.
Robert Novak, Vertriebsleiter der Austrotherm GmbH, ist für zwei Jahre zum Präsidenten der österreichischen Fachvereinigung für Polystyrol-Extruderschaum (ÖXPS) gewählt worden.
Roman Langer wurde zum Abteilungsleiter „Einkauf Österreich und Deutschland“ in der BUWOG Group ernannt, um Synergien zwischen den Standorten Österreich und Deutschland optimal nutzen zu können.
News Ticker G3: EHL vermietet FMZ in Gerasdorf für ECE. Dornbirn: Der Dornbirner Messepark soll runderneuert und vergrößert werden. Seiersberg: Primark eröffnet im Juli. Sonntagsöffnung: Lugner gibt auf: „Ich bin kein Don Quijote, der weiterhin gegen Windmühlen kämpft.“
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Shoppingcenter Performance Report
Unzufriedene Mieter
Goldenes Quartier
Luxus sucht Käufer n Dem „Goldenen Quartier“ in der Wiener Innenstadt fehlen die kaufkräftigen Besucher. Das Luxusviertel wirkt wie ausgestorben. Vor allem die russischen Touristen bleiben aus. „Es ist noch sehr ruhig. Man sagt, es muss sich erst herumsprechen. Derzeit haben wir durchschnittlich 20 Kunden pro Tag“, sagt eine Verkäuferin in einer der Nobelboutiquen. Auch Herbert Gänsdorfer, Obmann des Einzelhandels für Mode und Freizeitartikel der Wiener Wirtschaftskammer, bestätigt das: „Die Geschäfte sind im Moment mit Sicherheit nicht ausgelastet. Die Ergebnisse liegen bislang unter den Erwartungen.“ Laut Robert Leingruber, Pressesprecher der Signa Holding, wurde vor Kurzem eine Umfrage unter den Mietern gemacht. „Laut dieser sind die Mieter mit den Umsätzen bislang zufrieden. Wir sorgen aber für eine weitere Attraktivierung. Für Mitte Mai sind gestalterische Maßnahmen in Planung, wenn die letzte Baustelle abgeschlossen ist.“
n Der neue Shoppingcenter Performance Report Österreich 2015 ergab einen durchschnittlichen Zufriedenheitsgrad der Mieter von 2,58. Das wirkt augenscheinlich positiv. In der Betrachtung der letzten Jahre zeigt sich aber eine stetige Verschlechterung (von 2,44/2012 auf 2,58/2015). Hauptgrund ist, dass die Kostenbelastung für die Händler immer stärker wird. Und E-Commerce knabbert stark an der Frequenz. Auf die Frage nach der Umsatzleistung der Shopping Malls zeigten die Bewertungen der Mieter insgesamt mehrheitlich einen hohen Zufriedenheitsgrad. Unangefochten an der Spitze steht dabei der Messepark in Dornbirn. Mit einem Notenmittel von 1,38 hat das Vorarlberger Einkaufszentrum damit zum vierten Mal in Folge den ersten Platz im Gesamtranking geschafft. Und das, obwohl für das Center im Ländle ein Refurbishment noch aussteht. Aber ob mit oder ohne Sanierung, die Schweizer stürmen den Messepark und damit passt die Umsatzleistung. An zweiter Stelle steht das „dez“ in Innsbruck, das schon 2012 und 2013 unter den Top 4 zu finden war. Platz 3 teilen sich das Einkaufszentrum „Neukauf“ in Spittal an der Drau (2012 noch auf Platz 37, 2013 auf Platz 2) und das „EO Oberwart“ im Burgenland (2014 bereits auf dem 6. Platz). Bei den Fachmarktzentren liegt die M-City in Mistelbach erstmals auf Platz 1.
Greenman und WCM kauften Portfolio von Edeka
Fotos: Austrotherm, Signa
95 Millionen Euro nDer irische Investor Greenman hat von Edeka Minden-Hannover drei Fachmarktzentren und 26 Supermärkte für 95 Millionen Euro und mit einer Anfangsrendite von rund 7 Prozent gekauft. Für das Portfolio bildet Greenman ein Compartment in seinem Luxemburger Spezialfonds für Co-Investor WCM, welcher die Option hält, den Mehrheitsanteil am Portfolio zu erwerben. Die Immobilien mit 77.500 Quadratmetern Mietfläche befinden sich in Sachsen-Anhalt (vierzehn Objekte) und Niedersachsen (zehn Objekte) sowie Berlin, Nordrhein-Westfalen und Brandenburg und sind im Schnitt 15 Jahre an Edeka vermietet; bei fünf kleineren Märkten plant Greenman Baumaßnahmen. Greenman und WCM sprechen von einer langfristigen Zusammenarbeit und sondieren weitere Co-Investments.
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2015 | ImmoFokus 21 Lernen wir unsSommer kennen: www.st‐poelten.gv.at
Immobilienfinanzierung
Den Rücken tief gebeugt Wohnbaufinanzierung. Wer heute als Unternehmer einen Kredit für den Wohnungsbau braucht und nicht zu den „Jumbos“ gehört, hat´s in der Praxis oft nicht leicht. Dabei ist Geld so billig wie nie. Autor: Reinhard Krémer
D
ie Kreditklemme gibt´s ja eigentlich gar nicht, das wissen jetzt schon so gut wie alle. Im wirklichen Leben stellt sich das allerdings ganz anders dar, wie Alfons Reder (Name von der Redaktion geändert) aus eigener leidvoller Erfahrung berichtet. Für ein geplantes Wohnungsprojekt in Wien ist er von einer Bank zur anderen gepilgert – viele Wochen lang und dann doch ohne Ergebnis: Die Geldbeutel der Banker blieben fest verschnürt.
Dabei ist Reder in der Branche partout kein Fremder: Jahrzehntelang hat er erfolgreich gebaut, auch als Geschäftsführer ganz großer Unternehmen. Nur für sein eigenes Projekt gab´s dann von niemandem Kredit. (Wie es mit Reder weiterging und wie er sein Projekt schließlich doch noch finanzieren konnte, lesen Sie in einer der nächsten Ausgaben).
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Stolzgeschwellte Brust
Warum die Kreditvergabe besonders in Österreich an Unternehmen so schleppend vor sich geht, kann niemand so genau sagen. An der Konstitution der Institute kann´s jedenfalls nicht liegen: Österreichs Banken haben europaweit das größte Selbstvertrauen, das zeigte nämlich eine Umfrage des „European Banking Barometers“ des Prüfungs- und Beratungsunternehmens EY. Die Institute erwarten, ihre Eigenkapitalrendite – den sogenannten Return on Equity (RoE) – 2015 im Vergleich zum Vorjahr durchschnittlich gleich um vier Prozentpunkte steigern zu können. Treten diese Erwartungen tatsächlich ein, ist Österreich mit diesem Wert Spitzenreiter in Europa. Durchschnittlich rechnen Banken in Europa nämlich damit, dass die Eigenkapitalrendite nur um 1,6 Prozentpunkte steigen wird.
Interessant für Unternehmen ist, dass die Banken von einer Lockerung ihrer Kreditvergabepolitik für die meisten Branchen ausgehen. Davon sollte vor allem der europäische Mittelstand profitieren: Über die Hälfte der Befragten plant, mehr Kredite an kleine und mittelständische Unternehmen zu vergeben. In Österreich gaben das sogar drei Viertel der Banker an – ob es nur bei der bloßen Ankündigung geblieben ist, wird dann die Statistik für 2015 zeigen. Der EY-Umfrage zufolge können sich unter den Branchen europaweit insbesondere das Gesundheitswesen, Industrie und Maschinenbau sowie der IT-Bereich auf einen leichteren Zugang zu Krediten freuen – von Bauunternehmen und Immobilien ist da keine Rede … Günstig wie nie
Dabei wäre Geld zurzeit wirklich günstig – wenn man es denn als Bauunternehmer auch bekäme. Bei den Projekten selbst scheiden sich aber so oder so noch vor dem Start die Geister: „Hier muss man zwei Bereiche klar unterscheiden: Zum einen ein Bauprojekt, das zum Verkauf bestimmt ist und zum anderen ein Bauprojekt, das zur Vermietung errichtet wird“, erläutert Experte Wolfgang Maurer, Geschäftsführer von creditnet.at. „Wenn man verkauft, ist die Finanzierung kurzfristig, nämlich rund drei Jahre, und damit auch teurer. Der Zins liegt ungefähr zwischen zwei und 3,5 Prozent“. Wenn man vermietet, wird die Finanzierung jedenfalls langfristig durchgeführt, so Maurer – und verweist auf die Marktbelebung von Banken unseres nördlichen Nachbarn, die hierzulande immer aktiver werden: „Bei österreichischen Banken beträgt die Laufzeit 25 Jahre. Bei deutschen Anbietern – und da gibt es schon mehrere im gewerblichen Bereich - kann man auch auf 35 Jahre abschließen“. Daraus ergibt sich natürlich eine leichtere Leistbarkeit des Projektes – ein nicht zu unterschätzender Vorteil, meint der Kreditexperte. „Der Zins liegt im besten Fall bei einem Prozent und geht rauf bis auf 2,5 Prozent“. Auch interessante Fixzinsen gibt es, meint Maurer: „Das derzeit beste Angebot einer deutschen Bank liegt bei 1,6 Prozent auf zehn Jahre“. Fotos: Fotolia
Geld gibt´s scheibchenweise
Wenn die Sicherheit gegeben ist und auch die Leistbarkeit, also die Rückführung des Kredites, geregelt ist, wäre es eigentlich leicht,
„Aktuell liegt der Bestzins für variable Kredite bei 0,825 Prozent.“ Wolfgang Maurer, Geschäftsführer von creditnet.at
Geld für Bauprojekte zu bekommen, ist Maurer überzeugt. An Sicherheiten verlangen natürlich alle Banken eine Hypothek: „Aber der klarste Unterschied zwischen den Banken liegt bei der persönlichen Bürgschaft. Nachdem es sich hier immer um Millionenbeträge handelt, ist dieser Punkt natürlich existentiell“, meint Maurer. „Man wird hier zwischen null und der gesamten Summe alles finden“. Wenn alles klappt, kann es dann recht rasch gehen: „Mit rund einem Monat muss man aber schon mindestens rechnen – sowohl die Schätzung und auch die Genehmigung, die ausschließlich über den Bankvorstand geht, benötigt Zeit“, erläutert der creditnet.at-Geschäftsführer. Das Geld bekommt man dann immer nur in Tranchen nach Baufortschritt. Was man noch beachten sollte, ist bei langfristigen Finanzierungen die Margen-Vereinbarung. „Immer häufiger werden die Margen nur auf eine bestimmte Laufzeit fixiert, danach muss man mit der eigenen Bank wieder ver-
handeln – das ist natürlich sehr schlecht“. Man sollte daher nur Kreditverträge eingehen, die die Margen über die gesamte Laufzeit garantieren, lautet der Experten-Tipp. „Auch wird bei langfristigen Finanzierungen immer häufiger die laufende Bewertung eingebaut. Das heißt, die Bank überprüft jedes oder jedes zweite Jahr die Immobilie auf Wertbeständigkeit - und die Kosten muss der Kunde tragen“. Paradies für Private
Bei Privaten gibt´s übrigens Kredite zu wahrhaft sensationellen Konditionen. „Aktuell liegt der Bestzins für variable Kredite bei 0,825 Prozent“, erläutert Maurer. Damit sind diese Konditionen seit mehreren Monaten unverändert. Bewegung kam allerdings in den Markt bei Krediten mit fixer Verzinsung: „Hier kann man aktuell bei einer Laufzeit von zehn Jahren mit 1,55 Prozent Zinsen rechnen. Bei einer fünfzehnjährigen Laufzeit sind es 1,7 Prozent und bei 20 Jahren 2,25 Prozent,
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Immobilienfinanzierung
„Der Markt geht von noch längerfristigeren Niedrigzinsen aus.“ Wolfgang Maurer
die man für die Zinslast aufbringen muss“, so Maurer. Übermäßige Hektik ist nicht angebracht, denn der creditnet.at – Geschäftsführer rechnet mit einem günstigen Umfeld bis Ende 2016: „Ziemlich sicher bleibt das Niveau aber auch noch das ganze Jahr 2017 günstig, weil die Swap - Sätze (also die Langfristzinsen; auf diesen Langfristzinssätzen bauen sich die Fixzinsen auf; Anm.) so niedrig sind wie noch nie - und sie sind in den letzten Monaten sogar noch weiter laufend gefallen“. Mit etwas Glück für neue Kreditnehmer und alle, die ans Umschulden denken, dauert die Entspannungsphase sogar noch etwas länger: „Der Markt geht von noch längerfristigeren Niedrigzinsen aus“, beschreibt Maurer die Lage. „Das kann bis 2018 und 2019 oder sogar auch bis ins Jahr 2020 so bleiben“. Fallen die Grenzen?
Maurer rät allen Bausparkunden, die noch im alten System gebunden sind, jetzt umzuschulden: „Die Zinsuntergrenze liegt hier bei drei Prozent, die Zinsobergrenze bei sechs Prozent. Nachdem die Bausparkassen entschieden haben, bei alten Bausparkunden – immerhin ein Volumen von 30 Milliarden Euro – nicht nachzugeben und die Untergrenze nicht zu öffnen, ist wohl eine Umschuldung fällig. Denn für den Neukunden ist die Untergrenze auf zwei Prozent gefallen.“ Der Geldbeutel wird durch eine Umschuldung jedenfalls nicht belastet, meint der Geschäftsführer von creditnet.at: „Mit einigen Instituten haben wir ausverhandelt, dass dies ohne neuerliche Eintragung ins Grundbuch durchzuführen ist (Der Fachbegriff dafür heißt „Forderungseinlösung“; Anm.). Beim neuen Kreditvertrag liegen die Zinsen dann bei 1,4 Prozent nominal als Untergrenze und bei 2,5 Prozent als Obergrenze auf 25 Jahre mit nur ganz geringen neuerlichen Kosten“. Bei den Bausparverträgen sind übrigens in den nächsten Monaten noch allerlei Umwälzungen zu erwarten. Zur Diskussion steht eine generelle Änderung der Ober- und Untergrenzen auch bei allen bestehenden Verträgen. n
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Die bewegte ImmoWirtschaft Regelmäßige Kolumne über Fakten und Inhalte, die verändern und prägen
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Die neue Eigenkapital-Finanzierung: Wie früher wird es nie mehr sein Kommentar: Philipp Kaufmann Herausgeber des ImmoFokus
n Unsere Immobilienbranche bewegt große Volumina an Geld. Gleichzeitig schaffen wir Werte und bieten interessante Möglichkeiten der Veranlagung an. Bisher war für Bauträger und Investoren die Immobilien-Finanzierung eine geradezu einfache Übung: mit einer stimmigen Kalkulation besuchte der Kapitalsuchende zwei oder drei Banken, ließ diese in einem Wettbewerb der Konditionen gegen einander antreten und arbeitete mit einem Institut zusammen. Damals, und wir können uns kaum mehr daran erinnern, war ein hoher Fremdkapitalanteil üblich. 80 oder 90 Prozent waren keine Seltenheit und viele Projekte wurden auch zur Gänze von Banken finanziert. Diese Zeiten sind vorbei! Heute ist die Finanzierung eine intensive und zeitraubende Aufgabe, wobei sich das Aufgabengebiet radikal verändert hat. Glücklich sind alle, die Eigenkapital haben und im Anschluss in Finanzierungsgespräche gehen können. 50 oder 60 Prozent LTV (Loan to Value) werden heute von Banken verlangt. Die Lösung: mehr Eigenkapital. Diese Anforderung ist einfach für alle börsennotierten Unternehmen oder Investoren, die genau darüber verfügen. Der klassische Bauträger stößt damit schnell an seine Grenzen und ist gefordert, neue Wege zu gehen. Persönlich kann ich nur empfehlen Investoren-Clubs zu initiieren oder auf einen Schwarm in der breiten Öffentlichkeit zu setzen. Bei beiden Vorgehensweisen ist es notwendig, die Organisation, die Unternehmenskultur, die Kalkulation und das Reporting investorentauglich zu machen; für viele eine neue Herausforderung. Auch ist ein gelebtes WerteManagement samt der Einhaltung ethischer Standards für mich eine Grundvoraussetzung. Genau dafür hat die ÖGNI Standards entwickelt, die jetzt der Branche helfen, diese Chance für mehr Eigenkapital zu nutzen.
Mit Crowd-Investing haben Unternehmen ein wunderbares Thema für ihre Öffentlichkeitsarbeit und können das Instrument für die Steigerung der Bekanntheit nutzen. Aber es gibt auch Einschränkungen: Für hoch riskante Projekte ist der Schwarm einfach nichts. Auch macht es keinen Sinn, dass ein Bürgermeister aus den Medien erfährt, was ein Projektentwickler plant. Vorreiter ist für mich die Plattform CONDA und das Thema wird uns in nächster Zeit begleiten – wir können gespannt sein, welche Projekte den Schwarm nutzen. Eines aber ist klar. Crowd hin oder her. Wir brauchen keine Schönwetter-Finanzierungen. Wir brauchen Finanzierungen, die auch bei Wind und Wetter halten.
Schwarm-Finanzierung oder Crowd-Investing ermöglicht es, fertige Immobilienprojekte mit mehr Eigenkapital auszustatten und im Anschluss das Bankgespräch zu suchen. Diese Form der Finanzierung wird nach der Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Immobilienbranche an Bedeutung gewinnen und bietet darüber hinaus völlig neue Chancen: Ich komme mit potentiellen Kunden in Kontakt. Gerade dies ist zB für touristische Projekte eine spannende Form, schon frühzeitig eine andere Form der Kundenbindung umzusetzen.
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Advertorial
s REAL Immobilien vertrieb 4.0 Immobilienvermarktung hat sich weiterentwickelt, ist über klassische Vermarktungswege hinaus gewachsen und bietet neue, kreative Ansätze. Die s REAL ist gerne innovativer Vorreiter und bereit, sich beim „Über-den-Tellerrand-Schauen“ über die Schulter blicken zu lassen.
Vorher
s REAL feiert heuer 35-jähriges Jubiläum und bietet somit langjährige Erfahrung und Marktkenntnis - essentielle Qualifikationen, um ein Projekt und dessen Erfolg richtig zu beurteilen! Ein hervorragendes Team ist für Frau Mag. Martina Hirsch, Leiterin des s REAL Bauträgervertriebs, unabdingbar. Mittlerweile arbeiten 10 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erfolgreich im s REAL Bauträgervertrieb. „Ein perfekter Grundriss für die ausgewählte Lage, marktgerechte Preisgestaltung und Kenntnis der Zielgruppe sind der Anfang einer Strategie, eines individuellen Brandings und der Herausarbeitung des Alleinstellungsmerkmals, also der Aspekte, die das Objekt zu etwas ganz Besonderem machen“, ist Frau Mag. Hirsch überzeugt.
FÜR DEN ERSTEN EINDRUCK GIBT ES KEINE ZWEITE CHANCE
Nachher
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Die lange Vermarktungsdauer eines Bauprojektes führt oft zu Problemen bei der Bewerbung, bedingt durch einen Mangel an wechselndem Bildmaterial. Frau Mag. Hirsch hat mit ihrem Team deshalb Lösungen erarbeitet, die bereits im Rohbau ein Arbeiten mit Wohlfühl-Stimmung ermöglichen. Perfektes Fotomaterial und Einrichtung eines Wohncontainers oder später einer Musterwohnung gehören zum Leistungsangebot, das der s REAL Bauträgervertrieb mit anbieten kann.
WE LIKE TO GO VIRAL Social Media Kanäle wie Facebook, Youtube und Co. eignen sich hervorragend, um Zielgruppen und deren Bedürfnisse besser kennen zu lernen. Als unterhaltende Dialogmedien bieten sie das Potential, Neukunden anzusprechen, vom eigenen Produkt zu überzeugen und langfristig zu binden. Ideale Voraussetzungen, um Immobilien zu vermarkten und neue Projekte bekannt zu machen. „Die s REAL hat dieses Potential früh erkannt, mittlerweile erreichen wir über 10.000 Follower und es werden täglich mehr,“ freut sich Frau Mag. Hirsch, „das ist ein großer Interessentenkreis, der bei der Vermarktung von Neubauprojekten den entscheidenden Vorteil bieten kann.“
DARF´S EIN BISSCHEN ANDERS SEIN? „Ja, wir wollen kreative Vermarktungsalternativen bieten“, schmunzelt Frau Mag. Hirsch, „herkömmliche Werbe- und Vertriebswege reichen nicht mehr aus, es zahlt sich aus, über den Tellerrand zu schauen.“ Passend zum Projekt und der jeweiligen Zielgruppe bietet s REAL deshalb ungewöhnliche Events an, um im Gespräch zu bleiben, und schafft so die Grundlage für aufmerksamkeitsstarke Öffentlichkeitsarbeit. n
Fotos: s Real Immobilien
WISSEN WIE!
Immobilienfinanzierung
Regulierung – aber gute Aussichten Wir sind wie unsere Kunden von den sich ständig verschärfenden Regulatorien betroffen. Dennoch sind wir für die Branche zuversichtlich und bestrebt, ein flexibler und nachhaltiger Partner zu bleiben, erklärt Michael Weitersberger, Raiffeisen Bank International im Interview mit dem ImmoFokus. Das Gespräch führte: Michael Neubauer
Die Krise scheint endgültig vorbei zu sein. Der Immobilienmaschine mangelt es nicht an Schmierstoff. Goldene Zeiten für gewerbliche Immobilienfinanzierer? Weitersberger. Die Aussichten sind gut. Eines steht allerdings fest: Der westeuropäische Markt ist nach 2008 deutlich kompetitiver geworden. Ein gutes Beispiel ist hier Deutschland, ein Markt, der deutlich im Kommen ist und in dem wir großes Potenzial sehen. Auch in unserem Heimmarkt Österreich und in Zentral- und Osteuropa (CEE) sind wir gut unterwegs. Dass der Markt in Russland und in der Ukraine aktuell mehr als schwierig ist, muss ich, so glaube ich, nicht extra betonen.
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Wie lange wird die Krise in Russland und der Ukraine Ihrer Meinung nach noch andauern? >> Die Einschätzung ist sehr schwierig. Da sind sich viele Experten nicht einig. Alle Parteien wären gut beraten, alles auf eine Deeskalation zu setzen. Das würde auch dem russischen Markt helfen. Auf den Punkt gebracht: Aktuell gibt es nur sehr eingeschränkte Finanzierungsvolumen in Russland und der Ukraine. Wo sehen Sie aktuell – neben Österreich und Deutschland – die besten Chancen für die RBI in der Immobilienfinanzierung? >> In den Niederlanden, Polen, der Tschechischen Republik, Rumänien und durchaus auch Serbien.
„Wir haben mit vielen Developern langjährige Beziehungen – und das soll auch so bleiben.“ Michael Weitersberger
Serbien? Ist der Markt nicht zu klein und vor allem aber – ist der Markt auch liquid genug? >> In Serbien ist es eine Frage des Scales. Viele unserer Kunden sind in Serbien – mit eben kleineren Projekten – aktiv. Ich sehe in Serbien keine 200 oder 400 Millionen Euro Single-Tickets. Ich sehe aber durchaus Tickets zwischen 15 und 40 Millionen Euro. Zurück zu Polen. Einige Marktteilnehmer sehen den polnischen Markt zunehmend kritisch, manche sprechen sogar von Überhitzung? >> Polen überhitzt? Das würde ich nicht sagen. Polen ist gut durch die Krise gekommen und hat ein vernünftiges Wachstum. Es stimmt, in Polen wird viel gebaut – nicht nur in Warschau, sondern auch in den Secondary Cities wie zum Beispiel Krakau, Breslau oder Posen. Stellt sich die Frage, ob Polen auch ein so liquider Markt wie Deutschland ist - vor allem zu dem Preis, den sich die Investoren vorstellen. Es gibt ja auch einen hohen Altbestand von 10, 15 Jahre alten Gebäuden, die auf den Preis drücken. Da stellt sich natürlich die Frage, was mit diesen Immobilien geschieht, die nur mit hohen CAPEX wieder markttauglich gemacht werden können.
Diese Markteinschätzung stimmt. Seit 2008 haben die Ticketgrößen abgenommen. Risikostreuung und Klumpenrisken sind für alle finanzierenden Banken große Themen geworden. Wir haben damit in der Immobilienfinanzierung bis zur Krise nie ein großes Thema gehabt. Aber natürlich, auch bei uns sind die Ticketgrößen zurückgegangen. Wir fühlen uns derzeit bei Volumen zwischen 20 und 100 Millionen Euro wohl. Die Regulatorien aber machen immer öfter eine Syndizierung notwendig. Eines darf ich aber unterstreichen: Wir haben auch am Höhepunkt der Krise um 2009 und 2010 Tickets gemacht. Wir waren und sind eine Relationship Bank – wir stehen zu unseren
Kunden. Die RBI ist nach wie vor eine Hausbank im klassischen Sinn. … und trotzdem können Sie – auch bei Ihren „Stammkunden“ - manche Vorhaben nicht zu 100 Prozent finanzieren? >> Wie gesagt, Richtlinien und Regelwerke engen unseren Handlungsspielraum ein. So darf das risk limit für jede Kundengruppe nur bestimmte Summen haben. Werden diese Grenzen überschritten, bedarf es Sondergenehmigungen und Erklärungen an den Regulator – was dazu führen kann, dass die Bank in eine schlechtere Ratingklasse abrutscht, und dies würde wieder die Refinanzierung verteuern. In diesen Fällen müssen wir eine Finanzierung
Apropos Ticketgröße. Viele Marktteilnehmer beklagen eine starke Risikoaversion der Banken. Die Tickets würden immer kleiner. Für Volumen, die früher von einer Bank allein gezeichnet wurden, brauche man aktuell zwei, drei Banken.
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Immobilienfinanzierung versuchen aber mit unserer hohen Qualität zu punkten. Versicherungen haben eine andere Anlagestrategie. Versicherungen wollen Core-Immobilien, Top Büros in Wien, Berlin, Hamburg oder Frankfurt. Sie dürfen auch zumeist nur ein bestimmtes Volumen in der Assetklasse Immobilien halten – ist das Level erreicht, werden sie als Investoren wieder vom Markt verschwinden. Das wird sich wieder einpendeln. Aktuell schlägt das Pendel Richtung stärkere Regulierung der Banken. Man kann natürlich sehr lange diskutieren, wieviel Regulierung notwendig ist . Eines steht fest: Nicht alle Investoren sind denselben Regulativen unterworfen. Es gibt Investoren, die keiner oder nur teilweise einer strikten Regulierung unterworfen sind. Das ist nicht nur unrealistisch, sondern marktverzerrend und wettbewerbswidrig. Meiner Meinung nach führt die Regulierung der Banken nur zu einer Verschiebung des Problems. Wie sehen Sie Crowdfunding? >> Eine Modeerscheinung. Interessant für kleinere Ticketgrößen. Für große Volumen nicht unbedingt geeignet.
ablehnen bzw. syndizieren, was uns natürlich bei Kunden, die bereits ein relativ großes Exposure haben, schwer fällt. Wir haben mit vielen Developern langjährige Beziehungen – und das soll auch so bleiben.. „Die letzte Finanzkrise ging von der Immobilienblase in den USA aus, die nächste wird durch die europäische Versicherungswirtschaft ausgelöst werden“, warnt der Finanzanalyst Antonio Sommese. Aufgrund der Ultraniedrigzinspolitik könnten die Lebensversicherungen ihre Renditeversprechungen immer weniger halten. Sie müssten daher zunehmend risikoreichere Investments tätigen. Eine neu verabschiedete Änderung der Anlageverordnung erleichtert deutschen Versicherungsunternehmen und Pensionsfonds umfangreichere Investments im Bereich Infrastruktur & erneuerbare Energien. Ein Schritt in die richtige
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Richtung? Muss man als Bank mehr Risiko nehmen, um im Geschäft zu bleiben? >> Immobilienfinanzierung ist mehr als Kreditvergabe. 0815–Finanzierungen – und das bitte ist nicht abwertend gemeint – wollen alle. Core Immobilien mit langfristigen Mietern, am besten noch aus staatsnahen Betrieben – ohne break option, also das vertraglich gesicherte Recht der Mieter/Vermieter in langfristigen Mietverträgen auf Sonderkündigung des gesamten Vertrages bzw. einzelner Bestandteile (z.B. eines Teils der Mietfläche). Bei diesen Finanzierungen ist der Wettbewerb am größten. Wir haben eine gewisse Größe und in vielen Märkten eine dominante Marktposition. Wir sind aber dem Wettbewerb stark ausgesetzt. Der Preis regiert das Geschäft. Wir liegen im Wettbewerb vielleicht den einen oder anderen Basispunkt höher als unsere Mitbewerber,
Entwicklung gewerbliche Immobilienfinanzierung? >> Betrachtet man das Volumen der RiskWeighted Assets (RWA), so sieht man über die vergangenen Jahre hinweg ein leichtes Wachstum. Wie man in der Bilanz sieht, kommt es immer wieder zu Verschiebungen. Zyklen überlagern sich. So konnten wir im letzten Jahr in Rumänien ein starkes Wachstum verzeichnen. In Russland und Ungarn waren die Währungseffekte hingegen dramatisch. Ein Treiber der Immobilienwirtschaft ist das aktuell niedrige Zinsumfeld. Kein Marktteilnehmer glaubt daran, dass die Zinsen noch lange so tief im Keller sein werden. Müssen wir in nächster Zukunft mit einem Zinsanstieg rechnen? >> Persönlich glaube ich, dass die Wirtschaft nicht darauf ausgerichtet sein kann, auf Sparguthaben nichts zu bekommen. Da geht es ja nicht nur um Sparguthaben, da geht es um Staatsgelder, um Pensionsgelder. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das noch lange so gehen wird. Unser Chefanalyst Peter Brezinschek rechnet damit, dass Anfang bis Mitte 2016 die Zinsen beim Eonia (Euro OverNight Index
Average) und Euribor (Euro Interbank Offered Rate) in Bewegung kommen werden.
Es soll sichergestellt werden, dass der Schuldendienst geleistet werden kann.
Wie stark könnten die Zinsen steigen? >> Das ist ein Blick in die Glaskugel. 4 oder 4,5 Prozent wie vor 2008 werden wir wohl auf längere Zeit nicht mehr sehen. Man darf auch nicht außer Acht lassen, welche Zinslast bei einem Anstieg auf 5 Prozent auf einmal über uns und über die Institutionen hereinbrechen würde. Es wird wohl nur mit einem moderaten Zinsanstieg gehen. Ich rechne mit einem halben bis einem ganzen Prozentpunkt.
Wie sieht es bei der RBI mit Kreditaus fällen in der gewerblichen Immobilien finanzierung aus? >> In der Vergangenheit sind wohl viele Vorhaben zu Parametern finanziert worden, wo nicht das Geringste schief gehen hat dürfen, damit sich die Rückzahlung ausgeht. Wir waren aber immer auf der konservativen Seite. Wir haben nie über 100 Prozent finanziert. Dafür waren und sind wir auch in der Branche bekannt. Daher haben sich auch unsere Probleme in der gewerblichen Immobilienfinanzierung in Grenzen gehalten. Die RBI hat in der österreichischen Immobilienfinanzierung seit über 15 Jahren keinen einzigen Ausfall zu verzeichnen gehabt. Das klingt jetzt sehr einfach, das war es aber nicht.
Was raten Sie ihren Kunden zur Zins- und Währungssicherung? >> Grundsätzlich bieten wir die gesamte Palette an. Vom klassischen Kredit mit Fixzins, über Cap/Swap-Konstruktionen und überlagerte Produkte. Da gibt es keine Lösung von der Stange, das wird individuell ausgehandelt. Ich sehe allerdings, dass viele Kunden zu Hedging greifen, die das früher nicht gemacht haben. Bei größeren Volumen bestehen wir auf dem Abschluss von Währungs- und Zinssicherungsinstrumenten. Dabei muss es nicht immer ein Swap sein. Es müssen auch nicht 100 Prozent der Kreditsumme abgesichert werden.
„Die Regulierung benachteligt die Banken gegenüber anderen Marktteilnehmern und ist daher eher eine Verschiebung des Problems. “
Auch in den andern Ländern haben unsere konservativen Richtlinien gegolten – und wurden natürlich auch eingehalten. Wenn es aber wie in der Ukraine zu Kriegsereignissen kommt, macht es keinen Unterschied, ob man konservativ und vorsichtig oder risikoreich und aggressiv finanziert hat. Im Krieg gibt es keinen Markt mehr. Dass es da zu Ausfällen kommen kann, liegt auf der Hand. n
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Immobilienfinanzierung
Showdown coming? Wirtschaftskrise. Nicht zufällig fiel die Banken-, Wirtschafts- und Staatsschuldenkrise ab dem Jahre 2007 in vielen süd- und westeuropäischen Ländern mit dem Erreichen einer kaum noch bedienbaren Überschuldung der Staatshaushalte und einer bedrohlichen Annäherung an die Grenze der steuerlichen Belastbarkeit der Staatsbürger zusammen. Autor: Manfred Wiltschnigg
D
ie bis dahin von den Regierungen zur Therapierung von Finanzierungsengpässen und Konjunkturschwächen inflationär eingesetzten finanz- und wirtschaftspolitischen Instrumentarien der Steuererhöhungen, des deficit spending und der Zinssenkungen waren angesichts leerer Staatskassen, eines schnell wachsenden Heeres von Arbeitslosen und eines verängstigten Mittelstands, der auf die ersten Anzeichen der beginnenden Wirtschaftskrise mit Konsumverzicht und steigender Sparquote reagierte, einerseits kaum verfügbar und andererseits nahezu wirkungslos. Die von den krisenhaften Entwicklungen offensichtlich unvorbereitet angetroffenen politischen Verantwortungsträger antworteten nach einer mehrjährigen „Schrecksekunde“ mit dem taktischen Einsatz selbst schwerer Waffen - man denke an die nonchalante Missachtung der No-Bail-Out-Clause, des Verbots der Staatenfinanzierung durch die EZB, und an Mario Draghis „Dicke Berta“. Ziel der Regierungen in den USA und der EU, ob sozialdemokratisch oder konservativ geführt, war und ist bis heute, den möglichen Verlust der Kontrolle über die gesamtwirtschaftlichen und politischen Entwicklungen möglichst weit in die Zukunft zu verschieben.
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Finanzierungszinsen nahe Nulll.
Was blieb, nachdem sich der Pulverdampf verzogen hatte, waren Finanzierungszinsen nahe Null, negative Einlagenzinsen und – vor allem in den USA und in Großbritannien als Folge des Quantitative Easing (QE) – eine Flut von „frischem Geld“. Die Geldmenge wächst weiterhin stark an und lag im Euroraum wie auch in den Vereinigten Staaten zuletzt um rund zehn Prozent über dem Vorjahresniveau. Schlechte Konjunkturdaten in den Vereinigten Staaten legen den Schluss nahe, dass die FED von der für 2015 geplanten Anhebung der Zinsen abgehen und weit eher ein neues Gelddruckprogramm (QE4) auflegen wird. Weitet man jedoch die Geldmenge in diesem Ausmaß aus, während die reale Wirtschaft in der EU im Jahre 2015 gemäß EZB um nur 1,5 Prozent wachsen wird, so muss das verbleibende Geld in den Kapitalmarkt und den Immobilienmarkt fließen. Hohe Liquidität in den Vereinigten Staaten und Europa, ein extrem niedriges Zinsniveau und Inflationsangst - bessere Bedingungen für das Neuerblühen der Immobilienmärkte und der Aktienmärkte sind kaum vorstellbar. Dazu kommt, dass viele Anleger die schwächelnden BRICS-Staaten meiden und die
exorbitanten Immobilienpreise in den großen Metropolen Asiens selbst Büromarktrenditen von nahe 4 Prozent in Europas Hauptstädten für Investoren aus Fernost noch attraktiv erscheinen lassen. Die Zinserwartung „lower for longer“ in Europa und den USA vergrößert die Chance auf eine anhaltende Yield-Compression in weiteren Märkten. Die Geschwindigkeit, mit der die Renditen sinken, sobald auch nur ein ernsthafter Investor Interesse signalisiert, ist überraschend. In vielen allgemein favorisierten Märkten verzeichnet man bereits heute eine enttäuschende Verknappung von „Prime Stock“. Selbst teure Städte sind leergekauft
Angesichts extrem hoher Nachfrage trotz Höchstpreisen ist leistbare Ware in London und Paris nicht mehr zu bekommen, selbst Dublin und Madrid gelten als leergekauft und teuer. Mehr und mehr rücken kleinere Städte und weniger attraktive Lagen in den Fokus. Daneben entwickelt sich ein verstärktes Interesse an alternativen Assetklassen, an valueadd-Investments und an Developments, seit kurzem wecken auch bisher strikt gemiedene Märkte wie etwa die Balkanstaaten und die West-Ukraine wieder das Interesse der Scouts.
errichtet, mangels neuer Nachfrage, dem bestehenden office-stock Mieter entziehen. Trotz steigenden Leerstands und - bei steigendem Flächenangebot – fallenden prime rents haben die Eigentümer dieser Objekte die zweifelhafte Genugtuung, angesichts ebenfalls stark fallender Yields dennoch Aufwertungsgewinne in ihre Bücher schreiben zu dürfen. Und ein zweites, schwer einzuschätzendes Risiko darf nicht unerwähnt bleiben: Sollten die Zinsen wieder steigen, drohen vielen allzu risikofreudigen, überwiegend fremdfinanzierenden Investoren, ambitionierten Immobilienentwicklern, aber auch privaten Wohnraumerrichtern und den wieder forsch finanzierenden Banken ernsthafte Probleme. Die niedrige Verzinsung, die langfristige Vergabe zu geringen Margen und die stark steigenden Volumina der Immobilienkredite, speziell im privaten Wohnungsbau, könnten sich für die finanzierenden Banken rasch zu einer erheblichen Belastung entwickeln. Kommunizierend zum Anstieg der Zinsen sinkt der Wert der die Kredite besichernden Immobilien, gleichzeitig steigen für die Banken die Kosten der Refinanzierung. Vor dem Platzen großer Blasen wird gewarnt
Die entscheidenden Antreiber für die großen Aktienindices wie auch für die Immobilienmärkte bleiben bei einem EU-weit äußerst geringen BIP-Wachstum allerdings nicht die positiven Geschäftsperspektiven der Unternehmen, sondern die Geldschwemme von EZB und FED. Dies führt dazu, dass gegenwärtig OfficeDevelopments in europäischen Hauptstädten bereits mit geringer Vorvermietung in forward deals platziert werden können und, einmal
Nicht ohne Grund warnten erst vor wenigen Tagen die Vorsitzenden einiger großer, international agierender Finanzunternehmen unter der Federführung des World Economic Forum vor den Gefahren des Platzens von Asset-Blasen und den unkontrollierbaren Folgen allzu großzügiger Kreditvergaben, wobei beispielhaft die internationalen Immobilienmärkte erwähnt werden, in denen die Finanzindustrie offenbar schon wieder klare Anzeichen einer Überhitzung bei hoher Schuldenlast erkennt.
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Immobilienfinanzierung
Schau genau! Die Banken beschäftigen sich, so Julius Gaugusch, VB Real Estate Services GmbH, konsequenter mit dem Risikomanagement. Sie achten heute deutlich stärker auf Vermietungsgrade sowie auf die Einkommen, die aus den Immobilien erzielbar sind. Das Gespräch führte: Patrick Baldia
„Es gibt aber nach wie vor Projekte, die sich erst in Zukunft als schlecht herausstellen werden.“ Julius Gaugusch, Geschäftsführung VB Real Estate Services GmbH
Wie leicht ist es heute für Immobilien gesellschaften, eine Kreditfinanzierung zu bekommen? Gaugusch. Die Bereitschaft, Entwicklungsprojekte zu finanzieren, hat insgesamt abgenommen. Für gute Projekte mit guten Vermietungsgraden wird es jedoch auch möglich sein, Kreditfinanzierungen zu bekommen. Es kommt dabei sehr auf den Standort und das jeweilige Land an, für das eine Finanzierung gemacht werden soll. Finanzierungen in Russland sind zu vergessen. Finanzierungen in Rumänien sind schwer zu bekommen, in Ungarn ebenso schwer. Leichter funktioniert es in Tschechien und Polen. Dass es in Deutschland, Österreich, Frankreich und Großbritannien ganz anders ausschaut, ist glaube ich klar. Wichtig ist auch die Vermarktbarkeit des Objekts, ob man also leichter einen Käufer findet. Bei Spezialimmobilien sind die Möglichkeiten, Kredite zu bekommen, sicherlich noch schwieriger.
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Wie sollte sich eine Immobiliengesellschaft für den Banktermin vorbereiten? >> Wichtig ist es für Immobiliengesellschaften, die Sinnhaftigkeit ihrer Projekte zu dokumentieren. Dabei geht es darum, die langfristige Erfolgsträchtigkeit des Projektes und damit die Finanzierungsfähigkeit darzulegen. Gibt es etwa langfristige Mietverträge, die abgeschlossen sind oder sich in Zukunft abzeichnen? Weitere Fragen sind, welche Qualität der Standort eines Projektes hat, wie veräußerbar ein Objekt ist, d.h. wie leicht verwertbar die Sicherheiten sind, welcher Sponsor hinter dem Projekt steht und ob es genügend Nachweise für seinen Erfolg gibt. Wie gehen die Banken heute das Thema Risikomanagement an? >> Das Know-how der Banken ist spezifischer geworden. Heute beschäftigen sie sich konsequenter mit dem Risikomanagement. Sie achten heute deutlich stärker auf Vermietungsgrade sowie auf die Einkommen, die aus den Immobilien heraus erzielbar sind. Haben die Banken deshalb ihre personellen Ressourcen verstärkt? >> Da das Volumen an Neufinanzierungen vor einigen Jahren höher war, ist der Bedarf der Banken an neuen Mitarbeitern nicht gestiegen. Sehr wohl gestiegen ist jedoch der Bedarf an spezialisierten Personen, die im Work-Out-Bereich tätig sind – also Experten, die sich mit der Verwertung von Immobilienfinanzierungen beschäftigen, wo ein spezielles Knowhow über
die unterschiedlichen rechtlichen Situationen in den verschiedenen Ländern gefragt ist und wo das immobilienspezifische betriebswirtschaftliche Knowhow von besonderer Bedeutung ist.
fixe Zinskonditionen auszuverhandeln oder ein Swapgeschäft zu machen, wie mit einem Zinsswap, der langfristig gleichbleibende Zinsen sicherstellt.
Welche Rolle spielt heute überhaupt Fremdkapital? >> Die Bedeutung von Eigen- und Fremdkapital ist generell wichtiger geworden. Gute Projekte finanzierbar zu machen, ist heute möglich und war auch früher möglich. Weniger gute Projekte finanzierbar zu machen, ist schwieriger geworden. Es gibt aber nach wie vor Projekte, die sich erst in Zukunft als schlecht herausstellen werden.
Wie sehen das die Banken? >> Die Banken haben natürlich auch das Zinsrisiko des Kunden zu beachten und sind angeleitet, auf entsprechende Zinsabsicherungen Bedacht zu nehmen. Auch ein gutes Projekt könnte bei einer nachteiligen Zinsentwicklung potenziell gefährdet dastehen. Daher ist es aus Sicht der Banken nicht nur sinnvoll und zweckmäßig, sondern teilweise notwendig, auf die Zinsabsicherungsinstrumente zu achten.
Welche Maßnahmen zur Absicherung des Zinsrisikos sind derzeit sinnvoll? >> Eine langfristige Finanzierung zu variablen Zinsen birgt das Risiko in sich, dass die Zinssätze wieder ansteigen. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie beim heutigen Zinsniveau weiter sinken, ist nicht so groß. Geht man davon aus, dass sie steigen, hat man das Risiko, dass der Zinsaufwand wesentlich höher wird, als er heute ist. Dementsprechend ist es aus Sicht der Immobilienunternehmen zweckmäßig,
Wie schaut es in diesem Zusammenhang mit Währungen aus? >> Für Währungen gilt das Gleiche. Hat man etwa ein Projekt, bei dem man Mieteinnahmen in tschechischen Kronen hat, ist es zweckmäßig, den Kredit in der gleichen Währung zu machen. Sind die Mieteinnahmen in Euro, dann macht auch in Osteuropa ein Eurokredit Sinn. Weniger Sinn macht es, einen Kredit in Schweizer Franken aufzunehmen, wenn die Mieteinnahmen nicht in Schweizer Franken sind.
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Immobilienfinanzierung
Welche Rolle spielen heute Sicherheiten insgesamt bei Kreditfinanzierungen? >> Der Loan to Value als Kennzahl, in welchem Ausmaß die Bank einen Kredit in Relation zum Wert einer Immobilie vergibt, hat sich deutlich vermindert – sprich: die Bedeutung von adäquaten Sicherheiten hat zugenommen. Banken sind jedenfalls auch gut beraten, auf entsprechende Sicherheiten Bedacht zu nehmen und vor allem hinsichtlich der Bewertung zu überlegen, welche Sicherheiten in welchem Ausmaß gegeben sind. Hier hat sich im Zuge der Krise gezeigt, dass die Volatilität von Grundstücksbewertungen in vielen Teilen Osteuropas recht hoch gewesen ist. Daher ist man heute wahrscheinlich etwas vorsichtiger als in der Vergangenheit. Wie werden sich Ihrer Meinung nach die Margen der Banken entwickeln? >> Dass die Margen aus Bankensicht in den letzten Jahren gestiegen sind, ist bekannt. In den letzten ein, zwei Jahren haben sie sich nicht mehr sehr bewegt. Es ist nicht zu erwarten, dass sich diese Situation für Immobilienunternehmen so schnell verbessern wird. Das derzeitige Margenniveau wird meiner Meinung nach auch in der nächsten Zeit bleiben und noch stärker von der Qualität der Projekte abhängig sein.
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„Alternative Finanzierungs formen werden ein Nischenthema bleiben.“ Könnten künftig alternative Finanzierungsformen wie das Crowdfunding für Immobiliengesellschaften an Bedeutung gewinnen? >> Alternative Finanzierungsformen stellen eher eine Ausnahme dar. Einige Immobilienunternehmen emittieren Anleihen oder versuchen, über Immobilienfinanzierungsmodelle Eigenkapitalgeber zu finden, was auch nichts Neues ist. Ich glaube nicht, dass sich daran viel ändern wird. Alternative Finanzierungsformen werden in der Immobilienbranche ein Nischenthema bleiben. Der klassische Bankkredit wird auch in Zukunft ein wichtiges Instrument für die Finanzierung von Projekten bleiben. n
NEU
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Seit Lehman ist alles anders Kommentar: Peter Engert Corsor GmbH
n Die Zeiten haben sich gewandelt. Was für ein Finanzierungseldorado hat sich in der Immobilienbranche in der ersten Dekade des 21. Jahrhunderts aufgetan! „Geld muss arbeiten, um Ertrag zu bringen“ war der Schlachtruf der Banken und dementsprechend wurden die Kunden höchstmöglich finanziert. Gerade in der Immobilienbranche trieben die Finanzierungsmodelle seltsame Blüten. Projektfinanzierung ohne Eigenkapital? Kein Problem! Forward-Purchase? Kein Problem! Ein Spekulationsgeschäft. In Wirklichkeit aber wurde es im großen Stil angeboten. Lage entscheidet? Vollkommen egal. Das Wachstum endet sowieso nie, daher werden die Umfahrungen sämtlicher Kuhdörfer mit Fachmarktzentren zugepflastert, zum kurzfristigen Glück des jeweiligen Bürgermeisters. Dass er einige Jahre später die Verödung der Dorfzentren und damit der Nahversorgung beklagen und sich an die Spitze der Protestbewegung gegen das Fachmarktzentrum setzten wird, ist ihm natürlich noch nicht bewusst. Und dem Projektentwickler und der finanzierenden Bank ist es egal. Es ist ja ein kurzfristig gutes Geschäft. Und heute? Alles ist anders, gerade in Österreich hat der Finanzierung Suchende oftmals den Eindruck, als sei „Nichts geht mehr“ der Schlachtruf der Banken. Nur mehr der private Wohn- und Häuselbau und exquisite Projekte werden finanziert und das mit hohen Eigenkapitalanteilen. Die Banken sind übervorsichtig geworden und oftmals mit Recht. Die Wirtschaftskrise hat kaum jemand vorhergesehen und daher waren die Maßstäbe der Risikobeurteilung auf Rezession nicht eingestellt. Oft wurden die Risikomanager vor 2008 vom Vertrieb ob ihrer strengen Maßstäbe gescholten – die Wirklichkeit war aber noch viel düsterer, als es sich die Risikomanager je ausgemalt haben. Und heute gibt es kaum jemanden, der ein Ende der Krise vorhersieht – einmal abgesehen von katholisch gewordenen Menschen, die gerne die Bibel und ihren 7-Jahres-Zyklus zitieren. Österreichische Banken sind im Vergleich zu ihrer Größe in einem viel höheren Ausmaß als alle anderen europäischen Banken in Osteuropa engagiert. Und Osteuropa wurde, mit Ausnahme Polens, von der Wirtschaftskrise schwer gebeutelt. Der Russland-Ukraine-Konflikt mit den Sanktionen und dem Bürgerkrieg in der Ukraine erhöht das Risiko des
Engagements in diesen Ländern zusätzlich. Die Vorsorgen für Kreditausfälle steigen weiter und verzehren Eigenkapital. Seit dem Urteil gegen Ex-Hypo-Banker Wolfgang Kulterer in der Causa „Styrian Spirit“ fährt der Tatbestand der Untreue bei jedem Entscheidungsträger und jeder Entscheidung ins Unterbewusstsein. Auch wenn der Herr Justizminister mittlerweile versucht, zu reparieren was zu reparieren ist, wird jede Entscheidung kompliziert, muss abgesichert werden, es werden Experten beschäftigt und Gutachten beschafft. Ein Vergleich aus einer Verhandlung heraus, schnell, effizient und für alle Beteiligten erfolgreich? Nicht mehr vorstellbar, da dieser Vergleich jederzeit eine gute Basis für eine Untreue-Klage enttäuschter Aktionäre bietet. Aber nun hat die EZB die Gelddruckmaschine angeworfen und überschwemmt den Markt mit Liquidität – die Banken müssen sie nur mehr verteilen. Alles wird gut? Leider nicht in Österreich. Unsere Banken bekommen auch Liquidität von der EZB, daran mangelt es nicht. Es mangelt am Eigenkapital, das zu großen Teilen langfristig in Osteuropa gebunden ist. Mit Basel 4 wird die Verknappung des Eigenkapitals der österreichischen Banken noch schärfer. Die Lösung: unsere Banken geben die Liquidität der EZB nicht an die Kunden weiter, sondern kaufen damit Staatsanleihen. Staatsanleihen kosten kein Eigenkapital, bringen einen kleinen Ertrag und sind leicht zu administrieren. Es wird nichts werden mit dem Öffnen der Geldhähne wie vor 2008. Es werden also weiterhin nur hochwertige Projekte finanziert werden. Die Projektentwickler werden Eigenkapital beibringen müssen, denn sonst geht gar nichts. Aufgrund der Entwicklung der Nachhaltigkeit gibt es weitere Restriktionen (sagen die einen) bzw. Verbesserungen (sagen die anderen): Vermeidung von zusätzlichem Bodenverbrauch durch die Nutzung alter Bausubstanz, Betrachtung des Lebenszyklus von Gebäuden, Verwendung recyclebarer Baustoffe, etc. Aber wie sagt ein weiser Mensch nach 2008: Dass wir leben, ist nicht am Wachstum zu sehen, sondern an der Veränderung!
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Wenn die Masse kauft Crowdfunding ist nach Ansicht von Experten nicht mehr aufzuhalten. Immer mehr wird über die Masse finanziert, zunehmend auch Immobilien. Die Spielregeln sind klar und eindeutig. Wer sich allerdings nicht an die Regeln hält, hat ganz schlechte Karten in diesem enorm boomenden Markt. Autor: Walter Senk
S
eit rund vier Jahren leidet der USamerikanische Bundesstaat Kalifornien unter einer beispiellosen Dürre. Der erste Schritt war eine Einsparung des Wasserverbrauchs, aber auch das wird langfristig nur eine beschränkte Lösung sein. Jetzt ließ der Schauspieler William Shatner – bekannt als Captain Kirk aus der Serie Raumschiff Enterprise – aufhorchen. Über die Crowdfunding-Plattform Kickstarter will der 84-jährige versuchen, 30 Milliarden Dollar für den Bau einer Süßwasserpipeline aufzustellen. Die Pipeline soll vom regenreichen Norden in die trockenen Gebiete Kaliforniens führen.
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Üblicherweise bewegen sich die auf Kickstarter präsentierten Projekte in Bereichen deutlich unter einer Million Dollar. Der Schauspieler meint seinen Vorschlag zwar ernst, bleibt aber realistisch. 30 Milliarden Dollar sind sehr viel Geld und für Crowdfunding-Plattformen eine noch nie da gewesene Dimension, aber Shatner ist ja schon mit „seinem“ Raumschiff in Galaxien vorgedrungen, die noch nie ein Mensch zuvor gesehen hat. Wie so oft ist es vielleicht nur noch eine Frage der Zeit, bis sich auch solche Projekte umsetzen lassen.
Alternative Asset Class Returns – 5 Years 45%
30%
15%
0%
-15%
2010
2011
2012
2013
Private Equity
Global Equity
Aggregate (HF Agg.)
Equity Market Neutral
MLPs
Hedge Fund Indices Include Distressed & Restructuring
Private Macro
Merger Arbitrage
Real Estate
Relative Value
2014
Quelle: Massolution
100.000 bis 25 Millionen Dollar
Bis dato bäckt man noch kleinere Brötchen. Laut dem „Crowdfunding Real Estate Report 2014“ der US-Firma Massolution, ein Unternehmen, das sich auf Research und Beratung im Bereich „Crowdfunding“ spezialisiert hat, lagen die Summen der Projekte im vergangenen Jahr zwischen weniger als 100.000 Dollar und knapp über 25 Millionen. Das Potential dieser alternativen Finanzierungsform zeigt sich aber in der Wachstumsrate von 156 Prozent weltweit für Immobilien-Crowdfunding. 2014 wurde die Milliardenmarke geknackt. 2015 rechnet das Unternehmen damit, dass in den USA Immobilien um 1,4 Milliarden per Crowdfunding finanziert werden, und auch in Europa könnte dieses Jahr mit einer Milliarde Dollar ein sensationelles Ergebnis verzeichnet werden. Das wäre eine weitere 150-prozentige Steigerung. Damit wäre Immobilien-Crowdfunding eines der schnellst wachsenden Segmente im Bereich alternative Finanzierung.
Foto: EY
Wohin sich der Markt noch bewegen kann, sieht man, wenn man den Gesamtmarkt für Crowdfunding betrachtet. Die Experten von Massolution Research rechnen damit, dass sich das gesamte weltweite über Crowdfunding aufgebrachte Volumen 2015 auf 34,4 Milliarden US-Dollar erhöhen und sich damit
gegenüber 2014 (Volumen von 16 Milliarden Dollar) mehr als verdoppeln wird. Schon 2014 hat sich das Volumen gegenüber dem Jahr 2013 (6,1 Milliarden US Dollar) verdreifacht. Das starke Wachstum im vergangenen Jahr ist zum großen Teil durch die Zunahme der Aktivitäten im asiatischen Raum bedingt.
„Alternative Finanzierungsformen verzeichnen in einigen Ländern Europas spektakuläre Wachstumsraten.“ Georg von Pföstl, Geschäftsführer Financial Services Advisory EY Österreich
Beteiligung für alle möglich
Einen wesentlichen Grund für diesen enormen Aufschwung erklärt die österreichische Crowdfunding Expertin Elfriede Sixt: „Crowdfunding führt zu einer Demokratisierung und es können plötzlich viele Leute in Unternehmen oder Immobilien investieren, was ihnen vorher nicht möglich war und nur einer ausgewählten Schicht vorbehalten blieb.“ Schon mit zweistelligen Eurobeträgen ist man dabei und kann damit sein Geld besser splitten. Und die Investoren können selbstbestimmt entscheiden, in welche Projekte sie ihr Vermögen investieren. Der Faktor „Selbstbestimmung“ ist einer der ganz wesentlichen für die junge Internet-Generation. Ein weiteres schlagendes Argument: Auf der Bank gibt es ohnehin keine Zinsen mehr. Die Renditen selbst sind von den einzelnen Projekten abhängig. Österreich und Europa
Während Crowdfunding in Österreich erst in den Startlöchern steht, sind in anderen europäischen Ländern schon zahlreiche Plattformen im Netz. Insgesamt ist der europäische Markt für alternative Finanzierungen 2014 um 144 Prozent auf 2,96 Milliarden Euro gewachsen. Georg von Pföstl, Geschäftsführer Financial Services Advisory bei EY Österreich: „Alternative Finanzierungsformen verzeich-
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Immobilienfinanzierung Real Estate Crowdfunding Volumen weltweit Equity-based
Lending-based
Royalty-based
Hybrid $ 2.57bn
$ 2,5bn
Total Funding Volume
$ 2bn $ 1,5bn $ 1.89bn
$ 1.014bn
$ 1bn
$ 750m
Crowdfunding für Immobilien
$ 768.1m
$ 500m
$ 396.4m
$ 19.1m
$0
$ 503.2m $ 159.3m
$ 250m
2012
2013
$ 218.2m
$ 187.4m
$ 1.7m $ 17.1m
$ 16.6m $ 42.2m
2014
$ 60.1m $ 120.8m
2015
Quelle: Massolution
2012 $ 19.1m
nen in einigen Ländern Europas spektakuläre Wachstumsraten. Allerdings müssen diese vor dem Hintergrund des niedrigen Ausgangslevels betrachtet werden.“ Das aber rasant steigt, denn für 2015 wird ein Zuwachs auf über sieben Milliarden Euro erwartet. Großbritannien an erster Stelle ...
Am stärksten verankert sind alternative Finanzierungsformen mit Abstand in Großbritannien: 2014 wurden hier rund 2,34 Milliarden Euro – und damit 80 Prozent des europäischen Gesamtvolumens – lukriert. Mit großem Abstand folgen Frankreich (154 Millionen Euro), Deutschland (140 Millionen Euro), Schweden (107 Millionen Euro) und die Niederlande (78 Millionen Euro). Das ist das Ergebnis der ersten europaweiten Analyse von alternativen Finanzierungen, dem „Moving Mainstream: The European Alternative Finance Benchmarking Report“. Die von der international tätigen Prüfungs- und Beratungsorganisation EY in Zusammenarbeit mit dem „Cambridge Centre for Alternative Finance“ durchgeführte Studie beinhaltet die Daten von 16 Ländern und 255 führenden Online-Plattformen in Europa. Da-
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wenn man vergleicht, welche Summen Banken eigentlich umsetzen. „Die alternativen Finanzierungen beginnen aber, wenn auch derzeit noch begrenzt, den Banken immer mehr wegzuknabbern“, erklärt Steven Cinelli, leitender Wissenschaftler bei Massolution Research. Dass es mehr wird, daran besteht kein Zweifel. Die Banken wurden und werden im Zuge der Finanzkrise von den Menschen immer kritischer betrachtet. Zudem sind die Zinsen der Banken nicht nur schlecht, sondern auch unsicher. Da lockt ein Angebot mit 4-6 Prozent Rendite schon eher – vor allem bei einem geringen Einsatz und der Möglichkeit des Splittens.
$ 7.0m $ 4.7m $ 0.33m Prozent des $ 7.0m
Zurück zu den Immobilien. Finanziert wird weltweit praktisch alles, was sich finanzieren und für die Crowd als Investitionsobjekt darstellen lässt. Speziell aber erwarten die Experten von Massolution, dass sich die Nachfrage nach Retail- und Industrieimmobilien gleich um 250 Prozent steigern könnte. In England, Holland oder Deutschland gibt es dafür entsprechende Anbieter, wie zum Beispiel die beiden englischen Plattformen www.propertycrowd.com, www.apieceoflondon.co.uk oder die deutschen exporo.de, companisto. com oder kapitalfreunde.de. Die Massolu-
mit deckt die Erhebung 85 bis 90 europäischen Marktes ab. Zu dem Österreich zwar geografisch gehört, aber nicht wirklich mitgespielt. ... Österreich weit hinten
Österreich belegt bei alternativen Finanzierungen über Online-Plattformen europaweit einen der hinteren Plätze: Insgesamt wurden im vergangenen Jahr lediglich 3,6 Millionen Euro an Kapital lukriert. Damit haben die Österreicher pro Kopf nur 0,4 Euro zur Verfügung gestellt. Zum Vergleich: Der europäische Schnitt liegt bei 5,1 Euro, die Bürger Großbritanniens haben im letzten Jahr durchschnittlich 36 Euro alternativ investiert. Der große Vorsprung des Vereinigten Königreichs erklärt sich auch durch die Anzahl an Online-Plattformen: Im UK gibt es davon 65 und damit fast doppelt so viele wie im zweitplatzierten Spanien, das auf 34 Plattformen kommt. Trotz dieser massiven Zunahme befindet sich Crowdfunding erst im Promillebereich,
„Crowdfunding ermöglicht den Sprung weg von alten Eigentumsmodellen hin zu neuen Konzepten und Marktplätzen auf der ganzen Welt“. Carl Esposti, CEO von Massolution
tion–Researcher haben bei ihren Erhebungen festgestellt, dass dank der Technik und des Internets immer mehr globale ImmobilienPlattformen entstehen. Wenn man die kurze Zeit bedenkt, in der sich diese Anlageform entwickelt hat – natürlich auch auf Grund der immer besseren Technik – dann sieht man das unglaubliche Potential dieses Marktes.
„Die alternativen Finanzierungen beginnen den Banken immer mehr weg zuknabbern.“ Steven Cinelli, Massolution Research
Projekten. Die etablierten, professionellen Betreiber haben die Erfahrung gemacht, dass Kunden wieder bei ihnen „einkaufen“, wenn die angebotenen Projekte passen und vor allem das Angebot transparent ist. Transparenz ist überhaupt eines der zentralen Themen für die Investoren. Je transparenter und übersichtlicher, desto mehr Kunden – beziehungsweise desto besser die Kundenbindung. Die Plattformen selbst haben durch „Stammkunden“ die Chance auf „geringeres Risiko und nachhaltiges Wachstum“, so Scott Picken, Gründer und CEO von Wealth Migrate, einer der weltweit Top 10 Immobilien-Crowdfunding-Plattformen. In die Gegenrichtung geht es aber auch: Wer nicht transparent ist und/oder mit falschen Tatsachen wirbt, der ist schnell weg vom Fenster. „Es gibt kaum eine kritischere Kudenschicht als die Crowd. Im Internet kann ein einzelner Kunde für sehr viel Unruhe sorgen. Die Kommunikation ist schneller, spontaner und direkter und so ein Shitstorm kann zum Beispiel einem Plattformbetreiber viele Schwierigkeiten bereiten“, erklärt Sixt.
„Plattformen haben durch Stammkunden Chancen auf geringeres Risiko und nachhaltiges Wachstum.“ Scott Picken, Gründer und CEO von Wealth Migrate
Blick in die Zukunft
Die Experten sprechen hier von einem absoluten Zukunftsmarkt, jenseits eines „Trends“. Carl Esposti, Gründer und CEO von Massolution, formuliert es so: „Der Schnittpunkt zwischen Immobilie und Crowdfunding ermöglicht einen enormen Sprung weg von den alten Eigentumsmodellen hin zu neuen Konzepten und Marktplätzen auf der ganzen Welt. Investoren auf der ganzen Welt haben die Chance zu profitieren.“ Das eigene Crowdfunding-Portfolio
Foto: Fotolia
Die fortgeschrittenen und etablierten Plattformen in Europa und vor allem in den USA haben mittlerweile schon begonnen, ihre eigenen Portfolios zu entwickeln. Die Crowd muss nicht mehr das Netz durchforsten, um das zu veranlagende Kapital zu streuen, sondern kann sich auf der Webseite ihres Vertrauens ein eigenes Portfolio zusammen stellen. Bei den besonders fortschrittlichen Plattformen bekommt der Kunde beim Öffnen der Webseite nicht neue Projekte präsentiert, sondern sein bis dato erstelltes Portfolio und den aktuellen Status quo der einzelnen Projekte – dann geht es erst weiter zu den neuen
Stand die Idee des Kaufens und Verkaufens – also die eigentliche Form einer Finanzierung – anfangs im Vordergrund, so zeichnet sich international auch die Strategie des „Buy and hold“ ab. Kaufen und im Bestand halten, sprich vermieten. Neuerdings beginnen sich auch Großinvestoren für diese Form der Finanzierung und Kundengewinnung zu interessieren. Heute geht es zwar „noch“ um Immobilien, aber der Vorstoß des Schauspielers William Shatner mit der Pipeline für Kalifornien zeigt bereits in Richtung Infrastrukturprojekte. Was dem Crowdfunding einen weiteren Schub verpassen wird, ist die Tatsache, dass die junge Generation, die mit dem Internet aufgewachsen ist, die Spielregeln innerhalb des Systems besser versteht. Es ist zu erwarten, dass diese Form des Investments noch weite Kreise zieht und sich neue Berufssparten entwickeln werden. Diese haben im Fall von Immobilien-Crowdfunding einerseits mit technischen Berufen zu tun, andererseits aber auch mit Berufen, Möglichkeiten und Wirtschaftszweigen in der Immobilienwirtschaft. n
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Aufbruch zu neuen Ufern Schwarmfinanzierung. Dass Crowdfunding auch für Immobilien eine glorreiche Zukunft vor sich hat, davon zeigt sich Expertin Elfriede Sixt im Interview mit dem ImmoFokus überzeugt. Im Juni könnten wir in Österreich schon ein entsprechendes Gesetz haben. Wie alltagstauglich das Gesetz ist, wird sich herausstellen, doch scheint man auf einem guten Weg zu sein. Das Gespräch führte: Walter Senk
Seit wann beschäftigen Sie sich mit Crowdfunding? Elfriede Sixt. Ich betreue seit 15 Jahren Startup-Unternehmen und im Zuge dessen begann ich mich im Jahr 2010 auch für alternative Finanzierungsmöglichkeiten zu interessieren. Damals war die Szene noch sehr klein, ich hatte vor allem Kontakt zur deutschen Crowdfundingszene wie Jens-Uwe Sauer, der dann die bis dato wohl erfolgreichste CrowdinvestingPlattform in Dresden, Deutschland, www. seedmatch.de gegründet hat, oder Denis Bartelt, der die deutsche Reward-basierende Crowdfunding-Plattform www.startnext.de gestartet hat. So lernte ich auch Karsten Wenzlaff, ikosom Berlin, kennen, auf dessen Initiative wir das German Crowdfunding Network 2014 gegründet haben. Ich betreibe zu dem Thema auch einen eigenen Blog (www.ebit4u.com), habe im Springer Gabler Fachverlag Ende 2014 das Buch „Schwarmökonomie und Crowdfunding“ publiziert und habe die FinTech Academy (www.fintech.academy) zwecks Lobbying zu diesem Thema gegründet. Wie hat sich die Geschäftsidee „Crowdfunding“ entwickelt? >> Möglich geworden ist das Phänomen Crowdfunding wohl vor allem durch die neuen verfügbaren technischen Kommunikations- und Vernetzungsmöglichkeiten des Web 2.0. Die Idee des Mitmachgedankens im Web 2.0 resultiert in einer neuen Form der Mündigkeit und Selbstverantwortung der Menschen. Das zeigt sich auch in der großen Anzahl der Kollektivprojekte im Internet wie Wikipedia, der Content Communities, beispielsweise YouTube, oder auch der vielen Einzelblogs.
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„Möglich geworden ist das Phänomen Crowdfunding durch neue verfügbare technische Kommunikationsund Vernetzungsmöglichkeiten des Web 2.0.“
Der Trend begann 2006 ausgehend von den Vereinigten Staaten mit den P2P und P2C Crowdlending-Plattformen. Dabei vergeben Privatpersonen an Privatpersonen oder Kleinunternehmen Kleinkredite ohne Involvierung von Mittelsmännern. Eine jüngere Entwicklung sind auch Immobilien-Crowdfunding-Plattformen. Bei dieser Art des Crowdfundings geht es um die Finanzierung von meist kommerziellen Immobilienprojekten. Gibt es bereits Erfahrungsberichte zu den Immobilienplattformen? >> Bei den Immobilien-Crowdlending-Plattformen gibt es aufgrund der erst kurzen Historie dieser Plattformen noch nicht viele Berichte über etwaige Misserfolge, Ausfallswahrscheinlichkeiten usw. Interessanterweise sind jedoch auf den US und UK Lending-Plattformen die Kreditausfallsraten sehr, sehr gering. Das liegt auch daran, dass einerseits der Ausleseprozess der Plattformbetreiber sehr intensiv ist und andererseits Transparenz das oberste Gebot darstellt. Jeder Kreditgeber entscheidet selbst, ob er höhere Zinsen erhalten will und damit ein höheres Risiko in Kauf nimmt. Das hat sehr viel mit Eigenverantwortung zu tun, ein Wesenszug, der bei der jungen Internet-Generation immer stärker wird. Die Zinserträge liegen übrigens zwischen 4 und 15 Prozent auf diesen Plattformen, sind also schon wesentlich höher als die Habenzinsen, die momentan von den Banken geboten werden. Was macht Crowdfunding so populär? >> Es ist einmal sicher ein emotionales Thema, die Leute wollen Sachen, die sie gut finden, unterstützen. Weiters führt Crowdfunding zu
einer Demokratisierung: Anlagemöglichkeiten in Start-ups oder Immobilienprojekte oder auch simples Mäzenatentum durch Förderung eines Künstlers waren bis vor einigen Jahren nur einer begrenzten Bevölkerungsschicht vorbehalten und sind nun mittels Crowdfundings auch einer größeren Bevölkerungsschicht zugänglich. Und zu guter Letzt natürlich auch der Renditegedanke: Die Zinsen auf Guthaben bei der Bank sind momentan äußerst gering, die verschiedenen Formen des Crowdfundings bieten attraktive Renditen. Mittel- und langfristig ist das meiner Meinung nach das richtige Kon-
zept, wie man Ideen oder Projekte, natürlich auch Immobilienprojekte, finanzieren kann. Mittlerweile gibt es ja auch in Europa immer mehr Plattformen, die Crowdfunding für Immobilien anbieten. Das Wachstum dieser Plattformen ist enorm. Wie ist der Status Quo in Österreich bezüglich Crowdfunding? >> Es gibt einen auch im internationalen Vergleich sehr interessanten Gesetzesentwurf für ein Crowdfunding- bzw. Alternativfinanzierungsgesetz (AltFG), bis Juni diesen Jahres soll das Gesetz beschlossen werden. Der Entwurf ist speziell im Vergleich zum deutschen Kleinanlegerschutzgesetz als innovativ zu betrachten. Positiv ist sicher die Anhebung des Finanzierungsvolumens von 1 auf 1,5 Millionen Euro. Bis zu diesem Betrag reicht die Veröffentlichung eines Informationsblattes über das Unternehmen. Positiv sehe ich auch die Möglichkeit der Erstellung eines vereinfachten Prospektes für Crowdfundinginitiativen, die 1,5 bis 5 Millionen Euro betragen. Erst ab 5 Millionen Euro gilt es, ein vollumfängliches Prospekt zu erstellen. Positiv speziell im Vergleich zu Deutschland ist auch die Berücksichtigung von Crowdinvestingkampagnen, die ohne Involvierung einer Plattform durchgeführt werden. Das haben wir sicher Heini Staudinger oder auch Kuno Haas von der Grünen Erde zu verdanken, die ja sehr erfolgreich viel Geld auf diese Weise für ihre Unternehmen lukrierten. Es gibt aber auch ein paar Dinge zu diskutieren. Welche meinen Sie dabei konkret? >> Zu diskutieren ist die vorgesehene Notwendigkeit der Kohärenz-, Vollständigkeits- und
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Immobilienfinanzierung CROWDFUNDING KURZ ERKLÄRT:
SPENDEN
IDEE
CROWDFUNDING
PROJEKT
Bei Crowdfunding handelt es sich um eine Finanzierungsart durch eine Vielzahl von Personen unter Nutzung des Internets. Die Investoren beteiligen sich jeweils mit einem geringen finanziellen Anteil an einem Vorhaben. Die dadurch erzielten Einnahmen sind an die jeweilige Aktion oder Immobilie zweckgebunden. Der Finanzierungszeitraum ist zeitlich begrenzt festgelegt und erst nach Erreichen des vorgesehenen Mindestkapitals wird das Projekt gestartet, sonst werden die Investitionen wieder an die Unterstützer rückbezahlt. Im Falle des Erreichens des Mindestkapitals werden bei erfolgreicher Projektumsetzung Gegenleistungen - sogenannte Prämien - an die Investoren ausgegeben. Diese Gegenleistungen können unter anderem in Form von Geld, Rechten oder Sachleistungen erfolgen.
Verständlichkeitsprüfung des zu erstellenden Informationsblattes durch einen Wirtschaftstreuhänder, Rechtsanwalt, Unternehmensoder Vermögensberater bzw. der alternative Abschluss einer Versicherung. Das führt einerseits zu zusätzlichen Kosten einer Crowdfundingkampagne und andererseits sehe ich da viel Diskussionspotential innerhalb der Berufsstände, was zu einer Verzögerung der Gesetzwerdung führen könnte. Die Prüfungspflicht durch diese Berufsgruppen besteht auch hinsichtlich der Gehaltsnachweise jener Investoren, die die Anlagegrenze von 5.000 Euro im Jahr überschreiten wollen. Es bleibt zu hoffen, dass diesbezüglich tatsächlich reine „Auskunftstatbestände“ vorliegen. Ein weiterer Punkt, der mir auch hinsichtlich der weiteren Entwicklung des Crowdfundings nicht zielführend erscheint, ist der geforderte Identitätsnachweis jedes Investors unabhängig
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von der Höhe seines Investments. Ich verstehe, dass hier vor allem die Geldwäschebestimmungen und die KYC-Regelungen Berücksichtigung finden, aber es wird im Internet von den Nutzern immer mehr Wert auf Anonymität gelegt und bis zu einem gewissen Grad (abhängig von der Höhe des Anlagebetrages) sollte das auch Beachtung finden. Für die Emission von Aktien und Anleihen muss man bereits ab 250.000 Euro ein vereinfachtes Prospekt erstellen, hier gelten die erleichternden Vorschriften hinsichtlich Informationsblatt nicht, was meines Erachtens nach sehr schade ist. Gerade die Fungibilität der Aktien und der Anleihen hat ihre Vorteile, denn ein noch ungelöstes Thema des Crowdinvestings ist der Sekundärmarkt für die über die Crowdinvesting-Plattformen erworbenen partiarischen Darlehen oder Genussscheine.
Dieser Vorschlag im Gesetzesentwurf, dass bei Projekten bis zu 1,5 Millionen Euro lediglich ein Informationsblatt notwendig ist und bis 5 Millionen ein vereinfachtes Prospekt, ist das nicht ein bisschen wenig Information für die Investoren? >> Nein, es entspricht – wie schon erwähnt – dem Gedanken der Eigenverantwortung und auch dem Gedanken der Schwarmintelligenz. So eine Due Diligence eines auf einer Webseite veröffentlichten Projektes durch die vielen Menschen, die im Web sind, kann durchaus sehr kritisch sein. Viele Investoren sind viel technikaffiner als Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte, insofern kann man der Crowd schon ein ganzes Stück Vertrauen entgegenbringen. Onlinekäufer sind eine viel kritischere Käuferschicht als es die früheren Versandhandelskunden waren, deren Beschwerden im Rundlauf gelandet sind. Im Internet kann ein einzelner unzufriedener Kunde schnell für sehr viel Unruhe sorgen. Die Kommunikation ist schneller, spontaner und direkter und so ein Shitstorm kann Unternehmen viele Schwierigkeiten bereiten. Außerdem ist bei all diesen CrowdfundingProjekten – egal welcher Art – die Transparenz entscheidend. Darin liegt der Erfolg. Umgelegt auf Immobilien-Crowdfunding müssen bei einem solchen Projekt sämtliche Details über das Projekt selbst sowie über die Projektbetreiber, die Projektkalkulation, sonstige Finanzierungspartner usw. offengelegt werden. Erfolg oder Misserfolg eines CrowdfundingProjektes ist häufig abhängig vom Grad der Transparenz. Welchen Stellenwert hat Technologie? >> Die technische Ausgestaltung der Plattformen ist wesentlich und wird langfristig auch über den Erfolg und Misserfolg der Plattformen entscheiden. Insofern sind die US-Plattformen, die Millionen von Wachstumsfinanzierungen bekommen haben, sicher im Vorteil. Die Plattformen dienen als Kommunikationsinstrument zwischen den Projektbetreibern und ihren Investoren. Die Investoren können bei Immobilien-Crowdfunding-Projekten den Baufortschritt beobachten und sich auf Foren, welche viele Plattformen hierfür bieten, untereinander austauschen. Einige Plattformen bieten sogar bereits Portfoliosysteme, auf denen die Investoren die Entwicklung ihrer jeweiligen Investments verfolgen können. Auch Sekundärmärkte entwickeln sich auf diesen Plattformen.
Welche Chancen geben Sie Crowdfunding in Österreich? >> Lassen sie es mich so formulieren: Das in Europa erfolgreichste Land in Bezug auf Crowdfunding ist England und zwar deswegen, weil diese alternative Finanzierungsform bereits sehr früh von der Regierung forciert und auch finanziell unterstützt wurde. Es wurden auch sehr schnell die rechtlichen Rahmenbedingungen geschaffen, die es ermöglichten, dass sich eine sehr lebendige Crowdfundingszene mit beachtlichem Erfolg innerhalb weniger Jahre entwickeln konnte. Ein wichtiger Erfolgsfaktor dabei ist sicher auch die vorteilhafte steuerliche Gesetzgebung für Risikoinvestitionen in Start-ups. Mit dem Seed Enterprise Investment Scheme (SEIS) können Investoren 50 Prozent der in-
vestierten Summe als Gutschrift auf die Einkommensteuer geltend machen. Leider ist so eine Regelung nicht vorgesehen im geplanten Crowdfunding-Gesetz. In Österreich sehe ich große Chancen im regionalen Crowdfunding. Was verstehen Sie darunter? >> Die Tendenz geht dahin, dass die Leute immer selbstbestimmter über ihr Umfeld entscheiden möchten. Zum Beispiel, dass der Greißler im Grätzel erhalten bleibt und einen Kredit bekommt, oder der Schuster. Oder auch, dass sie mitbestimmen wollen, ob in ihrer unmittelbaren Umgebung renoviert wird oder eine neue Wohnanlage entsteht. In den USA gibt es da schon viele Beispiele: Die Bewohner
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Immobilienfinanzierung wollen, dass ein Gebäude in ihrer Straße nicht verfällt. Jemand hat eine Idee dazu, das Gebäude wird über Crowdfunding gekauft und einer neuen Nutzung zugeführt. Einer kann es nicht kaufen, aber die Masse schon. Ähnliche Ansätze gibt es ja bereits in Österreich. In welchem Zusammenhang? >> Ferienhäuser aus den 60er und 70er Jahren, gebaut von deutschen Touristen, deren Nachkommenschaft ihren Urlaub lieber auf den Maledivien oder den Seychellen als auf einem beschaulichen österreichischen Bauerndorf verbringen wollen, verfallen faktisch und führen zu Geistersiedlungen in ehemals lebendigen österreichischen Touristengebieten. Ich wurde von den Verantwortlichen in diesen Tourismusgebieten kontaktiert, ob man nicht die Häuser über Crowdfunding kaufen kann, um sie dann einer alternativen Nutzung zuzu-
führen. Diesem regionalen Crowdfunding sage ich in Österreich eine große Zukunft voraus. Die Leute werden eigenverantwortlicher und sie wollen mitbestimmen, was in ihrer Umgebung passiert. Das Web ermöglicht die Mitbestimmung? >> Natürlich. Mitreden und die Meinung bekunden ist über das Internet leicht möglich. Das ist der Trend und die jungen Leute, die mit dem Internet aufgewachsen sind, werden Crowdfunding richtig groß machen. Wir stehen erst am Anfang einer sehr interessanten Entwicklung und sind noch in einem Promillebereich, wenn man sieht, was vergleichsweise die Banken bewegen, aber sie sehen ja auch international, wie hoch die Zuwachsraten sind. Für heimische Projektentwickler ist das eine komplett neue Welt. Man muss mit den Dingen umgehen lernen.
Planen Sie selbst eine Plattform mit ihrer langen Erfahrung? >> Ich unterstütze mit meinem Know-how schon länger Plattformen und versuche auch, durch Veranstaltungen Know-how aufzubauen. Beispielsweise planen wir ein weiteres Crowdfunding-Symposium Ende September in Wien mit dem Juridicum Wien und dem German Crowdfunding Network. Was ich persönlich interessant finden würde, wäre der Aufbau einer Immobilienplattform für Zentral- und Osteuropa. Ich glaube, dass es genügend potentielle Investoren geben würde, Leute, die schon immer in Immobilien investieren wollten, aber denen es aufgrund der damit verbundenen teilweise exorbitanten Kosten ganz einfach zu teuer war. Entscheidend ist aber, dass man die Erfahrungen nützt und Konzepte anbietet, die international erfolgreich sind. n
DIE GESCHICHTE DES CROWDFUNDING: Der Trend begann 2006 ausgehend von den Vereinigten Staaten mit den P2P und P2C Crowdlending-Plattformen (Privatpersonen vergeben an Privatpersonen oder Kleinunternehmen Kleinkredite ohne Involvierung von Mittelsmännern). Die großen Reward-based Crowdfunding-Plattformen wie Kickstarter und Indiegogo wurden dann 2008/2009 gegründet. Der rasche Erfolg und das immense Wachstum dieser Plattformen in den Folgejahren war sicher auch Konsequenz der Bankenkrise 2008. Diese Krise schädigte einerseits das Vertrauen der Menschen in die Bankenlandschaft massiv und sorgte andererseits dafür, dass die Finanzierung für Einzelunternehmer, Kleinunternehmen und innovative Unternehmen immer schwieriger, wenn nicht unmöglich wurde. Daher wurden alternative Finanzierungsmöglichkeiten wie Crowdlending oder Reward-basierendes Crowdfunding immer populärer. Ausgehend von den Vereinigten Staaten von Amerika entwickelten sich dann weltweit, jeweils abhängig von den gesetzlichen Regelungen des einzelnen Landes, entsprechende Plattformen. Momentan spricht man bereits von über 800 Plattformen global. Themen der letzten Jahre sind u.a. insbesondere die Regulierung der Crowdinvesting-Plattformen. Sowohl in den USA als auch in den europäischen Ländern gibt es eine historisch lange Tradition des Gedankens des starken Anlegerschutzes, der auch bei dieser neuen alternativen Finanzierungsform beachtet werden muss. Ein jüngerer Trend sind auch Immobilien-Crowdfunding-Plattformen. Bei dieser Art des Crowdfundings geht es um die Finanzierung von meist kommerziellen Immobilienprojekten. Also Privatpersonen finanzieren gemeinsam über Kurz-, Mittel-, oder Langfristkredite mit/oder ohne Banken bzw. mit/oder ohne Projektfinanzierer spezielle ihnen auf einer Webseite transparent dargestellte Immobilienprojekte.
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Crowdfunding für Immobilienprojekte – Fluch oder Segen? Kommentar: Daniel Horak CONDA
n Beschäftigt man sich mit dem Thema Crowdfunding bzw. Schwarmfinanzierung so muss man zunächst mit einer Begriffsdefinition beginnen, denn aktuell werden hier die unterschiedlichsten Varianten synonym verwendet. Im Großen und Ganzen lassen sich hier vier Varianten unterscheiden:
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Donation based: Es werden spenden über Plattformen abgewickelt, der Spender erhält meist nichts.
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Reward-based: das Geld wird dem Projekt/ der Person zur Realisierung eines Vorhabens quasi geschenkt, der Unterstützer erhält im Gegenzug irgendeine Art an Dankeschön – eine Unterschrift, ein Tshirt oder aber das fertige Produkt.
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Lending-based: der Investor gibt dem Unternehmen/der Person einen Kredit bzw. ein Darlehn
•
Equity-based: die Investoren werden meist am Erfolgt des Unternehmens und am Risiko – ähnlich einem Gesellschafter – beteiligt.
lienplattformen – welche ganz unterschiedliche Fokussierungen und Beteiligungsarten mit sich bringen. Es zeigt sich hier weltweit durchaus ein erhöhtes Potential und auch eine starke Nachfrage auf Seite der (Crowd-)Investoren. Doch egal ob als neue Finanzierungsvariante für Immobilien, Startups oder KMU ist eine Charakteristikum für alle zutreffend – Crowdinvesting steckt gesamthaft betrachtet noch in den Kinderschuhen. Mittel- bis langfristig kann es sich als echte Finanzierungsergänzung (nicht –ersatz) am Markt durchsetzen, wenn sowohl Crowdinvesting-Plattformen, Immobilienentwickler, Investoren und Politik ihre Hausaufgaben machen und die gesamtökonomische Chance erkennen.
Fotos: www.conda.at
Alle Varianten verbindet die Grundidee, dass nicht ein Investor oder Spender eine große Summe beisteuert, sondern dass viele Menschen kleine Beträge einbringen, welche gesamt auch wieder eine erhebliche Summe darstellen. Ursprünglich in den USA entstanden entwickelt sich der Crowdfunding-Markt weltweit äußerst dynamisch mit Wachstumsraten von +150% und mehr. Viele themenspezifische Plattformen entstanden und besonders in den letzten Jahren auch diverse Immobi-
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Die Kreditklemme – das Phantomproblem Kommentar: Reinhard Krémer
n Österreich ist ein Land mit kleinen Strukturen - und kleinen Unternehmen. Dazu gibt es von der Wirtschaftskammer reichlich Zahlen: In etwa 406.000 Unternehmen halten die Alpenrepublik am Laufen.
Mit ein Grund ist die Kreditklemme, die es offiziell ja gar nicht gibt, wie weitsichtige Banker gebetsmühlenartig immer wieder vor sich her brabbeln. So lange, bis sie es vielleicht sogar selber glauben.
Rund 98 Prozent davon sind kleine und mittlere Unternehmen, im Fachjargon so genannte „KMU“, in der Größe von nur einem bis maximal 49 Beschäftigten.
Zur Gewissenserforschung: Haben Sie als Unternehmer und nicht zur Klasse der „Supertanker“ zählend in letzter Zeit schon einmal versucht, einen Kredit für Ihre Firma zu bekommen? Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit haben Sie da Ihre blauen Wunder erlebt. Und mit der gleichen Wahrscheinlichkeit lässt sich sagen: Solange die Kreditvergabe nicht funktioniert, wird das Werkel nicht laufen. Besonders in Österreich, wo die Strukturen - siehe oben - klein sind und besonders auch Bauunternehmen bereits leiden, wenn sie 20.000, 30.000 Euro nicht bekommen, ist das für viele ein herber Schlag in die Magengrube. Denn, wie EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker richtig feststellte, steckt nicht nur Österreich, sondern ganz Europa in einer Investitionsfalle.
Diese KMU sind aber die Säulen der österreichischen Wirtschaft und tragen mit über 1,4 Millionen unselbständig Beschäftigten und mit mehr als 400 Milliarden Euro Umsatz zu rund 63 Prozent des gesamten Umsatzes der gewerblichen Wirtschaft bei. Mit 58 Prozent ist der Anteil an Einpersonenunternehmen (EPU) in der heimischen Unternehmerlandschaft besonders hoch. Das Durchschnittsalter von EPU liegt bei 45 Jahren und sie sind interessanterweise in etwa halbe halbe auf beide Geschlechter aufgeteilt: Der Frauenanteil liegt nämlich bei 48 Prozent.
Im Klartext: Firmen geben kein Geld aus.
Nur zur Vervollständigung des Bildes: Pro Jahr werden in Österreich auch an die 25.000 neue Unternehmen gegründet oder übernommen. So weit also die nackte Statistik.
So lange also keine Investitionen stattfinden, für die es nun einmal vor allem in einem „kleinteiligen“ Land meist ohne eine willige Bank absolut nicht geht, regiert Stillstand die Wirtschaft.
Was jedoch kein Zahlenwerk zeigt, ist, wie oft gerade diese „Kleinen“ beim Gang zur Bank um einen Kredit auf die Nase gefallen sind. Nirgends steht vermerkt, wie groß der Frust und die Verbitterung bei jedem vergeblichen Bittgang und Klinkenputzen waren. Und auch wenn die Statistik hier schweigt: Irgendwo muß schließlich der Hund begraben sein, wenn Deutschlands Konjunktur der heimischen davonzieht.
Ein Ausweg aus der - nicht existenten - Kreditklemme wäre die massive Stärkung des Austria Wirtschaftsservice (AWS), der Förderbank des Bundes, die dann endlich richtige Geldströme fließen lassen könnte - ein mehr als willkommener warmer Sommerregen für die Wirtschaft. Oder die Banken entdecken endlich ihre wahre Funktion in der Gesellschaft wieder …
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Immo-Service
Protest – nicht mit mir! Rebellion der Kleinen. Eine Änderung der Tarif- und Produktpolitik bei ImmobilienScout lässt bei den Maklern die Wogen hochgehen. Autor: Michael Neubauer
I „Jetzt muss ich - ob ich
will oder nicht - ein Produkt, das ich nicht will, dazu buchen.“ Elisabeth Rohr, Elisabeth Rohr Real Estate
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ch habe gekündigt. Das lasse ich mir nicht bieten. Ja, ich habe meinen Vertrag bei ImmobilienScout gekündigt“, formuliert Elisabeth Rist auf Anfrage des ImmoFokus scharf. Was ist geschehen? Vor rund einem Jahr hat die Immo-Plattform ImmobilienScout24 den unmittelbaren Konkurrenten Immobilien.net übernommen. Damit gingen zwei der größten Immobilienplattformen Österreichs zusammen. ImmobilienScout24 Geschäftsführer Patrick Schenner betonte bei der Übernahme, dass beide Marken – und damit Plattformen - erhalten bleiben sollen. ImmobilienScout24, das zur gleichnamigen deutschen Gruppe gehört, verzeichnete zum Zeitpunkt der Übernahme in Österreich rund 760 Makler und 500.000 Immobiliensuchende mit 875.000 Visits pro Monat, Immobilien.net hingegen auf seiner Plattform über 1.000 Makler bei 340.000 Immobiliensuchenden und 700.000 Visits pro Monat.
Nun flatterte vor einigen Wochen allen ImmobilienScout24 und immobilien.net Kunden in Österreich ein Brief mit einer – sofern man den Vertrag nicht aufkündigt – automatischen Vertragsänderung ins Haus. Der wesentliche Punkt: Es ist nicht mehr möglich, nur eine Plattform zu buchen. Auf den Punkt gebracht: Entweder beide Plattformen oder keine. „Wer bereits beide Plattformen gebucht hatte, kommt im neuen Tarifmodell günstiger weg, diejenigen, die nur eine Plattform gebucht hatten, werden nun deutlich stärker zur Kasse gebeten“, so Rist. Zudem kämen über immobilien.net deutlich weniger Anfragen herein. Wie Rist ist auch Immobilienmaklerin Elisabeth Rohr, Elisabeth Rohr Real Estate, von der Vorgehensweise irritiert. „Ich habe mich bereits lange vor der Übernahme von immobilien.net durch ImmobilienScout bewusst gegen immobilien.net entschieden, da ich
mit den Dienstleistungen und der Tarifpolitik nicht einverstanden war. Jetzt muss ich - ob ich will oder nicht - ein Produkt, das ich nicht will, dazu buchen.“ Ein Dorn im Auge war der Immobilienexpertin auch, dass sie innerhalb einer äußerst kurz bemessenen Antwortfrist beide Produkte hätte kündigen können, dies aber aufgrund der starken Marktposition von ImmobilienScout unternehmerisch nicht sinnvoll gewesen sei. Dies wären Geschäftspraktiken, die sie ablehne. ImmobilienScout nutze seine marktdominierende Stellung am Rücken der kleinen Makler aus. Rohr betont im Gespräch mit dem ImmoFokus, dass sie diese Aussagen als Maklerin und nicht in ihrer Funktion als ÖVI-Vizepräsidentin treffe. Wie viele Makler diese Vorgehensweise betreffe bzw. wie viele Makler sich beim ÖVI bereits beschwert hätten, wisse sie nicht, allerdings hätten sie sehr viele kleine Unternehmen persönlich kontaktiert, für die die Preispolitik wirtschaftlich schwer verkraftbar sei. Leider waren weder ÖVI-Präsident Georg Flödl noch der ÖVI-Geschäftsführer Anton Holzapfel oder ÖVI-Maklersprecherin Sandra Bauernfeind bereit, eine Stellungnahme abzugeben. Patrick Schenner kann die Kritik nicht nachvollziehen. „In Summe gibt die Immobilienwirtschaft 40 Millionen Euro fürs Marketing aus. 24 Millionen gehen in Printwerbung, nur 13 Millionen in den Bereich online. Die meisten Anfragen aber kommen aus dem Internet.“ Die Tarif- und Produktreform sei notwendig geworden, um sie der aktuellen Lage anzupassen. „Wir hatten auf beiden Plattformen zu viele Produkte und Tarife – das ist jetzt bereinigt.“ Dass die Makler jetzt aber wesentlich mehr zahlen müssten, stimme nicht. „Das sind maximal 10 Prozent.
„Viele, vor allem kleine Makler, haben
jahrelang Tarife, die weit unter dem Listenpreis lagen, bezahlt.“ Patrick Schenner, Geschäftsführer, ImmobilienScout24
Dafür sind die Angebote jetzt auf zwei Plattformen“, so Schenner und rechnet gleich vor. „Früher hat einer in einem Tarif 249 Euro für immobilien.net und 150 Euro für Immoscout bezahlt – zusammen also knapp 500. Jetzt bekommt er das Paket um 269 Euro“. Dass es im Einzelfall zu deutlich höheren Preissteigerungen gekommen sein könne, will Schenner nicht ausschließen. „Viele, vor allem kleine Makler, haben jahrelang Tarife, die weit unter dem Listenpreis lagen, bezahlt. Diese wurden nun auf den Tarif angehoben.“ Da könne die Erhöhung dann auch schon einmal 30 oder 40 Prozent ausgemacht haben, will Schenner gar nicht bestreiten. Dafür bekommen diese auch einiges geboten. „Wir sind mit rund 80 Prozent Marktabdeckung absoluter Marktführer. Je nach Monat haben wir bis zu 2 Millionen Visits pro Monat. Das kann sich schon sehen lassen.“ Welche Plattform kann das bieten? Dass man über die Kleinen drüberfahre und zu knapp bemessene Fristen setze, will sich Schenner nicht gefallen lassen. „Wir haben uns mit den meisten unserer rund 1650 Makler bereits geeinigt.“ Mit einigen Maklern müsse man noch Gespräche führen. „Wir reden und suchen eine Lösung – auch wenn die Frist schon abgelaufen ist.“ n
„Herr Dr. Patrick Schenner und Immobilien Scout Österreich GmbH begehren die Veröffentlichung folgender GEGENDARSTELLUNG: In der Ausgabe „Sommer 2015“ des Magazins „ImmoFokus“ wird Herr Dr. Patrick Schenner als Geschäftsführer von ImmobilienScout24 auf Seite 51 mit dem Satz „Wir sind mit rund 80 Prozent Marktabdeckung absoluter Marktführer.“ zitiert. Dieses Zitat gibt die diesbezügliche Aussage von Herrn Dr. Patrick Schenner über ImmobilienScout24 unrichtig wieder. Tatsächlich hat Herr Dr. Patrick Schenner zugunsten ImmobilienScout24 nicht eine generelle, gegenüber allen Mitbewerbern bestehende Marktführerschaft im Hinblick auf die Marktabdeckung behauptet, sondern lediglich eine Marktführer schaft hinsichtlich der Marktab d eckung gegenüber zwei konkreten Mitbewerbern (Wohnnet und Immodirekt).“
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Immobilienfinanzierung
Billiges Geld Die Bonität macht den Preis. Das niedrige Zinsumfeld schlägt auch auf Wandelschuldverschreibungen und Anleihen durch. Passt die Bonität, müssen die Emittenten kaum mehr als zwei, drei Prozent anbieten. Autor: Patrick Baldia
E „In zwei Jahren haben wir eine Kündigungsmöglichkeit, dann ist das Kapitel Genussscheine erledigt.“ Ernst Vejdovszky, S Immo CEO
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s gab schon einmal schlechtere Zeiten für Immobiliengesellschaften, die Anleihen emittieren möchten. Kaum je zuvor konnten sie sich so günstig von Investoren Geld holen. Mitte April hat etwa Grand City Properties einen 400-Millionen-Euro-Bond mit einer Laufzeit von zehn Jahren platziert. Der Immobilienkonzern mit Sitz in Luxemburg, der auf Wohnimmobilien in deutschen Ballungsräumen spezialisiert ist, musste Investoren einen Kupon von nicht mehr als 1,5 Prozent zahlen. Detail am Rande: Im Residential Bereich liegen die Mietrenditen in Deutschland momentan zwischen 6 und 9 Prozent. Ähnliche Beispiele gibt es derzeit zur Genüge. Die heimische CA Immo hat – ebenfalls im April – eine 7-jährige Anleihe mit einem für das Unternehmen günstigen Kupon von 2,75 Prozent emittiert. Kurz darauf folgte die S Immo mit einem Papier mit einer Verzinsung von 3,25 Prozent. „Früher hätten wir Investoren einen Kupon von 5,5 Prozent bieten müssen“, so S Immo CEO Ernst Vejdovszky.
„Vor allem börsennotierte Immobiliengesellschaften sind zu regelrechten Serientätern geworden“, so Christian Temmel, Experte für Kapitalmarktrecht und Partner bei DLA Piper, zur derzeit regen Emissionstätigkeit als Folge des niedrigen Zinsniveaus. Allein die S Immo hat seit dem Vorjahr nicht weniger als vier Unternehmensanleihen an der Wiener Börse platziert. „Das Emissionsprogramm ist vorerst abgeschlossen“, so Vejdovszky. Wie Temmel richtig anmerkt, wurden allerdings nicht nur neue Anleihen begeben, viele Emittenten haben Investoren auch Umtäusche in neuere Titel mit geringerer Verzinsung und neuen Laufzeiten angeboten, was auch viele Anleger angenommen haben. „Damit kann sicher gestellt werden, dass man als Anleger auch künftig in einer Anleihe des jeweiligen Emittenten investiert ist“, erklärt Temmel. Keine Mitspracherechte
Für die Unternehmen liegen die Vorteile auf der Hand: Sie können ihren Finanzierungs-
„Börsenotierte Immobiliengesellschaften sind zu regelrechten Serientätern geworden.“ Christian Temmel, Experte für Kapitalmarktrecht und Partner bei DLA Piper
mix zu günstigen Konditionen diversifizieren und müssen Anlegern dafür keinerlei Mitspracherechte zugestehen. Egal, ob an der Wiener Börse oder anderswo in Europa, für Anleihenemissionen gelten jedenfalls besondere branchenspezifische Vorgaben. „Die Emittenten müssen im Rahmen eines öffentlichen Angebots einen Kapitalmarktprospekt erstellen und für das Immobilienvermögen Bewertungsgutachten vorlegen, die nicht älter als 12 Monate sind“, erklärt Temmel. Sonst gebe es durchaus Unterschiede zwischen den Emissionsorten. Im Gegensatz zu Österreich wären auf internationaler Ebene bei fast jeder Anleihe bzw. großen Emissionen so genannte Financial Convenants üblich. Dabei handelt es sich um zusätzliche Vertragsklauseln, die den Emittenten dazu verpflichten, bestimmte Finanzkennzahlen einzuhalten – wie etwa eine bestimmte Verschuldungsquote nicht zu überschreiten. Im Falle einer Verletzung ist der Investor dazu berechtigt, das Instrument zu kündigen. Cross-Default-Klausel mit mehr Drohpotenzial
Fotos: S IMMO, fotoschoerg
Auf internationaler Ebene wird auch ein Cross Default anders geregelt. Kann etwa ein Emittent eine andere Verbindlichkeit, die nicht mit dem betreffenden Wertpapier zusammenhängt, nicht bedienen, so liegt automatisch ein Kündigungsgrund vor. „Damit ist mit der Cross-Default-Klausel auch deutlich mehr Drohpotenzial verbunden“, sagt Temmel. In Österreich liege hingegen nur dann ein Cross Default vor, wenn auch rechtskräftig festge-
stellt werde, dass anderen Verbindlichkeiten nicht nachgekommen werden könne. „Das kann hierzulande bekanntlich seine Zeit dauern“, so der Kapitalmarktrechtsexperte. Ein weiteres österreichisches Kuriosum, das sich herausgebildet habe, sei, dass Anleihen hier generell sehr günstig wären. Nachsatz: „In Deutschland ist der Kupon im Durchschnitt um 1 bis 1,5 Prozent höher, wenn nicht sogar 2 Prozent.“ Ein Schritt in die Öffentlichkeit
Ob der Kapitalmarkt eine gangbare Alternative ist, hängt für Stephan Pachinger, Kapitalmarktrechtsexperte und Rechtsanwalt bei Freshfields Bruckhaus Deringer, letztlich von einer Vielzahl von Faktoren ab. „Die Größe des betreffenden Unternehmens ist ebenso entscheidend, wie die Frage, ob man sich den kapitalmarktrechtlichen Regelungen und der damit verbundenen Öffentlichkeitswirkung aussetzen möchte“, meint er. Aber auch die anfallenden Kosten sollte man berücksichtigen. Will man etwa eine Unternehmensanleihe emittieren, so müssten die Provisionen für die emissionsbegleitenden Banken, die Kosten für Anwälte und Wirtschaftsprüfer, die mit der Erstellung des Kapitalmarktprospekts betraut sind, sowie die Kosten für börserechtliche Folgeverpflichtungen – wie etwa Ad-hoc-Veröffentlichungspflichten – in die Überlegungen mit einbezogen werden. Das Fazit des Experten: „Unternehmen, die bereits am Kapitalmarkt sind, haben sicherlich einen Startvorteil, um kurzfristig Kapital aufzunehmen.“
„Das Unternehmen muss sich die Frage stellen, ob man sich den kapitalmarktrechtlichen Regelungen und der damit verbundenen Öffentlichkeitswirkung aussetzen möchte.“ Stephan Pachinger, Freshfields Bruckhaus Deringer
Zielgruppe genau definieren
Zu weiteren wichtigen Fragen aus Sicht des Emittenten zählt Pachinger neben dem aktuellen Zinsumfeld die unternehmensinterne Liquiditätsplanung sowie die Nachfrage der Investoren. Stichwort: Investoren. Unternehmen, die eine Anleihe begeben möchten, müssen sich auch genau überlegen, wen sie damit ansprechen wollen. Gehören zur erklärten Zielgruppe Institutionelle wie Versicherungen und Pensionsfonds, so können durchaus höhere Stückelungen emittiert werden. Will man
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Immobilienfinanzierung
„Auch Unternehmen ohne Investment Grade Rating müssen derzeit nicht mehr 6 bis 7 Prozent zahlen, sondern meistens unter 3 Prozent.“ Paul Hoffmann, Manager des Convertinvest Global Convertible Properties
hingegen Retailinvestoren ansprechen, so gilt es, sich auf geringere Beträge zu beschränken. Das war etwa bei der im Februar emittierten Unternehmensanleihe 2015-2022 der CA Immo der Fall, wo sich die kleinste handelbare Nominalwert-Einheit auf 500 Euro belief. Basisprospekte mit mehr Flexibilität
Eine Möglichkeit, den Kapitalmarkt kurzfristig anzuzapfen, stellen auch Basisprospekte dar. „Der Basisprospekt ist – vereinfacht
„Genussscheine werden von vielen Investoren nicht nur als zu teuer, sondern auch als unkalkulierbares Risiko eingestuft.“ Martin Rupp, Fondsmanager bei der 3 Banken-Generali Investmentgesellschaft
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gesprochen – 12 Monate gültig und bietet die Möglichkeit, verschiedene Instrumente darunter zu emittieren“, erklärt Pachinger. Emittenten hätten also eine breite Spielwiese und viel Flexibilität. So könne die Verzinsung etwa fix oder variabel sein, unterschiedliche Laufzeiten oder Währungen gewählt werden. Neben klassischen Unternehmensanleihen und Wandelanleihen würden sich auch Genussscheine oder Hybridkapitalinstrumente zur Kapitalaufbringung eignen. Letztere sind im Übrigen für IFRS-Zwecke als Eigenmittelinstrumente ausgestaltet und aus Sicht der Investoren mit einem im Vergleich zu reinen Fremdkapitalinvestitionen höheren Kupon ausgestaltet. Bei der Frage, welche Investoren man ansprechen möchte, gilt es jedenfalls zu bedenken, dass vor allem Internationale und Institutionelle sich sehr genau anschauen, welche Art von festverzinslichen Wertpapieren eine Gesellschaft emittiert hat. Davon kann sicherlich die S Immo ein Lied singen, die 1996 und 2004 in zwei Tranchen Genussscheine platziert hat. Dabei handelt es sich per Definition um gesetzlich nicht definierte Wertpapiere, die gewisse Genussrechte verbriefen und streng genommen den Mezzaninen Finanzierungsformen zuzurechnen sind. Angesichts des weitgehenden Mangels an rechtlichen Regelungen, hängt die Ausgestaltung dieses Instruments von dem zwischen Investor und Emittent vereinbarten Vertrag ab.
Genussscheine - die Alternative?
Gerade der angesprochene Gestaltungsspielraum macht Genussscheine für so manchen Emittenten und Investoren interessant. Die andere Seite der Medaille ist, dass sie im Ausland ein unbekanntes Instrument sind. Martin Rupp, Fondsmanager bei der 3 Banken-Generali Investmentgesellschaft kann sich jedenfalls vorstellen, dass das S ImmoManagement in den vergangenen Jahren auf Roadshows nicht nur einmal wegen des Genussscheinpakets in Erklärungsnotstand geraten sei. „Eine Mischung von Wandelanleihen und Anleihen alleine wäre kein Problem, der Genussschein wurde jedoch von vielen Investoren nicht nur als zu teuer, sondern auch als unkalkulierbares Risiko eingestuft“, erklärt er. Problematisch sei etwa, dass auch nicht cashwirksame Aufwertungen ausbezahlt werden müssen bzw. Diese wenn sie vorgetragen werden, den zu tilgenden Net Asset Value (NAV) erhöhen. Die S Immo hat zuletzt jedenfalls einiges unternommen, um die Genussscheinproblematik zu bereinigen. Seit Anfang April 2014 wurde die Stückzahl um mehr als 70 Prozent reduziert. So wurde etwa im Juni 2014 erfolgreich eine Anleihe im Wege des Tauschs gegen Genussscheine platziert. Nicht weniger als 1,14 Millionen Stück konnten auf diesem Weg eingesammelt werden. Auch das im März erfolgte öffentliche Umtauschangebot mit BarAlternative an Genussscheininhaber war von
Erfolg gekrönt – es wurde für 475.769 Stück angenommen. Wie geht es jetzt konkret weiter mit der Thematik. „In zwei Jahren haben wir eine Kündigungsmöglichkeit, dann ist das Kapitel Genussscheine erledigt“, so Vejdovszky. Äußerst beliebt unter europäischen Immobiliengesellschaften waren in den letzten Monaten Wandelanleihen. Die Zwitterwesen zwischen Anleihen und Aktien werden typischerweise bei institutionellen Investoren platziert. Ein Vorteil gegenüber Anleihen ist für die Emittenten, dass sie geringere Kupons zahlen müssen. Ein Extrembeispiel ist sicherlich das Papier, das Unibail-Rodamco Mitte April begeben hat mit einem Kupon von 0 Prozent und einem negativen Yield zu Endfälligkeit. „Auch Unternehmen, die kein Investment Grade Rating haben, müssen derzeit nicht mehr 6 bis 7 Prozent zahlen, sondern meistens unter 3 Prozent“, so Paul Hoffmann, Manager des Convertinvest Global Convertible Properties, eines Fonds, der überwiegend in Wandelanleihen von globalen Immobiliengesellschaften investiert. Über mangelnde Auswahl muss er sich nicht beklagen: Wie Hoffmann erklärt, ist Real Estate das größte Segment im globalen Wandelanleihenuniversum. Zinszahlungen verringern den Gewinn
Warum sollte man neben einer geringeren Zinslast aus Unternehmenssicht einen Convertible Bond noch emittieren? Zum einen verringern die Zinszahlungen den steuerpflichtigen Gewinn. Dazu kommt die nicht uninteressante Tatsache, dass mit der Wandlung – ob nach Wunsch des Emittenten oder des Gläubigers gewandelt werden darf, kann im Übrigen frei gestaltet werden – Fremdkapital zu Eigenkapital wird. Für die Investoren ergibt sich wiede-
„Wie Hoffmann erklärt, ist Real Estate das größte Segment im globalen Wandelanleihenuniversum.“ rum die Möglichkeit, mit begrenztem Risiko Aktien-Exposure aufzubauen, denn die Anleihenkomponente kann als eine Art Sicherheitsnetz verstanden werden: Nach Ablauf der Laufzeit kann man sich immer noch das angelegte Kapital ausbezahlen lassen – sofern der Emittent bis dahin nicht zahlungsunfähig wird. Von Einzelinvestments in Wandelanleihen ist „normalsterblichen“ Anlegern angesichts deren Komplexität sowie der schwer durchschaubaren Konditionen eher abzuraten. Was sich allerdings in den letzten Jahren geändert hat, sind die Prospektbedingungen. Sie zeigen mittlerweile eine klare Tendenz zugunsten des Investors. Das bestätigen etwa Dividendenschutz- oder Übernahmeschutzklauseln. Was versteht man darunter? Die Dividendenschutzklausel sichert dem Investor für den Fall, dass das emittierende Unternehmen die Dividende auf die Aktie erhöht, eine Anpassung des Umtauschverhältnisses zu. Die Übernahmeschutzklausel sieht wiederum vor, dass der neue Eigentümer der Gesellschaft, die den Convertible Bond platziert hat, die volle Verantwortung für deren Verbindlichkeiten übernehmen muss. Nachsatz des Fondsmanagers: „Insgesamt hat die Assetklasse dadurch klar an Attraktivität gewonnen.“ n
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Immobilienfinanzierung
… ohne Geld ka Musi Finanzierungen. Die Banken haben - auch wenn sie es abstreiten - den Gürtel enger geschnallt. Selbst langjährige Kunden blitzen ab. Wie wird es weitergehen? Wir haben Immobilienprofis befragt. Autor: Michael Neubauer
DIE FRAGEN: In der „guten alten Zeit“ ging man bei Fragen der Finanzierung zu seiner Hausbank. Haben Sie noch eine „Hausbank“ – oder hat das Modell ausgedient?
Anleihen, Wandelschuldverschreibungen, Schuldschein darlehen – nur etwas für die großen Player? Wie sehen Sie diese Finanzierungsinstrumente? Blicken wir in die Glaskugel: Wie wird Baufinanzierung im Jahr 2020 aussehen?
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ImmoFokus | Sommer 2015
Das Model einer Hausbank lebt, hat sich aber auf mehrere Hausbanken erweitert. Eine über lange Jahre gewachsene Beziehung und gegenseitiges Vertrauen sind eine starke und wertvolle Basis für eine konstruktive Zusammenarbeit insbesondere in schwierigen Zeiten.
Anleihen finden eine immer breitere Basis, Wandelschuldverschreibungen und Schuldscheindarlehen sind schon deutlich spezieller.
Michael Baert IFA Institut für Anlageberatung AG
Der Anteil der Banken wird zurückgehen, Anleihen von privaten und institutionellen Investoren sind auf dem Vormarsch. Crowdfunding wird an Bedeutung gewinnen, zunehmend durch spezialisierte Vermittler.
Für mich hat das Modell nicht ausgedient. Nach wie vor arbeitet unser Unternehmen mit zwei langjährigen Bankpartnern zusammen, unseren „Hausbanken“, wenn man dies so bezeichnen will. Wir brauchen aufgrund unseres Geschäftsmodells langfristige Finanzierungspartner, die rasche Entscheidungen, umfassendes Service, offene Kommunikation und profunde Fachkenntnis bieten. Wir schätzen die Zusammenarbeit mit unseren oberösterreichischen Regionalbanken. Bank und Unternehmen kennen sich gegenseitig umfassend und tiefgreifend, führen laufend Optimierungen der Finanzierungsstruktur durch und können langfristig aufeinander vertrauen.
Diese Finanzierungsinstrumente können im Einzelfall kurzfristig durchaus auch für kleine Unternehmen überlegenswert sein. Ob sich der Organisations- und Kostenaufwand bei kleinen und mittleren Immobilienunternehmen lohnt, ist aber im Einzelfall genau zu prüfen. Auch ist die Fristenkongruenz zwischen einem eventuell langfristigen Geschäftsmodell und einer meist deutlich kürzeren Laufzeit dieser Finanzierungsinstrumente zu beachten.
Stephan Hirsch ATHOS Immobilien AG
Foto: Fotolia
Wer in eine Glaskugel blickt, ist im Bereich Wahrsagerei, das ist nicht so ganz mein Zugang. Ich gehe aber davon aus, dass trotz der sicher noch anhaltenden niedrigen Zinssituation die Eigenkapitalquoten bei Bestandsportfolios steigen werden. Für das Bauträgergeschäft und die Projektentwicklung sehe ich keinen Trend, dort wird individuell nach Unternehmenssituation gestaltet werden.
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Immobilienfinanzierung
Im Zahlungsverkehr haben wir noch ein bis zwei „Hausbanken“, bei kurzfristigen Veranlagungen streuen wir aber breiter. Eine Finanzierung ist ja deutlich mehr als nur der Preis des Geldes: Die zentralen Themen sind für uns die Qualität der Kundenbetreuer und der Ablauf der Zusammenarbeit.
Diese Finanzierungsinstrumente passen aus unserer Sicht zu bestimmten Projekten ab einer Größenordnung von etwa 100 Mio. EUR. Wir schätzen insbesondere in der Bauphase die Flexibilität von Banken und kennen sehr gerne unser Gegenüber. Das muss bei Anleihen und Wandelschuldverschreibungen nicht unbedingt der Fall sein.
Harald Hübl Investment Director der value one group
Wir gehen davon aus, dass die Finanzierungsalternativen „bunter“ werden: Bei Entwicklern mit gutem Track Record wird bei kleineren Projekten sicherlich Crowdfunding eine Rolle spielen. Bei größeren Projekten ab ca. 30 Mio. EUR werden ausländische Financiers wichtiger. Institutionelle Anleger wie etwa Pensionskassen werden aufgrund der durch Basel 3 aufgebrachten Langfristigkeitsthematik für langfristige Finanzierungen wichtiger.
Ich bin beharrlicher Anhänger des Hausbank-Prinzips, weil ich glaube, dass es gerade bei Immobilienfinanzierungen auf langjährige Partnerschaft, Vertrauen sowie Kenntnis der wechselseitigen Stärken und Schwächen und nicht so sehr auf kurzfristige Konditionsvorteile ankommt. Ich fürchte aber, dass dieses Modell zum romantischen Relikt wird und nicht mehr mit dem heutigen formalistischen Risk Management kompatibel ist.
Für einen mittelständischen Bauträger sind Anleihen etc. eher keine Alternativen, Beteiligungsmodelle in Projektgesellschaften schon.
Winfried Kallinger Wenn ich das wüsste … ich tippe auf eine Zunahme von Beteiligungsfinanzierungen bei Projekten mit mittelfristigem Exit.
Kallco Development GmbH
Wir haben keine Hausbank und refinanzieren unsere Projekte mittels Krediten bei verschiedenen Banken. Unser Fremdmittelanteil ist jedoch generell sehr gering.
Ich glaube, dass diese Finanzierungsinstrumente am Markt durchaus gefragt sind. Wir agieren jedoch konservativ und finanzieren uns im Bedarfsfall nur über klassische Kredite.
Hermann Klein IG Immobilien
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Meiner Einschätzung nach wird die Baufinanzierung digitaler, direkter und flexibler werden. Es wird noch mehr alternative Finanzierungsinstrumente am Markt geben.
Aufgrund der sich ständig ändernden Rahmenbedingungen bei einzelnen Instituten ist es heute ein Muss, auf mehreren Standbeinen zu stehen. Andernfalls besteht neben der grundsätzlichen Abhängigkeit auch ein großes Risiko, bei geänderten Verhältnissen eines Instituts, z.B. aufgrund der Verschlechterung des Ratings des Kreditinstitutes, in einen Finanzierungsengpass zu geraten.
Die Konditionen für diese Instrumente sind für Projektentwicklungen eher unattraktiv. Als Kunde mit guter Bonität erhält man derzeit bessere Konditionen bei einer klassischen Bankfinanzierung. Daher machen diese Finanzierungsinstrumente nur für größere Bestandsund Renditeobjekte Sinn.
Martin Lenikus Schrittweise könnten neue Player auf den österreichischen Finanzierungsmarkt drängen, wie z.B. Versicherungen oder auch Banken aus dem Ausland. Es ist durchaus wahrscheinlich, dass die Finanzinstitute zu der „überraschenden Erkenntnis“ gelangen, dass eine konservative Immobilienfinanzierung doch die sicherste Art der Kreditvergabe ist.
LENIKUS GmbH
Ja, wir haben noch eine Hausbank und arbeiten mit dieser auch sehr partnerschaftlich und eng zusammen. Allerdings kann die Hausbank nicht, wie man das vielleicht von Privatkunden gewohnt ist, alles abdecken. In unserem konkreten Fall ist das aus mehreren Gründen nicht möglich: a.) Wir haben zu viele Standorte. b.) Unser Finanzierungsvolumen wäre für eine Hausbank viel zu hoch und würde in beide Richtungen einen deutlichen Klumpen Risiko darstellen. Außerdem kann sich in der heutigen schnelllebigen Finanzwelt sowohl Strategie als auch Philosophie einer Bank rapide und rasch verändern, in einer Zeit, in der Eigentümer- oder Managementwechsel an der Tagesordnung stehen, würde das auch aus diesem Grund für uns ein viel zu großes Risiko darstellen, sich nur auf ein einzelnes Bankinstitut zu verlassen.
Finanzierungsinstrumente wie Anleihen sind schon alleine aus Kostengründen sehr schwierig einsetzbar für kleine Unternehmen und deshalb viel eher für mittelständische Unternehmen oder Konzerne geeignet. Wir als mittelständisches Unternehmen beschäftigen uns permanent mit alternativen Finanzierungsinstrumenten. Beispielsweise sind wir aktuell das erste österreichische Immobilienunternehmen, welches alternativ auf Crowdfunding setzt – Näheres dazu auf www. homerocket.com. Alternative Finanzierungsinstrumente gewinnen aus unserer Sicht immer mehr an Bedeutung, gerade deshalb, weil die Bankenfinanzierungsrichtlinien verschärft worden sind und es zunehmend schwieriger wird, die geeigneten Projektfinanzierungen zu bekommen. Allerdings werden diese immer nur einen Teil – in der Regel einen sehr kleinen Teil – der Gesamtfinanzierung abdecken können, da alternative Instrumente in der Regel deutlich höher verzinst sind.
Markus Ritter C&P Consulting AG
Ich habe den Eindruck, dass sich die Bau- oder Projektfinanzierung 2020 noch schwieriger gestalten wird, als dies heute der Fall ist. Ich kann es in aller Offenheit ansprechen: wären die heutigen Bankenfinanzierungsrichtlinien 2005/2006 schon Standard gewesen, hätte die C&P überhaupt keine Chance gehabt, starten zu können. Vernünftige Bankenfinanzierungsrichtlinien sind daher innerhalb unserer Branche einer der wesentlichsten Faktoren überhaupt. Ich denke, dass wir als C&P Glück hatten mit unserem Startzeitpunkt, glaube jedoch zugleich, dass dieses Glück anderen Unternehmen, die in den nächsten Jahren oder 2020 starten wollen, bei weitem nicht mehr zuteil werden wird, da die Richtlinien eine klare Sprache sprechen - nämlich jene, dass es schwieriger wird. Zugleich gehe ich jedoch davon aus, dass Unternehmen, die einen starken Track Record darstellen können, auch 2020 noch vernünftige Bankenfinanzierungen erhalten werden können, denn wenn man keine Immobilienprojekte mehr finanziert, stelle ich mir die Frage, was man noch finanzieren soll, und behaupte, dass wir dann ein größeres wirtschaftliches Problem hätten, als dies in der letzten Krise 2008 der Fall gewesen ist.
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Immobilienfinanzierung
Neuerungen im Bereich der Grunderwerbsteuer Begutachtungsentwurf zum Steuerreformgesetz 2015/2016
1. AKTUELLE RECHTSLAGE Mit BGBl I Nr. 36/2014 wurden ab 1.6.2014 die aktuell gültigen Neuerungen im Bereich der Grunderwerbsteuer in Kraft gesetzt. Nach aktueller Rechtslage unterscheidet das Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) zwei Gruppen: ▪▪ „Familie“ im Sinne der GrESt, und ▪▪ „Nicht-Familie“.
Mag. Karin Fuhrmann ist Steuerberaterin, Partnerin und Immobilienexpertin bei TPA Horwath in Wien.
Übertragungen innerhalb der „GrESt-Familie“ werden aktuell auf Basis des 3-fachen Einheitswertes bemessen; auf Antrag wird die GrESt jedoch höchstens von 30 % des gemeinen Wertes, welcher de facto den Verkehrswert
repräsentiert, berechnet. Zusätzlich gilt der begünstigte Steuersatz von 2 %. In allen anderen Fällen (ausgenommen Sonderfälle wie z.B. Umgründungen) bildet grundsätzlich der Wert der Gegenleistung die Bemessungsgrundlage. Allerdings gilt: Sollte eine Gegenleistung nicht vorhanden oder ermittelbar sein oder geringer sein als der gemeine Wert, so bildet der gemeine Wert (de facto der Verkehrswert) die Bemessungsgrundlage. Außerhalb der Familie kommt der Steuersatz von 3,5 % zur Anwendung.
2. NEUE (GEPLANTE) RECHTSLAGE 2.1. Allgemein
Mag. Gerald Kerbl ist Steuerberater, Director und Immobilienexperte bei TPA Horwath in Wien.
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▪▪ Generelle Geltung der Gegenleistung, mindestens gemeiner Wert Die neue Rechtslage, die einheitlich ab 1. Jänner 2016 zur Anwendung gelangen soll, ist eine Abkehr vom bisherigen System, da künftig grundsätzlich alle grunderwerbsteuerpflichtigen Tatbestände einheitlich auf Basis der Gegenleistung, mindestens aber von einem vom gemeinen Wert abgeleiteten Grundstückswert berechnet werden sollen.
▪▪ Ausweitung der Befreiungen und Einführung eines Staffeltarifs Diese drastische Erhöhung der Bemessungsgrundlage (insbesondere im Familienverbund) wird im Gegenzug durch Ausweitung der Befreiungen, durch Einführung eines Staffeltarifes für unentgeltliche Übertragungen, welche in der Regel nur im Familienverbund erfolgen, sowie durch Entrichtung der Steuern in bis zu fünf jährlichen Raten abgefedert.
Bei unentgeltlichen bzw. teilunentgeltlichen Betriebsübertragungen wird der Betriebsfreibetrag auf EUR 900.000 angehoben, weiters soll die Grunderwerbsteuer für den unentgeltlichen Teil mit 0,5 % des Grundstückswertes begrenzt werden. Im Bereich der Land- und Forstwirtschaft beträgt der Freibetrag EUR 365.000, die Begrenzung des Steuertarifes beträgt hier 2 % (wie bisher).
Der Staffeltarif, der auf den unentgeltlichen Teil einer Übertragung anzuwenden ist, wurde hierbei wie folgt vorgesehen: ▪▪ Für die ersten EUR 250.000 ▪▪ Für die nächsten EUR 150.000 ▪▪ Darüber hinaus
0,5 % 2,0 % 3,5 %
▪▪ Neudefinition der Entgeltlichkeit Der entgeltliche Teil einer Übertragung unterliegt dem regulären Steuersatz von 3,5 %. Das GrEStG definiert hierbei ▪▪ unentgeltlich, wenn die Gegenleistung nicht mehr als 30 %, ▪▪ teilunentgeltlich, wenn die Gegenleistung mehr als 30 % aber nicht mehr als 70 %, ▪▪ entgeltlich, wenn die Gegenleistung mehr als 70 % beträgt. ▪▪ Neue Zusammenrechnung Hierbei werden für die Ermittlung des anzuwendenden Steuersatzes die Erwerbe zwischen denselben natürlichen Personen innerhalb der letzten fünf Jahre zusammengerechnet. Für die Berechnung der fünfjährigen Frist ist jeweils auf den Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld abzustellen. Für unentgeltliche Erwerbe kommt eine Verteilung der Grunderwerbsteuer auf zwei bis fünf Jahre in Betracht.
Fotos: Ingo Pertramer
TPA HORWATH-TIPP: Geplante bzw. notwendige Übertragungen innerhalb der Familie sollten deshalb in der Regel zeitnah bis spätestens 31.12.2015 durchgeführt werden.
2.2. Neuerungen auf den Punkt gebracht
▪▪ Anteilsvereinigung NEU: Der Grunderwerbsteuer unterliegen künftig auch Übertragungen von Grundstücksgesellschaften, wenn mindestens 95 % aller Anteile der Gesellschaft in der Hand des Erwerbers vereinigt werden. Weiters werden auch die Möglichkeiten einer mittelbaren Anteilsvereinigung erweitert, da nunmehr neben einer Verbindung im Sinne einer umsatzsteuerlichen Organschaft auch eine Unternehmensgruppe nach § 9 KStG zu einer mittelbaren Anteilsvereinigung führen kann. Gemäß dem deutschen Vorbild wird bei Anteilsübertragungen an grundstücksbesitzenden Personengesellschaften eine Anteilsvereinigung dann bewirkt, wenn innerhalb von fünf Jahren mindestens 95 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergehen. In Fällen einer Anteilsvereinigung beträgt der anzuwendende Steuersatz einheitlich 0,5 %. ▪▪ Treuhandschaften „abgeschafft“ Gesellschaftsanteile, die zu treuen Handen übereignet worden sind, werden ab 1. Jänner 2016 dem Treugeber zugerechnet. Diese Bestimmung soll für Personen- und Kapitalgesellschaften gleichermaßen anzuwenden sein, womit die bisherige Gestaltungspraxis der Treuhandschaft künftig ausgedient hat. ▪▪ Land- und Forstwirtschaft kommt ungeschoren davon Die bisherige Besteuerung bei land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken wird beibehalten; es kommt hier weiterhin der Einheitswert zur Anwendung. ▪▪ Betriebsübertragungen sind weiterhin möglich
▪▪ Ehegattenwohnungen werden begünstigt Wohnungen von bis zu 150 m² sollen bei Erwerb unter Lebenden bzw. bei Erwerb von Todes wegen (durch den Partner, Ehegatten) steuerfrei belassen werden. Bislang stand die Befreiung nur zu, wenn die Wohnungsgröße insgesamt nicht überschritten wurde. Künftig soll nur der überschreitende Teil (d.h. jener, welcher über 150 m² liegt) der Grunderwerbsteuer unterliegen, womit die geltenden 150 m² nunmehr als Freibetrag zu verstehen sind. ▪▪ Stiftungssteueräquivalent Das Stiftungseingangssteueräquivalent wird in die neue Logik integriert und unverändert beibehalten. Für Stiftungen kommt es hier erwartungsgemäß zu keinen Entlastungen bzw. Verbesserungen gegenüber der aktuellen Rechtslage. ▪▪ Umgründungen Vom Umgründungssteuergesetz (UmgrStG) erfasste Umgründungen werden nunmehr vom Wert der Gegenleistung, mindestens aber von einem vom gemeinen Wert abgeleiteten Grundstückswert bemessen. Der anzuwendende Steuersatz beträgt hierbei 0,5 %. n
TPA HORWATH-TIPP: Künftig sind bei Erwerbsstrukturierungen sowie Umgründungen vermehrt grunderwerbsteuerliche Aspekte zu beachten. In Einzelfällen ist es voraussichtlich günstiger, geplante Umgründungen nicht aufzuschieben, sondern notwendige Strukturbereinigungen vorzuziehen. Umgründungen auf den 31. Dezember 2014 müssen bis 30. September 2015 erfolgen, womit Eile geboten ist.
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Immobilienfinanzierung
Wenn Anleihegläubiger Haare lassen müssen Anleihenrecht – quo vadis?. Der Haircut, d.h. der Forderungsabschlag im Sinne einer geringeren als vereinbarten Rückzahlung des Darlehens an die Anleihegläubiger, ist in aller Munde. Autor: Stephan R. Eberhardt
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esondere Bedeutung beim Haircut kommt dabei Einbeziehungsklauseln (Collective Action Clauses (CACs)) zu, nach denen gewisse Gläubigermehrheiten Änderungen von Anleihebedingungen erreichen können. War der rechtliche Rahmen des österreichischen Anleihenrechts mit dem Kuratorengesetz aus 18741 in der Folge des Wiener Börsenkrachs von 1773 und dem Kuratorenergänzungsgesetz aus 18772 noch internationales „Vorreitermodell“, wird derzeit immer wieder der Reformbedarf des österreichischen Anleihenrechtes diskutiert, um flexiblere Lösungen zuzulassen wie z.B. das deutsche Schuldverschreibungsgesetz (dtSchVG).
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Kuratorengesetz, RGBl 49/1874. Kuratorenergänzungsgesetz, RGBl 111/1877. Kuratorenund Kuratorenergänzungsgesetz zusammen „KurG“.
GRUNDLAGEN
Das KurG regelt die Bestellung eines gemeinsamen Kurators für die Inhaber von Teilschuldverschreibungen (Anleihen), sofern deren Rechte mangels gemeinsamer Vertretung gefährdet oder dadurch die Ausübung der Rechte Dritter behindert würde.3 Zudem sieht das Gesetz die Bestellung eines Kurators ausdrücklich für den Fall vor, dass über das Vermögen der verpflichteten Emittentin die Insolvenz eröffnet wurde. Maßgeblich ist jedenfalls das Vorliegen einer gemeinsamen Angelegenheit, die alle Anleger in gleicher Weise betrifft. Eine gemeinsame Angelegenheit betrifft immer das Gesamtrechtsverhältnis wie etwa die Änderung der vertraglichen Bedingungen, die
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Kalss, Massenverfahren im Kapitalmarktrecht in ÖBA 5/2005, 326 f.
drohende oder bereits eingetretene Vertragsverletzung oder die vorzeitige Beendigung und muss im Anleiheverhältnis begründet sein sowie die Rechtsposition aller Anleiheinhaber in gleicher Weise berühren.4 In der Literatur5 werden folgende Fälle gemeinsamer Angelegenheiten genannt: Übernahme des Schuldners durch anderes Unternehmen, Umstrukturierungen, Änderungen der steuerlichen Behandlung der Kapitalanlage, Liquiditätsverschlechterung des Emittenten aufgrund betriebswirtschaftlicher Gründe oder konjunktureller Entwicklungen, Austausch des Schuldners oder Schadenersatzansprüche gegen die Emittentin wegen Verletzung der Anleihebedingungen. KURATORENBESTELLUNG
Die Bestellung eines gemeinsamen Kurators kann jeder Beteiligte und das die Aufsicht ausübende öffentliche Organ (sofern es sich um Teilschuldverschreibungen einer unter besonderer Aufsicht stehenden Unternehmung handelt) bei Gericht begehren. In dem Ansuchen an das Gericht sind der Sachverhalt, welcher das Begehren veranlasst und der Zweck der Kuratorenbestellung anzugeben. Zur Bestellung des Kurators ist jener Gerichtshof, bei dem die Firma des Schuldners im Firmenbuch eingetragen ist, außerdem derjenige Gerichtshof, in dessen Sprengel die Teilschuldverschreibungen ausgestellt wurden oder in dessen Sprengel sich der Zahlungsort
Fotos: Fotolia
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Der OGH erachtete eine Kuratorenbestellung jedenfalls in folgenden beispielhaft aufgezählten Fällen als zulässig: Abschluss eines Vergleiches; Konkursaufhebung; Ausgabe neuer Kupons mit geändertem Text; Festlegung des Maßes der Zahlung; Konvertierung in niedriger verzinste Anleihe; Abweichen vom Rückzahlungsplan; vorzeitige Aufkündigung von Schuldverschreibungen; Währungstrennung; Rückzahlung in völlig entwerteter Fremdwährung; Rückzahlung in Papierwährung bei auf Silbergulden lautenden Prioritäten; Einlösung von Zinsenkupons entgegen den Anleihebedingungen in Papierdollars anstatt in Golddollars und damit „zu einem Werte [...], welcher den Anleihebedingungen nicht entspricht“. In folgenden Fällen erkannte der OGH mangels Gefährdung gemeinsamer Rechte keine Notwendigkeit auf Bestellung eines gemeinsamen Kurators: Anerkennung eines zugesicherten Wahlrechts hinsichtlich Zahlungsort und Währung ; Zahlung eines fälligen Zinsenkupons ; Zahlung einer fälligen Kapitalforderung; Zahlung von fälligen Forderungen in entwerteten Papierkronen anstatt in Metallgeld; Auszahlung von fälligen Zinsen in bestimmter Währung; Kuponstempelabzug. Nicht gemeinsame Angelegenheiten sind daher idR solche, die bereits unstreitig fällige Forderungen betreffen. Die Frage, ob eine Forderung fällig ist, ist - weil sie Auswirkungen auf die restlichen Anleiheinhaber haben kann - eine gemeinsame Angelegenheit (vgl mwN Reindl, JBl 2012, 409 (412f)). Kalss, Massenverfahren im Kapitalmarktrecht in ÖBA 5/2005, 326 f.
„Der rechtliche Rahmen des Anleihenrechts wird in Österreich weiterhin diskutiert. Inwieweit sich Reformbestrebungen durchsetzen, bleibt abzuwarten. “ Stephan R. Eberhardt, Counsel bei DLA Piper Weiss-Tessbach Rechtsanwälte GmbH
befindet, zuständig. Die durch die Aufgabe begrenzten Rechte und Pflichten des Kurators richten sich nach den allgemeinen Vorschriften (§ 315 EO, § 282 ABGB), die sich auf Kuratoren beziehen. Das KurG enthält dazu keine näheren Angaben. ZWINGENDE VORGABEN UND GESTALTUNGSMÖGLICHKEITEN
Im Rahmen einer Emission gehen „Anleihebedingungen“ sowie „Treuhandvertragsdokumention“ als das für die Anleihe notwendige Konstrukt an Vertragsbeziehungen grundsätzlich von der Anwendbarkeit des KurG und von einer Treuhänderbestellung gemäß KurG aus.6 Von der breiten Vielfalt der Gestaltungsmöglichkeiten und Regelungsbereiche von Anleihebedingungen ist die Ordnung des Rechtsverhältnisses der Gesamtheit der Anleiheinhaber gegenüber dem Emittenten zu unterscheiden.7 Allgemein ist davon auszugehen, dass Anleiheinhaber gegenüber dem Emittenten keine Mitwirkungs- und Mitspracherechte haben, vielmehr besteht eine Mitwirkung nur bei Änderung der vertraglichen Grundlagen, etwa bei Liquiditätsproblemen des Schuldners und der damit einhergehenden Gefährdung der Gläubiger und Anleger. Dabei ist jedoch zu beach-
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Das KurG erstreckt sich nur auf Teilschuldverschreibungen von im österreichischen Firmenbuch eingetragenen Schuldnern. Das leitet der OGH (OGH 18.11.1924, Ob II 811/24) aus § 2 KurG ab, demzufolge zur Bestellung des gemeinsamen Kurators, „wenn die Firma des Schuldners in das Firmenbuch eines Handelsgerichtes eingetragen ist, dieser Gerichtshof [...] zuständig [ist]“. Für Teilschuldverschreibungen ausländischer Gesellschaften darf kein gemeinsamer Kurator bestellt werden, es sei denn, die Gesellschaft ist im Inland zum Geschäftsbetrieb zugelassen. Darüber hinaus findet das KurG Anwendung auf alle Teilschuldverschreibungen mit Ausstellungs- oder Zahlungsort in Österreich (vgl Reindl, JBl 2012, 409 [412]). Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht, 801.
ten, dass bereits in den Anleihebedingungen weitgehende Änderungen durch den Emittenten vorweg ausbedungen sein können.8 Das KurG weicht von den Grundsätzen des allgemeinen Zivilrechts ab. Für die „gemeinsamen Rechte“ der Anleihegläubiger wird nämlich ausgeschlossen, dass die einzelnen Besitzer diese eigenhändig geltend machen und der gemeinsame Kurator hat ein „Monopol auf die ihm zugewiesenen Rechtshandlungen“.9 Der (historische) Gesetzgeber legte sich letztlich auf die im Gesetzgebungsverfahren nicht unumstrittene „erzwungene Delegation der Gläubigerrechte“ an einen Kurator fest, um zu verhindern, dass „in verschiedenen, vom Curator und von einzelnen Besitzern geführten Processen, trotz der Identität der thatsächlichen und rechtlichen Grundlage, divergirende Entscheidungen erfolgen“.10 Dies würde die Verkehrsfähigkeit von Anleihen beeinträchtigen und in weiterer Folge Auswirkungen auf die Interessen der Gesamtheit der Besitzer von Teilschuldverschreibungen haben bzw. diese schädigen.11 Fraglich ist, ob dies zwingend ist und somit auch dann greift, wenn die Anleiheinhaber selbst Vorsorge für eine gemeinsame Willensbildung getroffen haben. Der Judikatur des OGH zufolge handelt es sich um zwingendes Recht.12 Nach anderer Auffassung soll dem KurG allenfalls wohl nur relativ zwingende Wirkung zuerkannt werden,13 wonach dessen Anwendung jedenfalls durch privatautonome Gestaltung in den
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Vgl. Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht, 801 mwN. OGH 5.9.1996, 2 Ob 2243/96h. ErlRV 12 BlgHH 8. Session 56. Vgl hierzu die Ausführungen in OGH 31.3.1937, 1 Ob 325/37 SZ 79/110 (292). OGH 31.3.1937, 1 Ob 325/37 SZ 79/110 (294). Vgl Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht, 803.
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Immobilienfinanzierung Anleihebedingungen hintangehalten werden kann, sofern sichergestellt ist, dass eine für die Anleiheinhaber gleichwertige gemeinsame Interessenvertretung vorgesehen ist.14 Einen Mindestbeitrag für das Emissionsvolumen der Anleihe sieht das KurG aber ebenso wenig vor wie eine Mindestzahl an Anleiheinhabern, die erst die organisatorische Institutionalisierung rechtfertigen würden. Die organisatorische Verfestigung der Anleiheinhaber ist nicht dauerhaft gegeben, sondern sozusagen ad hoc organisiert, da die Regelungen nicht für die ständige Interessenvertretung, sondern nur für die Regelung aller gemeinsamen Angelegenheiten, insbesondere für die Bewältigung von Rechtsstreitigkeiten und Krisensituationen, organisatorisch zusammengefasst werden.15 Eine organisatorische Verfassung ist nur für die Bewältigung gemeinsamer Angelegenheiten zulässig, nämlich für Angelegenheiten, die eine gemeinsame Grundlage zum Gegenstand haben, wie etwa Änderungen der vertraglichen Bedingungen (insbesondere Schuldennachlass oder drohende oder bereits eingetretene Vertragsverletzung einschließlich Schadenersatzansprüche).16 Gemeinsame Angelegenheiten sind nicht nur Rechtsverhältnisse und Ansprüche gegen den Emittenten, sondern auch Rechte und Pflichten von Dritten, die im Anleiheverhältnis begründet
sein müssen, wie z.B. Rechte und Pflichten von Pfandgläubigern oder sonstigen Sicherungsgebern.17 Abgesehen vom Schutzinstrument der kuratelgerichtlichen Genehmigung hinsichtlich der Kuratorenbestellung können die Anleiheinhaber von mit Kurator geführten gerichtlichen Verfahren als Nebenintervenienten beitreten. Während im dt SchVG bereits 2009 ein rechtlicher Rahmen für CACs und damit ein hohes Maß an Rechtssicherheit geschaffen wurde, gibt es in Österreich keine speziellen gesetzlichen Regeln.
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Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht, 803. Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht, 801 mwN. Kaserer, Theilschuldverschreibungen, 26; Kalss/Oppitz/ Zollner, Kapitalmarktrecht, 802.
ZUM AUTOR:
AUSBLICK
Der rechtliche Rahmen des Anleihenrechts wird in Österreich weiterhin diskutiert, weil insbesondere für eine flexiblere Handhabung im Sinne eines Haircuts auch ein Abweichen von den gesetzlichen Bestimmungen über Gläubigermehrheiten erforderlich wäre (und dies auch als gröblich benachteiligend eingestuft wird). Auch bietet das KurG keine ausreichende Grundlage für die Änderung von Bedingungen oder Neuregelung der Beschlussmöglichkeiten mit kollektiver Bindung, die z.B. Umschuldungen und Restrukturierungen von Anleihen (d.h. Änderung der Verzinsung, Laufzeit, Sicherheiten, etc) erleichtern. Inwieweit sich Reformbestrebungen durchsetzen, bleibt abzuwarten. n
Dr. Stephan R. Eberhardt ist österreichischer und deutscher Rechtsanwalt und auf die rechtliche Beratung bei Finanzierungen und regulatorischen Fragestellungen iZm Anleiheemissionen spezialisiert. Er ist als Counsel bei DLA Piper WeissTessbach Rechtsanwälte GmbH tätig. (stephan.eberhardt@dlapiper.com)
Kalss, Anlegerinteressen, 417.
Gewinner Cäsar-Verleihung April 2015 Wir widmen unsere Cäsar-Awards unseren treuen Kunden und tollen MitarbeiterInnen! Stefan Wernhart
Leitung Gewerbeimmobilien „Makler des Jahres“ 64
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www.ehl.at
Sandra Bauernfeind
Geschäftsführerin EHL Immobilien Management „Real Estate Services“
Ä Senk recht
Der nächste Paradigmenwechsel Kommentar: Walter Senk Die unabhängige Immobilien-Redaktion
n Als ich mich mit dem Thema „Crowdfunding“ befasst habe, wirkte es am Anfang eher wie ein neuer Trend auf mich. Je tiefer ich aber in die Thematik eingetaucht bin, desto mehr verfestigte sich bei mir eine ganz andere Meinung: Wir haben es hier – nach dem Prozess zur Nachhaltigkeit – mit einem weiteren Paradigmenwechsel zu tun. Transparenz, Eigenverantwortung, Demokratisierung, Unabhängigkeit oder Kommunikation sind Begriffe, die sehr positiv besetzt sind und auch unmittelbar mit Crowdfunding in Zusammenhang stehen. Es ist ein enormer Markt, der sich auftut, und erst die technische Entwicklung macht diese Form an Beteiligungen, egal ob an Unternehmungen oder Immobilien, möglich. Die rasanten Wachstumsraten zeigen, wohin der Weg führt, und ich bin überzeugt davon:
Foto: Elke Mayr
Je leichter es Menschen gemacht wird zu investieren – vergleichsweise geringe Summen – desto eher werden sie es tun. Die Zukunft des Crowdfundings liegt auch darin, dass es eine jüngere und „internetaffine“ Gesellschaft betrifft – die Kundenschicht reift sozusagen gerade heran. Die Wachstumsraten machen bereits klar, wohin der Weg geht, und wenn man in die USA blickt – die uns bei solchen Businessmodellen einige Jahre voraus sind – dann bekommt man bereits eine Ahnung, in welche Richtung sich die Finanzierung über die Massen bewegt. Für die Protagonisten der heimischen Immobilienwirtschaft werden sich auch zahlreiche neue Wege und Möglichkeiten auftun.
Dass es auf dem Konto ohnehin keine Zinsen mehr gibt, ist ein aktuelles Argument, viel weitreichender ist aber, dass die Menschen den Banken immer kritischer gegenüberstehen. So wie sich die Entwicklung derzeit darstellt, wird es da auch keine Gegenbewegung geben, eher wird eine Verschärfung der Situation der Fall sein. Und wie die Immobilienbranche schon seit Jahren argumentiert: Grundbuch statt Sparbuch. Wie bei anderen Entwicklungen, die in einer rasanten Geschwindigkeit aufpoppen, werden wir auch sicher einige „Kinderkrankheiten“ beim Crowdfunding erleben. Es mag schon sein, dass die eine oder andere unzulängliche Plattform auf den Markt kommt. Damit sollen aber keine Ängste geschürt werden, denn ich bin davon überzeugt, dass der Schaden, der dadurch entstehen könnte, sich in Grenzen halten wird. Ich bin lange genug als Journalist in der Immobilienwirtschaft tätig und habe diesbezüglich schon sehr viel erlebt, und ob man bei einem Investment 50.000 Euro verliert oder 500 ist zweifellos ein Unterschied. Insofern ist es auch äußerst erfreulich, dass mit dem geplanten Gesetz relativ schnell die rechtliche Grundlage für eine Massenfinanzierung geschaffen wird. Aber wie es im Netz eben so ist: Ein „Shitstorm“ der Crowd fegt ein unzulängliches Projekt schneller weg als jeder Paragraph. Der wirkliche Erfolg des Crowdfundings beruht aber auf einer sich verändernden Gesellschaft. Daher ist es ein Paradigmenwechsel und der lässt sich langfristig nicht aufhalten.
Sommer 2015 | ImmoFokus
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Immobilienfinanzierung
Escape from the Cash Trap! Steueroptimales Liquiditätsmanagement bei Objektgesellschaften. Autoren: Gernot Ressler / Florian Zeitlinger
I
n der Praxis ist die reine Ein-ObjektKapitalgesellschaft eine häufig gewählte Strukturierung beim Erwerb von Gewerbeimmobilien. Die Liegenschaft wird dabei entweder durch die Kapitalgesellschaft erworben oder die Übertragung erfolgt mittelbar über den Erwerb der Anteile an einer bestehenden Objektgesellschaft. In beiden Fällen werden die Mieteinnahmen, dh Liquidität, auf Ebene der Objektgesellschaft vereinnahmt. Diesen Einnahmen stehen wiederum nicht liquiditätswirksame Aufwendungen (im Wesentlichen die Abschreibung) gegenüber. Letztere reduzieren den ausschüttungsfähigen Bilanzgewinn. In der Kapitalgesellschaft verbleibt somit jene Liquidität, die einerseits nicht für die Tilgung von Schulden der Objektgesellschaft mehr benötigt wird, andererseits – mangels
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ImmoFokus | Sommer 2015
ausschüttbaren Gewinnes – auch nicht an die Gesellschafter in Form einer Gewinnausschüttung verteilt werden kann. Es entsteht eine sog. „Cash Trap“. Gleiches gilt im Übrigen nicht nur für Kapitalgesellschaften sondern auch für Personengesellschaften, an denen ausschließlich Kapitalgesellschaften beteiligt sind (GmbH & Co KG/OG, sog. „kapitalistische Personengesellschaft“). Cash Traps stellen den potentiellen Investor oftmals vor große Schwierigkeiten und sind nur aufwendig zu lösen (etwa ggf. durch Umgründungsmaßnahmen). Umso wichtiger ist es daher, bereits zum Zeitpunkt des Erwerbs der Immobilie oder der Objektgesellschaft strukturelle Maßnahmen zu setzen um eine Cash Trap a priori zu vermeiden.
reihenfolge“ im Hinblick auf Einlagenrückzahlungen plant (nach deutschem Vorbild). KEStfreie Einlagenrückzahlungen sollen künftig nur mehr dann möglich sein, wenn zunächst sämtliche durch Innenfinanzierung erwirtschaftete Gewinne KESt-pflichtig ausgeschüttet wurden. Einlagenrückzahlungen werden dadurch deutlich unattraktiver. Mezzaninfinanzierungen – Gesellschafterfremdkapital
In der Praxis wird daher weitaus häufiger auf mezzanine Finanzierungen durch den Gesellschafter zurückgegriffen. Ähnlich einem Mezzanin als Halb- oder Zwischengeschoss, weisen diese Finanzierungen eigenkapital- und fremdkapitaltypische Merkmale auf (etwa, dass es vom Gesellschafter stammt, gleichzeitig aber eine fixe Verzinsung aufweist und über einen bestimmten Zeitraum rückzuführen ist). Der Vorteil dabei ist regelmäßig die höhere Flexibilität der Vergütungs- und Rückzahlungsmodalitäten. Daneben sind die laufenden Zahlungen im Gegensatz zu „reinem“ Eigenkapital nicht mit dem ausschüttungsfähigen Bilanzgewinn begrenzt, wodurch die eben beschriebene „Cash Trap“ vermieden werden kann. Die zentrale Rolle spielt dabei das Gesellschafterdarlehen als einfachste Form einer Mezzaninfinanzierung. Zivilrechtlich besteht grundsätzlich Vertragsfreiheit (etwa partiarische Darlehen). Einschränkungen ergeben sich allenfalls bei Vorliegen von Eigenkapitalersatz im Sinne des Eigenkapitalersatzgesetzes mit einer Rückzahlungssperre bei einer Krise der Gesellschaft.
Auflösung von Kapitalrücklagen
Fotos: Franz Helmreich
Eine Option wäre zunächst die Auflösung von Kapitalrücklagen (soweit vorhanden) zu Gunsten des ausschüttbaren Bilanzgewinnes (Einlagenrückzahlung) während der Dauer des Investments. Dies bietet sich an, wenn die Immobilie oder die benötigten Mittel zum Erwerb der Immobilie bereits in die Objektgesellschaft eingebracht worden sind (bspw auch durch vorangegangene Transaktionen). So ferne dies über die Rückzahlung von Einlagen über die Auflösung von ungebundenen Kapitalrücklagen getätigt werden kann, ist dies grundsätzlich ein flexibler und unkomplizierter Vorgang. Soferne die Einlagen im Nennkapital gebunden sind, ist dieser Weg lediglich über eine wesentlich aufwendigere Kapitalherabsetzung (dh mit Aufgebotsverfahren) bewerkstelligbar.
Der wichtigste nennenswerte Vorteil einer Einlagenrückzahlung ist zunächst der Umstand, dass hierauf nach aktueller Rechtslage keine KESt anfällt (vorausgesetzt sie ist auch steuerlich als Einlagenrückzahlung anerkannt). Dies kann ein Vorteil sein, wenn der Gesellschafter etwa im Ausland ansässig ist. Ist der Gesellschafter in Österreich ansässig oder sieht das Doppelbesteuerungsabkommen mit dem jeweiligen Ansässigkeitsstaat das Besteuerungsrecht an den Anteilen an der Österreich-Gesellschaft für Österreich vor („Real Estate Klausel“) vor, würde eine solche Einlagenrückzahlung wiederum dazu führen, dass damit die steuerlichen Anschaffungskosten an der Beteiligung reduziert werden und damit die Steuerlatenz erhöht wird. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass der Gesetzgeber eine sog. „Verwendungs-
Gernot Ressler ist Steuerberater und Director bei LeitnerLeitner in Wien und Lehrbeauftragter am Institut für Österreichisches und Internationales Steuerrecht an der Wirtschaftsuniversität Wien.
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Immobilienfinanzierung
Liquiditätstechnisch werden beim Gesellschafterdarlehen Barmittel an die Käufergesellschaft zum Zeitpunkt des Erwerbs der Immobilie vergeben oder bei Erwerb einer bestehenden Objektgesellschaft eine vorhandene Fremdfinanzierung übernommen. In beiden Fällen kann der Gesellschafter vorhandene Liquidität über Zinszahlungen zurückleiten. Das weitere Steuerungselement bildet die Rückzahlung des Darlehens über die Laufzeit. Auf Ebene einer in Österreich ansässigen Objektgesellschaft sind Gesellschafterdarlehen als solche steuerlich anerkannt (und damit die Abzugsfähigkeit der Vergütung), so ferne diese fremdüblich sind. Als Maßstab dient eine dem Drittvergleich standhaltende Vertragsdokumentation und marktkonforme Ausgestaltung des Darlehensvertrages (Besicherung, Rückzahlung etc), die im Übrigen auch entsprechend gelebt werden muss. Genauso hat die Verzinsung dem Marktniveau zu entsprechen. Besteht Nachrangigkeit oder wird auf eine Besicherung verzichtet und findet dies Niederschlag in einer höheren Vergütung, wird dies auch grundsätzlich steuerlich anerkannt. Davon unabhängig ist zu allerdings zu beachten, dass die steuerliche Abzugsfähigkeit der Zinsen dann nicht gegeben ist, wenn die Zinsen an in Niedrigsteuerländern ansässige Gesellschaften gezahlt werden, was der Fall wäre, wenn die tatsächliche Steuerbelastung der Zinserträge im Ausland bei weniger als 10% liegt. Auf Ebene eines in Österreich ansässigen Gesellschafters werden die Zinseinnahmen mit 25% KöSt (juristische Person) oder zum progressiven Steuersatz von bis zu 50% ESt (natürliche Person) besteuert. Die Rückzahlung der Darlehensvaluta ist indes steuerneutral
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ImmoFokus | Sommer 2015
(soweit die Darlehensforderung der Verbindlichkeit auf Ebene der Objektgesellschaft entspricht, was idR der Fall ist). Ist der Gesellschafter im Ausland ansässig, ist naturgemäß auch das Steuerniveau im Ansässigkeitsstaat in die Betrachtung miteinzubeziehen. In der Regel fällt keine KESt auf die Zinszahlungen an den in- oder ausländischen (Gläubiger-)Gesellschafter an. Dies ist dann ein Vorteil, wenn der darlehensgewährende Gesellschafter im Ausland ansässig ist und Gewinnausschüttungen in Form von Dividenden – je nach Ansässigkeitsstaat des Gesellschafters (etwa Nicht-EU/EWR-Staaten) – in Österreich KESt-pflichtig wären. Dies gilt im Übrigen auch dann, wenn die Zinszahlungen aufgrund der Ansässigkeit des Gesellschafters in einem Niedrigsteuerland auf Ebene der österreichischen Objektgesellschaft nicht abzugsfähig sind (wie oben beschrieben). Das Gesellschafterdarlehen kann auch im umgekehrten Fall (dh in Österreich Ansässiger investiert in ausländische Objektgesellschaft) ein sinnvolles Gestaltungselement sein. Neben dem österreichischem Steuerrecht ist in solchen Fällen auch das jeweilige ausländische Steuerrecht besonders in Hinblick auf die Abzugsfähigkeit der Zinsen zu beachten. In vielen Jurisdiktionen existieren (im Gegensatz zu Österreich) gesetzlich vorgegebene Eigen/ Fremdmittel-Relationen (sog. Debt/Equity-Ratios oder Thin-Cap-Regeln), welche die steuerliche Abzugsfähigkeit der Zinsen auf Ebene der Gesellschaft beschränken. Daneben ist darauf zu achten, dass die Zinseinnahmen in Österreich regelmäßig steuerpflichtige Einnahmen sind, sodass die steuerliche Vorteilhaftigkeit nur dann ergibt, wenn die im Ausland erzielte Steuerersparnis höher als die Besteuerung im Inland ist. n
Florian Zeitlinger ist Steuerberater und Manager in derselben Kanzlei. Die Tätigkeitsschwerpunkte der Autoren liegen im Bereich Transaktionen und Restrukturierungen mit Schwerpunkt auf Immobilien.
ZUSAMMENGEFASST: Die sog. „Cash Trap“ ist ein regelmäßiges Thema bei Immobilientransaktionen. Hybride Finanzierungen, wie in der einfachsten Ausprägung Gesellschafterdarlehen, sind eine sinnvolle Lösung, zumal zahlreiche Möglichkeiten in der konkreten Ausgestaltung bestehen. Die steueroptimale Gestaltung zielt vor allem auf die Abzugsfähigkeit der Vergütung auf Ebene der Objektgesellschaft und – im grenzüberschreitenden Fall – auf die Vermeidung einer Abzugssteuer ab.
Steuerreform 2015/2016 – die Immobilie als Financier der Steuerbegünstigungen Kommentar: Georg Flödl ÖVI Präsident
n Am 19. Mai 2015 schickte die Regierung den mit Spannung erwarteten Gesetzesentwurf zum Steuerreformgesetz 2015/2016 in Begutachtung. Schon nach einer ersten Analyse steht fest: Auf Immobilien kommt eine massive Mehrbelastung zu, anscheinend sollen die steuerlichen Begünstigungen der Reform dergestalt gegenfinanziert werden. So soll die Erhöhung der erst 2012 eingeführten Immobilienertragsteuer von 25 Prozent auf 30 Prozent bei gleichzeitigem Wegfall des Inflationsabschlages Geld in die Staatskasse spülen. Das ist nichts anderes als eine kalte Progression für Immobilien, denn diese beiden Maßnahmen in Kombination bewirken nicht nur eine Versteuerung eines Scheingewinns sondern auch eine massive Steuererhöhung. Nachstehendes Beispiel veranschaulicht deutlich, was in Österreich unter Eigentumsfreiheit verstanden wird: „Eine gebrauchte Wohnung wurde 2014 um 300.000 Euro angeschafft und wird nach 20 Jahren um 450.000 Euro verkauft. (Angenommen wurde lediglich eine Inflationsrate von 2 Prozent, aber keine sonstige Wertsteigerung und keine Instandsetzungsarbeiten, da das Objekt vor dem Ankauf umfassend saniert wurde.) Nach geltender gesetzlicher Lage würde in diesem konkreten Beispiel eine Steuerbelastung von 30.000 Euro entstehen. Nach der Steuerreform in vorliegender Fassung wäre eine Immobilienertragsteuer in der Höhe von 45.000 Euro abzuführen, das ist in diesem Fall eine Steuererhöhung von 50 Prozent!“
Zudem handelt es sich um einen Scheingewinn, denn allein die Annahme einer 2prozentigen Inflation p.a. bewirkt in 20 Jahren eine Erhöhung des Kaufpreises in diesem Ausmaß (446.000 Euro)! Aber auch die laufende Besteuerung bleibt nicht vom Steuerreformgesetz 2015/2016 verschont. Die geplanten „Anpassungen bei der Immobilienabschreibung“ sollen für Einnahmen von 400 Millionen Euro sorgen: Der Anteil von Grund und Boden soll von 20 Prozent auf 40 Prozent angehoben und die Absetzungsdauer von Instandsetzungs- und Instandhaltungskosten von 10 auf 15 Jahre verlängert werden. Diese Neuerungen werden sich ab 2016 investitionshemmend auswirken und bestenfalls Vorzieheffekte für 2015 hervorrufen. Aber nicht nur Unternehmen werden damit stark belastet. Auch werden damit viele Menschen in Bedrängnis gebracht, die sich zur Absicherung der eigenen Zukunft im Vertrauen auf die Rechtslage eine Wohnung gekauft haben, wenn sich etwa durch den Eingriff in bestehende AfASätze die Finanzierung nicht mehr ausgeht. All diese Maßnahmen der Steuerreform 2015/2016 stellen eine große Belastung für die Menschen und die Wirtschaft des Landes dar und können daher nur abgelehnt werden. Gerade im Sinne des von allen Seiten geforderten leistbaren Wohnens gilt es, Eigentum zu fördern und ein investitionsfreundliches Klima zu schaffen anstatt Immobilien mit weiteren Steuern zu belasten! Von der Verpflichtung zum „Schutz des Eigentums“ und der „Sicherung der Eigentumsrechte“, die sich die ÖVP auf dem kürzlich stattgefundenen Parteitag selbst auferlegt hat, ist in diesem Entwurf nicht viel zu spüren.
Sommer 2015 | ImmoFokus
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Im Brennpunkt: Tirol
Dynamik in Tirol Der Immobilienstandort Tirol ist interessant – und vielschichtig. Immobilienexperten in und um Innsbruck sehen anhaltend gutes Potenzial im Heiligen Land. Autor: Erika Hofbauer
D „Wenn wir also von Wohnqualität im Triple-A-Bereich sprechen, meinen wir Innsbruck.“ Armin Ennemoser, Geschäftsführer Cityreal Treuhand
70
ImmoFokus | Sommer 2015
ie Vorteile des Immobilienstandortes Tirol sind hinsichtlich Gewerbe und Wohnen unterschiedlich, meint Armin Ennemoser, Geschäftsführer des Innsbrucker Immobilienbüros Cityreal Treuhand: „Der Gewerbestandort Innsbruck punktet in erster Linie dadurch, dass Tirol einen Knotenpunkt darstellt, was die Querverbindungen zu Deutschland, zur Schweiz, aber auch zu Italien darstellt.“ Gerade die Achse nach Italien sei in den letzten zehn bis 15 Jahren sehr gestärkt worden, erzählt Ennemoser. Dabei spielt, ähnlich wie bei den Verbindungen zu deutschen Unternehmen, auch eine wesentliche Rolle, dass die Innsbrucker Universität sehr viele Studierende aus dem Südtiroler und norditalienischen Raum ausbildet, ebenso wie aus
Deutschland und den Benelux-Ländern, lautet für den Innsbrucker Immobilienexperten die Erklärung. „Gerade die Universität Innsbruck – aber auch die Universitätsklinik Innsbruck – sind, was die Entwicklung des Immobilienstandortes Tirol in gewerblicher Hinsicht anbelangt, ausgesprochen systemrelevante Betriebe“, so Ennemoser weiter. Von besonderer Bedeutung sind auch die hervorragenden infrastrukturellen Voraussetzungen, was das Transportwesen angeht: „Im Personentransfer spielt der Innsbrucker Flughafen eine wichtige Rolle und wir sehen zunehmend, dass auch die Bahnverbindungen zu den wichtigen Businessmetropolen München und Wien gerade in den letzten Jahren eine enorme Verbesserung erfahren haben.“
„Die Inntalsohle von Kufstein bis Imst wird auch zukünftig mit einem dynamischen Bevölkerungswachstum zu rechnen haben.“ Arno Wimmer, Geschäftsführer von Re/Max Conterra Immobilien Soho IBK.
Charmantes Innsbruck
Fotos: Ennemoser, Viertler Immobilien, Re/Max
Was die Qualität des Immobilienstandortes Tirol in Hinblick auf Wohnen betrifft, ist für den Cityreal-Chef ganz klar: „Gerade Innsbruck, in seiner Größe und Ausformung, zählt zu den charmantesten Städten im Alpenraum.“ Es ist von daher nicht verwunderlich, dass man eine anhaltend starke Nachfrage an Zuziehenden aus dem gesamten EU-Raum feststellen kann, erzählt Ennemoser: „Die Lebensqualitätsindex beeinflussenden Parameter wie Ausbildungschancen, kulturelles Angebot, Sicherheit, aber auch differenzierte, naturnahe Freizeitgestaltung sehen wir in Innsbruck in hohem Maße erfüllt.“ Dabei zeige sich – den gesamten Tiroler Bereich betrachtend – eine sehr hohe Spreizung zwischen der Landeshauptstadt und den ländlichen Regionen: „Wenn wir also von Wohnqualität im Triple-A-Bereich sprechen, meinen wir Innsbruck.“ Mit einigem an Dynamik rechnet auch Arno Wimmer, Geschäftsführer von Re/Max Conterra Immobilien in Innsbruck: „Insbesondere der Bereich der Inntalsohle von Kufstein bis Imst wird auch zukünftig mit einem dynamischen Bevölkerungswachstum zu rechnen haben, überwiegend betrifft dies den Zentralraum von Innsbruck.“ Die Wirtschaft in Tirol wird von mehreren Säulen wie u.a. dem Tourismus, Gewerbe und Industrie und diversen
Dienstleistungen getragen und im Großraum Innsbruck sind einige interessante Bildungseinrichtungen wie die Universitäten, das MCI in Innsbruck oder die UMIT in Hall vorhanden, bestätigt auch Wimmer. Kurzum: „Die wirtschaftlichen Perspektiven sind als positiv zu betrachten, wenngleich diese auch vom allgemeinen wirtschaftlichen Geschehen abhängig sind.“ Herbert Viertler, Geschäftsführer des Oberperfusser Immobilienunternehmens Viertler Immobilien im Bezirk Innsbruck Land, sieht Innsbruck und seine wichtigen Ballungsräume Kufstein, Wörgl, Schwaz, Telfs, Imst und Landeck von der günstigen Verkehrslage „im Herzen der Alpen“ sowie vom ausgezeichneten Angebot an Bildungseinrichtungen profitieren. Aber nicht nur das: „Damit einher gehen außerdem die sehr gut ausgebildeten Mitarbeiter, die hohe Lebens- und Freizeitqualität sowie die hohe Qualität an Gesundheitseinrichtungen“, erzählt Viertler, weshalb Tirol wohl bezüglich der Einwohnerzahlen eine der größten Wachstumsraten in Österreich aufweisen könne. Dem gegenüber, räumt Viertler ein, stehe allerdings das hohe Preisniveau, insbesondere bei Wohnbau- und Gewerbe- und Industriegrundstücken vor allem in Innsbruck und der nahen Umgebung. Viertler: „Ein zunehmendes Problem.“
Spannende Gewerbeprojekte
Dennoch kann das Heilige Land interessante und spannende Immobilienprojekte vorweisen. Cityreal-Geschäftsführer Ennemoser identifiziert zunächst am Businesssektor die beiden SOHO-Center in Innsbruck Ost (Cityreal ist für die Vermittlung und Vermietung zuständig), die „eine Sonderstellung einnehmen“. Gerade das Letztprojekt, das SOHO Innsbruck, realisiere mit seinem großdimensionierten begrünten Atrium eine stimulierende Arbeitswelt, die davon lebt, dass sehr viele, hoch qualitative kommune Bereiche den Mietern kostenfrei und flexibel nutzbar zur Verfügung gestellt werden, berichtet Ennemoser. Das betrifft Besprechungsräume in unterschiedlicher Größe und Ausformung, aber auch Dachterrassen, Lounges und eben Präsentations- und Repräsentationsflächen, wie das Atrium, in dem wöchentlich frei-
Sommer 2015 | ImmoFokus
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Im Brennpunkt: Tirol tags zum Beispiel auch Klaviermusikunterhaltung zelebriert wird. Und: „Neben der intelligenten und ökologisch nachhaltigen Gebäudetechnik, der besonderen Raumwirkung durch die Zweifassadentechnik - alle Büros sind „durchgesteckt“, also von mindestens zwei Seiten belichtet - trägt vor allem die Verwendung von Naturmaterialien, die gewöhnlich eher im hochqualitativen Wohnbau eingesetzt werden, zum besonderen Ambiente bei“, so Ennemoser weiter. Interessant am Projekt sei auch das Co-Working-Konzept, das mit mehr als 2.000 m² im Haus umgesetzt wurde. Das sicher spannendste Hotelprojekt des vergangenen Jahres ist laut dem Cityreal-Chef das Boutique-Hotel NALA individuellhotel in der Innsbrucker Innenstadt: „Unter Einbeziehung eines Altbestandes aus der Jahrhundertwende ist hier mit einem sehr hohen Anspruch an Kunst, Architektur und Gestaltung ein Boutique-Hotel entstanden, das 53 völlig unterschiedlich ausgestaltete Themen-Zimmer präsentiert.“ Radikal im Ansatz, wurde hier der vorher asphaltierte, verparkte Innenhof rückgebaut und besonders liebevoll und charmant in einen stilvollen Grün- und Erholungsraum verwandelt, erzählt Ennemoser: „Das kleine Hotel mit seinem verwunschenen Garten stellt ein echtes Kleinod, ein Juwel unter der
„Die hohen Grundstückspreise werden zunehmend zum Problem“. Herbert Viertler, Geschäftsführer Viertler Immobilien
Hotellerie in Innsbruck dar und wird sicher seine fixe Position abseits des Mainstreams behaupten.“ Auch Herbert Viertler ortet „interessante Entwicklungen an allen Ecken und Enden“. Sowohl im Wohnbau als auch im gewerblichen Sektor sieht er einiges kommen: „Die Stadtregierung in Innsbruck strebt bis zum Jahr 2018 an, 2.000 neue Wohnungen zu schaffen, eine der größten Wohnbauoffensiven der letzten Jahrzehnte - nach eigener Definition.“ Darüber hinaus sind größere Bauträgergesellschaften, wie zum Beispiel Zima und Weinberg, sehr aktiv am Markt, weiß Viertler einerseits von Revitalisierung von Altbeständen aber auch von Aktivitäten im Neubau zu berichten. Geschaffen werden dadurch auch die am Markt Nala. Goldenes Bad
Boutique-Hotel Nala. Individuellhotel in der Innsbrucker Innenstadt
72
ImmoFokus | Sommer 2015
äußerst beliebten Anlegerwohnungen - aber auch familientaugliche Wohnungen im „Normalpreisniveau“ und im Luxussegment, so Viertler weiter. Die bauliche Erweiterung der Wirtschaftskammer in Innsbruck, das Projekt Pema II, die anstehende Zusammenführung im Bereich der Polizeidirektion, die kürzlich beschlossene Erweiterung des Managementcenters MCI, der Neubau des Hauses der Musik (an Stelle der alten Stadtsäle) und einige andere spannende Projekte zeugen für den Tiroler Immobilienprofi Viertler „von einer dynamischen Entwicklung insbesondere in der Landeshauptstadt Innsbruck.“ Nicht zuletzt dürfe auch der weitere Ausbau der Regionalbahn in Innsbruck nicht unerwähnt bleiben… In den Bezirksstädten und Gemeinden sind vor allem die gemeinnützigen Bauträgergesellschaften äußerst aktiv, erzählt Viertler weiter: Kürzlich erfolgte der Baustart zum neuen Gewerbegebiet Kematen, etwa 10 Kilometer westlich von Innsbruck, dem aufgrund der ausgezeichneten Lage direkt an der Autobahn schon jetzt von vielen Experten eine erfolgreiche Zukunft vorausgesagt wird. „Hier sind in den nächsten Jahren auf einer Fläche von knapp 7 Hektar Betriebsansiedlungen vorgesehen.“
Kaufverträge in Tirol Kaufverträge in Tirol Immobilien-Anzahl +/- X%
10.000 8.000 6.000 4.000 2.000
7.770
7.326
8.882
2012
2013
2014
Immobilien-Wert: Mrd. € +/- X%
2,5 2,0 1,5 1,0 0,5
1,8
2012
1,7
2,1
2013
2014
Quelle: IMMOunited/ RE/MAX
5 Top 5 Verkäufe in Tirol
Hohes Preisniveau
Indifferent zeigt sich – nach Beobachtung der ortsansässigen Immobilienexperten – die Preissituation in und um Innsbruck. CityrealGeschäftsführer Ennemoser: „Seit meinem Markteintritt Ende der 1980er-Jahre stelle ich in Innsbruck eine stetige Anhebung des Preisniveaus fest, wobei diese Anhebung meistens in Plateaus – also nicht linear – erfolgt.“ Die letzte besonders signifikante Plateau-Anhebung machte Ennemoser unmittelbar nach Einsetzen der Weltwirtschaftskrise Ende 2008 aus. „Anfang 2009 wurde sehr viel Kapital aus den Finanzmärkten abgezogen - jenes, das noch vorhanden war - und in den Immobiliensektor investiert.“ Dabei war der Anleger in erster Linie daran interessiert, sein Vermögen in sicheren Häfen zu parken, weiß der Immobilienexperte. Das habe zu einer besonders ausgeprägten Anhebung der Nachfrage geführt. Mitbeeinflussend war auch der Umstand, dass zu diesem Zeitpunkt Italien mit einem Sonderprogramm, dem „Scudo Fiscale“, im Ausland geparktes italienisches Kapital mit der Zusage von radikalen Steuererleichterungen und Anonymität zurückholen wollte, blickt Ennemoser in die Vergangenheit: „Das Kapital hat aber kurz darauf Italien wieder verlassen und ist
1.
Grundstück
6000
Hall
11.750.000
2.
Gebäude
6380
St. Johann
7.000.000
3.
Einfamilienhaus
6020
Innsbruck
6.416.056
4.
Grundstück
6020
Innsbruck
5.950.000
5.
Gebäude
6370
Kitzbühel
5.880.465
Quelle: RE/MAX
– gerade was Südtiroler Investoren angeht – in deutlich spürbarem Ausmaß in Tirol investiert worden. Gleichzeitig ist das allgemeine Zinsniveau betreffend Investments in Immobilien von 5,5 Prozent pro Jahr gegen Ende 2008 auf unter 2 Prozent gefallen.“
„Es ist noch keineÜberhitzung des Grundstücke: Preis-Trends Marktes feststellbar.“ Österreich
€ / m2
160,00
140,00
143,00
Der Tiroler, der bis dorthin gewohnt war, hochspekulativ in Schweizer Franken oder Yen zu finanzieren, fand plötzlich ein sicheres Niederzinsniveau der einheimischen Währung vor, beschreibt Ennemoser diese Entwicklung. Die gleichzeitig erhöhte Nachfrage von Anlegern und Eigennutzern habe schließlich für eine ungewöhnliche Preiserhöhung gesorgt, dies anhaltend bis zum Jahr 2013. „Seither stellen wir eine Seitwärtsbewegung auf hohem Niveau fest“, erklärt Ennemoser. Derzeit gilt als gesichert, dass das Mietniveau noch klar gekoppelt ist mit den Kosten des Erwerbs: „Es ist von daher noch keine Überhitzung des Marktes feststellbar. Ich gehe aber jedenfalls davon Niederösterreich aus, dass die Seitwärtsbewegung noch kurz und mittelfristig anhalten wird.“ Umgekehrt 146,00 141,00 würden alle Parameter, die die Entwicklung
120,00
100,00
Sommer 2015 | ImmoFokus
73
Im Brennpunkt: Tirol DURCHSCHNITTSPREISE Wohnungen 2010
2011
2012
2013
2014
Innsbruck-Land
166.533
170.243
173.082
184.678
200.823
Innsbruck-Stadt
159.816
172.882
187.774
195.860
216.303
Kufstein
139.682
152.139
163.039
152.563
17.0271
Schwaz
151.332
167.112
175.044
175.287
18.2721
2010
2011
2012
2013
2014
Innsbruck-Land
185
183
175
192
180
Innsburck-Stadt
243
408
461
447
444
Kufstein
154
142
154
172
177
Schwaz
142
184
166
153
155
2010
2011
2012
2013
2014
Innsbruck-Land
257.863
290.433
314.906
319.910
357.089
Innsbruck-Stadt
340.570
465.672
402.605
420.001
695.870
Kufstein
257.361
264.694
282.747
361.832
307.831
Schwaz
253.965
296.544
276.518
260.977
290.413
Grundstücke – durchschnittlicher qm-Preis
Einfamilienhäuser
Quelle: Re/Max
Trends für Tirol Angebot: +1,8%
Nachfrage: -1,8%
Preise: - 1,8%
Eigentums-/Miet-Wohnungen, Einfamlienhäuser: - Preise steigen moderat: +0,6% bis +1,8% Baugrundstücke: - der Renner: + 3,6% Quelle: Remax
ungerechtfertigt hohe Preise verlangt - vor allem bei gebrauchten Gewerbeimmobilien ist festzustellen, dass diese am Markt nicht mehr angenommen werden. Daraus resultieren z.B. bei Büroimmobilien und Lagerflächen relativ hohe Leerstandsquoten, weiß Viertler: „Diese Entwicklung bezieht sich insbesondere auf Innsbruck, aber auch zunehmend auf die Bezirksstädte und Gemeinden.“ Preisstagnation im Wohnbau
„Der Markt konsolidiert sich auf hohem Preisniveau.“ 74
ImmoFokus | Sommer 2015
der Immobilienpreise beeinflussen, keine negative Tendenz aufweisen, fokussiert Ennemoser auf den Ballungsraum Innsbruck: „Die Rahmenbedingungen in den Talschaften sind teilweise deutlich anders zu sehen.“ Als „ungesund“ betrachtet Herbert Viertler die aktuelle Preisentwicklung: „Sie entwickelt sich eher gegenläufig zur Situation der Betriebe und auch der Bürger.“ Teilweise werden
Auch Re/Max-Conterra-Geschäftsführer Wimmer bestätigt, dass sich die Preise besonders im Zentralraum von Innsbruck in den letzten Jahren stark nach oben bewegt haben: „Derzeit befinden wir uns auf einem sehr hohen Niveau.“ Im Wohnbereich sei jedoch festzustellen, dass beim Neubau eine Stagnation der Preise und im gebrauchten Immobilienmarkt abhängig u.a. von der Lage, Ausstattung der Wohnungen, Höhe der Betriebskosten, Sanierungsbedarf etc. bereits eine Preisreduktion
Eigentumswohnung: Preise
Eigentumswohnung: Preise-Trends
€ / Stk.
Österreich
Tirol
250.000 200.000
184.042
202.722
161.574
170.927
180.992
150.000 146.903
100.000 50.000 Grundstücke: Preis-Trends € / m2
Österreich
–
2012
160,00
Niederösterreich
2013
143,00 Quelle: IMMOunited/ RE/MAX
Grundstücke: Preis-Trends Grundstücke: Preise-Trends
2014 146,00
141,00
140,00 120,002
Österreich
€/m
100,00 160,00 80,00 140,00 60,00 120,00 40,00 100,00 20,00 80,00 0,00 60,00
Niederösterreich
141,00
143,00
48,00
52,00
2012
2013
48,00
52,00
146,00
54,00
2014
54,00
40,00
Quelle: IMMOunited/ RE/MAX
20,00 0,00
festzustellen ist. Wimmer: „Die Nachfrage im Wohnungsbereich ist in den letzten 2 Jahren gesunken und die Vermarktungsdauer der Objekte wird zunehmend länger.“ Fazit: Der Markt konsolidiert sich auf hohem Preisniveau. Auch im gewerblichen Bereich haben sich die Preise in den letzten Jahren erhöht, erzählt Wimmer. Eine weitere Preissteigerung sei jedoch nicht zu erwarten. Nur in speziellen Objektsegmenten in bestimmten Orten könnten allenfalls noch leichte Preissteigerungen eintreten, glaubt der Innsbrucker Re/ Max-Experte. Im Segment Büroflächen gibt es in Innsbruck derzeit ein größeres Angebot: „Hier haben sich die Preise bereits leicht nach unten bewegt. Bei Geschäftsflächen in nicht unmittelbarer 1a - Lage sind ebenfalls leichte Preisrückgange zu verzeichnen. Die Nachfrage nach gewerblichen Objekten ist weiterhin stabil“, so Wimmer. n
2012
2014
Quelle: IMMOunited/ RE/MAX Einfamilienhäuser: Preis-Trends Einfamilienhäuser: Preise-Trends
€ / Stk.
Österreich
Tirol
400.000
376.313
350.000
359.744 336.964 Einfamilienhäuser: Preis-Trends
300.000
€ / Stk. 250.000
Österreich
400.000 200.000 350.000 150.000
Tirol 185.050
175.483 336.964
376.313 191.393
359.744
300.000 100.000 250.000 50.000 200.000 – 150.000
185.050 175.483
2012
2013
191.393
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100.000
Quelle: IMMOunited/ RE/MAX
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Quelle: IMMOunited/ RE/MAX Eigentumswohnung: Preise
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Im Brennpunkt: Tirol
Der gute Mix macht`s Wirtschaftsstandort. Die richtige Kombination aus Industrie, Gewerbe, Handel, Dienstleistung und Tourismus sind Garanten für den Erfolg. Autor: Ursula Rischanek
E „Wir unterstreichen
damit das Bekenntnis zu unserer Heimat Wattens.“ Markus Langes-Swarovski, Position und Firma
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nde April war es so weit: Die Swarovski Kristallwelten in Wattens haben nach dem Umbau ihre Pforten wieder geöffnet. Rund 34 Millionen Euro hat Swarovski für den Ausbau in Wattens in die Hand genommen. Die Fläche wurde in den vergangenen 1,5 Jahren von 3,5 auf 7,5 Hektar mehr als verdoppelt, fünf Wunderkammern mit Hilfe eines internationalen Netzwerks an außergewöhnlichen Künstlern und Designern neu gestaltet. Seit der Eröffnung im Jahr 1995 besuchten die Kristallwelten den Angaben zufolge mehr als 12 Millionen Menschen. Die Sehenswürdigkeit soll künftig noch stärker als Ganzjahresdestination positioniert werden und jährlich bis zu 850.000 Besucher (derzeit 700.000) anziehen. „Wir unterstreichen damit das Bekenntnis zu unserer Heimat Wattens“, sagt Markus Langes-Swarovski, Mitglied des Swarovski Executive Board.
Deutliches Bekenntnis
Aber auch andere Unternehmen legen ein deutliches Bekenntnis zum Standort Tirol ab: Der schwedische Möbelriese Ikea etwa baut seinen Standort am Areal des Innsbrucker Einkaufszentrums DEZ aus. Die Verkaufsfläche wird um rund 5.000 Quadratmeter erweitert, dazu kommen 135 neue Parkplätze. Rund 27 Millionen Euro werden in den Ausbau, der im Spätherbst eröffnet werden soll, investiert. Der Südtiroler Seilbahn-Riese Leitner hegt für seinen Tiroler Standort Telfs ebenfalls Ausbaupläne. Investiert werden sollen zumindest zehn Millionen Euro, hat Leitner-Chef Michael Seeber vor kurzem angekündigt. Eine endgültige Entscheidung wird im Herbst fallen. Auf Tirol setzt auch der Südtiroler Schneekanonen-Hersteller TechnoAlpin, der in Volders ein neues Logistikzentrum errichten will.
Dem aktuellen Konjunkturbarometer der Wirtschaftskammer Tirol zufolge wollen 23 Prozent der Leitbetriebe in den nächsten Monaten wieder mehr investieren. Damit sei die Investitionsbereitschaft zwar leicht gestiegen, aber das aktuelle Steuerpaket und die ausbleibenden Reformen würden Verwirrung stiften und die Betriebe nach wie vor verunsichern, sagt dazu WK Tirol-Direktorin Evelyn Geiger-Anker. Demnach wolle ein Fünftel der Leitbetriebe deshalb die Investitionen sogar zurückfahren. Was fehle, seien klare Investitionsanreize, wie beispielsweise degressive Abschreibung oder eine Investitionszuwachsprämie.
„Top-Tirol“
Fotos: Credits
Licht am Horizont
Dabei lässt das Konjunkturbarometer „TopTirol“ sogar Hoffnung aufkeimen, so erreichte der Geschäftsklimawert der heimischen Unternehmen mit 34 Prozentpunkten den besten Wert seit der Konjunkturerholung 2011. Zum Jahreswechsel hat sich die Situation der Unternehmen durchschnittlich um elf Prozentpunkte verbessert, heißt es in der Umfrage unter 227 Tiroler Unternehmen. 44 Prozent der Leitbetriebe bezeichnen ihre aktuelle Wirtschaftslage gar als gut, nur sieben Prozent sind unzufrieden. Besonders die Industriebetriebe (58 Prozent positiv) und Tourismusunternehmen (51 Prozent positiv) sowie die exportierenden Firmen berichten von einer guten wirtschaftlichen Lage. Weniger optimistisch ist hingegen die Bauwirtschaft: Nur sechs Prozent der Bauunternehmen schätzen ihre Lage als positiv ein, neun Prozent sind in ihrer Eigenbetrachtung negativ. Auch in den nächsten Monaten herrscht Optimismus, gehen doch immerhin 34 Prozent der Befragten von einer positiven wirtschaftlichen Entwicklung bis zum Sommer aus. Die verbesserte Wirtschaftslage sei allerdings nur durch die internationalen Rahmenbedingungen zu erklären und kein Erfolg der heimischen Politik, bremst WK-Präsident Jürgen Bodenseer die Euphorie. Die Steigerung gehe hauptsächlich auf den Export und hier insbesondere auf Deutschland zurück. Der Euro begünstige den Export zusätzlich und der zuletzt deutlich gefallene Rohölpreis würde die Rohstoffkosten senken. „Wir müssen darüber reden, wie wir die Betriebe dazu kriegen, zu investieren und neue Arbeitsplätze zu schaffen“, fordert Bodenseer.
Was aber macht den Wirtschaftsstandort Tirol so interessant? Ein Blick auf die Wirtschaftsdaten gibt die Antwort: Mit einem Bruttoregionalprodukt von zuletzt 36.800 Euro liegt Tirol im Bundesländervergleich hinter Wien, Salzburg und Vorarlberg auf Platz vier, eine Forschungsquote von 2,77 Prozent beschert den Tirolern Rang drei hinter Wien und der Steiermark. Relativ gut schneidet das Bundesland auch bei den Arbeitslosenzahlen ab: Mit einer durchschnittlichen Arbeitslosenquote von 6,9 Prozent lag Tirol im Vorjahr deutlich unter dem Österreich-Wert von 8,4 Prozent. Zuwächse gibt es regelmäßig bei der Kaufkraft: diese kletterte im Vorjahr von 19.599 auf 20.020 Euro und liegt nur noch knapp unter dem Österreich-Schnitt von 20.369 Euro. Bemerkenswert ist, dass nur 11,9 Prozent der zum Teil hochalpinen Landesfläche als Dauersiedlungsraum geeignet sind. Auf diesem nur rund 1.500 Quadratkilometer großen Siedlungsraum allerdings erwirtschaftet Tirol mit rund 365.000 Erwerbstätigen (Selbstständige und Unselbstständige) eine Wirtschaftsleistung in Höhe von über 25 Milliarden Euro. Bereits jetzt werde die angestrebte Industriequote von 20 Prozent überschritten, ist Reinhard
„Industrie und Wirtschaft unterliegen schon heute den strengsten Richtlinien in ganz Österreich.“ Reinhard Schretter, Präsident der Tiroler Industrieellenvereinigung
Schretter, Präsident der Tiroler Industrieellenvereinigung zufrieden. Gegenwärtig beschäftigt die Tiroler Industrie mehr als 41.000 Mitarbeiter und erzielt einen Produktionswert von mehr als neun Milliarden Euro.
Starke Faktoren machen´s aus... GEWERBE
TOURISMUS
ERFOLG
DIENSTLEISTUNG
HANDEL
INDUSTRIE
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Im Brennpunkt: Tirol Starke Faktoren
Viele Förderungen
Für Bodenseer liegt die Stärke des Wirtschaftsstandortes vor allem im guten Mix aus Industrie, Gewerbe, Dienstleistung und Handel. Der Tourismus setze dem ganzen schließlich die Krone auf. Dazu komme die regionale Verteilung: „Gerade KMU sind nicht nur in den Ballungsgebieten, sondern auch in den Tälern daheim“, so Bodenseer. Auch die solide Finanzlage des Landes trage dazu bei, dass sich Tirol in einem nach wie vor schwierigen Umfeld weiter behauptet, ist Landeshauptmann Günther Platter überzeugt. Sollte die Wirtschaft stärker schwächeln als bisher angenommen, sei das Land daher flexibel genug, um ein Konjunkturpaket zu schnüren.
Um die Investitionslust zu steigern, bietet Tirol gemeinsam mit den Förderungen des Bundes ein breites Programm für Ansiedlungen, Betriebserweiterungen und Innovationen. So können beispielsweise in Nordtirol bis zu 15 Prozent, in Osttirol (Regionalförderungsgebiet) bis zu 25 Prozent der für KMU anfallenden Kosten gefördert werden. Zudem können in Osttirol auch Großunternehmen bis zu 15 Prozent unterstützt werden. Beispielsweise werden im Rahmen des Impulspakets Tirol Vorhaben, durch die besondere Impulse für ein nachhaltiges Wachstum und die Sicherung von Arbeitsplätzen erzielt werden sollen, gefördert: dabei handelt es sich um Investitionen in Sachanlagen und immaterielle Werte (Patentrechteerwerb etc.). Die Mindestinvestitionssumme muss bei einer halben Million Euro liegen, das Maximum sind 30 Millionen Euro. Der Zuschuss beträgt maximal fünf Prozent. In nationalen Regionalförderungsgebieten ist ein Aufschlag bis zu fünf Prozent möglich. Kleinunternehmen wird weiters bei Vorhaben, die eine wesentliche Verbesserung der regionalen Betriebsstruktur zum Ziel haben, unter die Arme gegriffen.
Ein weiteres schlagendes Argument für Tirol ist das Ausbildungsniveau der Mitarbeiter, zählt doch das Ausbildungsniveau in Tirol zu den höchsten in Europa. Dafür sorgen unter anderem mehr als zehn Höhere Technische Lehranstalten bzw. Kollegs, zwei Fachhochschulen und drei Universitäten sowie die Tatsache, dass auch die Lehrlingsausbildung dank des Engagements der Unternehmen auf soliden Füßen steht. Die Verflechtung der Bildungs- und Forschungseinrichtungen mit Unternehmen wird unter anderem durch mehr als zehn Branchennetzwerke, darunter sieben Cluster, getragen. In den Clustern spiegeln sich auch die Stärkefelder der Tiroler Wirtschaft wider – nämlich Life Sciences, Mechatronik Erneuerbare Energie, Informationstechnologien und Wellness.
„Zählt doch das Ausbildungs niveau in Tirol zu den höchsten in Europa.“
„Weitere Belastungen für den Warentransport sind standort politisch höchst kontraproduktiv.“ Josef Lettenbichler, IV-Geschäftsführer
unter anderem der Landesumweltanwalt weisungsfrei gestellt und Tabustrecken an Flüssen und Bächen ausgewiesen. Gleichzeitig soll aber auch der Ausbau der Wasserkraft und die Modernisierung bestehender Kleinwasserkraftanlagen erleichtert werden. „Industrie und Wirtschaft unterliegen schon heute den strengsten Richtlinien in ganz Österreich und sind dadurch im Wettbewerb mit anderen Regionen deutlich benachteiligt“, hatte Tirols IVPräsident Schretter im Vorfeld gewettert. Die Novelle sei wiederum ein Musterbeispiel für golden plating, die zusätzliche Verschärfung von Gesetzen und Verordnungen, und würde Tirol als erfolgreichen Standort zurückwerfen. Mautpläne werden abgelehnt
Viel Handlungsbedarf
„Gerade KMU sind
nicht nur in den Ballungsgebieten, sondern auch in den Tälern daheim“. Jürgen Bodenseer, Präsident WKO Tirol
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Wo Licht ist, ist aber bekanntlich auch Schatten. Und damit stößt auch am Wirtschaftsstandort einiges sauer auf: so hat WirtschaftskammerChef Bodenseer bereits wiederholt das Chaos im Förderdschungel kritisiert und stattdessen zielgerichtete, koordinierte Schritte gefordert. Ein weiteres kritisches Thema neben der überbordenden Bürokratie ist für viele Betriebe der neue Gefahrenzonenplan, der vielerorts Firmenflächen als rote Zonen ausweist und so Erweiterungen verhindert. Für wenig Freude hat auch die im Dezember im Landtag beschlossene Novelle zum Tiroler Naturschutzgesetz gesorgt. Durch sie werden
Wenig Freude hat die Industrie auch mit den Überlegungen zur Einführung einer flächendeckenden Maut auf Landes- und Gemeindestraßen. „Weitere einseitige Belastungen für den Transport von Waren sind standortpolitisch höchst kontraproduktiv und haben offenbar lediglich den Zweck, zusätzliche Millionen in die Landeshaushalte zu spülen“, so IV-Geschäftsführer Josef Lettenbichler. Diese neue Belastung führe weder zu einer Verlagerung auf die Schiene noch zu sonstigen verkehrspolitisch positiven Effekten. Zudem werde die heimische Wirtschaft in Tirol durch einen österreichweit einzigartigen Mautzuschlag für LKW-Fahrten auf Autobahnen zusätzlich belastet und dadurch benachteiligt.
Brenner Basis Tunnel (BBT)
Generell gehe es im Land nicht um den Erhalt von Arbeitsplätzen oder darum, wie die Konjunktur wieder in Gang gebracht werden könne, wetterte Bodenseer bei der Präsentation des Konjunkturbarometers. „Wir reden über die falschen Dinge: Es geht um neue Steuerabsaugideen, um die flächendeckende Lkw-Maut, wir verlängern die grünen Wochen und beschneiden durch die Ausweisung von Natura 2000- und Naturschutzgebieten den Lebensraum und die Entwicklungsmöglichkeiten unserer Unternehmen. Wir sagen Nein zum Brückenschlag, aber Ja zu IG-Luft, um damit womöglich das sektorale Fahrverbot zu bekommen“. Weniger Bürokratie
Um den Standort auch für die nächsten Jahre abzusichern, sehen Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung ein breites Betätigungsfeld: Neben dem Abbau von Bürokratie, die jetzt unter anderem mit langen und komplizierten Anlagebewilligungsverfahren,
Auflagen und Strafen Unternehmen das Leben schwer mache, sowie dem Durchforsten des Förderungsdschungels ist dies auch die weitere Technologisierung und Industrialisierung Tirols. Unter anderem sollte der Bedeutung der Leitbetriebe für Export, Beschäftigung und Zulieferbetriebe durch deren weitere Stärkung Rechnung getragen werden. Von großer Wichtigkeit sei auch der Brenner Basistunnel (BBT), der nicht nur als vorrangiges Infrastrukturvorhaben der Transeuropäischen Netze (TEN), sondern auch als europäisches Vorzeigeprojekt gilt. Mit dem offiziellen Tunnelanstich für den Hauptstollen im Innsbrucker Ahrental wurde vor wenigen Wochen eine neue Etappe in dem Monsterprojekt begonnen. Zehn Milliarden Euro wird der Tunnel nach aktuellen Schätzungen zufolge bis zur Inbetriebnahme im Dezember 2026 kosten, 700 Millionen Euro wurden bereits verbaut. n
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Im Brennpunkt: Tirol
Im Westen wenig Neues Einkaufstempel. Kaum weiße Flecken und eine strenge Raumordnung bremsen die Neubau-Aktivitäten in Tirol. Autor: Ursula Rischanek
V „Es gibt in Tirol so gut wie keine weißen Flecken mehr, außer vielleicht bei Landeck.“ Roman Schwarzenecker, Standort+Markt
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erschönern statt erneuern, so lautet auch in Tirol die Devise der Betreiber von Einkaufs- und Fachmarktzentren. Denn auch in diesem Bundesland hat vor einigen Jahren die Raumordnung dem Wildwuchs an Shopping-Tempeln auf der grünen Wiese einen Riegel vorgeschoben. „Fachmarktzentren wurden damals mit Einkaufszentren gleich gestellt“, sagt Leonhard Pertl, Leiter der Projektentwicklung der Wegscheider Unternehmensgruppe. Sämtliche Handelsagglomerationen würden nun auch unter die Sonderflächenwidmung fallen – „damit hat man den Neubau de facto ausgeschaltet“, sagt Pertl.
Doch nicht nur die Flächenwidmung, sondern auch die Übersättigung hat neue Einkaufszentren-Projekte gleichsam ausgehebelt. „Es gibt in Tirol so gut wie keine weißen Flecken mehr, außer vielleicht bei Landeck“, sagt Roman Schwarzenecker vom Beratungsunternehmen Standort+Markt. Immerhin würden 22 Einkaufscenter mit einer gesamten Verkaufsfläche von rund 366.000 Quadratmetern um die Gunst der Kunden buhlen. „Der Marktanteil der Center am gesamten Handel liegt in Tirol bei 32 Prozent, österreichweit sind es 23,8 Prozent“, rechnet Schwarzenecker vor. Und mit einem Verkaufsflächenanteil von durchschnittlich 0,5 Quadratmetern pro Ein-
5400 Quadratmeter großen Zubau auf nun 29.500 Quadratmeter erweitert worden.
„Fachmarktzentren wurden Einkaufszentren gleichgestellt – damit hat man den Neubau de facto ausgeschaltet.“ Leonhard Pertl, Leiter Projektentwicklung Wegscheider Unternehmensgruppe
Auch auf dem Areal des DEZ sind Baufahrzeuge aufgefahren: der schwedische Möbelriese Ikea erweitert seinen Innsbrucker Standort um rund 5000 Quadratmeter. Kostenpunkt: rund 27 Millionen Euro. Die Eröffnung der um ein Drittel größeren Ikea-Filiale soll im Herbst über die Bühne gehen. Und auch im DEZ selbst wird immer wieder Hand angelegt: erst vor wenigen Wochen wurden fünf der 118 Shops nach ihrer Neugestaltung wieder eröffnet. Gefragte Innenstädte
Und doch: ganz zum Erliegen ist der Neubau von Einkaufsflächen nicht gekommen. „Selektive Investments finden in den Ortskernen statt“, sagt Pertl und nennt in diesem Zusammenhang etwa Projekte wie das Kaufhaus
wohner liegt Tirol ebenfalls leicht über dem Österreichschnitt von 0,44 Quadratmetern. Pertl führt noch ein anderes Argument ins Treffen: „Durch den Online-Handel geht der Flächenbedarf sukzessive zurück“.
Fotos: Fotolia
„Shoppingcenter der Zukunft sind mehr als nur Orte zum Einkaufen“, sagt Wild. Diese Entwicklung forderte Shoppingcenter-Entwickler, sich in puncto Aufenthaltsqualität und Shops richtig aufzustellen. Erst 2007 war die Verkaufs- und Kundenfläche im Sillpark um einen
Leonard Pertl
1000 Quadratmeter Einkaufsflächen bietet – Baubeginn soll spätestens im Frühjahr 2016 sein. Bereits in Bau ist das Kultur Quartier Kufstein. Rund 40 Millionen Euro investiert die Firma Bodner in das multifunktionale Objekt, das neben rund 2500 Quadratmetern Geschäftsflächen auch ein Theater mit 175 Sitzplätzen, ein Hotel, Eigentumswohnungen sowie Büro-, Kanzlei- und Ordinationsflächen beherbergen wird. Die Fertigstellung des „Kultur Quartier Kufstein“ ist für Mitte 2016 geplant. Neuer Turm
Relaunches
Den bestehenden Einkaufszentren bleibt daher nur eines übrig: sich selbst immer wieder neu zu erfinden. Dies gilt etwa für den Innsbrucker Sillpark: Rund 20 Millionen Euro nimmt der Betreiber SES Spar European Shopping Centers in die Hand, um Aufenthalts- und Wohlfühlqualität des 1990 eröffneten Einkaufszentrums, das im Vorjahr rund 5,5 Millionen Besucher zählte, zu steigern. „Emotion in allem, was wir umsetzen – das ist unsere Devise für 2015“, bringt es Marcus Wild, Vorsitzender der Geschäftsleitung von SES, auf den Punkt. Unter anderem wird der Ankerbetrieb Interspar zum modernsten Hypermarkt Österreichs umgebaut, die angrenzenden Bereiche sowie die Zugänge aus der Tiefgarage werden attraktiviert und optimiert. Im Herbst soll das Refurbishment des Sillpark abgeschlossen sein.
„Die Zeiten der Wellblechbuden sind vorbei.“
„Emotion in allem, was wir umsetzen – das ist unsere Devise für 2015.“ Marcus Wild, Vorsitzender der Geschäftsleitung SES
Tyrol, die Rathaus Galerien Innsbruck, die Galerien Kufstein oder die Kitz Galleria. Der Trend geht eindeutig in Richtung gemischt genutzter Objekte: Bereits eröffnet wurde auch das Einkaufszentrum Kiss in Kufstein, in das die beiden Investoren Johann Höger sowie die Unterberger Immobilien GmbH etwa 30 Millionen Euro investiert haben. Oder das für Gastro, Shopping, Kino und Fitness genutzte M4 Wörgl. Weitere Projekte sind in der Pipeline: Dazu gehört etwa das Projekt A2, ebenfalls in Wörgl, das neben Wohnungen und Büros auch rund
Auch in Innsbruck wird bereits eifrig an einem weiteren gemischt genutzten Objekt gearbeitet: Im Herzen der Landeshauptstadt errichtet Pema-Eigentümer Markus Schafferer bis 2017 einen weiteren 50 Meter hohen Turm, der einen Mix aus Wohnen, Retail, Szenegastronomie und öffentlichen Begegnungsort darstellen wird. In das Projekt „Pema 2“, das einerseits für die direkte Verbindung der Innenstadt mit dem Stadtteil Pradl steht und andererseits als Tor zum neu entstehenden Stadtteil am derzeitigen Areal des Innsbrucker Frachtenbahnhofes dient, werden rund 60 Millionen Euro investiert. Genauso viel ist im Übrigen in „Pema 1“, den höchsten Turm der Innsbrucker Innenstadt, geflossen. „Allerdings muss man sagen, dass auch schöne Einkaufszentren in der Innenstadt den Einkaufsstraßen das Wasser abgraben“, sagt Pertl. Um das zu vermeiden, seien parallel dazu Programme zur Attraktivierung derselben nötig. Man müsse dazu übergehen, die Einkaufsstraßen nicht mehr nur als Straßen, sondern auch als Kommunikationsräume anzusehen und diese entsprechend zu gestalten. Pertl: „Das reicht von der Zurücknahme der Fahrbahnen bis zur Straßenmöblierung“.
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Im Brennpunkt: Tirol
In der Warteschleife
Darüber hinaus ist noch das eine oder andere Projekt in Planung: so soll Spar demnächst in Kitzbühel mit dem Bau eines rund 5000 Quadratmeter großen Fachmarktzentrums beginnen. Nach wie vor offen ist die Zukunft des an der Dolomitenkreuzung in Lienz geplanten Kaufhauses Lienz. Mit rund 8500 Quadratmetern Verkaufsfläche wäre das seit Jahren heiß diskutierte Projekt fast doppelt so groß wie das Fachmarktzentrum in Nußdorf-Debant. Medienberichten zufolge hat Immobilien-Tycoon René Benko, dessen ICM Baumanagement GmbH bei diesem Projekt als Projektentwickler auftritt, erst vor kurzem rund 4,5 Millionen Euro für das Grundstück geboten.
DIE GEMEINSCHAFTSMARKE ” ALU-FENSTER FÖRDERT DEN GEBÄUDELEBENSZYKLUS.” Michael Pech, MRICS Vorstand ÖSW AG
Aber auch Möbel-, Elektro- oder Autohandel sowie Baumärkte treten immer wieder mit dem einen oder anderen neuen Standort in Erscheinung. So steht in Völs in der Nähe des Einkaufszentrums Cyta der Bau eines Baumarktes an, Baubeginn könnte noch heuer sein. Wurden bisher viele davon – genauso wie diverse Fachmarktzentren – ohne viel architektonisches Feingefühl errichtet, so zeichnet sich jetzt ein Trend zu mehr Optik ab. „Die Zeiten der Wellblechbuden sind vorbei“, sagt Pertl. Kein Fachmarkt- oder Einkaufszentrum, sondern einen Wirtschaftspark auf mehr als 40.000 Quadratmetern hat die Wegscheider Unternehmensgruppe, die über Gesellschaften auch die Fachmarktzentren Westend und Kufstein Nord sowie das Plus Wörgl besitzt, im Talon: Derzeit befindet sich das Regio Park Tirol genannte Projekt in der Konzeptionsphase, die Umsetzung hängt auch von der Umsetzung eines neuen Autobahnanschlusses ab. „Bis das erste Bauwerk entsteht, wird es noch zwei Jahre dauern“, sagt Pertl. n
Delugan Meissl Associated Architects
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5/22/15 9:16 AM
Leistbar oder nicht leistbar, das ist (k)eine Frage - Part II Kommentar: Roland Schmid Eigentümer IMMOunited GmbH & Imabis GmbH
n Nachdem wir in der letzten Ausgabe den niederösterreichischen Wohnungsmarkt betrachtet haben, widmen wir uns diesmal den Immobilieninteressierten im Westen Österreichs und beobachten Tirols fünf größte Städte und deren nähere Umgebung. Mit IMMOunited (tatsächliche Immobilientransaktionen) und Imabis (Online-Angebotsmarkt) analysieren wir den österreichischen Immobilienmarkt sehr detailliert und können mit den ausgewerteten Quadratmeterpreisen bzw. deren Entwicklung eine Antwort auf die Frage: „Wo liegt das Einsparungspotential, wenn ich eine Immobilie etwas außerhalb der Stadt, in deren Umland, wähle?“ geben. Betrachten wir die Immobilientransaktionen in Innsbruck, so kann man hier richtig sparen: Wohnungen rund um die Landeshauptstadt liegen etwa über einem Viertel unter dem Preisniveau des Stadtgebiets. So wechselte 2014 beispielsweise eine 114 Quadratmeter große Eigentumswohnung in Götzens für 315.000 Euro den Besitzer, aktuell wird dort vergleichbar eine wunderschöne 4-Zimmer-Wohnung um 273.000 Euro angeboten. Der durchschnittliche Preis pro Quadratmeter in Telfs ist hingegen sehr, sehr niedrig und es zahlt sich hier bei einer Differenz von 0,42 Prozent nicht aus, in der näheren Umgebung nach günstigeren Objekten Ausschau zu halten, wenn man direkt in Telfs wohnen möchte. In der Anton-Auer-Straße wechselte etwa im letzten Jahr eine 42 Quadratmeter große Eigentumswohnung für 73.000 Euro ihren Besitzer, aktuell wird eine 110 Quadratmeter große 5-Zimmer-Wohnung zum Preis von 199.000 Euro angeboten.
umfassende Eigentumswohnung für 192.000 Euro erwerben bzw. steht in dieser Region derzeit eine 127 Quadratmeter Wohnung zum Preis von 335.000 Euro noch preiswerter zum Verkauf. Das Preisniveau in Schwaz lädt jedenfalls dazu ein, erschwinglichere Alternativen zu nutzen: rund 10 Prozent erspart sich der potentielle Käufer durch gezielte Suche im Umland. So wurde in Hainzenberg beispielsweise eine 55 Quadratmeter Wohnung im Vorjahr für 125.000 Euro an den Interessenten gebracht. Aktuell im Angebot befindet sich eine 103 Quadratmeter Wohnung zum Preis von 260.000 Euro. Grundsätzlich können wir somit festhalten, dass Wohnen im Umland eine entscheidend leistbarere Option für Immobiliensuchende darstellen kann, diese Preisunterschiede allerdings bei unserem Beispiel Tirol mit Ausnahme der Städte Innsbruck und Schwaz eher zu vernachlässigen sind. Dies mag freilich an dem fast nahtlosen Übergang zwischen Stadt und Land, also den sehr ländlich geprägten Städten, liegen.
Vergleich Quadratmeterperise Tirol ausgewertet nach Kaufvertragspreisen Prozentuelle Differenz Städte vs. Umland | KV-Datum: 2014 4 3,5
-26,99%
3
-1,97% -4,71%
2,5
Einen lediglich geringen Unterschied zu den „Speckgürtel“-Preisen finden wir in Hall in Tirol. Dieses Gebiet stellt jedoch sicherlich eine kostengünstige Alternative zum nahegelegenen Innsbruck dar. So konnte man 2014 etwa in der Rudolfstraße 20 eine 69 Quadratmeter
+0,42%
2
€ in Tsd.
Fotos: Imabis1
Kufstein weist mit unter 5 Prozent nur einen geringen Unterschied zwischen Stadt und Umland auf: aktuell befindet sich in Alpbach eine 176 Quadratmeter große 6-Zimmer-Eigentumswohnung zu einem Quadratmeterpreis von 2.386 Euro pro Quadratmeter im Online-Angebot.
-9,80%
Innsbruck Stadt/Umland
Kufstein/ Umland
Telfs/ Umland
Hall in Tirol/ Umland
Schwaz/ Umland
Quelle: IMMOunited
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Im Brennpunkt: Tirol
Und es geht weiter Projekte. Der heimische Tourismusweltmeister investiert eifrig, um die Attraktivität der Destination weiter zu steigern. Autor: Ursula Rischanek
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ich auf den Lorbeeren auszuruhen, daran denkt die Tiroler Tourismuswirtschaft definitiv nicht. Es wird projektiert und investiert, dass man nur so schaut. Das Spektrum ist breit gefächert – es reicht von der Seilbahn bis zum Hallenbad, vom Hotel bis zur Aussichtsplattform. Das wohl spektakulärste Projekt in diesem Zusammenhang ist der Ausbau der Swarovski Kristallwelten in Wattens. 34 Millionen Euro wurden investiert, die Fläche in den vergangenen 1,5 Jahren von 3,5 auf 7,5 Hektar mehr als verdoppelt. Fünf Wunderkammern von Künstlern und Designern neu
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gestaltet, rund um die Ikone des Riesen entstand eine Parklandschaft mit Kunstinstallationen und neuen Attraktionen. Herzstück des neuen Gartens ist die über schwarzem Spiegelwasser schwebende Kristallwolke, die rund 1400 Quadratmeter einnimmt und aus etwa 800.000 handgesetzten Swarovski-Kristallen besteht. Neu sind auch ein Gastronomie-Pavillon sowie ein vierstöckiger Spielturm. Mit der Erweiterung sollen die Kristallwelten noch mehr als bisher als Ganzjahresdestination etabliert und die Zahl der Besucher von bisher durchschnittlich 600.000 auf 850.000 gesteigert werden.
17 Infrastrukturprojekte
Rund 75 Millionen Euro lässt der Tourismusverband Ötztal bis 2016 in den Ausbau von insgesamt 17 Infrastrukturprojekten fließen. Dazu zählen unter anderem ein Apfelweg, ein Themenweg mit interaktiven Wissensstationen (Investment: 100.000 Euro), die FamilienErlebniswelt am Berg in Hochoetz (Kosten: 2,2 Millionen Euro) oder die Wegverlegung des von Steinschlag bedrohten Stubenfallwegs (Kosten: 1,8 Millionen Euro). Größter Brocken ist die Neugestaltung des Söldener Ortskerns, die mit rund 20 Millionen Euro zu Buche schlägt. Auch das Stubaital rüstet im Rahmen von Stubai 2021 mit diversen Projekten auf: Bis Herbst diesen Jahres soll die 3S Eisgratbahn am Stubaier Gletscher fertig sein – Kostenpunkt: etwa 50 Millionen Euro. Geplant sind unter anderem eine Zubringerbahn von Neustift in das Skigebiet Schlick 2000 in Fulpmes sowie zwei neue Pisten und eine Skiroute. In Hinblick auf die kommende Sommersaison werden darüber hinaus sechs neue Naturschauplätze errichtet, auch der Speicherteich an der Bergstation der Serleslifte Mieders wird attraktiviert. Neue Hotels
Viel tut sich auch an der Hotel-Front: Derzeit werden in Tirol etwas mehr als 340.000 Betten gezählt, jedes zweite davon entfällt auf die Hotellerie. Noch heuer will der Immobilienentwickler Redserve mit dem Bau eines Hotels in Hall-West sowie einem multifunktionalen Projekt in Kaltenbach im Zillertal beginnen.
„2016 beginnen wir
Fotos: Credits
mit dem Bau des Alp Style Tulip Inn Hotels in Reutte.“ Thomas Oberhofer, Geschäftsführer Redserve GmbH Real Estate Development Services
Im kommenden Jahr soll es dann mit dem Hotelprojekt im Alten Zollhaus in Niederndorf losgehen, so Geschäftsführer Thomas Oberhofer. „Ebenfalls im nächsten Jahr werden wir auch mit dem Bau des Alp Style Tulip Inn Hotels in Reutte beginnen“, sagt Oberhofer. In einer ersten Phase wird ein Haus mit 120 Zimmern errichtet, eine Erweiterung ist bereits vorgesehen. Angaben über die Kosten für das Projekt könne er derzeit noch nicht machen, so Oberhofer. Selbst Skilegende Hermann Maier springt auf den Tourismus-Zug auf und geht unter die Hoteliers: in St. Johann errichtet er Medienberichten zufolge ein familienfreundliches Dreisternhotel mit 85 Zimmern. Nur wenig davon entfernt ist mit dem „Explorer Hotel“ allerdings ein weiteres Dreisternprojekt mit 100 Zimmern und ähnlicher Ausrichtung geplant.
„Die Projekte sind wieder mehr geworden. Der Tiroler Tourismus ist ein stabiles Geschäftsfeld“. Wolfgang Kleemann Direktor Österreichische Hotel- und Tourismusbank GmbH
„Der Sommertourismus ist in Tirol wirklich wertschöpfend.“ Peter Zellmann
Gutes Investitionsklima
„Die Projekte sind wieder mehr geworden“, sagt Wolfgang Kleemann, Direktor der Österreichische Hotel- und Tourismusbank GmbH. Dass Investitionen in Tourismusprojekte derzeit so gefragt sind, hat laut Kleemann verschiedene Gründe: „Zum einen ist der Tiroler Tourismus ein stabiles Geschäftsfeld“. Dies belegen auch die Zahlen der vergangenen Wintersaison: Zwischen November 2014 und März 2015 wurden fünf Millionen Ankünfte gezählt – um 4,9 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Nächtigungen haben um 2,2 Prozent auf 23,7 Millionen zugelegt. Aber nicht nur das: Auch als Sommerurlaubsdestination hat sich Tirol etabliert. So wurden in der vergangenen Sommersaison mit erstmals knapp fünf Millionen Ankünften (+2,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr) und dem besten Nächtigungsergebnis seit 1995 mit rund 19 Millionen (+1,2 Prozent im Jahresabstand) neue Benchmarks gesetzt. Damit es so weiter geht, steckt die Tirol Werbung in die Bewerbung des heuri-
gen Sommers rund 4,8 Millionen Euro. „Der Sommertourismus ist in Tirol wirklich wertschöpfend und nicht nur alibimäßig“, wie Tourismusforscher Peter Zellmann feststellt. Dies sei unter anderem auf Investitionen der Seilbahnwirtschaft zurück zu führen. Und auch für die Zukunft räumen beide Experten dem Tiroler Tourismus stabile Aussichten ein, sei man doch auf dem besten Weg, den Gästen Tirol selbst in der Nebensaison schmackhaft zu machen. „Außerdem liegen die Skigebiete so hoch, dass der Klimawandel zu verkraften ist“, so Zellmann. Handfeste Sachwerte
Die Tatsache, dass hinter den Investitionen mit den Immobilien handfeste Sachwerte stünden, fördere ebenfalls die Investitionslust, ist Kleemann überzeugt. Dazu käme die Tatsache, dass mit derartigen Investments „allemal höhere Renditen als mit Finanzanlagen“ erwirtschaftet würden. Je nach Standort, Größe und Qualität seien drei bis acht Prozent möglich.
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Entscheidend sei, dass die Investments weitgehend authentisch und bodenständig sind – und dass sich die einheimische Bevölkerung damit identifiziere. „Davon kann man in Tirol durchaus sprechen“, sagt Zellmann. Wobei: nicht immer geht alles reibungslos über die Bühne. In Fügen im Zillertal beispielsweise erregt ein geplantes 400 Betten-Hotel bei der Therme die Gemüter. Projektbetreiber ist die im Dezember des Vorjahres ins Firmenbuch eingetragene Hotel Resort Fügen GmbH in Kitzbühel. Tourismusbetriebe haben bereits rund 100 Unterschriften gegen das Projekt gesammelt. Auf Investitionskurs ist auch das Freizeitzentrum Fügen mit der Erlebnistherme. „Wir investieren im kommenden Jahr rund 2,5 Millionen Euro in einen Zubau und die Erweiterung der Liegeflächen“, sagt Sonja Kohler, Geschäftsleiterin des Freizeitzentrums Fügen. Ein paar Jahre später soll der Ausbau der Sauna folgen – auch dafür sind rund 2,5 Millionen Euro budgetiert. Manchmal gehen Tiroler Investoren bei ihren Investitionen allerdings auch fremd, sprich in andere Bundesländer: So errichtet zum Beispiel der Lermooser Erich Mayer in Gosau in Oberösterreich das Leading Family Hotel & Resort Dachsteinkönig. Mehr als 40 Millionen Euro investiert Mayer in das Hotel mit 105 Zimmern und rund 15 Chalets. Das
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Kinderhotel - nach dem Leading Family Hotel & Resort Alpenrose in Lermoos und dem Kinderhotel Oberjoch in Bayern das dritte Haus dieser Art - soll im Dezember 2015 eröffnet werden. Ins Ausland zieht es hingegen Harald Ultsch, Besitzer des Romantikhotels Schwarzer Adler sowie von Adlers Hotel – und zwar mit Harry`s Home. Nach Dornbirn, Linz, Graz und Wien soll im August dieses Jahres das fünfte „unmögliche Hotel“ in der bayrischen Landeshauptstadt eröffnet werden. 2017 sollen Harry`s Home-Hotels in Lienz und 2018 in Zürich ihre Pforten öffnen. Die Investitionen zeigen aber auch eines: Den Investoren ist die Bedeutung des Wirtschaftsfaktors Tourismus durchaus bewusst: so hängt immerhin jeder dritte Vollzeitarbeitsplatz in Tirol direkt von der Tourismus- und Freizeitwirtschaft ab, jeder dritte Euro wird im Tourismus verdient. Außerdem werden nach Angaben von Landeshauptmann Günther Platter 90 Prozent der touristischen Investitionen in der Heimat getätigt. Die direkte touristische Wertschöpfung Tirols beträgt rund vier Milliarden Euro, der Anteil des Tourismus am Tiroler BIP liegt bei rund 18 Prozent. „Tirol hat es geschafft, sich neben Wien international als Gesamtmarke zu positionieren“, fasst Tourismusforscher Zellmann zusammen. n
„Tirol hat es geschafft, sich neben Wien international als Gesamtmarke zu positionieren.“ Peter Zellmann, Institut für Freizeit- und Tourismusforschung
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Hartnäckig innovativ Stillstand bedeutet Rückschritt. Stillstand herrscht aber auch, wenn man immer dasselbe macht, meint Daniel Jelitzka im Gespräch mit dem ImmoFokus. Das Gespräch führte: Michael Neubauer
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„Wir sind extreme Teamplayer. Wir haben extrem viel Spaß an unserer Arbeit, legen extremen Wert auf Innovation.“ Daniel Jelitzka JP Immobilien
Wie sind Sie in die Immobilienwirtschaft eingestiegen? Jelizka. Ich habe in Graz Jus und in Frankfurt Immobilienökonomie studiert. Von dort bin ich dann direkt zur Constantia Privatbank gekommen, wo ich sowohl für Michael Mitterdorfer als auch für Karl Petrikovic gearbeitet habe. Mit einigen der „Immobilien-Urgesteine“ von damals bin ich noch heute in Kontakt. Die meisten von ihnen sind der Immobilien Branche treu geblieben und äußerst erfolgreich.
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Meine Jahre bei der Constantia waren sehr intensiv. Ich habe eigentlich nur gearbeitet, gegessen und geschlafen. Das Schönste für mich als Steirer war damals die Triester Straße. Wenn ich die Straße stadtauswärts gefahren bin, habe ich gewusst, es geht Richtung Heimat. Ich habe von meinem ersten Job sehr profitiert. Es wurden mir sehr viel Vertrauen geschenkt und verantwortungsvolle Projekte übertragen.
gentlich, einen klassischen juristischen Beruf zu ergreifen. Nach kurzer Zeit in Frankfurt merkte ich, wie spannend Immobilien sind. Man ist nahe bei den Menschen, braucht kaufmännisches und juristisches Wissen, aber auch kreative und soziale Fähigkeiten. Es ist ein interdisziplinäres Feld, auf dem einem nie langweilig wird. Während meines Studiums in Frankfurt stieß ich zufällig in einer Wirtschaftszeitung auf eine Liste der österreichischen Top-Immobilienfonds. Ich wählte das kleinste Unternehmen mit der besten Performance. Das war damals die Immofinanz. Meine Überlegung war, dass ich in einem dynamischen, relativ kleinen Unternehmen vielseitig eingesetzt werde und daher am meisten lernen könnte.
Klingt nach einem Job mit viel Freiraum und Gestaltungsmöglichkeit? >> Ich habe relativ viel Freiraum gehabt. Ich kann mich da konkret an zwei Schlüsselerlebnisse erinnern. Nachdem ich gerade einmal eine Woche im Unternehmen war, hieß es in einem Meeting: „Jelitzka, schreiben Sie bitte den Geschäftsbericht vom letzten Jahr.“ Auf meinen Einwurf, dass ich zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht im Unternehmen gewesen sei, meinte ein Vorstand nur kurz: „Das ist gut, dann wissen Sie, was letztes Jahr passiert ist“. Als dann der Börsengang vorbereitet wurde, wollte man, dass ich mich um den Druck der Immofinanz-Aktie kümmere. Auf meine Frage hin, wie so etwas ginge, meinte Petrikovic nur kurz: „Das weiß ich nicht, deshalb haben wir ja Sie“. So lief die Kommunikation ab, was aber letztendlich dazu führte, dass man gelernt hat, sich selbst zu organisieren.
Ich habe dann einfach direkt bei der damaligen Vorstandssekretärin von Petrikovic – Elfriede Sladek – angerufen, und das immer wieder. Ich kann mich noch erinnern, dass Frau Sladek mir mitteilte, dass sie derzeit niemanden brauchen oder suchen. Woraufhin ich meinte: „ Das können Sie gar nicht wissen, ob Sie mich brauchen, da Sie mich ja noch gar nicht kennen.“ Jedenfalls blieb ich hartnäckig und rief immer wieder an und habe dadurch wohl eine „persönliche Beziehung“ zu Frau Sladek aufgebaut.
Eines Tages kam plötzlich ein Anruf: „Herr Jelitzka, der Vorstand hätte heute Vormittag für Sie Zeit. Sie sollten daher in einer Stunde fünfzehn bei uns in Wien im Büro sein.“ Ich dachte nur: „Das wird knapp.“ Ich habe mich gleich in meinen alten Polo gesetzt, mich während der Autofahrt umgezogen und bin nach Wien gerast. Ich wusste nur, dass die Adresse Opernring 17 lautete und habe mir deshalb gedacht, das muss irgendwo bei der Oper sein, was übrigens das einzige war, das ich damals als „UrSteirer“ in Wien ohne Karte gefunden habe. Ich habe mein Auto dann direkt vor der Oper abgestellt und bin den Opernring sprichwörtlich abgelaufen, bis ich dann vor Nummer 17 stand. Fünf Minuten zu spät war ich dann übrigens im Büro des Vorstands. Nach einem zehn minüti-
„Wir sind seit 20 Jahren am Markt präsent und haben viele Projekte realisiert.“
Wie sind Sie auf den Gedanken gekommen, gerade bei der Immofinanz anzuheuern? >> Ich hatte in Graz Jus studiert und dort auch meine Doktorarbeit geschrieben. Während des Schreibens der Doktorarbeit habe ich nach einer Zusatzausbildung gesucht und ein guter Freund wies mich auf ein Post-Graduate der Immobilienökonomie in Frankfurt hin. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich noch keine Affinität zu Immobilien. Mein Ziel war es ei-
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Positionen & Meinungen Tag aufs Neue selbst entlassen und wieder einstellen kann. Das ist ein Riesenvorteil. Ich bin mein eigener Herr und kann gestalten. … und wie hat die Familie auf Ihre Entscheidung reagiert? >> Geschockt. Bei meinem Ausscheiden aus der Constantia Privatbank war ich 24 Jahre alt. Für meine Mutter ist eine Welt zusammengebrochen. Junger, promovierter Jurist kündigt bei einer Privatbank. Ich habe damals meinen Eltern erklärt, was ich machen werde. Meine Mutter war verzweifelt und hat geweint, mein Vater hat gesagt: „Du, ich kann dir nicht helfen, ich kenne mich da nicht aus. Aber du weißt, es gibt bei uns immer einen Platz, wo du schlafen und essen kannst“. Das war die einzige Unterstützung, die mir mein Vater gegeben hat und geben konnte. Die war für mich emotional aber sehr wichtig.
gen Gespräch mit ihm und Michi Mitterdorfer hatte ich meinen Job. Das war übrigens mein erstes und letztes Angestelltenverhältnis, denn danach bin ich direkt in die Selbständigkeit gegangen. Können Sie sich noch erinnern, wie oft Sie angerufen haben? >> Das waren sicherlich zehn bis fünfzehn Anrufe – ohne jetzt zu übertreiben. Im Nachhinein gesehen war es eigentlich fast schon an der Grenze zum Erträglichen. … und als Sie sich dann selbständig gemacht haben, haben Sie Elfriede Sladek gleich als Dankeschön für den Berufseinstieg mitgenommen? Das stimmt. Nach zwei Jahren habe ich mich selbständig gemacht. Und weil ich gelernt hatte, wie wichtig eine funktionierende Bürostruktur und gute Kontakte sind, habe ich mit Frau Sladek als Vorstandssekretärin nicht nur eine perfekte Organisatorin, sondern auch die Kenntnis um das „Who is Who“ der Immobili-
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enbranche mitgenommen - und das hat dann sogar wirklich gut funktioniert. Ihr Verhältnis zu Karl Petrikovic war schlussendlich dann aber getrübt? >> Petrikovic hat dann die klare Devise ausgegeben: „Keine Geschäfte mit Jelitzka.“ Das hat sich überraschenderweise nach immerhin fünf Jahren erledigt und wir sind dann über verschiedene Tochtergesellschaften wieder in Geschäftsbeziehungen eingetreten. Ich treffe ihn auch jetzt ab und zu zufällig, da er, glaube ich, eine Ferienwohnung am Wörthersee hat. Er wirkt jetzt sehr entspannt. Ich habe den Eindruck, dass alles, was in der Zwischenzeit passiert ist, ihn im positiven Sinne menschlich sehr geerdet hat. Selbstständig zu werden war immer ein Thema? >> Ich wollte möglichst früh selbstständig sein, da ich Ideen hatte und nur mir selbst Rechenschaft ablegen wollte. Das Schöne an der Selbstständigkeit ist, dass man zwar manchmal mehr oder weniger gut schläft, aber ich mich jeden
Wie haben Sie Ihren Partner kennen gelernt? >> Ein lieber Freund von mir, der wie ich in Graz studierte, hat mir meinen Partner, der mit vollem Namen Mohammad Reza Akhavan Aghdam heißt, vorgestellt. Die meisten kennen ihn aber unter seinem Spitznamen Mamali. Er hatte gerade in der Schottenfeldgasse ein Lokal aufgemacht. Er war davor schon lange als Makler tätig gewesen, hat sich dann aber in die Tochter seines Chefs verliebt. Er war sogar verlobt, es kam jedoch nie zur Hochzeit. Stattdessen beschloss er, vorübergehend etwas ganz anderes zu machen, und eröffnete so das Lokal. Wir waren einander auf Anhieb sympathisch und ich erinnere mich noch, dass er am ersten Abend mit einer Schürze hinter der Bierzapfsäule stand und mich fragte, was ich beruflich mache. Nachdem er mir fünf Minuten zugehört hatte, fragte er mich mit ernster Miene: „Willst du für mich arbeiten?“. Diese Frage war der Beginn unserer Partnerschaft. Mamali ist ein echter Self-Made Immobilienprofi. Wir haben bei Null angefangen, alles gemeinschaftlich aufgebaut. Das war und ist sicher entscheidend für unseren Erfolg. Wir entwickeln heute noch die gleiche Leidenschaft für unsere Arbeit, wie wir sie am ersten Tag hatten. Was war Ihr erstes gemeinsames Projekt? >> Das erste Projekt waren drei Eigentumswohnungen, die wir gemeinsam gekauft haben. Auf einer Serviette haben wir vereinbart, dass wir uns gegenseitig verpflichten, eine Firma
zu gründen, wenn wir ein bestimmtes positives Ergebnis erzielen. Das gelang und so gründeten wir unsere Firma. Die Serviette hat Mamali heute noch. Ich werde nie vergessen, wie wir einen Namen für unsere zu gründende Firma suchten. Mein Partner wollte, dass wir meinen Doktor in den Firmenwortlaut aufnehmen, damit alles seriöser klingt - wir waren damals ja beide noch sehr jung - wollte aber auch verständlicher Weise seinen Namen im Firmenwortlaut. Ich aber gab zu Bedenken, dass, wenn wir uns „Dr. Jelitzka und Mohammad Reza Akhavan Aghdam“ nennen würden, viele glauben könnten, wir seien ein persisches Kreditvermittlungsbüro. Schlussendlich haben wir uns dann auf „Dr. Jelitzka + Partner Immobilien“ geeinigt, woraus später die „JP Immobilien Gruppe“ hervorgegangen ist. Wie haben Sie Ihre ersten Projekte finanziert? >> Wir hatten kein Geld, aber gute Kontakte und viele Ideen. Mein Vorteil war, dass mich die Leute als verlässlichen und immobilien-
„Wir hatten kein Geld, aber gute Kontakte und viele Ideen.“ kundigen Constantia Privatbank Mitarbeiter kannten. Aufgrund meiner Tätigkeit bei der Constantia hatte ich Zugang zu Banken und so bekamen wir unseren ersten Kredit. Nach dem Verkauf der drei Wohnungen machten wir dann unser erstes größeres Projekt, mit dem wir zu einem Architekten gegangen sind. Als er uns fragte, was er dort planen solle, lautete unsere Antwort denkbar kurz: „Wohnungen“. Das ist so, als ob ich im Wirtshaus zum Kellner sagte: „Bitte bringen sie mir etwas zu essen“. Doch wir haben jeden Tag dazu gelernt. Ich war es gewohnt, Tag und Nacht zu arbeiten - aber am Anfang hatten wir nur ein Projekt. Als der Architekt meinte, er brauche drei bis vier Wochen für einen Vorentwurf, wussten wir nicht, was wir inzwischen mit unserer Zeit anfangen sollten. Daher fuhren Mamali und ich kurzerhand gemeinsam zwei Wochen auf Urlaub. Nachdem wir jedoch, wie gesagt, kein Geld hatten, musste das eingezahlte Stammkapital
unserer Gesellschaft dran glauben. Bei unserem ersten All-Inclusive Urlaub in der Türkei erörterten wir alle Einzelheiten des Projekts, das wir dann auch genauso durchgezogen haben, wie im Urlaub besprochen. Klingt nach blindem Vertrauen? >> Definitiv. Unser Geheimnis ist aber nicht nur der tiefe Respekt für einander, sondern auch die echte Freundschaft und die gegenseitige Großzügigkeit. Viele Entscheidungen werden nicht unmittelbar abgestimmt. Wir haben eine sehr kurze, aber effiziente Kommunikation. Wenn es große Themen gibt, setzen wir uns natürlich zusammen und diskutieren ausführlich. Ich sage immer: „Wenn in einer Partnerschaft beide immer einer Meinung sind, dann ist es meistens einer zu viel“. Wir haben sehr flache Hierarchien, aber ganz klare Strukturen. Bei uns gibt es eine Politik der offenen Türen und es zählt bei uns das Team mehr als das Individuum.
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Sie haben einmal gesagt, dass jede Entscheidung über ein Projekt je zur Hälfte Bauchgefühl und zur Häflte Kalkulation sei. Hatten Sie in der Vergangenheit ein Projekt, bei dem Sie nur auf Ihr Bauchgefühl vertrauten? Unser Projekt „Etablissement Gschwandner“ im siebzehnten Bezirk war primär vom Bauchgefühl und der Leidenschaft an schönen, besonderen Immobilien geprägt. Wir wollen gemeinsam mit der Stadt Wien ein „Museumsquartier“ der Vorstadt etablieren. Das ist sicher so ein Projekt. Sollte das Projekt nicht längst abgeschlossen sein? >> Die Stadt Wien steht voll hinter diesem Projekt. Die aktuelle Wirtschaftslage und die leeren Fördertöpfe bremsen es jedoch ein wenig. Wir müssen Geduld haben und auf den richtigen Zeitpunkt warten, um dann in die Umset-
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zung zu gehen. Jetzt stehen einmal die Wahlen in Wien an, da hoffen wir, dass die Wirtschaft wieder anspringt, und dann schauen wir weiter. Mit dem „25Hours“ und dem „The Guest House“ haben Sie zwei Hotelprojekte in Wien realisiert. Wie passen Hotels zum klassischen Projektentwickler? >> Für uns als primärer Wohnraum-Developer war das eine logische Weiterentwicklung. Ein Hotelzimmer ist ja nichts anderes als die effizienteste und emotionalste Form des Wohnens, da man in einem Hotelzimmer faktisch alle Funktionen einer 50 bis 70 Quadratmeter großen Wohnung unterbringen muss. Daher denke ich, dass ein guter Wohnhaus-Developer auch ein guter Hotel-Developer sein kann. Ein Kunde, der eine Wohnung kaufen möchte, will sich wohl fühlen und emotionalisiert werden. Dasselbe gilt auch für einen Hotelgast.
Also keine Konzentration auf eine Assetklasse, wie es zum Teil bei den großen Immobilien AGs der Fall ist? >> Wir konzentrieren uns nicht auf einzelne Assetklassen, sondern auf innerstädtische Immobilien, die Emotionen hervorrufen und Alleinstellungsmerkmale aufweisen. Diese Emotionalisierung findet sich bei unseren Wohnungen und bei unseren Hotels, aber auch bei unserem aktuellen Büroprojekt „Telegraf 7“ in der Lehargasse 7. In dieses Haus werden nicht nur wir, sondern auch viele Drittmieter einziehen. Mit diesem modernen Konzept bewegen wir uns weg vom technokratischen Bürohaus hin zu einem sehr lebendigen, die Sinne und die Kreativität anregenden Bürohaus. Den künftigen Mietern wird auf dem Dach ein 150 Quadratmeter „Public Green“ zur Verfügung gestellt, das wahlweise für die Mittagspause, für Meetings oder zum Feiern am Abend genutzt werden kann - Kühlschrank und Gril-
„Wenn ein Kollege die eine oder andere Sache von uns kopiert, bin ich der letzte, der beleidigt ist... ...Am Ende des Tages freue ich mich darüber, weil es ein Kompliment ist.“
ler inklusive. Obendrein wird es eine „Telegraf 7-Suite“ geben - eingerichtet wie ein Hotelzimmer und tageweise zu mieten. Die Büromieter müssen lediglich Reinigungsgebühr bezahlen. Zudem gibt es noch andere Features, die man in einem historischen Bürogebäude nicht erwarten würde, wie zum Beispiel eine Tiefgarage und weitere Terrassen. Wir haben mit „Telegraf 7“ zeitgemäße und moderne Büroflächen in ein historisches Ambiente gepackt. Wären für Sie nicht auch Teile der CONWERT interessant? >> Wir sind ein aktiver Marktteilnehmer und kaufen dort, wo es uns als sinnvoll erscheint. Wir haben dank unserer schlanken Struktur und unserer guten Eigenkapitalausstattung die Möglichkeit, auch große Pakete zu erwerben. Das haben wir in der Vergangenheit schon bewiesen. 2008/2009 haben wir zwei große Pakete von der Immofinanz übernommen. Wir haben aber auch Immobilienpakete von der Zürich Cosmos, von Wüstenrot und anderen Institutionellen gekauft. Sie haben bereits eine Vielzahl an Projekten realisiert. Was unterscheidet solche der ersten Stunde von jüngeren Projekten? >> Je länger man in der Branche ist, desto mehr nimmt man auch eigeninitiativ gesellschaftspolitische Verantwortung wahr. Ein Bauträger hinterlässt in einer Stadt seine Fußabdrücke. Wenn man jünger ist, ist das kaufmännische „Gewinn optimieren“ oftmals die einzige Entscheidungsgrundlage. Wenn man älter wird, Kinder hat und auch an die Kindeskinder
denkt, rücken sozialpolitische und architektonische Verantwortung immer mehr in den Vordergrund. An den Grundrissen würde ich nichts ändern. Bei Sockelbespielungen und Fassadengestaltungen würde ich allerdings qualitativ hochwertiger und nachhaltiger bauen. Damit die Gebäude auch noch nach dreißig Jahren ihre Qualität zeigen. Wir stellen jetzt den Bewohnern „Flächen mit Mehrwert“ zur Verfügung. Der „Mehrwert
des Wohnens“ ist ein großes Thema geworden. Wir planen z.B. Gemeinschaftsräume, in denen gekocht, gefeiert oder Fußball geschaut werden kann. Großzügige Fahrradabstellräume mit Elektroanschlüssen für das E-Bike bzw. integrierte Spinde für Helm und Fahrradtaschen zählen für uns schon fast zum Standard. Es handelt sich dabei immer um an sich verwertbare Flächen, die aber nun zu Gunsten des allgemeinen Mehrwerts bereitgestellt werden. Das ist quasi auch ein Prozess der Reifung, den wir als Unternehmer durchlaufen haben. Gilt das auch für die Finanzierung? >> Früher haben wir ein Projekt finanziert. Wir haben geschaut, wer die besten Konditionen hat, und das genügte uns. Heute sind wir als Immobilienunternehmen am Kapitalmarkt angekommen. Wir haben die erste grundbücherlich besicherte Immobilienanleihe in Österreich begeben, Miteigentumsmodelle und Schuldscheindarlehen platziert. Es existieren heute viele Möglichkeiten, Immobilienprojekte zu finanzieren. Für jedes Projekt können wir heute eine eigene individuelle Finanzierung maßschneidern. Es kommt ganz darauf an, welchen Zweck man mit welchem Portfolio oder welcher Liegenschaft verfolgt. Es ist wie bei der Auswahl eines Architekten. Nicht jeder Architekt kann alles planen. Die einen sind spezialisiert auf Dachgeschossausbauten, die anderen auf Büros oder frei finanzierten Wohnbau. Genauso ist es im Finanzierungsumfeld. Man muss für jedes Produkt das richtige Finanzierungstool einsetzen. Die Finanzierung kann allerdings immer nur zur
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Optimierung des Gesamtergebnisses dienen. Wenn die Finanzierung allein für den Erfolg oder Misserfolg eines Projektes entscheidend ist, lässt man besser die Finger davon.
Daniel Jelitzka JP Immobilien Daniel Jelitzka, geboren 1969 in Graz, studierte Jus an der Universität Graz sowie Immobilienökonomie in Frankfurt. 1994 begann er, bei der Constantia Privatbank (Immofinanz) zu arbeiten, wo er Assistent der Geschäftsführung war. 1995 erwarb er seine ersten eigenen Liegenschaften, 1996 gründete er gemeinsam mit seinem Partner Reza Akhavan das Unternehmen JP Immobilien, das auf die Bereiche Maklerei, Bauträgergeschäft, Zinshaus-Investment und Sanierung von Altbauten spezialisiert ist. Das gesamte Bestandsportfolio umfasst rund 120 Zinshäuser in Wien. Dazu gehören auch das Hotel 25 Hours, das Hotel Altstadt Vienna sowie das mit Architekt Terence Conran geplante The Guest House. Jelitzka ist verheiratet und hat mit seiner Frau Daniela drei Söhne: Simon, Luis und Vincent.
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Der Sprung nach Deutschland oder in andere europäische Länder hat Sie nie gereizt? >> Wir waren sogar als Makler eine Zeit lang in Kiew erfolgreich tätig, haben uns aber nach zwei Jahren wieder zurückgezogen. Die Arbeit war einfach zu familienfeindlich. 2005/2006 waren mein Partner und ich in Berlin, wo wir uns ganz tolle Sachen angeschaut haben. Wir stellten schließlich aber fest, dass die Kalkulation zwar stimmt, aber der „Bauch“ Nein sagt. Berlin war in der Struktur für uns einfach so zerrissen und zerfleddert, es gab damals kein definiertes Zentrum oder auch Subzentren. Unser Bauchgefühl hat uns gesagt, dass wir das lassen sollten. Ich bin auch gar nicht traurig darüber. Viele meiner Kollegen, die sich auf Berlin eingelassen haben und wirklich tolle Geschäfte machen, sind in Wien nicht mehr so präsent. So konnten wir in Wien kontinuierlich expandieren und uns positionieren. Solange wir in Wien so viel zu tun haben, werden wir auch in Wien bleiben, denn grundsätzlich bin ich ein traditioneller und bequemer Mensch. (Lacht.) n
Michael Mitterdorfer, BAR Real Estate Austria
Michael Zöchling, BAR Real Estate Austria
Die Immo-BoyGroup
Michael Ehlmaier, EHL Immobilien
Matthäus Jiszda, Matthäus Jiszda & Partner Immobilien
Heinz Fletzberger, SÜBA Bau und Baubetreuung AG
Daniel Jelitzka, JP Immobilien
In kaum einem andern Unternehmen haben derart viele Immobilienprofis das Licht der Welt erblickt wie in der Constantia Privatbank. Ein „Jahrgang“ verdient aber besonders erwähnt zu werden. Man darf sie mit Recht die Immo-Boy-Group nennen. Wer der Gründer war, ist nicht mehr eruieren. Die Bandmitglieder haben sich auch nach Jahren nicht aus den Augen verloren und wickeln so manches Projekte noch miteinander ab, wenn sie nicht sogar gemeinsam in einem Unternehmen tätig sind. Die Band-Mitglieder sind – Neben Daniel Jelitzka besteht die Boy Group aus: Michael Mitterdorfer und Michael Zöchling, bei aktuell bei BAR Real Estate Austria, Heinz Fletzberger, SÜBA Bau und Baubetreuung AG, Michael Ehlmaier, EHL Immobilien und Matthäus Jiszda, Matthäus Jiszda & Partner.
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Vom Pionier zum Pionier Nach dem Verkauf der Plattform Immobilien:Net, die Alexander Ertler mit seinem Bruder gemeinsam aufgebaut hat, geht er nun neue Wege. Und das nicht nur beruflich, sondern auch örtlich. Mit etwas Abstand blickt er im Interview mit dem ImmoFokus auf die Immobilienplattformen, die Immobilien branche und ihre Zukunft. Das Gespräch führte: Walter Senk
Wie kam es zur Entscheidung, ERESNET zu verkaufen? Alexander Ertler. Das Ganze begann eigentlich bereits im Jahr 2009. Ich habe mir damals eine Auszeit verordnet. Diese Entscheidung war sehr spontan, aber es hat für mich aus diversen beruflichen und privaten Gründen sein müssen. Ich wollte zuerst nur etwas Ruhe und Abgeschiedenheit im Stift Göttweig finden, aber letztendlich bin ich dann auf dem Jakobsweg gepilgert und war ein halbes Jahr fort. Das heißt, die Reise war der Auslöser. Wie hat Sie der Jakobsweg verändert? >> Es war eine Reise ins eigene Ich, auf der ich sehr viele Lehren erfahren durfte. Ich war im Ganzen 2.700 Kilometer zu Fuß unterwegs, obwohl das so nicht geplant war. Als ich zurückkam, wusste ich, dass ich so wie bisher nicht mehr weiter machen wollte. Ich glaube, dass jeder Mensch geführt ist, und was einem geschieht, ist kein Zufall. Für jeden Menschen ist Erfolg etwas anderes und für mich war damals klar: Alles, was mit Menschen in unserer Gesellschaft und der Verbesserung ihrer Lebenssituation zu tun hat, ist meine Aufgabe im Leben. War es überhaupt möglich, das Unternehmen so kurzfristig zu verlassen? >> Um das Unternehmen so stehen lassen zu können, brauchte es drei Faktoren: Kompetenz und Stabilität im Mitarbeiterteam, wofür ich allen sehr dankbar bin. Sie hatten es durch mich sicherlich nicht leicht, aber letztlich sind sie an ihren Aufgaben mehr als gewachsen. Zweitens habe ich einen Bruder, der ERESNET mit mir aufgebaut hat und natürlich genau über alles Bescheid wusste. Und drittens braucht es Mut. Rückblickend gesehen hatte ich ein Burn-out. Mein Bruder und ich haben das Unternehmen 1994 gegründet und ich nahm meinen ersten
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richtigen Urlaub erst nach neun Jahren. Wir waren mit unserem Unternehmen, unseren Kunden und Mitarbeitern intensiv verbunden und haben sieben Tage die Woche im Schnitt 10 Stunden täglich gearbeitet. Das hat Spuren hinterlassen. Haben Sie durch den Abstand auch das Unternehmen anders wahrgenommen? >> Wir haben den Technologiewandel der Immobilienbranche als Pioniere vorangetrieben, und immer wieder bemerkt, dass vieles, was wir gemacht haben, mit Zeitverzögerung auch von den Mitbewerbern (nach-)gemacht wurde. Aber dieses Zeitalter in der Immobilien-Internetbranche ist nun vorbei. Mittlerweile geht es nicht mehr darum, die beste technische Innovation zu realisieren, sondern um das beste Marketing. Das kostet finanzielle Ressourcen, die wir als Familienunternehmen nicht haben. Außerdem begleiteten mich seit meiner Kindheit die ewigen Diskussionen um eine echte Struktur- und Berufsreform in der Immobilienbranche, die nun nach über 40 Jahren immer noch auf eine mutige Lösung von innen wartet. Nun wird dies wohl von außen – nicht immer
„Es geht nicht mehr darum, die beste technische Innovation zu realisieren, sondern um das beste Marketing.“ Alexander Ertler zum Besseren für die Branche – entschieden werden. Ende 2012 haben mein Bruder und ich uns im Wissen um diese Veränderungen dann entschieden, das Unternehmen verkaufen zu wollen. Wir hatten drei Geschäftsfelder: Immobilien.NET mit Spezial- und Bundeslandportalen, sowie die Software Webreal, mit der wir auch gemäß Verbreitung Marktführer unter den Immobilienvermarktern waren. Drittens publizierten wir seit 2002 Immobilienmarktanalysen. Mit diesem Know-how entwickelten wir ein weiteres Produkt: ein vollautomatischer Immobilienbewertungskalkulator, der an Hand von 2 Dutzend Immobilienkriterien den Preis einer Immobilie errechnet. Vor diversem Fachpublikum konnte dieser Rechner bereits bestehen.
Wie sehen Sie die Zukunft der Immobilienportale? >> Die Zukunft liegt nicht in einer Vielzahl von Immobilienportalen in Österreich, sondern vielmehr kommt es zu einer Konzentration und wir werden ein Oligopol im deutschsprachigen Raum sehen. Die aus Maklersicht ideale Zahl wären in Österreich drei Portale, für vier Portale ist der heimische Markt schon wieder zu klein. Da der Immobilienmarkt sehr regional ist, kann es natürlich auch Nischenprodukte geben wie ein „Wohngemeinschafts“oder ein „Bis-zu-6-Monaten-wohnen“-Portal. Die Player für mich aus heutiger Sicht für die nächsten Jahre sind in alphabetischer Reihenfolge Immobilienscout.at/Immobilien.NET, Willhaben.at und Wohnnet.at, wobei mir die
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Positionen & Meinungen Marktdurchdringung der Immobilienportale im Laufe der Jahre immer besser selbst informieren konnte. Aber auch das Verständnis über direkte bzw. indirekte Kommunikation sind wesentliche Dimensionen. Gerade das Marketing für Immobilien bedeutet immer, den unmittelbaren Kontakt zum Kunden aufzubauen und zu pflegen. Ich kenne derzeit noch keine Transaktion via Impulskauf und kurzfristiger Abwicklung via Kreditkarte aufgrund der Verfügbarkeit.
einschlägigen Ableger des Axel Springer und des Bauer Media Konzerns auffällig in den Top-Platzierungen fehlen. Ich erwarte da noch Überraschungen! Ist diese Konzentration eine österreichische Besonderheit? >> Dieselben Konzentrationstendenzen finden sich im Übrigen in allen europäischen Immobilienmärkten. Die jeweiligen nationalen Player gehören größtenteils mittlerweile auch denselben Konzernen an, mehrheitlich Verlagshäusern. Von einzelnen Ausnahmen abgesehen hat es die nationale Immobilienbranche stets verabsäumt, rechtzeitig Allianzen mit innovativen IT-Dienstleistern zu finden, um selbst die Geschicke in diesem Bereich in die Hand zu nehmen. Wollten Sie alle drei Sparten verkaufen? >> Wir haben uns ursprünglich entschlossen, nur für Immobilien.NET und die Portale einen Käufer zu suchen, denn dafür war der Zenit des Produktlebenszyklus mit seinem ursprünglichen Zweck überschritten. Die Plattform hatte aber eine grundsolide Basis wie eine herausragende Reputation, loyale (Immobilien-)Kunden und vor allem überdurchschnittlich qualitative User. Alles, was wir an Gewinn erwirtschaftet haben, wurde hineininvestiert: in neue Ideen und in Software. In der Regel ist Software ein Mittel zum Zweck. Software wird häufig von Anwendern als etwas Selbstverständliches angesehen, wo-
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für Kunden wenig Geld ausgeben wollen. Unser Ansatz war dagegen, mit der Information, die man aus Software generiert, verkaufbare Produkte zu designen und Geld zu verdienen. Ich gehe davon aus, dass die Cashcow der Zukunft „Information über den Wert der Immobilie“ ist. Unsere Idee war es, dem Makler ein wesentliches Tool in die Hand zu geben, damit er bezüglich der Wertermittlung wieder einen deutlichen Schritt vor seinem privaten Kunden ist, der sich Dank der Transparenz und
Können Sie das präzisieren? >> Ich habe festgestellt, dass – generell gesprochen - Immobilienmakler (fast) alle stets sehr bemüht sind. Trotzdem befinden sie sich aber in einer permanenten Tretmühle und sind Getriebene. Sie können also häufig nicht agieren, sondern lediglich reagieren. Dies gilt insbesondere für die kleinen und mittleren Makler im Wohnimmobiliensegment, die unter einem enormen und oftmals sie selbst krankmachenden Konkurrenzdruck leiden, weil sie über keine abgesicherten Beschaffungs- oder Absatzbeziehungen in der Wertschöpfungskette verfügen. Sie stellen die Masse der Betriebe dar. Der Abgeber hat die besseren Infos über seine Immobilie – er kennt sie am besten und der Makler ist daher zumeist einen Schritt hinten nach. Und der Käufer kennt das Grätzel, die Angebotsstruktur und die Immobilienpreise in seiner bevorzugten Suchgegend genau, weil er sich damit lange und intensiv auseinandergesetzt hat.
es gegebenfalls eine erfolgsabhängige Komponente. Alles andere ist aus meiner Sicht ein schäbiger Zugang zur Dienstleistung des Maklers. Es kann nicht sein, dass die leeren Kilometer eines Maklers unvergütet bleiben. Die Branche steht vor einer großen Umwälzung und kann in diesem Punkt sicherlich von der M&A Branche etwas lernen: Klarer Auftrag, einseitige Vertretung, fixes Grundentgelt und erfolgsorientierte Provision. Zunächst haben wir das Unternehmen so vorbereitet, dass es überhaupt verkauft werden kann, also unter anderem einen Geschäftsführer gefunden, damit das Daily Business nicht an mir oder meinem Bruder persönlich hing.
„Die Branche steht vor einer großen Umwälzung.“ Es gab ja früher auch schon Angebote für ERESNET, aber diesmal meinten Sie es ernst. >> Das erste Kaufangebot hatten wir bereits ein Jahr nach der GmbH-Gründung im Jahr 1997. Der Verleger Chris Radda, ein Visionär in seiner Branche, bot uns damals eine Million Schilling. Das war viel Geld für etwas, was noch nicht reif war! Seitdem sind wir pro Jahr ein bis zweimal von potentiellen Kaufinteressenten angesprochen worden. Wir hätten um keinen Preis verkauft, da wir beseelt waren von der Idee, Immobilien und Internet zusammen zu führen in eine gemeinsame – neue - Welt. Für meinen Bruder war das eine technische Herausforderung, die es zu meistern galt, und für mich war der volkswirtschaftlich-gesellschaftliche Aspekt faszinierend, nämlich die Schaffung eines effizienteren Immobilienmarktes durch elektronisches, objektives Zusammenführen von Angebot und Nachfrage in Echtzeit auf breiter Ebene. Ich beobachtete persönlich in den 70er und 80er Jahren, wie ungleich Informationen bei den Marktteilnehmern verteilt waren, und ich war überzeugt: Wenn alle die gleichen Informationen haben und der Markt transparent ist, entsteht zwangsläufig mehr Geschäft. Und der Beweis ist uns nach 20 Jahren Arbeit ja gelungen!
Wie haben Sie den Verkauf vorbereitet? >> Wir wussten zwar, dass wir für andere Unternehmen attraktiv waren, aber wenn du ein Unternehmen mit einer gewissen Größe verkaufen willst, dann braucht es wahre Profis. Es ist wie bei einer guten Immobilie. Don`t do it yourself. Es kostet zwar einiges an Geld nebst einer auf Unternehmenskäufe spezialisierten Anwaltskanzlei und einem Steuerberater - in unserem Fall waren dies Dorda Brugger Jordis und KPMG - auch mit einem M&A-Profi als Berater zusammenzuarbeiten, aber du bist bestens aufgehoben. Ein solcher M&A-Profi, wie das Investmenthaus William Blair, das für uns tätig war, bekommt ein fixes Entgelt für seine Arbeit, geeignete Interessenten ausfindig zu machen, und bei einem funktionierenden Verkauf noch eine erfolgsorientierte Provision. Es gibt eine klare einseitige Vertretung für den Kunden, der auch die bestellte Leistung zu bezahlen hat, und eine Honorarregelung, welche verhindert, dass beim Fehlschlagen des Geschäftes der Vermittler auf seinen Kosten sitzen bleibt. Das muss auch das Ziel für jeden Makler bei einem Immobiliengeschäft sein. Eine klare und schriftliche Auftragssituation, ein Fixum für die vereinbarte Leistung, wie etwa die Aufbereitung der Immobilie, die Besichtigungen usw., und beim Verkauf gibt
Dann investierten wir Zeit in die eigene Unternehmenspräsentation: Es mussten viele komplexe Zusammenhänge unserer Strategie, unseres Geschäftes und des Marktes klar und verständlich und gleichzeitig möglichst kurzgefasst für die Kaufinteressenten aufbereitet und während der knapp über 1-jährigen Verhandlungen erklärt werden. Auch hier die notwendigen Parallelen zur Immobilienbranche: Ein Makler sollte tunlichst seinen potentiellen Käufer überraschen. Denn nur mit dem Überraschungseffekt bekommst du die Verhandlungen auf die notwendige emotionale Ebene und damit weg von der destruktiven Preisdiskussion. Und wenn du diese Vertrauensebene hast, dann ist das schon die halbe Miete. Es geht heutzutage leider immer mehr um die Verpackung, wenngleich der Inhalt natürlich zumindest okay sein muss. Wie viele Angebote haben Sie bekommen? >> Wir bekamen neun schriftliche, detaillierte Angebote. Zu unserer Überraschung kamen diese alle aus dem deutschsprachigen Raum. Wir waren deshalb überrascht, da wir der Meinung waren, es könnten sich auch andere, nicht deutschsprachige Länder für unser Unternehmen interessieren. Auf jeden Fall hatten wir in jeder Phase mehrere aktive Bieter, was verkäuferseitig bekanntlich Vorteile bringt. Dann ist es sehr schnell gegangen, oder? >> Wir wollten zuerst die Bilanz des Kalenderjahres 2013 abwarten. Es ist wichtig, dass deine Behauptungen, die du über das Unternehmen im Vorfeld im Rahmen der Präsentation aufstellst, auch tatsächlich eintreten und in der Bilanz ersichtlich sind. Jeder Kaufinteressent versucht den Prozess hinauszuzögern, um zu sehen, wie werthaltig deine Behauptungen sind.
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Positionen & Meinungen Wir sind gut beraten, dass wir Europäer auf Afrika mehr achten, als auf andere Kontinente in der Welt. Der Kontinent hat ein enormes Potential alleine an jungen Menschen und an Fläche. Es gäbe für österreichische Unternehmen wirklich viel zu tun, wenn man sich darauf einlässt. Ich habe verstanden, dass Wien nur eine - wenngleich sehr wichtige - berufliche Zwischenstation für mich war. Was werden Sie in Afrika machen? >> Im August ziehe ich mit meiner Familie nach Tansania in die Nähe des Kilimandscharo. Ich habe mich in dieses Land verliebt und arbeite in einem kleinen Massai-Dorf, eine Stunde mit dem Jeep von der Provinzhauptstadt Arusha entfernt. Ich helfe ausgesuchten NGOs als sogenannter „Change-Maker“, deren Strukturwandel zu bewältigen, wenn sie in einer entscheidenden Phase ihres Werdens und Wirkens sind. Ich unterstütze diese Organisationen dabei, in ihre nächste strategische und organisatorische Entwicklungsphase einzutreten. Ich mache jetzt ähnliche Pionierleistungen für NGOs wie vormals für ERESNET, wobei ich meine Erfahrung der letzten 20 Jahre in einem KMU sehr gut nützen kann.
In der letzten Phase blieben vier finale Kaufinteressenten über, die aber alle drei Geschäftsbereiche kaufen wollten. Es gab niemanden, der nur das Immobilienportal wollte. Was aber ihren ursprünglichen Wünschen zuwider lief ? >> Ich habe mich bis Ostern 2014 gegen einen Totalverkauf gewehrt, denn der Verkauf hätte auch bereits im Jänner oder Februar 2014 über die Bühne gehen können. Ich habe dann dem Verkauf aller drei Sparten doch zugestimmt, denn ich fühlte, dass Platz für etwas ganz Neues geschaffen werden sollte. Plötzlich waren meine Erfahrungen des Jakobswegs von vor 5 Jahren wieder voll präsent. Gekauft hat dann in einem spannenden Bieterprozess schlussendlich Immobilienscout24. Nicht zuletzt war das Unternehmen bei der Abwicklung extrem professionell. Es war übrigens das einzige Unternehmen, das auch alle
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unsere drei Geschäftsfelder (Portale, Software, Bewertung) abdecken konnte, was mir die Zuversicht gab, dass auch eine nachhaltige Zukunft für unsere eigenen Mitarbeiter im neuen Umfeld zu erwarten wäre. Was machen Sie nach 20 Jahren Immo bilien.NET? >> Nach meinen Erfahrungen im Jahr 2009 am Jakobsweg, die mich als Mensch sehr nachhaltig verändert haben, war ich überzeugt, dass sich etwas Neues und Richtiges finden wird. Ich habe erkannt, dass ich 100 Prozent loslassen soll, und ging bewusst in die berufliche Leere. Ich habe die Augen geöffnet und mich umgesehen. Über meine Lebensgefährtin bekam ich Kontakt zu einem britischen Berater, der Aufsichtsrat in NGOs ist, die in afrikanischen Ländern tätig sind. Afrika ist ein sehr spannender Kontinent und hat unmittelbare Auswirkungen auf Europa.
Arbeiten Sie ehrenamtlich? >> Ja, alle meine Reisen, Aufenthalte und meine Zeit vor Ort sind kostenlos. Umgekehrt erhalte ich auch viel geschenkt und lerne neu über den Umgang mit Zeit, mit Menschen und anderes, was in unserer Kultur mitunter zur Nebensächlichkeit degradiert wurde. Am Schluss erlaube ich mir hier einen kurzen Apell zu lancieren: Wenn sich Menschen durch meine Tätigkeit angesprochen fühlen, so freue ich mich über jede Unterstützung, die diese NGOs bekommen können. Ich meine damit Unternehmen oder Einzelpersonen, die Geld spenden wollen, um konkrete Projekte zu unterstützen, wobei ich mich dafür verbürge, dass jeder Cent auch dort ankommt, wo er ankommen soll. Weiters suche ich Menschen, die bereit wären, für NGOs gewisse Tätigkeiten kostenlos zu übernehmen. So benötigen wir einen Anwalt, der bereit wäre, pro bono rechtliche Beratung zu geben, Grafiker oder IT-Techniker, die ein paar Stunden ihrer Zeit opfern würden, um ein Website- oder Grafikprojekt umzusetzen, Steuer-, Kommunikations- und Marketingexperten usw. Oder auch Volontäre, die in Afrika in unterschiedlichsten Funktionen arbeiten wollen, so wie ich es jetzt tue. n
Mieten als Ablenkungsmanöver Kommentar: Michael Pisecky Geschäftsführer sReal
n Seit fast drei Jahren vergeht fast keine Woche, in der nicht die angeblich exorbitant gestiegenen Mieten in Österreich – und ganz besonders in Wien – kritisiert werden. Interessanter Weise immer dann, wenn gerade ein Wahlkampf ansteht. Unter dem Titel „leistbares Wohnen“ werden Mietobergrenzen gefordert, die in keinerlei Zusammenhang mehr mit den Kosten für die Schaffung von Wohnraum oder der Erhaltung von gutem Altbau stehen. Vergleicht man die Bestandsmieten, dann erkennt man sehr rasch, dass zwischen mit Steuergeld errichteten Gemeindewohnungen und privat vermieteten Wohnungen kaum Mietunterschiede bestehen. Die Anstiege der Mieten von 2009 bis 2012 sind vor allem darauf zurückzuführen, dass die Menschen mit ihrem Ersparten in Immobilien geflüchtet sind und zahlreiche Wohnungen im frei finanzierten Wohnbau als Mietwohnung mit Topausstattung auf den Markt kamen. Und selbst Wohnungen im Gemeindebesitz, die ja davon unbeeinflusst sind, werden heutzutage um den Richtwert oder sogar höher vermietet und oft mit Förderungen, also weiteren Steuermitteln, saniert, weil die Mieteinnahmen dazu nicht reichen. Auch der hohe Bedarf an Singlewohnungen – österreichweit bereits mehr 37 Prozent aller Wohnungen – wirkt sich durch die höheren Kosten fürs Wohnen aus. Diverse Untersuchungen haben gezeigt, dass die Österreicher in den vergangenen Jahrzehnten ihr Wohnverhalten verändert haben. Sie wohnen gerne auf großem Raum, bevorzugen Terrassen und eine Ausstattung, von der man vor 30 Jahren oft nur träumen konnte. Dinge, die viel Geld kosten. Der Anteil an Kategorie A Wohnungen stieg von 46 Prozent in den 80er Jahren auf nunmehr 92 Prozent. Die politischen Parteien und Mieterschützer wollen dies aber nicht anerkennen. Das kann natürlich auch daran liegen, dass man von diversen öffentlichen Belastungen ablenken möchte. Kaum Kritik hört man, wenn einzelne Betriebskosten über Nacht um bis zu 70 Prozent
erhöht werden. Auch über die ständig mehr werdenden gesetzlichen Auflagen für die private Immobilienwirtschaft wie teurere Thermen, behindertengerechtes Wohnen, Energieausweis, Brandschutzmaßnahmen, Elektrobefund, thermische Sanierungsvorschriften etc. wird nicht viel geredet. Gleichzeitig zahlen wir alle immer mehr Steuern – Steuerreform hin oder her. Seit 2002 nehmen Bund und Gemeinden um 50 Prozent mehr Steuern ein, die Länder sogar um weit mehr als 100 Prozent. Wenn der Richtwert hingegen alle zwei Jahre um rd. 2 – 2,5 Prozent angehoben werden soll, dann kann es sogar passieren, dass der Staat diese Kostenabdeckung aussetzt, weil sie für die Menschen unzumutbar ist. Dabei hat eine aktuelle ÖVI-Studie gezeigt, dass man in Österreich rd. 22 Prozent des Haushaltseinkommens für Wohnen ausgibt - bei einem EU-Schnitt von 24 Prozent. Spitzenreiter hingegen sind wir hierzulande beim Thema Freizeit: 23%, also mehr als fürs Wohnen, wird für Freizeitaktivitäten, Kultur und Restaurantbesuche ausgegeben. Hier liegt der EU-Schnitt gerade einmal bei 17 Prozent. Im Oktober wird wieder in Wien gewählt. Gleichzeitig versuchen sich die Bautensprecher von SPÖ und ÖVP im Parlament auf einen Kompromiss für ein neues Mietrecht zu einigen. Es bleibt zu hoffen, dass die Wahlzuckerln nicht wieder in Form von ausufernden Mieterrechten bzw. weiteren Regelungen verteilt werden, die lediglich die private Immobilienwirtschaft knebelt und fesselt oder zerstört. Angesichts der Aufgaben, die für die kommenden Jahre im Immobilienbereich anstehen, Süßigkeiten, die den politisch Verantwortlichen sehr rasch bitter aufstoßen könnten. Leistbares Wohnen würde auch dadurch erreicht, dass die Erwerbseinkommen steigen dürfen und nicht der Großteil der Kollektivvertragsanpassungen vom Staat kassiert wird und dadurch breite Bevölkerungsschichten einen Realeinkommensverlust erleiden. Der ist bei den Wohnkosten nicht auszugleichen!
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AIRPORTCITY
Rubrik
VIENNA
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Ja kein Eigentum mehr!! Kommentar: Martin Prunbauer Präsident des Österreichischen Haus- und Grundbesitzerbundes (ÖHGB)
n Eine Presseaussendung der Mietervereinigung warnte jüngst vor der Anschaffung von Vorsorgewohnungen im parifizierten Gründerzeithaus. „Ein Teil der angepriesenen Modelle rechnet sich nur, wenn sowohl der marktübliche Mietzins verlangt wird als auch spezielle Steuervorteile bis zur Ausfinanzierung greifen“, so die Kernaussage der Mietervereinigung. Tragweite und Bedeutung dieser dringenden Empfehlung muss man sich im Geiste der derzeitigen Rechtslage und der aktuellen Reformbestrebungen sowohl im Miet- als auch im Steuerrecht auf der Zunge zergehen lassen. Drängt sich unwillkürlich die grundsätzliche Frage auf: Für wen darf sich der Besitz von Immobilieneigentum rechnen? Oder noch deutlicher: Darf sich Immobilieneigentum – für Haus- wie auch für Wohnungseigentümer - überhaupt noch auszahlen? Zweifelsohne dient die Vermietung einer Wohnung der Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum. Wie auch in anderen Unternehmenszweigen soll der private Vermieter aber auch das Recht haben, für die Bereitstellung seiner Leistung Geld zu verlangen, das nicht nur die Erhaltung der Bausubstanz abdeckt, sondern darüber hinaus auch einen Gewinn abwirft. Im Rahmen der Wohnungspolitik ist es hingegen Aufgabe der öffentlichen Hand, für jene einkommensschwachen Bevölkerungsschichten, die sich auf dem privaten Wohnungsmarkt nicht selbst wohnversorgen können, aus Steuereinnahmen gespeiste, gestützte und damit auch erschwingliche Unterkünfte bereitzustellen. Dem Liegenschaftseigentum ist auch eine über die eigentliche Wohnversorgung hinausgehende Bedeutung zuzubilligen: Gelder, die aus den Mieteinnahmen resultieren, führen zu Investitionen in die Erhaltung der Bausubstanz. Sie kurbeln die Bauwirtschaft samt Nebenge-
werbe an, ermöglichen Arbeitsplätze, führen zu Einnahmen beim Fiskus und leisten einen nicht unwesentlichen Beitrag für das Orts- und Stadtbild. Davon profitiert in weiterer Folge nicht nur der Tourismus, im Wege der thermischen Sanierung kommen diese Investitionen auch dem Umweltschutz zugute. Wird der Ertragswert einer Immobilie hingegen durch Eingriffe des Gesetzgebers kontinuierlich beschnitten, gelangt dieser Kreislauf allmählich zum Erlahmen und Investitionen bleiben künftig aus. Betroffen sind davon aber nicht nur vermietende Eigentümer, sondern auch selbstnutzende Eigentümer: Durch Eingriffe in den Ertragswert sinkt auch der Wert einer Liegenschaft. Vor allem bei jenen Liegenschaften, die mit einem Hypothekarkredit besichert sind, müssten die Banken aufgrund des Wertverlustes weitere Sicherheiten verlangen. Dies trifft aber vornehmlich den Mittelstand und nicht die Reichen. 60 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher leben im Eigentum. Ein Großteil der übrigen 40 Prozent hegt den Wunsch nach den eigenen vier Wänden. Die Möglichkeit zur Anschaffung, Erhaltung und Weitergabe von Eigentum an die nachfolgende Generation ist somit ein wichtiger Motor unserer Gesellschaft, sichert Unabhängigkeit und Freiheit und ist ein wesentlicher Pfeiler für eine prosperierende Zukunft. Damit Eigentum weiterhin Zukunft hat, müssen Anreize geschaffen werden, die die Eigentumsbildung unterstützen. In abgewandelter Form gebe ich dem Statement der Mietervereinigung Recht: Damit sich Eigentum rechnet, muss die Bildung des Mietzinses sukzessive dem Markt überlassen und durch steuerliche Begünstigungen unterstützt werden.
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Positionen & Meinungen
Tradition, Vision und Konsens Der Neue. Neuer Präsident des Österreichischen Verbandes der Immobilientreuhänder wurde der 55jährige Niederösterreicher Georg Edlauer. Er folgt damit indirekt seinem Vater nach, der in den 80er Jahren dieses Amt bereits innehatte. Der ImmoFokus traf ihn in St. Pölten zum exklusiven Antrittsinterview. Das Gespräch führte: Michael Neubauer
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s war das Gesprächsthema bei der diesjährigen GREET Vienna. „Hast schon g‘hört? Georg Edlauer ist neuer Präsident des Österreichischen Verbandes der Immobilientreuhänder. Was sagst‘ dazu?“ Der ImmoFokus hat sich kurz vor Redaktionsschluss auf den Weg nach St. Pölten gemacht, um den neuen Präsidenten nach seinen Zielen und Vorstellungen zu befragen. Edlauer ist ein klassischer Immobilientreuhänder – Makler, Bauträger, Hausverwalter und Gerichtssachverständiger. Er leitet seit 25 Jahren gemeinsam mit seinem Bruder Paul Edlauer das von seinen Eltern 1962 gegründete Familienunternehmen. Bereitwillig führt uns Edlauer durch sein Unternehmen, in dem 23 Mitarbeiter beschäftigt sind. Moderne Kunst hat es ihm besonders angetan. Vor allem ein Werk von Friedrich Sochurek. Es gehört zwar zu einem 3-BilderZyklus, hat aber allein seinen Weg in den Stiegenaufgang des vor 5 Jahren aufwendig sanierten Firmengebäudes gefunden - die Bausubstanz aus den 1960er Jahren wurde teilweise erhalten und modernisiert, Neues dazu gebaut; das Ergebnis ist ein architektonisch äußerst bemerkenswertes Gebäude mit annähernd Passivhausstandard. Nach einem kleinen Rundgang nehmen wir in seinem Büro Platz. Über dem Platz des Hausherrn hängt ein Porträt seines Vaters.
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Wir brauchen auch eine andere Wahrnehmung in der Öffentlichkeit. Wir müssen danach trachten, wieder als achtbarer und hoch spezialisierter Berufsstand wahrgenommen zu werden. Wir müssen uns selbst qualifizieren, akademisieren und als Experten positionieren. Wir müssen aber auch versuchen, andere „Märkte“ zu erschließen. Ein Beispiel: Der Immobilientreuhänder wird meiner Meinung nach im öffentlichen Raum, von den Gemeinden und Kommunen viel zu wenig als der erste Partner in immobilienbezogenen Fragen wahrgenommen. Dabei können gerade die Immobilientreuhänder die Gemeinden bei der Entwicklung, Vermarktung und dem Betrieb ihrer Immobilien als Experten am besten unterstützen.
Herzliche Gratulation zur neuen Funktion. Darf man Ihnen gratulieren? Die Wahl kam für viele, ich bin versucht zu sagen, für alle in der Branche mehr als überraschend. Edlauer. Vielen Dank für die Glückwünsche. Ich habe selbst erst 1 Woche vor der Wahl beschlossen zu kandidieren. Mein Vater hat ja diese Funktion in den späten 80er- bis Mitte der 90er-Jahre mit sehr starkem Rückhalt aus allen Bundesländern lange Zeit ausgeübt. Daher weiß ich, welche Anforderungen - nicht nur in zeitlicher Hinsich - mit dieser Funktion verbunden sind. Ich bin heuer auch nicht das erste Mal gefragt worden, sondern wurde schon bei den letzten beiden Wahlen gebeten, die Übernahme dieser Funktion zu überdenken. Damals konnte ich das mit meiner Lebensplanung aber absolut nicht in Einklang bringen. Was war Ihre Hauptmotivation, zur Wahl anzutreten? >> Grundsätzlich dieselbe, mit der ich seit 13 Jahren die Funktion des Fachgruppenobmanns in Niederösterreich erfülle. Einfach etwas für den Berufsstand und für die Mitarbeiter des Berufsstandes zu bewegen. Dass mich meine Stellvertreter Gerald Gollenz und Reinhold Lexer dabei bestens unterstützen, hat auch wesentlich dazu beigetragen, „Ja“ zu sagen. Auch die Berufsgruppensprecher der drei Branchen haben mich ihrer Unterstützung versichert.
Unzufriedenheit mit der aktuellen Situation war kein Motiv? >> Es ist mit Sicherheit keine Unzufriedenheit mit der bisherigen Arbeit, die mich dazu bewogen hat. Thomas Malloth hat aus meiner Sicht 10 Jahre lang einen beispiellosen Einsatz an den Tag gelegt und eine Vielzahl von Themen „auf Schiene“ gebracht. Es wird auch zu keinen radikalen Umwälzungen kommen: Wir gehen alle im Fachverband geschlossen seit Jahrzehnten denselben Weg. Ich freue mich ganz besonders, dass ich über alle Parteigrenzen hinweg akzeptiert werde. Mich hat es wirklich sehr gefreut, dass mich viele Bundesländer angesprochen haben und gesagt haben: „Mach du das. Bitte überlege es, wir halten dich für geeignet.“ Was werden jetzt Ihre ersten Schritte sein? >> Fragen Sie mich das bitte in 4 Wochen. Wir sind seit der Wahl intensiv dabei, die Themen zu bündeln und zu evaluieren und in einer Strategiesitzung noch im Juni nach Prioritäten zu ordnen und die Vorgangsweisen festzulegen. Was fällt Ihnen spontan ein? >> Vordringlich sind natürlich die geplante Steuerreform und ein neues Wohnrecht, ebenso wie die schwelenden Themen rund um unsere Maklerprovision.
„Ich selbst habe erst eine Woche vor der Wahl beschlossen zu kandidieren.“ Georg Edlauer Wichtig ist auch die Schärfung des Berufsbildes. Ewiges Thema ist natürlich der Ruf der Branche. Vielleicht fünf Prozent aller, die sich in diesem Gewerbe tummeln - und oft selbst nicht einmal Makler sind - sind dafür verantwortlich, dass 90 Prozent der Bevölkerung glaubt, dass alle schwarze Schafe sind. Es wird in diesem Zusammenhang nicht möglich sein, einen streichelweichen Kurs zu fahren und zu sagen, „die schwarzen Schafe greifen wir jetzt nicht hart an“. Wir müssen uns auch Gedanken über die bestehende interne Organisation des Fachverbandes machen. Die organisatorische Situation ist für mich eine, die man sich für den eigenen Betrieb auf Dauer nicht wünschen würde. Wir haben schon begonnen, dieses Thema möglichst schnell einer Lösung zuzuführen; ich erwarte sie noch in den ersten Juniwochen. Kurz gesagt: Wir arbeiten an der Stärkung der eigenen Leistungsfähigkeit des Verbandes. Ich brauche zu allererst einmal eine Organisationseinheit, die eingespielt und fachlich firm ist und in der sich jeder auf den anderen verlassen kann. Aus meiner Sicht ist der Fachverband
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Positionen & Meinungen
„Es muss einen reizen. Wenn es einen nicht reizt, dann denkt man gar nicht daran, es machen zu wollen.“
nicht die zehnte Fachgruppe. Der Fachverband hat seine ureigenen Aufgaben und hat für die neun Fachgruppen der Bundesländer da zu sein. Er ist eine Anlaufstelle und Drehscheibe für Wissensvermittlung.Er hat den Fachgruppen Hilfestellung zu geben. Er hat die Branche bundesweit zu vertreten. Ist auch eine Redimensionierung des Budgets ein Thema? Oder kann man finanziell aus dem Vollen schöpfen? >> Um Dinge umsetzen zu können, braucht man ein gesundes Budget. Ziel muss sein, dass der Fachverband nicht nur über ausreichende Mittel verfügt, sondern dass diese auch relativ schnell für zielführende Aktionen eingesetzt werden können. Ich bin dagegen, für Projekte einfach Geld auszugeben in der Hoffnung, dass diese in Zukunft vielleicht aufgehen. Das bin ich in meinem Geschäft nicht so gewohnt und das wird es auch im Fachverband nicht geben. Wir sind gezwungen, auch viel Detailwissen zuzukaufen; wir müssen die Themen professionell aufarbeiten und noch professioneller überarbeiten lassen. Das alles kostet natürlich Geld. Diesen Polster müssen wir uns schaffen. Unser Berufsstand muss auch weiter akademisiert werden. Da ist im letzten Jahrzehnt ja wirklich unglaublich viel weitergegangen. Wenn beispielsweise der Fachverband vor mehr als zehn Jahren nicht eine Ausfallshaftung übernommen hätte, gäbe es den Lehrstuhl Immobilienwirtschaft an der FH Wien vermutlich nicht.
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Sie gelten als teamfähig? >> Ich bin jemand, der sehr gerne im Team arbeitet. Jeder Mensch hat eigene Talente, die ich gerne für unsere gemeinsame Arbeit nutzen möchte. Ich meine, dass gerade bei so komplexen Dingen wie beim Programm der nächsten fünf Jahre alle Mitglieder des Fachverbandsausschusses mitdenken und mitreden sollen. Es soll ein Programm herauskommen, das von allen mitgetragen ist. Diesen Führungsstil setze ich auch in Niederösterreich um, wo ich seit 13 Jahren Fachgruppenobmann sein darf.
Ich habe dort keinen einzigen Beschluss gefasst, der nicht einstimmig war. Es ist mir einfach wichtig, dass man den Dialog solange pflegt, bis man gemeinsam sagt: „O.k. - das ist jetzt der richtige Weg zum Ziel“. Für Sie hat Konsens Priorität? >> Ja, das kann man uneingeschränkt so sagen. Was passiert nun in Niederösterreich, werden Sie Fachgruppenobmann in NÖ bleiben? >> Ich glaube, hier eine gewisse Unvereinbarkeit feststellen zu können. Es könnte Themen ge-
ben, bei denen Niederösterreich andere Intentionen oder Vorstellungen hat als die übrigen Bundesländer. Mein langjähriger Weggefährte und bisheriger Stellvertreter in Niederösterreich – Johannes Wild, ein Kollege aus dem Waldviertel – hat sich bereit erklärt, in NÖ die Obmannschaft zu übernehmen. Dafür bin ich meinem Freund Johannes sehr dankbar und weiß diese Aufgabe bei ihm in den besten Händen. Sie haben vorher gesagt, dass Sie bereits bei den Kammerwahlen 2005 und 2010 gebeten wurden zu kandidieren. 2015 haben Sie sich eine Woche vor der Wahl entschlossen anzutreten. Was ist 2015 anders als 2010 bzw. 2005? >> 2005 und 2010 waren meine beiden Kinder, Theresa und Maximilian, noch in der Schule bzw. knapp vor der Matura. Auch im Hinblick auf mein eigenes Unternehmen habe ich es mir nicht zugetraut, die Funktion im Fachverband in der Qualität zu erfüllen, die ich mir selbst auferlege. Mittlerweile studieren meine Kinder in Wien, meine Mitarbeiter in der Kanzlei sind in ihrer Leistungsbereitschaft und in ihrer Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen, einzigartig. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt. Ich gehe solche Aufgaben ja nicht deshalb an, weil ich blauäugig bin. Ich weiß, was da auf mich zukommt. Ich habe es ja auch als Stellvertreter im Fachverband die letzten fünf Jahre gewissermaßen hautnah erlebt. Ich gehe ernsthaft an die Aufgabe heran und will für unseren Berufsstand etwas erreichen und bewegen. Das heißt aber: Diese Funktion hat Sie auch vor fünf oder zehn Jahren schon gereizt? >> Natürlich. Es muss einen „reizen“. Wenn es einen nicht reizt, dann ist man an der falschen Stelle. Man kann nicht sagen: „Das reizt mich zwar nicht - aber jetzt mache ich es halt“. Das wäre der falsche Zugang. Es muss der Reiz da sein, zusätzlich eine Vision, aber auch viel Respekt. Es ist ja nicht so, dass ich derzeit unter mangelnder Beschäftigung leiden würde. Man hört, Sie haben Ihre Kandidatur von gewissen Voraussetzungen abhängig gemacht … und die waren? >> Ich habe angeboten, ich übernehme die Funktion unter der Voraussetzung, dass wir teamorientiert arbeiten, dass wir einen Vor-
„Für mich war klar, dass ich in keine Sitzung gehe, wo sich einer von beiden eine blutige Nase holt.“ stand haben – den Fachverbandsobmann mit seinen beiden Stellvertretern – in dem alle drei Berufsgruppen vertreten sind. Genauso wichtig – auch das habe ich ganz deutlich gesagt – ist, dass das gemeinsam mit Thomas Malloth in der letzten Periode entwickelte Instrument des so genannten erweiterten Vorstandes beibehalten wird, in dem nicht nur der Obmann und seine beiden Stellvertreter vertreten sind, sondern auch die Berufsgruppensprecher. Wir haben in unserem Kreis viele kluge Leute, das ist evident. Kollegen, die in ihrer Berufsgruppe viel Erfahrung und Wissen haben. Wenn es uns gelingt, dieses Wissen und diese Erfahrung weiter zu bündeln und diese als eine geschlossene Einheit zu formen, dann ist es das, was ich mir unter einer gelungenen Fachverbandsarbeit vorstelle. Eine Arbeit, die bestmöglich die Interessen aller vertritt. Im Sinne der Kontinuität war es mir also wichtig, dass die Berufsgruppenvertreter dieselben wie in der vergangenen Periode sind.
In der Aussendung der Wirtschaftskammer ist von „einstimmig“ die Rede. Das kann nur bedeuten, dass es nur einen Wahlvorschlag und damit keine Kampfabstimmung gab? >> Ich bitte um Verständnis, dass ich Ihnen keine internen Details über die Wahl darlegen kann. Das eine aber kann ich bestätigen: Es gab nur einen Wahlvorschlag und es gab natürlich keine Kampfabstimmung. Für mich war klar, dass ich in keine Abstimmung gehen möchte, bei der nur einer gewinnen kann. Auch wenn versucht wurde, das in der Öffentlichkeit anders darzustellen. Sie sprechen hier die Wortmeldung von „FPÖ pro Mittelstand“ Präsident Reinhard Pisec an, der meint, Thomas Malloth sei von seinen eigenen Leuten politisch „gekillt“ worden. >> Ich weiß nicht, welche Intention Bundesrat Pisec hatte, so etwas zu lancieren. Ich weiß auch nicht, woher er seine angeblichen Informationen hat. Ich gehe einmal davon aus, dass das eine gezielte, politisch motivierte Störaktion sein hätte sollen.
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„Jeder hat unterschiedliche Vorstellungen. Der Mensch ist so gepolt, dass er seinen Vorteil sucht.“ Wo drückt aktuell der Schuh? Welche Themen sind Ihnen wichtig? >> Wohn- und Steuerrecht sind, wie gesagt, nur zwei Gebiete, die uns Treuhänder unmittelbar oder mittelbar betreffen. Beispielsweise Diskussionen über Mietzinshöhen, Befristungen, steuerrechtliche Änderungen im Zusammenhang mit Immobilien usw. Wir sind Immobilientreuhänder, wir sind Makler, wir sind Verwalter, wir sind Bauträger. Wir sind gefordert und auch bereit, in solche rechtlichen und wirtschaftlichen Diskussionen Expertenwissen und Erfahrung einzubringen. Wir sind diejenigen, die alle Facetten der Immobilienwirtschaft kennen und auch Auswirkungen von angedachten Änderungen aus immobilienwirtschaftlicher und volkswirtschaftlicher Sicht beurteilen können. Also der Politik Fakten liefern, damit sie entscheiden kann? >> Ja. Dafür müssen wir aber gefragt, gehört und als integre, lautere Ansprechpartner und Berater wahrgenommen werden. Das ist derzeit nicht der Fall? >> Das kann ich jetzt nicht beurteilen. Eines aber steht fest: wir stehen zu unserem Angebot und sind bereit. Welche Rolle wird Ihr Vorgänger Thomas Malloth in der Kammer nun spielen? >> Er ist und bleibt zu meiner Freude Mitglied des Fachverbandsausschusses. Seine Erfahrung ist für uns alle unbestreitbar positiv und seine konstruktive Einbringung ist für alle Beteiligten etwas Wünschenswertes. Ich durfte Thomas Malloth ja auch bitten, die wohnrecht-
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lichen Verhandlungen weiterzuführen; dies mit Zustimmung des gesamten Ausschusses. Das heißt konkret, er bleibt in einzelne Aufgaben involviert? >> Nicht nur in einzelne Aufgaben. Wie gesagt: „Nutzen wir unsere Talente“. Thomas hat viele davon.
Sehen Sie in diesem Zusammenhang schlimme Entwicklungen auf uns zu kommen? >> Wieder nur ein Beispiel: Auf der einen Seite diskutieren wir über Mietzinsobergrenzen. Auf der anderen Seite über die Verschärfung der Erhaltungspflichten des Vermieters und darüber, die steuerliche Abschreibungsdauer
zu verlängern – sogar für vergangene Investitionen. Wir schaffen damit mit Sicherheit keine Investitionsanreize. Das heißt aber in Folge: Der Instandhaltungszustand der Häuser wird zurückgehen, genauso der Ausstattungszustand der Wohnungen. Das Ablösewesen, das wir seit Anfang der 1980er Jahre nicht mehr kennen, wird im schlimmsten Fall wieder aufleben. Die Bauwirtschaft und die Baunebengewerbe werden das schmerzlich spüren. Das wiederum wirkt sich erheblich auf die Arbeitsplatzsituation in den betroffenen Branchen aus. Wir müssen schön langsam wirklich aufpassen – ich kann es nur aus meinen europäischen Kontakten berichten – dass wir bald nicht mehr ernstgenommen werden, was den Wohnimmobilienmarkt in Österreich betrifft. Ist Österreich als Wohnungsmarkt jemals wahr- und ernstgenommen worden? >> Das meine ich schon. Dass wir in einem europäischen Umfeld, in dem selbst die ehemaligen Ostblockstaaten bewiesen haben, dass der Markt für einen ausgewogenen Wohnungsmarkt das bessere Regulativ ist, krampfhaft versuchen, eine im Kern fast 100 Jahre alte Notverordnung (Friedenskronenzins, Anm. der Redaktion) am Leben zu erhalten, finde ich aber wenig zeitgemäß.
„Wir Immobilientreuhänder müssen genau hinschauen, damit wir nicht in ein Eck gestellt werden, in das wir nicht hingehören.“ Ich bin jetzt nicht jemand, der die freie Marktwirtschaft forciert – ich stehe uneingeschränkt zur sozialen Marktwirtschaft, gerade auch bei so sensiblen Bereichen wie Wohnen. Die Frage ist nur: ist das leistbare Wohnen für sozial Schwächere nicht eine Aufgabe der öffentlichen Hand bzw. von diesen nahestehenden gemeinnützigen Bauvereinigungen unter Einsatz von öffentlichen Förderungsmitteln? Dem privaten Investor kommt die Aufgabe zu, marktgerechte Wohnungen zu marktgerechten Preisen zu schaffen und anzubieten. Wiens Bürgermeister Michael Häupl hat vor ein paar Wochen bei der Klubklausur in Rust von einem neuen Modell des geförderten Wohnbaus bei Neubauten berichtet, bei dem der Mieter keine Eigenleistung – also keine Eigenmittel – einbringen muss. Der Gesamtmietzins liege bei 7,50 Euro pro Quadratmeter pro Monat. Das finde ich bemerkenswert: Rechne
ich die Umsatzsteuer und die Betriebskosten heraus, komme ich auf einen Nettomietzins von knapp 5 Euro pro Quadratmeter. Das heißt also für mich – nachdem die gemeinnützige Wohnungswirtschaft ja kostendeckend zu wirtschaften hat – dass man fast 5 Euro veranschlagen muss, um einen geförderten Neubau im gesamten Gebäudelebenszyklus erhalten zu können. Und wieviel kostet dann ein nicht geförderter Neubau oder ein nicht gefördertes Zinshaus aus der Jahrhundertwende in der Erhaltung? Das kann ja wohl nicht billiger sein. Wir schauen ja immer gerne nach Deutschland – dort gibt es im Wesentlichen die Marktmiete, auch wenn einige in Österreich das Modell der „Mietpreisbremse“ gerne anders interpretieren würden. Eine große Zahl der österreichischen – auch institutionellen - Investoren schaut nicht nur nach Deutschland, sondern kauft dort auch Wohnimmobilien und zwar wesentlich mehr als sie das in Österreich tun. Diesen In-
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„Den Dialog suchen und führen, den anderen ernst nehmen und zuhören. Dann aber auch entscheiden.“
vestoren fehlt scheinbar das Vertrauen in den österreichischen Markt oder vielmehr in das normative Umfeld. Ich versuche, Situationen auch im Hinblick auf volkswirtschaftliche Auswirkungen und Nachhaltigkeit zu beurteilen. Natürlich kann man entscheiden, einen Dachbodenausbau nur auf die Restnutzungsdauer des Gebäudes abschreiben zu können. Derzeit ist das so - außer der Ausbau wird von der öffentlichen Hand gefördert, dann darf auf die Laufzeit der Förderung abgeschrieben werden. Ist das sinnvoll? Ist es nicht besser, gerade den Dachbodenausbau zumindest steuerlich zu fördern? Man würde damit Wohnraum in Gebieten schaffen, in denen man fast keine zusätzliche Infrastruktur herstellen muss. Warum denken wir nicht umgekehrt? Ich schaffe Investitionsanreize, indem ich sage: „Du kannst den Dachbodenausbau auf zehn Jahre abschreiben und schaffst damit den Wohnraum, den wir in Ballungszentren dringend benötigen.“ Allein in Wien wissen wir, dass bei der Neubauleistung mindestens 4000 Wohnungen pro Jahr fehlen. Wie schaffe ich Wohnbau? Entweder ich investiere als öffentliche Hand selbst oder ich schaffe Anreize, dass andere – Private – investieren.
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Die Familie war happy oder befindet sich noch im Findungsprozess? >> Für meine Kindern wird sich nicht großartig viel ändern. Wie gesagt, die beiden leben während der Woche in Wien. Vielleicht unternehmen wir an dem einen oder anderen Wochenende einmal weniger gemeinsam. Meine Frau Andrea, mit der ich bald silberne Hochzeit feiern darf, ist da sehr viel stärker betroffen. Aber sie steht in ihrer toleranten und weitsichtigen Art zu unserer gemeinsamen Entscheidung und sie steht voll hinter mir. Ihr abschließender Kommentar war „Wenn du etwas wichtig findest und auch möchtest, dann tue es bestmöglich“. Mein Motto ist privat wie beruflich: den wertschätzenden Dialog suchen und führen, andere Meinungen ernst nehmen und zuhören. Ich schlage prinzipiell niemandem die Türe vor der Nase zu. Mussten Sie schon welche zuschlagen? >> Gott sei Dank noch nicht viele. Aber ein paar waren es in meinem Leben schon. Ich bin im Sternzeichen Stier. Mir ist ein Umfeld, in dem es allen gut geht, lieber als eines, das von Streit geprägt ist. n
Wirtschaftsbund: War M. nur eine Zwischenlösung? Kommentar: Michael Neubauer Chefredakteur Immobilien Fokus
n Es schlug ein wie eine Bombe. Es war das Gesprächsthema am zweiten Tag der GREET. Hast schon g’hört? Thomas Malloth ist nicht mehr Präsident der Immobilientreuhänder. Oder wie es der Präsident von „FPÖ pro Mittelstand“ Reinhard Pisec formulierte: „Ganz im Stile des Westernhelden Djangos haben die Wirtschaftsbundabgeordneten heute ihren eigenen Fachverbandsobmann der Immobilientreuhänder, Prof. Mag. Thomas Malloth, politisch ‚gekillt‘. Die Art und Weise, wie Malloth von den eigenen Leuten völlig unvermutet abserviert worden ist, ist jedenfalls sehr unschön und zeugt von mangelndem politischem Stil“. Dem ist nichts mehr hinzuzufügen. Das macht man so nicht. Aber Dankbarkeit für 10 Jahre ist nun einmal keine politische Kategorie. Man muss die Aussendung der WKO genau - vor allem aber zwischen den Zeilen - lesen. So sieht Georg Edlauer die einstimmige Wahl über alle Parteigrenzen hinweg, „… als Verantwortung und Auftrag des Ausschusses, unter anderem auch zu einer strukturellen Neuordnung im Fachverband“. (Siehe Interview) Die Ereignisse öffentlich kommentieren, das wollen die Branchenkollegen nicht. Darauf angesprochen, ob sie mit einer Ablöse von Thomas Malloth gerechnet hätten, kommt ein rasches - manchmal zu rasches - „Nein“. Kommt man mit dem einen oder anderen ins Plaudern und betreibt Ursachenforschung, dann schwingt zuerst leise, dann aber
immer lauter werdende Kritik mit. Man will nicht zitiert werden, aber dass die Makler nur mehr zwei statt drei Monatsmieten Provision bekommen, daran habe Malloths Hang zum Konsens wesentlich beigetragen. Er sei viel zu wenig kantig gewesen. Er sei viel zu konsenssuchend gewesen, Streit liege ihm nicht. Aber gerade bei den Provisionen wäre mehr Härte, mehr Durchsetzungsvermögen angebracht gewesen. Das er sich mit Bundesminister Reinhold Mitterlehner nicht so ganz verstanden hätte, wird ebenfalls ins Treffen geführt. Dass man ihn aber so aus dem Amt kickt, das hat er sich nicht verdient. Unter Parteifeinden – pardon –Parteifreunden hätte sich auch ein anderer Weg finden lassen (müssen). Diese Art ist nämlich auch eine Brüskierung der Wähler. Malloth hat von Anfang an gesagt, dass er das Amt noch einmal anstrebe. Erst nachdem die Wahl erfolgreich mit Malloth geschlagen war, kamen die Wirtschaftsbund-Königsmacher aus der Deckung und brachten einen neuen Kandidaten mit. Eine Frage stellt sich allerdings: War Thomas Malloth jemals die erste Wahl der Wirtschaftsbund-Königsmacher? Oder war er nur auf’s Schild gehoben, weil Georg Edlauer, als er 2005 und 2010 gefragt wurde, noch nicht bereit war, weil seine Lebensplanung anders aussah? Dafür aber war Malloth zu lang und auch – aus meiner Sicht – zu erfolgreich. Aber vermutlich denkt der Wirtschaftsbund in kirchlichen Zeitdimsionen und was sind schon 10 Jahre für einen Platzhalter?
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Gut Ding Kommentar: Hans Jörg Ulreich Ulreich Bauträger GmbH
n Das Mietrecht wird wieder verhandelt. Die Bautensprecherin der SPÖ im Nationalrat Mag.a Ruth Becher lieferte zu Jahresbeginn als Diskussionsgrundlage das Konzept „Universalmietrecht“ ab. Als „Umsetzung der Regierungsvereinbarung“ wurde es der Öffentlichkeit präsentiert, als das „modernste und einfachste“ Mietrecht Europas dargestellt. Begleitet wurde und wird der Vorschlag und die nunmehrigen Verhandlungen von viel medialem Wirbel, vor allem aus den Reihen der SP-Fraktion selbst. Von den Jugendlichen angefangen (die SP-Jugendvertreterin im Nationalrat veranstaltete eine Enquete im Parlament zum Thema „Günstige Wohnungen“) bis hin zu den Pensionisten (SP-Finanzminister a.D. und nunmehrige SP-Pensionistenstimme Rudolf Edlinger meldete sich via Presseaussendung) fehlt es allen an günstigem Wohnraum. Die Lösung für das Problem ist selbstverständlich das neue, hausgemachte Universalmietrecht. Mietdeckelung, ein neues Zu- und Abschlagsystem, Kostenüberwälzungen vom Mieter an den Vermieter sind die Schlagworte, die Jung bis Alt das Heil oder besser das günstige Heim bringen sollen. Um die Bevölkerung auf die Universalmietrechtstimmung einzuschwingen, wird auch noch ordentlich Wind gemacht – gegen die vermeintlichen Verursacher der Misere. Es vergeht kein Tag ohne negative Berichterstattung über die „geldgierige“ private Immobilienwirtschaft, die den Armen und Fleißigen auch noch das Weiße aus den Augen saugt – in Form von überhöhten Mieten natürlich. Lösungen werden selbstverständlich nur für die Anhänger der eigenen Reihen angeboten: Arbeitern und Angestellten werden günstigere Mieten in Aussicht gestellt und die gemeinnützigen Genossenschaften müssen nicht um ihre Begünstigungen fürchten. Private Vermieter hingegen – weil, so scheint es, grundsätzlich die Ursache allen Übels – werden zur Kasse gebeten.
Wenn die Sozialdemokraten meinen, mit dieser Strategie die Mietrechtsverhandlungen richtig zu begleiten, liegen sie falsch. Wer zu viel auf einmal will, gerät in Gefahr, gleich alles zu verlieren. Es braucht für die Umsetzung einer Regierungsvereinbarung immer auch den Partner. Und es braucht für Verhandlungen und Kompromisse einen fairen, sachlichen Dialog. Wenn man nach außen diejenigen, mit denen man sich für das Land einigen soll, anprangert oder öffentlich in ein schlechtes Licht rückt, ist die Ausgangsposition für Gespräche denkbar schlecht. Nicht nur intern, sondern auch für die Öffentlichkeit. Das Ergebnis – so überhaupt eines zustande kommt – kann in so einem Fall kein konstruktives und faires sein. Im Gegenteil: in Wahrheit muss man ja schon von vornherein hinterfragen, wie wichtig eine Einigung für die SP-Fraktion wirklich ist, wenn sie derart in den Medien in Erscheinung tritt bzw. eine so geartete Kampagne vom Zaun bricht. Das Mietrechtthema ist ein zu heikles und wichtiges, als dass es in der Wahlkampfzeit entweder verheizt oder zu einem faulen Kompromiss werden darf. Wenn man hier wirklich verändern will, dann kann das nicht in einem Schnellschuss vor oder während des Sommerlochs passieren. Und es sollte schon gar nicht von der Wahlkampfmusik der Bundeshauptstadt begleitet werden. Persönlich hasse ich nichts mehr als Stillstand und „Aufschieberitis“. Doch damit eine derart umfassende Reform wie die des Mietrechts wirklich Früchte trägt, braucht es auf alle Fälle Weile! Und ein sachliches, kein emotionales Umfeld!
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Positionen & Meinungen
Der große Unsinn Das optimierte Ganze fehlt. „Jeder, ob in der Planung, im Bau oder in der Errichtung, optimiert sein Werk alleine. Damit haben wir lauter optimierte Einzelteile, aber wir haben nicht das optimierte Ganze“, meint AluKönigStahl Geschäftsführer Ewald Müller als Manager im Gespräch mit dem ImmoFokus.
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Positionen & Meinungen wirtschaft ist, gibt es dafür keine universitäre Ausbildung. Lassen wir die Zahlen sprechen: Bei einer gewerblich genutzten Immobilie entfallen rund 50 Prozent der Kosten im Normalfall auf Fassade und Haustechnik. Die Hälfte davon auf den Fassadenbau. Das muss man sich einmal vorstellen. Ein Gebäude mit 200 bis 250 Millionen Investitionsvolumen trägt eine Fassade um zig Millionen Euro und es gibt eigentlich niemanden, der den Bau einer Fassade universitär gelernt hat.
„Wir bilden selbst aus. Das ist einer unserer Erfolgsfaktoren.“ Ewald Müller, Geschäftsführer AluKönigStahl
AluKönigStahl feierte im Vorjahr das 150jährige Bestehen. Es gibt wenige Unternehmen, die 150 Jahre erfolgreich am Markt tätig sind. Was unterscheidet AluKönigStahl von anderen Unternehmen in ihrem Segment? >> Das Unternehmen hat – und das ist sicher ein USP – früh damit begonnen, unsere Partner, den Metallbau, auch auf der Akquisitionsseite zu unterstützen. Man hat im Unternehmen sehr früh erkannt, dass die Investoren – egal, ob diese aus dem Development kommen, institutionelle Anleger, Bauträger oder Familienbetriebe sind – in einer sehr frühen Phase technische und auch wirtschaftliche Information brauchen. Da geht es noch nicht um Verkauf, da geht es um bestmögliche Information – eine rein technische Abteilung, die nicht vom Verkauf gesteuert wird, sondern der objektiven technischen Betreuung der Letztentscheider dient. Zu dieser Gruppe bin ich gekommen und
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habe versucht, diese Philosophie, die man am Anfang nicht gleich wirklich versteht, zu inhalieren, und durfte diese Gruppe dann einige Jahre leiten. Nachdem wir zuvor bereits die Lizenzrechte für Ungarn, Rumänien und Bulgarien hatten, haben wir 2004 von Schüco auch die Lizenzrechte für die ex-jugoslawischen Länder übernommen. Bis zu diesem Zeitpunkt hat Schüco diese Märkte selbst betreut. Damals hat man gemeint, ich möge doch beim Aufbau dieser Länder die Verantwortung übernehmen, was ich auch gerne getan habe, damals als Geschäftsführer dieser Länder. 2006 wurde ich Österreich-Geschäftsführer. Seit 2012 bin ich im Vorstand. Wir bilden selbst aus. Das ist einer unserer Erfolgsfaktoren. Obwohl der Fassadenbau ein absolutes Schlüsselgewerk in der Immobilien-
Die Neuflächenproduktion ist ja praktisch eingestellt. Wie sehen Sie denn im Moment den Markt? >> Naja, sagen wir einmal so, er ist extrem zeitverzögert. Ich kann mich an kein Jahr erinnern, in dem so wenig neue Projekte auf den Markt gekommen sind wie 2013 und 2014. Das sind Nachwehen von 2008. 2014 war meiner Erinnerung nach das erste Jahr, dass in Österreich Gewerbeimmobilien am Markt gefehlt haben. Und zwar so stark gefehlt, dass jetzt, wenn man sich die neuen Projekte anschaut, die auf den Markt kommen, offensichtlich der Markt schon wieder ein verschärftes Engagement rechtfertigt. Mir fällt es ein bisschen schwer zu glauben, dass der Markt so reagiert, dass ich 2013 und 2014 fast gar keine Gewerbeimmobilien habe und 2015 eine Gewerbeimmobilie nach der anderen fertiggestellt wird. Die beginnen jetzt alle zur gleichen Zeit. Wie kann denn das sein? Der Markt kann es ja von heute auf morgen nicht verlangen? Also dann muss es schon auch ein bisschen andere Interessen geben, die den Markt beeinflussen. Ich glaube, dass dies stark mit der möglichen Finanzierung zu tun hat. Auch wenn die Banken die Kreditklemme immer wieder in Abrede stellen und von einer Nachfrageklemme sprechen. Die Unternehmer wollen kein Geld? Ich bitte Sie! Ich glaube, dass die Immobilienwirtschaft so ein bisschen dem allgemeinen Trend folgt: Wenn es läuft, dann läuft´s, und wenn es einmal nicht läuft, dann steigen wir kräftig auf die Bremse und tun gar nichts. Die Branche folgt nicht immer den Zeichen des Marktes. Ich glaube, da stecken noch ganz andere Dinge dahinter. Die Immobilienwirtschaft baut doch nicht nur, weil die dahinterliegenden Eigentümer die Immobilie gerade nicht finanzieren wollen, aus welchen Gründen auch immer. Ich glaube, dass Bruno Ettenauer mit seiner CA Immo ein ganz ein gutes Beispiel dafür ist.
Wir sprechen jetzt seit zehn Jahren von nachhaltiger Immobilienwirtschaft und betreiben sie nur rudimentär. Wir sprechen seit zehn Jahren von integraler Planung und stecken in Wahrheit in den Kinderschuhen. Wir brauchen jetzt Themen wie BIM, in der Hoffnung, dass sie das integrale Planen etwas vorwärts bringen. Ich bin überzeugt, dass dort noch sehr viel an Ressourcen liegt. Ich bin aber auch davon überzeugt, dass viele Komponenten, die heute in der Haustechnik sind, zukünftig Komponenten der Fassadentechnik sein werden. Ich schließe auch nicht aus, dass heute Komponenten in der Fassadentechnik sind, die Komponenten der Haustechnik werden. Ich weiß nur, dass diese beiden Bereiche miteinander ein sinnvolles Gebäude ergeben können. Ich glaube, das ist auch der Weg, den die Fassaden- und Haustechnik zu gehen hat. Das heute noch sehr übliche Nacheinander, das kann es nicht sein.
Sobald ein größerer, meist aus dem Finanzierungsbereich kommender Shareholder dabei ist, ist man doch gewaltig auf die Bremse gestiegen. Ob das jetzt nur der Markt verlangt hat oder nicht, möchte ich so jetzt gar nicht beurteilen. Welcher Auslandsmarkt hat für Sie das größte Potenzial? >> Wir sind Lizenznehmer von Schüco und haben die Lizenzrechte in Rumänien, Bulgarien, Ungarn und den ex-jugoslawischen Ländern. Im Vergleich zum österreichischen Markt reagiert der Markt in Südosteuropa sehr viel kurzfristiger. Die Märkte sind schneller weggebrochen, aber auch früher wieder zurückgekommen. Ich glaube, dass Rumänien für uns einer der hoffnungsreichsten Märkte ist, die wir betreuen dürfen. In Rumänien ist der Nachholbedarf noch immer riesig. Ich glaube aber, dass wir in Rumänien auf Dauer ziemlich glücklich werden.
Was gibt es Neues beim Thema Fassade? >> Ich glaube, dass das energetische Thema – auch wenn wir es nicht hören wollen – uns weiterhin bewegen wird. Transparenz und energetische Fassade sind kein Widerspruch. Ich bin überzeugt, dass man heute mit den neuen, durchaus transparenten Baukörpern energetisch optimiert herstellen kann. Die Gewerbe Haustechnik und Fassade haben Synergien, die beiden müssen nur mehr zusammenwachsen.
Weil Sie BIM angesprochen haben. In Wahrheit sind es nur ein paar wenige Unternehmen, die BIM wirklich einsetzen … >> Was ist denn BIM? BIM ist aus meiner Sicht nichts anderes als ein Werkzeug, ein gutes Werkzeug wohlgemerkt. Bei BIM müssen alle Beteiligten mitspielen, sonst funktioniert es ja nicht. Der Weg dorthin ist noch weit. Diejenigen, die BIM strategisch einsetzen, sprechen ja auch durchaus davon, dass es letztendlich auch wirtschaftlich eine Überlegung dahinter gibt. Diejenigen, die aber heute noch eher gewohnt
… und in Serbien und Kroatien? >> Serbien ist eine gute Geschichte. Belgrad wird in Zukunft eine immer größere Rolle im Immobilienmarkt in dieser Region spielen. Vielleicht noch nicht in den nächsten ein bis zwei Jahren. Belgrad ist die Metropole der Region. In Kroatien spüren wir, dass der Markt zurückkommt. Die Investoren haben nach 2008 die Produktion rasch aus dem Markt genommen und damit lange Nachläufer und hohe Leerstandsraten vermieden.
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Positionen & Meinungen Da schwingt aber ein kräftiges „Nein“ mit? >> Wir leben von der Immobilienwirtschaft, da muss ich aufpassen, was ich jetzt sage. Aber ich sehe das durchaus so. Wir können uns alles schön reden, aber in Wahrheit wird es reduziert auf Kosten. Wo geht das Haus der Zukunft hin? >> Das Haus der Zukunft ist das Zero Waste, das Zero Energy House. Es kann aber nicht sein, dass wir heute über CO2-Zertifikate diskutieren. Jeder Mickey Mouse Betrieb braucht eines, aber Gebäude, die wesentlich mehr Energie verbrauchen, brauchen das nicht. Das ist Unsinn. Ich bin überzeugt, dass sich hier noch vieles verschieben wird. Es ist doch immer dasselbe Bild: Zuerst die Anforderung, die sich keiner leisten kann. Dann gibt es die Förderung.
„Es geht immer nur um die kurzfristige Optimierung.“ Nach der Förderung kommt dann irgendwann einmal die Forderung. Auf diese Forderung warten wir alle.
sind, ausschließlich zuzuliefern, für die ist es ein zusätzlicher Aufwand. Was ich jetzt sage, ist, glaube ich, überhaupt ein zentrales Problem der Immobilienwirtschaft. Jeder, der in diesem Segment, ob in der Planung, im Bau oder in der Errichtung tätig ist, optimiert dort sein Werk alleine. Damit haben wir lauter optimierte Einzelteile, aber wir haben nicht das optimierte Ganze. Ich frage mich: Muss ein Unternehmer die Kosten von BIM tragen, wenn es ihm keinen Vorteil bringt, aber sieben anderen, wenn er die Da-
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ten hineinpflegt? Muss es dann nicht auch eine wirtschaftliche Verlagerung geben, damit man diesen Unternehmer entlastet, damit BIM überhaupt eine reelle Chance hat? Dazu sind wir nicht bereit. Wir sind in Österreich mit unserem Denken nicht dazu bereit, Dinge in der Optimierung in ihrem Ganzen mit einem Weitblick oder einer Nachhaltigkeit – hier gebrauche ich das Wort „Nachhaltigkeit“ jetzt einmal anders – zu sehen. Also da stellt sich für mich schon die Frage, ob das wirklich nachhaltig ist und die Immobilienwirtschaft das wirklich verstanden hat.
Haben Sie dafür ein konkretes Beispiel? >> Das betrifft zum Beispiel Aluminium im Wohnbau. Ich sage es Ihnen ganz ehrlich: Unser Haus leidet. Der Werkstoff Aluminium ist im normalen Wohnbau im Fenster das mit Abstand wirtschaftlichste Produkt auf Lebensdauer. Aber: Die Kosten sind in der Investitionsphase geringfügig höher. Damit ist Aluminium einfach nicht unterzubringen. Stichwort Mietrechtsgesetz, Bauträgerauflagen: Es versteht doch jeder die Botschaft, aber es wird nichts geändert. Es geht immer nur um die kurzfristige Optimierung. Das ist ein großes Thema in der Immobilienwirtschaft. Der Nutzer ist noch zu schwach. Der Nutzer muss irgendwann auf die Barrikaden. Erst wenn der Druck der Nutzer groß genug ist, wird auch der Markt reagieren. Da ist anscheinend der Leidensdruck noch nicht hoch genug? >> Ich glaube einfach, dass sich der Nutzer noch mit viel zu wenig zufrieden gibt.
Ist das von Land zu Land verschieden? >> Österreich und Südosteuropa unterscheiden sich maßgeblich. Wir reden von Bedürfnissen eines entwickelten Marktes. Diese gehen in Richtung Sanierung, Flächenwidmungen, optimale Flächen- und Energienutzung. Das sind unsere Themen, Themen, mit denen wir uns in der Immobilienwirtschaft beschäftigen.
In Südosteuropa gibt es Länder, in denen die Grundbedürfnisse noch ganz andere sind. Dort geht es um die Schaffung adäquaten Wohnraums, menschenwürdiges Leben und Arbeiten. Themen, die bei uns schon vom Tisch sind. Der Abstand aber wird immer kleiner: Die Anforderungen sind zum Teil noch andere, das muss man auch akzeptieren.
Angebot, dann muss ich nehmen, was ich bekomme. Wenn das Angebot größer ist als die Nachfrage, dann wird man schnell sehen, dass sich auch das Angebot an der Nachfrage orientieren muss. Vergleichen Sie einmal die Wohnsituation eines Kroaten mit der eines Österreichers. Wir jammern, dass die Quadratmeterpreise in Österreich für eine Wohnung zu hoch sind. Ob dies nun stimmt oder nicht, sei dahingestellt. Gehen wir aber bitte ins Detail. Natürlich sind die Wohnungen in Kroatien günstiger. Im Verhältnis zum jährlichen verfügbaren Durchschnittseinkommen sind sie deutlich teurer. Adäquates Wohnen ist in den SEE-Ländern, auch wenn es qualitativ noch nicht mit dem in Mitteleuropa mithalten kann, wesentlich teurer als bei uns.
Gibt es schon Länder, in denen die Nutzer bereits mehr auf die Barrikaden steigen und gewisse Dinge einfordern? >> Um ehrlich zu sein, der Aufholbedarf ist so groß, dass der Nutzer keine Kraft dafür hat. Wenn die Nachfrage so viel größer ist als das
Wir gehen mit unseren zukünftigen Generationen nicht gut um. Wir erkennen die Probleme. Wir kennen die Lösung. Aber nur, um ein paar Euro zu sparen, setzen wir die Lösung nicht um und geben unsere Hypotheken einfach der nächsten Generation weiter. n
„Wir erkennen die Probleme. Wir kennen die Lösung. Aber nur, um ein paar Euro zu sparen, setzen wir die Lösung nicht um.“
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Ich habe es nicht bereut Vor zehn Jahren übernahm Georg Muzicant die Geschäftsführung von seinem Vater Ariel. Ein Grund, mit ihm über das vergangene Dezennium zu sprechen. Am besten gleich bei Fabios, einem seiner Lieblings italiener in Wien. Autor: Michael Neubauer
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as Fabios liegt - wie auch die Cantinetta Antinori - innerhalb eines Häuserblocks zu meinem Büro. Das ist einfach bequem - und über die Qualität muss man nicht diskutieren. Ich bin wirklich sehr gerne hier, das Essen ist vorzüglich“, gesteht Georg Muzicant. Selbst steht der bald 35jährige selten am Herd. „Ich esse sehr gerne und habe meiner Frau zu unserer Hochzeit versprochen, dass ich ihr einmal ein feines Abendessen koche. Das versprochene Abendessen
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schulde ich ihr immer noch.“ Während seines Studiums in den USA hat er mit einem Koch zusammengewohnt. „Der ist dann später Chef in einem der nobelsten Restaurants in Boston geworden. Bei seinem Auszug hat er sein ganzes Equipment zurückgelassen, somit hatte ich auf einmal eine voll ausgestattete Chef-Küche. Da lernt man kochen.“ Der USA-Fan blickt gerne auf seine Zeit in den Staaten zurück. „Ich habe in Boston Wirtschaft studiert, nach dem BA einen MBA angehängt, habe anschließend für ein paar
Sales-Manager der Fluglinie veranlasst, bei Muzicant anzurufen, um sicherzugehen, dass ihm nichts passiert sei oder „… ob ich die Fluglinie gewechselt habe“. Langsam wird es Zeit zu bestellen. Das aufmerksame Personal hatte sich diskret zurückgezogen. Nun sind wir aber doch hungrig geworden. Muzicant wählt als Vorspeise Tomatensalat mit cremigem Ziegenkäse. Zur Hauptspeise gibt es Sogliola con asparagi e puré di patate – Seezungenfilet mit Kartoffelpüree & Spargel. Für mich gibt es klare Ochsenschwanzsuppe mit hausgemachten Agnolotti - mit Büffelricotta gefüllte Ravioli - in Limettensauce. Dazu trinken wir naturtrüben (gespritzten) Apfelsaft mit frischen Minzeblättern. „Ich trinke kaum Alkohol. Ab und zu beim Fliegen ein kleines Glas Bier. Da kann ich dann schlafen wie ein Baby“, so Muzicant.
„Seit meine Tochter auf der Welt ist, gibt es nur eine Geschäftsreise pro Monat.“ Jahre in Boston und NY in der Immobilienwirtschaft gearbeitet und bin dann 2005 wieder zurückgekommen. Toller Job und toller Chef in den USA
Der Einstieg in das väterliche Unternehmen war nicht von vornherein geplant. „Hätte ich nicht meine Frau, eine Wienerin, kennengelernt, wäre ich wohl in den Staaten geblieben. Ich hatte einen tollen Job und einen super Chef, mit dem ich heute noch sehr gut bin.“ Muzicant arbeitete in Boston für einen der größten Developer der Stadt. „Ich war für die Akquisition zuständig – davor habe ich in NY und in Texas für eine Management-Consulting Firma gearbeitet.“ Bei seinem Weggang standen die Zeichen auf Expansion. „Das Unternehmen ist dann von 20 auf 170 Mitarbeiter gewachsen“. Ganz hat Muzicant seine Verbindungen nicht gekappt. „Wir machen noch immer gemeinsame Projekte“. Der Einstieg in das Familienunternehmen sei zu seiner Überraschung extrem einfach gewesen.
Seine Rückkehr nach Wien bereut er keine Sekunde, wenngleich ihm seine guten Freunde in den USA fehlen. „Ich habe ja neun Jahre dort gelebt. Ich lebe gerne in Österreich, bin hier aufgewachsen. Meine Frau ist Wienerin und unsere beiden Familien leben auch komplett in Wien.“ Seine vier Jahre jüngere Frau, mit der er an derselben Schule war, hat er bei der Hochzeit eines seiner besten Schulfreunde kennengelernt. „Einige Monate später bin ich dann wieder nach Österreich zum Schifahren
„Mein Vater hat mich vom Flughafen abgeholt und mir den Schlüssel mit den Worten „So und jetzt ist es deines, du machst das schon‘“ in die Hand gedrückt. Wir haben uns dann aber doch darauf geeinigt, dass er es zumindest noch zwei Jahre weitermacht“. Einmal pro Woche in die USA und zurück
Der Anfang sei dennoch hart gewesen. „Ich habe damals ein Pensum absolviert, von dem ich nicht weiß, ob ich es heute noch überleben würde. Ich musste ja quasi parallel eine Firma führen lernen, Geschäft aufbauen und auch in den USA einige Projekte zu Ende bringen. Ich bin mehr oder weniger einmal in der Woche in die USA geflogen. Aber es war ok“. „Als dann meine erste Tochter geboren wurde, habe ich das dann alles dramatisch zurückgefahren. Ich habe heute vielleicht noch eine Geschäftsreise im Monat und da meistens nur für einen Tag nach Deutschland.“ Den Rückgang an gebuchten Flügen hat sogar einen Senior-
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„Wenn das Familienunter– nehmen nicht gewesen wäre, wäre es gut möglich gewesen, dass meine Frau auch zu mir nach Boston gezogen wäre.“
gekommen, dann jedes zweite Wochenende. Nach drei Monaten bin ich des vielen Fliegens überdrüssig geworden. Ich bin müde geworden. Da habe ich mir gedacht, es reicht“. Bald darauf wurde geheiratet. „Wenn das Familienunternehmen nicht gewesen wäre, wäre es gut möglich gewesen, dass meine Frau auch zu mir nach Boston gezogen wäre.“ Der Einstieg in den heimischen Markt fiel ihm nicht schwer. „Jeder Markt hat seine Eigenheiten – der österreichische besonders viele. Man muss halt lernen“. Der amerikanische Markt sei wesentlich schneller, die gehandelten Volumina wesentlich höher. „Wenn man in Wien ein 100 Millionen Euro Objekt verkauft, ist es so zusagen ,der Verkauf‘. Da kann es schon einmal ein halbes Jahr dauern, bis der Vertrag unter Dach und Fach ist. In New York wechselt ein 100 Millionen Dollar Haus oft in Stunden die Hände und ist vom Volumen her
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gleichbedeutend, als würde man in Wien eine Wohnung um 300.000 Euro verkaufen. In den USA haben wir 200 bis 400 Millionen Dollar pro Jahr an Immobilien akquiriert. Wenn ich das in Wien mache, gehört mir nach fünf Jahren die halbe Stadt“.
der Regel 40-50-jährige Frauen, die wieder etwas machen wollen und deren Kinder schon Teenager sind. Diese Einzelkämpfer haben in der Regel nicht dieselbe Ausbildung wie ihre voll berufstätigen Kollegen“, so Muzicant. „Sie schaffen es nicht, mit der Doppelbelastung Beruf und Familie auf dem laufenden Stand der Dinge zu bleiben, was beispielsweise auch die neuen Regelungen und neuen Gesetzgebungen betrifft.“ Die ImmoCard sei dabei keine Lösung. „Nein, die hilft am wenigsten“. Jetzt ist er so richtig in Fahrt: „Was haben das neue EU-Verbraucherrechte-RichtlinieUmsetzungsgesetz (VRUG) und das damit verbundene Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz (FAGG) den Immobilienmaklern und Kunden gebracht? Unnötige Kosten und unnötige Verunsicherung“.
Die vielen Einzelkämpfer schaden dem Image
Hohe Qualität hat ihren Preis
Ein weiterer wesentlicher Unterschied sind die Makler selbst: „Die Vermarktung ist hochprofessionell. In Österreich haben viele Großen der Branche den Wohnungsmarkt - ausgenommen das High-End-Segment - vernachlässigt, weil sich da kaum etwas verdienen lässt, sofern man auf Qualität schaut.“ Diese Qualität vermisst Muzicant bei dem einen oder anderen Einzelkämpfer, der sich in diesem Segment tummelt. „Ich möchte niemandem zu nahe treten. Einzelkämpfer sind da schon einmal überfordert. Einige üben den Beruf sogar nur als Nebenjob aus. „Das sind in
In Amerika hingegen sei das alles sehr einfach geregelt. „Ein Käufer zahlt bei einem klassischen Wohnungsverkauf nie Provision, die zahlt immer der Verkäufer. Die Höhe ist auch fix: 6 Prozent – dafür bekommt er aber auch wirklich gute Qualität.“ „Alles nur online – aber gratis, bitte“, bringt es Muzicant auf den Punkt. In den USA hat ein Makler den Auftrag exklusiv und sucht . Und wenn er bei einem Kollegen fündig wird – „In den USA haben alle Makler Zugriff auf das gesamte Angebot“ – dann wird die Provision geteilt. Auch in den USA, zum Beispiel in
NY, gebe es viele Einzelkämpfer, aber mit dem Unterschied, dass die sehr gut verdienen. Ich habe bei einem Projekt in Long Beach mit einer Maklerin zusammengearbeitet, die hat in knapp sechs Monaten 40 Wohnungen, die im Schnitt 250.000 Dollar gekostet haben, verkauft. Macht bei 6 Prozent Provision stolze 600.000 Dollar Umsatz. In Österreich habe man das Gefühl, der Wunsch der Politik sei es, den Immobilienmakler abzuschaffen. Traumimmobilie gefunden
Seine eigene Traumimmobilie hat Muzicant schon gefunden. „Wir haben einen Dachgeschossausbau, ganz modern, aber sehr wohnlich. Ich fahre zwar sehr gerne auf Urlaub, aber es gibt trotzdem kein schöneres Gefühl, als dann wieder nach Hause zu kommen. Ich wollte zentral wohnen, da ich sehr gerne viel zu Fuß erledige“. So ist auch der Dachgeschossausbau ganz in der Nähe seines Büros. „Ein 10 Minuten Fußweg.“ Bei der Generalsanierung des in den 1860er Jahren erbauten Hauses war Muzicant in seinem Element. „Ich bin nur ungern reiner Trader. Kaufen und Entwickeln ist mehr mein Element.“ Umsiedelungen im Haus ermöglichten Flächenzusammenlegungen. „Dadurch wurden vernünftige Grundrisse möglich. Schöne große helle Flächen zur Straße hin und ruhige Schlafräume in den Hof.“
Am Schabbat macht die Arbeit Pause
Meine Frau und ich kommen aus nicht sehr religiösen jüdischen Familien. Bei der Hochzeit haben wir aber beschlossen, einige Traditionen behalten zu wollen und diese möchten wir auch unseren Kindern vorleben. Dazu gehört unter anderem der Schabbat. Am Schabbat - am jüdischen Samstag – also Freitag Sonnenuntergang bis Samstag Sonnenuntergang haben wir unseren Ruhetag. „Da gibt es kein Arbeiten, es darf auch kein elektronisches Equipment verwendet werden – also kein Autofahren oder Geschäftsreisen. Zum Schabbat bin ich spätestens am Freitag wieder in Wien“. Obwohl - eine Ausnahme gab es, wie Muzicant gesteht: „Das war der Louis Vuitton Deal, da musste ich den CFO von Louis Vuitton in Paris treffen. Es ging nicht anders. Der einzig freie Termin war am Freitag zu Mittag. Da bin ich nicht rechtzeitig von Paris weggekommen. Ich bin dann einen Tag alleine in Paris geblieben. Heute erreicht mich von Freitag Sonnenuntergang bis Samstag Sonnenuntergang niemand. Handy und Computer sind aus. Man kann mir jederzeit eine Nachricht hinterlassen oder ein Email schicken. Samstag Abend rufe ich dann zurück. Diese 24 Stunden sind ,for family only‘. Wir halten das jetzt seit 10 Jahren recht brav ein und das funktioniert auch gut.“ n
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Zu neuem Leben erweckt Das Palais Schwab. Knapp zehn Jahre stand das Palais in der Weihburggasse leer. Nach einer Generalsanierung erstrahlt es nun in neuem Glanz. Autor: Michael Neubauer
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Prunkvolles Entree. Durch den stark gegliederten Eingang eröffnet sich über Prunktreppen der Zugang zur Beletage.
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ie stark das Palais Schwab in der Weihburggasse 30 auch heute noch emotionalisiert, beweist eine kleine Episode im Vorfeld. Wie immer bin ich einige Minuten vor der vereinbarten Zeit am Treffpunkt. Eine kleine Gedenktafel in rund 2,2 Metern Höhe zieht meine Aufmerksamkeit auf sich. Zugegeben, stark kurzsichtig habe selbst ich Mühe, die kleine Schrift zu entziffern, die die wechselhafte Geschichte des Hauses zusammenfasst. Eine vorbeilaufende Passantin merkt nur spitz an, dass diese Tafel ursprünglich noch viel höher hing. „Das haben die Eigentümer sicher mit Absicht getan. Die wollen mit der Geschichte des Hauses nichts zu tun haben“, sprach’s und lief weiter. Doch das Gegenteil ist der Fall, wie ÖRAGVorstand Stefan Brezovich später während des Rundgangs durch das Haus anmerkt. „Die Tafel hing früher noch höher. Der Eigentümer ließ sie sogar nach unten versetzen“. Nicht nur das. Der neue Eigentümer habe auch die Aufarbeitung der Geschichte des Hauses in Auftrag gegeben.
Fotos: Credits
Die zwischen Ronacher und Stadtpark gelegene Immobilie ist ein Zeuge der historischen Verwerfungen der letzten eineinhalb Jahrhunderte. Es war der aus Prag stammende jüdische Textilindustrielle Gottlieb Schwab, der sich mitten im Gründerzeit-Boom der frühen 1870er Jahre von Architekt Wilhelm
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Größtmögliche Flexibilität. Die Büroräumlichkeiten wurden den modernen Erfordernissen entsprechend angepasst.
„Sind vorsichtig mit
der alten Bausubstanz umgegangen.“ Stefan Brezovich ÖRAG-Vorstand
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Stiassny ein Innenstadtpalais bauen ließ, einen repräsentativen Wohnsitz, der den Aufstieg der Schwabs in die tonangebenden Kreise Wiens auch architektonisch dokumentieren sollte. 1938 wurden Flora und Heinrich Schnabl, die damligen Besitzer, an die Schwab verkauft hatte, von den Nazis zum Verkauf ihres Hauses gezwungen. Mit 250.000 Reichsmark war der „Kaufpreis“ nicht nur sehr niedrig, sondern er wurde auch nur zum Teil ausbezahlt. Käufer war die „Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung Berlin“. Wien setzt auf Kontinuität
Wie in vielen Fällen gab es auch hier nach 1945 Kontinuität. Das Gebäude blieb im Besitz des
Arbeitsamtes, nur eben jetzt nicht mehr des reichsdeutschen, sondern des österreichischen, das später in „Arbeitsmarktservice“ (AMS) umbenannt wurde. Statt eine Rückerstattung des Gebäudes voranzutreiben, entschied sich die Republik Österreich 1957 dazu, Heinrich und Flora Schnabl 618.000 Schilling (was etwa 10 Prozent des damaligen Marktwerts entsprach) auszuzahlen und das Verfahren damit für beendet zu erklären. Erst im November 2003 entschied die Schiedsinstanz beim Allgemeinen Entschädigungsfonds, dass das Objekt seinen rechtmäßigen Besitzern zurückzugeben ist. Damit wurde erstmals in der Geschichte der Zweiten Republik einem Antrag auf Naturalrestitution entsprochen.
Alt trifft Neu. Die Malerei (Acryl auf Kalkzementputz) bildet einen starken Kontrast zur historischen Substanz.
Man merkt es gleich. Brezovich, ÖRAG-Geschäftsführer Reinhard Prüfert und der Leiter der Abteilung Architektur & Generalplanung Josef Jakob sind sichtlich stolz darauf, „ihr Gebäude“ präsentieren zu können. „Sie müssen sich unbedingt zuerst das Foyer ansehen“, rät Architekt Jakob – und Recht hat er. „Das Foyer, auf das wir besonders stolz sind, wurde vom
griechischen Künstler Panagiotis Papadopoulos gestaltet.“ Das offene Foyer im Innenhof erweitert das zentrale Verbindungselement zwischen der historischen Einfahrt, den im Ringstraßenstil reich ausgestatten Räumen der Beletage und den darüber liegenden, modern und funktional ausgestatten Geschossen. Für ausreichend Licht sorgt eine Glasdecke.
„Die Weihburggasse
ist mit dem „Green Building Zertifikat“ ausgezeichnet.“ Reinhard Prüfert GF ÖRAG Immobilienvermittlung
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Beleuchtung. Die neu angefertigten Luster fügen sich nahtlos in das Ambiete ein.
Eine Malerei (Acryl auf Kalkzementputz) bildet einen starken Kontrast zur historischen Substanz. Die Malerei besteht aus Zitaten „Da finden sich Texte von Falco bis Bukowski“, so Brezovich. Blick bis in den Wienerwald
Die Beletage lassen wir - noch - links liegen. Mit dem Aufzug geht es ins Dachgeschoss. In den neu errichteten Dachgeschosswohnungen entstanden großzügige lichtdurchflutete Maisonetten. Diese spielen alle Stückerl und bieten Luxus pur. „Jedes Geschoss verfügt über Terrassen. Von der oberen Dachebene haben Sie von den Sonnendecks freien Blick auf den Wienerwald und den Stephansdom.“ Dieser Blick - aber auch der Blick in eine der Wohnungen - bleibt mir verwehrt. „Alle Wohnungen sind bereits vermietet.“ Jetzt geht es zu Fuß durch das renovierte Stiegenhaus weiter. „Wir konnten das alte Stiegenhaus erhalten. Die Stufen sind - wie man sieht - abgenutzt,aber original.“ Erhalten sind auch die zum Spannen der Teppiche
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„Die Zusammenarbeit
mit dem Bundesdenkmalamt lief problemlos ab. Wir mussten viele Originalelemente restaurieren und rekonstruieren “ Josef Jakob ÖRAG Leitung Architektur & Generalplanung
vorgesehenen Haken. Auf die Teppiche selbst musste man wegen des Brandschutzes verzichten. Die Büroetagen sind in ihrer Grundrissgestaltung flexibel geplant und mit der neuesten Haustechnik ausgestattet. Die Raumhöhen betragen 3,70 bis 4,80 Meter, die Heizung/Kühlung erfolgt über Fan-Coils, die EDV-Kabelkanäle laufen unter massiven Parkettböden, eine Lüftungsanlage mit hoher Wärmerückgewinnung sorgt für angenehmes Raumklima. Was besonders auffällt, ist die angenehme Akustik – selbst im noch leeren Großraumbüro. Pawlatschen dienen als Verbindungsgänge zwischen den Gebäudeflügeln. „Was uns besonders freut, ist, dass das Gebäude mit dem „Green Building Zertifikat“ der europäischen Kommission ausgezeichnet wurde“, unterstreicht Prüfert die Nachhaltigkeit der Renovierungsmaß nahmen.
naten realisieren“, blickt Brezovich zufrieden zurück. „Die Zusammenarbeit mit dem Bundesdenkmalamt lief problemlos ab“, so Jakob. „In Kooperation mit dem Bundesdenkmalamt haben wir viele Originalelemente restauriert und rekonstruiert.“ So wurden zum Beispiel einige Wandtapeten nachgewoben. Vorhandene Materialien wurden sorgsam renoviert - wie der Steinboden - oder wiederverwendet. So findet sich der alte Handlauf des Treppengeländers als Griff bei den Türen wieder.
in den Supraporten erhalten. Bemerkenswert sind auch hier die Deckenbilder der Stuckkassettendecke. Sie stellen im Mittelteil Allegorien von Musik, Poesie und Tanz dar. In den Ecken befinden sich fünfeckige Ölbilder von Julius Frank mit Märchenmotiven aus Rotkäppchen, Aschenputtel, Dornröschen und Schneewittchen. Auch das Wohnzimmer sowie einige kleinere Räume sind reich mit Deckengemälden, Stuckkassetten und Holzverkleidungen ausgestattet.
Jeder Raum der 353 Quadratmeter großen Beletage hat sein besonderes Flair. Da gibt es den vertäfelten ehemaligen Speisesaal. In seine Holzkassettendecke sind zwei Gemälde des deutschen Historienmalers Julius Frank eingearbeitet. Sie zeigen eine Kahnfahrt und eine Tafelszene. Im Ecksalon sind kassettierte Türen mit Goldgrotesken und Puttenreliefs
Die Beletage hat aber auch mit einem ganz besonderen Gustostückerl aufzuwarten – einem durch eine Geheimtreppe erreichbaren Saal im Soutterrain. An einer Längswand befindet sich eine Nische. Man vermutet, dass es sich um den Versammlungssaal einer Freimaurerloge gehandelt hat. n
Die Geheimtreppe
Das AMS war ein Glücksfall
Aufwändiger gestaltete sich das Renovieren der Prunkräume, der Beletage. „Dass das Arbeitsmarktservice jahrzehntelang eingemietet war, darf als Glücksfall bezeichnet werden“, so Architekt Jakob. Dem AMS habe immer das Geld gefehlt, durch Renovierung und Adaptierungen Schäden an der Bausubstanz zu verursachen, wie es bei anderen Palais der Fall war. „Wir konnten die Generalsanierung in 18 Mo-
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Advertorial
Neue Stadtvillen in ältester Stadt.
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ass Enns Österreichs älteste Stadt ist, ist nicht jedem bekannt. Dass dort auch Meilensteine modernen Wohnens gesetzt werden, ist jedenfalls seit kurzem Realität. Insgesamt vier Stadtvillen wurden vom Team rund um Architekt Prof. Wolfgang Kaufmann in den vergangenen 12 Monaten errichtet. Und man kann auf die Leistung durchaus stolz sein. Das „Liliengut“ setzt in vielerlei Hinsicht neue Maßstäbe in Enns. Nicht nur die Lage ist absolut einzigartig ist: Die Ennser Altstadt mit ihren Einkaufsmög-
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lichkeiten und dem lebendigen Flair ist bequem erreichbar. Wobei das Umfeld natürlich nur einen wichtigen Baustein des attraktiven Gesamtensembles ausmacht. Eleganz und urbanes Flair standen im Vordergrund der Konzeption. Weiß und Grau in der Farbwelt, transparentes Glas und buntes Grün in den großzügigen Freiflächen dominieren den ersten Eindruck. 8.000 m2 Grünflächen schaffen eine Oase der Erholung in der Stadt, die großzügigen Balkone rund um die Wohnungen machen Durchatmen, Seele baumeln lassen und geselliges Beisammensein zum Vergnügen.
Prof. Wolfgang Kaufmann, Bauherr und Architekt mit langjähriger Erfahrung: „Wissen Sie, man soll Gebäude so planen und errichten, dass man sich selbst darin wohlfühlen würde. Das ist der beste Garant, dass auch die späteren Eigentümer glücklich werden.“ Entsprechend hochwertig fiel dann auch die Auswahl der verwendeten Materialien aus.
„Wir legen sehr viel Wert auf Nachhaltigkeit. Deshalb haben wir von Anfang an einen Fokus auf möglichst niedrigen Verbrauch von Energie gelegt. Und selbstverständlich sind die Wohnungen barrierefrei, damit das Wohngefühl auch für viele Jahre ein Wohlgefühl bleibt.“ Ergänzt Mag. Johannes Leibetseder, Geschäftsführer der Errichtungsgesellschaft. Gemeinsam mit den Experten von den Professionisten wurde mit dem Liliengut hochwertigster Wohnraum geschaffen, der von Beginn weg großen Anklang fand. Die Wohnungen werden zügig verkauft, die ersten Eigentümer sind bereits im Mai 2015 eingezogen. n
INFOBOX • 32 Wohnungen mit 3 Zimmern • 16 Wohnungen mit 4 Zimmern • 8 exklusive Penthouse-Wohnungen • ca. 8000m² unverbaute Grünfläche Prof Kaufmann & Partner ZT-GmbH Huemerstraße 21-23 A-4020 Linz t: +43 732 6990-0 f: +43 732 6990-990 architektur@kaufmann.at www.kaufmann.at
Fotos: Credits
Höhepunkt der Immobilie sind 8 exklusive Penthouse-Wohnungen, insgesamt wurden 32 Wohnungen mit 3 Zimmern und 16 Einheiten mit 4 Zimmern errichtet. Wolfgang Kaufmann: „Die Kunst des Architekten besteht auch darin, Räume zu schaffen, die großzügiges Gefühl vermitteln und trotzdem so effizient sind, dass der gesamte Kaufpreis attraktiv bleibt.“ Das ist jedenfalls gelungen: Viel Licht
und ein sehr angenehmes Raumklima schaffen das von vielen Menschen gewünschte hochwertige Ambiente.
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Wasser, wie es sein sollte Kosteneinsparung durch Wasseraktivierung. Masaru Emoto ist überzeugt, dass Wasser ein Gedächtnis hat. Living WEM Water macht sich das zunutze. Autor: Michael Neubauer
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ir sind ein erfolgreiches österreichisches Unternehmen mit dem Ziel, Wasser seine ursprüngliche Struktur zurückzugeben. Mithilfe jahrhundertealten Wissens und unserer persönlichen Erfahrung wurde unser Aufbereitungssystem entwickelt, um es erfolgreich zur Kalkprävention, zur Kostenersparnis und für den Umweltschutz einzusetzen“, bringt es Gerhard Kozel, Living WEM Water Erfinder, auf den Punkt. „Unser Trinkwasser ist totes Wasser. Es ist hygienisch sauber, aber das ist es dann auch schon.“ Verschiedenste Einflüsse wie zum Beispiel Rohrbeschaffenheit oder Elektrostörfelder würden sich negativ auf die Wasserstruktur auswirken und die Oberflächenspannung beeinflussen. Durch gezielte Abschirmung gegen Elektromagnet- und Elektrowechselfelder könne das Wasser vor negativ wirkenden Einflüssen geschützt und Kalkablagerungen ohne Einsatz von Strom oder Chemie und somit Kosten auf ein Minimum reduziert werden. Wasserhärte bleibt gleich
Das System folgt den Theorien des japanischen Physikers Masaru Emoto, der davon ausgeht, dass Wasser ein Informationsträger ist. Was-
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Foto: WEM
„Im Gegensatz zu anderen Systemen, die durch den Einsatz von Chemie den Härtegrad des Wassers beeinflussen, kommt unser System ganz ohne Chemie aus. Bei unserem System bleibt der Grad der Wasserhärte gleich.“ Durch die Aktivierung verändere sich die Struktur der Kalkmoleküle. „Aus wie Zahnräder in sich greifenden Kalzit-Molekülen, die mit der Zeit versteinern und so zu schweren Kalkschäden führen, wird Aragonit, das sich in seiner sandförmigen Struktur aus Leitungen ausschwemmen und von Armaturen oder aus Geräten leicht entfernen lässt“, betont Michael Wittmann.
ser speichert nicht nur gute und schlechte Informationen, Musik und Worte, sondern auch Gefühle und Bewusstsein. Diese Erkenntnis war Basis und Antrieb bei der Entwicklung von Living WEM Water. Wenn ein Wassermolekül auskristallisiert, wird reines Quellwasser zu einem sechseckigen Kristall, verunreinigtes Wasser hingegen zeigt das nicht. Wasserkristalle geben also einen Anhaltspunkt über die Qualität des Wassers. „Das W.E.M. Wasser-Energetisierungssystem besteht aus einem Durchflussrohr aus Nirosta Stahl, das von einer Kammer umschlossen ist. In dieser Kammer befinden sich - gemäß einer nachgewiesenen Inka-Tradition - BioAyurveda Öle und Goldstaub. Dabei wurde beobachtet, dass die physikalischen Effekte wie Oberflächenspannung, Adhäsion, Kalk- und Magnesiumanteile verändert werden können“, so Wittmann.
„Das Wasser ist ein freundliches Element für den, der damit bekannt ist und es zu behandeln weiß.“ Johann Wolfgang von Goethe
Gerhard Kozel, Living WEM Water Erfinder
Michael Wittmann
Das System wird aber nicht nur in privaten Haushalten erfolgreich eingesetzt, betonen die beiden. „2011 haben wir im InterContinental Wien unser System eingebaut - zur vollsten Zufriedenheit der Betreiber“, betont Wittmann. Kozel ist von seinem System derart überzeugt, dass er eine Geld-Zurück-Garantie anbietet. „Sind Sie nicht zufrieden – bauen wir das System wieder aus.“ Im InterContinental Wien musste die Anlage nicht ausgebaut werden. Johannes Schwentenwein, technischer Leiter des InterContinental in Wien, sei, so Wittmann, vom Ergebnis mehr als überrascht gewesen. „Schon bei der Kaffeezubereitung am Morgen gab es aufgeregte Rückmeldungen, dass der Kaffee viel zu stark sei. Man musste das Mahlwerk um zwei Stufen zurückfahren.“ Durch die Verbesserung der Wasserqualität konnten zudem Spül- und Reinigungsmittel eingespart werden, da es zu keinen Kalkablagerungen an Armaturen und Marmor mehr kam. „Das hat nicht nur das Reinigungspersonal gefreut. Sie mussten nicht mehr mit scharfer Chemie arbeiten – und waren zudem auch mit dem Putzen in kürzerer Zeit fertig“, betont Kozel. „Bei einer Zeitersparnis von rund 8 Minuten pro Zimmer und 400 Zimmern
kommt da schon ein ganz schönes Sümmchen zusammen.“ Auch die zentralen Durchlauferhitzer, die mindestens alle zwei Jahre wegen Ablagerungen durchgespült werden mussten, bedurften bisher noch keiner Wartung. In der Wäscherei wurden ebenso Geräte in eine Waschmaschine eingebaut und so der Waschmittelverbrauch bei gleichbleibender Waschqualität um 50 Prozent reduziert. Auf die Frage, wie hoch die Ersparnis nun tatsächlich sei, verweist Kozel auf Zahlen des InterContinental Dubai Festival City: „Dort spricht man von einer Gesamtersparnis von über 50.000 Euro in den Bereichen Waschmittel, Kaffee und Chemie Bandspüle.“ Emoto-Zertifikat Qualitätssiegel „HadoLife“
Nicht nur die Hotellerie steht auf der Referenzliste. Die Bauträger WET Austria AG, Schönere Zukunft, Wien Süd und Frieden setzen auf diese neue Technologie. Worauf Kozel und Wittmann besonders stolz sind: Als einziges österreichisches Unternehmen - eines von vier europäischen und eines von sieben Unternehmen weltweit - erhielt „Living WEM Water“ 2013 das begehrte Emoto-Zertifikat Qualitätssiegel „HadoLife“. n
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Fifty - Fifty Arbeit ist sichtbar gemachte Liebe. Diesen Ausspruch von Khalil Gibran hat sich Hermann Rauter zum Lebensmotto gemacht. Autor: Michael Neubauer
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er viel Geld hat, hat Angst, sein Geld zu verlieren. Diese Angst ist viel schrecklicher als kein Geld zu haben, dafür aber ein Ziel vor Augen“, Hermann Rauter. „Mir ist auf einmal bewusst geworden, dass ich nur dem Geld nachlaufe“, so Rauter. „Dafür ist mir mein Leben aber zu schade. Da muss es mehr geben. Dieser Gedanke war auf einmal da.“ Rauter zog die Konsequenzen und drosselte den „Kaufmann“ Rauter. „Ich habe weniger gearbeitet, mich zurückgenommen und habe mir mehr Zeit für die Familie genommen.“ Dies ging eineinhalb Jahre gut. „Ich
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habe es durchgehalten und eineinhalb Jahre weniger gearbeitet. Aber ist das sinnvoll? Eine Fähigkeit zu haben und diese nicht zu nutzen? Nein. Das geht nicht.“ Aus diesem Gedanken heraus ist dann HerzTraum Immobilien entstanden. „Hier kann ich meinen „Kaufmann“ voll ausleben, meine Fähigkeiten für andere einsetzen“, so Rauter. „Mit HerzTraum kann ich das.“ Rauter stieg wieder voll in das Business ein. Mit dem einzigen Unterschied, dass die Hälfte des Projektgewinns für karitative Zwecke aufgewendet wird. Doch das Geld einfach an eine Hilfsorganisation zu spenden, das war Rauter, dem
„Ich lebe meinen Herztraum. Ich brauche keine Schulterklopfer.“ Mitbegründer und -eigentümer von Firmen wie Online Hausverwaltung oder Vienna Immobilien, der sich auf die Entwicklung hochwertiger Wohnungen in Wiens guten Lagen spezialisiert hat und aktuell die Residenz Zögernitz revitalisiert - zu wenig. „Für mich gab es drei Kriterien: Die Verwaltungskosten müssen schlank gehalten werden, das Geld zu 100 Prozent bei den Projekten ankommen, es muss Kindern geholfen werden – und diese Hilfe muss nachhaltig sein.“ Rauter hat sich einige Projekte angesehen. „Darunter waren die Stiftung Kindertraum oder der Sterntalerhof“. Bald habe er gemerkt, etwas Eigenes machen zu müssen. Die Idee für die Privatstiftung PeopleShare war geboren. Kinder auf der Flucht
Aktuell engagiert sich PeopleShare in der türkischen Stadt Kilis. „Kilis liegt nur 8 Kilometer von der syrischen Grenze entfernt und ist erster Zufluchtsort syrischer Bürgerkriegsflüchtlinge.“ Laut Malteser International sind über 1,1 Millionen syrische Flüchtlinge in der Türkei registriert, inoffiziell wird von den Hilfsorgani-
sationen bereits von über 1,5 Millionen Flüchtlingen gesprochen. „Mehr als die Hälfte der Vertriebenen sind Kinder“, so Rauter. „Vielen von ihnen sind schreckliche Dinge widerfahren. Sie haben Situationen erlebt, die wir uns in unseren schlimmsten Albträumen nicht vorstellen können. Ich glaube, es gibt nichts Schrecklicheres als Kinder auf der Flucht. Diese Kinder haben weder ein Zuhause noch Zugang zu Bildung. Dinge, die für Kinder hier bei uns selbstverständlich sind.“
Das von PeopleShare unterstützte Projekt geht auf Mahmoud Dahi zurück. Mahmoud Dahi engagiert sich seit 2012 für syrische Flüchtlinge an der türkisch-syrischen Grenze. Mit Hilfe von Freunden wurde - ohne Unterstützung von staatlichen Stellen - ein privates Waisenhaus und ein inoffizielles, provisorisches Flüchtlingslager errichtet. Bis Ende Jänner 2015 hat Mahmoud Dahi damit bis zu 700 Flüchtlingen vorübergehend ein Zuhause geboten. Danach änderte sich die Situation schlagartig, als das Camp – aufgrund eines neuen türkischen Gesetzes – dem Erdboden gleichgemacht wurde. Einmal mehr reagierte Dahi sofort, bringt mit Unterstützung von PeopleShare die Familien zum Teil in offiziellen Flüchtlingslagern unter, zum Teil in Notunterkünften und gemieteten Wohnungen. Allerdings sind die Bedingungen vor Ort alles andere als ideal, es fehlt an fast
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allem. „Dort erlebt man die größte Traurigkeit, gleichzeitig aber auch die größte Erfüllung“, berichtet Rauter sichtlich berührt. „Da kommen dann Demut und Dankbarkeit.“ „Dass aber eines klar ist. Wir bauen keine Sozialwohnungen. Wir bauen Luxuswohnungen. Mir ist es wichtig, dass ich am Markt die gleiche Qualität wie meine Mitbewerber anbiete. Meine Aktivitäten mit HerzTraum sollen die Kaufentscheidung nicht beeinflussen.“ Dass mit dem Kauf einer HerzTraum-Immobilie ein positives Gefühl einhergehen kann, will Rauter nicht bestreiten. Hin und wieder rufe ihn ein Interessent an und spreche ihn aktiv auf seine HerzTraum Aktivitäten an. „Da ist das Gespräch dann schnell auf einer anderen Ebene.“ Alle aktuellen Projekte werden noch abgewickelt, alle kommenden „… werden über HerzTraum Immobilien abgewickelt. Aus den Gewinnen von Casino Zögernitz werden rund 250.000 Euro in unsere Hilfsprojekte fließen.“ Frauen reagieren unglaublich emotional
Ob sich die Kollegenschaft das Maul zerreißt oder nicht, ist Rauter egal. „Der hat immer schon einen leichten Knall gehabt, jetzt hat es ihn aber total erwischt. Das ist mir aber egal. Natürlich klopfen mir die einen oder anderen anerkennend auf die Schulter. Frauen reagieren unglaublich emotional. Bei den Männern
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ist das Streben nach Geld und noch mehr Geld tiefer verankert.“ „In der Entwicklungshilfe wird meiner Meinung nach vieles falsch gemacht“, ist Rauter überzeugt. „Ich kann Hunger mit Lebensmitteln bekämpfen, ich kann aber Hunger auch bekämpfen, indem ich die Bevölkerung in die Lage versetze, selbst Lebensmittel anzubauen. Wir müssen helfen sie aus der Abhängigkeit zu führen.“ Hilfe zur Selbsthilfe
So habe man in Syrien eine Frauenwerkstätte errichtet, in der Puppen und Teddybären aus Handarbeit produziert werden. „Das sind ganz spezielle Kuscheltiere. Teddybären, denen teilweise Gliedmaßen fehlen. Jedes Teil trägt ein kleines Täschchen mit dem Namen der Mutter und die Geschichte ihrer Familie. Diese werden den Frauen abgekauft – damit helfen wir ihnen aus der Abhängigkeit.“ Rauter will mit seinen Aktivitäten, wie er sagt, „Menschen berühren“. Denn Menschen kann man nicht „überzeugen“ helfen zu wollen. „Jeder muss selbst draufkommen. Der Wunsch zu helfen ist da, er ist nur allzu oft verschüttet und muss freigelegt werden. Man kann nur einen Weg zeigen – auf den Rest muss jeder selbst draufkommen. Geld zu erwirtschaften, das hat jetzt richtig Sinn. Es ist eine ganz andere Motivation, wenn man der Welt etwas weitergeben, wenn man Wirtschaftlichkeit mit Menschlichkeit verbinden kann.“ n
NEU
Wir sind umgezogen! Millennium Tower Handelskai 94-96 1200 Wien
Im Fokus
Thomas Malloth
Der Schreibtisch
Die Waage. „Ich bin Waage - da gibt es keine Unordnung“, kommentiert Thomas Malloth seinen nahezu leeren Arbeitsplatz. „Ein klein wenig pedantisch bin ich schon“. Autor: Michael Neubauer
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nders als seine Branchenkollegen spürt man ganz deutlich: Für Malloth gibt es ein Leben neben dem Job. Natürlich darf der Immobilien-Cäsar, der ihm 2013 überreicht wurde, nicht fehlen. Neben Kunst - „Meine Frau sagt, wir hätten Bilder vor dem Kühlschrank gekauft“ - fallen vor allem die vielen kleinen persönlichen Dinge auf. Die Pokale auf dem Buchregal hat er bei Triathlons, Squashwettkämpfen und Golfturnieren gewonnen. Die Buddhas hat der Vielgereiste aus Asien mitgebracht. „Wenn ich nicht da bin, beschützen sie das Büro, und wenn ich da bin, kann ich sie um Rat fragen.“ Besonders angetan hat es ihm ein kleiner Dinosaurier. „Den habe ich von Alexi, der Tochter eines guten Freundes, die als 5- oder 6-Jährige lieber mit mir als mit ihrem Vater zum Schuheinkauf ging. Als kleines Dankeschön hat sie mir den Dino geschenkt, seither begleitet er mich.“ Und das mittlerweile viele Jahre. „Alexi beendet bald ihr Jusstudium .“ n
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Real Circle
#1
Welche Fl채chen braucht das Land? Gelungene Premiere. In Kooperation mit Energiecomfort lud der ImmoFokus zum Gedankenaustausch. Autor: Michael Neubauer
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iertel Zwei, Erdberg, die Lage an der Donau und der Hauptbahnhof: das sind nach einhelliger Meinung der Diskutanten die Regionen in Wien, wo auch in Zukunft erfolgreiche Entwicklungen von Büroprojekten möglich sind. Sehr differenziert wurde das Postulat besprochen, dass eine U-Bahn Anbindung die absolute Vorbedingung für eine Unternehmensansiedlung sei. Zwar sei es naturgemäß so, dass der öffentliche Verkehr eine wichtige Rolle bei der Entscheidung spiele, sie sei aber kein Garant für die Attraktivität von Gebäuden. So wurde als positives Beispiel von Stefan Brezovich, Vorstand der ÖRAG, das Donau Business Center am Handelskai ins Spiel gebracht, das seit der Erschließung mit der U-Bahn wieder sehr
erfolgreich verwertet wurde. Die Region rund um die Gasometer, aber auch Aspern wurden trotz perfekter Verbindung eher skeptisch beurteilt. „Es muss das Gesamtgefüge passen, der Standort selbst muss auch emotional attraktiv sein“, führte Roland Schuch, Leiter Facility Management der Energiecomfort, aus. Über eines ist man sich aber einig: Die Bedeutung der U-Bahn für eine Entscheidung wird im Rahmen der gesamtpolitischen und gesellschaftlichen Entwicklung immer wichtiger. Einzige Ausnahme sei der Hauptbahnhof, einfach, weil die Agglomeration gepusht werde. Kein Open Space in der City
Eines wurde von allen betont: Die Innenstadt bleibe für eine ganz bestimmte Schicht von
Unternehmen vor allem aufgrund der Qualität des Umfeldes attraktiv, für Großflächen werden aber andere Standorte immer attraktiver. Die Funktion als Central Business District der Wiener City ist jedoch nicht mehr gegeben. „Der Zug der Zeit in Richtung Open Space und technisch moderne Flächen ist in der Innenstadt nicht umsetzbar“, meint Roland Schuch. Auch Entwicklungen am Rand Wiens oder anderer Landeshauptstädte hätten ihren Markt. „Ganz wichtig ist der perfekte Mix aus Lager und Büro. Da braucht man keine architektonischen Höhenflüge, aber ein attraktives Gesamt ensemble“, betont Stefan Brezovich. Projekte, die fast ausschließlich Büroflächen anbieten, hätten in solchen Lagen nur wenig Chancen.
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„Wir haben noch immer zu viele
Regulative, Unternehmertum wird eher behindert.“ Stefan Brezovich, ÖRAG
Es gibt aber Bereiche, wo keiner der Experten neue Bürohäuser entwickeln würde. So wurden beispielsweise der Hietzinger Kai und reine, ausgewiesene Wohngegenden wie der 13., 18. oder 19. Bezirk genannt. Auch der Wienerberg selbst wurde sehr kritisch beurteilt, was vor allem mit der fehlenden U-Bahn begründet wurde. „Das Euro Plaza wiederum wird sich, denke ich, weiter gut entwickeln, das liegt einfach näher am Verkehrsknoten“, ist Michael Windsperger, in der IWS TownTown AG für den neuen Orbi Tower verantwortlich, überzeugt. Ein Hochhaus allein macht keinen Standort
Tenor war jedenfalls, dass für die Entwicklung eines neuen Standortes Platz vorhanden sein muss. Nur damit kann eine entsprechende Mischung in der Nutzung und die ansprechende Gestaltung des Umfeldes gewährleistet werden. Hochhäuser würden als Solitär normalerweise nicht funktionieren. Wichtig ist außerdem, dass sowohl der Wille der politischen
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Entscheidungsträger vorhanden sein muss als auch Developer die Chance für einen Standort erkennen müssen. TownTown oder eben das Viertel Zwei würden diese Anforderung optimal erfüllen. Michael Windsperger: „Aspern wird dann erfolgreich, wenn es gelingt, Verwaltungseinheiten als Zugpferde anzusiedeln.“ Unisono kam jedoch die Forderung, entsprechende Rahmenbedingungen für die positive Entwicklung von Unternehmen zu schaffen. Stefan Brezovich: „Der Büromarkt wird sich nur dann gut entwickeln, wenn auch das wirtschaftliche Umfeld passt. Wir haben noch immer zu viele Regulative, Unternehmertum wird eher behindert.“ Abgesehen von Wien sind aber nur wenige Regionen für Büroentwicklungen in größerem Ausmaß interessant. Eine positive Entwicklung zumindest eines weiteren Zentrums neben Wien wurde von allen Diskussionsteilnehmern nachdrücklich gewünscht.
Regenr Zulauf ausländischer Unternehmen
Dass das Viermietungsgeschäft abseits von Flächenoptimierungen praktisch zum Erliegen gekommen wäre, davon will Eckhard Horstmeier, Campus 21 Asset Manager, nichts wissen. „Wir haben im Campus 21 regen Zulauf von ausländischen Unternehmen. Sie kommen zu uns, um von hier aus den osteuropäischen Markt bearbeiten zu können.“ Hauptkriterium bei der Standortwahl, so Horstmeier, sind dabei leichte Erreichbarkeit und Parkplätze. „Das sind Vertriebsfirmen mit rund fünf Außendienstmitarbeitern, die brauchen einfach Stellplätze. Damit kann kein Büro in der Innenstadt punkten.“
„Im Neubau kann man mit einem relativ geringen Aufwand je nach Nutzeranforderungen individuell anpassen.“ Thomas Tischler, Österreichische Facility Management:
„Bei den kleinen Flächen, die diese Unternehmen brauchen, spielt die Leistbarkeit wohl keine Rolle“, wirft Martin Hoffmann, Leitung Immobilien-Portfoliomanagement, s Immo AG, ein. „Bei fünf Mitarbeitern sprechen wir von 100- bis 150-Quadratmeter großen Büros“. Außer, so Horstmeier, die Parkplätze kommen auf 500 Euro pro Monat. „Nach wie vor sind Erreichbarkeit und Preis das Hautargument“, so der Campus 21 Manager. „Ich habe ab Juli 2014 Elektrolux angesiedelt. Für Elektrolux waren
„Einen Bau aus den Siebziger Jahren auf den Stand der Technik zu bringen ist sehr kostspielig.“ Norbert Frank, Immofinanz AG
Parkplätze das ausschlaggebende Kriterium. Die brauchen 40 bis 50 Parkplätze und in der Innenstadt wäre das nicht gegangen. Die haben eben viele Vertriebsmitarbeiter, für die ist die U-Bahn uninteressant.“ Hat das Innenstadtbüro ausgedient?
Hoffmann findet die Frage falsch gestellt. „Die Frage ist, welche speziellen Kunden brauchen keine U-Bahn-Anbindung. Eine gute Anbindung an das öffentliche Verkehrsnetz kann
auch einen höheren Preis rechtfertigen.“ Auch bei der Wahl Hoch- oder Flachbau spiele der Preis eine Rolle. Heinz Redl, COO der SIGNA Prime Selection AG: „Die Frage ist nicht Hochoder Flachbau. Die Frage lautet: Ist der Nutzer bereit, mehr zu zahlen, dafür dass er sozusagen nicht im vierten Stock, sondern im 25. sitzt? Die Klientel, die wirklich dazu bereit ist, ein oder zwei Euro auf den Quadratmeter mehr zu bezahlen, damit sie hoch sitzt, die ist aber sehr handverlesen. Das sind vor allem nicht die ganz großen Unternehmen. Umso größer ein Unternehmen wird, desto unwichtiger wird quasi das gesamte Konditionen-Package.“ Redls Faustregel: Die Innenstadt ist eine attraktive Bürogegend für Investmentbanken, Berater, Anwälte und die, die nicht aus der Innenstadt hinauswollen, obwohl sie große Mieter sind. Für die großen gibt es Office-Agglomerate an den Verkehrsachsen, vor allem den U-Bahn-Linien. Doch mit der U-Bahn allein ist es nicht getan. Diese muss fußläufig erreichbar sein. Martina Jochmann, Energiecomfort Geschäftsführerin. „Das Umfeld muss passen. Was ich mittlerweile sehr schätze, ist, dass ich, wenn ich aus dem Büro hinausgehe sofort bei der U-Bahn bin. Wenn ich mir jetzt also im DC-Tower ein Büro miete, dann muss ich - etwas überspitzt gesagt - über die Copa Cagrana zur U-Bahn
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„Ist der Nutzer bereit,
mehr zu zahlen, dafür dass er sozusagen nicht im 4. , sondern im 25. Stock sitzt?“ Heinz Redl, SIGNA Prime Selection AG
gehen.“ Für Redl steht fest, dass es das „ideale Büro“ gar nicht gibt“. „In den achtziger Jahren waren wir froh, überhaupt ein Büro bauen zu dürfen. Das waren billige Büros. Dann haben wir Unternehmen mit Büros in Eigentum schmackhaft gemacht. Später hat man gelernt, dass das eigentlich auch nichts bringt und das Büros mehr können müssen. Wir sind dem Schlagwort „intelligente Büros“ verfallen und dachten, ein intelligentes Büro ist auch über eine gewisse Dauer für den Nutzer und den Markt interessant.“ Heute könne niemand mehr sagen, wie lange eine Büro- und Gebäudenutzung passt. „Der Markt dreht sich schneller, als ich jemals angenommen habe. Ich glaube auch nicht, dass dieses Tempo aufhört. Man muss in Zukunft Gebäude, Gebäudestruktur und die Nutzung auseinanderhalten.“ Man müsse beim Bauen und Bewirtschaften umdenken, da sind sich alle einig: „Wir machen alle eine Erstvermietung und sagen: Schau da gibt es ein Büro, du kannst dir das zurecht schneidern etc.“ Dann kommt der Nachnutzer, der mit der Konfiguration überhaupt nicht zurecht kommt. Und wir sind erschüttert, was dann plötzlich das Refurbishment kostet“, so Redl. Die Umnutzungskosten werden in Zukunft eine weit stärkere Rolle spielen. „Das müsse auch dem Mieter bewusst sein.“
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Nachhaltigkeit ein Qualitätskriterium
Da kommt auch das Thema Nachhaltigkeit mit ins Spiel. Ist Nachhaltigkeit ein Qualitätskriterium beim Büro? Hoffmann: „Wenn man kleine bis mittlere Flächen hat – zwischen 300 und 1.000 Quadratmetern sucht, dann ist es derzeit noch ein „Nice-to-have“. Wenn ich ein großer Mieter bin – vielleicht sogar ein internationaler Konzern – ist es mehr als nur ein „Niceto-have“ und ist sowieso eine Konzernvorgabe, sodass ich gar nichts anderes mehr wählen kann, als solche Objekte, die in diesem Kreis sind.“ Für Redl ist die Frage: „Kann er es sich erlauben? Bei einem amerikanischen Pharmaunternehmen geht das nicht mehr. Das ist ein No-Go. Es bleiben dann eben nur mehr fünf Objekte über und nicht mehr fünfzehn. Das zweite ist, wenn ich den Investmentmarkt hernehme und sage, dass ich etwas verkaufen will, brauche ich ohne Zertifikat gar nicht mehr anfangen. Also ich denke, das wird sich verstärken. Wir fangen jetzt an, CO2 Bilanzen im Haus unter den Mietern zu veröffentlichen. Das wird alles irgendwann kommen, davon gehe ich aus.“ Etwas für die Großen
In einem ist sich die Diskussionsrunde einig. Corporate Buildings sind etwas für die großen Unternehmen. Sie können damit Duftmarken in der Stadt setzen. Großunternehmen haben
„Durch Umstrukturierung
und Zentralisierung verändern sich auch Arbeitsprozesse.“ Stefan Barasits, WSE-Wiener Standortentwicklung
„ Das Umfeld einer
„Nach wie vor sind
Immobilie muss optimal passen.“
Erreichbarkeit und Preis das Hautargument.“
Martina Jochmann, Energiecomfort
auch die größere Sichtweite. Sie planen auf zehn, 15 Jahre. Klein- und Mittelunternehmen vermögen das in der Regel nicht. Sie fahren auf Sicht, haben eine Perspektive von vielleicht drei bis fünf Jahren. Da hat man andere Gedanken als ein eigenes, auf das Unternehmen zugeschnittenes Gebäude. Oliver Pelz, Geschäftsführer Donaufinanz: „Auch bei einem Corporate Building kommt es
frage. Für den Standort in Erdberg war der Bedarf nach Unternehmenszentralen, großen Rechtsanwaltskanzleien, die gerne ein eigenes Gebäude belegen, eben nicht in diesem Ausmaß gegeben, wie man es sich ursprünglich gedacht und gewünscht hat. „Meines Erachtens lag es sicher an der spezifischen Lage, dass es für die eine oder andere Klientel zu weit draußen lag, denn die brauchen einfach ein „1010 Wien“ in ihrer Adresse“, so Pelz.
Eckhard Horstmeier, Campus 21
auf die Lage an. TownTown war als Areal für Corporate Buildings gedacht. Die Überlegung war, dass Unternehmen auf diesem Areal ihre Konzernzentralen errichten und mit ihrem Architekten und Team kommen, ihren eigenen Bauplatz haben und dann ihr Corporate Building errichten.“ Zum einen ist es an widmungstechnischen und politischen Themen gescheitert und zum anderen – was letztlich noch ausschlaggebender war – an der Nach-
„Eine gute Anbindung an das öffentliche Verkehrsnetz kann auch einen höheren Preis rechtfertigen.“ .“ Martin Hoffmann, s Immo AG
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„Aspern wird dann
erfolgreich, wenn es gelingt, Verwaltungseinheiten als Zugpferde anzusiedeln.“ Michael Windsperger, IWS TownTown AG
„Meiner Meinung nach – wir arbeiten ja auch selbst dort – ist das Konzept sehr gut gelungen“, wirft Doris Bele, Vorstand der FMA Facility Management Austria, ein. Allein dem Standort mangle es noch an Attraktivität. „Es gibt dort eigentlich überhaupt keine Infrastruktur. Man hat dort gerade mal eine U-Bahn-Station – das ist natürlich toll, denn man ist innerhalb von 10 Minuten in der Herrengasse – und sonst im Grunde genommen nichts“. Für Wolfgang Scheibenpflug von der Flughafen Wien AG liegt das Problem auf der Hand: „Die Infrastruktur ist ein ganz entscheidendes Thema. Da stehen wir Projektentwickler vor einem großen Problem. Ohne gute Infrastruktur ist es schwer, einen Mieter zu finden. Ohne Mieter ist es wiederum schwer, die Infrastruktur vorweg an den Standort zu bringen. Das ist ein Balanceakt. TownTown und auch Viertel Zwei haben sich gut entwickelt. Da sieht man, dass es möglich ist, auch an „Nicht-Standorten“ große Projekte entwickeln zu können, die einen Mieter finden.“ „In Wirklichkeit geht es um Erreichbarkeit“, bringt Scheibenpflug es auf den Punkt. Der US-amerikanische Wirtschaftsprofessor J.D. Kasarda, der das Konzept Airport-City entwickelt hat, spricht nicht mehr von den 3 Ls „Lage, Lage, Lage“, sondern von der 3 Es „Er-
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reichbarkeit, Erreichbarkeit, Erreichbarkeit“ – das sei auch der Erfolgsschlüssel. „Wir sind klarer Bestandteil des Wiener Immobilienmarktes. Das ist sowohl Fluch als auch Segen. Einerseits ist der Flughafen im Vergleich zu anderen Airports der Stadt sehr nahe. In 15 Minuten erreiche ich mit dem City Airport Train die Stadt. Wenn man aber in 15 Minuten in der Innenstadt ist, kann man mit seinem Büro auch gleich in der Stadt bleiben.“ Eingeschränkte Nachfrage
Stellt sich die Frage: Wird es in Zukunft mehr Corporate Buildings geben? „Das wird der Markt entscheiden“, ist Pelz überzeugt. „So etwas auf Vorrat zu bauen, wird nicht funktionieren“. Scheibenpflug sieht das Potential für Corporate Buildings aufgrund der KMU-Struktur in Österreich grundsätzlich beschränkt. „Man muss sich die Frage stellen, ab welchem Zeitpunkt sich ein eigenes Gebäude auszahlt. Da muss man schon 250 bis 300 Mitarbeiter und einen Flächenbedarf von mehr 6.000 Quadratmetern haben. Darunter macht das wenig Sinn. Eines sei aber auch klar. „Es hat einen Grund, warum sich Unternehmen ein Corporate Building bauen oder bauen lassen“, so Pelz. „Weil z.B. am Wunschstandort keine entsprechenden Immobilien da sind, welche
„Der Zug der Zeit in
Richtung Open Space und technisch moderne Flächen ist in der Innenstadt nicht umsetzbar.“ Roland Schuch, Energiecomfort
die Wünsche und Anforderungen des Kunden abdecken. Das wird der Spagat der Projektentwickler in der Immobilienwirtschaft sein, einerseits einen möglichst breiten Kundenkreis anzusprechen, aber andererseits genauso offen zu sein für die Anforderungen eines möglichen Nutzers.“ Dieser Spagat sei in der Vergangenheit schwierig gewesen. „Das wird in Zukunft auch nicht leichter.“
„ Manche Klienten brauchen ein „1010 Wien“ in ihrer Firmenadresse.“ Oliver Pelz, Donaufinanz:
Zentralisierung ist natürlich ein beherrschendes Thema. „Da können wir mit einiger Erfahrung aufwarten“, so Stefan Barasits, WSE-Wiener Standortentwicklung. „Schon allein aus Tatsache heraus, dass wir die Aufgabe für die Stadt Wien am Fleischmarkt oder auch beim Gaswerk Leopoldau übernommen haben“. Durch Umstrukturierung und Zentralisierung würden sich auch Arbeitsprozesse verändern. „Dadurch werden Flächen frei, bei denen man sich dann überlegen muss, was man dort in Zukunft machen wird. „Es klingt immer nach einer sehr einfachen Aufgabe, dabei ist sie wirklich komplex“. Für Immofinanz AG Norbert Frank liegt die Herausforderung im Umbau im Bestand. „Einen Bau aus den Siebziger Jahren auf den Stand der Technik zu bringen und zu halten, ist nicht nur herausfordernd sondern auch sehr kostspielig. Das beginnt bereits bei den Versorgungs-Themen.“ In das gleich Horn stößt Thomas Tischler, Österreichische Facility Management: „Im Neubau kann man mit einem relativ geringen Aufwand je nach Nutzeranforderungen individuell anpassen. Ich sehe es auch so: Die wahre Herausforderung liegt im Bestand.“ Wenn es kostenseitig gar nicht mehr geht, wird halt weggerissen und neu gebaut. „Bei Gebäuden der 60er- und 70er Jahre tut man sich nicht so schwer. Da ist der Trennungsschmerz nicht so groß.“
„Der Standort TownTown ist gelungen.“ Doris Bele, FMA Facility Management Austria
Bei Umnutzungen können sich auch die neuen Vorschriften als Hemmschuh erweisen. Tischler: „Können gewisse technische Anlagen nicht installiert werden, bleibt sie eine niederwertigere Immobilie. Dass bedeutet gleichzeitig – weniger Miete und geringere Rendite.“ Aber auch die Umnutzung hat ihre Grenzen. Nur weil es früher ein tolles Bürohaus war, heißt es nicht dass es auch ein tolles Hotel wird. „Wenn ich mir jetzt ein gescheitertes Projekt hernehme, wo man versucht hat Gastronomie in Architektur hinein zubringen dann ist das jenes von Zaha Hadid bei der SpittelauerLände. „Bis jetzt ist glaube ich noch keine einzige Gastronomie unten, man hat das Ganze schon 25 Mal umgebaut, die gesamte Umnutzung ist eine Umnutzung quasi vom Neubau in den Leerstand“, kommentiert Frank. n
„In Wirklichkeit geht es um Erreichbarkeit.“ Wolfgang Scheibenpflug, Flughafen Wien AG
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Facility & Management
Imagewandel steht an! Modernes Facility Management senkt Kosten. Der alte Hausmeister hat ausgedient, innovatives highly sophisticated Facility Management rückt - zunehmend bereits bei der Planung einer Immobilie - an seine Stelle. Autor: Michael Neubauer
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ach wie vor wird die FM Branche in der Öffentlichkeit als bessere Hausmeister wahrgenommen. Ein Umstand, mit dem Alfred Waschl, Präsident der IFMA Austria, nicht zufrieden sein kann. „Wir müssen sehen, dass die FM-Berufe als das wahrgenommen werden, was sie auch sind. Arbeitsplätze für höchstqualifizierte junge Menschen“, kämpft Waschl mit dem etwas verstaubten Image. Im Bereich der technischen Gebäudeausrüstung haben die Automationssysteme immer mehr an Bedeutung gewonnen. Der Umfang und die Vielfältigkeit der Ausrüstung von Anlagen haben stetig zugenommen. Das schlägt sich auch in den Anforderungen an die Facility Manager nieder. Dem Computerunterstützten Facility Management (CAFM) kommt eine immer stärkere Bedeutung zu.
„FM bietet Arbeits-
plätze für höchstqualifizierte junge Menschen.“ Alfred Waschl, Präsident der IFMA Austria
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Gutes Facility Management ist in der Lage, die Betriebskosten langfristig zu senken und somit einen wichtigen Beitrag für die Vermietbarkeit von Gebäuden zu leisten. „Die Digitalisierung der Errichtungs- und Betriebsprozesse (Building Information Modelling (BIM), Facility Information Management (FIM)), die Vernetzung (Internet) aller Beteiligten in der jeweiligen Lebenszyklusphase, die Achtung aller Einzelleistungen (Compliance), die Nutzung mobiler Endgeräte und der Wille zur Transparenz in der Errichtung und im Be-
trieb sind das Zukunftspotenzial für wertige Immobilien, leistbare Mieten, vergleichbare Energieverbrauchswerte sowie die Optimierung der Flächenverbräuche“, so der IFMA Präsident. Doch wird das auch so in der Öffentlichkeit wahrgenommen? Erst vor kurzem widmete sich der WISAG FM-Club, zu dem WISAG Geschäftsführer Michael C. Wisser anlässlich des 20-jährigen Firmenjubiläums geladen hatte, dem Thema „Facility Management: Noch immer von gestern? FM-Potenziale für die Zukunft“. Anton Bondi de Antoni, Bondi Immobilien Consulting, bemerkt einen Wandel in den vergangenen 15 Jahren, der sich in den kommenden Jahren fortsetzen werde: „Früher war Facility Management der klassische Hausmeister. Inzwischen haben aber alle begriffen, dass die Anforderungen schwieriger und technischer werden und es einer professionellen Steuerung bedarf, um die Kosten im Griff zu haben.“ Für ihn sei die zentrale Anforderung an einen FM-Dienstleister, „dass man einen zentralen Ansprechpartner hat“. Peter Kovacs, von der MA34 der Stadt Wien, ortet noch nicht in allen Bereichen das notwendige Bewusstsein für Facility Management. Bei Städten und Gemeinden sieht er zunehmend
Fotos: Credits
einen ,Aha-Effekt‘, wenn man Best-PracticeBeispiele zeigt und sie sehen, dass sie Einsparungspotentiale nutzen können. Norbert B. Lessing, Hilton Hotels Österreich, sieht das Energiemanagement neben dem Personal als großen Kostenpunkt und deshalb als wichtiges Thema: „Für unsere Gäste muss nonstop alles funktionieren. Aber anstatt die Geräte durchlaufen zu lassen, geht es darum, sie gesteuert laufen zu lassen.“ „Je später FM ins Spiel kommt, desto mehr Zeit und Geld sind später notwendig, um das Gebäude an die Bedürfnisse des Unternehmens und der Kunden anzupassen.“ Dass FM auch seinen Preis haben muss, verstehe sich dabei von selbst. Aktuell ist die Branche in einen Preiskampf verfallen. Vor allem, weil viele Ausschreibungen dem Billigstbieterprinzip folgen. Dabei sind nicht selten Marktteilnehmer zu beobachten, die Preise unterhalb ihrer Gestehungskosten anbieten, um schlicht Beschäftigung für ihre Mitarbeiter zu beschaffen oder um Bestandskunden und Marktanteile zu halten. Am extremsten wirkt sich der Preisdruck im infrastrukturellen Facility Management aus. Denn die Auftraggeber sind der Auffassung, dass sie Dienstleister in diesem Bereich leicht austauschen können. Das technische Facility Management und das Property Management sind ebenfalls betroffen, wenn auch weniger stark. Hinzu kommen die kontinuierliche Steigerung der Personalkosten
aufgrund zu starrer Tarifverträge sowie die Inflation. Alles zusammen macht es vielen Anbietern immer schwerer, bei gleichbleibender Qualität rentabel zu arbeiten. Ein gutes Beispiel, wie sich die Branche verändert hat, lässt sich an Attensam deutlich erkennen. Sukzessive wurde der Aufgabenbereich des klassischen alten Hausmeisters modernisiert, aktualisiert und ausgebaut. So wie die Entwicklung von Immobilienprojekten, so entwickelten sich auch die laufende Immobilienbetreuung und erforderlichen Services weiter. Bereits während der Konzeption und Planung einer Immobilie sind Entscheidungen zu treffen, die die spätere Nutzung und deren Kosten beeinflussen. Gebäudekonzeption und Raumaufteilung sind somit mitentscheidend für den Aufwand für Wartung und Instandhaltung, Pflege, Reinigung und Kontrolle. „Wenn möglich, sollten Immobilieneigentümer daher bei der Immobilienplanung ansetzen und bereits in dieser Phase die später erforderlichen Services für den laufenden Betrieb der Immobilie berücksichtigen“, unterstreicht Michael Kasparu, Leiter Facility Services bei Attensam Hausbetreuung, den Einfluss der Planung von Immobilien auf die Umsetzung von Facility Services. „Früher wurden die Gebäude nur bis zur Fertigstellung geplant. Heute weiß man, dass ein sehr hoher Kostenanteil aber während der Nutzungsphase anfällt“, weiß Experte Kasparu aus der täglichen Praxis. n
23. September 2015
Sommer 2015 | ImmoFokus 149
Facility & Management
Quo vadis, Facility Management? Change. Die Zukunft des Facility Managements gestaltet sich ganz anders als viele glauben, meint Prof. A Alexander Redlein im Interview mit dem ImmoFokus. Wie sehr sich die Branche allerdings verändern wird, das hängt sehr wohl auch von ihren Protagonisten ab.
Das Gespräch führte: Walter Senk
Sie waren beim IFMA Fusion, einem großen internationalen FM Kongress, in den USA und haben auch - so wie jedes Jahr - wieder Vorträge gehalten. Was waren die wichtigen Themen beim Kongress? Alexander Redlein: Die klassischen FM Themen wie Wartung oder Instandhaltung haben niemanden interessiert und bei den Vorträgen war gähnende Leere. Die Themen für die Zukunft sind „Arbeitsplatz“ und „Talent-Rekruting“ – also wie ich als Firma motivierte und talentierte Mitarbeiter bekomme und vor allem auch bei mir im Unternehmen halte. Die wirklich guten Leute aus der Generation Y wollen nur anheuern, wenn ihnen eine entsprechende Flexibilität geboten wird zu arbeiten, wo sie wollen und wann sie wollen. Das ist derzeit in den USA und Asien das Thema und die Büroinfrastruktur wird sich anpassen müssen. Inwiefern? >> Wenn sie mehr flexible Arbeitszeiten ermöglichen müssen und auch verschiedene Team-Konstellationen haben, dann müssen sie die entsprechende Arbeitsinfrastruktur innerhalb des Unternehmens schaffen. Ich rede hier nicht von Klimatisierung, Lampen im Gebäude oder Filtertausch.
150
ImmoFokus | Sommer 2015
Haben Sie ein Beispiel dafür? >> Das Unternehmen „Asics“. Das Büro schaut aus, wie ein Spiel- und Sportplatz. Neben den eigentlichen „Büroflächen“ gibt es eine Sporthalle. Da können die Mitarbeiter trainieren, da werden auch die Asics-Werbestars eingeladen oder auch Schulklassen, die dann dort turnen können, wo schon die Stars und Gallionsfiguren des Unternehmens gespielt haben. Dort können auch die neuesten Produkte ausprobiert werden. Es ist eine Durchmischung des Arbeitsplatzes und die Unternehmen nutzen ihre Basis, wenn man so sagen kann, um alle Beteiligten an die Marke zu binden. Und natürlich die Mitarbeiter. „Gamification“ ist das Schlagwort.
Das zieht sehr weite Kreise und betrifft auch die Arbeit des Personalchefs. Die Arbeitsverträge müssen anders gestaltet sein, und zwar dahingehend, dass ich nicht anwesend sein muss, sondern dass die Arbeit erledigt wird. Das ist das Wichtige. Das Management des Unternehmens muss auch involviert werden, damit sie verstehen, dass sich die Arbeitszeiten ändern. Letztendlich führe ich nicht über Arbeitszeiten, sondern über Ziele. Das ist eine neue Arbeitsphilosophie? >> Das ist die Herausforderung an die Babyboomer. Wir waren es gewohnt, in der Früh einzustempeln und am Abend auszustempeln. Heute ist die Frage: Habe ich meinen Mitarbeitern eine entsprechende, gute und interessante Aufgabe gegeben – egal, wo sie diese erledigen. Das ist die Kernherausforderung. Ich kann mittlerweile von überall arbeiten und die Generation Y tut das. Damit kommt die IT ins Spiel: Das Wichtigste ist, dass ich immer und überall Zugriff auf meine Daten und Programme habe - ob im Unternehmen, zu Hause, beim Kunden oder auf Urlaub.
Wie glauben Sie, könnte sich diese Entwicklung auf die Büroflächen auswirken? >> Provokant gefragt: Brauche ich die? Die Wissensnomaden sind Spezialisten und es werden immer mehr und dieser Trend ist weltweit zu beobachten. Es wird eine funktionierende Technik immer wichtiger und die muss als Basis funktionieren. Jetzt ist es aber auch egal, wo ich arbeite und daher ist die wesentliche Frage: Wie schaffe ich es, einen Mitarbeiter an das Unternehmen zu binden? Wenn du wirklich gut bist, kannst du überall arbeiten. Es wird aber nicht alle Büroflächen gleich treffen. Entscheidend wird sein, was man tut und welchen Arbeitsplatz man dafür benötigt – egal in welcher Form. One size doesn´t fit for all. Activitybased working heißt eben: Je nachdem welche Arbeit du machst, suchst du dir deinen Arbeitsplatz im Unternehmen aus.
Können Sie das erläutern? >> Bei Gamification wird der Arbeitsplatz wie ein Spielplatz gestaltet, Arbeiten soll spielend erfolgen. Einer der großen internationalen Trends, die es derzeit gibt. Beim „Spielen“ fühlt man sich wohler, ist kreativer und arbeitet letztendlich auch viel besser. Viele arbeiten auch freiwillig an einem Sonntag, weil sie eine tolle Idee haben. Welche Rolle spielt hier FM? >> Es wird leider viel zu viel Technik verwendet und auf die Mitarbeiter kaum Rücksicht genommen, auch wenn es als solches verkauft wird. Der Arbeitsplatz geht in Richtung Wohlfühlen und nicht in Richtung Haustechnik. Die ist nur dazu da, um zu unterstützen. Um es auf den Punkt zu bringen: Ich brauche keinen Kühlschrank, der nachbestellt und de facto mir erklärt, was ich essen soll.
GAMIFICATION
In den vier Tagen in den USA war ich für jedermann erreichbar. Es ist niemandem aufgefallen, dass ich nicht da war – außer mir, wenn um zwei in der Früh das Telefon klingelte, weil ich ja in einer anderen Zeitzone war. Manche Unternehmen unterstützen die technologischen Möglichkeiten nicht optimal und das wird ein Problem für die Unternehmen in der Zukunft.
Sommer 2015 | ImmoFokus
151
Facility & Management
„Beim „Spielen“ fühlt man sich wohler, ist kreativer und arbeitet letztendlich auch viel besser.“ Wir werden von der Technik überrollt? >> Lassen Sie es mich so sagen: Es geht nicht nur darum, dass die Energieeffizienz hoch ist, denn 80 Prozent der gesamten Kosten im Unternehmen sind Personalkosten. Wenn ich es nicht schaffe, dass die Mitarbeiter gesund bleiben, dann habe ich nur Kosten ohne eine Gegenleistung. Mitarbeiter, die von einer Klimaanlage pausenlos krank sind, von diesen hat ein Unternehmen nichts. Wichtig ist, dass er gesund ist und sich wohl fühlt. Die Frage der Zukunft wird lauten: Was macht den Mitarbeiter glücklich und produktiv? Damit schließt sich der Kreis. Inwiefern? >> Für die Firmen ist es wichtig, talentierte Mitarbeiter zu bekommen, sie im Unternehmen zu halten und dafür zu sorgen, dass sie gesund und motiviert bleiben. Sie zu unterstützen bei den Innovationen und ihnen auch Entscheidungsmöglichkeiten zu geben. Der Mitarbeiter muss sich entfalten können – das wird das Rennen entscheiden. FM hat direkten Einfluss auf die Gesundheit der Mitarbeiter – wenn ein Mitarbeiter krank ist, dann kann er nicht arbeiten und führt nur zu Kosten. FM beeinflusst das direkt. Es geht aber darüber hinaus: FM kann Mitarbeiter durch eine geeignete Arbeitsumgebung motivieren, dass sie sich mit dem Unternehmen identifizieren und zum Unternehmenserfolg direkt beitragen.
152
ImmoFokus | Sommer 2015
Auch Facility Management muss dann eine neue Rolle übernehmen? >> Es gibt diese drei Bereiche, die für die weitere Entwicklung notwendig sind: Die Personalabteilung, die Technik und das Facility Management. Und einer dieser drei wird der Leader sein und die unterschiedlichen Stränge koordinieren zu einem integrativen Angebot. Das ist das aktuell internationale Thema, über das diskutiert wird: Wird das gleichrangig sein, oder übernimmt einer den Lead? Wird das vielleicht bei allen Büros unterschiedlich sein? Wird das vom Unternehmen abhängen?
Das „alte“ FM hat ausgedient? >> Wenn ich FM nur darin sehe, dass ich reinige und schaue, dass das Gebäude nicht abbrennt, dann wird FM ein Subdienstleister werden. Außer man ist im FM bereit, die Basis der Produktivität zu schaffen und das als Verständnis in FM aufzunehmen. Es ist eine kontinuierliche Weiterentwicklung und es werden die positiv aussteigen, die lernen, dieses neue Leistungsspektrum abzudecken. n
NBV: Das „Herzstück“ des DGNB Systems ist aktualisiert Kommentar: Ines Reiter Geschäftsführerin ÖGNI
n Das DGNB Zertifizierungssystem deckt alle grundlegenden Dimensionen der Nachhaltigkeit fürs Bauen und Bewirtschaften von Gebäuden (ökologische, ökonomische, soziale) bestens ab. Durch die unterschiedlichen Systemvarianten ist es mittlerweile möglich, beinahe alle Typen von Immobilien zu zertifizieren und deren Qualitäten auszuzeichnen. Die „Ur-Systemvariante“, auf der alle weiteren basieren, ist das Nutzungsprofil „Neubau Büro- und Verwaltungsgebäude“ (NBV). Mit diesem hat die Erfolgsgeschichte des DGNB Zertifikats begonnen und es ist nach wie vor das am meisten angewendete Profil.
DGNB System davon, dass es laufend weitergeführt wird – so, wie sich Gebäude und ihre Technik weiterentwickeln, muss auch das System diesen Entwicklungen entsprechen. Natürlich sind auch bisher gewonnene Erfahrungen aus der Anwendung miteingeflossen, ebenso die Aspekte der weiteren Internationalisierung.
Diese Variante steht für alle Gebäude bereit, die überwiegend für Büround Verwaltungstätigkeiten genutzt werden. Außer auf ökologischen und wirtschaftlichen Aspekten liegt ein Schwerpunkt der Bewertung auf dem Nutzerkomfort – etwa in akustischer, thermischer und visueller Hinsicht –, der großen Einfluss auf die Leistungsfähigkeit und Motivation von Arbeitskräften hat. Eine Zertifizierung ist zudem auch ein wichtiges Instrument für den Investor bzw. Bauherren, kann er doch damit Wertstabilität sichern und die Vorzüge des Gebäudes im Markt transparent ausweisen.
Einen herzlichen Dank möchte ich an dieser Stelle an die ÖGNI Mitglieder richten, die sich ehrenamtlich in dieser Arbeitsgruppe engagiert und die Entwicklung vorangetrieben haben. Sie haben ihr fundiertes Fachwissen und ihre umfangreichen Praxiserfahrungen aus den unterschiedlichen Bereichen der Bau- und Immobilienwirtschaft eingebracht. Technische, architektonische, aber auch rechtliche Aspekte mussten geprüft und gegebenenfalls ergänzt und aktualisiert werden. Die Zusammensetzung der Arbeitsgruppe aus Experten unterschiedlichster Fachrichtungen sichert für das System Objektivität, Praxisnähe und Ausgewogenheit. Die finale Prüfung und Freigabe erfolgte schließlich durch den Fachausschuss der ÖGNI, quasi dem Qualitätssicherungsinstrument, bevor das System nunmehr dem Markt bereitgestellt wird.
Eine Arbeitsgruppe der ÖGNI hat dieses Nutzungsprofil nun einem umfangreichen Update unterzogen: die laufende Verbesserung und Adaptierung ist ein wesentlicher Beitrag, um Normen, Werte und Inhalte am aktuellen Stand der Zeit zu halten und damit auch ein zukunftsfähiges, modernes System anbieten zu können. Zudem lebt das
Das Nutzungsprofil „Neubau Büro- und Verwaltungsgebäude“ hat sich ausgezeichnet bewährt und seine Flexibilität unter Beweis gestellt. Es ist die am häufigsten vergebene Variante der ÖGNI und ich freue mich schon heute auf die ersten Projekte, die die ÖGNI mit der neuen „NBV 2014“ auszeichnen wird. Mehr Infos auf www.ogni.at.
Sommer 2015 | ImmoFokus
153
Im Brennpunkt: Russland
Russischer Bär Schmerzhafte Störungen. Mit etwas Optimismus lassen sich die Branchenkennzahlen des 1. Quartals 2015 etwas freundlicher interpretieren, als sie im ersten Moment erscheinen.
Autor: Harry Weber
S
anktionen, Rubelkrise, Ölpreisverfall – Schlagworte, die nichts Gutes verheißen, und, wie im Falle Russlands, Analysten und Wirtschaftskommentatoren auf dünnes Eis führen. Doch es wäre nicht der russische Bär, würde er sich von kurzen, schmerzhaften Störungen von seinem Weg abbringen lassen. Als rohstoffreichstes Land der Erde und mit einem beinahe unbeugsamen Rückgrat versehen geht die russische Wirtschaft ihren Weg, allerdings nicht immer den direktesten. Die gewaltigen Boomphasen im letzten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts leiteten eine stabile Aufwärtsentwicklung in der ersten Dekade des 21sten ein, die erst mit der weltweiten Krise ab 2008 erste Zeichen einer Anfälligkeit zeigte. Projekt- und Fertigstellungsverzögert zeigen diese Phasen sich auch in der Entwicklung des bekannt sensiblen Immobilienmarktes.
154
ImmoFokus | Sommer 2015
Russland - die größten Investmentdeals 2014 OBJEKT/PORTFOLIO
STANDORT
VERKÄUFER
KÄUFER
KAUFPREIS
Portfolio of Hotel Company (84%) and Hotel Savoy (16%)
Moskau
Property Fund of Moscow
VTB Capital
vertraulich
Imperia Tower, Phase I
Moskau
MCG
Solvers Group
$ 350-380 million
Pokrovskiye Kholmy
Moskau
Goldman Sachs Whitehall Funds
Middle East Fund
$ 300-350 million
River Mall
Moskau
Bank of Moscow
IC Platform
$ 300-350 million
Berlin House and Geneva (90%)
Moskau
vertraulich
Eastern Property Holdings
$ 220-260 million
BC Hermitage Plaza
Moskau
vertraulich
Eastern Property Holdings
$ 195 million
BC Severnoe Siyanie
Moskau
vertraulich
Eastern Property Holdings
$ 153 million
Olypmic Tower
Moskau
Kuznetskiy most development
BIN Group of companies
5 billion rub
Quelle: Colliers International
Spitzenrenditen in Moskau Büro
Retail
Industrie
14,5
13,5 13,0 12,5 11,5 11,0 10,5
11,0
11,0
10,5
10,0
10,0 9,5
9,0
10,0 9,0
8,5
8,5
2012
2011
2010
2009
2008
8,0
2007
Traditionell sind die Investitionstätigkeiten zu Jahresanfang eher geringer. Heuer führt dies, verstärkt durch die Rubelabwertung Ende des Vorjahrs und die sehr grosse Kapitalabwanderung ( 2014 lt. russischer Zentralbank 154 Milliarden Dollar -ein Plus von 152 Prozent zu 2013!), zu einem sehr zögerlichen Verhalten der Investoren am Markt.
9,0
2014
Die ersten Monate 2015 folgten dem Trend, der sich in der zweiten Hälfte 2014 abzeichnete: geringeres Finanzierungsvolumen der Banken, Rückgang der Nachfrage nach neuem Raum, fallende Mietpreise und daraus resultierend träge Investitionsaktivität. Das reale Investitionsvolumen ging im ersten Quartal 2015 auf 520 Millionen Dollar zurück, das ist 20 Prozent weniger als im entsprechenden Zeitraum des Vorjahres.
Ein kurzer Blick auf die größten Investmentdeals 2014 macht klar, wo der große Teil der Investitionstätigkeit im größten Land der Erde stattfindet: in Moskau. Bei genauerem
2013
Während die Sanktionen sich zwischenzeitlich eher als Boomerang denn als mittel- oder langfristig bedrohlich erweisen und der Ölpreis nach einem Tief zu Beginn des Jahres seit Mitte März sich wieder langsam aufwärts bewegt und sich zwischenzeitlich wieder über dem Niveau vom letzten Dezember befindet, feiert der Rubel als der enorm wichtige Faktor auf dem russischen Immobilienmarkt mit plus 16 Prozent zum Dollar und sogar plus 31 Prozent zum Euro eine triumphale Rückkehr. So lassen sich die Branchenkennzahlen des 1. Quartals 2015 mit etwas Optimismus ein wenig freundlicher interpretieren, als sie im ersten Moment erscheinen.
Quelle: Colliers International
Sommer 2015 | ImmoFokus
155
Im Brennpunkt: Russland
≥ $100 million ≤ $200 million
≥ $50 million ≤ $100 million
≥ $200 million ≤ $500 million
26% 41%
≥ $500 million
20% 30%
35%
51%
51% 21%
28%
43%
22%
37% 30% 20%
17%
14%
18% 12% 11%
6%
7%
5%
2013
9%
16% 17%
16%
2012
4%
6%
2011
15%
15%
16% 16%
2014
25%
2010
Betrachtet man die Investoren nach deren Herkunft, so ist das Verhältnis zwischen russischen und internationalen in den letzten Jahren relativ konstant mit einem 75 85 Prozent Anteil der russischen Investoren, unabhängig vom Investitionsvolumen des jeweiligen
≤ $50 million
2009
Bei der Verteilung der Investitionsvolumen pro Investition kann man - neben der Tatsache, dass 2014 keine einzige Investition mehr die Größenordnung einer halben Milliarde Dollar überschritten hat - feststellen, dass die Anteile der Investitionen im Bereich unter USD 50 Millionen stark gestiegen sind. Eine Abkehr vom Gigantismus zu „normaleren“ Größenordnungen scheint sich abzuzeichnen.
Russland - Entwicklung Transaktionsvolumen pro Investition 2008-2014
2008
Hinsehen wird dies noch deutlicher. Moskau dominiert das Investitionsvolumen mit einem Anteil von 85 Pozent vom Gesamtvolumen und lässt St. Petersburg mit großem Abstand und 10 Prozent auf dem zweiten Platz folgen. Allen anderen Regionen von Wladiwostok bis Kaliningrad bleiben gerade noch 5 Prozent vom Kuchen. Es scheint nur logisch, dass sich Anteile an den Investitionen in den kommenden Jahren in die Regionen verschieben werden und sich dort erhebliches Potential bilden wird.
Quelle: Colliers International
Russland - Investments nach Regionen Moskau
St. Petersburg
5% 10%
85%
Quelle: Colliers International
156
ImmoFokus | Sommer 2015
Andere
Jahres. Es wird interessant zu sehen, wie sich der niedere Rubel auf die Investitionslust der nicht-russischen Investoren unter dem Aspekt der Sanktionen und eines ebenfalls niederen Euros auswirkt. Es lässt sich vermuten, dass vor allem dollarstarke Asiaten die Chance nutzen werden. Die Anteile der einzelnen Segmente Büro, Retail, Warenlager, Hotel und Sonstiges (Landkäufe und Mixed-Use-Developments) am sinkenden Gesamtinvestitionsvolumen verhalten sich zueinander seit Jahren mit geringen Abweichungen proportional. Eine Ausnahme stellt der Bürosektor dar, der auch 2014, als das Gesamtvolumen von 8 Milliarden Dollar 2013 auf ca. 3,6 Milliarden 2014 zurückging, mit ei-
nem Rückgang von 3 auf 2,5 Milliarden Dollar relativ stabil blieb. Der Ausblick auf 2015 und die ersten vagen Zahlen lassen einen weiteren Rückgang für das Gesamtjahr befürchten und in Anbetracht der kolportierten Leerstandszahlen für Büros von bis zu 43% im Jänner für Moskau wird der Bürosektor dieses Jahr stark Anteile am Investitionsvolumen verlieren. Die Spitzenrenditen in Moskau betragen geschätzt 9,5 bis 10,5 Prozent für Büro- und 12 bis 13 Prozent für Industrieimmobilien und sind damit immer noch höher als in anderen Städten Europas. Die Erträge in Moskau sind sogar signifikant höher als jene in anderen osteuropäischen Wirtschaftsräumen wie Polen, der Tschechischen Republik oder Rumänien. n
Russland Investments — nach Herkunft der Investoren Internationale Investoren
Investoren aus Russland
90%
82%
68% 77%
3,0 Mio. €
85%
76%
3,1 Mio. €
2009
3,5 Mio. €
7,4 Mio. €
8,0 Mio. €
8,2 Mio. €
2011
2012
2013
2010
2014
Russland Investments 2006 - 2015 Büro
Retail
Warenlager
Hotel
Sonstiges
bln $
10 9 8 7 6 5 4 3 2 1 0
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
2015F
Quelle: Knight Frank Research, 2015
Sommer 2015 | ImmoFokus
157
Im Brennpunkt: Russland
Büromarkt: Moskau Neuflächenproduktion trotz Krise. Fast 30 Prozent Leerstandsrate. Die Mieten fallen - und trotzdem läuft die Neuflächenproduktion auf Hochtouren. Anfang 2016 könnten in Moskau 18 Millionen Quadratmeter Büroflächen zur Verfügung stehen. Autor: Harry Weber
Moskau: Büromarkt Angebot, in Mio. m2
Grade A
3,4
Grade B
12,4
15,8
Fertigstellungen, in 1000 m2
1,4
Neuvermietungen, in Mio. m2
1,1
Net take-up, in 1000 m
551,0
2
Leerstandsrate, %
Durchschnittsmiete, $/m2/Jahr
Grade A
26,1
Grade B
10,9
Grade A
840
Grade B
540
14,2
700
Quelle: Colliers International
Moskau: die größten Vermietungen 2014 OBJEKT/PORTFOLIO Comcity, Phase Alpha Alcon, phase I Yuzhny Port
MIETER
FLÄCHE
A
Systematica
17.370
A
PepsiCo
13.000
SK Soglasie
7.000
B+
Comcity, Phase Alpha
A
Oracle
6.370
Wall Street
A
Teva
4.900
Quelle: Colliers International
158
ImmoFokus | Sommer 2015
F
ünf Kilometer vom Kreml reiht sich am linken Ufer der Moskva stolz Wolkenkratzer an Wolkenkratzer. Acht der zehn höchsten Häuser in Europa stehen in Moskau und bilden einen neuen Stadtteil und Finanzdistrikt namens „Moscow City“. Allerdings sieht es bei einer Leerstandsquote von 43 Prozent Ende Jänner 2015 hinter den Fassaden nicht mehr ganz so imposant aus. Die Leerstandsquote für Moskau gesamt lag 2014 bei 14,2 Prozent, wobei 26,1 Prozent auf Büros der Kategorie A und 10,9 Prozent auf solche der zweiten Kategorie entfielen. Ölpreis- und Rubelverfall in Verbindung mit der hohen Kapitalflucht und steigender Inflation bewirkten 2014, dass die Firmen ihre Ausgaben für Büros reduzierten und sich bei geplanten Umzügen und neuen Bürogebäuden einschränkten. Im Herbst und Winter begann die Nachfrage nach Büro- und Gewerbeimmobilien deutlich zurückzugehen. Zu dem gegenläufigen Trend kam die Fertigstellung zahlreicher Neubauten im Ausmaß von 1,4 Millionen Quadratmetern an hochklassigen Büroimmobilien hinzu. Damit hat der Büroimmobilienmarkt in Moskau die
Moskau: die größten Fertigstellungen 2014 OBJEKT/PORTFOLIO
DEVELOPER
FLÄCHE
President Plaza
A
Stolitsa development / StroyGazConsulting
114.700 m2
OKO
A
Capital Group
110.000 m2
Comcity, Phase Alpha
A
PPF Real Estate
107.550 m2
Lotos
A
MR Group
88.400 m2
Eurasia Tower
A
Tekhinvest
86.800 m2
Vereyskaya Plaza III
B-
Plaza Development
76.000 m2
Port Plaza
B+
Plaza Development
62.700 m2
MR Group
52.340 m2
B+
Amtel Properties
39.400 m2
A
AB Development
34.300 m2
Vodny Orbita Tekhnopark II Arcus III
A
Quelle: Colliers International
Vacancy rates, % Grade A
Grade B
30%
27.3%
25% 20% 15%
16 Millionen Quadratmeter beinahe erreicht. Anfang 2016 könnten es aufgrund weiterer Fertigstellungen in „Moscow City“ bis zu 18 Millionen sein. Im ersten Quartal dieses Jahres setzte sich der Trend bei den Leerstandsraten in der Premiumklasse fort und verzeichnete nochmals einen kleinen Anstieg auf 27,3 Prozent. Bei Büroflächen der Kategorie B gab es eine leichte Trendwende beziehungsweise Stabilisierung. Im Vergleich zu den 10,9 Prozent zu Ende des letzten Quartals 2014 sank die Rate im ersten Quartal 2015 auf 10,9 Prozent. Die sinkende Nachfrage drückt, den Gesetzen der Marktwirtschaft folgend, auf den Preis. Da die Mieterträge pro Quadratmeter je nach Lage in den verschiedenen Bezirken von Moskau sehr unterschiedlich sind, ist es schwer möglich, konkrete Zahlen zu nennen. Allgemeine Schätzungen der führenden Immobilienconsulter gehen allerdings davon aus, dass der Rückgang der Durchschnittsmiete für Büroimmobilien im erweiterten Zentrum von Moskau im letzten Jahr gute 20 minus Prozent ausmacht. n
10.6%
10% 5% 0%
I II III IV I II III IV I II III IV I II III IV I II III IV I II III IV I II III IV I II III IV I
2007 2008 2009 2010 2011
2012 2013 2014 2015
Quelle: Colliers International
Moskau: die größten Fertigstellungen 2015 OBJEKT/PORTFOLIO
DEVELOPER
FLÄCHE
IQ-Quarter
A
CiTer Invest B.V., Hals Development
191.000 m2
Federation, Tower East
B+
AEON Development
101.000 m2
Oruzheiny 41
A
ZAO Sadovoye Koltso
90.000 m2
Neo Geo, I & II Phases
B+
Stone Hedge
89.200 m2
Evolution
A
Snegiri
79.000 m2
Suvorov Plaza, Tower B
A
StroyGazConsulting
68.000 m2
Bolshevik
A
Oi Properties
58.400 m2
Neopolis
A
A-Store Estates
48.850 m2
K2 Business Park
A
Storm Properties
48.350 m2
Atlantic
A
M Development and Construction
47.200 m2
Quelle: Colliers International
Sommer 2015 | ImmoFokus
159
Im Brennpunkt: Russland
Büromarkt: St. Petersburg Stabil auf niedrigem Niveau. Im Vergleich zu Moskau hat der Officemarkt geringere Schwankungen bei Leerstandsraten und Mietpreiseinnahmen.. Autor: Harry Weber
I St. Petersburg: Büromarkt 2,3
Angebot, in Mio. m2
212
Fertigstellungen, in 1000 m
2
Neuvermietungen, in 1000 m
214
Leerstandsrate, %
11,8
2
Durchschnittliche Miete, $/m2/Jahr
Grade A
290
Grade B
210
Quelle: Colliers International
160
ImmoFokus | Sommer 2015
n der mit 5 Millionen Einwohnern viertgrößten Stadt Europas und nach Moskau zweitgrößten Stadt Russlands, der nördlichsten Millionenstadt der Welt und ehemaligen Hauptstadt des Russischen Kaiserreiches standen Ende 2014 2,3 Millionen Quadratmeter Büroraum der Kategorien A und B zur Verfügung, wobei 38,2 Prozent davon in Kategorie A ausgeführt waren.
Interessant ist, wenn man anhand des Büroimmobilienmarktes in St. Petersburg die Dynamik der Mietpreisentwicklung betrachtet. Hier lässt sich feststellen, dass sich die Mieten in Rubel weiterhin beinahe konstant stabil entwickeln. Dies im Gegensatz zu Moskau, wo aufgrund der weit höheren Leerstandsrate auch die Mieteinnahmen pro Quadratmeter in Rubel rückläufig sind.
212.000 Quadratmeter Büroflächen - 2013 waren es 218.000 Quadratmeter - wurden im letzten Jahr fertiggestellt. Die Tatsache, dass im Vergleichszeitraum 214.000 Quadratmeter vom Markt aufgenommen wurden, erklärt die mit 11,8 Prozent im Vergleich zu Moskau geringe Leerstandsrate zu Jahresende 2014. Für das Jahr 2015 wird alleine aufgrund 30 fertig zu stellender Großprojekte, mit deren Bau in den Jahren 2013 – 2014 begonnen wurde, eine Steigerung der neuen Büroflächen auf dem St. Petersburger Markt auf 324.000 Quadratmeter erwartet. Für 2016 wird ein signifikanter Rückgang neuer Flächen am Markt erwartet.
Betrachtet man hingegen die Mietendynamik in US-Dollar im Vergleich zur Wechselkursrate Rubel/Dollar, lässt sich leicht zumindest ein Grund erahnen, warum sich ausländische Investoren derzeit eher zögerlich betreffend neue Projekten verhalten. Für Vermieter von Büroimmobilien, die in Dollar kalkulieren und bilanzieren, hat der Rubelverfall im zweiten Halbjahr 2014 fatale Folgen mit Einnahmenrückgängen um die 30 Prozent. Nicht ganz so prekär zeigt sich die Situation im Vergleich zum Euro, da dieser im selben Zeitraum im Vergleich zum Dollar ebenso stark gefallen ist und somit der Rubel zum Euro weniger verloren hat.
Ein Blick auf die einzelnen Bezirke von St. Petersburg zeigt im Vergleich zu Moskau eher geringere Schwankungen bei Leerstandsraten (zwischen 7 und 20 Prozent) und Mietpreiseinnahmen (zwischen 170 und 290 Dollar pro Quadratmeter und Jahr). Erfolgreicher Deal
Im ersten Quartal 2015 konnte der in Wien und Warschau börsennotierte Hotelbetreiber und Immobilienentwickler Warimpex den Verkauf zweier Bürotürme in der Airportcity St. Petersburg nun doch erfolgreich abwickeln. Der Kaufpreis beträgt 70 Mio. Euro. Der bereits im November unterzeichnete Deal drohte zwischenzeitlich wegen des Rubelverfalls zu scheitern. Käufer ist eine Tochtergesellschaft des russischen Pensionsfonds Blagosostoyanie. Veräußert wurden die beiden Gebäude namens „Jupiter1“ und „Jupiter2“ vom Joint Venture Zao Avielen A.G. der österreichischen Immobilienentwickler Warimpex (55 Prozent), CA Immo Group (35 Prozent) und UBM (10 Prozent). Die Gesamtfläche beträgt den Angaben zufolge rund 16.800 Quadratmeter und ist seit rund zwei Jahren an den russischen Energiekonzern Gazprom voll vermietet. Das Projekt „Zeppelin“ - ebenfalls ein Büroturm in der Airportcity St. Petersburg - werde im Sommer dieses Jahres fertig. Er soll 2016 verkauft werden. Interessenten dafür gebe es bereits. n
St. Petersburg: die größten Fertigstellungen 2014 OBJEKT/PORTFOLIO
STANDORT
FLÄCHE
Flandriya Plaza
A
3 Tashkentskaya Ul.
29.100 m2
Morskaya stolitsa
A
Zol’naya Ul./Dal’nevostochny Pr-t
25.760 m2
Varshavskaya Ul.
A
Varshavskaya Ul., plot 1 (to the north from 7A Varshavskya Ul.)
21.600 m2
Renaissance Business Park
A
6/1B Smolyachkova Ul.
20.270 m2
ExpoForum
A
Peterburgskoye Sh.
17.500 m2
Zeppelin
A
6 Startovaya Ul.
12.100 m2
Senator (60 Moskovsky)
A
60/129 Moskovsky Pr-t
10.200 m2
Senator (Kropotkina Ul., Phase II)
A
1 Kropotkina Ul.
6.670 m2
Mezon Plaza
B
28/2D Bolshoy Sampsonievsky Pr-t
22.600 m2
8/1 Sofiyskaya
B
8/1A Sofiyskaya Ul.
19.850 m2
Energo
B
5 Kievskaya Ul.
17.030 m2
266 Ligovsky
B
266M Ligovsky Pr-t
14.500 m2
15-3 Kondratyevsky
B
15/31 Kondratevsky Pr-t
13.370 m2
Na Kushelevskoy doroge
B
Kushelevskaya Dor., plot 1 (to the south-east from 17/4V, Nepokorennykh Pr-t)
11.840 m2
Mel’nik
B
10 Mel’nichnaya Ul. (Professora Kachalova Ul.)
11.050 m2
Megapark (Phase II)
B
22A Zastavskaya Ul.
10.000 m2
Lakhta (Phase II)
B
4K Optikov Ul.
9.600 m2
Formida
B
Utkin pr., plot 4 (to the east from 65/1A, Zanevsky Pr-t)
8.170 m2
Na Tsarskoselskih kholmakh
B
Peterburgskoye Sh.
6.130 m2
Energetikov/Magnitogorskaya
B
Energetikov pr./Magnitogorskaya Ul.
5.700 m2
11 Krasnoarmeyskaya
B
18 11th Krasnoarmeyskaya Ul.
5.000 m2
Quelle: Colliers International
Grade A A Grade
1,200 1,200
900900
Q1 2010 Q22010 2010 Q1 Q32010 2010 Q2 Q42010 2010 Q3 2011 Q4Q1 2010 Q22011 2011 Q1 Q32011 2011 Q2 Q42011 2011 Q3 Q1 2011 2012 Q4 Q22012 2012 Q1 Q32012 2012 Q2 Q42012 2012 Q3 Q12012 2013 Q4 Q22013 2013 Q1 Q32013 2013 Q2 Q42013 2013 Q3 Q12013 2014 Q4 Q22014 2014 Q1 Q32014 2014 Q2 Q42014 2014 Q3 Q4 2014
600600
* Rates include OPEX and exclude VAT * Rates include OPEX and exclude VAT Quelle: Colliers International Quelle: Colliers International
USDUSD exchange raterate exchange
550550
60 60
500500 450450
50 50
400400
40 40 30 30
250250 200200
10 10
150150
0 0
350350
300300
20 20
Q1 2010 Q22010 2010 Q1 Q32010 2010 Q2 Q42010 2010 Q3 2011 Q4Q1 2010 Q22011 2011 Q1 Q32011 2011 Q2 Q42011 2011 Q3 Q1 2011 2012 Q4 Q22012 2012 Q1 Q32012 2012 Q2 Q42012 2012 Q3 Q12012 2013 Q4 Q22013 2013 Q1 Q32013 2013 Q2 Q42013 2013 Q3 Q12013 2014 Q4 Q22014 2014 Q1 Q32014 2014 Q2 Q42014 2014 Q3 Q4 2014
$/n2/year
RUB/n2/month
RUB/n2/month
1,500 1,500
Grade B B Grade
RUB/$
Grade B B Grade
RUB/$
Grade A A Grade
USD rents dynamics and RUB, USD exchange rate USD rents dynamics and RUB, USD exchange rate
$/n2/year
Rouble rents dynamics Rouble rents dynamics
* Rates include OPEX and exclude VAT * Rates include OPEX and exclude VAT Quelle: Colliers International Quelle: Colliers International
Sommer 2015 | ImmoFokus
161
Im Brennpunkt: Russland
Die Kunden bleiben weg Leere Kassen. Russlands Einzelhandel befindet sich in einer Absatzkrise. Sinkende Realeinkommen, Sparzwänge der Privathaushalte und Unternehmen, teure Konsumentenkredite und Wechselkursschwankungen stellen die Händler vor Probleme. Autor: Harry Weber
D
er gesamtrussische Markt an Verkaufsflächen betrug Ende 2014 ungefähr 22,8 Millionen Quadratmeter, wovon 2,3 Millionen im letzten Jahr fertiggestellt wurden. Im Gegensatz zur Gesamtinvestitionstätigkeit in Russland steigen das Angebot an Verkaufsflächen und die Fertigstellungsraten über die letzten Jahre beinahe konstant, wobei sich eine gewisse Sättigung in Moskau und St. Petersburg und eine Verschiebung in Richtung der Regionen abzeichnet.
Fertigstellungen und Flächenangebot Completions
Total stock at the beginning of the year
30 26,9
25 20,5
20 14,8
15 10
11
9
16,1
22,8
18,3
12,8
5 0
2007
2008
2009
Quelle: Colliers International
162
ImmoFokus | Sommer 2015
2010
2011
2012
2013
2014
2015F
Betrachtet man die Listen der größten Fertigstellungen 2014 und 2015, so lässt sich anhand der Verkaufsflächen der einzelnen Zentren erahnen, dass die Größenordnungen in Russland immer noch gewaltig sind und trotz schwankender Wirtschaftslage im Land der Nachholbedarf noch nicht gesättigt scheint sowie die Umstrukturierung aus den Zeiten der Planwirtschaft zumindest in den Regionen noch nicht abgeschlossen ist. Die weitere zukünftige Marktentwicklung hängt von vielen Faktoren wie Wirtschaftswachstum und Stabilisierung der politischen Situation ab. Die Voraussagen der Experten gehen allerdings davon aus, dass, sollte sich die derzeitige Umfeldsituation nicht verbessern, die Gesamtfertigstellungen für 2015 nur ca. 65 Prozent der für diesen Zeitraum prognostizierten sein werden. Sollte sich die rückläufige wirtschaftliche Entwicklung fortsetzen, werden wohl Projekte verschoben und nach unten revidiert werden sowie die angekündigten 4 Millionen neu fertigzustellenden Quadratmeter Verkaufsfläche über die folgenden Jahre neu verteilt werden. Russlands Einzelhandel befindet sich in einer Absatzkrise. Sinkende Realeinkommen, Spar-zwänge der Privathaushalte und Unternehmen, teure Konsumentenkredite und Wechselkursschwankungen stellen die Händler vor Probleme. Als Gewinner könnten am Ende die großen Einzelhandelsketten dastehen. Diese erschließen derzeit das flache Land und setzen kleine und mittlere Händler einem Verdrängungswettbewerb
Russland: die größten Shoppingcenter-Eröffnungen 2014 OBJEKT/PORTFOLIO
STANDORT
GBA, M2
GLA, M2
Aviapark
Moskau
399.550 m2
224.800 m2
Vegas Crocus City
Moskau
285.000 m2
112.500 m2
Arena
Barnaul
150.00 m2
95.000 m2
Ambar
Samara
118.150 m2
88.600 m2
Planeta
Novokuznetsk
158.000 m2
73.000 m2
Mozaica
Moskau
134.000 m2
68.000 m2
Lotos Plaza
Petrozavodsk
105.000 m2
62.500 m2
Europolis
St. Petersburg
137.800 m2
60.500 m2
GoodZone
Moskau
145.000 m2
56.000 m2
Russland: Shoppingcenter Flächenangebot Moskau
St. Petersburg
Städte > 1,0 Mio. Einwohner Städte 0,5 bis 1,0 Mio. Einwohner Städte 300.000 bis 500.0000 Einwohner Städte < 300.000 Einwohner
8%
Quelle: Colliers
24%
11%
aus. Im Fernen Osten haben die ersten Baumarktketten eigene Verkaufsniederlassungen eröffnet. Etwa die Hälfte der russischen Einzelhandelsunternehmen wies im 1. Quartal 2015 Umsatzrückgänge aus. Für die gesamte Branche stellte der Föderale Statistikdienst (Rosstat) im Vorjahresvergleich einen Einbruch des Umsatzes um 6,7% und gegenüber dem 4. Quartal 2014 sogar um 23,6% fest. Ursache war ein Nachfragerückgang seitens privater Haushalte, aber auch seitens der Wirtschaft. Um gegenzusteuern, erhöhten die Händler die Preise und dünnten ihr Sortiment aus. Zu diesem Ergebnis kam eine Studie zum „Geschäftsklima im Einzelhandel“ des Konjunkturforschungsinstituts der Moskauer Hochschule für Ökonomie. Kaufkraft und Ersparnisse sinken
Fotos: Credits
Neue Konsumentenkredite sind 2015 entweder nicht erhältlich oder durch die Leitzinsanhebung (auch wenn das Zinsniveau zwischenzeitlich wieder etwas gesenkt wurde) sündhaft teuer geworden. Seither bleiben den Geschäftsinhabern sprichwörtlich die Kunden weg. Ladenschließungen auf Moskaus prächtigster Einkaufsmeile, Twerskaja uliza, führten dazu, dass dort inzwischen von „klaffenden Zahnlücken“ gesprochen wird. Das pompös renovierte Kinderkaufhaus „Detskij Mir“ war zur Neueinweihung längst nicht voll vermietet. Anderen Malls und Kaufhäusern geht es nicht besser. Die Überkapazitäten bei Verkaufsflächen sind offensichtlich, insbesondere in den Großstädten.
Mittelgroße und kleine Städte müssen von den Einzelhandelsketten dagegen erst noch erschlossen werden. Der Zuzug der Handelsketten dorthin bewegt sich unaufhörlich vorwärts. Die Folge ist eine massenhafte Verdrängung kleiner Einzelhändler und Kioskbetreiber. Baumärkte sind Pioniere bei der Erschließung
Große Handelsketten münzen ihre wachsenden Marktanteile in Zusatzgewinne um, die sofort wieder in die Erschließung weiterer Regionen fließen. Am Ende dieser noch Jahre dauernden Entwicklung winkt der logistisch erst schlecht erschlossene Ferne Osten, in den sich Einzelhandelsketten bislang nur vereinzelt vorgewagt haben. n
18%
15%
85% 24%
Quelle: Colliers International
Russland: die größten Shoppingcenter-Eröffnungen 2015 OBJEKT/PORTFOLIO
STANDORT
GBA, M2
GLA, M2
Columbus
Moskau
277.000 m
140.000 m2
Rio Mytishchi
Moskau
175.000 m2
115.000 m2
Torgoviy quartal
Krasnoyarsk
239.600 m2
106.000 m2
Riviera
Moskau
2
258.000 m
100.674 m2
Zelenopark
Moskau
140.000 m2
100.000 m2
Mega GRINN
Kursk
230.00 m2
100.000 m2
GRINN Centre
Kursk
140.000 m
100.000 m2
Almaz
Chelyabinsk
222.000 m2
92.000 m2
Max
Tula
105.000 m2
85.000 m2
SpeshiLove
Perm
110.000 m
82.500 m2
2
2
2
Quelle: Colliers
Sommer 2015 | ImmoFokus
163
Im Brennpunkt: Russland
Retail Moskau Baustopp. Die Leerstandsraten, die in den Jahren 2013 bis zum vierten Quartal 2014 konstant bei 2,5 bis 3 Prozent lagen, haben sich im letzten Quartal des Vorjahres auf 6 Prozent verdoppelt. Neue Projekte werden gestoppt. Autor: Harry Weber
D
er Moskauer Retail-Markt weist Ende des ersten Quartals 2015 eine Gesamtverkaufsfläche von 5,7 Millionen Quadratmetern und eine Leerstandsfläche von 6 Prozent aus. Von der gesamten Moskauer Retail Fläche sind 240.000 Quadratmeter in 3 neuen Einkaufszentren in der ersten Periode dieses Jahres eröffnet worden.
Ein so starker Anstieg im ersten Quartal - normalerweise werden 10-15 Prozent des Jahreszuwachses in der ersten Periode fertiggestellt - wurde auf dem kommerziellen Immobilienmarkt Moskaus in der Vergangenheit noch nie beobachtet. Der Anstieg beruht aber auf Eröffnungen von Einkaufzentren, die schon für 2014 vorgesehen waren und erst im neuen Jahr
Moskau: eröffnete Shoppingcenter 2014 OBJEKT/PORTFOLIO
STANDORT
GBA, M2
GLA, M2
Aviapark
38a Khoroshevskoe Shosse
399.550
224.800
Vegas Crocus City
66th km MKAD
285.000
112.500
Mozaica
3a/5 7th Kozhukhovskaya Ul.
134.000
68000
GoodZone
12 Kashirskoe Shosse
145.000
56.000
Vesna
84th km MKAD
126.000
56.000
Krasny Kit, 2nd Phase
2 Sharapovskiy Pr-d, Mitischi
62.800
45.500
Reutov Park
45 Nosovihinskoe Shosse
90.000
41.000
Vodniy, 1st Phase
5 Golovinskoe Shosse
50.500
32.500
Drive
8th km MKAD
42.000
26.000
Bravo
26/2 Borisovskie Prudy Ul.
24.000
21.000
Quelle: Colliers International
164
ImmoFokus | Sommer 2015
durchgeführt wurden. Diesem Trend folgend wurden bis heute bereits 5 Projekte, deren Inbetriebnahme für 2015 angekündigt war , auf spätere Jahre verschoben. Die Leerstandsraten, die in den Jahren 2013 bis zum vierten Quartal 2014 konstant bei 2,5 bis 3 Prozent lagen, haben sich im letzten Quartal des letzten Jahres auf 6 Prozent verdoppelt und dieses Jahr auf diesem Niveau gehalten. Die höchsten Leerstandsquoten finden sich in den Zentren, die ihre Geschäftstätigkeit ab Beginn des Jahres 2014 aufnahmen: Aviapark, Mozaika und Columbus. Im allgemeinen wird erwartet, dass die steigenden Leerstandsraten für 2015 die 8-Prozent-Marke nicht übersteigen werden und auch neu eröffnende Zentren sich unter 25 Prozent Leerstand halten werden. In Bezug auf die Entwicklung der Mietpreise hat sich die Fixierung der Wechselkurse - ein USD wird überwiegend zwischen 40 und 45 Rubel angesetzt - als wirkungsvolles Mittel zur vertraglichen Stabilisierung zwischen Mietern und Vermietern entwickelt. Viele Betreiber versuchen auch, die Mieten an die Umsätze zu koppeln, was unter den gegebenen Umständen ein effektives Mittel ist, die Mieter vor unerwarteten Mietpreissteigerungen und die Vermieter vor stark fallenden Einkünften zu bewahren. Die Mietpreise selbst haben sich nicht wesentlich verändert. Abwärtstrends gibt es bei Restaurants, Multiplex Kinos und großen Modeketten. n
Moskau: geplante Shoppingcenter-Eröffnungen 2015/16 OBJEKT/PORTFOLIO
STANDORT
GBA, M2
GLA, M2
Columbus
140 Varshavskoye Shosse
277.000
140.000
Rio Mytishchi
Yaroslavskoe Shosse, Mytishchi
175.000
115.000
Riviera
16-18 Avtozavodskaya Ul.
258.000
100.000
Zelenopark
Zelenograd
140.000
100.000
Riga Mall
5th km MKAD
157.000
80.000
MARi
Pererva Ul.
135.000
70.000
Kuntsevo Plaza
19 Yartsevskaya Ul.
245.000
65.000
Slavyanka
3 Slavyansky Blvd.
137.000
60.000
Butovo Mall
Ostafevskaya Ul.
143.000
57.000
Ledentsiovopark
Mozhaiskoe Shosse
52.000
51.000
Quelle: Colliers International
Moskau: Mieten für Anker-Mieter MIETER
FLÄCHE
$/M2/JAHR
Food hypermarket
> 8.000
120 – 350
4.000 – 8.000
180 – 400
Food supermarket
2.000 – 4.000
250 – 700
DIY hypermarket
> 10.000
150 – 300
Home appliances & electronics
3.000 – 4.000
160 – 200
1.200 – 2.500
250 – 600
3.000 – 6.000
200 – 400
1.200 – 2.500
380 – 600
Children´s goods
1.000 – 2.500
250 – 600
Multiplex cinema
3.000 – 5.000
140 – 250
Shopping gallery tenant
500 – 1.200
400 – 1.000
250 – 500
600 – 1.200
100 – 250
1.000 – 2.000
50 – 100
1.500 – 2.500
Sporting goods
< 50
2.500 – 3.000
Restaurant
250 – 500
600 – 1.000
Cafe
80 – 160
800 – 1.600
Food court
90 – 130
1.200 – 2.000
50 – 70
1.500 – 3.000
under the condition that the dollar is fixed about 40 RUB in lease contracts Quelle: Colliers International
Sommer 2015 | ImmoFokus
165
Im Brennpunkt: Russland
Retail St. Petersburg Gesättigter Markt. Die Entwicklung neuer Einkaufszentren in St. Petersburg verlangsamt sich deutlich. Autor: Harry Weber
D
er Bestand an modernen Verkaufsflächen betrug in St. Petersburg am Ende des letzten Jahres ungefähr 3,5 Millionen Quadratmeter, davon 2,6 Millionen Quadratmeter Mietflächen in existierenden Einkaufszentren. Davon wiederum wurden ca. 96.500 Quadratmeter während des Jahres 2014 fertiggestellt. Die Entwicklung des Bestandes an Verkaufsflächen in St. Petersburg verhält sich entsprechend dem gesamtrussischen Markt konstant steigend bei geringfügig niedereren Leerstandsraten um die 5 Prozent. Ebenso wie in Moskau hat die sich verändernde wirtschaftliche und politische Lage den Betrei-
bern der Einkaufszentren eine gewisse Flexibilität in den Verhandlungen, sowohl mit Neu- als auch mit Altmietern, abverlangt. Die Fixierung des Wechselkurses auf dem Niveau 40 – 45 Rubel pro US-Dollar sowie der Wechsel zu auf Rubel basierende Verträge haben den Mietpreisen zu einer gewissen Stabilität verholfen. Die Entwicklung neuer Einkaufszentren in St. Petersburg verlangsamt sich, was sich auf eine leichte Sättigung des Marktes einerseits und die wirtschaftliche Gesamtlage des Landes andererseits zurückführen lässt. 2015 wird die neu geschaffene Verkaufsfläche insgesamt 100.000 Quadratmetern nicht überschreiten. Weitere große Fertigstellungen werden für 2016 erwartet. n
St. Petersburg: eröffnete Shoppingcenter 2014 OBJEKT/PORTFOLIO
STANDORT
DEVELOPER
GBA, M2
GLA, M2
Admiral
Sovetnik
9.400
5.500
Monpansie
Stroitel’noye upravlenie–1
59.500
30.500
Europolis
foRTgRouP
137.800
60.500
Quelle: Colliers International
166
ImmoFokus | Sommer 2015
St. Petersburg: Mieten für Anker-Mieter MIETER
FLÄCHE
$/M2/JAHR
Food hypermarket
8.000 - 12.000
160 - 250
Food supermarket
1.500 - 3.500
250 - 450
DIY hypermarket
> 10.000
120 - 170
Home appliances & electronics
2.500 - 4.000
160 - 180
1.200 - 2.500
250 - 400
Sporting goods
1.200 - 2.500
180 - 350
Children´s goods
1.000 - 2.000
250 - 400
Multiplex cinema
3.000 - 5.000
140 - 220
Children Entertainment
1.000 - 5.500
100 - 180
Shopping gallery tenant
1.200 - 3.000
200 - 350
500 - 1.200
350 - 600
250 - 500
600 - 1.000
100 - 250
800 - 1.300
50 - 100
1.200 - 1.800
< 50
1.500 - 2.500
Restaurant
250 – 500
300 - 500
Cafe
80 – 160
1.200 - 2.000
Food court
90 – 130
1.000 - 1.300
40 – 70
1.500 - 1.800
under the condition that the dollar is fixed about 40 RUB in lease contracts Quelle: Colliers International
St. Petersburg: geplante Shoppingcenter-Eröffnungen 2015/16 OBJEKT/PORTFOLIO
STANDORT
DEVELOPER
GBA, M2
GLA, M2
Parnas
4th verkhniy ln.
ab Engineering
15.000
9.000
u Krasnogo mosta
79, Reki moiki emb.
bTK-development
36.500
10.900
Piter Raduga (Phase II)
14, Kosmonavtov pr.
Ralmir Holding bv
43.350
27.000
outlet village Pulkovo (Phase I)
Pulkovskoye hw., near bld. 56/4
Hines
15.000
12.000
fashion House
Tallinskoye hw./Ring Road
fashion House group
26.000
20.260
Port nakhodka (Phase II)
31, Teplovoznaya st.
foRTgRouP
17.849
10.860
okhta mall
Shaumyana pr./yakornaya st./ magnitogorskaya st.
SRv
144.000
76.000
Quelle: Colliers International
Sommer 2015 | ImmoFokus
167
Im Brennpunkt: Russland
Schwacher Rubel als Rettungsanker Russlands Hotellerie rüstet sich für die Fußball WM. Von den neuen Hotelzimmern im Jahr 2014 wurden alleine 6.300 in der Region Sotschi in Betrieb genommen, meist erst kurz vor den Olympischen Winterspielen. Dort gab es auch zwei Neueintritte in den russischen Markt, Capella und Rixos, beide im Gebiet Krasnaya Polyana. Autor: Harry Weber
W
as für Russland zu einer allgemein verschlechterten Situation führte, die Sanktionen und der Rubelverfall, entwickelte sich für die erste nach-olympische Saison in den Wintersportgebieten von Sotschi zum Retter. Viele Russen gaben bei der Wahl ihres Urlaubsortes für den Wintersport der heimischen Region den Vorzug, wodurch gute Auslastungszahlen aus dem Gebiet gemeldet wurden. Die meisten Hoteleröffnungen in Russland 2014 gab es durch Hilton. Rezidor bezog Position an zwei Flugplätzen in Moskau (391 Zimmer) und St. Petersburg (200 Zimmer). Das ehemalige Kempinski Nikolsaya mit 210 Zimmern in Moskau wurde als St. Regis von der Starwood Gruppe neu eröffnet und Azimut übernahm das Renaissance Olympisky mit 484 Zimmern in Moskau.
168
ImmoFokus | Sommer 2015
Für 2015 wird aufgrund der wirtschaftlichen Lage mit einer Verlangsamung der Entwicklung gerechnet, obwohl weiterhin viele Eröffnungen von den großen Betreibern in der Region geplant sind. Hotels, die dieses Jahr eröffnet werden, haben eine Planungs- und Bauphase von vier bis fünf Jahren durchlaufen, was wiederum bedeutet, dass eine Verlangsamung der Projektierungstätigkeit in diesem Jahr Auswirkungen auf Neueröffnungen in vier bis fünf Jahren haben wird. Die in Russland 2018 stattfindende Fußballweltmeisterschaft führt in den elf Austragungsorten ebenfalls zu erhöhter Bautätigkeit. Neben Stadien, Flugplätzen, Verkehrsanbindungen und anderen notwendigen öffentlichen Einrichtungen werden natürlich auch die Hotelkapazitäten entsprechend erhöht.
Angekündigte Eröffnungen der großen Betreiber am Markt lassen für Russland auf rund 5.200 neue Hotelzimmer in diesem Jahr hoffen. In der ganzen GUS werden es insgesamt 8.900 sein. Hotels Moskau
viele, auch liquide Investoren umgedacht haben und versuchen, laufende Projekte zu konsolidieren, bevor sie an neue denken. Die vielen 2014 eröffneten und für 2015 geplanten Häuser führen zu einem Anstieg der Bettenzahl, was in der gegebenen Situation nicht zielführend ist und die Gesamtperformance am Markt drückt.
Das turbulente letzte Jahr hat starke Auswirkungen auf die Hotelbranche mit sich gebracht, nicht nur auf die Performance, sondern ebenso auf die Werte. Was zunächst aufgrund der politischen Entwicklung mit der Angst begann, internationale Klientel zu verlieren, endete mit Betreibern, die sich Sorgen um Rubelentwertung und Inflation machten, sowie Eigentümern, die mit geringeren Einkünften in harter Währung und daraus folgenden Problemen bei Kreditrückzahlungen zu kämpfen hatten.
In den ersten drei Monaten des Jahres ist der Revenue per available room (RevPAR) in Moskau um 6 Prozent gesunken, nachdem er im Gesamtjahr 2014 um 11 Prozent zurückging. Ebenso sank der Gross operating Profit (GOP) Prozentsatz und nähert sich nun dem westeuropäischen Niveau bei 40 Prozent. Ein interner Zinsfuss (IRR) von 30 Prozent und mehr ist derzeit in Moskau nicht zu erreichen.
Wie bei Büroimmobilien und Retailobjekten wurden auch im Hotelbereich seitens Entwicklern und Eigentümern Investitionspläne überdacht und reduziert, zumal große Teile der Hotelausstattungen teurer importiert werden müssen. Die explodierenden Finanzierungskosten haben 2014 dazu geführt, dass
Obwohl St. Petersburger Hotels ebenso von der Krise im letzten Jahr getroffen waren, gab es einen leichten Silberstreif am Horizont. Die Tourismusbranche verzeichnete zwar weniger ausländische Gäste, aber einen starken Zuwachs an inländischen Besuchern, die ihre
Hotels St. Petersburg
inflationsbedrohten Rubel ausgeben wollten. Im ersten Quartal 2015 brachte dies der Stadt einen Anstieg des RevPAR um 16 Prozent im Vergleich zur den ersten drei Monaten des Vorjahrs. Am Beispiel des Four Seasons, das im Luxussegment geholfen hat, die ADR zu heben, lässt sich aber ersehen, dass der Anstieg von einer sehr niederen Basis ausgeht: Während im ersten Quartal die ADR bei 9.500 Rubel mit einer Auslastung von 38 Prozent lag, betrug diese im gleichen Zeitraum in Moskau 15.000 Rubel bei 50-prozentiger Belegung. Der Großteil des Wachstums in den internationalen Hotels entstand aufgrund der Auslastung durch den Anstieg der inländischen Gäste, was es aber sehr schwer machte, die Preise zu erhöhen. Nur in der Luxuskategorie war eine Anhebung der Zimmerpreise um maximal 8 Prozent zu bemerken. Im zweiten Quartal mit den Maifeiertagen und den White Nights im Juni wird sich in St. Petersburg typischerweise entscheiden, wie das Jahr für die Beherbergungsbranche wird. n
MOSKAU
ADR
RevPAR
Occupancy
ADR
ADR
Occupancy
80%
16
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14
75%
12
70%
10
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8
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6
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4
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2
45%
0
40%
60% 55%
8
50%
4
45%
0
40%
‘07 ‘08 ‘09 ‘10 ‘11 ‘12 ‘13 ‘14 ‘15
RUB/Thousand
RUB/Thousand
16
12
‘07 ‘08 ‘09 ‘10 ‘11 ‘12 ‘13 ‘14 ‘15
RevPAR
Occupancy
10
70%
Moskau Luxury Segment Q1 2015 (im Vergleich zu Q1 2014): 5 Prozent weniger Auslastung werden durch einen Anstieg der durchschnittlich erzielten Zimmerrate pro Tag (ADR) um 9,5 Prozent ausgeglichen. Die ADR für das erste Quartal ist auf dem Höchststand seit 2008, was ein ermutigendes Zeichen darstellt.
Fotos: Credits
RevPAR
20
Quelle: STR GlobalJLL
Moscow Upscale Segment Q1 2015 (YoY)
Moscow Upper Upscale Segment Q1 2015 (YoY)
80% 75%
8 RUB/Thousand
Moscow Luxury Segment Q1 2015 (YoY)
70% 65%
6
60% 4
55% 50%
2 0
45% ‘03 ‘04 ‘05 ‘06 ‘07 ‘08 ‘09 ‘10 ‘11 ‘12 ‘13 ‘14 ‘15
Quelle: STR GlobalJLL
Quelle: STR GlobalJLL
Moskau Upper Upscale Segment Q1 2015 (im Vergleich zu Q1 2014): In dieser Kategorie stieg die Auslastung dieses Jahr um 6,5 Prozent, wobei die ADR nieder blieb. Viele ausländische Gäste haben aufgrund der für sie günstigeren Wechselkurse in eine höhere Kategorie gewechselt. Ein Anstieg der ADR ist nicht zu erwarten.
Moskau Upscale Segment Q1 2015 (im Vergleich zu Q1 2014): Dieses Segment leidet mit einem Rückgang des RevPAR um 11,5 Prozent und einer Minderauslastung von 5 Prozent bei Preisreduktionen von 6,5 Prozent. Hotels über 300 Betten spüren den Rückgang am stärksten.
Sommer 2015 | ImmoFokus
169
40%
Im Brennpunkt: Russland
Moscow Upper Midscale Segment Q1 2015 (YoY) Occupancy
8
RUB/Thousand
6 4 2 0
RevPAR
ADR
‘03 ‘04 ‘05 ‘06 ‘07 ‘08 ‘09 ‘10 ‘11 ‘12 ‘13 ‘14 ‘15
90% 85% 80% 75% 70% 65% 60% 55% 50% 45% 40%
90%
5
80%
4
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3 60%
2
50%
1 0
40% 2009
Quelle: STR GlobalJLL
Occupancy
6
RUB/Thousand
RevPAR
ADR
Moscow Midscale Segment Q1 2015 (YoY)
2010
2011
2012
2013
2014
2015
Quelle: STR GlobalJLL
Moskau Upper Midscale Segment Q1 2015 (YoY): Diese Kategorie hat Auslastung vom niedereren Segment (Midscale) aufgenommen und verzeichnet einen Anstieg um 6 Prozent. Gleichzeitig sank die ADR um 4 Prozent. Die Zahlen sind nieder mit der Hoffnung auf eine Wende beginnend im zweiten Quartal.
Moskau Midscale Segment Q1 2015 (YoY): Ein Rückgang der Auslastung um 6 Prozent und der ADR um 4 Prozent führt in diesem Segment zu einem 10 Prozent niedereren RevPAR. Man hofft, im Laufe des Jahres das Vorjahrsniveau zu erreichen.
ST. PETERSBURG
St. Petersburg Upper Midscale Segment Q1 2015 (YoY) RevPAR
ADR
St. Petersburg Midscale Segment Q1 2015 (YoY)
Occupancy
ADR
4
75%
RevPAR
Occupancy
4
70%
70%
60%
2
55%
65% RUB/Thousand
65%
60% 2
55% 50%
50%
45%
45% 0
40% 2012
2013
2014
2015
Quelle: STR GlobalJLL
St. Petersburg Luxury Segment Q1 2015 (im Vergleich zu Q1 2014): Mit einem Anstieg der ADR um 8 Prozent und der Auslastung um 13 Prozent wuchs der RevPAR in dieser Periode in der Luxuskategorie um 21 Prozent. Für Investoren bleibt aber zu bemerken, dass der Ertrag pro Zimmer in St. Petersburg nur die Hälfte von Moskau ist. Trotzdem ist der Trend positiv und eröffnet die Möglichkeit, auf inländischem Tourismus aufzubauen.
170
ImmoFokus | Sommer 2015
0
40% 2012
2013
2014
2015
Quelle: STR GlobalJLL
St. Petersburg Upper Upscale Segment Q1 2015 (im Vergleich zu Q1 2014) : Mit einem sehr starken Anstieg des RevPAR um 31 Prozent, hauptsächlich durch eine 29 Prozent höhere Auslastung, begann das Jahr in diesem Segment ausgezeichnet. Obwohl die Gesamtauslastung für diesen Zeitraum immer noch bei nur 45 Prozent liegt, ist die Nachfrage nach diesen Hotels, die meist sehr gut im historischen Zentrum der Stadt liegen, sicherlich vorhanden.
St. Petersburg Midscale Segment Q1 2015 (YoY)
St. Petersburg Upscale Segment Q1 2015 (YoY) ADR
RevPAR
ADR
Occupancy
6
RevPAR
Occupancy
12
60%
60%
50%
4
45% 40% 35% 30%
55% RUB/Thousand
RUB/Thousand
55%
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45% 40% 35%
4
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25% 20%
0 2012
2013
2014
2015
25% 0
20% 2012
Quelle: STR GlobalJLL
2013
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2015
Quelle: STR GlobalJLL
St. Petersburg Midscale Segment Q1 2015 (im Vergleich zu Q1 2014): Durch Preiserhöhungen hat diese Gruppe einen minimalen Anstieg des RevPAR um 4 Prozent geschafft, jedoch bei weiterhin schwacher Nachfrage.
St. Petersburg Upscale Segment Q1 2015 (im Vergleich zu Q1 2014): Durch eine um 32 Prozent höhere Auslastung kann auch dieses Segment einen Anstieg des RevPAR um 31 Prozent vorweisen, obwohl die Zimmerpreise leicht gesunken sind. Dieses sehr gute Ergebnis lässt die Betreiber hoffen, auch im zweiten Quartal die Auslastung steigern zu können.
St. Petersburg Upper Upscale Segment Q1 2015 (YoY) ADR
RevPAR
Occupancy
6
60%
RUB/Thousand
55% 50%
4
45% 40% 35%
2
30% 25% 20%
0 2012
2013
2014
2015
Quelle: STR GlobalJLL
St. Petersburg Upper Midscale Segment Q1 2015 (im Vergleich zu Q1 2014): Mit nur 4 Prozent Steigerung des RevPAR scheint es wenig Möglichkeiten zu geben, die Preise in dieser Kategorie zu erhöhen. Wenn das Preis-Leistungsverhältnis stimmt, kann der Inlandstourismus diesem Segment aber Impulse verleihen.
Sommer 2015 | ImmoFokus
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Finance & Investment
Wer nichts weiß, muss alles glauben Geringe Transparenz. Aktionäre von Immobilienunternehmen haben Rechte – wie zum Beispiel das Auskunftsrecht. Aber gehört dazu auch das Wissen um die Bewertung einzelner Objekte im Bestand? Autor: Reinhard Krémer
D
ie Bewertung einzelner Objekte wird von Immo-Firmen nur sehr ungern hergezeigt: „Den Buchwert der Immobilien geben wir auf Basis Assetklasse und Land bekannt - jeweils im Portfoliobericht im Quartals- bzw. Geschäftsbericht – also nicht auf Einzelimmobilien herunter gebrochen“, heißt es dazu von der Immofinanz. „Die Bewertung erfolgt dabei durch externe Gutachter (Halbjahr/Gesamtjahr) bzw. wird intern durchgeführt (per Ende 1. und 3. Quartal). Weiters legen wir im Portfoliobericht für die Bestandsimmobilien pro Kernland (gesamt) die Restschuld bestehender Finanzierungen sowie die Finanzierungskosten in Prozent offen“. So weit, so intransparent. Einzeln gibt´s nix
„Wir veröffentlichen für die gelisteten Wohnimmobilienunternehmen in Deutschland und Österreich zumeist keine Einzelbewertungen.“ Clemens Billek, Unternehmenssprecher conwert
172
ImmoFokus | Sommer 2015
Auch die conwert veröffentlicht für die gelisteten Wohnimmobilienunternehmen in Deutschland und Österreich zumeist keine Einzelbewertungen, beschreibt Unternehmenssprecher Clemens Billek die Situation. „Die Bewertungen der einzelnen Immobilien werden bei conwert in den zwei Hauptmärkten Deutschland und Österreich - das sind bezogen auf die Fläche ca. 97 Prozent aller Immobilien von conwert - von CBRE, JLL und Malloth durchgeführt. Diese Bewerter erstellen auch Bewertungen für zahlreiche andere (gelistete) Wohnimmobilienunternehmen und wenden auf die conwert-Immobilien nach den uns zur Verfügung stehenden Informationen die gleichen Kriterien bei der Bewertung wie bei anderen Immobilien an“. Die Bewertung der conwert-Immobilien erfolgt typischerweise einmal jährlich, so
Billek. „Das aktuelle Bewertungsergebnis für die einzelnen Teilmärkte - also insbesondere die einzelnen Kernmärkte in Deutschland und Österreich - wird detailliert im Geschäftsbericht bzw. im Immobilienguide 2014 erläutert: http://www.conwert.com/sites/default/files/ conwert_gb_2014_de_inkl._ig.pdf (Seite 52). Dazu können Sie als Aktionär natürlich auch Fragen an die Investor-Relations-Abteilung und in der Hauptversammlung stellen, wobei die Beantwortung durch die Investor-Relations-Abteilung häufig sehr kurzfristig erfolgen kann“. Die Ableitung des Net Asset Value für den conwert-Konzern sei übrigens detailliert auf Seite 59 des conwert Geschäftsberichts 2014 beschrieben (Link siehe oben): „Ausgangspunkt ist das Eigenkapital – das heißt, das Gesamtvermögen des conwert-Konzerns - das natürlich vorwiegend aus den Immobilienbeständen besteht - abzüglich aller Schulden“, sagt der Konzernsprecher. Blitzschnelle Reaktion
Die Athos Immobilien AG bilanziert nach UGB und lässt die Immobilien je nach Bedarf und periodisch von zwei Gerichtssachverständigen bewerten bzw. die Bewertungen aktualisieren, meint Vorstand Stephan Hirsch. „Der Verkehrswert und damit die stille Reserve auf den jeweiligen Buchwert ist im Bedarfsfall in einer Minute zur Verfügung. Eine NAV Bewertung des Portfolios findet bei uns nicht jährlich, sondern im Abstand von zwei bis drei Jahren statt, da ein relativ statisches Bewirtschaftungsportfolio wie das unsere keine maßgeblichen Schwankungen erlebt“.
„Der Verkehrswert und
damit die stille Reserve auf den jeweiligen Buchwert steht im Bedarfsfall in einer Minute zur Verfügung.“ Stephan Hirsch, Vorstand Athos Immobilien AG
Der Grund für die Geheimniskrämerei
Ähnlich ist es bei der S Immo AG: „In unserem Geschäftsbericht führen wir in der PortfolioÜbersicht - im Geschäftsbericht 2014 auf den Seiten 106-109 - alle Immobilien an. Die Verkehrswerte werden allerdings nur pro Region veröffentlicht.“, erklärt Ernst Vejdovszky, CEO der S Immo AG – und liefert gleich eine plausible Begründung mit: „Eine Offenlegung der Verkehrswerte auf Immobilienbasis wäre im operativen Geschäft - vor allem am Transak-
tionsmarkt - kontraproduktiv und wird daher aus Wettbewerbsgründen unterlassen“. Die Bewertung erfolgt regelmäßig: „Alle unsere Immobilien werden einmal im Jahr von externen Gutachtern bewertet. Zur Ermittlung des Fair Values einer Liegenschaft können grundsätzlich alle Wertermittlungsverfahren angewendet werden, die dem jeweiligen Stand der Wissenschaft entsprechen. Die angewendeten Verfahren finden sich sowohl in nationalen Gesetzen/Verordnungen und Richtlinien - LBG, ImmoWertV, ÖNORM, etc. - als auch in internationalen Bewertungsstandards wie RICS, EVS etc. wieder und sind somit voll anerkannt“. Kriterien, die bei den Bewertungen berücksichtigt werden, sind zum Beispiel die Marktmiete und die Marktrendite, der Leerstand, die Lage der Immobilie, das Alter des Objekts oder nicht umlegbare Bewirtschaftungskosten, so Vejdovszky. Was muss ein Aktionär also tun, um an die Werte zu kommen? „Auch wenn wir keine Verkehrswerte für Einzelobjekte bekannt geben, stehen wir jederzeit für Aktionärsanliegen und -anfragen zur Verfügung. Um mit uns in Kontakt zu treten, kann man sich sowohl per Mail an investor@simmoag.at oder auch über unsere kostenlose Aktionärshotline 0800 501045 telefonisch an uns wenden“. Anfragen von Aktionären werden umgehend, längstens aber innerhalb eines Werktags beantwortet, versichert der S Immo-CEO.
Eine transparente Ausnahme bietet die JP Immobilieninvest Zwei GmbH: Hier sind die Verkehrswerte aller Immobilien im Geschäftsbericht angeführt. Das Unternehmen ist allerdings nicht börsennotiert. n
„Eine Offenlegung der Verkehrswerte auf Immobilienbasis wäre im operativen Geschäft - vor allem am Transaktionsmarkt - kontraproduktiv und wird daher aus Wettbewerbsgründen unterlassen“. Ernst Vejdovszky, CEO der S Immo AG
DAS MEINT DIE ANWÄLTIN Haben Aktionäre das Recht, den Wert einer einzelnen Immobilie beziehungsweise zu welchem Wert die einzelne Immobilie in der Bilanz angesetzt ist, zu erfahren?
Fotos: Conwert, S IMMO
Dr. Alix Frank-Thomasser, Alix Frank Rechtsanwälte GmbH
Alix Frank-Thomasser. Ja, wenn dieser Aktionär diese Frage in der Hauptversammlung, in der es um die Feststellung der Bilanz geht, stellt. Die Hauptversammlung stellt den Jahresabschluss allerdings nur dann fest, wenn der Aufsichtsrat den Jahresabschluss nicht gebilligt hat oder sich Vorstand und Aufsichtsrat für eine Feststellung durch die Hauptversammlung entschieden haben. Eine weitere Möglichkeit, diese Frage zu stellen, könnte in einer Hauptversammlung zum Tagesordnungspunkt der Beschlussfassung über eine Kapitalerhöhung durch Sacheinlagen sein.
Denn in diesem Fall könnte es für den Aktionär von Bedeutung sein, wie die Sacheinlage, die vielleicht auch aus Immobilien besteht, bewertet wurde. Im Regelfall sollte der Aktionär einer ImmoAG allerdings zur Frage der Bewertung einer Einzelimmobilie in Quartalsberichten der Aktiengesellschaft und letztlich im jährlichen Geschäftsbericht informiert werden. Kein Aktionär hat allerdings das Recht, Auskünfte außerhalb der Hauptversammlung zu verlangen. Werden solche Auskünfte außerhalb der Hauptversammlung erteilt, müssen diese allen Aktionären zukommen, denn es herrscht ein ausdrückliches Gleichbehandlungsgebot, was Informationen an Aktionäre betrifft.
Sommer 2015 | ImmoFokus
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Im Fokus
Claudia & Christian Bontus
Aufsteiger Absteiger
Powerpaar. Seit mehr als 15 Jahren konzentrieren sich Claudia und Christian Bontus auf die Verwaltung von Immobilien. Vor kurzem haben sie eine große Wiener Hausverwaltung übernommen. Ein weiterer Meilenstein.
„Wichtigstes Asset ist der persönliche Kontakt.“
D
ie Bontus Immobilienverwaltung wurde 2005 von Christian Bontus gegründet, Claudia Bontus ist seit 2006 ebenfalls in dem Familienunternehmen tätig. Beide, geprüfte Immobilienverwalter, stiegen bereits 1995 in die Branche ein und führen heute eine 20-köpfige Mannschaft. Seit seinem Berufseinstieg beschäftigt sich Christian Bontus mit dem Thema Immobilien. Seine Stationen führten ihn unter anderem in eine nationale Rechtsanwaltskanzlei bis hin zum Hauptabteilungsleiter eines internationalen Versicherungskonzerns. Aus dieser gesicherten Position wagte er vor nunmehr etwas mehr als 15 Jahren den Sprung in die Selbstständigkeit. Claudia Bontus, eigentlich aus der Touristik und Fliegerei kommend, unterstützt Ihren Mann mit der gleichen Leidenschaft für das Verwalten von Immobilien. Der persönliche Kontakt hat für Bontus oberste Priorität. „Wir sind davon überzeugt, dass der direkte Kontakt zu unseren Kunden entscheidend für gute Zusammenarbeit und kompetente, zuverlässige Betreuung ihrer Immobilien ist.“ Jüngster Coup des Unternehmer-Ehepaares war die Übernahme der Dr. Gerhard Stingl Hausverwaltung Anfang 2015. Die Übersiedelung an den gemeinsamen Standort Franz Josefs Kai im Herbst ist gerade in Planung. Mit dieser Erweiterung zählt die Gruppe somit zu den größten privat geführten Immobilienverwaltungen des Landes. n
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ImmoFokus | Sommer 2015
Akademische Seite
Schnelles und langsames Denken Kommentar: Gunther Maier
n Obwohl es derzeit wettermäßig nicht ganz danach aussieht, so kommt der nächste Sommer doch ganz bestimmt. Und damit auch die Frage nach der geeigneten Urlaubslektüre. Wenn Sie da noch etwas suchen, was interessant und unterhaltsam zu lesen ist, was keine reine Fachlektüre, aber doch beruflich vielleicht brauchbar ist, so habe ich einen Tipp für Sie: Daniel Kahneman, Thinking, Fast and Slow – auf Deutsch: Schnelles Denken, langsames Denken. Das Buch ist unterhaltsam geschrieben, voll mit verblüffenden Beispielen, die sich teilweise gleich als Small Talk Themen oder Partyspiele einsetzen lassen. Vor allem aber führt es uns vor Augen, wie unser Gehirn arbeitet und wie leicht sich unser bewusstes Ich davon hinters Licht führen lässt. Daniel Kahneman ist ein israelisch-amerikanischer Psychologe, der 2002 den Nobelpreis für Ökonomie erhalten hat. Das deshalb, weil er seine wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht nur unter PsychologenKollegen, sondern auch in anderen Fachdisziplinen verbreitet hat. In der Ökonomie zeigte er auf, dass der rational handelnde „Homo Oeconomicus“ nur wenig mit real entscheidenden Wirtschaftssubjekten zu tun hat, und begründete damit den Zweig der „Behavioral Economics“, der Verhaltensökonomie. Deshalb und weil es auch viele Bezüge zum Wirtschaftsleben beinhaltet, ist das Buch von Daniel Kahneman auch für „Wirtschaftler“ interessant. Kahneman beschreibt die Funktionsweise des menschlichen Gehirns als das Zusammenspiel von zwei Komponenten, die er „System 1“ und „System 2“ nennt. Diese existieren zwar nicht real in unseren Gehirnen, lassen uns aber vieles besser verstehen, was die Psychologen in den letzten Jahren so herausgefunden haben. „System 1“ funktioniert sehr schnell, assoziativ und ohne großen Aufwand. Es ist für die meisten Dinge in unserem täglichen Leben zuständig. „System 1“ sorgt dafür, dass uns etwas spontan einfällt, wir uns in unserer Umgebung
zurechtfinden und wir ein Auto lenken können, ohne viel darüber nachdenken zu müssen. „System 2“ dagegen ist langsam, anstrengend und wird daher nur angeworfen, wenn es unbedingt notwendig ist. „System 2“ kann Dinge, die „System 1“ nicht kann. Es kann logische Schlüsse ziehen, verschiedene Möglichkeiten berücksichtigen, Chancen abwägen und dergleichen. „System 2“ ist also jener Teil, auf den wir Menschen so stolz sind. Es ermöglicht uns, vernünftig zu denken und zu handeln. Allerdings geht unser Gehirn mit den verfügbaren Ressourcen sparsam um und setzt daher „System 2“ nur dann ein, wenn „System 1“ kein Ergebnis liefert oder ein Problem meldet. In allen anderen Fällen winkt „System 2“ die von „System 1“ gelieferte Lösung durch – wird schon passen – und versieht diese quasi nur mit dem Stempel „als vernünftig angesehen“. Das Buch von Daniel Kahneman ist voll mit Beispielen und Experimenten, die zeigen, wie sehr unsere Entscheidungen, die wir für vernünftig halten, vom assoziativen „System 1“ geprägt sind. Unser „System 2“ dient vor allem dazu, die Vorschläge von „System 1“ zu rationalisieren. Daher halten wir sie auch für vernünftig und das oft auch dann noch, wenn wir auf den Fehler hingewiesen wurden. Alles in allem ein Buch „worth reading“; einfach, um sich selbst etwas besser kennen zu lernen.
Gunther Maier ist Professor an der Wirtschaftsuniversität Wien, Leiter des Forschungsinstituts für Raum- und Immobilienwirtschaft und gemeinsam mit Shanaka Herath Autor von „Immobilienbewertung mit hedonischen Preismodellen“, das im März bei Springer erscheinen wird.
Sommer 2015 | ImmoFokus
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Finance & Investment
Dividendenkaiser Mit REITs das Portfolio diversifizieren. Das wichtigste Argument für diese Assetklasse ist allerdings die – nicht nur im Vergleich zu „normalen“ Immobiliengesellschaften – hohe Ausschüttungsquote. Hier gibt es länderspezifische Unterschiede: In Australien werden 100 Prozent der Erträge an die Aktionäre ausgeschüttet, in den USA und Japan 90 Prozent. Autor: Patrick Baldia
W
er auf das Potenzial von Immobilien setzen möchte, muss nicht zwangsläufig auch welche besitzen. Zu den interessantesten indirekten Möglichkeiten, in Betongold zu investieren, gehören Real Estate Investment Trusts (REITs). Dabei handelt es sich um börsennotierte Immobilienaktiengesellschaften, die allerdings eine Reihe von Besonderheiten von „normalen“ Immobilienaktien unterscheidet – allen voran die vorgeschriebenen hohen Ausschüttungsquoten sowie die in der Regel bessere Performance.
„Unseres Erachtens könnten steigende Zinsen, die für eine robuste, wachsende Wirtschaft sprechen, für US-Aktien und REITs positiv sein“. Wilson Magee, Director of Global Real Estate and Infrastructure Securities bei Franklin Real Asset Advisors
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ImmoFokus | Sommer 2015
Auf internationaler Ebene haben sich REITs jedenfalls längst durchgesetzt. Laut den Immobilienexperten des Prüfungs- und Beratungsunternehmens Ernst & Young dominieren REITs mittlerweile den globalen IPO-Markt unter Immobiliengesellschaften. Allein im zweiten Quartal 2014 waren dieser Unternehmensform mehr als 70 Prozent aller Kapitalerhöhungen zuzuschreiben. Insgesamt befinde sich das REIT-Universum weltweit weiter im wachsen – zu einem weiteren aktiven Markt sollte sich Indien entwickeln, nachdem dort die entsprechenden rechtlichen Rahmenbedingungen geschaffen wurden. Für das starke Interesse an REIT-IPOs gibt es eine Reihe von Gründen: Zum einen wäre da die bessere Performance als der breite Markt. Wie Wilson Magee, Director of Global Real Estate and Infrastructure Securities bei Franklin Real Asset Advisors, erklärt, haben globale REITs über einen Fünf- und Zehnjahreszeitraum besser abgeschnitten als globale Aktien (gemessen am MSCI World GR USD Index). Gleichzeitig kann man mit der Assetklasse
sein Portfolio diversifizieren. Der Hintergrund: REITs korrelieren mit Aktien und Anleihen nur begrenzt. Auch die Tatsache, dass viele REITs auf verschiedene Immobilientypen sowie eine geografische Region spezialisiert sind, bietet Anlegern zusätzliches Diversifikationspotenzial
„Die hohen Dividenden sind ein wichtiger Bestandteil der Total Return Performance von US-REITs“. Steven A. Wechsler, Präsident und CEO des US-REIT-Dachverbands National Association of Real Estate Investment Trusts (NAREIT)
REITs sind deutlich liquider
Gegenüber Direktinvestments in Immobilien haben REITs jedenfalls den Vorteil, dass sie deutlich liquider sind und auch mit weniger Transaktionskosten verbunden sind. Das wichtigste Argument für die Assetklasse ist allerdings die – nicht nur im Vergleich zu „normalen“ Immobiliengesellschaften – hohe Ausschüttungsquote. Hier gibt es länderspezifische Unterschiede: In Australien werden 100 Prozent der Erträge an die Aktionäre ausgeschüttet, in den USA und Japan 90 Prozent. In Frankreich müssen mindestens 85 Prozent aus der Vermietung und 50 Prozent aus der Veräußerung von Immobilien an die Anleger ausgeschüttet werden, in Belgien sind es 80 Prozent bzw. 50 Prozent.
zent. Noch höher war mit 10,56 Prozent die Dividendenrendite des FTSE NAREIT Mort-gage REITs Index. Zum Vergleich: Der S&P 500 hat nicht mehr als 2,02 Prozent zu bieten. „Die hohen Dividenden sind ein wichtiger Bestandteil der Total Return Performance von US-REITs“, so Steven A. Wechsler, Präsident und CEO des US-REIT-Dachverbands National Association of Real Estate Investment Trusts (NAREIT). So würden Dividendeneinnahmen über längere Haltedauern für rund 60 Prozent des Gesamtertrags verantwortlich zeichnen.
Ende des ersten Quartals 2015 belief sich die Dividendenrendite des FTSE NAREIT ALL REITs Index bei 3,80 Prozent, jene des FTSE NAREIT All Equity REITs Index bei 3,37 Pro-
Bei AllianceBernstein sind REITs ein wichtiger Baustein eines auf Einkommen ausgerichteten Portfolios – konkret zählen sie für Daniel Loewy, CIO und Co-Head of Multi-Asset Solu-
tions bei AB, zur Kategorie der „Ertragssteigerer“. „Sie bieten – ebenso wie Aktien mit hohen Dividendenausschüttungen – das Potenzial, über einen längeren Zeitraum hohe Erträge zu generieren“, so der Experte. Auf der anderen Seite wären sie deutlich volatiler als etwa Investments wie unter anderem Hochzins- und Schwellenländeranleihen oder durch Hypotheken besicherte Anleihen, die er insgesamt zur Gruppe der „Ertragsproduzenten“, die laufend attraktive Einnahmen erzielen, zählt. Der erste REIT-Markt der Welt entstand jedenfalls 1960 in den USA. „Aber auch in den Niederlanden, Frankreich und Großbritannien oder Japan und Hongkong ist das Thema schon vor längerem angekommen“, so Gabriela Tinti,
Entwickluch Europa: REIT – Non REITs EUROPA REIT
ASIEN Non-REIT
REIT
NORD AMERIKA Non-REIT
REIT
Non-REIT
1.2%
36.5% 50,9% 49,1%
Fotos: Credits
63,5%
98,8%
Quelle: XXX
Sommer 2015 | ImmoFokus
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Finance & Investment Globale Gewichtung
Dividenden 16.6% 15.9%
4% 3% 2% 1%
27.4% 54.4%
0%
56.6%
Europa
Asien
28,9%
Nord Amerika
Quelle: XXX Quelle: Colliers International
Fondsmanagerin bei der Erste-Sparinvest. Genau genommen wurde in den Niederlanden 1969 die REIT-Struktur – die Rede ist von einer „Fisclae Beleggingsinstelling“ – eingeführt. In weiterer Folge folgte 1985 Australien (Listed Property Trust), 1994 Kanada (Mutual Fund Trusts), 2000 Japan (REITs), 2003 schließlich Frankreich (Sociétés d’investissement immobilier cotées) und Hongkong (REITs) sowie 2007 Großbritannien (REITs). Kein REIT-Gesetz in Österreich
Heute gibt es in weltweit rund 20 Ländern REIT-Strukturen. In Österreich gibt es kein entsprechendes Gesetz, auch wenn hier REITs wie etwa Unibail-Rodamco Objekte besitzen. „Es war auch bis jetzt nie offiziell ein Thema, eines zu erlassen“, so ESPA-Fondsmanagerin Tinti, die sowohl mit dem ESPA Stock Europe-Property als auch dem ESPA Stock Asia-Pacific Property in die Aktien von Immobilienentwicklern und REITs investiert. Dabei würden in der Alpenrepublik bekanntlich Entwicklungen aus Deutschland in der Regel – zumindest mit einiger Zeitverzögerung – übernommen. So oder so wächst das globale REIT Volumen weiter. Der FTSE EPRA/NAREIT Developed Index, der sich zu rund 75 Prozent aus REITs und zu 25 Prozent aus Immobilienholdings und -entwicklern zusammensetzt, hat derzeit eine Marktkapitalisierung von 1.152 Milliarden Euro.
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ImmoFokus | Sommer 2015
In Deutschland gibt es REITs erst seit 2007 – die Idee dazu wurde allerdings bereits 2003 entwickelt. Wie schauen dort die rechtlichen Rahmenbedingungen aus? Konkret muss sowohl der Anteil des Immobilienvermögens am Gesamtvermögen als auch jener der Bruttoerträge aus unbeweglichem Vermögen
25 Prozent der Aktien müssen sich bei der Börsenzulassung – vorgeschrieben ist ein organisierter Markt wie etwa der General Standard oder Prime Standard der Frankfurter Börse – im Streubesitz befinden. In weiterer Folge muss sich der Free Float zu jedem Zeitpunkt bei mindestens 15 Prozent belaufen. Einzelak-
„REITs bieten – ebenso wie Aktien mit hohen Dividendenausschüttungen – das Potenzial, über einen längeren Zeitraum hohe Erträge zu generieren“. Daniel Loewy, CIO und Co-Head of Multi-Asset Solutions bei AllianceBernstein
– gänzlich ausgeschlossen sind Bestandswohnimmobilien – bei mindestens 75 Prozent liegen. Gleichzeitig müssen deutsche REITs 90 Prozent ihres Gewinns an ihre Aktionäre ausschütten. Dafür sind sie von der Körperschaftsund Gewerbesteuer befreit. Nicht befreit sind sie allerdings von Verkehrssteuern wie der Umsatz- oder Grunderwerbsteuer sowie von Substanzsteuern wie der Grundsteuer. Aber auch, was die Aktionärsstruktur betrifft, gibt es klar definierte Regelungen: Mindestens
tionäre dürfen nicht indirekte Beteiligungen von mehr als 10 Prozent besitzen. Damit soll – aus Sicht des Fiskus – das Schachtelprivileg gemäß Doppelbesteuerungsabkommen sowie der Europäischen Mutter-Tochter-Richtlinie vermieden werden. Erlaubt sind bei G-REITs hingegen indirekte Beteiligungen von mehr als 10 Prozent. Was das operative Geschäft betrifft, lassen sich drei Arten von REITs unterscheiden: So genannte Eigenkapital-REITs besitzen und
„In den Niederlanden, Frankreich und Großbritannien oder Japan und Hongkong ist das Thema schon vor längerem angekommen“. Gabriela Tinti, Fondsmanagerin bei der Erste-Sparinvest
betreiben Immobilien und beziehen ihre Erträge überwiegend aus deren Vermietung und Verpachtung. Zur Gruppe der HypothekenREITs gehören wiederum Unternehmen, die im Finanzierungsgeschäft tätig sind – sprich: Geld direkt an Immobilienbesitzer und -betreiber verleihen oder indirekt über den Kauf von hypothekengesicherten Pfandbriefen oder Darlehen. Hybrid-REITs sind eine Mischform der beiden zuvor genannten Arten – sprich: sie gewähren Immobilienbesitzern Darlehen und besitzen auch selbst Darlehen. Zinswende nicht von Vorteil
Nichts Gutes für REITs verheißt auf den ersten Blick die anstehende Zinswende in den USA. „Grundsätzlich sind steigende Zinsen für Immobilienunternehmen aus Refinanzierungsgründen nicht von Vorteil“, meint etwa Tinti. Daher müsse man sich sehr genau anschauen, wie hoch der Leverage bei den einzelnen REITs sei. Auch Magee möchte nicht von der Hand weisen, dass die Aussicht auf steigende Zinsen in den USA zinssensible Anlagen wie REITs weniger attraktiv ausschauen lassen. „Wir halten allerdings Belege für die Vorzüge eines REIT-Engagements – selbst bei anziehenden Zinsen“, so Magee. So hätte sich die Assetklasse – gemessen am FTSE NAREIT Equity REITs TR Index – in der Vergangenheit bei Zinsanstiegen immer gut entwickelt. Konkret hätten REITs in sechs der neun Perioden zwischen 1994 und 2013, in denen die Zinsen um mehr als 100 Basispunkte gestiegen sind, positive Erträge geliefert, in dreien negative .
Robuste Wirtschaft gut für REITs
„Unseres Erachtens könnten steigende Zinsen, die für eine robuste, wachsende Wirtschaft sprechen, für US-Aktien und REITs positiv sein“, so Magee weiter. Beide Vermögensklassen könnten nämlich auch von Zuwächsen bei Beschäftigung, Konsum und Immobiliennachfrage profitieren. Tatsächlich sollte mit der positiven gesamtwirtschaftlichen Entwicklung die Nachfrage nach Büro- und Gewerbeimmobilien in den USA steigen und damit nach der jahrelangen Niedrigzinspolitik zum Wachstumsimpuls der Immobilienbranche werden. Aber auch Retailimmobilien sollten vom anziehenden Konsum profitieren. Zusätzliche Impulse könnte die Branche zudem durch ausländische Immobilieninvestoren erfahren. Was sollen Anleger berücksichtigen, die sich für REITs interessieren? Wichtig ist es jedenfalls, sich vor Augen zu führen, dass REITs letztendlich Aktien sind. Ihre Performance ist u.a. von der jeweiligen Geschäftsentwicklung, dem Marktumfeld, der Qualität des Managements und der allgemeinen Börsenentwicklung abhängig. Auf längere Sicht hängt deren fairer Wert vom jeweiligen Immobilienbestand des Portfolios ab. Als ein wichtiges Kriterium für die Attraktivität eines REITs bezeichnet Tinti den Yield Spread zwischen Immobilienaktien und Unternehmensanleihen mit einem BBB-Rating. „Dieser Vergleich eignet sich besser als jener mit Staatsanleihen, da hier der Yield Spread aufgrund der gleichen Refinanzierungsbasis aussagekräftiger ist“, so die ESPA-Expertin. n
Sommer 2015 | ImmoFokus
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Finance & Investment
Top Deal
Vier auf einen Streich Erfolgreiches Deinvesting. Mit dem Verkauf von vier Objekten zum Gesamtpreis von 165 Millionen Euro ist der 6B47 Real Estate Investors AG ihr bisher größter Deal gelungen. Die Investoren dürfen sich im Schnitt über eine Rendite von 14,8 Prozent freuen. Autor: Michael Neubauer
U
nsere Strategie auf wachsende Städte zu setzen und dort zeitgemäßen Wohnraum anzubieten, hat sich bewährt. Frankfurt ist die attraktivste Stadt am deutschen Markt und die Nachfrage nach modernen Wohnungen in Zentrumsnähe mit Grünraum gewaltig. Dass wir jetzt gleich vier Projekte innerhalb kürzester Zeit gemeinsam veräußern konnten, bestätigt uns in der Vorgangsweise. Für den 6B47 Real Estate Club konnten wir damit durchschnittlich eine Rendite von 14,8 Prozent erzielen“, so 6B47-Vorstandsvorsitzender Peter Ulm. Nach rund eineinhalb Jahren Entwicklungszeit konnte 6B47 Real Estate Investors AG die Entwicklung und den Verkauf von vier Immobilien in Frankfurt mit einem Transaktionsvolumen von rund 165 Millionen Euro erfolgreich vollenden. Bei den Wohnarealen „Palais an den Höfen“, „Harry Lofts & Houses“ und „Louis am Park“ handelte es sich um insgesamt 350 Neubaumietwohnungen, die gemeinsam mit dem Lokalpartner PDI Property Development Investors errichtet wurden und an
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ImmoFokus | Sommer 2015
Alder Quartiere. Harrys Loft & Houses.
Alder Quartiere. Louis am Park Innenhof.
„Unser Hauptziel bleibt Immobilien in den ersten 36 bis 48 Monaten zu veräußern und damit eine vernünftige Rendite zu erzielen.“ Peter Ulm 6B47 Real Estate Investors AG Vorstandsvorsitzender
institutionelle Investoren verkauft werden konnten. Die vierte Immobilie „East Village“ mit 61 hochwertigen Eigentumswohnungen liegt direkt gegenüber der neuen Zentrale der europäischen Zentralbank (EZB). Diese Top-Wohnungen konnten im März veräußert werden. „Die Wohneinheiten sind alle verkauft bzw. vermietet. Das spricht für die Architektur, die Rundum Lebensqualität und unseren Anspruch, städtisches Wohnen flexibel auf die einzelnen Bedürfnisse auszurichten. Es ist ein gutes Gefühl, wenn wir gemeinsam mit unseren Partnern die Projekte aussuchen und entwickeln und sie innerhalb kürzester Zeit, so gut angenommen werden. Die Expertise des Projektumsetzers gepaart mit dem transparenten Investmentclub „Real Estate Club“ gibt uns neue Möglichkeiten des Schaffens. Transparenz und Sicherheit, die nach der Lehmann Pleite gefehlt haben, versuchen wir damit wieder herzustellen.“
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ALUKÖNIGSTAHL unterstützt mit Schüco Aluminium-Systemen zukunftsorientiert die Optimierung des Energiehaushaltes eines Gebäudes durch exzellente Wärmedämmung bei Fassaden- und Öffnungselementen – bis hin zu Passivhaus zertifizierten Lösungen. Die Kombination mit integrierten Photovoltaikanlagen, systemübergreifender Automation, dezentraler Lüftungstechnik und perfektionierter Sicherheit erhöht zusätzlich den Wirkungsgrad der Systemeigenschaften. Für nähere Informationen bzw. Unterstützung kontaktieren Sie unseren bautechnischen Außendienst: tel 01/98 130-0 oder www.alukoenigstahl.com
Mit den Verkaufserlösen hat Ulm schon wieder einige neue Projektentwicklungen im Visier. So ist zum Beispiel ein weiteres Projekt in Frankfurt mit rund 19.000 Quadratmeter Nutzfläche in Planung. Ebenso in Planung ist die Errichtung von rund 130 Eigentumswohnungen in Wien 23. In Österreich bleibt Wien mit den Projekten „Beatrix Spa“, „Livin Kolin“, „Leopoldtower“ und „Philipshaus“ der wichtigste Standort für den Immobilienentwickler 6B47. n
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Rückblick
GREET 2015 Netzwerken. Am 20. und 21. Mai ging in Wien die dritte GREET (Global Real Estate and Economy Talks) über die Bühne. Über 400 Immobilienexperten fanden den Weg ins Palais Niederösterreich. Ihnen wurde ein abwechslungsreiches und breites Themenfeld geboten. Autor: Michael Neubauer
David Hay, CEO, AFI Europe Romania und S IMMO AG Vorstand Friedrich Wachernig outeten sich als wahre Rumänien-Fans. „Hier kann man wirklich gut verdienen“, meinten sie unisono. „In Rumänien und Bulgarien zeigen sich erste Anzeichen einer größeren Investitionsbereitschaft. In Bukarest ist die Talsohle nachhaltig durchschritten. Bulgarien ist ein schwieriger, weil kleiner Markt“, so Wachernig. Im Gegensatz zu Wachernig, der mit seiner S Immo nur in Bukarest investiert, setzt Hay in ganz Rumänien Projekte um. Deutschland im Visier
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orträge und Diskussionsrunden drehten sich nicht nur um klassische Märkte, sondern auch um neue Assetklassen, wie zum Beispiel Gesundheitsimmobilien. Neben inhaltlichen Schwerpunkten gab es geografisch gruppierte Diskussionsrunden, etwa zu Wien, zur DanubeRegion, zu Serbien, zur Türkei und zum arabischen Raum. Russland fehlte – was nicht weiter überraschend war – heuer komplett.
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„Primär geht es um Rendite“, so Karin Fuhrmann, TPA Horwath Steuerexpertin. „Unsere Klienten gehen in Märkte, in denen es am risikolosesten gute Renditen gibt.“ Daher sei es kein Wunder, dass vor allem Deutschland im Visier der Investoren ist. Der Vorteil, in Deutschland zu investieren, sei der liquide Markt. „Wer investiert, möchte auch die Möglichkeit eines Exits haben“, so Fuhrmann. Diese Möglichkeit sei zum Beispiel in Serbien nicht gegeben, was Alexander Petritz, CEO, Institute for Structured Development, aber so nicht gelten lassen will. Er sieht in Serbien den heimlichen Star der Region. „Noch ist es ein sehr lokaler Markt“, betont Petritz. Der gebürtige Kroate, Architekt und Stadtplaner kennt die Region wie kein anderer. „Da tut sich vieles.“ Mit Spannung blickt Wachernig nach Ungarn, vor allem nach Budapest. „Eine zunehmende Entspannung ist spürbar. Vermietungen und Investitionen zeigen nach oben.“ Egal ob Rumänien, Serbien oder Deutschland. Das Netzwerk macht den Unterschied. „Wir haben nicht nur 50 Prozent unserer Mitar-
beiter, sondern auch 50 Prozent unseres gesamten Bestandes in Deutschland“, erklärte Buwog CEO Daniel Riedl. „Im Development konzentrieren wir uns auf die Big-SevenStädte, im Asset-Management interessieren wir uns für Städte mit mindestens 200.000 Einwohnern, mit einer Universität und einem ICE-Bahnhof.“ Wichtig hervorzuheben: „Deutschland ist kein einheitlicher Markt, sondern sehr heterogen aufgestellt“, so Bruno Ettenauer, CEO der CA Immo. „Aus diesem Grund ist es auch sehr wichtig, ein Netzwerk zu haben, auf das man zurückgreifen kann.“ Dass Investoren nahezu ausschließlich zertifizierte Gebäude kaufen, steht außer Streit: Gerald Beck, Managing Director Raiffeisen evolution: „Investoren kaufen nur zertifizierte Gebäude. Wir haben uns alle internationalen Systeme angesehen und uns für das DGNB als das beste entschieden“. Ganz ähnlich sieht dies Wolfgang Scheibenpflug vom Flughafen Wien: „Für den Wiener Flughafen ist ein Meilenstein, als erstes Quartier in Österreich zertifiziert zu sein. Als Business-Standort ist es entscheidend, Qualitäten über die einzelnen Gebäude hinaus transparent zu dokumentieren.“ Dass man aber sowohl am System als auch an der Verbreitung weiter arbeiten muss, davon ist Willibald Kaltenbrunner, denkstatt, überzeugt: „CSR kommt in der Bau- und Immobilienwirtschaft an – die ersten Nachhaltigkeitsberichte dokumentieren diesen Trend. Es gibt allerdings noch viel zu tun.“ In dieselbe Kerbe schlägt Philipp Kaufmann, ÖGNI-Gründungspräsident und Herausgeber dieses Magazins: „Die ÖGNI ist der Motor der Nachhaltigkeit: Wir bewegen die Immobilienbranche mit Inhalten und neuen Perspektiven“. Wien steht bei internationalen Investoren hoch im Kurs. Dass steht für Wolfgang Poppe, Vasko+Partner, außer Frage. „Wir verzeich-
nen eindeutig ein stärkeres Interesse an Wien aus den arabischen und asiatischen Ländern.“ Damit Wien aber weiter so interessant bleibe, müsse die Stadtplanung weiter vorangetrieben werden. Poppe: „Der Individualverkehr in Wien befindet sich im Umbruch. Wien bereitet sich für den Alternativindividualverkehr vor.“ Rainer Holzer, Vienna Business Agency: „Step 2025 ist ein Rahmen dafür, wie die Stadt in den kommenden Jahren entwickelt werden soll. Dieser orientiert sich zwar auch an örtlichen Gegebenheiten und Entwicklungsgebieten, aber es sind hauptsächlich die zentralen Aufgaben und Themenfelder der Stadtentwicklung – wie zum Beispiel Mobilität – erfasst. Da er sich weniger an Stadtentwicklungsgebieten orientiert ist er flexibler.“ Hans Jörg Ulreich stellt sich dabei nur die Frage, ob der heutige Stadtbewohner mit dieser Entwicklung zur Großmetropole mitwächst. „Oder“, so fragt Ulreich provokant, „bleibt Wien ein Dorf und sind damit die Anrainerproteste zu erklären? Man muss die Wiener abseits von Opernball, Lifeball und Song Contest Weltoffenheit lehren! Und die Bewohner öffnen für die zukünftige Entwicklung der Stadt, sie mitreißen: Wir sind nicht nur Hauptstadt. Wir werden eine richtige Metropole und müssen uns dafür fit machen. Dann gewinnen alle“. Stephan Barasits, Managing Partner, WSE Wiener Standortentwicklung GmbH, sieht in der technischen Infrastruktur den Motor für die Stadtentwicklung. „Wichtig ist, dass wir – trotz Zuzug - es immer wieder schaffen müssen, leistbaren Wohnraum zu errichten.“ In einem war sich das Podium einig: Es sind die Softfacts, die die Stadt so interessant machen. Natürlich müssen die Hardfacts stimmen. Aber immer mehr Unternehmen legen Wert auf Sicherheit und Lebensqualität. Um dem Bevölkerungswachstum zu begegnen, können nicht nur Stadtgebiete entwickelt werden, sondern muss sehr wohl auch innerstädtische Verdichtung stattfinden. Trendthema Crowdfunding
Fotos: Credits
Breiter Raum wurde auch dem Trendthema der Saison, dem Crowdfunding gegeben. Wo die Reise tatsächlich hingehen werde, darüber waren sich die Diskutanten am Podium nicht einig. Einig waren sie sich in der Einschätzung, dass Crowdfunding eine überlegenswerte Alternative sei. Philipp Kaufmann sieht darin eine gute Möglichkeit, die Eigenkapitalbasis bei Projekten zu steigern. Für Gabriele Etzl, Partnerin bei Wolf Theiss, und Maike Holzhauer, Senior Rating Analyst, Euler Hermes
Rating GmbH, gibt es allerdings noch deutliche Rechtsunsicherheiten. „Man wird sehen, ob der Markt Crowdfunding annehmen wird.“ Sicherlich sei es für kleinere Immobilienprojekte geeignet. „Wenn es aber um 300 oder 400 Millionen Projekte geht, wird es mit Crowdfunding alleine nicht gehen“, so Kaufmann. Die ÖGNI zeichnet aus
Die GREET bot wie in den Jahren zuvor auch den würdigen Rahmen für die Auszeichnungen der Österreichischen Gesellschaft für Nachhaltige Immobilienwirtschaft (ÖGNI). Mit einem DGNB Zertifikat in Gold wurden die ÖBB Konzernzentrale, das Center West in Graz als erstes Einkaufszentrum im Bestand und Wiener Wohnen für den Neubau eines Bürogebäudes ausgezeichnet. Silber ging an das Tivoli Center, mit einem DGNB Zertifikat für ein System zum Bau von Gebäuden wurde LUKAS LANG SYSTEM ausgezeichnet. „Die Veranstaltung hat sich als Treffpunkt für Entscheider der Immobilienbranche aus dem CEE & SEE Raum etabliert und ist daher ideal, um die besten Gebäude der Region auszuzeichnen“, so ÖGNI Geschäftsführerin Ines Reiter. n
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Kapitel
CÄSAR IMMOAWARD
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09. APRIL Knapp 250 Gäste kamen ins Palais Ferstel, um in einem festlichen Ambiente die Cäsaren 2014 zu feiern: Hans Jörg Ulreich, Ulreich Bauträger GmbH (Bauträger); Daniel Riedl, BUWOG group (Immobilienmanager), Stefan Wernhart, EHL Immobilien GmbH (Makler), Sandra Bauernfeind, EHL Immobilien Management GmbH (Real Estate Services), Daniela WittDörring, Weber & Co. Rechtsanwälte GmbH (Real Estate Consultant), Claudia Schleifer, DEBA Bauträger Gesellschaft m.b.H. (Small Diamond). Gerald Wölfer, Brichard Immobilen GmbH (Junior Cäsar), Christoph Stadlhuber, SIGNA Prime Selection AG (Cäsar International) sowie Gunter Eisert, ehemals Immoconsult Leasinggesellschaft m.b.H. (Auszeichnung für das Lebenswerk).
ERÖFFNUNG STAR INN HOTEL PREMIUM WIEN
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Nach nur 18-monatiger Bauzeit wurde das „Star Inn Hotel Premium Wien Hauptbahnhof“ im Beisein von zahl reichen Gästen aus Politik und Wirtschaft feierlich eröffnet. Paul Garai, Eigentümer der Star Inn Gruppe, konnte unter anderem DI Peter Kopezky, Gruppenleiter der PORR Bau GmbH, Hubert Rhomberg, Geschäftsführer der Rhomberg Gruppe, sowie Josef Kaindl, Bezirksvorsteher-Stv. des 10. Wiener Gemeindebezirks, unter den Gästen begrüßen. Das „Star Inn Hotel Premium“ wurde als eines der ersten in Österreich mit „LEED-Gold“ für heraus ragende Nachhaltigkeit zertifiziert.
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TALK IM TURM
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20. APRIL
Eduard Zehetner, CEO der IMMOFINANZ Group, lud zum vierten „Talk im Tower“, in Wiens höchste Eventlocation „ThirtyFive“ im 35. Stock der Vienna Twin Tower. Mehr als 100 Gäste folgten der Einladung zum Thema „Russland und der Westen – Der Ukraine-Konflikt, die Sanktionspolitik und ihre Folgen“, wobei u.a. auch die Auswirkungen auf die österreichische Wirtschaft besprochen wurden. Es diskutierten: Wladimir Kruschkow (Erster Botschaftsrat, Botschaft der Russischen Föderation in Österreich), Olexander Scherba (Botschafter der Ukraine in Österreich), Karl Sevelda (Vorstandsvorsitzender Raiffeisen Bank International) und Eduard Zehetner (CEO IMMOFINANZ Group). Moderation Rainer Nowak, Chefredakteur „Die Presse“.
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3P KONGRESS
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21. APRIL Am 3P Kongress der ÖGNI wurden aktuelle Inhalte der Nachhaltigkeit in der Bau- und Immobilienbranche in informativen Vorträgen erörtert und diskutiert. Einer der Höhepunkte war sicherlich die Key-Note von Wolfgang Pekny (Plattform Footprint). Er wies auf globale Probleme wie Ressourcenverschwendung, Klimawandel und Überfischung hin, die von allen ein Umdenken im täglichen Handeln erfordern. Pointiert ersetzte der Umweltaktivist das überstrapazierte Wort „nicht nachhaltig“ mit „Zukunfts-unfähig“, um die Entscheider und Experten der Bau- und Immobilienbranche aufzurütteln.
ATGA KONGRESS
****** 22. APRIL
Das „Miteinander reden“ stand beim diesjährigen 23. ATGA Facility Kongress im Mittelpunkt. Einer der Höhepunkte war die Verleihung des Austrian FM Awards 2015. Mit den Austrian FM Awards werden von einer mit hochkarätigen Fachleuten aus Wissenschaft und Wirtschaft besetzten Jury Objekte und Projekte, die den Letztstand der Entwicklungen rund um das Gebäude-und Facility Management aufweisen, ausgezeichnet.
BUNDESIMMOBILIENGESELLSCHAFT BIG
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Rund 400 Gäste folgten in der Aula der Wissenschaften der Einladung der BIG zur zweiten „Big Time“ und trafen einander zu informellen Gesprächen in entspannter Atmosphäre. Der Abend stand ganz im Zeichen der Nachhaltigkeit und so wurde über nachhaltiges, ganzheitliches Bauen und Sanieren diskutiert. Unter den Gästen gesichtet: BIG-Aufsichtsratsvorsitzende Christine Marek , Gerhard Dreyer (Bank Austria Real Invest Immobilien), Wolfgang Vasko (Vasko & Partner), Margret Funk (Funk Immobilien), Michael Reinberg (Reinberg & Partner), Anton Bondi de Antoni (Bondi Immobilien Consulting), Ulrike Haslauer (Compact Electric) und Markus Neurauter (Raiffeisen Evolution).
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GREET VIENNA
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21. MAI Die GREET Vienna hat ihre Stellung als internationale Networking-Plattform rund um das Thema „Gewerbeimmobilien und Investitionen in Zentral-, Ost- und Südosteuropa (CEE & SEE) einschließlich Russland, Türkei und CIS“ eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Über 300 Besucher haben die Chance genutzt, neben den Panels intensives Networking zu betreiben.
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ERÖFFNUNG HOTEL SCHANI
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29. APRIL
Mit dem Hotel Schani Wien hat Ende April das zweite Haus der Familie Komarek aus Wien-Ottakring eröffnet. Am neuen Wiener Hauptbahnhof gelegen, will es sich als „Hotel mit Wiener Charme“ sowohl für Business- als auch für Freizeitgäste empfehlen. Als erstes Haus in Wien wurde auch ein vollwertiger Coworking Space in die Hotellobby integriert. Geschäftsreisende und lokale Coworker können sich zudem in separate Räume zurückziehen.
R.E.C. SUMMER SPECIAL
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28. MAI
Die Wettergötter meinten es gut, als etwas mehr als 800 feierfreudige Kolleginnen aus der Immobilienbranche der Einladung von Markus Pusta und dem ÖVI Young Professionals Board folgten und ausgelassen bis in die frühen Morgenstunden die 4. Auflage des legendären „R.E.C.“ als Summer Special - das diesmal in den beeindruckenden Räumlichkeiten des Wintergartens im Palmenhaus stattfand - feierten.
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Vorschau
r e d n i e i S n e s e L : e b a g s u A n e t s h näc
Kassind angesichts leerer en ng ru ie nz na Fi e iv at tern REAL Kommunen & Co. Al le die Antwort – EXPO el od M PPP nd Si t. ag nmarkt sen mehr denn je gefr l: Ungarn – Immobilie na io at rn te In kt ar nm München – Immobilie us Interview mit … ok oF m Im e oß gr as D – National: Burgenland
t 2015 s b r e H : n i m r ste Erscheinung
Coming soon …
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Tax & Law BluePRINT - der Transfer zwischen Theorie und Praxis Impressum: Medieneigentümer: Fokus-media House GmbH, 4020 Linz, Breitwiesergutstraße 10, Tel. +43.1.813 03 46-0, office@fokus-media.at, www.fokus-media.at Redaktionsanschrift: Handelskai 94-96, A-1200 Wien Geschäftsführer: Ronald Goigitzer, MMag. Philipp Kaufmann, Mag. Michael Neubauer Chefredaktion: Mag. Michael Neubauer Design&Layout: Caroline Abl Lektorat: Ulrike Riedl Autoren dieser Ausgabe: Mag. Andreas Altstädter, Mag. Patrick Baldia, Dr. Stephan R. Eberhardt, Mag. Peter Engert, Georg Flödl, Mag. Philipp Geymüller, Daniel Horak , Mag. Hans Jörg Ulreich, Mag. Erika Hofbauer, MMag. Philipp Kaufmann, Reinhard Krémer, Univ.-Prof. Gunther Maier, Michael Pisecky, Paul Pöltner, Dr. Martin Prunbauer, Ines Reiter, Agnes Schmid, Mag. Roland Schmid, Mag. Walter Senk, Mag. Harry Weber Anzeigen: Ronald Goigitzer, Ferdinand Neubauer Fotos: wenn nicht anders angegeben: www.cityfoto.at Druck: Niederösterreichisches Pressehaus Der ImmoFokus wendet sich im Sinne der Gleichstellung gleichermaßen an Frauen und Männer. Aus Gründen der Übersichtlichkeit und Verständlichkeit kann es bei den Beiträgen vorkommen, dass nur die maskuline Ansprechform verwendet wird.
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GUTEN KOSMETIKERIN DENN SO NAHE?
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Buchtipps
Elfriede Sixt Schwarmökonomie und Crowdfunding Webbasierte Finanzierungssysteme im Rahmen realwirtschaftlicher Bedingungen 253 Seiten, 29 schwarz-weiße Abbildungen, ISBN 978-3-658-02928-9 Dezember 2014 | Springer Gabler 49,99 Euro
EDITOR´S CHOICE: Lesenswert!
Schwarmökonomie und Crowdfunding
Webbasierte Finanzierungssysteme
Crowdsourcing steht für das Mitmachphänomen im Web 2.0. Die sogenannte Schwarmökonomie bildet sich immer dominanter in der digitalen Gesellschaft heraus. Dabei verschwindet die Grenze zwischen Produzent und Konsument – der User wird zum „Prosumenten“. Parallel entwickelt sich das Crowdfunding: viele kleine Beträge summieren sich dank webbasierter Zahlungssysteme für die Realisierung von Projekten. Als Sammelstellen agieren Online-Finanzierungsplattformen. Damit wird die Idee der sozialen Netzwerke um die ökonomische Dimension erweitert. Die Auswirkungen auf bestehende Rechts-, Steuer- und Sozialsysteme wurden jedoch bisher in der Euphorie über die neuen Möglichkeiten wenig bis gar nicht berücksichtigt. Das betrifft auch Dienstleister wie beispielsweise Paypal und Bitcoins. Das Buch informiert über die Chancen und Entwicklungen dieser neuen Finanzierungssysteme und beschäftigt sich kritisch mit ihrer Einbettung in die aktuellen realwirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Die Autorin Elfriede Sixt ist Steuerberaterin und Wirtschaftsprüferin. Sie ist seit über 15 Jahren auf die Beratung von Startups fokussiert und als Business Angel tätig. Wirtschaftsirrtümer
50 Denkfehler, die uns Kopf und Kragen kosten Henrik Müller. Wirtschaftsirrtümer 50 Denkfehler, die uns Kopf und Kragen kosten 304 Seiten, zahlreiche Abbildungen ISBN 978-3-593-50131-4 September 2014 | Campus Verlag 19,99 Euro
„Alles Nützliche ist schon erfunden worden“. „Facharbeiter werden immer gebraucht“. „Globalisierung befördert die Vielfalt“. „Märkte funktionieren immer richtig“. „Geld macht nicht glücklich“. „Nur Immobilien und Gold sind noch sichere Anlagen“. „Die Staatsschulden sind die Ursache der Eurokrise“. Der Wirtschaftsexperte Henrik Müller nimmt in seinem neuen Buch 50 gängige Wirtschaftsirrtümer auseinander und korrigiert die ihnen zu Grunde liegenden Denkfehler. Dabei zeigt er auch, wie solch hartnäckige ökonomische Narrative entstehen, etwa durch verfälschende mediale Simplifizierung komplexer Zusammenhänge oder durch politische und wirtschaftliche Interessen, die Debatte in eine gewünschte Richtung zu lenken. Müller behandelt sieben große ökonomische Themenblöcke: Wachstum, Arbeit, Märkte, Globalisierung, Gesellschaft, Geld, Europa. Sie sind in kleine, gut lesbare und journalistisch aufbereitete Kapitel unterteilt. Indem das Buch verständliche Analysen ohne inhaltliche Vereinfachungen liefert, hilft es, große wirtschaftliche Zusammenhänge zu veranschaulichen und Orientierung zu vermitteln.
Robert Streibel Bürokratie & Beletage Ein Ringstraßenpalais zwischen „Arisierung“ und spätem Recht 192 Seiten ISBN: 978385476-464-9 Jänner 2015 | Mandelbaumverlag 19,90 Euro
Corporate Governance ohne Paragrafen
Die Geheimnisse und Spielregeln guter Steuerung von Unternehmen Manfred Reichl Corporate Governance ohne Paragrafen Die Geheimnisse und Spielregeln guter Steuerung von Unternehmen 240 Seiten, ISBN 978-3-7093-0561 2015 | Linde Verlag 29,90 Eur0
„Corporate Governance“ ist ein Begriff, den die meisten Führungskräfte – ja sogar die meisten Experten – nur mit Gesetzen, Paragrafen und formellen Regeln assoziieren. Was können dabei Geheimnisse sein? Der Strategieberater und Unternehmer Manfred Reichl vergleicht die Governance-Grundsätze im anglo- amerikanischen Raum und verschiedenen europäischen Staaten und erläutert, warum er die in Großbritannien oder der Schweiz praktizierten Modelle für die moderne Management- Praxis angemessener hält als das in Deutschland und Österreich gesetzlich vorgeschriebene „Zwei-BoardModell“. Er geht den Fragen nach, welche Dynamiken verschiedene Eigentümerstrukturen erzeugen, wie strategisch- organisatorische Ausrichtungen die Governance beeinflussen, welche Auswirkungen neue Technologien im Unternehmensalltag haben oder was Gründe für oder gegen eine Börsennotierung sind.
Bürokratie & Beletage
Ein Ringstraßenpalais zwischen „Arisierung“ und spätem Recht Das Ringstraßenpalais Weihburggasse 30 erzählt Lokalgeschichte und wird zum Prisma für die Zeit seit 1868 in Österreich. Von „Arisierung“ und Raub der gesamten Einrichtung der Beletage, von Rechtsanwälten und anderen Nutznießern des Nationalsozialismus. Die Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung entschied in diesem Palais über den Einsatz von Fremdarbeitern. Nach der Befreiung 1945 arbeiteten hier die Mitarbeiter des Arbeitsamtes. Nach neun Jahren Rechtsstreit stimmten die Erben 1957 entmutigt einem für die Republik günstigen Vergleich zu. Erst im Jahr 2003 wurde das Palais an die Erben restituiert, der erste Fall von Naturalrestitution in Österreich. Dass der neue Besitzer (und kein Angehöriger der Vertriebenen) mit der Renovierung des Hauses auch den Auftrag erteilt hat, die Geschichte zu erforschen und zu dokumentieren, ist für Wien eine Art Premiere.
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Immobilie im Fokus
Das Viertel Zwei wächst Erweiterung. Das erfolgreiche Stadtentwicklungsgebiet Viertel Zwei am Rande des Wiener Praters wird weiter wachsen.
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chon im Oktober 2016 werden die ersten neuen Bewohner im VIERTEL ZWEI einziehen, wenn Milestone sein zweites Studentenapartmenthaus für 350 Studenten in Wien eröffnet. Bis zum Frühjahr 2017 werden alle weiteren Wohn- und Büroprojekte fertiggestellt: RONDO bietet Terrassenwohnungen direkt am Grünen Prater. STUDIO ZWEI steht für ein innovatives und zeitgemäßes Wohnkonzept in einem „vertical green“ Gebäude, das raffiniert gestaltete Microapartments mit gemeinschaftlich genutzten Flächen im ganzen Haus kombiniert. Die Bürogebäude DENK DREI mit ca. 20.000 Qudaratmeter Mietfläche, runden die Erweiterung des VIERTEL ZWEI ab. Insgesamt entsteht so ein Stadtviertel, dessen besonderen Reiz vor allem die Vielfalt der künftigen Bewohner und Nutzer ausmacht.
Kein & exklusiv. Die neuen Microappartements werden im Eigentum verkauft - beispielsweise als Anlegerwohnungen. Optional werden diese „Studios“ mit oder ohne Einrichtung zum Kauf angeboten.
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Grünraum und Stadt, alt und neu – im VIERTEL ZWEI entsteht der Prototyp einer modernen Patchwork-Stadtlandschaft. Gleichzeitig wird die Verbindung in den sensiblen Naturraum des direkt angrenzenden Grünen Prater gewahrt. Der Lebensraum VIERTEL ZWEI wird autofrei – zwar gibt es genügend Stellplätze in der Tiefgarage, aber an der Oberfläche werden Bäume, schattige Sitzplätze, Fuß- und Radwege dominieren. Alles ganz nach dem Motto „Rundum Leben“ Ab 2017 ist dann der nächste Expansionsschritt vorgesehen. Dann wird das Areal zwischen Happel-Stadion und Trabrennbahn bis zur Meiereistraße in Angriff genommen, wobei hierfür die bestehenden Stallungen verlegt werden müssen. Der Architekturwettbewerb soll frühestens Ende des Jahres losgehen. Auf dem 44.000 Quadratmeter bzw. 130.000 Quadratmeter Bruttogeschoßfläche großen Gebiet ist ebenfalls ein Mix aus Wohnungen und Büros geplant. Die Fertigstellung ist für 2020/21 anvisiert. Die Erweiterungsflächen sind - wie schon das jetzige Viertel Zwei - komplett autofrei. n
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