246 The Making of Design
form 246, März/ April 2013 Deutsch / English, form.de Deutschland 16,90 EUR Belgien 19,50 EUR, Österreich 17,90 EUR Schweiz 25,00 CHF, Spanien 20,90 EUR UK 16,90 GBP
Hospitality / Aspen / Server Farms / Studio Kargah / Design Revolution 2013 / Valextra
Hospitality Das Geschäft mit dem Gast
2 / 2013
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Beaufor t Bar, The Savoy, London : Pierre-Yves Rochon, 2010 (Schwerpunk t thema / Focal Theme, Seite / Page 62)
Contents 03
Editorial
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2D / 3D / 4D
72 Mythos Wein Drink, Pray, Love
Die Wein- und Restaurantkritiker Cornelius und Fabian Lange über den nicht greifbaren Charakter von Wein Food and wine critics Cornelius and Fabian Lange on the intangible nature of wine
Levi’s, Hôtel Droog, Das Stue, Paul Cocksedge, Neville Brody u.a.
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Short Cuts Martin Wenzel, Studio Kargah
Focal Theme
28 In der Fremde No Place Like Home
Vom Gäste-WC bis zum Catering bei Flugreisen, Stephan Ott über das Wesen des Bewirtens und die feine Linie zwischen Freund und Feind From guest bathrooms to in-flight catering, Stephan Ott examines the nature of hosting and the fine line between enemies and friends
38 Globale Gedächtnisspeicher Memory Motels
Sophie Lovell über energiehungrige Serverfarmen und den Boom in der Datenspeicher-Architektur Sophie Lovell looks at energy-hungry server farms and the boom in data hosting architecture
42 Willkommen, Bienvenue, Welcome Fremder, Étranger, Stranger Fotograf Noshe mit einem Essay über Formen der Gastfreundschaft auf dem Frankfurter Flughafen Photographer Noshe’s photo-essay on the compendium of hospitality design that is Frankfurt Airport
55 Unter den Sternen Schlafen Designing Experience
Guy Dittrich über den neuen Luxus bei der Gestaltung von Reisen Guy Dittrich on travel design and the new definition of luxury
62 Das Grandhotel The Bourgeois Dream of an Aristocratic Castle
Klaus Leuschel mit einem Beitrag über gestalterische Höhepunkte historischer Grandhotels Klaus Leuschel shares some historical grand hotel design highlights
77 Airbnb Gastfreundschaft 2.0
Gastfreundschaft 2.0 und deren Kapitalisierung durch ein globales soziales Netzwerk Hospitality 2.0 and the global social network capitalizing on its assets
78
Feature Purismus fürs Handgelenk / Portable Purism Das legendäre Lederwarenunternehmen Valextra The legendary leather goods company Valextra
82
Carte Blanche / Poster Arabeschi di Latte / Apfel Zet
84
Discourse Mit Hammer und Waage / Design Revolution 2013 (Harald Gruendl)
88
On Show Rachel Thomas and Dan Tobin Smith, Aspen Magazine, Sottsass and Urushi Black Lacquer
96
Books Sowjetmoderne, Thanks for the View Mr Mies, The Digital Turn
100
Material Research Pneumatische Textilien / Future prospects with the new inflatable textiles (Mareike Gast)
104
Agenda Upcoming festivals, fairs, exhibitions, conferences and events
110
Past Present Future Eine gefährliche Gattung / A Dangerous Breed (Peter Maxwell)
112
Impressum / Imprint
114
Preview Gestaltung à la Mode / Post Genre Fashion and Design
68 Der sanfte Empfang The Gentle Welcome
Wie bereits die Architektur schweizerischer Krankenhäuser für Wohlbefinden sorgt How Swiss healthcare architecture makes you feel better already
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Content 5
Short Cuts Grafik zwischen Tradition und Moderne The Typographic Revolution Text: David Torcasso Bilder / Images: Studio Kargah
Die arabische Schrift hat im vergangenen Jahrzehnt eine Modernisierung erlebt: Junge Grafikpioniere wie Peyman Pourhosein und Aria Kasaei vom Studio Kargah in Teheran bringen arabische bzw. persische und lateinische Schrift in experimentellen Ensembles zusammen. Neben der politischen Revolution des Arabischen Frühlings fand in den vergangenen Jahren auch eine stille Revolution im Nahen Osten statt: die Modernisierung der arabischen und persischen Schrift. Die beiden Revolutionen hängen in gewisser Weise zusammen: Zwar haben sich die Veränderungen im Schrift- und Grafikdesign bereits früher bemerkbar gemacht – besonders der Iran erhielt schon vor der Absetzung des Schahs international Beachtung in der Grafikszene. In arabischen Ländern hat die Entwicklung neuer Schriftarten aber erst durch die politischen Umwälzungen und deren Ausdruck auf der Straße an Bedeutung gewonnen. Die Botschaften des Arabischen Frühlings werden hauptsächlich über Schriftsprache, Grafiken und Illustrationen verbreitet; auf den Straßen als Graffiti, Tags, Schablonen und Transparente und anschließend über soziale Netzwerke. Nicht nur der politische Ausdruck mit Schrift und Illustrationen, sondern auch Grafikprogramme wie Open Type und Unicode haben die arabische und iranische Szene in den vergangenen Jahren geformt. Junge Designer aus der Region wollen eine Brücke zwischen lokalen visuellen Traditionen und einem internationalen Grafikstil schlagen. Zwei Vertreter dieser neuen Generation sind Peyman Pourhosein und Aria Kasaei vom Studio Kargah (Farsi: Studio) in Teheran. Die iranischen Designer interpretieren kalligrafische Stile neu, komponieren Bilder mit persicher und lateinischer Schrift und loten Grenzen bis hin zur Abstraktion aus. „Die
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persische Ästhetik ist stark von Textilien, Architektur, Keramik, Malerei, Büchern und natürlich Kalligrafie geprägt. All diese Künste sind unsere Referenzen, aber genauso auch die Zeichen und Schriften auf den Teheraner Straßen“, sagt Pourhosein und bringt den Kern seiner Arbeit auf den Punkt: „In meinem Designprozess wirken unterbewusst zwei Einflüsse mit. Einerseits die Kultur meiner Zeit, die digital ist, andererseits aber die teils handwerkliche Kultur meines Heimatlandes Iran.“ Sein Partner im Büro Kargha, Aria Kasaei, meint: „Grafikdesign muss nicht in erster Linie Ausdruck des persönlichen Stils sein, sondern den Zeitgeist widerspiegeln. Deshalb dürfen Schriften nicht als reine technische Errungenschaften angesehen werden.“ Der experimentelle Charakter der Schriften, die typografischen Herausforderungen und die bilinguale Anwendung der lateinischen und persischen Schrift inspirierten das Berliner Grafikstudio Eps51 zu seiner Ausstellung Right-to-Left – in Anlehnung an die Schreibrichtung der Schrift –, die bis Anfang Dezember 2012 im Künstlerhaus Bethanien in Berlin-Kreuzberg zu sehen war. Über 40 Künstler und Grafikdesigner, zum Beispiel aus dem Libanon, dem Iran oder aus Ägypten, bespielten die Ausstellung mit über 160 Plakaten. „Was auffällt, ist, dass arabische oder iranische Designer den westlichen Stil nicht kopieren, sondern dass sie selbstbewusst auf ihren Traditionen aufbauen, jedoch mit Einflüssen westlicher Typografie“, sagt Grafikdesigner Ben Wittner von Eps51. Experimentelles Grafikdesign mit traditionellem Hintergrund nennt er das. „Niemand möchte heute die arabische mit der lateinischen Schrift überdecken.“ Wittner kennt und schätzt die Grafiker des Studios Kargah: „Sie haben einen gekonnten Umgang mit der arabischen Schrift, bei der das Handgemachte der Kalligrafie durch moderne Schriftgestaltung interpretiert wird.“ Die gezeigten Werke bei Right-to-left spiegelten die vielfältige Formensprache der arabischen und persischen Kultur wider und nahmen Bezug auf kulturelle Referenzen, somit das gesamte Spektrum aus experimenteller Typografie und Schriftgestaltung bis hin zu Street-Art und Graffiti. Viele Plakate der Ausstellung stammten aus dem Iran, darunter auch die des Studios Kargah. Der Grund dafür liegt für Ben Wittner auf der Hand: „Grafiker brauchen für ein Werkbuch eine Bewilligung vom Staat – für Plakate nicht. Deshalb nutzen sie Plakate so oft als Ausdrucksmittel.“
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Memory Motels Globale Ged채chtnisspeicher Text: Sophie Lovell
K체hlanlagen / Cooling Systems, Facebook Data Centre, Prineville, Oregon, USA
The Internet forgets nothing. Everything is finding themselves highly desirable as low envi- Telekom baut derzeit ihr bislang größtes Dasaved – nothing is thrown away. IBM esti- ronmental temperatures can help save a fortune tenzentrum, eine 150.000 qm große Einrichmates that we generate some 2.5 quintil- on cooling and local water sources mean cheap tung in Biere in Sachsen-Anhalt, das 2014 lion bytes per day and that 90 per cent of hydro-electric power. But at what environmen- fertiggestellt werden soll. Im vergangenen the world’s stock of data is less than 2 years tal cost? Heat is also a form of pollution. Accord- Winter hat auch Facebook ein riesiges Daold1. As we move our personal data output ing to Partha Pratim Ray in his paper on Green tenzentrum in Gebäuden mit der Größe into the Cloud (so we have less baggage Grid Initiatives in the Indian Journal of Computer von Flugzeugträgern auf einem 50-Hektarto carry around), all of that needs hosting Science and Engineering4, in 2007 the entire in- Grundstück in Prineville, Oregon3 eröffnet somewhere too. formation and communication technologies or (nicht weit entfernt von ähnlichen EinrichSo where does all our precious data get pam- ICT sector was estimated to be responsible for tungen, die Amazon und Google gehören) pered 24/7? It may be digital, but it still takes up roughly 2 per cent of global carbon emissions und lässt zur Zeit ein weiteres Zentrum in space, and it takes up a great deal of energy too. with data centres accounting for 14 per cent of Luleå in Nordschweden bauen. In 2007, according to The Economist, we began the ICT. This figure was predicted to triple by Ein stiller Bauboom von fensterlosen, experiencing a data housing crisis. The same 2020. Unless the Internet can learn to forget, or hochgradig abgesicherten Behausungen source states that amount of data generated we can find more efficient storage solutions this für unser kollektives Gedächtnis ist also im surpassed the available storage space. In 2008 is an exponential messy memory problem that Gange von kleinen Kätzchen-Gifs bis hin zu Regierungsgeheimnissen beherbergen American households alone generated 1,200 is not going away. sie so gut wie alles. Das Wachstum einer Exabytes of data, that is 1,200,000,000,000 GB.2 Add industry and science output to that Das Internet vergisst nichts. Alles wird auf- neuen architektonischen Typologie, bei der figure (alone the Large Hadron Collider at CERN, gehoben – nichts wird weggeworfen. IBM das Wohlergehen der Bits und Bytes Vorfor example, generates 40,000 GB per second) schätzt, dass wir etwa 2,5 Trillionen Bytes rang vor dem der lebenden Bewohner hat, and you start to realize the size of the issue pro Tag generieren und dass 90 Prozent des resultiert daraus. Es bedeutet auch die Entinvolved. weltweiten Datenspeicherbestands weni- stehung einer neuen Form der landläufigen, The global computer giants used to rent ger als 2 Jahre alt ist.1 Da wir zur Zeit mit bürgerlosen Zersiedelung: Die Gebäude für space to store their customer’s data but now the unserem persönlichen Datenoutput in die das Serverfarm-Hosting werden in der Nähe volumes involved are so large, it pays to build Cloud umziehen (um weniger Gepäck mit von Arbeitskräften, Stromversorgungen und their own server hardware and their own facili- uns rumtragen zu müssen), muss hierfür Großstädten angesiedelt – in Regionen, die ties as well. Apple, for example, completed a auch irgendwo eine Unterbringung ange- als politisch stabil gelten. new $1 billion 46,000 sq. metre storage facility boten werden. Preisgünstige Energie ist für die Ansiedin North Carolina in 2011 for the iCloud launch Wo werden eigentlich unsere ganzen wert- lung der Serverfarmen ebenfalls ein wichand are already busy on the next, even bigger vollen Daten rund um die Uhr gehegt und tiger Aspekt. Unser Gehirn verbraucht in server farm. Deutsche Telekom is constructing gepflegt? Sie sind zwar digital, benötigen unserem Körper mehr Energie und erzeugt its largest data centre yet, a 150,000 sq. metre aber dennoch Platz und dazuhin eine beacht- mehr Wärme als die meisten anderen Orfacility in Biere, Saxony-Anhalt that should be liche Menge Energie. Im Jahr 2007 begann gane. Für die Server gilt dasselbe. Läncompleted in 2014. Last winter, Facebook also laut The Economist eine Datenunterbrin- der wie Norwegen, Schweden, Island und completed a huge data centre housed in aircraft gungskrise. Dieselbe Zeitschrift konstatierte, Kanada sind also sehr begehrt, da niedrige carrier-sized buildings on a on a 50 hectare plot dass die Menge der erzeugten Daten den Umgebungstemperaturen ein Vermögen für in Prineville, Oregon3 (not far from similar facili- verfügbaren Speicherplatz sprenge. 2008 die Kühlung sparen können und die lokalen ties belonging to Amazon and Google) and an- erzeugten allein die amerikanischen Privat- Wasserquellen billigen, per Wasserkraft erother is under construction in Luleå in northern haushalte 1.200 Exabytes an Daten, was zeugten Strom garantieren. Was aber kostet Sweden. 1.200.000.000.000 GB entspricht.2 Addieren das die Umwelt? Wärme ist auch eine Form So there is a quiet building boom going on of wir den Output von Industrie und Wissen- von Umweltverschmutzung. Wie Partha windowless, high security homes for our collec- schaft zu dieser Zahl (der Large Hadron Col- Pratim Ray 2007 in seiner Abhandlung über tive memory – housing everything from kitten lider am CERN generiert zum Beispiel 40.000 Green Grid-Initiativen im Indian Journal of gifs to government secrets. A new architectural GB pro Sekunde), beginnen wir, das Ausmaß Computer Science and Engineering schrieb, typology is growing with it where the well-be- des Themas zu erfassen. wurde damals geschätzt, dass die gesamte ing of bits and bytes takes priority over living In der Vergangenheit mieteten die glo- Informations- und Kommunikationstechoccupants. This also means a new vernacular balen Computerriesen den Raum für die nologie bzw. die ICT-Branche für knapp 2 of citizen-less urban sprawl developing as these Speicherung ihrer Kundendaten an. Heute Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verserver farm hosting facilities are placed near la- ist das Volumen so groß geworden, dass es antwortlich sei, wobei die Datenzentren 14 bour, power supplies and major cities in areas sich für sie lohnt, eigene Server-Hardware Prozent der ICT-Branche ausmachten. Diese considered politically stable. und Speichereinrichtungen zu bauen. So hat Zahl sollte sich bis zum Jahr 2020 verdreiAnother major consideration when it comes zum Beispiel Apple im Jahr 2011 im Zuge fachen. Solange das Internet nicht lernt zu to server farm location is cheap energy. Our der iCloud-Einführung eine neue, 46.000 vergessen und wir keine effizienteren Speibrains consume more energy and generate qm große Speichereinrichtung im Wert von cherlösungen finden, haben wir es mit einem more heat than most of the rest of our bod- 1 Milliarde Dollar in North Carolina fertigge- exponentiell wachsenden, chaotischen Geies. So it goes with servers. Countries like Nor- stellt und arbeitet bereits an der nächsten, dächtnis- und Speicherproblem zu tun, das way, Sweden, Iceland and Canada are therefore noch größeren Serverfarm. Die Deutsche sich nicht einfach von selbst lösen wird. 1 economist.com/news/special-report/21565003best-places-store-your-terabytes-not-cloud-sight (last checked / zuletzt aufgerufen 28 Jan 2013)
2 ibid. / ebd. 3 ibid. / ebd. 4 ijcse.com/docs/IJCSE10-01-04-15.pdf form 246 / 2013
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Willkommen, Bienvenue, Welcome Fremder, Étranger, Stranger Photos: Noshe
Internationale Flughäfen sind das mikrokosmische Abbild unserer Zeit. Unter den identifizierbaren politischen, religiösen oder wirtschaftlichen Mustern der großen, weiten Welt finden sich dort u.a. auch alle Hierarchiestufen des Umgangs mit Fremden: gekapselte Gastfreundschaft. Ob unwillkommene Abschiebehäftlinge, temporär geduldete Transitreisende oder zuvorkommend umsorgte First Class-Gäste, Flughäfen stellen auf engstem Raum den jeweils für angemessen gehaltenen, gestalteten Ort zur Verfügung. Der Berliner Fotograf Noshe hat sich in Frankfurt am Main umgesehen. International airports are microcosmic reflections of our times. Here you will find, in the broadest variety of political, religious or economic formats the world has to offer, examples of every hierarchical level of the treatment of strangers: hospitality encapsulated. From unwelcome deportees or temporarily tolerated transit travellers right up to attentively and courteously cared for first class guests, airports are a condensation of multiple spaces designed in what is considered a respectively appropriate way for each form of visitor. The Berlin-based photographer Noshe paid a visit to Frankfurt am Main airport.
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Focal Theme 43
Sleeping under the Stars Unter den Sternen schlafen Text: Guy Dittrich
Fabriken Furillen, Design Hotel, Gotland, Schweden / Sweden
as it moves towards the intangibles of reflection and discovery. There is a move away from hotels with six stars to, quite literally, sleeping under the stars. At the forefront of this sea change are two very different businesses that both demonstrate innovative strategies and approaches to this burgeoning market. Berlin-based Design Hotels offer a portfolio of inThe current noise in the hospitality industry is all about ‘experiential’ and dependent hotels, now numbering over 240, which combine fabulous ‘local’. A growing class of discerning travellers, separate from the mass architecture and design whilst also being deeply immersed in their local tourism market, are looking for more than sun and sand – more than fly neighbourhoods. Black Tomato are ‘travel designers’. A luxury travel comand flop. Valid as these vacation options may be. They are looking for ex- pany, established in 2005 and based in London, who create worldwide periences valued less in terms of cost and more in terms of rarity and bespoke travel itineraries. uniqueness. Experiences that are unique because they are local. This “There has been a shift in hospitality in recent years”, explains Claus trend is reflective of the way in which traditional views of luxury travel Sendlinger, founder and CEO of Design Hotels, who celebrate their 20th are heading. Luxury is now less about status, ostentation and materiality anniversary in 2013, “There is a need for new and alternative experiential As luxury hospitality undergoes transformational change, travel journalist and hotel industry expert Guy Dittrich talks to Claus Sendlinger, founder and CEO of Design Hotels™, and Tom Marchant, co-founder of Black Tomato, about the designing of today’s travel experience.
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Fabriken Furillen, Design Hotel, Gotland, Schweden / Sweden
hospitality concepts”. This is reflected in two ways at Design Hotels: But can you really design travel? “Sure you can”, enthuses Sendlinger, First, there is the daring experimentalism of the member hotels them- “by pointing guests in the right direction, we hope to help them have loselves. Take Daniele Kihlgren’s Sextantio Civita Caves in southern cal experiences that even most locals would not know about”. Sendlinger Italy, “luxurious in their monastic simplicity”. Or the eco-friendly hotel, relies on the intimate local connections of the member hotels. “Not only Fabriken Furillen created by photographer Johan Hellström in a former should hotels be cutting edge in their design, they should also serve as a limestone quarry, now a natural reserve, on the island of Gotland south gateway to experiences locals enjoy”, he continues. The ongoing success of Stockholm. Both these hotels reflect the diversity and one-off expe- of their ‘Made by Originals’ campaign, which celebrates the individuality rience that Design Hotels bring that is based on both the vision of the and neighbourhood connections of their hotel owners, highlights key differences. Difference that certainly set them apart from chain hotels but owners and their interpretation of unusual locations. Second, there are the realizations of Design Hotels Projects, an ad- equally each individual member hotel from the next. Marchant agrees: “Do we design travel? We do when you define ‘deditional business unit launched in 2011. Their first project was the muchacclaimed pop-up hotel, Papaya Playa, on the beach at Tulum in Mexico. sign’ as putting together or creating”. In describing the role Black Tomato The resort’s 85 cabañas have an austeri-chic style, deliberately veering plays when meeting the needs of their clients, Marchant draws parallels towards the simplistic. “Such a project give us the chance to try out new with the design of a private home or having a suit made-to-measure. Cliconcepts without heavy investment”, explains Sendlinger. As such it also ents have ideas about what they like, what they don’t like, how they want allowed for easy transformation. The resort has just hosted the world’s to feel and so on. They then rely on the ‘expert’ architect or tailor to profirst pop-up Ashram, delivering a spiritualism to match its escapist feel. vide the details according to what is practicable or currently in fashion. For Tom Marchant, co-founder of Black Tomato, luxury travel today “The process of design applies in travel as it does in any other industry is wrapped up in rarity with uniqueness reflected in personalisation. “It where there is that bespoke element”, he continues, “we bring clients’ is moving away from not always being defined by price”, he explains, ideas to life”. “things will, on occasion, cost a lot but in today’s more challenging ecoSurely travel is about discovery and adventure and not prescribed? But nomic environment people are looking for value and this is justified by then again the downside of not having a local expert is to return from a being unique”. Rarity at Black Tomato means experiences like diving be- once-in-a-lifetime destination and realise that you’ve walked right by the tween tectonic plates – literally between two continents – in the world’s city’s most exciting new pop-up restaurant, or that you’ve missed the clearest waters at Iceland’s Silfra Rift, or a desert safari in the Gobi, sleep- turtles laying eggs on the beach by a week. ing on a hemp mattress and reading by starlight on a tailor-made itinerary “We put people in places who don’t know how to get there, when to go that you will not find on the Black Tomato website. and where to go when they do arrive”, explains Marchant. Countering the
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Baldachin 端ber dem Riverside Eingang, The Savoy, London Riverside entrance canopy, The Savoy, London
Das Grandhotel The Bourgeois Dream of an Aristocratic Castle Text: Klaus Leuschel
Weizenbacher), in Crans Montana im Wallis (Bella Lui; Architektur: Arnold Itten, Rudolf Steiger) oder auf dem Monte Verità im Tessin (Architektur Emil Fahrenkamp). Aber so sehr die neue Zeit nach einem adäquaten, also technischeren, Ausdruck strebte, so sehr widerstrebte die Ästhetik des Maschinenzeitalters jener Klientel, der Im Fin du siècle kulminiert das Grandhotel evolutionär in Pomp das Grandhotel seinen Erfolg zu verdanken hat. In all der beschrieund Grandezza. Kein Wunder, waren doch Elektrizität, Eisenbahn benen Im übrigen Widersprüchlichkeit besonders gut ablesbar am und Ozeandampfer seinerzeit, was Personal Computer, iPad oder Savoy, „London’s most famous hotel“. Entworfen von Thomas EdSmartphone heute sind. Und so wie neue Technologien noch stets ward Collcutt, eröffnete es 1889 seine Türen. Der im Jahr 1929 umgroße Veränderungen bewirkt haben (seinerzeit etwa auch Hygiene, gebaute Baldachin bietet kaum zufällig eine formale Analogie zum Fahrstuhl usw.), so gingen – und gehen – mit ihnen zumeist auch Kühlergrill eines Rolls Royce, signalisiert es doch bis heute jedem große gesellschaftliche Umwälzungen einher. Es waren Les Nou- Gast: Sie haben es geschafft! Im Übrigen die einzige „Straße“ im veaux Riches, die mit Erzen, Eisenbahn oder Strom zu Geld gekom- Vereinigten Königreich, die rechtsherum befahren wird. men waren und die in der temporären Bleibe ihren „Bürgertraum vom Adelsschloß“ (Richter / Zänker) lebten und träumten. Folglich Die Lobby war das Grandhotel architektonisch gewöhnlich ein gigantischer (= Wer über die vergangenen 100 Jahre nach Weiterentwicklungen der Grand) Palast (= Hotel) mit majestätischem Auftritt im Stadtraum. Moderne fahndet, sucht in Stadtplänen nach Perlen. Sämtliche evoDes Nachts ein Lichtermeer. En détail nachzulesen bei Nikolaus lutionär wichtigen Hotelbauten sind denn auch, so viel vorweg, GePevsner, dessen 1976 erstmals erschienene „History of Building Ty- genreaktionen auf die Rabbit-Boxes eines Conrad Hilton. Dessen pes“ (dt. „Funktion und Form – Die Geschichte der Bauwerke des Vorstellung, ein Gast müsse in Istanbul oder Frankfurt den Deckel Westens“, Rogner&Bernhard 1998) bis heute das unübertroffene der WC-Schüssel, den Schrank und das Bett immer an der selben Stelle vorfinden, rief umgehend Nachahmer auf den Plan. Die DeGrundlagenwerk zum Bautypus Hotel bildet. Wenn die Entwicklung bereits in der ersten Hälfte des 20. Jahr- vise der Holiday Inn, Intercontinental, IBIS, Etap etc. dabei anscheihunderts bautypologisch zum Stillstand kam, dann erklärt sich das nend bis heute: Es gibt nichts, was nicht noch etwas billiger ginge. Ganz anders in Miami Beach, wo Morris Lapidus einem Ort zu vor dem Hintergrund von I. und II. Weltkrieg, sowie der Depressionsjahre zwischen den Kriegen. Damit sollen keinesfalls jene Image und Profil verhalf. Denn erst das 1954 eröffnete Fontainebleau Ausnahmen gering geschätzt werden, die es gibt. Etwa in Hall in und das nebenan zwei Jahre später fertig gestellte Eden Roc setzten Tirol (heute: Parkhotel; vormals Turmhotel Seeber; Architektur Lois Miami Beach auf die Karte der Schönen und Reichen. Das Odium Journalist Klaus Leuschel über die Welt der Grandhotels und darüber, dass Designspitzenleistungen auch in der Fünf-SterneTradition erst dann zum Tragen kommen, wenn auch die Gastfreundschaft die entsprechende Qualität aufweist.
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apart from the norm – and that these fakes affect the trust-based rela- a fraction of what it is today and, with a little practice, a would-be expert tionships between grower, critic, retailer, restaurateur and consumer. The could realistically learn to tell them apart by taste. Contrast this with the wine lover puts their faith in the label and the genuine quality promised current situation: countless territories and styles now compete with one by the name of the grower. The restaurateur uses expensive fine wines another, the popular society game of having someone blind-taste a wine to boost their image and to reassure customers as to the calibre of their and guess its identity has become impossibly difficult – and the oldestablishment – even if the guest doesn’t order that particular wine, its school connoisseur has been consigned to history. Today, it’s no longer mere presence, given the reputation of its name, is enough to inspire con- a question of knowing the costliest and the best, of being an ambassafidence in the rest of the wine list. The critic, meanwhile, derives his or her dor for the crème da la crème; instead we have swapped that hegemony legitimacy from annual assertions of the quality of ultra-premium wines, of the few for an open, pluralist market that allows various opinions and at the same time enhancing the independence of retailers, restaurateurs viewpoints to exist side by side. This can be seen in the design of the and consumers – and, of course, of the producer. After all, it is the critic’s bottles, for instance, or in the innovative wine names that neatly sidestep ratings that enable the grower to charge such a high price for their product, the often complicated and confusing nomenclature of territories (which of us can honestly say they know exactly what lies behind appellations something from which both suppliers and stockists profit handsomely. It’s not for nothing that ultra-premium wines line the shelves of count- such as Batard-Montrachet Grand Cru or Rüdesheimer Berg Rottland less restaurants and fill their leather-bound wine lists, hammering home a Riesling Spätlese?). message that says: “we know about fine food and drink; you’re in good The true magic of wine lies in its creation, in all those unchangeable hands with us”. But what if that promise turned out to be based on a lie, if factors that affect the growth of the grape, enrich its flavour and influence guests were unwittingly savouring cheap plonk instead of the finest wine? the taste of the resulting drink, in the complex interplay of climate, soil and That’s the thing about wine – its exterior might be perfect, a convinc- site that determines the taste of a wine, and in the work of the grower in ing illusion, but only a closer inspection of the contents can reveal the both vineyard and cellar. Understanding that, of course, is far harder than truth. To take just one example: a wine might offer wonderful aromas of simply looking for the highest or lowest price or the most famous name cedarwood, tobacco and vanilla but never have been anywhere near a – and for the uninitiated, it can, at first glance, seem off-puttingly combarrique. This is made possible by a vinification technique that eschews plex. But for those who aren’t discouraged, it offers the wine drinker the lengthy maturing in expensive new oak barrels in favour of tea bag-style opportunity to engage on a much deeper level with their chosen tipple infusions of toasted oak chips. This rapid aroma enhancement enables instead of simply going by a wine’s superficial taste, which, regardless of growers to avoid the expense of such barrels, which cost up to a thousand price, might have been created in all manner of ways. The individual is thus able to take charge, to seek out for themselves euros but can only be used three times, and thus allows them to sell ‘barrique’ wines far more cheaply or at greater profit than their competitors. the things that please and reassure them and promise enjoyment – be it the What’s more, we know from the experience of numerous tastings that location of the vineyard, a personal connection to the grower or an emothese fast-oaked wines can actually be more harmonious in taste than tional attachment to a wine. Innovative restaurants are taking advantage of those aged in barrels. They don’t therefore even need to compete with this new situation, treating the wine-drinking guest as an equal and avoidgenuine barrique wines, which may be more authentic but are also often ing the well-worn path of offering overly familiar products by the same old over-oaked, in order to seduce wood-hungry wine critics. names. This, in turn, brings benefits for us as customers – after all, which We are all to some extent in thrall to the aura of wine. This aura, discerning guest wouldn’t be happy to be served a pleasant surprise? though, derives not from aroma infusions, even if the result comes worryingly close to the thing it aims to ape. In the end, though, it’s not about Fabian Lange is an architect, journalist and author, and the brother of film dihow good the wine tastes, because both the cheapest and the most ex- rector, journalist and author Cornelius Lange. Together, they regularly write pensive wines can offer the consumer affirmations of quality. Let’s just about food, wine and lifestyle for the Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, Die Zeit, Zeit-Online and news magazine Stern. say that the myth of an ultra-premium price equating to ultra-premium quality is the most facile conclusion a wine can inspire. “Pay the highest price”, goes the assumption, “and you’ll get the best wine”; the consumer’s expectations are thus determined by the size of their wallet. A similar principle can be seen in action at the other end of the scale, where consumers assume the cheapest wine will still be good enough – and are just as susceptible to being sold a knockoff, as our research into counterfeit wine at discounters revealed. In the face of such attitudes, a wine like the fake Sassicaia might just be the perfect product: it can be made in unlimited quantities for a fraction of the cost, it meets wine drinkers’ expectations and can be priced as the market requires – just like a knockoff Louis Vuitton bag. The truth, though, is that the appeal of a wine and of its aura is not determined simply by its price. By way of background, it is worth recalling how things once were. Back in the day, wine connoisseurs were part of a small, privileged group of people who were knowledgeable about the world of 19th- and 20thcentury wines. At this time, the range of wines on the market was just
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Airbnb Gastfreundschaft 2.0 Airbnb is a privately owned company, founded in San Francisco by Brian Chesky and Joe Gebbia in 2008. It offers an online platform for private ‘hosts’ to offer shortterm accommodation to ‘guests’ for a fee. According to their Wikipedia page entry, in November 2012 Airbnb had over 250,000 listings in 30,000 locations worldwide. It makes its money predominantly from the 6-12% service fee charged for each booking. Airbnb has now grown so large it is beginning to impact the hotel industry in some places (there are over 4,000 rooms listed in Berlin, for example). It offers a more personal and individual connection to a destination for travellers – a way of connecting directly with locals. The rooms on offer are somehow more ‘real’, more authentic, less universally ‘designed’ in the worst possible meaning of the word. It is also turning thousands of would-be hosts into part time entrepreneurs and connecting them with real individuals from a virtual medium. And there is – so far – no official red tape. The phenomenon is part of a bigger environmental, economic and lifestyle shift, facilitated by the Internet, where private individuals can capitalize on their assets by selling and leasing and sharing them across similar platforms. Hospitality 2.0 it may be, but it is also not so different from the make-do-and-mend culture most people live in anyway – the scale has just become gigantic. SL Airbnb ist ein privat geführtes Unternehmen mit Sitz in San Francisco, das 2008 von Brian Chesky und Joe Gebbia gegründet wurde. Es stellt eine Online-Plattform zur Verfügung, auf der private Gastgeber gegen eine Gebühr Gästen eine kurzfristige Unterkunft anbieten können. Laut Wikipedia-Eintrag verbuchte Airbnb im November 2012 weltweit über 250.000 Einträge an 30.000 Standorten. Das Unternehmen finanziert sich überwiegend über die Servicegebühr, die 6-12% pro Buchung beträgt. Airbnb ist mittlerweile so stark gewachsen (allein in Berlin werden beispielsweise 4.000 Zimmer angeboten), dass bereits Hotels vor Ort die Auswirkungen zu spüren bekommen. Das Konzept bietet einen persönlichen und individuellen Zugang am Reiseziel – eine gute Möglichkeit, direkt in Kontakt mit Einheimischen zu kommen. Die angebotenen Zimmer im Angebot sind „echter“, authentischer, weniger – im schlimmsten Sinne des Wortes – universell „gestaltet“. Darüber hinaus werden tausende verhinderte Gastgeber zu Teilzeit-Unternehmern, die über ein virtuelles Medium mit realen Personen in Berührung kommen. Und es gibt – bisher – keine offizielle Bürokratie. Das Phänomen ist dank Internet Teil einer größeren ökologischen, wirtschaftlichen und Lifestyle-Verschiebung, in deren Folge Privatpersonen davon profitieren, dass sie auf Plattformen dieser Art persönliche Güter verkaufen, verpachten und teilen können. Man könnte es Gastfreundschaft 2.0 nennen, es unterscheidet sich jedoch auch nicht so grundlegend von der Make-Do-And-Mend (Aus-AltMach-Neu)-Kultur, in der die meisten Menschen ohnehin schon leben – nur, dass die mittlerweile gigantische Ausmaße angenommen hat. SL airbnb.com
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Focal Theme 77
Portable Purism Purismus f端rs Handgelenk Text: Norman Kietzmann
Mit dem Modell „Avietta“ ersann die Mailänder Taschenmanufaktur Valextra das erste Reisegepäck des Jetzeitalters und bleibt ihrem Verzicht auf Logos bis heute treu. Die Strenge ihrer Entwürfe verdankt die Manufaktur einem Puristen par excellence: dem Mailänder Architekten, Designer und Grafiker AG Fronzoni. Taschenhersteller gibt es wie Sand am Meer. Doch nur die wenigsten üben sich in Diskretion. Ihre Kunden in unfreiwillige Werbemaskottchen zu verwandeln, kam der Mailänder Taschenmanufaktur Valextra seit ihrer Gründung im Jahr 1937 nicht in den Sinn. Statt mit Logos überzeugen die Taschen, Koffer und Accessoires mit einer klaren wie zeitlosen Formensprache und werden seit mehr als einem halben Jahrhundert fast unverändert produziert. Hätte die HfG Ulm mit der Gestaltung von Taschen begonnen, sähe das Ergebnis wohl kaum anders aus. Um der Moderne und nicht der Mode zu folgen, ging die Manufaktur unter der Regie ihres Gründers Giovanni Fontana in die Offensive. 25 Farben umfasst die Palette, in der sämtliche Lederwaren zur Auswahl stehen – ergänzt um zwei Sonderfarben in jeder Saison. Nicht Trends bestimmen, was die Kunden heute tragen (und in der nächsten Saison möglichst schnell wieder ad acta legen sollen), sondern allein ihr persönlicher Geschmack. „Wir wollen, dass unsere Taschen auch in zwanzig, dreißig oder fünfzig Jahren noch getragen werden. Sie geben ein sicheres Gefühl“, sagt Marco Scarpella, der heutige Geschäftsführer von Valextra. Dem Zeitgeist folgt die Manufaktur durch ein waches Auge auf den Gebrauch. Als in den 60er-Jahren besonders schmale Zigarettenhosen in Mode waren, reagierte Valextra mit der Unisex-Tasche „Tric-Trac“. In dem kompakten Modell, das sich locker am Handgelenk tragen ließ, konnten Männer und Frauen all jene Dinge unterbringen, die in den engen Hosentaschen keinen Platz mehr fanden. Auch beim Reisegepäck war Valextra Vorreiter. Statt voluminöser Schrankkoffer aus dem 19. Jahrhunderts fertigte die Manufaktur in den 50erJahren das erste Reisegepäck des Jetzeitalters. 1954 wurde die Aktentasche „24 ore“ vorgestellt, die Platz für ein zusätzliches Hemd und Wechselwäsche bot und auf Anhieb mit dem italienischen Designpreis Compasso d‘Oro ausgezeichnet wurde. Mit dem Modell „Avietta“ wurde Ende der 50er-Jahre die erste Reisetasche speziell für Piloten entwickelt, die zur Blaupause für die gesamte Trolley-Industrie wurde. „Wir werden die Proportionen dieses Modells nie verändern. Wir versuchen lediglich, die Tasche mit neuesten Materialien leichter und widerstandsfähiger zu machen“, erklärt Marco Scarpella. Wurden die ersten Modelle aus reinem Leder gefertigt, kommt für die aktuelle „Avietta“ ein eigens für Valextra entwickeltes HightechTextil zum Einsatz. Selbst Messer können das extrem leichte Fasergemisch aus Kevlar und Polyamid nicht
durchtrennen. „Um die Tasche zu zerstören, müsste man schon auf sie schießen“, sagt Marco Scarpella sichtlich zufrieden. Dass die Manufaktur bis heute ihrem Gründergeist verbunden bleibt und reißerischen Entwürfen zu widerstehen vermochte, mag ungewöhnlich für ein Unternehmen aus dem Umfeld der Mode erscheinen. Doch Valextra verdankt seine strenge Linie einem Puristen par excellence: dem Mailänder Architekten, Designer und Grafiker AG Fronzoni (siehe form 245), der in den 60er- und 70er-Jahren als Art Director die kreativen Geschicke des Unternehmens leitete und Klassiker wie die Aktentasche „Premier“ entwarf. Fronzoni war es auch, der dafür sorgte, dass sämtliche Verschlüsse, Schnallen und Griffe patentiert wurden und heute bei keinem anderen Hersteller zu finden sind. Produziert werden die Gepäckstücke und Accessoires in Bergamo im Nordosten von Mailand. Rund 50 Mitarbeiter umfasst die Produktion, knapp 90 sind es im gesamten Unternehmen. Jede Tasche wird nur von einem Handwerker hergestellt, dessen Kürzel zusammen mit der Seriennummer und dem Herstellungsdatum diskret im Innenleben vermerkt wird. Auf Wunsch können auch Monogramme der Kunden eingebrannt werden, während ein Maßservice Sonderformate und exotische Ledersorten bedient. So ließ Maria Callas einst eine Hutbox aus Nilpferdleder anfertigen, während der Emir von Kuwait gleich vierzehn Flugzeugkoffer aus Elephantenhaut bestellte. Eine Spur von Extravaganz darf schließlich auch über den Wolken nicht fehlen. Purismus hin oder her.
‘Avietta’; the world’s first modern-day suitcase, was created by Valextra of Milan, a luxury leather goods company committed to logo-free products that speak for themselves. Valextra owes the austerity of its designs to the Milanese architect, designer, graphic artist and purist par excellence, AG Fronzoni. Bag manufacturers these days are two a penny, yet few of them could be described as discreet. Valextra, by contrast, a Milanese maker of luxury leather goods founded in 1937, would never dream of using its customers as advertising space. Without logos emblazoned all over them, its bags, suitcases and accessories set themselves apart through the sheer elegance and timelessness of their design, which has remained virtually unchanged for over half a century. Had the Ulm School of Design ever turned its hand to bags, surely this is how they would have looked. Determined to follow the times and not the latest fad, Valextra’s founder, Giovanni Fontana, went on the offensive. All the items in the collection can be had in a choice of twenty-five colours with two special shades for each season. Instead of allowing ephemeral fashion to dictate what customers wear today (and discard again tomorrow), Valextra places its faith in individual taste. “We want our bags to
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Feature 79
Apfel Zet Arabeschi di Latte Text: Sophie Lovell
Für die Ausgabe zum Thema „Hospitality“ geht die form-Serie mit Postern in limitierter Auflage weiter – mit einer Zusammenarbeit zwischen den italienischen Food Event Designern Arabeschi di Latte und dem in Berlin lebenden Illustrator Roman Bittner von Apfel Zet. Arabeschi di Latte ist ein experimentelles Food Design-Kollektiv, das Francesca Sarti im Jahr 2001 gründete. Das Kollektiv „verwischt die Grenzen zwischen Nahrung und Design“ und „benutzt Nahrung als Kommunikationswerkzeug“. Es hat eine Vielzahl von Projekten, die mit Nahrung zu tun haben, entworfen und ausgestellt – zum Beispiel Pop-up-Cafés, besondere Abendessen und Workshops in der ganzen Welt oder die interaktive Installation „Pasta Herbarium“ für die Ausstellung De Etende Mens im Design huis in Eindhoven. Darüber hinaus im vergangenen Jahr das M25 Luncheon Pop-up-Café in dem Projekt Studio Toogood Backroom im Rahmen der 100% Design in London (siehe form 244). Nach Abschluss ihres Studiums an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart im Jahr 1997 gründete das Ehepaar Julia und Roman Bittner ihr Grafi kdesignbüro Apfel Zet zusammen mit Jarek Sierpinski. Als Kinder der späten 1970er und frühen 80er-Jahre verstehen sie sich selbst als „Eklektiker und Kritiker der Moderne, die nicht davor zurückscheuen, die Fülle an Stilrichtungen, die die Welt des Grafi kdesigns bietet, in Angriff zu nehmen und miteinzubeziehen“. Sie mögen vor allem aufwändig verzierte und überladen florale Motive, zitieren aber auch den Konstruktivismus, die Ulmer Schule und die Schweizer Typografie. Zu ihren Kunden zählen u.a. Penguin Books, Die Zeit und Bauwelt. Die Zusammenarbeit für diese Ausgabe war keine naheliegende Kombination von Partnern: Durch und durch postmoderne Illustratoren treffen auf ein Food-Happening-Kollektiv. Wir waren überhaupt nicht sicher, was dabei als Ergebnis herauskommen könnte. Komischerweise glich die Art ihrer Zusammenarbeit letztlich einer eigentlich traditionellen Brandingübung – wenn auch mit einer eher großen, uner warteten Wendung. Francesca Sarti schlug die abenteuerliche Grundidee eines nächtlichen Gelages in einer barocken Kulisse wie der beeindruckenden Joanina-Bibliothek in der Universität von Coimbra in Portugal vor. Es war eine mythische Vision mit seltsamen, dem Essen zusammenhängenden Sitten und Ritualen, die durch Kreaturen der Nacht – darunter Fledermäuse und gruselige Krabbeltiere – vervollständigt wurde. Roman Bittner nahm den Faden auf und setzte ihre Vision in einer Reihe alternativer Verpackungsdesigns für „Nocturno Dining“-Feinschmecker um; oder, mit Sartis Worten: „Vier farbige Schachteln, vier unterschiedliche Rezepte, eine Marke und ein imaginäres „Nocturno Dining“-Feinkostlabel, das mysteriöse und faszinierende Delikatessen für unerwartete nächtliche Snacks bewirbt.“ Eine überraschende, noch dazu irgendwie erfreulich (er)füllende Synergie.
82 Carte Blanche
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For the ‘Hospitality’ issue, form magazine’s limited edition poster series continues with a collaboration between the Italian food event designers Arabeschi di Latte and Berlin-based illustrator Roman Bittner from Apfel Zet. Arabeschi di Latte is an experimental food design collective founded by Francesca Sarti in 2001. They “blur the boundaries between food and design” and “use food as tool to communicate”. They have created and exhibited a variety of food-related projects such as pop up cafés, special dinners and workshops around the world including the interactive installation ‘Pasta Herbarium’ for De Etende Mens exhibition at Designhuis in Eindhoven and the M25 Luncheon pop up café at the Studio Toogood Backroom project in London during 100% Design last year (see form 244). Husband and wife team Julia and Roman Bittner set up their graphic studio Apfel Zet together with Jarek Sierpinski after leaving the Stuttgart Academy of Art in 1997. As children of the late ‘70s and early ‘80s they see themselves as “eclecticists and modernism critics who are not afraid to tackle and incorporate the plethora of styles that the world of graphic design has to offer”. They are particularly fond of heavily decorative and overladen fl oral motifs but also cite constructivism, the Ulm School and Swiss typography amongst their infl uences. Clients include Penguin Books, Die Zeit and Bauwelt. This issue’s collaboration was not an obvious combination of partners: thoroughly postmodernist illustrators meet a food happening collective. We were not at all sure what the result would be. Strangely enough the way they ended up working together was in a fairly traditional branding exercise – albeit with a rather large twist. Francesca Sarti suggested an adventurous starting idea of a nocturnal feast in a baroque setting like the impressive Joanina library in the University of Coimbra in Portugal. It was a mythical vision with strange food-related customs and rituals, complete with creatures of the night, such as bats and creepy crawlies. Roman Bittner took up the baton and turned her vision into a set of alternative packaging designs for ‘Nocturno Dining’ gourmands, or in Sarti’s words: “Four coloured boxes, four different recipes, one brand, and an imagined ‘Nocturno Dining’ deli label, promoting mysterious and intriguing delicacies for unexpected night-time snacks”. A surprising, but somehow rather satisfying synergy. arabeschidilatte.org apfelzet.de
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Carte Blanche 83
Discourse Mit Hammer und Waage Design Revolution 2013 Text: Harald Gruendl
„Design im Übergang zum Sozialismus“, „Die Grenzen des Wachstums“, 2000-Watt-Gesellschaft, Sustainable Design. Die Thematik und die damit verbundene Problematik sind uns durchaus geläufig, mitunter aber zu abstrakt. Wie können wir mit möglichst geringem Aufwand und für jeden nachvollziehbar ein Bewusstsein dafür schaffen, unsere (Um)Welt verträglich zu gestalten? Der Designer und Philosoph Harald Gruendl stellt die Werkzeugkiste für das Design der Zukunft vor. „In der Metropole lassen sich – zumal im gesellschaftlich sensibilisierten Bewußtsein – Symptome einer Legitimationskrise des Industrial Design beobachten, die sich in Entwurfsskepsis, Entwurfsapathie und sogar Entwurfsverweigerung manifestieren. Diese Symptome verweisen auf einen spürbaren Mangel an gesamtgesellschaftlichem Bezug der Entwurfstätigkeit unter den Bedingungen des Spätkapitalismus als eines dem Anschein nach ultrastabilen Systems, in dem alles erlaubt ist, mit einer einzigen Auflage: der Alternativenlosigkeit.“ Gui Bonsiepe verfasste diese kritische Einschätzung unserer Konsumkultur Mitte der 1970er-Jahre, zurückgekommen von einem sozialpolitisch emanzipatorischen Projekt in Chile. Dort hatte er von 1971 bis 1973 im Chile der Unidad Popular mit einem Team von Gestaltern an einer (sozialistischen) Designrevolution gearbeitet. „Design im Übergang zum Sozialismus“ nannte er dann auch die Studie, die 1974 als erster Band der Reihe „Designtheorie. Beiträge zur Entwicklung von Theorie und Praxis des Industrial Designs“ publiziert wurde, herausgegeben von der Redaktion Designtheorie (Bernhard E. Bürdek et al.) als mutiger Beitrag zu einer sich etablierenden deutschen Designtheorie, die nach Ulm und dem Bauhaus neue Perspektiven eröffnete. Mittlerweile hat, wie wir ja wissen, die Designpraxis und Designtheorie auch schon wesentlich unkritischere Zeiten hinter sich. Zeiten, in denen sich alle mit der Alternativenlosigkeit des spätkapitalistischen Systems abgefunden haben. Dies alles eingebettet in eine immer unkritischer werdende publizistische Landschaft, die immer öfter unreflektiert die „grün“ gewaschenen Pressetexte abtippt. Die soziale Ausrichtung des chilenischen Designrevolutions-Programms beruht auf einer extremen Mangelsituation an eigenen Ressourcen mit der gleichzeitigen Notwendigkeit, Devisen zu sparen. Ziel war es, die Abhängigkeit von außen zu minimieren, Design wurde ein wichtiger und strategischer Faktor, um Resilienz und Autarkie des Systems herzustellen. In den industrialisierten Ländern sind wir heute weit entfernt von dieser Ausgangssituation – scheinbar. Denn die von uns konsumierten Ressourcen sind extrem ungerecht verteilt in der Welt. Wir wissen das, aber wir tun nichts dagegen. Mangelnde globale Solidarität ist der Grund für dieses weltunverträgliche Wirtschaften. Dazu kommt, dass die Umweltauswirkungen unseres Lebens so sind, dass man sich fragt, wie wir da wieder runterkommen auf ein Maß, das Luft, Wasser, Boden und Erdatmosphäre nicht auf Generationen verseuchen wird. Anfang der 1970er-Jahre, als die im Auftrag des Club of Rome erstellte Studie „The Limits to Growth“ (dt: Die Grenzen des Wachstums) publiziert wurde, zweifelte man an den für das Jahr 2012 prognostizierten Entwicklungen. Mittlerweile gibt es einen Nachfolgebericht, der bis ins Jahr 2052 zeigt. Grund zur Besorgnis? Nein, wenn endlich etwas dagegen getan würde, dass zum Beispiel – nach Berechnungen des Global
84 Discourse
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Footprint Networks – Deutschland mehr als das Doppelte seiner Biokapazität in Anspruch nimmt. Oder wenn die Entwicklung gestoppt werden könnte, dass wir, global gesehen, bereits eineinhalb Erden verbrauchen und jedes Jahr etwas früher den „World Overshoot Day“ feiern können. Wie das weitergeht, wenn wir nichts tun, das kann sich jede(r) leicht selbst ausmalen. Das Wachstumsparadigma ist mit ein Grund für dieses weltumspannende Fehlverhalten und für mangelnde Zukunftsfantasien. Mit den uns heute zur Verfügung stehenden Mitteln und Informationen ist es einfach, alles auf den Tisch zu bekommen, um sich selbst ein Bild zu machen und um es besser zu machen. Das IDRV-Institute of Design Research Vienna hat für die Ausstellung „Werkzeuge für die Designrevolution“ Strategien und Werkzeuge recherchiert, die uns allen helfen können, ein weltverträglicheres
Verhalten zu gestalten. Mir gefällt die Kiste mit den Basiswerkzeugen des Designs der Zukunft am besten: ein Hammer, ein Schraubendreher, eine Diätwaage, ein Strommessgerät, ein Taschenrechner und ein Block mit Bleistift. Und wie kann damit nun die Welt gerettet werden? Ganz einfach. Man besorgt sich von der Weltenergieagentur die aktuelle Zahl, wie hoch der momentane Gesamtenergieverbrauch der Welt ist. Diese Zahl wird mithilfe des Taschenrechners durch die Anzahl der Menschen auf der Welt dividiert,um jenen Energieverbrauch pro Kopf zu erhalten, der fair wäre. Das haben Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen der ETH Zürich gemacht und daraus das Konzept der 2000-Watt-Gesellschaft abgeleitet. Gemeint ist damit der Energieverbrauch, den unser gesamter Lebensstil beansprucht. Im Moment verbrauchen wir in Mitteleuropa pro Kopf und Tag rund 6000 Watt
(=144 kWh/Tag) für die Bereiche Wohnen, Mobilität, Ernährung, Konsum und Infrastruktur. Trotz der enormen Herausforderung, die diese Reduzierung für unsere Gesellschaft und Wirtschaft darstellt, hat sich die Stadt Zürich in einem Volksentscheid mit hoher Mehrheit dafür entschieden. Im Züricher Expertenbericht steht: „Um den Klimawandel nicht weiter zu verschärfen und den Ressourcenverbrauch zu reduzieren, ist es unerlässlich, den Energieverbrauch pro Person auf etwa einen Drittel, also 2000 Watt und den CO2-Ausstoß um rund 80% auf maximal eine Tonne pro Person und Jahr zu senken.“ Eine mutige und ambitionierte, aber zukunftsfähige Analyse. Also wagen wir gemeinsam mit unseren Basiswerkzeugen einen Blick in die Zukunft um 2050 und die damit zusammenhängenden gestalterischen Herausforderungen. Soziale und technische Nachhaltigkeit
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Discourse 85
On Show Aspen Magazine 1965-1971 Speichermedium Text: Angharad Lewis
Whitechapel Gallery’s Aspen Magazine exhibition is a treat, not only as a rare opportunity to see many examples of this ground-breaking publication in one place, but also because it sheds light on a seminal episode in magazine-making. Aspen was the brainchild of Phyllis Johnson, previously editor of Women’s Wear Daily and Advertising Age, and clearly a well-connected woman – she pulled in contributions from the leading lights in art, literature, music and design of the day. The magazine was inspired by Johnson’s experience at the International Design Conference in Aspen (IDCA), where, since it’s launch in 1949, the most influential and innovative designers from all fields convened with industrialists, engineers and business people for annual talks, seminars and socialising. The convivial and enlightening setting of Aspen provoked Johnson to set about creating a printed equivalent for the exchange of ideas. She gave legendary figures like Andy Warhol, William Burroughs, Marshall McLuhan and John Cage a vehicle to explore the bounds of the magazine format and publish work outside of their ‘usual’ media. Today the term multimedia is a commonplace prefix to creative endeavours but in 1965 it was a novel concept: each issue of Aspen came in a box containing components in numerous formats. There were all sorts of variations on printing and binding (even a sewing pattern for
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“British knickers”, by Ossie Clarke) as well as flexi disk audio recordings, super-8 movie reels and cardboard models. In her editorial for the first issue Johnson wrote: “in calling it a ‘magazine’ we are harking back to the original meaning of the word as a ‘storehouse, a cache, a ship laden with stores... In short Aspen is the first three-dimensional magazine”. There have been others since (the luxurious high-end Visionaire magazine stands out) but Aspen was perhaps the most editorially exciting, as well as the first to really challenge the conventions of the magazine as medium. The multimedia possibilities for magazines today are bountiful thanks to digital technology, making what Johnson achieved within the technological limitations of the time seem all the more impressive. With a dazzling roll-call of contributors from The Velvets to Lennon, Barthes and Sontag you expect brilliance, but there is also the human touch in Aspen – that magic ingredient that gives magazines the feeling of a world you want to belong to. One can only imagine the reader’s excitement on opening an issue of Aspen for the first time. Inside Warhol’s detergent box cover for issue three were treasures including original sound recordings, a collection of artists’ work on post cards and an eight-page tabloid newspaper. Visitors to the Whitechapel exhibition are denied the full tangible experience, as these rare copies are behind glass. But the display makes amends by filling in the ‘making-of’ story and by recreating Aspen’s multimedia impact with film projections and audio listening stations. Magazine enthusiasts of a nosey persuasion can read letters between Susan Sontag and Aspen’s editors, see photographs of the editorial team at work and other intimate documents – a satisfying, immersive experience. The Aspen story has resonance for anyone engaged in independent publishing today – the financial difficulties that led to its eventual closure in 1971 (ads were confined to a separate section or banished altogether) and delivery (the US postal service refused to class Aspen as a magazine and grant it reduced postal rates) may ring bells. But the positives in Aspen’s story should also inspire today’s publishers – Johnson’s innovative approach to editorial and format have become benchmarks. Like some of the music and art stars who contributed to Aspen, its early demise has only served to amplify the legend. Die Aspen Magazine Ausstellung in der Whitechapel Gallery ist ein Leckerbissen – nicht nur, weil sie die seltene Gelegenheit bietet, viele Beispiele dieser bahnbrechenden Publikation an einem Ort zu sehen, sondern auch, weil sie ein neues Licht auf eine einflussreiche Episode des Zeitschriftenmachens wirft. Aspen war das geistige Kind von Phyllis Johnson, der früheren Herausgeberin von Women’s Wear Daily und Advertising Age: Eindeutig eine Frau mit guten Beziehungen – sie beschaffte Beiträge der damals führenden Köpfe aus Kunst, Literatur, Musik und Design. Die Zeitschrift wurde durch Johnsons Erfahrung im Rahmen der International Design Conference in Aspen (IDCA) inspiriert, wo sich seit deren Gründung im Jahr 1949 die einflussreichsten und innovativsten Designer aller
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Agenda Messen, Festivals und Veranstaltungen Fairs, Festivals and Events Salone del Mobile
Fiera Milano Exhibition Centre and throughout Milano 9 – 14 Apr 2013
Als fester Termin im Kalender jedes Designers, der meisten Designkuratoren und Messeeinkäufer ist der „Salone“ Jahr für Jahr exponentiell gewachsen. Messe und Off-Programme bieten eine große Bandbreite an Gesprächen und Partymeilen von bekannten Marken in ganz Mailand, Pop-up-Stores, umgebaute Lagerhäuser und eine Vielzahl von Initiativen, um die Aufmerksamkeit eines großen, internationalen Publikums auf sich zu ziehen. Dieses Jahr wurde der Architekt Jean Nouvel, Gewinner des Pritzker-Preises (2008), mit der Umsetzung eines umfassenden Projekts beauftragt, das zeitgenössische Bauformen untersucht und die zahlreichen Veränderungen in Wohn- und Arbeitsräumen interpretiert. Seine Auswahl steht unter dem Motto Genuss / Vergnügen. A fi xed date in the calendar of every designer, most design curators and trade buyers, the ‘Salone’ has been growing exponentially year after year with a huge range of related talks and party circuits by renowned brands throughout the city of Milan, pop-up stores, transformed warehouses and all manner of initiatives to capture the attention of its vast international audience. This year, the Pritzker prize-winning architect (2008) Jean Nouvel has been commissioned to carry out a large-scale project that explores contemporary building options and interprets changes that abound in living and working spaces, with a theme of pleasure driving his special selection. salonedelmobile.com
Meet My Project Studio Next, Milano 9 – 13 Apr 2013
Die Plattform Meet My Project präsentiert während der Möbelmesse in Mailand eine der kleineren, richtungsweisenden Veranstaltungen mit jungen Talenten und ausgewählten, innovativen Objekten aus der Welt des Textilund Möbeldesigns sowie der neuen Technologien. Das Hauptaugenmerk liegt auf unterschiedlichen Formen der Interaktion zwischen Design und seinen Benutzern sowie der Wertvermittlung und den Verhaltensänderungen, die das Design bewirkt. Über 30 internationale Designer werden vorgestellt, Videointerviews personalisieren und offenbaren den kreativen Prozess, der hinter den Produkten steht. The Meet My Project platform will be hosting one of the smaller, cutting edge
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events during the Salone week that will feature emerging talents and selected innovative objects in the world of textile, furniture design and new technologies. The focus will be upon ways in which design interacts with the user, conveys values and changes behaviours. Over 30 international designers will be featured, and video interviews will personalize and reveal the creative processes behind the products. meetmyproject.com
Design Days Dubai
18 – 21 Mar 2013
Nach ihrer Premiere im Jahr 2012 sind die Design Days in Dubai diesmal dem Thema Sammlerstücke im Design und in der Designkunst im Nahen Osten gewidmet. Eine Veranstaltung für alle, die einen Einblick gewinnen wollen, sowohl in die Designtrends, die die Galerien in diesem Teil der Welt kuratieren – etwa die Carwan Gallery und die SMO Gallery aus Beirut – als auch in die junge Stadt Dubai, die sich zum Spielplatz für Stararchitekten entwickelt hat. Zahlreiche Galerien, von Südamerika bis zum Fernen Osten wurden eingeladen, darunter viele, die sich noch nie einem internationalen Publikum präsentiert haben. Die Messe wird umrahmt von Seminaren, Vorführungen und Präsentationen. Launched in 2012, Design Days in Dubai is dedicated to collectable design and design art in the Middle East. For those wishing to tap into design trends curated by galleries from this part of the world, such as the Carwan Gallery and SMO Gallery from Beirut, and to take in the young city that has become the playground for starchitects, this is an event to attend. Many galleries will be invited from South America to the Far East, some of whom have never before exhibited to an international audience. The fair will also be enlivened by seminars, performances and presentations. designdaysdubai.ae
Ambiente 2013
Messe Frankfurt 15 – 19 Feb 2013
Die Ambiente ist eine der wichtigsten Messen der Konsumgüterbranche. Sie präsentiert internationale Aussteller und bietet spezielle Bereiche für neue Designtalente aus diesem Bereich. 30 junge Designer zeigen ihre Arbeiten in den Sektionen Dining und Loft. Dem gegenwärtigen Trend Folge leistend, versprechen Designkonferenzen, Präsentationen und Preisverleihungen ein volles Programm neben der eigentlichen Messe, darunter z.B. Design Plus, der Wettbewerb der Messe Frankfurt, der sich auf herausragendes Design, das neu am Markt ist, konzentriert, oder der German Design Award 2013, der am 15. Februar verliehen wird. One of the most important trade fairs for the consumer-goods sector, Ambiente, will feature international exhibitors and provide designated spaces for new design talents in the fi eld. 30 emerging designers will present their work in the dining and loft sections. Following the current growing trend, design conferences, presentations and awards ceremonies will ensure a packed program beyond the fair itself. Design Plus by Messe Frankfurt is one such competition that aims to focus upon outstanding design that is new on the market. The German Design Award will be presented on 15 Feb. ambiente.messefrankfurt.com
The spring literary event in the charming city of Leipzig attracts both the established and the experimental in the world of book publishing and has grown in signifi cance in recent years. This year’s outstanding fantasy literature will be awarded the Seraph 2013 prize. The fair is a massive draw for publishers and an ideal communication platform – reputedly over 2,000 events will be held at 350 different locations during the four days of the fair. leipziger-messe.de
Pictoplasma Conference and Festival
Berlin 10 – 14 Apr 2013
Das „weltweit führende Festival der modernen Figurenkultur“ kehrt im Frühjahr in seine Heimatstadt Berlin zurück und verspricht, eine große Zahl von Schlüsselfiguren aus diesem Bereich zu vereinen. Das Programm umfasst eine Mischung aus Künstlergesprächen, Ausstellungen, einem Animationsfi lmfestival, Vorträgen und Präsentationen der besten Avantgarde-Bildproduzenten unserer Zeit. Zu den Sprechern gehören: LowBros, Jeff Soto, Olimpia Zagnoli und El Grand Chamaco. The “world’s leading festival of contemporary character culture” is back in it’s home town of Berlin this spring and promises to draw a big crowd of key fi gures in the fi eld. The programme will include a mix of artist’s talks, exhibitions, animation fi lm festival, lectures and presentations from the best of today’s avant garde image producers. Speakers will include: LowBros, Jeff Soto, Olimpia Zagnoli and El Grand Chamaco. berlin.pictoplasma.com
Leipziger Buchmesse – Leipzig Book Fair 2013
14 – 17 Mar 2013
Das literarische Frühjahrsevent in der charmanten Stadt Leipzig lockt die etablierten und experimentellen Mitglieder der Verlagswelt an und hat in den vergangenen Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen. Der Seraph wird auch dieses Jahr für herausragende fantastische Literatur verliehen. Die Messe ist ein enormer Anziehungspunkt für Verlage und eine ideale Kommunikationsplattform – an den vier Messetagen werden über 2.000 Veranstaltungen an 350 verschiedenen Schauplätzen stattfi nden.
Austellungen Exhibitions
Trading Style – World Fashion in Dialogue
Against the Grain – Wood in Contemporary Craft and Design
Clementine Deliss, Direktorin des Weltkulturen Museums in Frankfurt, verkündet eine innovative Herangehensweise an das Kuratieren kultureller Tendenzen und Unterschiede im Rahmen dieser Auseinandersetzung vergangener und gegenwärtiger Modewelten. Die umfangreiche Sammlung des Museums mit über 500 Objekten, Fotografien und Filmen wird durch die modernen Augen einer Auswahl internationaler Modelabels (Buki Akib, A Kind of Guise, CassettePlaya und Perks and Mini) neu bewertet. Als Ergebnis ihrer Untersuchungen der weltweiten ethnografi schen Sammlung des Museums schufen sie neue Prototypen von Kleidungsstücken, die von ihrer Auswahl inspiriert wurden. Clementine Deliss, director of the Weltkulturen (World Culture) Museum in Frankfurt, heralds an innovative approach to curating cultural tendencies and differences in this exploration of past and present worlds of fashion. The museum’s extensive collection of over 500 objects, photographs and films is reexamined through the contemporary eyes of a selection of international fashion labels (Buki Akib, a Kind of Guise, CassettePlaya, and Perks and Mini). From their investigations into the museum’s ethnographic collections from all over the world, they created new prototype garments inspired by their selections.
Museum of Arts and Design (MAD), New York 19 Mar – 16 Jun 2013
Diese Ausstellung, die zuvor im Mint Museum in Charlotte NC gezeigt wurde, ist Teil der „Materials & Process“-Serie des MAD, in der moderne Designer und Hersteller Innovationen in traditionellen Designtechniken und -materialien untersuchen. Die unglaubliche Vielseitigkeit von Holz und sein weit verbreiteter Einsatz im Design werden hier in breitem Umfang und allen technischen Details untersucht. Mit über 75 Installationen, Skulpturen, Möbelstücken und Objekten zeigt die Ausstellung Arbeiten von mehr als 50 Künstlern, Designern und Handwerkern – von postmodernen Dekonstruktionen der Form bis hin zu Drechselarbeiten und Möbeltechniken, die für Skulpturen angewandt wurden, sowie die neuesten Technologien für ein ebenso beliebtes wie archaisches Material. This exhibition, previously shown at the Mint Museum in Charlotte NC, is part of MAD’s ongoing ‘Materials & Process’ series, in which contemporary designers and manufacturers explore innovations in traditional design techniques and materials. The sheer versatility of wood and its pervasive use in design is explored here in wide-ranging scope and great technical detail. With over 75 installations, sculptures, furniture items and objects, it features the work of over 50 artists, designers and craftspeople, from postmodernist deconstructions of form, to woodturning and furniture techniques applied to sculpture as well as the latest cutting edge technology applied to a much loved and archaic material. madmuseum.org
Weltkulturen Museum, Frankfurt am Main Bis / until 31 Aug 2013
weltkulturenmuseum.de
auch Andrea Branzi, Nigel Coates und Nendo, haben das Thema in neuen, standortbezogenen Installationen interpretiert. This exhibition explores the relationship between eros and design, drawing from Hinduism and inspired by myths and anthropological studies to present-day attitudes. It looks at how sexuality becomes incorporated in objects and mediates their reception. The innovative take on contemporary design includes archeological fi nds, images, objects and artworks by International artists and designers, but seeks to avoid simple stereotypes. Etruscan vases are shown alongside drawings by Piero Fornasetti and works by Carlo Moline and Ettore Sottsass. Eight international designers including Andrea Branzi, Nigel Coates and Nendo, have interpreted the theme with new site-specifi c installations. triennale.it
Decades of Dissent: Democracy in Action, 1960 – 1980
Skirball Cultural Center, Los Angeles Bis / until 17 Feb 2013
Eine Ausstellung von Protestpostern, die zeigt, wie Grafi kdesign ein Vehikel für sozialen Wandel sein kann. Die Poster befassen sich mit bewegenden Themen und zeigen einige der einprägsamsten Bilder und Slogans ihrer Zeit. Die Arbeiten stehen in Resonanz mit den Themen, die ihre Ära prägten und reflektieren die aufkommende Politik einer Identität, das American Indian Movement und die Rechte von Homosexuellen. An exhibition of protest posters showing how graphic design can be a vehicle for social change. The posters address compelling issues and showcase some of the most memorable images and slogans of their time. The works resonate with the issues that marked their respective eras and refl ect emerging identity politics: the American Indian movement and gay rights.
David Bowie is
Victoria and Albert Museum, London 23 Mar – 28 Jul 2013
Diese Ausstellung könnte zu keinem besseren Zeitpunkt stattfi nden: Die britische Popikone veröffentlicht im Alter von 66 Jahren gerade das erste Album seit 10 Jahren. Das Museum hat für diese erste Retrospektive einer außergewöhnlichen Karriere erstmals umfassenden Zugriff auf das David Bowie-Archiv erhalten. Die Hommage an einen der bahnbrechendsten und einflussreichsten Künstler der Moderne zeichnet Bowies sich wandelnden Stil und seine konstante Neuerfi ndung in den vergangenen 50 Jahren nach. Die Ausstellung beinhaltet auch seine ausgiebige Zusammenarbeit mit Künstlern und Designern in den Bereichen Mode, Sound, Grafi k, Theater und Film. This exhibition could not be more timely, as the British pop icon releases his fi rst album in 10 years at the age of 66. The museum has been given unprecedented access to the David Bowie archive for this fi rst retrospective of an extraordinary career. The homage to one of the most pioneering and infl uential performers of modern times will trace Bowie’s shifting style and constant reinvention over the last 50 years. The show also features his extensive collaborations with artists and designers in fashion, sound, graphics, theatre and fi lm. vam.ac.uk
skirball.org
Kama. Sex and Design
Triennale Design Museum, Milano Bis / until 10 Mar 2013
Diese Ausstellung erforscht die Beziehung zwischen Eros und Design. Sie bezieht sich auf den Hinduismus und wurde von Mythen über anthropologischen Studien bis hin zu modernen Geisteshaltungen inspiriert. Sie untersucht, wie Sexualität in Objekte einfl ießt und ihre Rezeption vermittelt. Der innovative Blick auf modernes Design umfasst archäologische Funde, Bilder, Objekte und Kunstwerke von internationalen Künstlern und Designern, versucht aber, einfache Stereotypen zu vermeiden. Etruskische Vasen werden neben Zeichnungen von Piero Fornasetti und Arbeiten von Carlo Moline und Ettore Sottsass gezeigt. Acht internationale Designer, darunter
Louis Kahn: The Power of Architecture
Vitra Design Museum, Weil am Rhein 23 Feb – 11 Aug 2013
Louis Kahn war einer der größten Baumeister des zwanzigsten Jahrhunderts. Seine außergewöhnlichen und komplexen Raumkompositionen, seine Lichtchoreografie und sein elementares, formales Vokabular führten zu Gebäuden, die sowohl gelassen als auch symbolisch wirken. Mit etwa 40 ausgewählten Gebäuden, neuen und
form 246 / 2013
Agenda 105