Special
Immo-Investments Chancen Risken Potentiale
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ehl.at
CARE Österreich
CO 2- neutral 02
ImmoFokus
Worte füllen keine Hilfspakete. Ihre Spende schon.
paket.care.at Zinshaus Special 2021
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Renditen unter Druck
ImmoFokus.Rubrik
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Aufstrebende Nische Pflegeimmobilien
IMPRESSUM Medieneigentümer Real Estate Media Group GmbH Handelskai 94-96 1200 Wien Tel. +43 1 890 18 26-100 office@media-group.immo www.media-group.immo Herausgeber Mag. Michael Neubauer Chefredaktion Mag. Patrick Baldia, Mag. Lisa Grüner Grafik & Layout Eva Stern Lektorat Dr. Melanie Knünz Michaela Hocek Ingeborg Morawetz, BA
Interview mit Fréderic Puzin
SPECIAL
5 EDITORIAL 6 VERANLAGEN - ABER RICHTIG 8 DRUCK AUF DIE RENDITEN 16 WOHNBAUPROJEKTE IN DER PIPELINE 24 VORSORGEWOHNUNG ODER BAUHERRENMODELL 28 TEN THINGS INVESTORS NEED TO KNOW 30 IMMOBILIENFINANZIERUNG 32 AUFSTREBENDE NISCHE PFLEGEIMMOBILIEN
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ImmoFokus
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„THE SHOW MUST GO ON“
Interview mit Fréderic Puzin
„RENDITEN WERDEN ALS ETWAS UNANSTÄNDIGES ANGESEHEN“
Interview mit Louis Obrowsky
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DIE RICHTIGE WAHL DER ASSETKLASSEN
Kommentar von Herwig M. Peham
„KEINE ENTSPANNUNG BIS ZUR ZINSANHEBUNG“
Interview mit Peter Karl
Head of Sales & Relations Rudolf E. Oezelt Relations Management Tanja Klingseis Fotos Wenn nicht anders angegeben: Real Estate Media Group/Gabriel Alarcon, Michael Hetzmannseder, Katharina Schiffl, Richard Tanzer Druck Ferdinand Berger & Söhne Ges.m.b.H
Der IMMOFOKUS wendet sich im Sinne der Gleichstellung gleichermaßen an Frauen und Männer. Aus Gründen der Übersichtlichkeit und Verständlichkeit kann es bei den Beiträgen vorkommen, dass nur die maskuline Ansprechform verwendet wird. ImmoFokus ist Mitglied bei: Fotos: Adobe Stock,
36 INVESTMENT The show must go on
Autoren dieser Ausgabe Mag. Patrick Baldia, Mag. Lisa Grüner, Amelie Miller, BA, Mag. Michael Neubauer, sowie die Kommentatoren
Geht die Party weiter? „Die Aufholjagd am Immobilieninvestmentmarkt ist im Gange.“
A
uch wenn das Vorkrisenniveau noch ein Stück weit entfernt liegt – zur Erinnerung: 2019 wurden mehr als sechs Milliarden Euro in österreichische Gewerbeimmobilien investiert –, ist die Aufholjagd in vollem Gange. In den letzten Wochen des Jahres 2021 zeichnete sich ab, dass für das letzte Jahr die Vier-MilliardenEuro-Grenze geknackt werden wird, was immerhin ein Plus von mindestens 600 Millionen Euro gegenüber 2020 bedeuten würde. Zudem versichern Experten: Hätte es mehr Produkte gegeben, so würde das Transaktionsvolumen um einiges höher ausfallen. Wir sehen also: Eine sichere Alternative zur Immobilie gibt es anscheinend (auch) in dieser Krise nicht – auch wenn kritische Stimmen anmerken, dass der Run auf das beliebte reale Asset großteils an der Unattraktivität anderer Anlagemöglichkeiten liegen dürfte. Jedenfalls bleiben die Zinsen weiterhin niedrig. Und der Anlagedruck dementsprechend hoch. Die Folge ist, dass in den gefragten Assetklassen weiter die Preise steigen, während die Renditen ihren Sinkflug fortsetzen. Alles Roger also? Geht die Party am Immobilienmarkt weiter? Höchstwahrscheinlich schon. Denn zumindest in der Eurozone spricht einiges dafür, dass es kurz- und mittelfristig zu keiner Zinsanhebung kommen wird. Indes hat die US-Fed für 2022 mehrere Zinsschritte angekündigt. Und die Bank of England (BoE)
hat kürzlich – für viele etwas überraschend – den Leitzins um 0,15 Prozentpunkte auf 0,25 Prozentpunkte angehoben. Das geschah offensichtlich aus Angst vor der hohen Inflation, die in Großbritannien im November bei mehr als fünf Prozent lag. Stichwort Inflation: Auch hierzulande stiegen die Verbraucherpreise zuletzt rasant. Im November lag die Inflationsrate bei 4,3 Prozent und damit auf dem höchsten Stand seit fast 30 Jahren. Ob das nur eine krisenbedingte Momenterscheinung ist oder die Inflation bis auf Weiteres „here to stay“ ist, ist nur eine der wichtigen und spannenden Fragen, die wir einer Reihe von Top-Immobilienexperten in dieser Ausgabe gestellt haben. Eine weitere: Ob sich ihr Fokus auf die einzelnen Assetklassen krisenbedingt verschoben hat. Und nicht zuletzt: Kann Omikron der jüngsten Aufholjagd am Investmentmarkt ein vorzeitiges Ende setzen?
Patrick Baldia Chefredakteur
Investment 2021
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Investment
Veranlagen – aber richtig
es, Wohnungen oder Häuser direkt zu kaufen. Doch Vorsicht: Eine direkt gehaltene Immobilie muss entweder selbst verwaltet oder einem – ebenfalls Kosten verursachenden – Verwalter anvertraut werden.
Was ist die perfekte Anlageform?. Wie auch in vielen anderen Bereichen lässt sich diese Frage nicht eindeutig beantworten, sondern hängt natürlich auch von der Erwartungshaltung und der Präferenz des Anlegers ab.
I
mmobilieninvestitionen sind langfristig orientierte Kapitalanlagen. Der Anlageerfolg hängt von vielfältigen wirtschaftlichen, rechtlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen ab, die sich auch während der Dauer einer Kapitalanlage ändern können. Daher kann eine aktuelle Beurteilung stets nur eine Bestandsaufnahme darstellen. Selbst sorgfältigste Planungen und konservative Kalkulationen können zukünftige Entwicklungen nicht vollständig erfassen. Was aber ist die perfekte Anlageform in Immobilien?
Direkt oder indirekt
Klassische Direktinvestments sind beispielsweise Käufe von Vorsorgewohnungen oder Zinshäusern. Ein indirektes Immobilieninvestment ist dagegen beispielsweise die Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds, der Kauf von Anteilen eines offenen Immobilienfonds, der Erwerb von Aktien einer Immobilienaktiengesellschaft oder eines Real Estate Investment Trusts (REIT) bzw. die Zeichnung von Anleihen. Die gängigste Art, Immobilien als Kapitalanlage zu nutzen, ist
Bei einem indirekten Immobilieninvestment bekommt der Anleger in der Regel zugleich auch die erforderlichen AssetmanagementLeistungen inklusive. Zudem kann er auf diesem Wege auch in Objekte wie Hotels, Bürohochhäuser, Shoppingcenter oder große Wohnanlagen investieren, die er aufgrund der hohen Investitionsvolumina vermutlich nicht direkt erwerben könnte und mangels der erforderlichen Kenntnisse gar nicht selbst verwalten könnte. Diese Arbeit wird entsprechend berechnet und lässt zusammen mit anfallenden Gebühren (Agio) die Rendite des Anlegers merklich geringer ausfallen. Die Entscheidung, ob eine Direktanlage oder ein indirektes Investment vorzuziehen ist, kann nur im individuellen Einzelfall getroffen werden.
Immobilienaktien
Immobilienaktien sind eine Anlageklasse für risikoaffine Investoren. Immobilienaktien
Immobilienanlageformen Kriterien
Direktinvestment
Indirekte-Investments
Offener Fonds
Immobilienaktie
Kapitaleinsatz
hoch
hoch
gering
gering
Nebenkosten
hoch
hoch
mittel
gering
Risikostreuung
gering
niedrig/mittel
mittel/hoch
hoch
Fungibilität
gering
gering
mittel/hoch
hoch
Rendite/Risiko
gering
mittel/hoch
gering
mittel/hoch
Verwaltungsaufwand
hoch
mittel
gering
gering
Transparenz
hoch
gering
mittel
hoch
für den Anleger
hoch
gering
gering
mittel
Kursentwicklung
-
-
-
volatil
Mitgestaltungsmöglichkeiten
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ImmoFokus
können in sehr kleinen Stückelungen erworben werden. Der Vorstand der AG ist für die Strategie der Gesellschaft und das laufende Management der Immobilien verantwortlich. Selbstverständlich kann man die Aktien auch täglich zum Börsenkurs verkaufen. Als alleinige Form der Altersvorsorge ist diese Option nicht geeignet. Eine Subspezies der Immobilienaktien sind sogenannte REITs: Real Estate Investment Trusts. Unternehmen dieser Kategorie erzielen Gewinne aus der Vermietung, der Verpachtung sowie dem Verkauf von Immobilien und Grundstücken. REITs weisen die Besonderheit auf, dass der Gesellschaftsgewinn nicht auf Unternehmensebene, sondern beim Anteilseigner selbst besteuert wird.
Immobilienanleihen
Bei der Immobilienanleihe handelt es sich um eine normale Schuldverschreibung. Im Gegensatz zu Immobilienaktien, die Eigenkapital des jeweiligen Immobilienunternehmens darstellen, sind Immobilienanleihen Fremdkapital. Die meisten Immobilienanleihen sind nachrangig besichert – im Insolvenzfall werden also zunächst die übrigen Gläubiger bedient.
Immobilienfonds
Wem das entsprechende Kleingeld für ein Direktinvestment in Betongold fehlt, gleichzeitig aber auch Immobilienaktien zu volatil sind, für
den könnten Immobilieninvestmentfonds eine interessante Alternative darstellen. Offene Immobilienfonds sind für Privatanleger interessant, weil sie damit mit kleinen Beträgen mittel- und langfristig – ohne hohe Transaktionskosten – in Immobilien investieren können. Private Anleger können auf diese Weise eine vergleichbare Anlagestrategie umsetzen wie institutionelle Investoren. Sie lautet: Risikominimierung durch breite Diversifikation. Die Bewirtschaftung der Immobilien erfolgt durch die dafür verantwortliche Kapitalanlagegesellschaft ohne Involvierung des Anlegers. Andererseits ist eine Mitbestimmung über die Strategie des Fonds und die Auswahl des Managements nicht möglich.
Immobilien-Crowdinvesting
Neuerdings liegt das Immobilien-Crowdinvesting als Möglichkeit der Geldanlage im Trend. Statt viel Kapital für eine Immobilie aufzubringen, schließt man sich dabei mit vielen anderen Privatinvestoren über eine Internetplattform zusammen und investiert als „Crowd” zusammen in einzelne Bauprojekte. Das funktioniert bereits mit kleinen Beträgen und ermöglicht es somit auch Kleinanlegern, in größere Immobilienprojekte zu investieren. Diese Art des Investierens, das sogenannte Mezzanine-Kapital, war bisher nur professionellen Großinvestoren vorbehalten.
Dreieck der Kapitalanlage Welches Immobilieninvestment ist für mich das Richtige? Um diese Frage zu beantworten, hat sich das „Dreieck der Kapitalanlage“ bewährt: Man bildet ein imaginäres Dreieck, dessen Eckpunkte die Faktoren Rendite, Risiko und Liquidität bilden und platziert das ausgewählte Anlageprodukt darin. Wichtig ist zu beachten, dass sich die drei Eckpunkte niemals gleichzeitig perfekt abdecken lassen: Die ideale Anlage mit hoher Rendite, niedrigem Risiko und höchster Liquidität gibt es nur im Märchen. In der Realität muss man, wenn man zwei Punkte bestens erfüllt haben will, beim dritten Eckpunkt Abstriche hinnehmen. Zwei Beispiele: Eine Vorsorgewohnung bietet eine attraktive Rendite bei niedrigem Risiko, ist dafür aber alles andere als liquide – ein Ausstieg aus dem Investment ist erst nach Monaten möglich. Wer Liquidität und attraktive Renditechancen verknüpfen möchte, kann beispielsweise eine Immo-Aktie wählen – dort ist dafür allerdings der Faktor Risiko um einiges höher, als man es vielleicht im Idealfall gerne hätte.
Checkliste Assetklassen Indirektes Investment Immobilienaktien Vorteile: Liquidität, niedrige Einstiegsniveaus, große Auswahl Immobilienaktien Nachteile: Schwankungen, ständige Kontrolle notwendig, hohe Steuerlast Immobilienfonds Vorteile: hohe Sicherheit (teilweise Mündelgeld), niedrige Einstiegsniveaus, große Auswahl Immobilienfonds Nachteile: Krisenresistenz gering, niedrige Renditen, hohe Steuerlast Beteiligungsmodelle Vorteile: Mitspracherecht, hohe Renditen, Steuervorteile Beteiligungsmodelle Nachteile: Unternehmerrisiko, lange Laufzeit, hoher Beratungsaufwand
Direktes Investment Wohnimmobilien Vorteile: hohe Nachfrage, Transparenz, viele Produktangebote Wohnimmobilien Nachteile: Leerstandrisiko, Nachvermietungsrisiko, politische Rahmenbedingungen Gewerbeimmobilien Vorteile: hohe Renditen, Krisenresistenz, viel Marktpotenzial Gewerbeimmobilien Nachteile: hohe Einstiegsniveaus, lange Laufzeit, ständige Kontrolle notwendig Spezialimmobilien Vorteile: hohe Nachfrage, hohe Renditen, viel Marktpotenzial Spezialimmobilien Nachteile: wenig Produktangebote, viel Spezialwissen notwendig, politische Rahmenbedingungen
Investment 2021
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Investment
Renditen unter Druck
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er Investitionsdruck aus dem Anlagebereich ist weiter unvermindert am Wohnimmobiliensektor zu spüren. Eine für den Österreichischen Verband der Immobilienwirtschaft (ÖVI) aktuell erstellte Auswertung von ImmoUnited auf Basis der tatsächlichen Zahlen und Daten aus dem Grundbuch zeigt aber einen neuen Trend auf: Während das Transaktionsvolumen aufgrund steigender Preise insgesamt weiter gestiegen sei, habe die Anzahl der Transaktionen abgenommen, so Andreas Millonig, Geschäftsführer von ImmoUnited. Die Gründe für diese Marktentwicklung sind vielfältig. „Wer nicht verkaufen muss, verkauft nicht“, so Andreas Wollein, ÖVI Vorstand und Immobiliensachverständiger. „Das aktuelle Zinsniveau mit Negativzinsen und Verwahrgebühr bei steigender Inflation veranlasst viele, weiter in Immobilien zu investieren.“ Laut der Untersuchung von Christof Schremmer (ÖIR)
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ImmoFokus
und Matthias Grosse (Exploreal) sind ein Drittel der Fertigstellungen am Wiener Markt von Investorenprojekten gekennzeichnet.
Stagnation der Preise
Das große Angebot frei finanzierter Projekte ist auch am Markt erkennbar. In bestimmten Bereichen ist mittlerweile eine Stagnation der Preise zu konstatieren. Über ganz Wien gerechnet ergibt dies einen Durchschnittspreis für neuwertige Eigentumswohnungen von 5.485 Euro pro Quadratmeter (im Vergleich dazu 5.237 Euro im Jahr 2020, eine Steigerung von knapp fünf Prozent). Gebrauchte Eigentumswohnungen wurden im Durchschnitt um 4.236 Euro pro Quadratmeter verkauft (im Jahr davor um 4031 Euro, das bedeutet eine Steigerung von 3,7 Prozent). Der Markt in den anderen österreichischen Landeshauptstädten zeigt, dass das Angebot in einzelnen Regionen nicht mit der Nachfrage
„2021 war von einer sehr starken Nachfrage, einem knappen Angebot und einem weiterhin historisch niedrigen Zinsniveau geprägt.“ Bernhard Reikersdorfer, RE/MAX-Austria
Fotos: Adobe Stock, Doris Schwarz-König, Alexander Schleissing, Heiko Preller, Galcap Europe
Umbruch. Während das Transaktionsvolumen aufgrund steigender Preise insgesamt weiter steigt, nimmt die Anzahl der Transaktionen ab. Die Preise steigen, doch die Mieten können nicht nachziehen.
Schritt halten kann. Dort wo auch sehr viel geförderter Wohnbau errichtet wird wie etwa in St. Pölten, kann eine deutliche Stagnation festgestellt werden. Die Hotspots der Preisentwicklung sind einmal mehr Innsbruck und Salzburg. Durchschnittspreise im Wohnungseigentum Neubau bei 6.793 Euro pro Quadratmeter (Salzburg) 6.731 Euro pro Quadratmeter in Innsbruck dokumentieren das hohe Niveau und einen Anstieg gegenüber dem Vorjahr um knapp 5 Prozent. Auch in Bregenz (5.376 Euro pro Quadratmeter) gab es eine gleichartige Preisentwicklung im Neubau, so Andreas Karg, ÖVI Vorstand aus Vorarlberg. Bemerkenswert ist aber vor allem die hohe Preissteigerung bei gebrauchten Eigentumswohnungen im Westen Österreichs: 17 Prozent in Bregenz (4.529 Euro pro Quadratmeter) gegenüber dem Jahr 2020 und knapp 10 Prozent
in Innsbruck (5.322 Euro pro Quadratmeter) zeigen deutlich auf, dass das Angebot äußerst knapp ist. Aber auch in Linz (3.185 Euro pro Quadratmeter) und Graz (2.704 Euro pro Quadratmeter), den beiden größten Landeshauptstädten nach Wien, ist der Gebrauchtimmobilienmarkt von einer Steigerung von sechs bis Prozent gekennzeichnet. Aber auch in Klagenfurt sind, wenn auch auf anderem Niveau (2.234 Euro pro Quadratmeter) gebrauchte Eigentumswohnungen offenbar stärker nachgefragt (plus 9,4 Prozent) als es Angebot gibt.
Alternative attraktive Geldanlagemöglichkeiten fehlen
„Auch das Jahr 2021 war wieder von einer sehr starken Nachfrage, einem in vielen Regionen knappen Angebot, von fehlenden attraktiven alternativen Geldanlagemöglichkeiten und einem weiterhin historisch niedrigen Zinsniveau geprägt. Diese Rahmenbedingungen haben in Summe zu deutlichen Preisanstie-
„Immobilien nähern sich schön langsam dem Aktienmarkt, wo weniger auf Dividende sondern auf Wertsteigerung des Unternehmens geachtet wird.“ Ernst Kovacs, KE Wohnimmobilien
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Investment
gen geführt“, erklärt Bernhard Reikersdorfer, Geschäftsführer von RE/MAX Austria.
Neues Biedermeier
„In der aktuellen gesamtwirtschaftlichen Situation spricht vieles für den Kauf einer Wohnung, sei es zur Eigennutzung oder zur Veranlagung.“ Karina Schunker, EHL Wohnen
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ImmoFokus
Österreichweit erwarten die RE/MAXExperten generell auch für 2022 ein grundsätzlich durchaus positives Immobilienjahr, allerdings mit einigen Veränderungen zu den Vorjahren. Konkret erwarten sie im Vergleich zu 2021, Anstiege bei Nachfrage, Angebot und Preis. Die Unterschiede zu den Vorjahren liegen allerdings in der Intensität: Während die Nachfrageprognose von 2,6 Prozent und 2,8 Prozent für die letzten beiden Jahre auf 6,7 Prozent für 2022 springt, stagniert die Angebotsprognose (zuletzt bei einem Plus von 0,4 Prozent und 1,9 Prozent) für das kommenden Jahr bei 1,0 Prozent. Damit zieht auch die Preiserwartung steil nach oben, von 3,3 Prozent (2020) über 1,8 Prozent (2021) auf 7,1 Prozent für 2022. „Ein neues Biedermeier mit der Wertschätzung der eigenen vier Wände, ein Nachholeffekt nach den Corona-bedingt verhaltenen Erwartungen für 2021 und nicht zuletzt
eine sprunghaft steigende Inflation, die auch bei Baumaterialen und Baudienstleistungen und damit bei Neubau und Sanierung voll durchschlägt, kommen in der Prognose für 2022 zusammen“, erklärt RE/MAX-AustriaExperte Anton E. Nenning. „Die Prognose für 2022 erinnert an jene für 2012, also vor genau zehn Jahren. Allerdings war die Ausgangslage damals bereits in den beiden Jahren zuvor sehr dynamisch.“
Einzuhaltende Mindeststandards
Die Finanzmarktaufsicht (FMA) beobachtet den Boom am Immobilienmarkt mit Sorge und will im kommenden Jahr Mindeststandards für die Vergabe von Wohnbaukrediten erlassen. Die derzeitige Vergabepraxis sei zu locker, sagte FMA-Vorstand Helmut Ettl am Donnerstag. Das berge Risiken für die Finanzmarktstabilität. Eine voll ausgewachsene Immobilienblase sieht die FMA aber noch nicht. Eine aktuelle Ausgabe der Immobilienmarktanalyse der Oesterreichischen Nationalbank
(OeNB) zeigt eine weitere Beschleunigung des Preisanstiegs für Wohnimmobilien. Auch im dritten Quartal 2021 waren sowohl in Wien (plus 10,2 Prozent) als auch im restlichen Bundesgebiet (Steigerung um 10,6 Prozent; jeweils im Vorjahresvergleich) weiterhin Preiszuwächse über der 10-Prozent-Marke zu verzeichnen. Für Gesamtösterreich ergab sich nach einem Plus von 11,7 Prozent im zweiten Quartal nun ein jährlicher Zuwachs von 10,4 Prozent im dritten Quartal. Bezogen auf das Vorquartal beschleunigte sich die Preisdynamik in Wien im dritten Quartal (3,3 Prozent nach 2,2 Prozent im zweiten Quartal), während sie im restlichen Bundesgebiet deutlich zurückging (1,5 Prozent nach 2,7 Prozent).
Risiken am Immobilienkreditmarkt
„Wir glauben nicht, dass es bereits eine Blase gibt, die sich schon voll aufgeblasen hat, allerdings sehen wir hier Entwicklungen, die über das bisher bekannte in Österreich hinausgehen“, so FMA-Vorstand Ettl. „Diese außergewöhnlichen Entwicklungen fordern
auch außergewöhnliche Schritte.“ Vor einigen Tagen hat bereits das Finanzmarktstabilitätsgremium (FMSG) vor den Risiken am Immobilienkreditmarkt gewarnt und den Wunsch nach Maßnahmen geäußert.
Kreditgetrieben
Seit 2007 hätten sich die Preise für Wohnimmobilien in Österreich verdoppelt (plus 99 Prozent), führte Ettl weiter aus. In Wien liege der Anstieg sogar bei 140 Prozent. Der Anstieg sei vor allem kreditgetrieben, seit Mitte 2020 sei die Zahl der Wohnbaukredite um 18 Prozent auf 94.000 gestiegen. Noch steiler ging es beim Kreditvolumen bergauf, dass um 37 Prozent auf 16,9 Mrd. Euro zugelegt habe.
„Wer nicht verkaufen muss, verkauft nicht.“ Andreas Wollein, ÖVI
Bereits seit 2011 beobachte man das starke Wachstum am Wohnimmobilienmarkt. Das schon lange anhaltende Niedrigzinsumfeld mache Kredite so billig wie noch nie. Für einen variabel verzinsten Kredit lägen die Zinsen derzeit bei rund einem Prozent. Bei zehn Jahren Fix-Verzinsung liegt der Zinssatz bei durchschnittlich 1,35 Prozent.
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Einfach konfigurierbar: TwinCAT 3 Lighting Solution für DALI 2
„Die Hotspots der Preisentwicklung sind einmal mehr Innsbruck und Salzburg.“ Andreas Karg, ÖVI
Gleichzeitig seien die Standards bei der Vergabe von Wohnkrediten nicht streng genug. So habe jeder zehnte Kredit eine Laufzeit von mehr als 35 Jahren. Zudem liege bei zwei von zehn Krediten die Rückzahlungsrate über 40 Prozent des verfügbaren Netto-Familieneinkommens, bei sechs von zehn Krediten liege der Eigenmittelanteil unter 20 Prozent. 40 Prozent des Kreditvolumens sei noch variabel verzinst. „Dass in der jüngeren Vergangenheit solche Kredite leichtfertig vergeben worden wären, ist den Immobilienexperten nicht bekannt, kontert ÖVI Geschäftsführer Anton Holzapfel. Damit erschwert man Eigentumsbildung, die nachhaltig zur Wohnversorgung beitragen könnte und sollte. In der variablen Verzinsung liegt ein großer Teil des Risikos, wie Ettl mit einem Rechenbeispiel verdeutlicht. Denn bei einem variabel verzinsten Kredit sind im Monat zwar um 31 Euro weniger zu zahlen als bei einem fix verzinsten Kredit. Allerdings gilt dies unter der Annahme, dass die Zinsen für 20 Jahre gleichbleiben. Sollten die Zinsen jedoch wieder anziehen und auf das Niveau von vor der Finanzkrise steigen, müsse bei variabler Verzinsung monatlich um 358 Euro mehr bezahlt werde. Das entspricht einer Steigerung der monatlichen Belastung um 39 Prozent. Auf die gesamte Laufzeit berechnet beliefen sich die Mehrkosten auf stolze 77.324 Euro. Dieser Entwicklung müsse nun gegengesteuert werden, daher werde die FMA - voraussichtlich Mitte des kommenden Jahres - verbindliche Mindeststandards für die Kreditvergabe erlassen, so Ettl. Verordnet werden soll dann ein Eigenmittelanteil von mindestens 20 Prozent, ein Schuldendienst von maximal 30 bis 40 Prozent des monatlich verfügbaren Nettoeinkommens sowie eine maximale Kreditlaufzeit von 35 Jahren.
www.beckhoff.at/lighting-solution Mit TwinCAT 3 Lighting Solution stellt Beckhoff eine Lichtlösung vor, die vom Engineering bis zur Wartung auf die Vereinfachung aller Arbeitsschritte setzt. Alle typischen Lichtregelungen sind integriert, die Anzahl der DALILinien ist unbegrenzt. TwinCAT 3 Lighting Solution ist auch für Betreiber leicht über Excel konfigurierbar und zugleich voll HTML- und webfähig, dezentral skalierbar sowie direkt über Panel bedienbar. Schnelle Funktionsänderungen, Adressierungen und Erweiterungen sind direkt im Betrieb möglich, ebenso wie von DALI-Linien unabhängige Gruppierungen.
Wohnimmobilien – Stabilisator im Portfolio
Sicherheit ist nach wie vor das wichtigste Entscheidungskriterium für einen Immobilienerwerb, der Ertrag rückt immer weiter in den Hintergrund der Motivation. „Man könnte fast sagen, die Immobilien nähern sich schön langsam dem Aktienmarkt, wo auch nur in den wenigsten Fällen auf die Dividende geachtet wird und mehr auf die Wertentwicklung des Unternehmens“, kommentiert Ernst Kovacs, KE Wohnimmobilien. „Waren vor einem
Direkt vom Panel aus bedienbar: TwinCAT 3 Lighting Solution vereinfacht die Umsetzung individueller Lichtlösungen.
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Jahr in so mancher Region noch fast vier Prozent Ertrag im Idealfall realisierbar, so ist das nun nur mehr in Ausnahmefällen möglich.“
„Nachfrageseitig wird der Grazer Wohnungsmarkt von der steigenden Anzahl an Single- und JungfamilienHaushalten geprägt.“ Anton Holzapfel, ÖVI
Die Nachfrage nach Vorsorgewohnungen in Wien ist „sehr stark und ungebremst“ bestätigte auch EHL-Wohnen-Geschäftsführerin Karina Schunker bei der Präsentation des „Marktbericht Vorsorgewohnungen in Wien 2021“. Gleichzeitig ist das Angebot knapp. Das wird sich auch künftig nicht bessern. Die Preise ziehen daher weiter an. Heuer gehen die Kaufpreise voraussichtlich um 5 bis 7,5 Prozent in die Höhe, die Mieten steigen „nur“ im Ausmaß der Inflation. Fazit: Die Renditen für Anleger sinken. Die Preise für Privatanleger würden auch wegen des großen Interesses institutioneller Investoren steigen. Schunker prognostiziert für 2021 ein Marktvolumen von 900 Vorsorgewohnungen. (Aktueller Zahlen werden erst im März 2022 vorliegen). Damit ist der Markt innerhalb von zwei Jahren um mehr als 30 Prozent gewachsen und insgesamt werden heuer mehr als 200 Millionen Euro in Wiener Vorsorgewohnungen investiert.
Peripherere Lagen
Sehr auffällig ist die Verschiebung des Marktes von den Zentrumsbezirken in peripherere Lagen. Mehr als ein Drittel aller Vorsorgewohnungen wird mittlerweile in den beiden Bezirken nördlich der Donau verkauft, wobei die boomende Donaustadt mit 279 Einheiten
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gegenüber Floridsdorf mit nur 30 Einheiten ganz klar den Ton angibt. Stark präsentiert sich noch Landstraße, während alle anderen innerhalb des Gürtels liegenden Bezirke eine untergeordnete Rolle am Vorsorgewohnungsmarkt spielen. Durchaus lebhaft ist das Marktgeschehen im Westen der Stadt, wo die Nachfrage nach Objekten in Meidling, Ottakring oder Penzing anhaltend stark ist. Die in der Erstvermietung erzielten Mieten sind weiter gestiegen, aber deutlich weniger stark als die Kaufpreise. Für heuer wird mit durchschnittlich 12,35 Euro netto nach 12,21 Euro 2020 gerechnet. Daraus resultieren sinkende Renditen, im Durchschnitt werden diese rund 3,2 Prozent betragen. „Der Abstand zu den nahe bei Null liegenden Renditen von festverzinslichen Wertpapieren und Sparbüchern ist damit aber weiterhin sehr hoch und vieles spricht dafür, dass diese Situation noch längere Zeit so bleiben wird“, so Schunker. Eine Immobilienpreisblase befürchtet die EHL-Expertin nicht. „Wir sehen, dass tatsächlich Kapital am Markt vorhanden ist und die Käufer über genügend Eigenmittel verfügen“, so Schunker mit Bezug auf die Vorsorgewohnungskäufer. Doch auch bei den Eigennutzern sei von einer Eigenkapitalquote von 20 bis 30 Prozent auszugehen. Banken seien bei der Kreditvergabe „nach wie vor sehr restriktiv und checken die Einkommensverhältnisse bzw. Sicherstellungen“.
Advertorial
Share Deal Grunderwerbsteuer. Auch beim Verkauf von Gesellschaftsanteilen zu beachten
V
iele Immobilienprojekte werden in eigenen Projektgesellschaften abgewickelt. Soll die Immobilie später verkauft werden, kann entweder die Projektgesellschaft die Immobilie direkt verkaufen (Asset Deal) oder der Eigentümer verkauft die gesamte Projektgesellschaft (Share Deal). Ein direkter Verkauf (Asset Deal) der Immobilie unterliegt der Grunderwerbsteuer von 3,5 Prozent von der Gegenleistung (in der Regel Kaufpreis). Zusätzlich fällt 1,1 Prozent Eintragungsgebühr (ebenfalls von der Gegenleistung) für die Eintragung des neuen Eigentümers ins Grundbuch an.
Fotos: Mike Mareen/AdobeStock, Franz Helmreich Fotografie
Auch wenn die gesamte Projektgesellschaft verkauft wird (Share Deal), ist auf das Thema Grunderwerbsteuer zu achten. Der Grunderwerbsteuer unterliegt die Übertragung von Anteilen an einer Kapital- oder Personengesellschaft, wenn mindestens 95 Prozent der Anteile in der Hand eines Erwerbers vereinigt werden und die Gesellschaft eine österreichische Immobilie hält. Kauft daher ein Investor die gesamte Projektgesellschaft, fällt 0,5 Prozent Grunderwerbsteuer vom Grundstückswert (dieser ist in der Regel geringer als der Verkehrswert der Liegenschaft) an. Steuerschuldner ist der Erwerber.
LeitnerLeitner Wirtschaftsprüfer Steuerberater
Treten mehrere Erwerber auf und erwirbt daher kein Käufer mindestens 95 Prozent der Anteile, so fällt grundsätzlich bei Erwerb von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft keine Grunderwerbsteuer an. Selbst wenn die Erwerber verbundene Unternehmen sind, ist dies unschädlich. Die Erwerber dürfen jedoch im Zeitpunkt des Erwerbs keine steuerliche Unternehmensgruppe im Sinne des § 9 KStG bilden (später ist dies möglich) und die Anteile dürfen nicht treuhändig für einen Erwerber gehalten werden (treuhändig gehaltene Anteile werden immer dem Treugeber zugerechnet). Im Gegensatz zu Deutschland löst die indirekte Übertragung von Anteilen (z.B. eine Holding wird verkauft, die mehrere Immobilienprojektgesellschaften hält) keine Anteilsvereinigung aus und unterliegt damit nicht der Grunderwerbsteuer. Wird für das Projekt eine Personengesellschaft verwendet, ist zusätzlich zu beachten, dass hier – neben der vorstehend beschriebenen Anteilsvereinigung – auch noch ein zweiter Tatbestand die Grunderwerbsteuer auslösen kann. Grunderwerbsteuer fällt an, wenn innerhalb von fünf Jahren mindestens 95 Prozent der Anteile auf neue Gesellschafter übergehen. Wurden daher vor drei Jahren 90 Prozent der Personengesellschaftsanteile an Investor
Am Heumarkt 7 A-1030 Wien Tel: +43 /1/718 98 90 Fax: + 43 /1/718 98 90 - 804 E-Mail: wien.office@leitnerleitner.com
A verkauft und werden jetzt die restlichen 10 Prozent auf Investor B übertragen, fällt Grunderwerbsteuer für die gesamten Immobilien der Personengesellschaft an. Gleichgültig ist, ob die Übertragung entgeltlich oder unentgeltlich erfolgt. Steuerschuldner ist die Personengesellschaft. Nicht unter diesen Tatbestand fällt die Übertragung von Anteilen zwischen bestehenden Gesellschaftern (es muss jedoch darauf geachtet werden, dass nicht 95 Prozent bei einem Gesellschafter vereint werden). Da beim Share Deal der Eigentümer im Grundbuch nicht wechselt (es werden die Anteile übertragen und es bleibt daher weiterhin die Projektgesellschaft im Grundbuch eingetragen), fällt keine Grundbucheintragungsgebühr an. Vor- und Nachteile eines Asset und Share Deals müssen genau abgewogen werden. Neben der Grunderwerbsteuer sind insbesondere ertragsund umsatzsteuerliche Aspekte und zivilrechtliche Konsequenzen zu berücksichtigen.
Harald Galla ist Wirtschaftsprüfer und Steuerberater bei LeitnerLeitner Wien. Er ist spezialisiert auf Immobilientransaktionen.
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Investment
Wohnbauprojekte in der Pipeline Wo wird wann was gebaut. Die Bauträgerdatenbank von Exploreal gibt unter anderem auf diese Frage Antwort. Damit wirklich nur jene Wohnungen auf den Markt kommen, die tatsächlich gebraucht werden.
WIEN Wohnungen: Reihen-/Doppelhaus: Einfamilienhaus: 1–2 Zi-Wg: 53 % 3 Zi-Wg: 33 % 4+ Zi-Wg: 14 %
aller Wohneinheiten in EXPLOREAL (n = 123.973)
aller Wohnungen im Angebot (n = 8.154)
mit Loggia: mit Balkon: mit Terrasse: mit Garten:
99 % 1% 0%
31 % 52 % 32 % 14 %
mit Freifläche: 91 % (Loggia/Balkon/Terrasse/Garten) aller Wohnungen im Angebot (n = 8.154)
ø 60 Wohnungen / Projekt arithm. Mittel geeigneter Projekte (n = 1.959) ø 64,2 m² Wohnnutzfläche Median aller Wohneinheiten im Angebot (n = 8.154) ø 8,9 m² Freiflächen (Loggia/Balkon/Terrasse) Median aller Wohneinheiten im Angebot (n = 8.154)
ø 0,80 PKW-Stellplätze / Wohnung
ø Grundkostenanteil: 985 €/m²
arithm. Mittel geeigneter Projekte (n = 1.009)
arithm. Mittel geeigneter Projekte (n = 1.414) Quelle: EXPLOREAL/Stand: 02.02.2021
RE/MAX Prognose - Wien Nachfrage: +5,5 Prozent Angebot: -0,2 Prozent Preise: +5,4 Prozent In zentralen Lagen sollen die Preise für Eigentumswohnungen um 4,9 Prozent steigen. Neu abgeschlossene Mieten mit freier Mietzinsbildung sollen 2022 um +0,9 Prozent anziehen. Am Stadtrand zeigt sich ein ähnliches Bild: Die Preise für Eigentumswohnungen legen 2022 um +4,2 Prozent zu und jene der Mietneuabschlüsse (freier Mietzins) um +0,5 Prozent.
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ImmoFokus
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ktuell werden in der Datenbank bundesweit Neubauprojekte ab fünf Wohneinheiten erfasst. Dabei wird der gesamte Projektentwicklungs-Prozess vom Ankauf der Liegenschaft bis zur Verwertung der letzten Wohnung abgebildet. Inkludiert sind dabei fundierte Informationen unter anderem über die nachgefragtesten Wohnungen sowie zu aktuellen Preisen bis hin zum Grundkostenanteil. Damit lassen sich die wichtigsten Fragen von der Projektakquise über die Projektentwicklung bis hin zur Vermarktung mit wenigen Klicks leicht beantworten. So kann man zum Beispiel aktuelle und zukünftige Projekte auf Bezirksebene leicht abrufen.
Exploreal verwendet dabei öffentlich zugängliche Daten und hält diese laufend aktuell. Über ein Dutzend unterschiedlicher Datenquellen werden dabei von Hand eingepflegt, zusammengeführt und durch eigene Erhebungen ergänzt und überprüft. „Ein besonderes Highlight der Datenbank ist der Grundkostenanteil, der für jedes Projekt ermittelt wird“, sagt Alexander Bosak, Geschäftsführer von Exploreal. „Durch die Informationsvielfalt zur Nachfragesituation können Bauträger ihre Projekte entsprechend anpassen. Damit kommen auch wirklich jene Wohnungen auf den Markt, die tatsächlich gebraucht werden.“
NIEDERÖSTERREICH Wohnungen: Reihen-/Doppelhaus: Einfamilienhaus: 1–2 Zi-Wg: 29 % 3 Zi-Wg: 36 % 4+ Zi-Wg: 35 %
aller Wohneinheiten in EXPLOREAL (n = 42.226)
aller Wohnungen im Angebot (n = 4.836)
mit Loggia: mit Balkon: mit Terrasse: mit Garten:
85 % 13 % 2%
18 % 24 % 52 % 37 %
mit Freifläche: 97 % (Loggia/Balkon/Terrasse/Garten) aller Wohnungen im Angebot (n = 4.995)
ø 25 Wohnungen / Projekt arithm. Mittel geeigneter Projekte (n = 1.705) ø 79,5 m² Wohnnutzfläche Median aller Wohneinheiten im Angebot (n = 4.998) ø 11,5 m² Freiflächen (Loggia/Balkon/Terrasse) Median aller Wohneinheiten im Angebot (n = 4.995)
ø 1,63 PKW-Stellplätze / Wohnung
ø Grundkostenanteil: 495 €/m²
arithm. Mittel geeigneter Projekte (n = 1.513)
arithm. Mittel geeigneter Projekte (n = 253) Quelle: EXPLOREAL/Stand: 02.02.2021
RE/MAX Prognose - Niederösterreich Nachfrage: +5,9 Prozent Angebot: +1,5 Prozent Preise: +3,1 Prozent Die Preise von Eigentumswohnungen in zentralen Lagen sollen um 5,7 Prozent, Mieten um 1,1 Prozent steigen. Am Stadtrand ist mit 4,9 Prozent eine schwächere ansteigende Preisdynamik zu erwarten. Bei Mietwohnungen geht der Trend mit 0,0 Prozent eher seitwärts. Eigentumswohnungen in Landgemeinden ziehen um +3,6 Prozent an, Mieten geben um 0,4 Prozent nach.
Expo Real 2021
17
Investment
BURGENLAND Wohnungen: Reihen-/Doppelhaus: Einfamilienhaus: 1–2 Zi-Wg: 50 % 3 Zi-Wg: 34 % 4+ Zi-Wg: 16 %
aller Wohneinheiten in EXPLOREAL (n = 2.895)
aller Wohnungen im Angebot (n = 537)
mit Loggia: mit Balkon: mit Terrasse: mit Garten:
81 % 17 % 2%
15 % 36 % 42 % 20 %
mit Freifläche: 87 % (Loggia/Balkon/Terrasse/Garten) aller Wohnungen im Angebot (n = 1.459)
ø 16 Wohnungen / Projekt arithm. Mittel geeigneter Projekte (n = 175) ø 69,7 m² Wohnnutzfläche Median aller Wohneinheiten im Angebot (n = 1.460) ø 9,0 m² Freiflächen (Loggia/Balkon/Terrasse) Median aller Wohneinheiten im Angebot (n = 1.459)
ø 1,42 PKW-Stellplätze / Wohnung
ø Grundkostenanteil: 594 €/m²
arithm. Mittel geeigneter Projekte (n = 144)
arithm. Mittel geeigneter Projekte (n = 7) Quelle: EXPLOREAL/Stand: 25.09.2020
RE/MAX Prognose - Burgenland Nachfrage: +7,3 Prozent Angebot: +2,3 Prozent Preise: +6,0 Prozent Die Preise für Eigentumswohnungen in sehr guten Lagen werden um 4,5 Prozent, in Landgemeinden um 4,2 Prozent steigen. Wohnungsmieten in TopLagen mit freier Mietzinsbildung sollen 2022 um +2,7 Prozent zulegen, am Land um +1,4 Prozent.
18
ImmoFokus
STEIERMARK Wohnungen: Reihen-/Doppelhaus: Einfamilienhaus: 1–2 Zi-Wg: 37 % 3 Zi-Wg: 40 % 4+ Zi-Wg: 23 %
aller Wohneinheiten in EXPLOREAL (n = 31.651) Vergleich Ferienwohungen (n = 67)
aller Wohnungen im Angebot (n = 3.724)
mit Loggia: mit Balkon: mit Terrasse: mit Garten:
97 % 3% 0%
6% 58 % 41 % 24 %
mit Freifläche: 97 % (Loggia/Balkon/Terrasse/Garten) aller Wohnungen im Angebot (n = 3.731)
ø 34 Wohnungen / Projekt arithm. Mittel geeigneter Projekte (n = 938) ø 65,7 m² Wohnnutzfläche Median aller Wohneinheiten im Angebot (n = 3.826) ø 12 m² Freiflächen (Loggia/Balkon/Terrasse) Median aller Wohneinheiten im Angebot (n = 3.731)
ø 1,33 PKW-Stellplätze / Wohnung
ø Grundkostenanteil: 677 €/m²
arithm. Mittel geeigneter Projekte in (n = 727)
arithm. Mittel geeigneter Projekte (n = 124) Quelle: EXPLOREAL/Stand: 18.06.2021
RE/MAX Prognose -Steiermark
Nachfrage: +7,7 Prozent Angebot: +1,6 Prozent Preise: +9,6 Prozent Bei Eigentumswohnungen in zentralen Lagen soll die Nachfrage noch um 5,4 Prozent steigen und bei minimal steigendem Angebot den Preis um +8,7 Prozent nach oben treiben. Am Stadtrand wie in Landgemeinden sind +7,0 Prozent Preisauftrieb zu erwarten. Die Mieten werden in zentralen Lagen jedoch nur um 4,1 Prozent anziehen, am Stadtrand um 1,8 Prozent und in Landgemeinden um 3,5 Prozent.
Expo Real 2021
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KÄRNTEN Wohnungen: Reihen-/Doppelhaus: Einfamilienhaus: 1–2 Zi-Wg: 32 % 3 Zi-Wg: 45 % 4+ Zi-Wg: 23 %
aller Wohneinheiten in EXPLOREAL (n = 7.858) Vergleich Ferienwohnungen (n = 203)
aller Wohnungen im Angebot (n = 746)
mit Loggia: mit Balkon: mit Terrasse: mit Garten:
96 % 3% 1%
4% 41 % 56 % 35 %
mit Freifläche: 97 % (Loggia/Balkon/Terrasse/Garten) aller Wohnungen im Angebot (n = 744)
ø 28 Wohnungen / Projekt arithm. Mittel geeigneter Projekte (n = 278) ø 77 m² Wohnnutzfläche Median aller Wohneinheiten im Angebot (n = 754) ø 19,5 m² Freiflächen (Loggia/Balkon/Terrasse) Median aller Wohneinheiten im Angebot (n = 744)
ø 1,76 PKW-Stellplätze / Wohnung
ø Grundkostenanteil: 474 €/m²
arithm. Mittel geeigneter Projekte (n = 247)
arithm. Mittel geeigneter Projekte (n = 10) Quelle: EXPLOREAL/Stand: 18.06.2021
RE/MAX Prognose - Kärnten Nachfrage: +13,3 Prozent Angebot: +1,6 Prozent Preise: +12,3 Prozent Für Eigentumswohnungen in Top-Lagen sollen 2022 die Preise um +12,5 Prozent rapid steigen. Aber auch in Landgemeinden zeigt das Preisbarometer für Eigentumswohnungen auf +8,7 Prozent nach nur +1,5 Prozent für 2021 nach oben. Mietwohnungen in guten Lagen mit freier Mietzinsbildung verhalten sich dagegen moderater, wenngleich trotzdem eine Steigerung von +3,1 Prozent auf +5,4 Prozent zu erwarten ist.
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ImmoFokus
OBERÖSTERREICH Wohnungen: Reihen-/Doppelhaus: Einfamilienhaus: 1–2 Zi-Wg: 30 % 3 Zi-Wg: 43 % 4+ Zi-Wg: 27 %
aller Wohneinheiten in EXPLOREAL (n = 25.938)
aller Wohnungen im Angebot (n = 3.913)
mit Loggia: mit Balkon: mit Terrasse: mit Garten:
94 % 5% 1%
38 % 43 % 37 % 28 %
mit Freifläche: 98 % (Loggia/Balkon/Terrasse/Garten) aller Wohnungen im Angebot (n = 4.038)
ø 24 Wohnungen / Projekt arithm. Mittel geeigneter Projekte (n = 943) ø 76,7 m² Wohnnutzfläche Median aller Wohneinheiten im Angebot (n = 4.098) ø 8,5 m² Freiflächen (Loggia/Balkon/Terrasse) Median aller Wohneinheiten im Angebot (n = 4.038)
ø 1,68 PKW-Stellplätze / Wohnung
ø Grundkostenanteil: 485 €/m²
arithm. Mittel geeigneter Projekte (n = 835)
arithm. Mittel geeigneter Projekte (n = 122) Quelle: EXPLOREAL/Stand: 04.05.2021
RE/MAX Prognose - Oberösterreich Nachfrage: +4,6 Prozent Angebot: +0,9 Prozent Preise: +4,6 Prozent Die Eigentumswohnungen in zentralen Lagen wandern immer mehr ins Mittelfeld. Preisprognose 2022: +5,1 Prozent gegenüber 2021. Am Stadtrand: +4,3 Prozent, am Land +2,9 Prozent. Die Entwicklung bei neuen freien Abschlüssen für Mietwohnungen dreht ins Positive. In zentralen Lagen auf +1,8 Prozent für 2022, am Stadtrand +1,2 Prozent und in Landgemeinden von -2,0 Prozent auf +0,6 Prozent – also oft um gut zwei Prozentpunkte positiver als zuletzt.
Expo Real 2021
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Investment
SALZBURG Wohnungen: Reihen-/Doppelhaus: Einfamilienhaus: 1–2 Zi-Wg: 36 % 3 Zi-Wg: 40 % 4+ Zi-Wg: 24 %
aller Wohneinheiten in EXPLOREAL (n = 8.229) Vergleich Ferienwohnungen (n = 291)
aller Wohnungen im Angebot (n = 467)
mit Loggia: mit Balkon: mit Terrasse: mit Garten:
98 % 2% 0%
6% 42 % 55 % 24 %
mit Freifläche: 98 % (Loggia/Balkon/Terrasse/Garten) aller Wohnungen im Angebot (n = 453)
ø 22 Wohnungen / Projekt arithm. Mittel geeigneter Projekte (n = 376) ø 72,3 m² Wohnnutzfläche Median aller Wohneinheiten im Angebot (n = 467) ø 13 m² Freiflächen (Loggia/Balkon/Terrasse) Median aller Wohneinheiten im Angebot (n = 453)
ø 1,78 PKW-Stellplätze / Wohnung
ø Grundkostenanteil: 860 €/m²
arithm. Mittel geeigneter Projekte (n = 337)
arithm. Mittel geeigneter Projekte (n = 78) Quelle: EXPLOREAL/Stand: 17.09.2021
RE/MAX Prognose - Salzburg Nachfrage: +6,1 Prozent Angebot: -2,9 Prozent Preise: +4,6 Prozent Eigentumswohnungen am Stadtrand sollen preislich um +5,7 Prozent profitieren, in Landgemeinden um +2,6 Prozent. Mietwohnungen in zentraler Lage (freier Mietzins und Neuabschluss) sollen voraussichtlich um +3,3 Prozent teurer werden, am Stadtrand um +4,0 Prozent und in Landgemeinden um +2,9 Prozent. Die Unterschiede in der Entwicklung von Wohnungseigentum zu Miete sind somit geringer als in anderen Bundesländern.
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ImmoFokus
REMAX Prognose - Vorarlberg Das Preisniveau ist im Bundesländervergleich am absoluten Plafond. Die Neubauquote ist so hoch wie in keinem anderen Bundesland. Erwartet wird eine Preissteigerung im zweistelligen Prozentbereich erwartet.
TIROL Wohnungen: Reihen-/Doppelhaus: Einfamilienhaus: 1–2 Zi-Wg: 35 % 3 Zi-Wg: 43 % 4+ Zi-Wg: 22 %
aller Wohneinheiten in EXPLOREAL (n = 12.465) Vergleich Ferienwohnungen (n = 185)
aller Wohnungen im Angebot (n = 1.193)
mit Loggia: mit Balkon: mit Terrasse: mit Garten:
97 % 2% 1%
6% 45 % 46 % 22 %
mit Freifläche: 94 % (Loggia/Balkon/Terrasse/Garten) aller Wohnungen im Angebot (n = 1.239)
ø 21 Wohnungen / Projekt arithm. Mittel geeigneter Projekte (n = 600) ø 75 m² Wohnnutzfläche Median aller Wohneinheiten im Angebot (n = 1.240) ø 13,3 m² Freiflächen (Loggia/Balkon/Terrasse) Median aller Wohneinheiten im Angebot (n = 1.239)
ø 1,67 PKW-Stellplätze / Wohnung
ø Grundkostenanteil: 943 €/m²
arithm. Mittel geeigneter Projekte (n = 563)
arithm. Mittel geeigneter Projekte (n = 95) Quelle: EXPLOREAL/Stand: 17.09.2021
RE/MAX Prognose - Tirol
Nachfrage: +7,2 Prozent Angebot: -1,9 Prozent Preise: +6,2 Prozent Eigentumswohnungen in zentralen Lagen und in Landgemeinden sollen um +7,0 Prozent mehr kosten als 2021. Am Stadtrand sollen die Preise um 6,6 Prozent nach oben gehen. Bei den Mieten schaut die Situation dagegen völlig entspannt aus: Bei Neuabschlüssen mit freiem Mietzins ist mit Erhöhungen um +0,8 Prozent (Zentrum, Stadtrand) und +0,5 Prozent in Landgemeinden zu rechnen.
Expo Real 2021
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Investment
Vorsorgewohnung oder Bauherrenmodell Die Preise steigen. „Der Zeitpunkt, in Immobilien zu investieren, ist jetzt“, ist Thomas Schmid, CEO von You Will Like It Investments überzeugt. Doch gibt es bei Privatinvestoren oft Verunsicherung, welche Anlageform sich für sie eignet.
W
er sein mühsam Erspartes angesichts der Nullzinsen in gewinnbringendere Ansparformen stecken möchte, konzentriert sich auf Vorsorgewohnungen und Bauherrenmodell. Doch gibt es bei Privatinvestoren oft Verunsicherung, welche Anlageform sich für sie eignet. Der Boom am Wohnungsmarkt hat in den vergangenen Jahren nur zugenommen. Kein Wunder: 2021 kletterte der HVPI nach Berechnungen der OeNB auf 2,8 Prozent, gepaart mit der Nullzinspolitik der EZB auf der einen Seite und die generelle Verunsicherung aufgrund von Corona und Wirtschaftskrise auf der anderen sorgen dafür, dass die Österreicher ihr Erspartes in Sachwerte investieren. Ganz vorne mit dabei sind Immobilien: Vorsorgewohnungen und Bauherrenmodell – die beliebtesten Anlageformen für private Immobilieninvestoren. „Es lohnt sich für Privatinvestoren, jetzt einzusteigen, Wer abwartet, muss mit steigenden Preisen rechnen“, mahnt Finanzexperte Thomas Schmid. Holz und Dämmstoffe werden teurer. Die Nachfrage und die sich verbessernde Wirtschaftslage sorgen für steigende Baupreise. So waren im 2. Quartal die Baupreise im Wohnungsbau um 7 Prozent teurer als im Vorjahr.
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ImmoFokus
„Das Wissen um Vorsorgewohnungen und Bauherrenmodell ist in Österreich allerdings noch wenig ausgeprägt – es kommt immer wieder zu Missverständnissen“, sagt Schmid, um Aufklärung bemüht. Der grundsätzliche Unterschied zwischen Vorsorgewohnungen und Bauherrenmodell ist ja leicht erklärt: Geht es um eine reine Finanzanlage, ist ein Bauherrenmodell geeigneter, da man einen ideellen Anteil am Haus kauft. Will man die Immobilie tatsächlich nutzen – um etwa dort die eigenen Kinder wohnen zu lassen – dann ist eine Vorsorgewohnung die richtige Wahl.
Steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten
Bauherrenmodelle waren in den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts und in den Nullerjahren bei gut verdienenden leitenden Angestellten und Freiberuflern sehr beliebt, vor allem wegen der beträchtlichen steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten. Der Idealtypus eines klassischen Bauherrenmodells ist ein von der Substanz her solides Gründerzeithaus, (nahezu) bestandsfrei, mit der rechtlichen und faktischen – also vor allem statischen – Möglichkeit einer Aufstockung bzw. eines Dachgeschoßausbaus in zentraler Lage Wiens oder Graz, mit guter, gewachsener Infrastruktur. Mittlerweile sei dieser Typus allerdings fast
ausgestorben. Sollte ein halbwegs passendes Objekt doch auf den Markt kommen, so rentierte sich für den Entwickler - aufgrund des mittlerweile hohen Preisniveaus - der Kauf und die Renovierung meist nur unter der Prämisse, dass das Objekt parifiziert und als hochwertige Eigennutzer-Eigentumswohnungen abverkauft wird. Damit „verschwindet“ ein klassisches Zinshaus vom Markt – natürlich nicht faktisch, sondern nur rechtlich. Bei einem Bauherrenmodell - meist handelt es sich um bis zu zehn Miteigentümer, idealerweise allerdings um max. vier - muss sich die Investorenschar zwingend vor Start des Bauvorhabens formieren. Die Konstituierung der Investorengemeinschaft „vor dem ersten Spatenstich“ wird von der Finanzverwaltung sehr streng ausgelegt. Die Miteigentümergemeinschaft kauft, saniert, vermietet und verwaltet gemeinschaftlich das Objekt und tragt selbstverständlich alle kaufmännischen Risiken. Zufällige Verschlechterungen während der Umbauphase, eine schlechtere Bausubstanz als anfangs angenommen sowie Steigerungen der Baukosten gehen zu Lasten der Investoren. Einkünfte aus der Vermietung einer Eigentumswohnung werden steuerlich als Einkunftsquelle anerkannt, wenn über einen Zeitraum von 20 Jahren ab erstmaliger Vermietung
Bauherrenmodell vs. Vorsorgewohnung GROSSES BAUHERRENMODELL
KLEINES BAUHERRENMODELL
VORSORGEWOHNUNG
• Große Vermietung: Totalüberschuss innerhalb von 25 Jahren ab Erstvermietung (zzgl. max. 3 Jahre Bauzeit)
• Große Vermietung: Totalüberschuss innerhalb von 25 Jahren ab Erstvermietung (zzgl. max. 3 Jahre Bauzeit)
• Kleine Vermietung: Totalüberschuss innerhalb von 20 Jahren ab Erstvermietung (zzgl. max. 3 Jahre Bauzeit)
• Partizipation an Objektförderung (einkommensunabhängig)
• Eingeschränkte Mitsprachemöglichkeit
• In der Regel Neubau
• Kaufvertragsunterzeichnung vor Baubeginn
• Vorsteuerabzug nach Fertigstellung
• Investoren tragen Baurisiko und finanzielles Risiko
• Wohnungseigentum ohne Eigennutzung
• Baubewilligung, Förderungszusicherung, etc liegen idR vor
• Abschreibung der Sanierungskosten (1/67 AfA) möglich
• Begünstigte Abschreibung der Sanierungskosten (1/15 AfA) möglich
• Mittelfristige Veranlagung (Verwertung oder Eigennutzung nach 10 Jahren möglich)
• Partizipation an Förderung
• Die Hauptvorteile bei Bauherrenmodellen liegen in der beschleunigten Abschreibung und (meistens) der Landesförderung; bei Modellen mit gemeinsamer Vermietung kommt noch der Vorteil des Mietenpools dazu. Die Vorsorgewohnung wiederum bietet mehr Flexibilität durch die unmittelbare Verfügbarkeit, wenn auch unter Beachtung der steuerlichen Fristen.
• Investor trägt „Bauherrenrisiko“ • Mögliche Einflussnahme auf bauliche Gestaltung • Begünstigte Abschreibung der Sanierungskosten (1/15 AfA) möglich
VORTEILE • Partizipation an Objektförderung (einkommensunabhängig) • Umfangreiche steuerliche Effekte (hauptsächlich in den Anfangsjahren) • Professionelle Abwicklung • Einflussnahme auf Projektierung möglich • Optimale Vermietbarkeit, da Mietzinsbildung nach Wohnbauförderungsgesetz (WFG)
• Konstante steuerliche Effekte über 15 Jahre • Praktisch volle Abwicklung durch Bauträger • Optimale Vermietbarkeit, da Mietzinsbildung nach Wohnbauförderungsgesetz (WFG) • Wohnbeihilfenfähig
• Kein Bauherrenrisiko – Fixpreis – Abwicklung nach BTVG
• Wohnbeihilfenfähig
• Einzelvermietung oder Mietenpool (optional Mietgarantien möglich)
ZIELGRUPPE - ANLEGER • Mit hohem Einkommen (idR mind. EUR 50.000 im Grenzsteuersatz) • Im Alter von 35 bis 55 Jahren mit unternehmerischem Denken • Für die eine langfristige Vorsorge unter dem Gesichtspunkt der Steueroptimierung im Vordergrund steht hnhofplatz 1
• Mit konstant sehr gutem Einkommen • Im Alter von 35 bis 55 Jahren • Mit dem Fokus auf langfristige Vorsorge mit dem Zusatzeffekt steuerlicher Vorteile
Investment 2021
25
Investment
und 23 Jahren ab dem erstmaligen Anfallen von Ausgaben (in der Regel ab Baubeginn) ein Totalüberschuss erzielt wird (Beobachtungszeitraum lt. „Liebhabereiverordnung“).
„Das Wissen um Vorsorgewohnungen und Bauherrenmodell ist in Österreich allerdings noch wenig ausgeprägt.“ Thomas Schmid, You Will Like It Investments
Vorausgesetzt der Mietvertrag hält einem „fremdüblichen“ Vergleich stand.
Abschläge bei vorzeitigem Verkauf
Ein Ausstieg während der Laufzeit – dies sind meist 25 Jahre entsprechend der Bestimmungen der Liebhabereiverordnung bei großer Vermietung - ist zwar rechtlich möglich, aber faktisch im Regelfall nicht, oder nur mit hohen Kaufpreisabschlägen möglich. Dies liegt darin begründet, dass die Übernahme der begonnen Abschreibungen für Abnutzungen (AfA) die Bauherreneigenschaft voraussetzt; als reelle Käufer kommen somit nur Mitglieder der ursprünglichen Investorengemeinschaft in Frage.
Das bedeutet, dass innerhalb dieser 20 (bzw. 23) Jahre die Summe der Einnahmen höher sein muss als die Summe der Ausgaben. Ein etwaiger Veräußerungsgewinn ist in die Ermittlung des Totalüberschusses nicht einzubeziehen. Das Finanzamt behalt sich vor, diese sogenannte „Einkunftsquelleneigenschaft“ einer vermieteten Eigentumswohnung anhand einer vom Investor vorzulegenden Planrechnung zu überprüfen. Diese Planrechnung muss auf plausiblen und realistischen Daten beruhen. Übrigens: Jedes Familienmitglied darf die Wohnung mieten.
Im Gegenzug dazu, ist der Erwerb einer Vorsorgewohnung an keinen bestimmten Zeitpunkt
Folgen eines vorzeitigen Exits VORSORGEWOHNUNG
BAUHERRENMODELL KG
BAUHERRENMODELL MEG
Gesamtüberschuss muss erreicht werden innerhalb von 20 Jahre + 3 Jahre Bauzeit Gesamtüberschuss bei Verkauf noch NICHT erreicht
ohne außersteuerlichen Gund Gefahr von Liebhaberei Bereits steuerlich geltend gemachte Verluste werden aberkant. Für den Investor bedeutet das:Rückzahlung der Steuergutschriften inkl. Zinsen für noch nicht verjährte Zeiträume. (Verjährungsfrist idR 5 bis max. 10 Jahre)
Rechsfolgen Einkommensteuer
Rechsfolgen Umsatzsteuer
Ust-liche Liebhaberei, der Investor verliert die Berechtigung zum Vorsteuerabzug. Die einbehaltenen Vorsteuern müssen inkl. Zinsen zurückbezahlt werden.
Gesamtüberschuss bei Verkauf erreicht Rechsfolgen Einkommensteuer
25 Jahren + 3 Jahre Bauzeit
keine Ust-liche Liebhaberei da "große Vermietung"
keine Liebhaberei keine
keine
keine
Verkauf mit Ust
keine Umsatzsteuerkorrektur
nicht möglich (Verkauf KG)
keine Umsatzsteuerkorrektur
Verkauf ohne Ust
Umsatzsteuerkorrektur 20stel Regelung
keine Umsatzsteuerkorrektur (Verkauf KG)
Umsatzsteuerkorrektur 20stel Regelung
Rechsfolgen Umsatzsteuer
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ImmoFokus
gebunden. Eine Vorsorgewohnung kann vor Baugenehmigung, nach Erteilung der Baugenehmigung, während der Bauphase, nach Fertigstellung oder sogar nach Einzug des Mieters erworben werden und entfaltet jeweils gleiche steuerliche Auswirkungen. Die im Kaufpreis enthaltene Umsatzsteuer kann als Vorsteuer in Abzug gebracht werden; der volle Umsatzsteuervorteil wird nach einer Behaltedauer von 20 Jahren lukriert. Auch bei einem Investment in eine Vorsorgewohnung fallen in den Anfangsjahren kleinere Verluste, welche mit anderen Einkünften gegengerechnet werden können, an; insgesamt muss ein steuerlicher Totalgewinn innerhalb eines Zeitraumes von 20 Jahren erzielt werden.
Begründung von Wohnungseigentum
Ein ganz wesentlicher Vorteil einer Vorsorgewohnung ist aber die Begründung von Wohnungseigentum. Dabei hat der Erwerber nicht nur einen ideellen Miteigentumsanteil an der gesamten Liegenschaft, sondern ein sachenrechtliches Nutzungsrecht an einer bestimmten Wohneinheit, welches auch unter Lebenden oder von Todes wegen weitergegeben werden kann. Ein entscheidender Vorteil für die spätere Versorgung von Kindern. Und sollte doch einmal ein Verkauf der Vorsorgewohnung notwendig sein, so kann dieser im Regelfall rasch – unter Inkaufnahme geringer steuerlicher Nachteile – erfolgen. So wurde mit dem 1. Stabilitätsgesetz 2012 der Zeitraum für die Berichtigung von Vorsteuern auf 20 Jahre verlängert. Das bedeutet, dass im Falle eines umsatzsteuerfreien Verkaufes oder der Eigennutzung der Wohnung innerhalb von 20 Jahren ab Nutzungsbeginn, die bei der Anschaffung der Wohnung oder bei Großreparaturen in Anspruch genommene Vorsteuer für jedes Jahr der Änderung (also für die auf 20 noch fehlenden Jahre) mit einem Zwanzigstel dem Finanzamt zurückzuerstatten ist. Dies gilt generell für Wohnungen, die nach dem 31. März 2012 erworben wurden.
5 Tipps zur Entscheidungshilfe Tipp 1: Startkapital berechnen: Wer sich noch nicht mit Immobilien beschäftigt hat, rechnet oft mit viel höheren Einstiegshürden. Bei Vorsorgewohnungen ist man bereits mit 15.000 bis 20.000 Euro Startkapital dabei. Auch steuerlich ist die Vorsorgewohnung bei Einkommen bis 60.000 Euro interessanter als das Bauherrenmodell, weil die Mieteinnahmen einem geringeren Steuersatz unterliegen. Ein Bauherrenmodell ist ab einem höheren Einkommen von 60.000 Euro Interessant, da steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten genützt werden können, Bauherrenmodelle starten bei einem Startkapital von ca. 30.000 Euro, verteilt auf 3 oder 4 Jahre. Tipp 2: Vollkostenrechnung durchführen: „Es ist einfach, die Kosten aus dem Blick zu verlieren und sich nur die geplanten Renditen in den nächsten Jahren anzusehen. Aber auch die während der Planungsphase steigenden Baupreise müssen zum Beispiel mitbedacht werden“, rechnet Schmid. „Wichtig ist der realistische Blick darauf, wieviel am Ende tatsächlich am Konto landet.“ Tipp 3: Geeignete Auftragnehmer am Bau suchen: Bei einem Bauherrenmodell wird man rechtlich gesehen zum Bauherren. Mit entsprechenden Rechten und Pflichten. Geht etwas schief, kann man sich nicht einfach auf die ausführenden Auftragnehmer berufen. Daher ist es besonders wichtig, geeignete Anbieter mit Erfahrung und guten Referenzen zu wählen. Tipp 4: Mietpreise realistisch berechnen: Ein Vorsorgewohnungsmodell im Neubau wird auch oft gewählt, da die Mieten anders als beim Bauherrenmodell nicht eingeschränkt sind. Wird ein Bauherrenmodell vom jeweiligen Bundesland gefördert, sind die Mieten nämlich auf Jahre vorgegeben. „Viele Interessenten bei Vorsorgewohnungen erwarten dagegen, sehr hohe Mieten verlangen zu können. Wir raten, sich hier wirklich zu informieren und realistische, marktkonforme Preise einzuplanen, die auch langfristig erzielbar sind.“ Tipp 5: Standort klug wählen: Derzeit ist der Standort Graz aufgrund der niedrigen Einkaufspreise in aller Munde. „Es gibt aber in Österreich viele spannende Standorte, die sich Privatinvestoren näher ansehen sollten. Vor allem Landeshauptstädte und Speckgürtel sollten sie ins Auge fassen.“
Investment 2021
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Investment
10 Things Investors Need to Know ESG & Real Estate. Das Jahr 2021 wird als Wendepunkt für die Ausrichtung der Investmentstrategien vieler Investoren – vor allem in Bezug auf ESG (Environmental, Social, Government) – eingehen. Doch worauf sollten sich Investoren konzentrieren? Der CBRE-Report „ESG & Real Estate: Top 10 Things Investors Need to Know“ gibt darauf Antworten.
Der Unterschied zwischen Mieten in „Green Buildings“ und in Immobilien mit schlechter Umwelt-Performance wird größer „Green Buildings“ erzielen höhere Mieten und höhere Kapitalwerte als vergleichbare Immobilien mit schlechterer UmweltPerformance – und sie verursachen gleichzeitig niedrigere monatliche Betriebs- und Wartungskosten. Die Auswirkungen auf die Renditen von Investoren sind evident.
Energiesparziele sind das neue Normal Die betriebsbedingten Emissionen (Energie zum Heizen, Kühlen und Beleuchten von Gebäuden) machen 28 Prozent der globalen CO2-Emissionen aus – der Druck auf Immobilieneigentümer, ihren Kohlenstofffußabdruck zu verringern, wächst also deutlich.
Umweltfreundliche Baumaterialien sind verfügbar und rentabel Eine Alternative zu Beton und Stahl ist beispielsweise Holz: Beim Bau eines durchschnittlichen Gebäudes aus Stahl oder Beton werden rund 1.000 bis 2.000 Tonnen Kohlendioxid ausgestoßen, beim Bau eines Holzgebäudes wird rund die doppelte Menge – ca. 2.000 bis 4.000 Tonnen – Kohlendioxid gebunden und damit Emissionen vermieden. Auch die Kosten für den Holzbau können im Durchschnitt mit den Kosten für herkömmliche Materialien gleichziehen bzw. liegen sie mitunter darunter.
Regulatorische Anforderungen für umweltfreundliche Immobilien werden strenger Die Zahl der ESG-Vorschriften, die sich auf Immobilieneigentümer auswirken, ist in den letzten Jahren stark gestiegen, da Regierungen und Branchenverbände grüne Berichtsstandards vorschreiben und die Vorschriften für ökologisches Bauen verschärfen. Zudem werden auch höhere Anforderungen an die Nachhaltigkeitsstandards gestellt – Investoren müssen also sicherstellen, dass sie über das nötige Fachwissen verfügen, um in einem sich schnell verändernden regulatorischen Umfeld den Überblick zu bewahren.
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ImmoFokus
Effektives Risiko- und Kostenmanagement kann die Resilienz von Immobilien erhöhen Investoren, die ihr Risiko- und Kostenmanagement verbessern und ihre Widerstandsfähigkeit stärken wollen, müssen unter anderem auch die Exposition ihres Portfolios gegenüber klimabezogenen Risiken ermitteln und Maßnahmen ergreifen, um die Schwachstellen zu beseitigen. Extreme Wetterereignisse führen häufig zu erheblichen Sachschäden – das gilt es zu vermeiden.
Gesundheit und Wellness beeinflussen die Gestaltung und den Betrieb von Immobilien Zu Wellnessmaßnahmen am Arbeitsplatz gehören unter anderem die richtige Belüftung und Filterung der Luft (nicht nur, um die Ausbreitung von Krankheiten zu verhindern, sondern auch, um das Energieniveau und die Gesundheit der Mitarbeiter zu fördern). Auch das Bewusstsein für Hygiene wurde durch die Pandemie geschärft – eine intensive und regelmäßige Reinigung, insbesondere von gemeinsam genützten Flächen und Geräten sowie das Bereitstellen von Desinfektionsmittel und Co gehören zum guten Ton. Weitere kurzfristige Maßnahmen zur Verbesserung des Wohlbefindens am Arbeitsplatz sind natürliches Licht oder die Bereitstellung gesunder Lebensmittel im Büro.
Leistbares Wohnen eröffnet attraktive „Impact Investing“-Möglichkeiten CBRE definiert Impact Investments als Investitionen, die einen signifikanten sozialen und ökologischen Nutzen generieren und gleichzeitig eine hohe finanzielle Rendite erzielen. Entgegen der weit verbreiteten Annahme, dass es einen Widerspruch zwischen der Schaffung positiver sozialer Aspekte und der Erzielung von guten Renditen gibt, erzielen viele Investoren attraktive Renditen mit ihren Impact-Portfolios.
Corporate Social Responsibility gehört zu guter Unternehmenskultur Durch die Schaffung einer starken ethischen und sozialen Plattform können Unternehmen ihre betriebliche Widerstandsfähigkeit stärken und Krisen (zum Beispiel Zeiten wirtschaftlicher Volatilität, klimaund gesundheitsbezogene Risiken oder disruptiver Wettbewerb) besser überstehen.
Benchmarks und Reporting werden in Bezug auf ESG essenziell ESG-Daten werden der Pass der Zukunft für Gebäude sein, der es Investoren ermöglicht, fundierte Entscheidungen über die Leistung von Immobilien und Anlagen zu treffen. ESG-Ratings oder -Zertifizierungen werden auch als wichtiges Kriterium für die Entscheidungsfindung von Investmentfondsmanagern wirken.
Technologien unterstützen die Erreichung von ESG Zielen Technologien spielen eine Schlüsselrolle bei der Schaffung signifikanter und langfristiger Veränderungen in den Portfolios der Investoren, indem sie die Erfassung und das Reporting von ESG-Daten verbessern.
Investment 2021
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Investment
Alternativen sind gefragt Immobilienfinanzierung. Die Corona-Pandemie hat uns und die bis dato übliche Geschäftswelt über Nacht verändert. Der globale Anlagedruck der Investoren und Banken besteht fort. Aufgrund der zunehmenden Regulierung auf Banken-Seite und der damit einhergehenden Erschwernis der Kapitalbeschaffung für Projektentwickler sind alternative Finanzierungsformen in den letzten Jahren rasant gewachsen. Autor: Michael Neubauer
Finanzierungsformen Kriterien
Token
Crowdinvesting
Mezzanin-Kapital
Quelle der Finanzierung
Vielzahl an Kleinanlegern
Vielzahl an Kleinanlegern
Mezzanin-Kapitalgeber
Regulierung
Im Prinzip reguliert und unterliegt der Aufsicht
Unterschiedlich, je nach Rechtssystem
Kaum reguliert
Rechte der Investoren/ des Finanziers
Unterschiedlich, je nach Ausgestaltung des Tokens; Nachrangigkeit möglich
Qualifizierte Nachrangigkeit
Je nach Ausgestaltung des Darlehensvertrages; Nachrangigkeit
Bilanzielle Behandlung
Hybrides Kapital
Fremdkapital
Hybrides Kapital
Zurückzahlung
Unterschiedlich, je nach Ausgestaltung
Fixverzinst und eventuell gewinnabhängig
Kapital und Zinsen werden im Laufe der Zeit zurückgezahlt
Kosten
Niedrig–Mittel
Niedrig–Mittel
Mittel–Hoch
Zusätzliche Anmerkungen
Derzeit sehr aktuell. Noch hat man einen „First Mover“ Vorteil. Je nach Finanzierungsvolumen ist ein Prospekt oder Informationsblatt notwendig.
Bewährte Finanzierungsform. Bereits etablierte Crowd. Aufschwung durch die europäische Crowdfunding-Verordnung.
Mezzanin-Kapital ist meist teuer und wird für eine kurze Dauer als Vor- oder Zwischenfinanzierung aufgenommen.
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ImmoFokus
A
uch wenn nach wie vor Transaktionen stattfinden, so doch nur sehr selektiv. Investoren setzen auf Bestandsobjekte, Grundstücke und Projektentwicklungen hingegen werden aufgrund des inhärenten Risikos kritischer eingestuft. Grundsätzlich findet eine starke Fokussierung auf Qualitätsprodukte, insbesondere in A-Standorten in exzellenten Lagen statt, sofern nicht spürbare Preisreduktionen in opportunistische Produkte beziehungsweise vergleichsweise schlechtere Lagen locken. Vorübergehende Mietrückstände beeinträchtigen die Preisfindung allerdings erheblich und Investitionen werden durch die restriktivere und teurere Kreditvergabe belastet.
Der Trend geht derzeit verstärkt in Richtung des Mezzaninkapitals, das verschieden ausgestaltet werden kann. Derzeit geschieht dies insbesondere in Form von qualifizierten Nachrangdarlehen oder Inhaberschuldverschreibungen, unter anderem bedingt durch den weiter anhaltenden Trend des Crowdinvesting. Neben den klassischen Crowdfunding-Modellen kommen nun auch vermehrt Security Token Offerings hinzu, wobei insbesondere die Security Tokens für die Immobilienfinanzierung relevant sind. Die schnelle Übertragbarkeit von Token ist dabei entscheidend für die zunehmende Beliebtheit dieser Investmentform. Derzeit steht diese jedoch noch im
Widerspruch zur Ausgestaltung des Grundbuchsrechts in Österreich. Temporär hat die Pandemie ganz klare negative Auswirkungen. Mittelfristig könnte aber eine Flucht in relativ sichere Anlagen eine weiterhin positive Entwicklung begünstigen. Allerdings könnte die Corona-Krise mittelfristig eine Neuausrichtung der Immobilienportfolien bewirken. So könnten systemrelevante und krisenfestere Assets wie Wohnimmobilien und Nahversorger an Relevanz gewinnen und von Investoren, dem Eigen- als auch Fremdkapital, bevorzugt werden.
Kredit
Anleihen
Venture Capital
Börsengang
Kredit- oder Finanzinstitut
Meist qualifizierte Anleger via einer Bank
Einzelne Investoren
Börse
Stark reguliert
Stark reguliert
Wenige gesetzliche Vorgaben
Stark reguliert
Kredit- oder Finanzinstitut fordert Sicherheiten
Abhängig von der Ausgestaltung der Bedingungen
Eigentumsrechte
Eigentumsrechte
Fremdkapital
Fremdkapital
Eigenkapital
Eigenkapital
Kapital und Zinsen werden im Laufe der Zeit zurückgezahlt
Zahlung am Fälligkeitsdatum, Zinszahlungen (Kupon)
Verkauf von Gesellschaftsanteilen
Durch Verkauf von Aktien
Mittel
Mittel–Hoch
Mittel
Hoch
Sichere Finanzierungsquelle und formelles Rechtsverhältnis mit der Bank mit verhandelbaren Bedingungen.
Eingeschränkte Kontrolle durch den Anleihegläubiger. Prospekt notwendig. IdR ist eine Bank für den Vertrieb der Anleihen involviert.
Gesellschaftsanteile werden abgegeben. Kapitalgeber agieren eventuell als Business Angels und Zugang zu einem oft internationalen Netzwerk.
Zwingende Rechtsform einer AG. Aufwendige Shareholder Meetings. Umfangreiche börsenrechtliche Bestimmungen. Quelle: DLA Piper
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Investment
Aufstrebende Nische Pflegeimmobilien. In Deutschland seit einigen Jahren unter Investoren heißbegehrt sind, führen sie am österreichischen Investmentmarkt noch ein Schattendasein. Nach und nach genießen sie aber immer mehr Aufmerksamkeit. Autor: Patrick Baldia
Szenewechsel nach Österreich. Auch hierzulande erreichten im Vorjahr die Investments in Pflegeimmobilien ein All-time-High. Zurückzuführen ist das Rekordtransaktionsvolumen von 130 Millionen Euro, was einem Plus von 100 Millionen Euro gegenüber 2019 entspricht, allerdings auf einen 90 Millionen Euro schweren Portfoliodeal der AviaRent Invest
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ImmoFokus
AG. Dazu kommen noch zwei kleinere Deals von der Erste Immobilien KAG und Immo Solutions die jeweils rund 10 Millionen Euro in Pflegeimmobilien investiert haben. Bereits 2016 war eine Portfoliotransaktion für das damalige Rekordergebnis von rund 80 Millionen Euro verantwortlich. Ansonsten flossen seit 2015 jährlich meist um die 30 Millionen Euro in Pflegeimmobilien. Nur 2018 wurde mit zehn Millionen Euro sogar noch weniger investiert. „Pflegeimmobilien sind in Österreich noch eine totale Nische“, sagt Georg Fichtinger, Head of Investment Properties bei CBRE Österreich. Dennoch wären sie aufgrund der zu lukrierenden sicheren und stabilen Renditen bei hoher Investitionssicherheit in den letzten Jahren für Investoren immer attraktiver geworden. Daher hat man sich beim Immobiliendienstleister dazu entschlossen, im Juli erstmals einen Research-Report über Pflegeimmobilien („Pflegeimmobilien in Österreich“) zu veröffentlichen, und künftig auch regelmäßig Updates nachzuschießen. „Pflege ist ein Thema, das uns früher
„Pflegeheime haben auch an Bedeutung gewonnen, weil nachhaltige und soziale Investments einen immer größeren Stellenwert einnehmen.“ Adolf Hengstschläger, Bank Gutmann
Fotos: EHL, Adobe Stock
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uch wenn das Gesamtjahresergebnis noch aussteht, so kann bereits jetzt, nach drei Quartalen, behauptet werden, dass der in Deutschland seit längerem anhaltende Trend steigender Investmentumsätze mit Pflegeimmobilien – sowie im Übrigen der übergeordneten Assetklasse Gesundheitsimmobilien – auch 2021 kein Ende finden wird. Zur Erinnerung: Mit rund 2,7 Milliarden Euro wurde im Vorjahr so viel in Pflegeimmobilien investiert wie nie zuvor. Dass selbst im Pandemiejahr 2020 ein neuer Rekord erzielt werden konnte, unterstreiche die nachhaltig wachsende Bedeutung dieser Immobilienart, so die Einschätzung der Experten von BNP Paribas Real Estate.
oder später alle beschäftigen wird“, bringt es Fichtinger auf den Punkt.
Treiber Demographie
Die vom CBRE-Experten angesprochene demographische Entwicklung beziehungsweise sukzessive steigende Lebenserwartung ist sicherlich der maßgebliche Treiber für das mittel- und langfristige Wachstum der dominanten Sub assetklasse Assetklasse unter den Gesundheitsimmobilien. Laut Prognosen der Statistik Austria wird die österreichische Gesamtbevölkerung zwischen 2020 und 2030 um drei Prozent wachsen, die Altersgruppe der ab 80-Jährigen hingegen um 30 Prozent. Über den Betrachtungszeitraum 2020 bis 2040 soll Letztere sogar um fast 65 Prozent ansteigen (Gesamtbevölkerung: plus sechs Prozent). 2040 soll sich der Anteil der ab 80-Jährigen an der Gesamtbevölkerung dann auf knapp zehn Prozent belaufen. Mit der steigenden Lebenserwartung wird auch die Zahl der Pflegebedürftigen zunehmen und damit in weiterer Folge auch der
Bedarf an stationären Pflegeplätzen. In diesem Zusammenhang spielt sicherlich auch der Anstieg der Ein-Personen-Haushalte oder die zunehmende Vollzeit-Berufstätigkeit unter Frauen eine Rolle, die noch Großteils für die Pflege von Angehörigen im häuslichen Bereich verantwortlich sind. Schätzungen zufolge werden in Österreich bis 2030 rund 30.000 zusätzliche Pflegeplätze benötigt, bis 2040 sogar 63.000. Allein bis 2030 würden – bei einer durchschnittlichen Zahl von 86 Plätzen je Objekt – nicht weniger als 350 Pflegeheime benötigt, um diesen Bedarf zu decken, heißt es im CBRE-Report.
„Dass es in Österreich neun unterschiedliche regulatorische Rahmenbedingungen gibt, stellt für viele Investoren durchaus eine Herausforderung dar.“ Franz Pöltl, EHL Investment Consulting
Für die konstant hohe Auslastung von 90 bis 95 Prozent in stationären Pflegeheimen, und damit auch für Investitionssicherheit, sorgt in Österreich auch das Fördersystem. Mithilfe der Einnahmen aus dem laufenden Betrieb sowie öffentlichen Förderungen begleichen die Betreiber die Pachtzahlungen an die Eigentümer. Im Falle einer Insolvenz würde entweder ein anderer Betreiber einspringen oder das Land beziehungsweise die Gemeinde – in Österreich
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Investment
Renditenentwicklungen
5,25 5,00
4,25
3,45 3,20 3,00
ist die Pflege Ländersache – übernehmen. Die Pflegebedürftigen zahlen die Heimkosten wiederum mithilfe ihrer Pensionen (bis zu 80 Prozent), sonstigen Einkommen und dem staatlichen Pflegegeld. Sollte das nicht ausreichen, kommt der Staat für den fehlenden Betrag auf.
Kaum Angebot
„Wir sehen eine sehr gute und professionelle Nachfrage nach heimischen Pflegeimmobilien – auch seitens internationaler Anleger.“ Georg Fichtinger, CBRE
„Wir sehen im Moment noch ein vergleichsweise geringes Angebot an Sozial- und Pflegeimmobilien“, nennt Franz Pöltl, Geschäftsführer EHL Investment Consulting, den wesentlichen Grund für die normalerweise überschaubaren Investmentumsätze. Denn die Nachfrage wäre zweifellos gegeben. Auch Fichtinger spricht von einer sehr guten und professionellen Nachfrage nach heimischen Pflegeimmobilien – auch seitens internationaler Anleger. Vor allem Letztere würden sich nach größeren Tickets von 15 Millionen Euro oder mehr umsehen, die noch schwerer zu finden wären als solche um die zehn Millionen Euro. Für Pöltl sind auch gewisse Herausforderungen, die mit Investments in Pflegeimmobilien verbunden sind, nicht zu leugnen. Dazu zählt sicherlich, dass die Pflege in Österreich Ländersache ist, was neun unterschiedliche regulatorische Rahmenbedingungen bedeutet.
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ImmoFokus
„Eine weitere Herausforderung für viele Investoren ist, dass die Betreiber oft bonitätsmäßig schwer zu beurteilen sind und es noch wenig etablierte Ketten mit starkem Rating, wie beispielsweise im Hotelbereich, gibt“, erklärt der EHL-Experte. Ein weiteres Problem, das sich in Zukunft noch verschärfen könnte: Akuter Personalmangel. „Tatsache ist, dass es viele Kapitalquellen gibt, die nach Sozial- und Pflegeimmobilien Ausschau halten“, so Pöltl weiter. Was die Herkunft des Kapitals betrifft ist im CBRE-Report zu erfahren, dass in den Jahren 2015 bis 2021 44 Prozent der Investoren aus Österreich und 56 Prozent aus dem Ausland kamen – was sich konkret in 15 Prozent Deutsche und 41 Prozent Internationale herunterbrechen lässt. Laut einhelliger Expertenmeinung handelt es sich bei den Investoren überwiegend um Spezialisten sowohl institutioneller als auch privater Natur.
Neuer Fonds vor Start
Zu den relevanten Playern im Bereich Seniorenimmobilien im deutschsprachigen Raum hat sich in den letzten Jahren die Bank Gutmann entwickelt. Die Wiener Privatbank hat die Assetklasse 2005 für sich entdeckt und seitdem ein Transaktionsvolumen von mehr als einer Milliarde Euro bewegt. Aktuell werden für
institutionelle Investoren und Family Offices drei Gesellschaften verwaltet, die in Österreich und Deutschland Pflegeimmobilien halten. In Kürze soll für professionelle und semi-professionelle Anleger ein einschlägiger Alternative Investment Fonds (Startkapital: 50 Millionen Euro) mit Seniorenimmobilien, Betreutem Wohnen und Schwerpunkt Deutschland aufgelegt werden.
Investmentmarkt in Mio. Euro
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„Als wir 2005 begonnen haben, war es nicht allen institutionellen Anlegern klar, dass Pflegeeinrichtungen gute Investments sind, die sich sehr gut als Ergänzung für ein Portfolio mit anderen Immobilienarten eignen“, so Adolf Hengstschläger, CFO der Bank Gutmann. Er erinnert sich an „sehr intensive“ Diskussionen im Aufsichtsrat darüber, ob diese Investments Sinn machen. Mit der Zeit sei dann das Vertrauen gestiegen und die dahinterstehende Systematik besser verstanden worden. „Überzeugungsarbeit“ dürften wohl auch die guten Renditen geleistet haben. Diese lagen laut Hengstschläger im Durchschnitt um 400 Basispunkte über jenen von Anleihen. Pflegeimmobilien hätten aber auch aus einem weiteren Grund an Bedeutung gewonnen: der Tatsache, dass nachhaltige und soziale Investments einen immer größeren Stellenwert einnehmen.
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42 34
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Wie groß muss ein Objekt mindestens sein, damit es sich rechnet? Für Hengstschläger ist das immer etwas abhängig von der Lage. „Aber die Erfahrung der letzten 16 Jahre hat gezeigt, dass die Untergrenze bei rund 80 Betten liegt.“ Die meisten klassischen Pflegeeinrichtungen hätten 100 bis 120 Betten. Und im städtischen Raum wären die Häuser teilweise noch größer. In einigen Großstädten im deutschsprachigen Raum gehe es auch in Richtung 200 Betten und mehr. Nachsatz: „In solchen Fällen muss man darauf achten, dass so ein Haus nicht nur in betriebswirtschaftlicher, sondern auch in menschlicher und atmosphärischer Hinsicht attraktiv wirkt.“
Hintergrund Aktuell gibt es laut der CBRE-Studie „Pflegeimmobilien in Österreich“ in der Alpenrepublik mehr als 900 Pflegeheime mit knapp 80.000 Betten. Davon werden 38 Prozent von der öffentlichen Hand, 32 Prozent von gemeinnützigen Vereinen und Organisationen und 30 Prozent von privaten Betreibern geführt. Die meisten Pflegeheime gibt es in Ostösterreich, wo auch der Pflegebedarf am größten ist und in den kommenden 20 Jahren am schnellsten wachsen wird. Laut der CBRE-Analyse werden 2030 in ganz Österreich um rund 30.000 Pflegebetten mehr benötigt als heute, im Jahr 2040 dann rund 63.000. Für die SubAssetklasse Pflegeimmobilien sprechen die sicheren und stabilen Renditen von rund fünf Prozent bei hoher Investitionssicherheit. Die Auslastung liegt konstant bei 90 bis 95 Prozent.
Kennzahlenvergleich zwischen den Regionen Ostregion
Südregion
Region Nordwest
Westregion
Österreich
Pflegeheime/100.000 Einwohner | 2021
7,4
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Pflegebetten/100.000 Einwohner | 2021
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1.150
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8.000 |16.500
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30 % | 64 %
Zusätzlich benötigte Pflegebetten bis 2030 | bis 2040 Wachstum der Bevölkerung ab 80 Jahren 2020 – 2030 | 2020 – 2040
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„The show must go on“ Rück- und Ausblick. Fréderic Puzin, CEO des Pariser Vermögensverwalters Corum, lässt im Interview das Jahr 2021 Revue passieren und berichtet von seinen Erfahrungen an den europäischen Immobilienmärkten. Das Gespräch führte: Patrick Baldia
Wie haben Sie 2021 erlebt? Mit Ihren Fonds haben Sie ja wieder das Performanceziel - sechs, beziehungsweise fünf Prozent - übertroffen. Fréderic Puzin: Ende 2020 haben wir gesehen, dass die Krise größtenteils hinter uns liegt. 2021 war für uns zwar etwas anders, aber auch nicht wesentlich. Zu Jahresbeginn waren wir noch damit beschäftigt, Verhandlungen mit Mietern zu führen, die krisenbedingt in Schwierigkeiten geraten waren. Nichtdestotrotz werden die Fonds (Corum Origin und Corum XL) eine bessere Performance aufweisen als 2020. Was die Asset-Management-Intensität betrifft, also sicherzustellen, Cash zu verdienen im Fonds, war sicher schwieriger 2021. Alles in allem sehe ich uns aber auf einem guten Trend. Haben Sie mehr Deals getätigt? 2020 haben wir sicher mehr Transaktionen umgesetzt. Vor allem zwischen März und Juni haben wir als eine gute Zeit für Käufe gesehen. 2021 waren alle Investoren wieder zurück, und es gab sehr viel Liquidität im Markt. Sogar mehr als 2019. Damit ist es schwieriger geworden, gute Assets mit guten
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ImmoFokus
Mietern zu einem guten Preis zu finden. Gleichzeitig haben wir heuer das perfekte Marktumfeld für Verkäufe gesehen – vor allem für Logistik und Health Care. Auch wir verkaufen derzeit viele Logistikimmobilien, die wir in den vergangenen fünf, sechs Jahren gekauft haben. Mit hohen Gewinnen. Kaufen Sie auch wieder Logistik zu? Nein, die Preise sind zu teuer. Dasselbe gilt für Büroimmobilien. Anders als am Beginn der Krise von vielen erwartet, hat Corona nicht das Ende des Büros eingeläutet. Zwar arbeiten jetzt mehr Menschen im Homeoffice, aber die Menschen sind mehrheitlich wieder zurück im Büro. Das wird auch in Zukunft der Fall sein. Wird die Krise nachhaltige Auswirkungen auf Ihr Portfolio haben? Wir haben die Krise eher als Gelegenheit gesehen, um gute Assets zu guten Preisen zu finden. Viele Gebäude waren vor der Krise zu teuer, aber einige Investoren waren bereit zu verkaufen – möglicherweise, weil Mieter pandemiebedingt in Schwierigkeiten geraten waren. Unser Glück ist, dass wir im Portfolio gute Mieter mit langfristigen
Mietverträgen haben. Das hat uns auch bei den Verhandlungen über Mietreduktionen oder -aussetzungen geholfen. Für unser Entgegenkommen haben wir die Mietverträge nochmals verlängert. Und das zu einer guten Risikoprämie. Völlig anders hätte die Lage ausgeschaut, wenn wir viele kurzfristige Mietverhältnisse – selbst mit guten Mietern – gehabt hätten. Besitzen Sie Shoppingcenter oder Fachmarktzentren? Nein, im Retailsegment bevorzugen wir Gebäude mit einem guten Mieter.
Sie haben seit dem Ausbruch der Krise im Retailsegment Gelegenheiten wahrgenommen. Was haben Sie gesucht? Wir haben beispielsweise einen Aldi-Supermarkt in Dublin gekauft. Wir konzentrieren uns auf Unternehmen mit guten Geschäftsmodellen, die gezeigt haben, dass sie die Krise deshalb gut meistern können. Ein Beispiel: Heimwerkermärkte. Natürlich wurden auch sie von der Krise getroffen. Trotz aller Schwierigkeiten sind die Kunden wegen der Qualität der Produkte und Dienstleistungen wieder zurück.
Bevorzugen Sie grundsätzlich Städte- oder Freizeithotels? Das spielt nicht so eine Rolle. Man wird in allen Bereichen gute Pächter mit guten Geschäftsmodellen bekommen. Wir konzentrieren uns bei Deals weniger auf die Immobilien als auf die Businesspläne der Mieter. Sehr interessant ist, dass große Hotelplayer, die zwar auch unter der Krise leiden, aber wirtschaftlich gut aufgestellt sind, die Schwäche ihrer Mitbewerber ausnützen können. Sie wollen über Zukäufe wachsen. Gleichzeitig benötigen sie Cash. In solchen Fällen sind
Sale-and-Lease-Back-Transaktionen sinnvoll. Gleichzeitig bieten sich Investoren wie uns Gelegenheiten. Wie in jeder Krise erleben wir auch diesmal eine Reorganisation des Marktes. Und die Hotelindustrie ist da keine Ausnahme. Was für Erfahrungen haben Sie im Hotelbereich gemacht? Wir haben unter anderem ein Hotel in Spanien und mehrere in Finnland. Daher waren wir mit völlig unterschiedlichen Situationen konfrontiert. In Spanien war die Lage durch-
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„Man darf nicht vergessen, dass Inflation in kleinen Dosen das Geschäft auch pushen kann.“ Fréderic Puzin, Corum
aus herausfordernd. Wir sind aber damit fertig geworden. Und übrigens: Wir werden das spanische Hotel, das wir 2018 erworben haben, mit einem hohen Gewinn verkaufen. Vor drei Monaten wurden wir darauf von einem großen Investor angesprochen. Verkaufen werden wir mit einer Wertsteigerung von 30 Prozent. Sicher leidet die Hotelindustrie in Europa. Gleichzeitig gibt es viele Investoren, die weiterhin an das Hotel glauben. Darunter viele, wie etwa Family Offices oder sehr vermögende Privatpersonen, die eine persönliche Beziehung zu einem Asset haben. Machen Ihnen die jüngsten Entwicklungen im Zusammenhang mit der Pandemie Sorgen – Stichwort Omikron? Diese Krise hat bislang drei Phasen gehabt: In der ersten, zwischen März und Juni 2020, waren alle geschockt. Sie, wir und auch die Unternehmen beziehungsweise Mieter. Und was macht man, wenn man Angst hat: Man versucht, sich zu schützen. In der zweiten Phase haben wir gelernt, mit der Situation umzugehen und eine Balance zwischen möglichen Gefahren, aber auch Gelegenheiten zu finden. Derzeit geht es darum, neue Erkenntnisse zu verdauen: Ok, anders als erwartet, hat die Impfung der Krise kein Ende bereitet. Und alle sechs Monate könnte es zu einem Lockdown kommen. Wie man so schön sagt: „The show must go on.“ Erwarten Sie neuerliche Verhandlungen über Mietaussetzungen und -stundungen? Bis jetzt sind noch keine Mieter an uns herangetreten. Aber sollte das eintreten, so wissen wir, wie wir damit umgehen.
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Vor eineinhalb Jahren war das noch nicht der Fall. Wir sind also relativ entspannt. Man darf auch nicht vergessen, dass die europäische Wirtschaft im letzten halben Jahr regelrecht pulsiert hat. Viele Mieter erzählten uns, dass das Geschäft nicht einmal 2019 so gut lief. Das zeigt, die Bedrohung durch Corona bleibt, aber keiner ist mehr geschockt. Alle haben gelernt, mit der Situation umzugehen. Beunruhigt Sie die aktuell hohe Inflation? Inflation berücksichtigen wir von Anfang an in unserer Strategie. Am besten schützt man sich mit Rendite vor Inflation. Bei sehr niedrigen Renditen setzt man sich – egal mit welchem Investment – nun mal der Inflation aus. Lukriert man ein, zwei Prozent, so ist man in Schwierigkeiten. Kauft man hingegen bei sieben Prozent, spürt man zwar einen negativen Effekt, ist aber nicht klinisch tot. Daher investieren wir auch nicht, wenn der Markt „on fire“ ist, wie im vergangenen Jahr. Inflation kann andererseits aber auch Gelegenheiten eröffnen. Man darf nicht vergessen, dass viele Investoren mit viel Fremdkapital gekauft haben. Einige könnten in Schwierigkeiten geraten und verkaufen müssen. Könnte es früher, als viele erwarten, zu einer Zinsanhebung kommen? Hätten Sie mich das vor zwei Jahren gefragt, hätte ich gesagt: unmöglich. Heute sehen wir eine Inflation von fünf bis sechs Prozent. Gegen eine schnelle Zinsanhebung spricht, dass alle Staaten (und Unternehmen) von niedrigen Zinsen profitieren, da das auch niedrigere Kapitalkosten bedeutet. Ich denke,
dass das höhere Preisniveau auf die Pandemie zurückzuführen ist. Man darf nicht vergessen, dass Inflation in kleinen Dosen das Geschäft auch pushen kann. Nehmen wir zum Beispiel einen Autohersteller. Der mag zwar stöhnen, weil er gewisse Materialien nicht bekommt und daher weniger ausliefern kann. Allerdings muss er auch keine Preisabschläge gewähren. Sie haben 2021 erstmals in Nordamerika in eine Gesundheitsimmobilie investiert. War das erst der Anfang? Nein, wir haben derzeit keine weiteren Pläne, was dem hohen US-Dollar und kanadischen Dollar geschuldet ist. Das gleiche gilt im Übrigen auch für Norwegen. Dort haben wir in zwei Tesla-Händler mit gutem Wertzuwachs investiert. Mit der Ölkrise ist auch die norwegische Krone gestiegen, weshalb wir von weiteren Investitionen abgesehen haben. In welchen Märkten sind Sie aktuell verstärkt aktiv? Wir investieren beispielsweise weiterhin in Großbritannien. Die anhaltenden Schwierigkeiten infolge des Brexits eröffnen für uns weiterhin Gelegenheiten. Um sie wahrnehmen zu können, haben wir neue Fondsanteile freigegeben. Wir glauben jedenfalls, im kommenden Jahr noch ein paar gute Deals abschließen zu können. Darüber hinaus könnte es schwieriger werden. Welche Rolle spielt ESG bei Corum? Wir leben das Thema von Anfang an beziehungsweise integrieren es in unseren Investitionsprozess. Dementsprechend ist
der Großteil der Gebäude im Portfolio auch zertifiziert. Allerdings sehen wir das Thema eher als langfristigen Trend. Als Evolution und nicht als Revolution. Wir nehmen im Übrigen nicht nur das E in ESG, also Nachhaltigkeit, ernst. Lassen Sie mich ein Beispiel nennen: Vor ungefähr fünf Jahren haben wir uns von einem Kauf in Madrid zurückgezogen. Warum? Im Rahmen der Due Diligence sind wir draufgekommen, dass der Financier nicht unseren ethischen Maßstäben entsprach. Ich finde es jedenfalls etwas seltsam, dass der Markt jetzt erst beginnt, sich über ESG Gedanken zu machen. Schließlich trägt man ja gegenüber den Anlegern, die uns ihr Geld anvertrauen, Verantwortung. Wenn Sie zurückblicken, gibt es Deals, die Sie bereuen, nicht gemacht zu haben? Viele. An einen werde ich mein ganzes Leben denken. Es war 2014 in Dublin. Ein Bürogebäude im Zentrum der Stadt mit einem Mieter, Google für acht Millionen Euro und eine Rendite von 8,6 Prozent. Aber wir hatten nicht genug Kapital. Heute liegt die Rendite bei 3,8 Prozent. Ich weine immer noch. Ich bereue aber noch etwas sehr: noch nie in Österreich investiert zu haben.
Fréderic Puzin Nach Stationen in der Finanz- und Immobilienbranche gründete Frédéric Puzin 2011 Corum Asset Management. Heute managt die Pariser Investmentfirma einen Portfoliobestand von mehr als fünf Milliarden Euro für rund 60.000 Privatanleger. Seit 2019 ist der Flagschifffonds Corum Origin in Österreich zum Vertrieb zugelassen, der Corum XL seit 2020.
Woran liegt das? Österreich ist ein sehr teurer, aber auch professioneller und nationaler Markt. Gehandelt wird zwischen wenigen kapitalkräftigen Investoren untereinander. Wenn man in so einem Markt eine Gelegenheit vorfindet, stellt sich immer die Frage, wieso kaufen die Österreicher nicht.
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„Renditen werden als etwas Unanständiges angesehen“ Interessenvertreter. Louis Obrowsky, Präsident des Verbandes der Institutionellen Immobilieninvestoren (VII) und Geschäftsführer der LLB Immo KAG, über Hürden, die privaten und institutionellen Immobilieninvestoren hierzulande in den Weg gestellt werden, den möglichen Investitionsturbo Nachhaltigkeit und die Auswirkungen der Pandemie auf die einzelnen Assetklassen. Das Gespräch führte: Patrick Baldia
Im September meinte OeNB-Gouverneur Robert Holzmann noch, er sehe den rasanten Inflationsanstieg seit Jahresbeginn als temporäre Erscheinung. Im November räumte er in einem Interview bereits ein, dass ihn die Inflation schlaflose Nächte bereite. Machen Sie sich auch Sorgen? Louis Obrowsky: Wir haben derzeit zweifellos sehr hohe Inflationsraten – so hohe wie seit 25 Jahren nicht mehr. Das ist auf mehrere zusammenwirkende Faktoren zurückzuführen. Und ja: Wir werden auch noch einige Monate hohe Inflationsraten haben. Allerdings werden wir spätestens im dritten Quartal 2022 einen Jahreszyklus mit höherer Inflation hinter uns haben. Dann wird der Basiseffekt zum Tragen kommen, die Inflationsraten werden sinken, während die Preise weiter hoch bleiben werden. Auch wenn man in Zeiten wie diesen mit Prognosen vorsichtig sein sollte, glaube ich trotzdem, dass die momentan hohen Inflationsraten ein temporäres Phänomen bleiben werden. Ihnen machen also auch die kürzlich erfolgten höheren Lohnabschlüsse bei gleichzeitig eklatantem Personalmangel in
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vielen Branchen – was ja nach dem Lehrbuch die Inflation treibt – keine Sorgen? Das kann durchaus die Inflation treiben. Schließlich bedeuten diese Lohnabschlüsse ja zum Teil auch einen Reallohnzuwachs, was ja nicht so oft vorkommt. Das könnte natürlich zu weiteren Preissteigerungen führen. Ob der Fachkräftemangel durch die höheren Löhne behoben werden kann, ist jedoch fraglich. Wahrscheinlich nicht, denn für die meisten Unternehmen ist es derzeit sehr schwer, Arbeitskräfte zu finden. Wie wir alle wissen, ist davon gerade die Immobilien- und Bauwirtschaft besonders betroffen. Ein Teil der hohen Preise fußt aber auch darauf, dass beispielsweise Unternehmen im Baunebengewerbe mehr Aufträge annehmen könnten, wenn sie mehr Arbeitskräfte hätten. Mit früher als erwarteten Zinsanstiegen rechnen Sie also nicht? Ich glaube nicht, dass wir so schnell wesentliche Zinserhöhungen sehen werden. Wenn dann eher moderate Anpassungen. Darauf deuten die zehn- und 15-jährigen Fixzinsen, deren Indikatoren – sprich: der 10- und der 15-Jahres-Euro-Swap-Satz – zuletzt wieder ge-
stiegen sind. Kürzlich lag etwa der 10-JahresEuro-Swap noch im negativen Bereich, jetzt liegt er im Plus. Warum ich aber nicht glaube, dass die Zinsen steigen werden, ist, dass sich kaum ein EU-Land bzw. keine Gebietskörperschaft höhere Zinsen leisten kann. Und sich bei gegebener Inflation und Nullzinspolitik zu entschulden, ist eine ideale Situation. Man sieht ja am Beispiel Österreich, dass der Schuldenstand jetzt viel schneller in Richtung der Maastricht-Obergrenze (60 Prozent des BIP, Anm.) zurückgeht, als das noch vor wenigen Monaten erwartet wurde. Bei Ihrer Vorstellung als Präsident des Verbandes der Institutionellen Immobilieninvestoren (VII) 2020 meinten Sie, sich für eine Transformation des Mietrechtsgesetzes (MRG) hin zu einem Wohnrecht, das dem 21. Jahrhundert angepasst ist, einsetzen zu wollen. Wie optimistisch sind Sie, dass bis zum Ende Ihrer Amtsperiode (2022) Bewegung in die Thematik kommt? Ich bin prinzipiell ein extrem optimistischer und positiv denkender Mensch, aber in diesem Zusammenhang muss man realistisch bleiben. Ich glaube, es wäre schon viel
gewonnen, wenn sich nichts verschlimmert. Wir haben derzeit eine Situation, in der es 100.000 vermeintlich wichtigere Dinge gibt. Kaum eine im Nationalrat vertretene Partei hat noch einen wesentlichen Fokus auf das Thema. Und kaum einer kennt sich mehr mit den MRG und all seinen Tiefen aus. Es ist schon ein Anachronismus, dass private Investoren in einem Land mit so vielen Sozialwohnungen wie in Österreich – die übrigens nicht mit dem Geld der Gemeinden oder geförderten Wohnbaugesellschaften,
sondern jenem der Allgemeinheit errichtet wurden – mit völlig überzogenen Regelungen eingeschränkt werden. Was wäre gefragt? Es ist durchaus entbehrlich, diesen privaten Markt auch noch zu überregulieren. Gefragt wäre eine Partnerschaft zwischen privatem und gefördertem Markt mit dem Ziel, ausreichend Wohnraum sicherzustellen. Dass sozial schwachen Menschen geholfen werden muss, steht in einem reichen Land natürlich außer
Diskussion. Aber den privaten Sektor für Sozialwohnungen heranzuziehen für Mieten, die fernab der Gestehungskosten liegen, ist in Wirklichkeit eine Enteignungsmaßnahme. Auch das heuer erneut verabschiedete Inflationslinderungsgesetz ist nichts anderes als eine Enteignungsmaßnahme. Bei der Deckelung von Mieten wird rasch vorgegangen, interessanterweise halten sich die Kommunen bezüglich einer Valorisierung der Betriebskosten aber eben nicht zurück. Ganz zu schweigen von den Politikergehältern.
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Ist es angesichts dieser Hürden heute überhaupt noch möglich, Rendite zu verdienen? Institutionelle Investoren sind grundsätzlich mit sehr bescheidenen Renditen zufrieden. Aber mit den jüngsten Regelungen müssen Wohn-Immobilieninvestoren erst einmal klarkommen, um nicht in die Liebhaberei abzurutschen. Man hat ohnehin den Eindruck, dass Renditen von der breiten Öffentlichkeit als etwas Unanständiges angesehen werden. Dabei wird gerne vergessen, dass Immobilieninvestoren – egal ob Private oder Institutionelle – Renditen lukrieren müssen, um sich überhaupt notwendige Investitionen
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bzw. Reparaturen leisten zu können. Insgesamt halten wir gar nichts davon, Mieter und Vermieter gegeneinander auszuspielen. Wie würde Ihr vorläufiges Resümee der COVID-19-Pandemie ausschauen? Wir haben sicher alle gesehen, dass sich die Nachfrage nach den einzelnen Assetklassen verschoben hat. Im Retailbereich konzentriert sich etwa das Investoreninteresse heute ganz klar auf Nahversorgungscenter mit Lebensmittel- und Drogeriehandel. Interessanterweise ist die Nachfrage nach Wohnen sogar noch stärker gestiegen, als zu erwarten war. Viele Institutionelle, die vor der Krise kaum im
Wohnbereich tätig waren, weil ihnen dort die Renditen zu niedrig waren, sind verstärkt in die Assetklasse gedrängt. Aber Wohnen hat sich ja als wirklich krisenresilient erwiesen und daher auch im Jahr 2020 erstmals Büro als stärkste Investitionsklasse abgelöst. Darüber hinaus ist Logistik noch stärker nachgefragt worden – und das zu teilweise wahnwitzigen Preisen und Renditen mit einem Dreier vor dem Komma. Was ebenfalls stärker nachgefragt wurde, ist betreutes und betreubares Wohnen, wo ältere Menschen eigenverantwortlich wohnen und bei Bedarf bestimmte Zusatzleistungen zukaufen können. Und dann haben wir noch eine überraschende Entwicklung gesehen: Vor zwei
„Green Europe darf nicht in einer gewaltigen Verwaltungsbürokratie ersticken. Die Vergangenheit lehrt, dass auf einen Innovationsturbo viel zu schnell der Bürokratieturbo folgt. “ Louis Obrowsky, Verband der Institutionellen Immobilieninvestoren (VII), LLB Immo KAG
Jahren waren Freizeithotels keine Investitionsklasse, heute aber sehr wohl. Und ich kann mir sogar vorstellen, dass das so bleibt. Nicht als Antwort auf die Krise, diese wird schon wieder vorbeigehen, sondern auf zukünftige Herausforderungen. Aus Gründen der CO2-Reduktion bzw. Nachhaltigkeit wird es nicht mehr sexy sein, für einen Tag nach London oder Madrid zum Shopping zu fliegen. Als wir im 2020 das letzte Mal gesprochen haben, meinten Sie, dass Sie (als LLB Immo KAG, Anm.) aufgrund der pandemiebedingten Lockdowns früh das Gespräch mit ihren Mietern gesucht und – wo erforderlich – Unterstützung angeboten haben. Ist das mittlerweile alles geklärt? Ja. Relativ früh haben wir uns beispielsweise mit unseren Retail-Mietern geeinigt. Im Einzelhandel hatten wir in Österreich relativ klare Regelungen. Gemäß § 1104 ABGB war ja klar, dass Mieter für Zeiten behördlicher Betretungsverbote kein Mietentgelt leisten müssen. Bevor man jetzt lange herumstreitet, war es doch gescheiter, übliche Mietincentives zu geben, die diese Schließzeiten abgelten, und dafür hinten raus den Mietvertrag zu verlängern. Schließlich sind Miet- bzw. Pachtverhältnisse Dauerschuldverhältnisse,
also auf lange Zeit ausgelegt. Da ist es im Sinne einer Partnerschaft sinnvoll, sich zusammenzusetzen und gerade in einer Krise gemeinsam zu gehen. Und was man auch nicht vergessen darf: Die Suche nach einem neuen guten Mieter inklusive der Adaptierung dieser Flächen ist im Regelfall immer teurer, als einen prinzipiell bonitätsstarken, guten, willigen Mieter durch diese schwierige Situation durchzutragen, ihm zu helfen und als Mieter zu behalten. Im Hotelbereich war die Situation wohl schwieriger … Zum einen hatten Hotels viel längere Schließzeiten. Zum anderen darf man nicht vergessen, dass, wenn ein Hotel lange Zeit geschlossen hatte und dann wieder aufsperrt, die Kundschaft – anders als im Einzelhandel – nicht gleich am ersten Tag zurückkehren wird, sondern die nächste Reise erst zu planen beginnt. Bis diese angetreten wird, vergehen nochmals Wochen und Monate. Gleichzeitig hat ja die Hotellerie in Österreich und Deutschland von durchaus attraktiven staatlichen Hilfen und Unterstützungsmaßnahmen profitiert, was ebenfalls berücksichtigt werden musste. Wir waren zusätzlich darauf angewiesen, von unseren Pächtern betriebs-
wirtschaftliche Kennzahlen zu bekommen, die vom Wirtschaftsprüfer zumindest bestätigt wurden, um die genaue wirtschaftliche Lage einschätzen zu können. Erst als wir alle Informationen hatten, konnten wir uns ein Bild machen und im Sinne unserer Anleger entsprechende Nachträge machen. Aber ja, mittlerweile haben wir uns auch mit all unseren Hotelbetreibern einigen können. Im Regelfall auf eine Kombination aus mietfreien Monaten, die die Schließzeiten abgegolten haben, Mietstundungen und Mietvertragsverlängerungen nach hinten hinaus. Weil Sie zuvor Nachhaltigkeit bzw. ESG angesprochen haben: Die Thematik scheint – auch wenn nicht ausschließlich aufgrund der Pandemie – noch einmal an Bedeutung gewonnen zu haben. Da können doch Institutionelle ein Stück weit Vorbilder für Privatanleger sein? Interessanterweise ist das Thema ESG im Privatbereich noch viel weniger präsent. Kaum ein Privatanleger, der beispielsweise eine Vorsorgewohnung kaufen möchte, erkundigt sich danach, ob das Gebäude, in dem sich diese befindet, mit einem einschlägigen Label zertifiziert ist. Bei institutionellen Investoren ist das mittlerweile normal und selbst bei einem qualitativ guten Objekt mit bonitätsstarken Mietern oft die erste Frage. Und das auch völlig zu Recht: Langfristig, wenn sich das Thema ESG noch stärker durchgesetzt haben wird, werden nachhaltige Immobilien deutlich mehr wert sein als nicht nachhaltige. Auch weil es irgendwann darauf hinauslaufen wird, dass institutionelle Investoren nur mehr Immobilien mit gewissen Nachhaltigkeitskriterien kaufen werden können. Damit scheinen auch Preisrückgänge unvermeidlich? Bereits ab 2022 muss beispielsweise für jeden Fonds ausgewiesen werden, wie hoch der Anteil des Immobilienbestands ist, der Nachhaltigkeitskriterien – sprich der Taxonomie – entsprechen muss. Und da muss man jedes Jahr eine Verbesserung nachweisen. Daher sehe ich künftig drei mögliche Szenarien: Erstens, man kauft nur noch nachhaltige Immobilien. Zweitens, man erwirbt sehr gute, aber nicht nachhaltige Objekte und investiert,
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um diese ESG-fit zu machen. Und drittens wird man sich von Immobilien, die in ihrem Lebenszyklus an einem Punkt angelangt sind, an dem ESG-Investitionen nur schwer bis gar nicht wirtschaftlich darzustellen sind, wohl à la longue trennen müssen. In einem VII-Gastkommentar meinten Sie kürzlich, dass Klimaschutz und Nachhaltigkeit ein Investitionsturbo sein könnten. Dieser wird allerdings großteils von privaten Investoren gezündet werden müssen … Um das Ziel, die Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 zu senken, sind laut EU rund 275 Milliarden Euro an jährlichen Investitionen notwendig. Das ist nicht allein durch EU-Förderprogramme möglich. Gerade die Institutionellen, von denen man hierzulande im Vorjahr und heuer gefordert hat, sie sollen einfach auf Miete verzichten, werden da eine wichtige Rolle spielen. Solche Investitionen wären jedenfalls eine historische Chance hin zu einer grünen, nachhaltigen Wirtschaft. Davon würde ja nicht nur die Allgemeinheit bzw. die Menschen, die in Immobilien wohnen oder arbeiten, profitieren, sondern auch die regionale und lokale Wirtschaft. Wichtig ist in diesem Zusammenhang aber noch etwas. Das wäre? Im Gastkommentar, auf den Sie sich beziehen, habe ich auch davor gewarnt, dass „Green Europe“ nicht in einer gewaltigen Verwaltungsbürokratie ersticken darf. Schließlich hat uns die Vergangenheit gelehrt, dass auf einem Innovationsturbo viel zu schnell der Bürokratieturbo folgt. Was fordern Sie von der Politik? Auf die Immobilienwirtschaft bezogen sollte eigentlich der Auftrag des Gesetzgebers sein, es privaten Investoren über Förder- oder Unterstützungsmaßnahmen attraktiv zu machen, etwa Wohnraum zu sanieren. Ich denke da beispielsweise an eine beschleunigte Abschreibung, wenn Investitionen vorgezogen werden. Eine schlüssige Nachhaltigkeitsstrategie wäre sicher ein ganz großer Hebel, um gemeinsam mit privaten und institutionellen Immobilieninvestoren etwas zu bewegen.
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Louis Obrowsky Louis Obrowsky ist seit September 2020 Präsident des Verbandes der Institutionellen Immobilieninvestoren (VII) und seit 2015 Geschäftsführer der damals neu gegründeten LLB Realitäten. Davor war der studierte Jurist und Betriebswirt unter anderem Geschäftsführer der Vorgängergesellschaft Semper Constantia Immo Invest.
Zum Autor Herwig M. Peham MRICS ist Bereichsleiter bei EHL Investment Consulting und in dieser Funktion für Investment-Transaktionen mit nationalen und internationalen Investoren verantwortlich.
Die richtige Wahl der Assetklassen Kommentar: Herwig M. Peham
Welche Präferenzen sollen bei einer Investmententscheidung gelten? Neben rein wirtschaftlichen Vorgaben wie der Höhe des zu veranlagenden Kapitals in Kombination mit der geplanten Veranlagungsdauer gilt es auch, die interessantesten Assetklassen ausfindig zu machen.
starken Büro- und Gewerbemietern verbunden mit langfristigen Mietvertragslaufzeiten werden daher besonders positiv und entsprechend hoch bewertet. Das begehrteste Volumen liegt dabei zwischen 20 und 70 Millionen Euro, oft auch deutlich darüber.
Seit 2020 hat sich gezeigt, dass wieder größerer Wert auf Sicherheit gelegt wird. Was bedeutet dies für das Angebot und die Auswahl aktueller Anlageobjekte?
EHL als führender Immobilieninvestmentberater kann gewährleisten, dass ein Investor – privat wie institutionell – einen ausgezeichneten und professionellen Überblick über alle relevanten Assetklassen erhält und bei der Entscheidung durch das erfahrene Team optimal unterstützt wird.
Das Stichwort „Wohnen“ ist dabei in aller Munde oder, besser gesagt, seit Neuestem in fast jedem Anforderungsprofil zu finden. Allein in den ersten drei Quartalen 2021 haben sich Wohninvestments um mehr als 250 Millionen Euro gegenüber dem Vergleichszeitraum 2020 erhöht und machen somit derzeit über 34 Prozent des gesamten Transaktionsvolumens in Österreich aus. Wohnen ist ein Grundbedürfnis und wird deshalb als besonders krisenresistent gesehen. Dabei darf aber auch nicht außer Acht gelassen werden, dass es letztendlich darum geht, am Markt eine Balance zwischen leistbaren und teuren Wohnungen des Luxussegments zu wahren. Hier sind alle Beteiligten gefordert, auf Basis der geltenden Widmungs- und Bebauungsbestimmungen attraktive Lösungen für den Markt anzubieten.
Fotos: Adobe Stock, EHL
Das Büroinvestment – die bisher bevorzugte Assetklasse im institutionellen Bereich – definiert sich dagegen noch mehr über die Qualität der vorhandenen gewerblichen Mietverträge. Hier wirken sich Veränderungen der Bonität von Unternehmen stark aus. Core-Objekte mit bonitäts-
Durch die umfassende Marktkompetenz ermöglicht EHL dem Investor, relativ rasch neue Investmentmöglichkeiten unabhängig von der Assetklasse prüfen zu können und dadurch am Puls der Zeit zu bleiben. Zusätzlich zu Wohninvestments in Wohnneubau und Zinshäusern haben sich auch die Bereiche Logistik und Fachmarktzentren als attraktive Alternativen für immobilienaffine Investoren aufgetan. Die Erfüllung der Nahversorgung einerseits und der Boom des OnlineHandels andererseits haben dazu beigetragen, dass diese beiden Objekttypen besonders in den letzten zwei Jahren attraktiv wurden. Die nächste Zeit wird weiterhin stark vom Anlagedruck in Immobilien und den niedrigen Zinsen bestimmt werden, doch auch neue Qualitätskriterien wie die ESG-Richtlinien basierend auf der EU-Taxonomie-Verordnung werden die Entwicklung der Immobilienbranche beeinflussen.
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„Keine Entspannung bis zur Zinsanhebung“ Die Luft wird immer dünner. Peter Karl, CEO der Erste Immobilien KAG, spricht im Interview mit dem ImmoFokus unter anderem über Investitionsdruck, realitätsfernes Pricing sowie Gelegenheiten in kleineren Städten. Das Gespräch führte: Patrick Baldia
Bei unserem letzten Gespräch im September meinten Sie, dass ein Ende der extremen Preisanstiege am heimischen Immobilienmarkt nicht absehbar sei. Können Sie jetzt etwas besser einschätzen, wann wir wieder in etwas ruhigeres Fahrwasser kommen? Peter Karl: Die Preise sind seitdem weiter gestiegen. Natürlich werden sie auch von Inflation getrieben, die weiterhin ein großes Thema ist. Und Inflation bei keinen Zinsen ist natürlich der Hauptgrund dafür, warum der Sachwert bei Investoren weiterhin äußerst beliebt ist. Der Druck kommt von allen Seiten und kann uns auch nicht von den klassischen Kapitalmärkten genommen werden. Trotz starker Kursanstiege an der Börse fließt weiter viel Geld in die Immobilie. Daher ist kurzfristig mit keiner Änderung zu rechnen. Bis die EZB wieder die Zinsen anhebt, kann sich die Situation auch gar nicht entspannen, weil es kaum Alternativen zu Sachwerten gibt. Wie gehen Sie als Investor damit um? Dass es für uns immer schwieriger wird, die Produkte, die wir brauchen, zu akquirieren,
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weil wir beim Pricing nicht zusammenkommen, ist eine andere Sache. Daher fahren wir auch seit einiger Zeit ein Tranchenmodell beziehungsweise rationieren den Vertrieb. Gottseidank gelingt es uns, immer wieder mit Projektpartnern vernünftige Produkte aufzustellen. Aber auch da wird die Luft immer dünner. Denn das Einzige, was derzeit nicht steigt beziehungsweise nur unwesentlich, sind die Mieten. Da kommen wir schon langsam in Gegenden, wo sich das Ganze nicht mehr rechnet. Sie beklagten zuletzt immer wieder, dass am Markt vorbeiproduziert wird. Wird sich das negativ auf die Mietpreisentwicklung auswirken? In der Immobilienbranche redet man immer gerne vom Wachstum der Mieten oder der Nachfrage nach mehr Wohnraum – auch wegen Homeoffice und Co. Das erscheint manchmal nur fernab der Realität. Gerade junge Menschen und Familien können im freifinanzierten Bereich kaum mehr leistbaren Wohnraum finden. Natürlich haben wir in Wien einen starken geförderten Bereich,
der einiges abfedert. Aber die Mieten von manchen Vorsorgewohnungsprodukten, die derzeit in Wien überall gebaut werden, sind vom Pricing zu optimistisch. Da wird es seitens der Eigentümer ein Erwachen geben müssen. Früher oder später wird der Tag kommen, an dem sie sich entscheiden müssen, ob sie mit ihrer Preisvorstellung runtergehen oder die Wohnungen lieber leer stehen lassen. Das wird sich dämpfend auf den Markt auswirken, aber nicht so sehr, dass die tatsächlichen Mietpreise zurückgehen, nur die Mietpreiserwartungen. Ist da nicht zu befürchten, dass viele Wohnungen leer bleiben werden beziehungsweise „vom Markt fallen“? Wie sich manche Investoren verhalten werden, ist eine spannende Frage. Sicher wird es stimmen, dass es durchaus Privatinvestoren gibt, die den Vermögenswert Wohnung tatsächlich nur im Bestand halten und auf die Einkünfte gänzlich verzichten. Aber die großen Institutionellen, auch die Internationalen, die als Generalinvestoren kaufen, die werden natürlich vermieten. Und zwar zum Preis,
den der Markt hergibt. Das steht ja auch kein Assetmanager in seinen Gremien durch, wenn er berichten muss, dass leider 60 Prozent des Bestands leer stehen. Oft ist zu hören, dass die Preise bei uns noch Luft nach oben hätten, weil sie ja in Städten wie Rom, Paris oder München noch höher wären ... Das hören wir tatsächlich seit Jahren. Nur sind die Mieten noch nie deshalb gestiegen, weil es woanders teurer ist. Der Wiener Markt ist ja auch ganz anders strukturiert. Man muss sich nur den Bestand der Stadt anschauen, den großen geförderten Bereich und auch den sonst durchs MRG regulierten Bereich. Dort haben wir auch Wachstum, weil ja weiterhin geförderte Wohnungen errichtet werden. Das ist schon ein Faktum, das den Markt stark beeinflusst und sich dämpfend auf die Mietpreise auswirkt. Natürlich gibt es ein Segment für Besserverdiener, wo in tollen Lagen hohe Mieten durchgesetzt werden können. Aber das ist nur ein Ausschnitt. Völlig klar ist, dass der Großteil der Produkte in der Mitte platziert
werden muss, und da ist man nun mal auf einem anderen Mietniveau. Ist die Lage in Graz, wo sie ja auch Immobilien besitzen, mit der in Wien zu vergleichen? Die Rahmenbedingungen sind in Graz ähnlich wie in Wien: Die Investorennachfrage ist unglaublich hoch, die Preise sind stark gestiegen, und es ist relativ viel in der Pipeline. Und auch von den Grundstückskosten ist Graz in Sphären vorgedrungen, die man sich vor ein paar Jahren nicht hat vorstellen können. Interessant ist, dass wir trotz der enormen Konkurrenz in unserem dortigen Bestand, der sich auf rund 1.100 ausnahmslos selbst errichtete, also neue Wohnungen beläuft, den höchsten Vermietungsgrad haben. Das liegt sicher auch an der durchschnittlichen Nettomiete von 8,70 Euro pro Quadratmeter. Wenn ich mir aber anschaue, was da zum Beispiel im Stadtteil Reininghaus gerade produziert wird … Und manche Entwickler oder Investoren träumen da von 14 Euro pro Quadratmeter Miete. Das ist meiner Meinung nach weit weg von
der Realität. Aber angesichts des Investitionsdrucks müssen das wohl auch einige glauben. Ist es vorstellbar, dass Sie angesichts der extremen Preisanstiege in Wien und den Landeshauptstädten die Ankäufe und Entwicklungen es immer schwieriger machen, in noch kleinere Städte zu gehen? Absolut, das tun wir auch. Wir sind auch gerade in konkreten Verhandlungen und prüfen einiges. Diese Städte befinden sich natürlich nur in strukturstarken Regionen. Wichtig ist, dass dort Unternehmen ansässig sind, die Zugkraft haben. Meist handelt es sich dabei um Technologieunternehmen in klassischen Gegenden mit erfolgreicher Industrie. Ich denke da an Lagen in Salzburg, Oberösterreich oder der Steiermark südlich von Graz. Noch haben wir nichts unterschrieben. Ich gehe aber davon aus, dass das erstmals im kommenden Quartal kommen wird. Weil wir an diesen neuen Standorten ein anderes Pricing vorfinden.
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Ist das tatsächlich anders als in den urbanen Ballungsräumen? Spannend ist, dass abgesehen von Sondersituationen wie beispielsweise Innsbruck die Mietniveaus in den österreichischen Städten gar nicht so weit auseinanderdriften. Sind in den kleineren Städten andere Immobilien gefragt? Man sollte sich in den angesprochenen kleineren Städten so positionieren, dass man bewusst eine bessere Qualität liefert als der geförderte Wohnbau. Weil in den meisten Bundesländern muss man gerade am Land nicht gegen den geförderten Wohnbau antreten. Das wäre völlig sinnlos bei Mietpreisen zwischen fünf und sieben Euro pro Quadratmeter. Man muss Kunden ansprechen, die eine geförderte Wohnung nicht bekommen haben oder von der Qualität her etwas anderes suchen. Daher konzentrieren wir uns auch auf Regionen mit zugkräftigen Unternehmen. Viele von ihnen leiden derzeit unter massivem Personalmangel und suchen in ganz Europa Fachkräfte. Am richtigen Standort kann es also sinnvoll sein, Wohnungen anzubieten. Klar ist aber auch, dass wir in diesen Lagen keine großen Volumina umsetzen können. Man kann nicht einfach etwa im Mühlviertel 200 Wohnungen hinstellen. Das würde in der Verwertung problematisch werden. Können Sie durch Projekte in kleineren Städten in Industrieregionen überhaupt den großen Investitionsdruck abbauen? Natürlich nicht. Da müssen wir weiter daran arbeiten, über unsere Netzwerke zu Investments zu kommen. Erfreulich ist, dass wir eine Pipeline haben. Beispielsweise zwei großvolumige Projekte im 22. Wiener Gemeindebezirk, wo wir von den Miethöhen her sehr vernünftig unterwegs sind. Gerade in den Stadtentwicklungsprojekten ist die internationale Konkurrenz noch nicht so groß. Ausländische Investoren trauen sich dort manchmal noch nicht hin. Aber auch die Seestadt zum Beispiel ist bei Investoren bekannt und beliebt, sodass
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„Man kann nicht einfach etwa im Mühlviertel 200 Wohnungen hinstellen. Das würde in der Verwertung problematisch werden.“ Peter Karl, ERSTE Immobilien KAG
auch dort Grundstücke in Tenderverfahren versteigert werden. Ich bin übrigens sehr gespannt, was dabei rauskommt. Von dem sehr niedrigen dreistelligen Eurobetrag pro Quadratmeter, den wir für unser erstes Grundstück in der Seestadt gezahlt haben, sind wir heute sehr weit entfernt. Seit der Auflage des Erste Immobilienfonds 2008 sind die Preise in Wien regelrecht explodiert … Ich erinnere mich zurück, als wir das Produkt gestartet haben und die ersten Wohnprodukte in Wien gekauft haben, die am Beginn natürlich Bestandsobjekte waren, da wir CashIncome gebraucht haben. Zu den Preisen, zu denen heute Grund verkauft wird, hätte ich jedenfalls damals ein fertiges Bestandsobjekt nicht durch den Aufsichtsrat gebracht. Die hätten mich für verrückt erklärt. Bezogen auf Ihre Fonds, was war für Sie das große Highlight des Jahres? Wir haben den Erste Responsible Immobilienfonds erst kürzlich, konkret am 3. Dezember, wieder für den Vertrieb geöffnet. Unser Ziel war, vor Weihnachten 75 Millionen Euro einzusammeln. Am selben Tag zu Mittag haben wir die Notbremse gezogen und hatten
82 Millionen Euro eingesammelt. Ich freue mich sehr, dass wir mit dem nachhaltig orientierten Fonds heuer ein so starkes Wachstum erlebt haben und ein Veranlagungsvolumen von einer halben Milliarde Euro überschreiten konnten. Mit was für einer Rendite können Ihre Anleger heuer rechnen? 2021 war ein ganz zufriedenstellendes Jahr. Der Erste Immobilienfonds wird auf rund 2,4 Prozent kommen, der Erste Responsible Immobilienfonds auf rund 2,6 Prozent. Fairerweise muss man sagen, dass hier die Bewertungen derzeit einen großen Beitrag leisten. Auch ein Vorteil für uns ist, dass – wie in Kontinentaleuropa und besonders im deutschen Sprachraum üblich – konservativ bewertet wird. Wir wissen, dass Immobiliensachverständige schnelle Marktbewegungen nicht einfach abbilden, sondern immer einen langfristigen Blick auf die Immobilie haben. Die durchschnittliche Bewertung für freifinanziertes Wohnen in Wien beträgt in unseren Fonds zum Beispiel aktuell etwas über 2.500 Euro netto pro Quadratmeter. Daher sind wir auch sehr entspannt, was mögliche Marktbewegungen anbelangt. Wir wollen mit unseren Immobilienfonds ein breites Publikum ansprechen, was mit unserem konservativen Setup auch gut gelingt.
Würden es Ihre Kleinanleger verstehen, wenn Sie mehr Risiko eingehen würden? Beispielsweise indem der Retailanteil im Fonds erhöht wird? Mehr Risiko einzugehen, ist auch ein Thema, über das wir nachdenken. Wir haben in diese Richtung jedenfalls konkretere Überlegungen. Allerdings nicht mit den bestehenden Fonds. Unser Blick geht da ganz klar nach Osteuropa. 2020 haben wir ja einen slowakischen Immobilienfonds lanciert und dafür im Frühjahr die erste Immobilie in Bratislava gekauft. Ein neues zertifiziertes Bürogebäude in einer Top-Lage, gleich unterhalb der Burg mit Ankermietern wie Ernst & Young und Novartis. Wir haben das Objekt zu einer Rendite gekauft, die doppelt so hoch ist wie an manchen Top-Standorten in Deutschland. Natürlich wissen wir, dass ein Markt wie Bratislava andere Risiken hat wie etwa die überschaubare Größe und geringere Liquidität. Aber ein Produkt mit Fokus auf Osteuropa rauszubringen, das mehr Rendite bietet, würde auch sinnvoll sein. Schließlich sind wir dort seit Jahrzehnten verankert, weshalb es uns leichtfällt, Aktivitäten zu steuern und aufzusetzen. Wir verfügen ja auch über Immobilienfonds-Teams in Prag, Budapest und Bratislava.
Peter Karl Nach seiner rechtswissenschaftlichen Ausbildung an der Universität Wien ist Peter Karl seit dem Jahr 2001 im Bankensektor im Bereich der Immobilienveranlagungen tätig. Seit 2007 Geschäftsführer der ERSTE Immobilien KAG ist er in dieser Position unter anderem für den Ankauf sowie das Fonds- und Produktmanagement zuständig. Er ist auch Geschäftsführer der Erste Asset Management GmbH (EAM).
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