Foyer 89

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3,10 Euro H12719 15.03.2011 bis 15.05.2011

foyer Das Kulturjournal f端r Bremen und den Nordwesten

89 10. Internationale Tanztage Oldenburg



inhalt

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inhalt Editorial Die große Freiheit der Regisseure

................................................. Theater

Bremen zählt bekanntlich bereits seit Kurt Hübners und Peter Zadeks Zeiten zu den mutigsten Theaterstädten der Republik. Ohne Widerspruch zu hanseatisch traditionellen Lebensformen gibt es hier ein besonders aufgeschlossenes, kundiges Theaterpublikum mit genügend Neugier auf neue Sichtweisen, auf überraschendes Bühnengeschehen. Solange der geistige Anspruch gewahrt bleibt, Musik und Libretto stimmig korrespondieren, Handlungsabläufe und Bühnenbild sich folgerichtig erschließen, solange Sänger und Darsteller überzeugen, spielt das Publikum gedanklich mit.

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Wenn allerdings ein Werk profaniert oder sein ureigenster Charakter entzogen wird, wenn es in aufgesetzter Verfremdung spürbar einer individuellen Regie-Profilierung dienen soll, dann scheuen auch die treuesten Theaterfans kein heftiges Buhgewitter. Wie werkgerecht oder frei soll Regie also bestenfalls sein? Bert Brecht sagte zu diesem Thema: „Die traditionelle Aufführungsart dient der Bequemlichkeit der Regisseure und Schauspieler und des Publikums zugleich. … Wir müssen das Werk neu sehen, wir dürfen uns nicht an die gewohnheitsdiktierte Art halten. Und wir dürfen nicht rein formale, äußerliche, dem Werk fremde Neuerungen anstreben. Wir müssen den ursprünglichen Ideengehalt des Werkes herausbringen.“ Und der frühere Bremer Spielleiter der Oper, Dr. Peter Brenner, ergänzt in einem Vortrag: „Insofern gibt es wohl doch eine Werktreue, die aber nicht im Erfüllen des Buchstabens, sondern im Aufspüren des Geistes besteht. Und es gibt eine Werk-Untreue, die zum Verrat werden und zur Zerstörung führen kann.“ Die jeweiligen Regisseure sollten das hiesige Publikum nicht unterschätzen. Es hat meist ein feines Gespür für derartige Grenzüberschreitungen. Die Theater wären gut beraten, Unmutsäußerungen ernst zu nehmen. Ihre

Marie-Clothilde Kronenberg

„SChÖnStE MUSiK“ Mozarts „Idomeneo“ in Bremen BittERE SYMPhOniE Fassbinders „13 Monde“ ZUKUnFtSEPOS Uraufführung der Oper „Kryos“ POEtiSChE DiChtE Koltès-Drama im Schauspielhaus StURM, tEil 2 bsc spielt in der „Kommode“ PUBliKUMSMaGnEt Erfolge im Fliegerhorst tanZ-MaRathOn 10. Festival in Oldenburg DUnKlES MEiStERWERK Kleist am Staatstheater lEBEnSBilDER Bücher zum Kleist-Jahr in VERSUChUnG „Cosi fan tutte“ in Bremerhaven PhaRaO UnD REBEll Neues Vanaev-Ballett VERDiChtEt „Buddenbrooks“ im Großen Haus OPERnPREMiEREn an nORDDEUtSChEn BÜhnEn PRO & COntRa Bremer Oper spielt „Madama Butterfly“ PRO & COntRa „Die Nibelungen“ am Goetheplatz KOlUMnE naChGEDaCht Da lachen ja die Hunnen BOUlEVaRD Neues von Bremer Bühnen MEnSChEn iM FOYER PORtRÄt 13. Bremer Filmpreis für Alberto Iglesias PORtRÄt Die Schauspielerin Johanna Geißler

................................................. Musik

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KOnZERttiPPS KOnZERtE in DER GlOCKE ZEit DER PaSSiOnEn Kirchenmusik zu Ostern „POlSKi BlUES“ Projekt der Kammerphilharmonie BREMER PhilhaRMOniKER Das Orchester blogt JaZZahEaD Eine Bremer Messe macht Furore JaZZtiPPS ROllEnSPiEl SChaUSPiElRÄtSEl OPERnRÄtSEl

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WiSSEnSChaFt Jade Hochschule litERatUR BUCh UnD MUSiK SERiE Die neue Kunsthalle Bremen DER MaGiER Radziwill-Ausstellungen im Norden ÜBERGanG Neue Leitung im Overbeck-Museum KUnStWERKE KinOtiPPS KUltURKalEnDER Premierendaten KUltUREllE iMPUlSE im „energiecafé“ naChKlanG FOYER-aUtOREn iMPRESSUM


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theater bremen Idomeneo

„Die schönste Musik“

Mozarts „Idomeneo“: Die absolute Krone der opera seria am Theater Bremen Text: Ute Schalz-Laurenze

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an sollte nicht meinen, dass in einem so kleinen Kopf etwas so Großes stecke“, soll der Auftraggeber, Kurfürst Karl Theodor von der Pfalz, 1781 nach der Münchener Uraufführung von Wolfgang Amadeus Mozarts „Idomeneo“ gesagt haben. Wie recht er hatte, ist heute selten genug zu hören, denn noch immer haften Mozarts Lieblingsoper, an der er sein Leben lang weitergearbeitet hat, Urteile und Vorurteile an, die – wenn auch vordergründig nachvollziehbar – sich bei genauem Hinhören nicht halten lassen.

nennen kann, erlebte „Idomeneo, Ré di Creta ossia Ilia et Idamante“, wie der vollständige Titel heißt, anlässlich der Züricher Arbeit von Jean Pierre Ponelle und Nikolaus Harnoncourt 1980.

Agamemnons Tochter Elektra zu Idamante, die nach der Ermordung ihrer Mutter durch Orest nach Kreta geflohen war. Mit diesem Sujet, das auf Kreta in der mythologischen Antike spielt, klinkte sich der damals 25-jährige Mozart nach „Mitridate, Re di Ponte“ (1770), „Ascanio in Alba“ (1771), „Lucio Silla“ (1772), „La Finta Giardiniera“ und „Il Re Pastore“ (beide 1775) zum ersten Mal vollgültig als Theaterkomponist ein. „Idomeneo“ ist zwar noch eine „opera seria“, jene barocke Form der Oper, in der handlungstreibende Rezitative mit affektgeladenen Arien abwechseln. Sie ist aber andererseits ein Experimentierfeld neuer Formen, die schon den späteren Musikdramatiker zeigen.

Der am Ende des trojanischen Krieges aus Seenot gerettete griechische König Idomeneo muss aufgrund seines Gelübdes dem Poseidon seinen Sohn Idamante opfern. Immer wütender wird der Seegott, Katastrophen wie das Wüten eines Meerungeheuers in der Stadt überziehen das Land, bis erst Idomeneo selbst, dann Idamante sich als Opfer anbieten. Das tut auch dessen GeliebDer Mozartforscher Stefan Kunze sprach te Ilia, die gefangene trojanische Prinzessin. in diesem Zusammenhang von der „DraGerührt von so viel Opfermut, erklingt die matisierung der Musik zu Ungunsten der Stimme des Orakels: Verzicht auf das Opfer, eigentlichen Handlung“. Den Durchbruch, Idamante wird zusammen mit seiner Gattin wenn man das im Verhältnis zur PopulaIlia zum neuen König ernannt. Eine Neben- „In der Tat ist keine einzige Szene im ‚Idorität späterer Mozart-Opern überhaupt so handlung zeigt die vergebliche Liebe von meneo’ matt und kalt geworden. Die un-


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verbrauchte schöpferische Kraft des jungen, völlig erwachten Mozart, der Reichtum an Erfindung, haben diese Oper zur absoluten Krone der opera seria gemacht, sofern man sie das noch nennen kann; sie ist mehr: die formale Ungebundenheit der Accompagnati, von Mozart zum Hochdramatischen erweitert und mit größter Freiheit aller Ausdruckmittel und des entsprechenden musikalischen Apparates behandelt, wie nie zuvor und auch danach nur in ‚Cosi fan tutte’, greifen deutlich dem Musikdrama vor.“ (Wolfgang Hildesheimer)

ren zum Schönsten, Ergreifendsten, das Mozart je geschrieben hat.“

Das ist von bedrückender Aktualität, wie auch die „Selbsttentfremdung des Menschen, seine Abhängigkeit von Macht und Kaum eine Oper ist in ihrer Entstehungspro- Gewalt, sein Hang zu Extremen“ (Wolfblematik so gut nachvollziehbar wie „Idogang Wilaschek). Dass Mozarts Schmermeneo“, weil der Briefwechsel mit seinem zensoper nach dem Vorbild von Christoph Vater über den Textdichter Gianbattista Va- Willibald Gluck seine größte Choroper ist, resco, mit dem Mozart nicht auf einen Nen- macht ein weiteres dankbares Aufgabenner kam, erhalten geblieben ist. Varesco ver- feld für jeden Regisseur auf. Leopold Mostand Mozart nicht und Mozart entschied zart jedenfalls schrieb am 15. 12. 1780 an sich am Ende wohl eher für das, was wir seinen Sohn: „...die schönste Musik ...alles heute „Schadensbegrenzung“ nennen wür- neu und fremd...“ den. Rezitative, Arien, Ensembles und Chöre sind unter einer übergreifenden dramatur- Und auf „...alles neu und fremd...“ wird in Kay Kuntze, der „Idomeneo“ am Bremer gischen Konzeption zusammengefasst: „Die der Bremer Inszenierung noch eins draufGoetheplatz inszeniert, sieht es so: „Das vormals starren Figuren werden zu aktiv gesetzt: Die Bühnenausstattung liegt in ist ja gerade so toll an Mozarts Kompositi- handelnden Menschen. Es ist eine opera se- Händen von „Urban Screen“, den im Viertel on, dass er die seria noch erkennen lässt. ria sui generis (…), ein Drama in Opernform längst bekannten Bremer „Lichtakrobaten“, Die aber gevon unerhörter Frei- die mit ihrem Licht „Architektur inszehört zum Feu- „... ein Drama in Opernform von heit und Kühnheit“, nieren“, wie sie sagen und im vergangedalsystem, unerhörter Freiheit und Kühnheit“ wie der Mozartfor- nen Jahr dafür einen „Silbernen Löwen“ in das um diescher Alfred EinCannes ergatterten. Till Botterweck: „Wir se Zeit schon im Aufbruch zur französistein sagte. „Idomeneo“ ist auf Mozarts stets nennen es nicht Bühnenbild, sondern visuschen Revolution war. Und Mozart setzt grenzüberschreitendem Weg von der tradi- elle Gestaltung. Im Fall von Idomeneo wird nie nur einen einzigen Affekt wie in der tionellen Oper zum musikalischen Drama das ein 6,5 Meter großer Kubus sein, in dem seria, sondern seine Menschen sind imsein größtes Werk. neben der Musik die Affekte zum Leuchten mer widersprüchlich. Das fängt schon mit gebracht werden.“ Da darf man gespannt dem ersten Auftritt der Ilia an, die eigentMit seiner Musik ist Mozart weit in den sein, denn es handelt sich um eine laut Botlich ihre Familie rächen muss, aber gleich- psychischen Bereich seiner Personen vorterweck „vollkommen neue Kunstform.“ zeitig in Idamante verliebt ist.“ Der Bremer gedrungen, hier sei das „beispiellose QuarChefdramaturg Hans Georg Wegner meint tett“ (Stefan Kunze) im dritten Akt gePremiere am 27. März um 18 Uhr im Thedazu: „Mozart schafft es in dieser frühen nannt, in dem Mozart die divergierenden ater Bremen. Weitere Aufführungen (jeOper trotz der strengen musikalischen For- Affekte der vier Hauptpersonen auf erweils um 19.30 Uhr) am 2., 7., 9. und 12. men wirkliche Menschen aus Fleisch und schütternde Art miteinander verbindet, ein April, am 6., 15. (18 Uhr), 18. und 29. Blut zu gestalten. Einzelne Rezitative, wie inneres Geschehen entfaltet, das die „Aura (15.30 Uhr) Mai sowie am 5. (15.30 Uhr) etwa die Opferszene des Idamante, gehödes Außerordentlichen“ (Kunze) berührt. und 24. Juni.


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thEatER BREMEn In einem Jahr mit 13 Monden

Fassbinders „In einem Jahr mit 13 Monden“ am Bremer Schauspielhaus Text: Sven Garbade

BittErE syMphoniE E

s ist ein wenig in Vergessenheit geraten, dass Rainer Werner Fassbinder, der heute als herausragende Erscheinung des deutschen Autorenfilmes gilt, zunächst weniger als Kultur-Erneuerer gewirkt hat, sondern vielmehr auch als Bürgerschreck. Zum Oeuvre seiner vielen Tabu-Brüche zählte sein offener Umgang mit der eigenen Homosexualität. Fassbinder, der kompromisslose Egozentriker, hat seine eigene sexuelle Identität immer wieder zum Mittel- und Ausgangspunkt seiner Stücke gemacht. Nachdem das Bremer Schauspiel in der vergangenen Spielzeit bereits mit den „Bitteren Tränen der Petra von Kant“ einen großen Erfolg einfahren konnte, steht nun ein weiterer Fassbinder auf dem Programm: „In einem Jahr mit 13 Monden“ in der Regie von Alice Buddeberg. Diese Stückwahl erscheint jedoch mutiger als zuletzt bei den „Tränen der Petra von Kant“. Jenes Melodrama zweier manisch Liebender konnte ja durchaus auch auf andere Paare Gültigkeit beanspruchen; die grausame Zimmerschlacht voller finanzieller und emotionaler Abhängigkeiten ist mühelos auch in mannigfaltigen Paar-Konstellationen vorstellbar. Mit Irene Kleinschmidt und Johanna Geissler wurde daraus im Brauhauskeller ein starker Theaterabend.

Anders dagegen die Geschichte von Erwin, der „In einem Jahr mit 13 Monden“ zu Elvira wird. Ein Transsexueller, der weder ein richtiger Mann noch eine richtige Frau sein kann, findet keinen Platz im Leben: sein Ende durch Selbstmord ist unvermeidlich. Als Zwitterwesen führt er eine traurige Existenz und wird gleichermaßen Opfer von seelischer wie körperlicher Gewalt. Gewiss kein leichter Stoff, den die Bremer Dramaturgie sich da ausgesucht hat.

den wie Erwin nach seiner Geschlechtsumwandlung auch in diesem Milieu kein Platz mehr ist.

So reihen sich jede Menge hoffnungsloser Szenen aneinander. Erwin begegnet da unter anderem einem philosophierenden Selbstmörder, den er beobachtet, wie er sich den Strick nimmt. Ein trauriger Alptraum, wenn irgendwo zudem im Hintergrund die Weihnachtsplatte einen Knacks bekommt und „Leise rieselt der Schnee“ Es ist Fassbinders persönlichster Film, weil als endlose Schleife vor sich hin scheppert. er hier den Freitod seines Freundes Armin Und immerzu sind zudem Erinnerungen Meier im Jahr 1978 verarbeitete, von dem er sich zuvor getrennt hatte. Die anschlie- an Bergen-Belsen und den Nazi-Horror allgegenwärtig. Fassbinder verbindet diese ßenden Schuldgefühle ließen Fassbinder auf merkdieses würdige filmisches „Und wenn ein Mensch verstummt in seiner Denkmal Qual, gab mir ein Gott zu sagen wie ich leide.“ Weise mit dem für den neuen Horror der Banken-Metropole toten Freund schaffen. Eine seelenlose, kalte Welt zeigt er darin, wo er vor der tris- Frankfurt. So finden sich auch hier bereits Ansätze jener anti-jüdischen Polemiken, ten Fassade der betonierten Frankfurter die dann später in „Der Müll, die Stadt Großstadtwelt den Transsexuellen Erwin und der Tod“ Fassbinders größten Skandal seinem Glück hinterher laufen lässt. auslösten. Aus heutiger Sicht kann diese Schon die erste Szene des Filmes verstört: Mischung durchaus anstrengend wirken. offenbar ein Schwulenstrich ist der Schauplatz. Der Freier Erwin wird da zusammen Fassbinders Zeitbild wirkt bizarr, weil es zudem von einem stillen, beinahe introgeschlagen – aus welchen Gründen bleibt zunächst völlig unklar. Die Kamera befin- vertierten Pathos des Leidens grundiert wird: in der filmischen Darstellung ist es det sich außer Hörweite, so dass wir erst der so sanftmütig und verstört leidende sehr viel später verstehen, das für jeman-


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Volker Spengler. Wie ein riesengroßes Waisenkind irrt er als Erwin seiner verlorenen Liebe nach. Symbolische Orte als Seelen-Landschaften: Im Schlachthof, in dem sein Erwin zwischen all den kreatürlichen Abfällen traumwandelt, erklingt irgendwann sogar das berühmte Goethe Zitat: „Und wenn ein Mensch verstummt in seiner Qual, gab mir ein Gott zu sagen wie ich leide.“ Was für eine bittere Symphonie eines psychischen Unterganges! Vielleicht eine moderne Oper. All diese grausamen Bilder der Abweisung machen den Film möglicherweise vergleichbar mit einem ganz anderen Theaterstück, welches zeitgleich zu Fassbinders Film entstanden ist – und das zur Zeit ebenfalls im Bremer Schauspielhaus läuft: „Groß und Klein“ von Botho Strauß, ebenfalls Ende der 70er Jahre verfasst. Hier wird mit ähnlichem Sinn für existentielles Außenseitertum operiert. Leichter und esoterischer ist dies bei Strauß, persönlicher, schmerzvoller bei Fassbinder. „Groß und Klein“ wurde zuletzt ja ebenfalls von der jungen Regisseurin Alice Buddeberg im Schauspielhaus inszeniert. In ihren bisher in Bremen gezeigten Regie-Arbeiten fügte Buddeberg stets eine eigene Handschrift den Stücken hinzu: beispielsweise eine Hippie-Welt Anfang der 70er Jahre, in der sich plötzlich Molières „Menschenfeind“ wiederfand – oder eine eigentümlich sterile TV-Ästhetik, mit der sie „Hedda Gabler“ von allem Ibsen-Staub befreite. So wird auch für diese Inszenierung im Bremer Schauspielhaus möglicherweise ein „Fassbinder plus Faktor XY“ zu erwarten sein. Die Hauptrolle des Erwin wird übrigens Alexander Swoboda spielen, der am Bremer Theater bisher in vergleichsweise kleineren Rollen zu sehen war. Premiere am 14. April um 20 Uhr im Neuen Schauspielhaus. Weitere Aufführungen: 17. April.

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theater bremen Kryos

Goethe trifft Avatar James Cameron‘s Avatar

Uraufführung am Bremer Goetheplatz: „Kryos“ von Jörn Arnecke Text: Michael Pitz-Grewenig

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raufführungen am Bremer Theater, das hat schon Tradition. Dass diese Tradition auch in Zeiten knapper öffentlicher Kassen weitergeführt werden kann, ist ein wesentliches Verdienst des Vereins der „Bremer Theaterfreunde“, die auch Vorhaben mit moderner Musik großzügig finanziell unterstützen, was nicht immer selbstverständlich ist.

Anders als in den vergangenen Jahren gab sein erfolgreicher Bremer Zyklus zu Wages für die nun anstehende Uraufführung ners „Tristan und Isolde“, bei dem mit grovon „Kryos“ des Komponisten Jörn Arneßem Engagement nicht nur das Werk zum cke keine thematischen Vorgaben. Als man Klingen gebracht wurde, sondern auch Invor rund zweieinhalb Jahren mit der Kon- terpretationsaspekte im Zentrum des Inzeption begann, war lediglich die ungefäh- teresses standen, wieder einmal gezeigt. re Besetzung festgelegt. Chefdramaturg Poschners bisherige künstlerische AktiviHans Georg Wegner kommt ins Schwärtäten beweisen, dass er weg will vom kulimen, wenn er erzählt, wie das Team näch- narischen Hören und das Publikum dazu telang Ideen zusammentrug. Wobei es bringen will, sich zu dem, was da auf der Außenstehenden ist sicherlich nicht benicht nur um inhaltliche Vorgaben, sonBühne gezeigt wird, auch zu verhalten. dern auch schon um klangliche Ideen ging. wusst, wie viel Wagemut und Arbeit in einem solchen Projekt steckt, bei dem man Bereits bei der Texterstellung ergab sich Auf die Frage, was dem Bremer GMD bei zu Beginn nicht weiß, wie das Endprodukt zwingend, dass dem Chor in dieser Oper der Oper „Kryos“ besonders am Herzen aussehen wird. Das ist aber auch das Span- eine zentrale Rolle zukommen wird. lag, kommt spontan die Antwort: „Wir nende und Aufregende, dass man nicht eimüssen es schaffen, die Berührungsängsnen bekannten Weg zu einem Ziel einfach Markus Poschner betont, dass man keite vor neuer Musik weiter abzubauen. Es einschlagen kann. Die Zusammenarbeit ne Einschränkungen eingehen wollte: „Der spielt ja letztlich keine Rolle, welcher ‚Divon Dramaturg, Regisseur und Dirigent ist größte Feind der Kunst ist der Komproalekt’ da gesprochen wird, die Botschaft in besonderem Maße gefragt. Im Mittelmiss, der führt immer zum Durchschnitt!“ muss eben ankommen. Darum geht es doch. Das neue Musiktheater hat so enorpunkt steht jedoch der Dirigent mit seinen Er kennt das Werk von Jörn Arnecke, der Sängern und seinem Orchester. schon einige wichtige Kom- „Theater bedeutet Leben und muss in Dimensionen Bremens Generalmusikdirektor Markus positionsprei- vordringen können, die unser Dasein bereichern.“ Poschner kennt diesen Prozess: „Ich muss se gewonnen me Kraft, ist voll von spannenden und bean das Werk glauben. Ich weiß, es kann hat und zu den wenigen modernen Komwegenden Geschichten. Theater bedeutet ponisten gehört, die wissen, wie Theater Probleme geben. Ein neues Werk aus der Taufe zu heben, ist unglaublich spannend. „funktioniert“, die für die Bühne schreiben Leben und muss in Dimensionen vordringen können, die unser Dasein bereichern.“ Trotz intensiver Probenarbeit, trotz vieler können. Die Partitur, die auf einem Text Dem stimmt auch Chefdramaturg Hans Proben bleibt immer ein Quäntchen Angst. von Hannah Dübgen komponiert wurde, Georg Wegner zu: „Wir wollen unsere GeErst im Ernstfall, wenn das Publikum anscheint dies zu bestätigen. genwart mit Oper formulieren!“ wesend ist, also am Tag der Uraufführung, ist zu erkennen, ob das Werk wirklich Ein großes Anliegen von Markus Poschner ist es, sein Bremer Publikum für bestimm- „Kryos“ von Jörn Arnecke spielt in der Zufunktioniert.“ te Sachverhalte zu sensibilisieren. Das hat kunft, nach einer Klimakatastrophe in ei-


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ner radikal durchrationalisierten Welt, deren Ordnung durch die Ankunft eines Fremden in Frage gestellt wird. Das Libretto stellt eine geschickte Mischung von Elementen aus Johann Wolfgang von Goethes

„Iphigenie auf Tauris“, Elias Canettis Drama „Die Befristeten“ und dem Erfolgsfilm „Avatar“ dar. Man darf gespannt sein, welche Klänge Jörn Arnecke dazu eingefallen sind und wie Regisseur Philipp Himmel-

mann, der in Bremen kein Unbekannter ist, das Ganze inszenieren wird. Uraufführung am 14. Mai (19.30 Uhr). Weitere Aufführungen am 17., 19. und 21. Mai.

Heiter bis leidenschaftlich!

Allen Zuschauern der Operette „Der Vetter aus Dingsda“ wünschen wir einen unterhaltsamen Abend mit vielen schwungvollen Momenten. | > | Verantwortung für ein modernes Leben www.swb-gruppe.de

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thEatER BREMEn Kampf des Negers und der Hunde

GrEnzEn dEs dEnkEns Narrenschiffbrunnen (Nürnberg)

„Kampf des Negers und der Hunde“ am Bremer Schauspielhaus Text: Michael Pitz-Grewenig

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n seinem Roman „Homo faber“ lässt Max Frisch den Ingenieur Walter Faber, einen konsequenten Verfechter rationalen Denkens, im Dschungel abstürzen und erkennen, dass seine sichere Welt auf den viel zitierten „tönernen Füßen“ steht. „Die Physiker“ aus Friedrich Dürrenmatts gleichnamigem Theaterstück haben sich angesichts des Grausens vor den Konsequenzen ihres Forschens ins Irrenhaus geflüchtet, aber noch immer an die Kraft der eigenen Vernunft glaubend.

Cal, der einen Schwarzen im Suff ermordet hat; Léone, eine blutjunge Frau aus Paris, die Horn heiraten will, sowie Alboury, ein scheinbar entfernter Verwandter der antiken Antigone, der erst aktiv wird, als er die Leiche seines ermordeten Bruders abholt.

Allen gemeinsam ist, dass sie nicht erkennen, dass ihr persönliches Versagen letztendlich auch aus den Strukturen der Gesellschaft resultiert. Das enthebt sie nicht ihrer persönlichen Schuld, zeigt aber auf, dass die Lösung in einem grundlegenIst in diesen Schlüsselwerken der Moderne den Umdenken liegen muss. noch immer eine Spur von systemimmanenter Hoffnung zu finden, so geht der Die Dramen von Koltès sind keine pessifranzösische Dramatiker Bernard-Marie mistischen Gedankengespinste, sondern Koltès einen Schritt weiter. Er zeigt einhaben eine utopische Aussage, die man dringlich die Grenzen des Denkens auf. fast in christlichem Sinne eschatologisch Das Archaische vermischt sich bei ihm mit nennen möchte. Das ist alles andere als hochentwickelten Technologien und proresignativ, sondern bestimmt von einem duziert den Verlust von Wirklichkeit. moralischen Imperativ, der sich auch bei Koltès noch immer an Kants kategoriDas Personal in seinem Drama „Kampf des schem Imperativ orientiert, dabei die geNegers und der Hunde“, das 1981 in New sellschaftliche Situation stets im Blick hat. York uraufgeführt wurde, könnte Sebastian Brants Narrenschiff entsprungen sein. Die poetische Dichte der lyrischen Irgendwo auf einer Baustelle im Dschungel Sprache, aus der Koltès die theatralische von Afrika hängen sie ihren WunschvorHandlung entwickelt, ist enorm. Mit stellungen nach, nicht nur in der Resigna- seiner Sprache zeigt er für den Zuschauer tion des eigenen Versagens, sondern auch deutlich die Verwandlung, Transparenz, im Bewusstsein der eigenen Unzulänglich- Durchdringung, Vergeistigung, Fragmenkeit: Horn, ein 60-jähriger Bauingenieur; tierung der jeweiligen Personen auf, macht

sie auf der einen Seite durchschaubar, aber durch Verschattung wieder rätselhaft. Es ist als wäre der Turm von Babel eingestürzt. An der Sprache interessiert nicht die Bedeutung, sondern nur Rhythmus, Klang und eben das, was sie nicht auszudrücken vermag. Der Schauspieler wird zum Archäologen, die Wörter zu Schaufeln das Unausgesprochene auszugraben. Koltès erreicht eine ganzheitliche Sichtweise, ohne die einzelnen Aspekte genau zu benennen. Die einzelnen Personen bleiben in ihrer Individualität unscheinbar, austauschbar. Wichtig sind die Leerstellen, die der Zuschauer im Wahrnehmungsprozess fühlen muss. Der Konflikt zwischen Weißen und Schwarzen, der stets präsent ist, wird nie ausgesprochen. Alboury wird zwar zum Kristallisationspunkt aller Ängste und Wünsche, aber das wird kaum ausgesprochen, sondern verweist wie der Kontinent Afrika auf etwas, das jenseits der Handlung geschieht, aber diese beeinflusst. Corinna Sommerhäuser, die am Bremer Schauspielhaus Regie führt, schwebt eine Inszenierung ohne konkrete Raum- und Zeitdefinition vor, in der sich Mythisches und Mystisches vermischen. Premiere am 25. März um 20 Uhr im Neuen Schauspielhaus


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koMödiE in dEr koMModE V

or kurzem hat der englische Regisseur Lee Beagley den ersten seiner auf drei Teile angelegten Erforschung von Shakespeares „Sturm“ vorgelegt. „Caliban“ hieß das mit allerhand zirzensischen Dreingaben versehene Kinder- und Jugendstück. Jetzt folgt der zweite Teil mit dem Titel „Shakespeares Pleasure Island“. Das ist nun kein Kinderund Jugendstück mehr, vielmehr eine turbulente Late-Night-Show für Erwachsene.

Lee Beagley inszeniert Cabaret-Abend „Shakespeares Pleasure Island“ Text: Christian Emigholz

Der Wasserturm, der auf ihn wie ein altes Gefängnis wirkt, erscheint Beagley durchaus passend für Shakespeares Sturm, denn zuallererst – bevor die Handlung überhaupt beginnt – ist die Insel, über die Prospero herrscht, ein Gefängnis, und zwar für die Hexe Sycorax, die Mutter von Caliban, die Prospero besiegt hat. Noch aus einem anderen Grund ist die umgekippte Kommode so Beim dritten Teil des „Sturm“, der dann im passend, denn der Regisseur will in seinem Sommer im Bürgerpark zu sehen sein wird, Cabaret-Stück Elemente von Aldous Huxleys Roman „Brave new world“ mit der Welt soll es ähnlich werden. Auch hier will Lee Bevor Lee Beagley über seine Pläne AusBeagley auf eine Bühne verzichten, will im von Shakespeares Sturm verbinden. Eine kunft gibt, gilt es zunächst einen Begriff zu Park auf Rasen und unter Bäumen spielen, keineswegs zufällige Verknüpfung, denn der Wilde (John heißt er im Roman) aus der Auklären, nämlich den Begriff „Cabaret“, den wobei er dann die beiden Stränge, nämlich ßenwelt bei Huxley hat sein ganzes Wissen er gerne für sein Projekt verwenden möch- verspieltes und ein wenig naives Jugendaus Shakespeares Werken bezogen, wirkt te, der aber in nahezu jeder Sprache etwas theater und das böse und schwarzhumoriauf der anderen Seite wie eine Reinkarnatianderes bedeutet. „Ich habe darüber nach- ge Cabaret, miteinander verknüpfen will. on des Caliban aus dem „Sturm“. gelesen, in Deutschland meint das Wort Dann gibt es quasi „Der Sturm“ für die Kabarett eine Form der politischen Revue, ganze Familie. Was vielleicht noch etwas kompliziert und es wird unterschieden von Cabaret, klingt, soll eine bunte, böse Show werden das eher den französischen Aspekt meint. Für den Cabaret-Abend „Shakespeares mit Songs, allerhand zauberhaften EleIm Französischen ist Cabaret eher BouPleasure Island“ gibt es überdies noch eine menten und gewissen Stand-up-Comedianlevard mit Zielrichtung auf Vaudeville. In spektakuläre Besonderheit, denn gespielt Scherzen. Lee Beagley vertraut dabei voll England haben wir eigentlich kein Cabaret, wird im alten Wasserturm, in Bremen bes- und ganz auf seine Schauspieler, die er aber dort gibt es die Music Hall-Tradition, ser als „umgekippte Kommode“ bekannt. schlicht phantastisch findet. Das sind Tim und die Music Hall erinnert fast ein wenig Beagley: „Ein phantastischer Platz! Ein D. Lee, Peter Lüchinger, Michael Meyer, an Brechts Theatervorstellungen. Diese guter Ort für unser Stück, für ein Cabaret, Erik Roßbander, Markus Seuß und Janina Form, eine Geschichte zu erzählen, hat denn daran ist nichts Glänzendes im Sinne Zamani. mich interessiert.“ von Showbiz, wobei Cabaret eigentlich Premiere am 21. April um 21 Uhr in der auch nichts mit einer glamourösen Show „umgekippten Kommode“ auf dem StadtDabei hat Lee Beagley immens starkes zu tun hatte, sondern eigentlich immer werder. Da der Raum schwer zu beheizen Interesse daran, immer möglichst nahe am eher ein wenig Underground war.“ ist, wird zu warmer Kleidung geraten! Publikum zu sein, ihm regelrecht auf die Pelle zu rücken. Bei „Pleasure Island“ wird deshalb „ohne die Sicherheit einer Bühne“ gespielt, gewissermaßen auf Augenhöhe des Publikums. Dadurch, so Lee Beagleys Hoffnung, sollen sich Zuschauer und Schauspieler gegenseitig stimulieren, so dass im besten Fall Diskussionen entstehen können.


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thEatER OlDEnBURG Fliegerhorst

Wie die provisorische Spielstätte im Fliegerhorst zum Publikumsmagneten wurde Text: Peter Schulz

Markus Müller

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ommen sie nun wegen der herausragenden Inszenierungen und künstlerischen Leistungen etwa in der „Dreigroschenoper“, in „Air Ways“ oder der „Walküre“? Oder treibt sie die Neugier, den ehemaligen Fliegerhorst zu betreten, der bis 1993 als Standort des Jagdbombergeschwaders 43 diente und seitdem langsam verrottet?

„aida“ als zuGaBE

rundweg spannenden Programm davon zu überzeugen, die Unannehmlichkeiten der längeren Anfahrt in Kauf zu nehmen und sich Richtung Fliegerhorst in Bewegung zu setzen. Der eigens eingerichtete Bus-Pendeldienst dürfte ein übriges bewirkt haben.

sätzliche Überlegungen. „Wir müssten spektakuläre Events entwickeln und damit ein entsprechendes wirtschaftliches Risiko eingehen. Das wäre einfach zu gewagt. Und zudem könnten wir diese Belastung mit unserer vorhandenen Mannschaft überhaupt nicht bewältigen“, schiebt der Doch das Provisorium in der 50 Meter brei- Generalintendant alle entsprechenden ten und 40 Meter tiefen Halle 10 mit dem Pläne ins Land der Phantasie. eigens ausgehobenen Orchestergraben zog nicht allein die Zuschauer in seinen Bann. So wird es also allen Erfolgen und allem PuMarkus Müller, Generalintendant des Ol„Es hat uns künstlerisch beflügelt, uns auf blikumszuspruch zum Trotz unweigerlich denburgischen Staatstheaters, vermutet „eine Mischung aus beidem mit hoffentlich einem im wahrsten Wortsinn unbekanndazu kommen, dass die Halle 10 wieder in ten Terrain größerem Anteil ihren Dornröschenschlaf versinkt, sobald am künstlerischen „Es hat uns künstlerisch beflügelt ...“ zu bewegen, im Juli die letzte Vorstellung beendet ist. Neues wagen Markus Müller will zum Saisonschluss noch Geschehen.“ Fakt jedenfalls ist, dass die alte Flugzeugwerft in und experimentieren zu können“, urteilt einmal alle Inszenierungen ins Programm Müller. Überhaupt: Durch die Belegschaft heben, um diese wohl ungewöhnlichste Halle 10, während des Umbaus im Großen sei ein spürbarer Ruck gegangen, sie habe Spielzeit des Staatstheaters Revue passieren Haus „Wahlheimat“ des Ensembles, zum die zusätzlichen Belastungen – keine Hin- zu lassen. Nur auf „Hänsel und Gretel“ werPublikumsmagneten geworden ist. „Die terbühne, kein Schnürboden – mit großem de man verzichten müssen – die zur WeihAuslastung der 673 Zuschauerplätze liegt Engagement und gern auf sich genommen. nachtszeit als Kulisse aufgestellten Tannenjenseits der 90 Prozent“, erklärt Müller mit berechtigtem Stolz. „Bei der ‚Dreigroschenbäume sind nicht mehr so ganz frisch… Auf Dauer sei es natürlich nicht machbar, oper’ erreichen wir sogar 98 Prozent!“ das ständige Pendeln zwischen der „WahlZunächst steht aber noch „Aida“ ins Haus, Und das hat direkte Folgen: Wegen des gro- heimat“ und den anderen Spielstätten – dem inszeniert von Nina Gühlstorff, die seit Kleinen Haus im Staatstheater und der Exßen Interesses wurde mit der Verdi-Oper 2001 als freie Regisseurin arbeitet und un„Aida“ eine zusätzliche Produktion in den erzierhalle – aufrecht zu erhalten. Und auch ter anderem auch am Theater Osnabrück Spielplan aufgenommen; die Premiere fin- finanziell wäre es unmöglich, den Fliegertätig ist. Giuseppe Verdis vielleicht fulmihorst permanent zu bespielen. „Allein die det am 26. März statt. Und nach über 20 nanteste Oper, ein Liebesdrama inmitten ausverkauften Vorstellungen mit mehr als Heizkosten!“ ruft Müller und rauft sich namilitärischen Gepränges, passt natürlich 13.500 Besuchern wird Mackie Messer drei- hezu die Haare. „Als die Außentemperatuin die Umgebung der einstigen Flugzeugren um 15 Grad minus lagen, mussten pro mal zusätzlich in der „Dreigroschenoper“ werft, weshalb Markus Müller mit einer auf der 26 breiten und 19 Meter tiefen Büh- Stunde 146 Liter Heizöl verbrannt werden, „ganz besonderen Atmosphäre“ rechnet. um die Aufenthaltsqualität in der Halle zu ne stehen (25. April, 19. und 26. Mai). Die ersten Vorstellungen (Musikalische „Wer hätte das gedacht“, freut sich Markus gewährleisten.“ Leitung: Roger Epple) waren bereits lange Müller und räumt ein, anfangs mit einem vor der Premiere am 26. März (19.30 Uhr) „etwas mulmigen Gefühl“ in die Alexander- Gegen eine Fortsetzung des „Abenteuers ausverkauft. Weitere Aufführungen: 30. Wahlheimat“ (Müller: „Eine charmante heide gefahren zu sein. Aber offenkundig März, 21. und 29. April sowie 5., 14. und 27. Überlegung“) sprechen aber auch grundsei es gelungen, das Publikum mit einem Mai. Zusatzvorstellung: 3. Juni.


THEATER OLDENBURG Fliegerhorst

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Aida

Parallel dazu werden die Umbau- und Sanierungsarbeiten im Großen Haus noch auf Hochtouren laufen. Die größte Maßnahme, der Einbau einer elektronisch gesteuerten Obermaschine, der eine komplette Entkernung des Bühnenraumes voraussetzte, ist nahezu abgeschlossen, weshalb die Techniker die neue Maschi-

nerie bereits sukzessive ausprobieren können. Auch die Erweiterung des Orchestergrabens ist mittlerweile geschafft. Doch damit ist es nicht getan: Der vorhandene Stuck im Innenraum will gereinigt und stellenweise ausgebessert werden – ein mühsames Geschäft, wie Markus Müller beobachtet hat. „Schließlich steht alles un-

ter Denkmalschutz!“ Zeitgleich laufen die Bemühungen, die Patenschaften für die neue Bestuhlung möglichst komplett „an den Mann“ zu bringen, damit der Zuschauerraum zur Eröffnung Ende September ein einheitliches Bild bietet. „Noch mächtig viel Arbeit“, seufzt der Generalintendant. „Aber wir schaffen das!“

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Theater Oldenburg 10. Internationale Tanztage

10. Internationale Tanztage vom 5. bis 16. April

Oldenburg tanzt T

anz überall. In Halle 10, im Kleinen Haus, in der Exerzierhalle, außerdem im Krankenhaus, in verschiedenen Schulen, auf öffentlichen Plätzen der Stadt. Die 10. Internationalen Tanztage werden vom 5. bis 16. April ganz Oldenburg ihren Stempel aufdrücken. Schließlich reisen wieder berühmte Choreografen und Compagnien aus aller Welt an, machen 17 deutsche Erstaufführungen das Festival zu einem der bedeutenden Tanzereignisse Deutschlands. Zehn Jahre Tanztage – für Festivalleiter Honne Dohrmann allemal Anlass genug, um „dem außergewöhnlich offenen, kenntnisreichen und begeisterungsfähigen Publikum etwas zurückgeben“. Deshalb gehe man mit mehreren Produktionen und Projekten in die Stadt hinein und lade „die Oldenburger zum Mitmachen ein“. Eröffnet wird das Festival von Sidi Larbi Cherkaoui und seinem Ensemble mit ihrer gefeierten Produktion „Babelwords“ in die Halle 10. Cherkaouis vorherige Arbeit „Sutra“ war in der Kritikerabstimmung der größten europäischen Fachzeitschrift „tanz“ zur besten Choreografie des Jahres gewählt worden – der Oscar des zeitge-


Theater Oldenburg 10. Internationale Tanztage 15

nössischen Tanzes. Weitere Akzente setzen unter anderem das im Nordwesten besonders beliebte Nederlands Dans Theater II, Aditi Mangaldas aus Neu Delhi, Danzabierta aus Kuba und der Hip-Hop-Erneuerer Vanilton Lakka aus Brasilien. Erstmals werden die fünf Compagnien des RepNet, des mittlerweile in Fachkreisen aufmerksam beobachteten Netzwerks, ein Showcase gemeinsam gestalten und europaweit bewerben. Innerhalb von nur drei Tagen hat das internationale Publikum die Möglichkeit, das Skånes Dansteater mit Örjan Anderssons „Seven Clues“ (DE), das Scottish Dance Theater mit Hofesh Shechters „Dogs“ (DE), die Iceland Dance Company mit „Großstadtsafari“ (DE) sowie Carte Blanches Erfolgsstück „Killer Pig“ zu sehen. Ergänzt wird das Quartett von der neuen Arbeit der Tanzcompagnie Oldenburg: Triple Bill wird choreografiert von Arco Renz, Iztok Kovač und Omar Rajeh. Damit nicht genug, machen die RepNet-Partner den Tanztagen und der Stadt noch ein besonderes Geburtstagsgeschenk: Eine improvisierte 30-minütige Jubiläumschoreografie für alle anwesenden 60 RepNet-Tänzer.


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thEatER OlDEnBURG Prinz Friedrich von Homburg

dunklEs MEistErwErk Kleists „Prinz Friedrich von Homburg“ im Staatstheater Oldenburg Text: Sven Garbade

E

in Soldat hat Angst. Todesangst. Nicht vor dem Feind, auch nicht vor dem, was so leichthin die „Schlacht“ genannt wird. Der Offizier hat Angst vor der eigenen Obrigkeit. Seine Hinrichtung durch das Militärgericht steht bevor. Denn als der Prinz von Homburg eines Morgens aus unruhigen Träumen erwacht, findet er sich zum Todeskandidaten verwandelt. Es ist kein Traum.

letzte Stück, das Heinrich von Kleist hinterlassen hat, ein geheimnisvolles Vermächtnis. Kleist, der nie zwischen zwei Berufen glücklich werden konnte – Soldat und Dichter – blieb sein Leben lang inkompatibel zur Welt seiner Zeit. Er selbst war aus tiefstem Herzen ein Anhänger Preußens, Patriot und Kämpfer gegen Napoleon, mit starken nationalistischen Idealen. Und andererseits war er auch ein Dichter, ein empfindsamer Künstler, dessen Begabung ihn doch eigentOder doch? Einiges spricht in diesem genia- lich zu jenem professionellen Schriftsteller len Stück Heinrich von Kleists dafür: traum- hätte machen müssen, der er stets sein wollwandlerisch betritt sein Held, der Offizier te. Aber er verdiente damit nicht gut. und „Prinz von Homburg“, die nächtliche Szene, womit bereits der erste Kunstgriff für War dieser Kleist ein romantischer Miliweitere Problemstellungen getätigt wird. tär-Poet, der zugleich dem Herzensrecht Denn in jenem Militärstaat, in dem wir uns des Individuums seine Stimme geben wollbefinden, hat ein Offizier nicht zu träute? Ein Hamlet im Offiziersmantel? Kleist men, schon gar nicht zerbrach an dieser in der Öffentlichkeit! „Die Wahrheit ist, dass mir auf Schizophrenie. 1811 Was für ein sonderba- Erden nicht zu helfen war.“ schied er mit den rer Schwärmer ist dieberühmten Worten se Führungskraft, die sich dort in innigem aus dem Leben: „Die Wahrheit ist, dass mir Selbstgespräch mit einem Lorbeerkranz be- auf Erden nicht zu helfen war.“ findet! Und als am Ende sein somnambuler Nachtspaziergang doch noch zu einem Als er noch lebte, wurde sein „Prinz Friedüberraschend guten Ende kommt, auch rich von Homburg“ mit Aufführungsverbot dann wird man noch einmal behaupten, al- belegt. Dieser Weichling im Staatsdienst les wäre nur ein Traum gewesen. fand keine Gnade vor der preußischen Zensur. Und die dunklen Wolken, die Kleist hier, Es ist, als wäre der Idealismus eines Friedein Jahr vor seinem Freitod aufziehen ließ, rich Schiller in den dunklen Strom von kaf- verstärkten den Verdacht auf Memmentum. kaesken Urängsten getaucht. Es ist das Sätze wie „Seit ich mein Grab sah, will ich

nichts als leben“ wurden auch später als potentielle Zersetzung der Wehrkraft gefürchtet. Kleist hat hier eine großartig konstruierte Schlinge um seine Titelfigur gezogen: Da er einen Befehl seines Kurfürsten ignorierte und im Eifer der Schlacht von Fehrbellin eigenmächtig einen Sieg errang, soll der Prinz hingerichtet werden. Nur seine eigene Einwilligung in das Todesurteil ermöglicht letztendlich die Begnadigung. Allerdings: die Angelegenheit erscheint äußerst knapp – und vielleicht findet das ganze Stück tatsächlich nur im Kopf des Prinzen statt, zu jener Sekunde, als er von den Kugeln der Exekution getötet wird. Unter der Regie von Alexander Riemenschneider wird sich ein vierköpfiges Ensemble des Oldenburger Staatstheaters in das dunkle Meisterwerk des Heinrich von Kleist stürzen. Premiere am 20. März in der Exerzierhalle. Weitere Aufführungen am 23. und 26. März sowie am 2., 3. und 29. April.

Lebensbilder Text: Inge Zenker-Baltes Vor 200 Jahren, am 21. November 1811, hat Heinrich von Kleist seinem Leben durch Selbsttötung ein Ende gesetzt. Zum KleistJahr 2011 überschwemmen nun zahlreiche


Biographien den Buchmarkt. Zwei eher zu- te Vogel und sich selbst. „Ich verirrte mich im Labyrinth meines Selbst, weil mich die fällig ausgewählte greifen wir heraus. eigene Kraft gleichsam inwendig aufrieb Auf einem Dachboden findet der Schweizer und der resultierende Lochfraß meine SeeLiteraturwissenschaftler Roman Bösch eine le verschlang“, heißt es. Roman Bösch geverrottete Kiste, randvoll mit Schriftstücken lingt es über weite Passagen, „des Lebensdes Dichters Heinrich von Kleist. Die Besit- bildes dieses seltsamen Menschen habhaft zerin ist Helmuth von Moltkes Tochter Else, zu werden“, und er füllt Wissenslücken. Trotz der altertümelnden Sprache vermösie vererbt die Dokumente 1962 an Bösch, gen die Zeugnisse ausufernder Reflexionen verbunden mit der Auflage, den hochkarädieses produktiven Geistes zu fesseln. tigen Nachlass erst nach einer Wiedervereinigung Deutschlands zu veröffentlichen. Roman Bösch: Kleists Geschichte meiner Und so komponiert Roman Bösch nach dem Seele. Knecht, 362 S., 19,90 Euro Mauerfall aus Kleists Hinterlassenschaft soGeschmeidig liest sich dagegen die Biowie einer Fülle anderer Quellen eine fiktive Autobiographie mit dem Titel „Kleists Ge- graphie „Kleist. Ein Leben“ der Italienerin Anna Maria Carpi. Sie beginnt mit dem schichte meiner Seele“. spektakulären Ende des Dramatikers vor 200 Jahren und dem vielstimmigen Echo Schon nach wenigen Seiten beginnt man in der Kleist’schen Welt oder dem, was Ro- in der schockierten bürgerlichen und auch der literarischen Welt. In vier ausführliman Bösch daraus macht, zu versinken, chen Kapiteln umreißt die Germanistikobwohl der Leser nie genau weiß, wer eigentlich spricht, Kleist oder sein Biograph. Professorin mit elegant ausgefeilter, moderner Sprache Kleists Leben und sein Doch das ist vom Autor so gewollt, er verspüre, ist einem Interview zu entnehmen, darin verwobenes Werk, beschreibt die letzten Tage der beiden Lebensmüden, zieine „fundierte Geistes- und Seelenverwandtschaft“ mit dem Schöpfer von Welt- tiert aus den Abschiedsbriefen, die Henriliteratur wie „Der zerbrochene Krug“, „Die ette Vogel und Heinrich von Kleist „mitten Marquise von O.“, „Das Käthchen von Heil- in dem Triumphgesang, den meine Seele in diesem Augenblick des Todes anstimmt“ bronn“, „Michael Kohlhaas“ und „Prinz an ihre Lieben schreiben. Friedrich von Homburg“. Anna Maria Carpi: Kleist. Ein Leben. Insel, 477 S., 24,90 Euro Gerade 34-jährig erschießt Heinrich von Kleist seine krebskranke Freundin Henriet-

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thEatER BREMERhaVEn Così fan tutte

GElEGEnhEit Macht liEBE

Mozart führt in „Così fan tutte“ zwei Frauen in Versuchung Text: Karin Hiller Die Entführung aus dem Serail

D

ie Frage nach der Untreue in der Liebe und der Verlässlichkeit einer Partnerschaft ist so alt wie die Menschheit. Wolfgang Amadeus Mozart und sein Librettist Lorenzo da Ponte spielten in ihrer letzten gemeinsamen Arbeit musikalisch und dramaturgisch mit diesem Thema und mussten hinnehmen, dass die Oper „Così fan tutte“ nach der Uraufführung 1790 wegen des „frivolen und Sitten zerstörenden“ Sujets nur zehnmal auf der Bühne zu sehen war. Das Bürgertum entsetzte sich über die unmoralische Darstellung der Liebe in diesem Lehrstück über menschliche Schwächen und die Unbeständigkeit der Gefühle.

rin (Musikalische Leitung: Richard Fletcher). „Ich will versuchen, den Figuren näher zu kommen, sie an uns heran zu holen. Das sind ganz normale Leute, so etwas kann auch den Nachbarn passieren.“ Wolff will sich nicht in die Reihe der Regisseure begeben, die den Stoff in die Upper Class verlegen, die Personen modisch mit Designerstücken einkleiden. „Bei mir sind das alltägliche Menschen von heute. Man kann sehen, dass die Mädels hart arbeiten müssen. Es ist kein reiches Milieu, sondern eine andere Gesellschaftsschicht.“

ße Liebe brüchiger ist als sie dachten und die Frauen es mit der Treue nicht so genau nehmen. Als die Frauen begreifen, dass sie einer Wette, einem Experiment mit der Liebe zum Opfer gefallen sind, kehren sie reumütig und voller Schuldgefühle zu ihren Männern zurück. Ein emotionales Desaster hat vorerst sein Ende gefunden.

„Am Schluss geht alles sehr schnell. Alle sind geschockt, dass ihnen so etwas passieren konnte und sie können es noch nicht verarbeiten. Es ist wie ein Erwachen aus einem Traum“, erklärt die Regisseurin und Die beiden Frauen sind in einer verführba- zieht das Fazit: „Man hat etwas gelernt ren Situation. Die Männer sind unterwegs, über das Leben im positiven Sinne.“ Das eine vorgetäuschte Abreise, man ist allein Zusammenleben wird nicht mehr so sein „So machen es alle“, jeder betrügt jeden, ohne den Partner. Es sind junge Mädchen, wie vorher. Die an diesem Spiel mit der behauptet der zynische Philosoph Don Al- die nicht gefonso und stellt die bürgerliche Moral in feit sind ge- Das Glück ist immer in Gefahr. Wenn man sich nicht Frage, indem er zwei junge Frauen einer gen die darum kümmert, man muss darum kämpfen. Treueprüfung aussetzt, einer Wette für ei- Schmeichenen Tag. Der Clou an der Geschichte: sie leien der beiden attraktiven Herren, von Liebe beteiligten Personen haben sich versollen von ihren eigenen Männern verführt denen sie umworben werden. Gelegenheit ändert. Sie mussten schmerzlich erfahren, werden, die sich verkleidet in vertauschten macht Liebe. Die unerwartete Situation er- das Herz und Verstand nicht immer in EinRollen an die Partnerin des anderen hergibt sich aus dem Alltag und man muss da- klang zu bringen sind. Das Glück ist immer anmachen. mit irgendwie umgehen. in Gefahr. Wenn man sich nicht darum kümmert, man muss darum kämpfen. Katja Wolff, die eigentlich vom Schauspiel Doch aus dem Spiel wird Ernst, denn es kommt, inszeniert Mozarts „Così fan tutentwickeln sich Gefühle, die nicht vorgePremiere am 16. April (19.30 Uhr) im Grote“ am Bremerhavener Stadttheater und sehen waren. Die Männer müssen leidßen Haus. Weitere Aufführungen am 21. gibt damit ihr Debüt als Opernregisseuvoll und enttäuscht erkennen, dass die gro- und 29. April sowie am 6., 11. und 14. Mai.


thEatER BREMERhaVEn Amon-Ra 19

„Amon-Ra“: Neues Ballett von Sergei Vanaev im Großen Haus Text: Karin Hiller

Irrwege - Der Wind

pharao und rEBEll M

it seinem neuen Tanzabend wirft der Bremerhavener Ballettchef Sergei Vanaev einen Blick weit zurück in die Zeit des ägyptischen Pharaos Echnaton. Dessen Regierungszeit im 14. Jahrhundert vor Christus war geprägt von seinen visionären Ideen und brachte für das ägyptische Volk einschneidende Veränderungen in Religion und Kunst mit sich. „Für mich ist Echnaton der interessanteste der ägyptischen Pharaonen“, sagt Vanaev. „Er war ein zerbrechlicher, sensibler, aber rebellischer Typ, der genug Energie hatte, sich gegen die gesamte Priesterschaft zu stellen.“ Echnaton brach mit den alten Traditionen, schaffte den Polytheismus ab und bestimmte den Sonnengott Amon-Ra als einzigen Gott. Das glich damals einer Revolution. „Es war ein progressiver Schritt nach vorne, in dieser Zeit aber ein Fehl-

te Wahl. Es gibt keinen rationalen Grund, warum er sich gerade Amon-Ra zuwendet, es ist eine Besessenheit, eine emotionale Beziehung, die Echnaton unvernünftig werden lässt.“ Der Unterschied zwischen Mensch und Gott verwischt, auf der Gefühlsebene stehen sie sich ebenbürtig gegenüber.

Die expressive Struktur des Balletts verschlag“, ist sich Vanaev sicher. „Geselllangt nach intensiven Stimmungen, die der schaftlich war es das Dümmste, das er ma- Choreograph bei zeitgenössischen Kompochen konnte.“ nisten und in der deutschen Barockmusik, die das pompöse Umfeld illustriert, gefunEchnaton hatte zu Lebzeiten nur eine Ver- den hat. Es entsteht ein spannungsgeladebündete: seine Ehefrau Nofretete. Mit ihner Dialog zwischen live gespielter Orchesrer Liebe zur Kunst und Spiritualität sahen termusik (Musikalische Leitung: Richard der Pharao und seine Frau sich als Vertre- Fletcher) und Musik vom Band. Dazu gibt ter des Sonnengottes auf Erden und ließen es Perkussionselemente, die auf der Bühne sich vom Volk anbeten. Volk und Priestervon Statisten auf Ölfässern erzeugt werden. schaft wehrten sich vehement gegen den Einschnitt in ihre alte Kultur und kehrten Die Farbe Gold dominiert im sehr abstraknach Echnatons Tod sofort zu ihren alten ten, futuristischen Bühnenbild (AusstatLebensformen zurück. tung: Sergei Vanaev und Johannes Bluth). Nur wenige Symbole erinnern hier an Sergei Vanaev macht in seiner Choreogra- Ägypten. Die Atmosphäre erinnert eher an phie aus der altägyptischen Historie eine Fritz Langs Metropolis und unterstreicht Liebesgeschichte, ein Beziehungsdreidie Neudeutung des historischen Themas. eck zwischen Echnaton, Nofretete und Amon-Ra. „Echnaton hat unter den GötPremiere am 26. März um 19.30 Uhr im tern Amon-Ra, den Sonnengott, als einziGroßen Haus. Weitere Aufführungen am gen Gott ausgewählt. Es ist eine ungerech- 31. März sowie am 10., 15., 23. und 27. April.


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thEatER BREMERhaVEn Buddenbrooks

ökonoMiE und GEfühlE

Intendant Mokrusch inszeniert „Buddenbrooks“ von John van Düffel Text: Karin Hiller

V

on Thomas Manns mit dem Nobelpreis ausgezeichneten Roman „Buddenbrooks“ geht seit mehr als hundert Jahren eine unvergleichliche Faszination aus. Sein meisterhafter Erzählstil und die subtile Sprache ziehen den Leser auch heute noch gebannt in die Generationen übergreifende Geschichte der Lübecker Kaufmannsfamilie. „Buddenbrooks“ ist die erste Regiearbeit von Intendant Ulrich Mokrusch in Bremerhaven. Was ist seine früheste Erinnerung an Thomas Manns Werk? „Das erste Mal habe ich den Roman Ende der Siebziger mit 15 Jahren gelesen, als ich begann Literatur zu entdecken. Und ich bekam eine Vorstellung davon, wie schwierig es ist, erwachsen zu werden.“ Doch wie bringt man dieses mehr als 700 Seiten umfassende Buch als Theaterstück auf die Bühne? John von Düffel, Dramaturg am Deutschen Theater Berlin, hat sich anderthalb Jahre Zeit genommen, um die Verdichtung zu finden, die dem Roman und Thomas Mann gerecht wird. „Von Düffel hat das raffiniert gemacht, er hat viel direkte Rede übernommen“, erklärt Mokrusch. So bleibt die Sprache Manns erhalten, allerdings geht „der sanft ironi-

sierende Ton in Thomas Manns Erzählstil verloren. Da muss man sich als Regisseur etwas einfallen lassen.“ In der Dramatisierung ist es von entscheidender Bedeutung, die innere Zerrissenheit der Personen zu erarbeiten. Mokrusch nennt es „hinter die Fassade schauen“. Im Zentrum stehen die drei Geschwister Buddenbrook: Thomas, Antonie und Christian. Thomas, der Älteste, vertritt nach außen die harte Kaufmannsmentalität. Er handelt mit äußerster Anspannung und Selbstbeherrschung und ordnet seine persönlichen Interessen und Emotionen dem Wohl der Firma unter. Antonie geht auf Wunsch des Vaters eine scheinbar aussichtsreiche Vernunftehe mit einem Kaufmann ein, doch ist ihr Versuch, der Firma zu dienen, zum Scheitern verurteilt. Christian ist das Gegenmodell zu Thomas, ein hochsensibler Hypochonder mit Hang zum künstlerischen Leben, der sich außerhalb der Familie mit seinen eingeschränkten Mitteln eine eigene bürgerliche Existenz aufbauen will. Die Musik spielt eine große Rolle bei der Wendung der Charaktere nach innen. Sie wird von Thomas als feindliche Macht empfunden, als Symptom für den Verfall. Mit Unverständnis beobachtet er die

Hinwendung seiner Frau Gerda und seines Sohnes Hanno zur Musik. Die Welt der Kunst ist für Thomas eine Bedrohung, denn sie macht nicht lebenstüchtig und entbehrt der Härte, die man braucht, um ein erfolgreicher Kaufmann zu sein. „Hauptthema“, so Mokrusch, „ist die Ökonomisierung der Gefühle.“ Das Interesse der Firma steht immer über dem privaten Glück. Es ist ein ökonomischer Überlebenskampf, bei dem die Menschen auf der Strecke bleiben. Die vergangenen Generationen der Familie erscheinen bieder, als anständige Kaufleute, aber im Laufe Zeit werden die Charaktere extremer. Die intellektuelle Sensibilität nimmt zu und hat den Verlust an gesellschaftlicher Stellung zur Folge. Aber der gesellschaftliche Abstieg ist hier die Voraussetzung für neue Lebensformen, für die Befreiung aus den eingefahrenen bürgerlichen Strukturen. Ulrich Mokrusch: „Ich sehe es nicht als die Geschichte des Verfalls einer Familie, wie es im Untertitel des Romans heißt, sondern als die Geschichte einer Entwicklung.“ Premiere am 7. Mai (19.30 Uhr) im Großen Haus.


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thEatER in nORDEn Opernpremieren

Fotos: Andreas J. Etter

Opernpremieren an norddeutschen Theatern

Staatstheater Oldenburg „Cardillac“

Die Inszenierung von Sebastian Ukena birgt mehrere solcher Bedenklichkeiten, wenn er das gemäßigte, fast abstrakte Spiel mit alText: Simon Neubauer lerlei Symbolismen bestückt. Zudem geht es im nackten, fast nur aus einem Turm ein Oldenburg herrscht gegenwärtig Prenes eisernen Gerüsts bestehenden Ambienmierenfieber. Vier Wochen vor der te im leeren Hangar des Fliegerhorstes geis„Walküre“ betrat Hindemiths „Carterhaft, jedenfalls irreal zu (Bühne: Stephan dillac“ die Bühne, nun folgt dem WagMannteuffel). Das Volk trägt Abendrobe in ner-Opus am 26. März Verdis „Aida“. Und auch dort herrschte eine ungewohn- starkem Kontrast zum schäbigen Outfit Carte Deutungssicht vor, denn Cardillac darf dillacs. Ihn singt Peter Felix Bauer mit kräftigem, geradlinigem Bariton, dem freilich nicht sterben. Im Gegenteil – er wird zum Denkmal erhoben, nachdem er reu- etliche Stimmfarben fehlen, um der Figur einen dämonischen oder narzisstischen Zug ig seine Morde gestanden hat. Andächtig und ergriffen lauscht das Volk, das ihn mitgeben zu können. eigentlich, laut Libretto, lynchen sollte, Herausragend wiederum Mareke Freuden Lobenshymnen der Tochter des Golddenberg, Lichtgestalt der Tochter Cardilschmieds und deren Geliebten. lacs, und Vincent Wolfsteiner als Offizier Nun steht er tatsächlich auf einem erleuch- (im Smoking) mit heldischem Stimmglanz (in Hannover singt er den Siegmund im teten Kubus, mit ausgebreiteten Armen einem Gekreuzigten gleichend, ein Denkmal „Ring“). Und erstklassig in Spiel und Gejenes Künstlers, der jeden Käufer ermorde- sang der Chor (Thomas Bönisch).

i

te, um sein kostbares Geschmeide wieder zu erlangen. Diese Erhöhung wirft dann doch mancherlei Fragen auf: Zwar hat der Goldschmied, überhaupt der große Künstler, jeder Kreation ein Stück von sich selbst mitgegeben; aber darf er sich diesen Teil seiner fragilen Schöpferkraft durch Unrecht, gar durch einem Mord wieder aneignen?

Staatstheater Oldenburg „Die Walküre“ Text: Peter Schulz

W

ieder eine dieser Inszenierungen, über die man besser eine Nacht schlafen sollte, bevor man den Daumen hebt oder senkt. Die Oldenburger „Walküre“, gegeben im imposanten „Walhalla“ namens Fliegerhorst 10, rief frenetischen Jubel für die Ausführenden ebenso hervor wie markige Rufe des Missfallens für Regie und Ausstattung. Gut möglich, dass so mancher „Buh-Mann“ seine lauthals verkündete Unzufriedenheit am nächsten Morgen bereut hat. Denn was K.D. Schmidt und seine Bühnenbildner Henrik Ahr und Oliver Helf in der zunächst durch drei milchige Stellwände beengten, später weitläufigen Halle präsentierten, rief bildmächtige Assoziationen hervor, die sich im Nachgang immer wieder in die Gedankenwelt des Alltags schoben. Will sagen: Reichlich Stoff für Gespräche und Diskussionen, in denen die „Walküre“ deutlich vor Augen stand. Welch ein Gewinn!

Johannes Stert lässt der Musik auf weite Strecken die Aggressivität, die Härte, und vergisst mitunter, die Lautstärke zu zügeln. Die Erregungszustände, die Hindemith dieser seiner Urfassung gönnt, trafen Dirigent und Orchester in plastisch-drasti- Sicher, die Oldenburger Inszenierung biescher Rhythmik. tet eine Fülle von Angriffspunkten. Kostü-


thEatER in nORDEn Opernpremieren

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Fotos: Hans Jörg Michel

me überwiegend aus der Altkleiderkammer entliehen, ein paar Stühle vom Sperrmüll geklaubt, die (durchweg vorzüglichen) Darsteller überwiegend beziehungslos nebeneinander her agierend, die projizierte Flugzeug-Armada im 2. Akt, die nackte Helden mit Tritten traktierenden Walküren im 3. Akt – das und manches andere ließ so manchen „Wagnerianer“ um seine Fassung ringen.

53°8‘N 8°13‘0

Und war der Regisseur wirklich gut beraten, Hundings Heimstatt in so noch nie gezeigter Kargheit zu arrangieren mit zwei Stühlen, einem Kanten Brot und einer Plastikflasche Wasser als einzigen Requisiten? Gegenfrage: Hätte sich die beklemmende Atmosphäre eindrucksvoller in einer urigen Blockhütte entwickelt, mit Bärenfellen und Hirschgeweihen nebst tickender Kuckucksuhr an den Wänden? Und war es wegweisend, den schicksalsentscheidenden Streit zwischen Fricka und Wotan vor der Projektion einer kleinbürgerlichen Etagenwohnung zu platzieren? Ja, wäre denn eine durchgestylte Schickimicki-Bar der bessere Platz gewesen, um den unerbittlichen Ehekrieg um Siegmunds Los zu entfachen?

w w w. h o r s t - j a n s s e n - m u s e u m . d e

27. März – 26. Juni 2011

Horst Janssen und die Romantiker Mit Zeichnungen von Caspar David Friedrich, Carl Gustav Carus, Johan Christian Dahl

Horst-Janssen-MuseuM Am Stadtmuseum 4 – 8 26121 Oldenburg Tel. 0441 - 2 35 28 91 Di –So 10 – 18 Uhr


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thEatER in nORDEn Opernpremieren

Opernpremieren an norddeutschen Theatern

Und mutete es nicht ziemlich lächerlich an, Brünnhilde in der letzten Szene eine flackernde Wunderkerze in die Hand zu drücken und sie auf gähnend leerer Bühne in „fesselnden Schlaf“ fallen zu lassen? Entschuldigung, aber hätte denn der allseits erwartete Feuerzauber um die von Flammen eingeschlossene Walküre eine noch tiefere Betroffenheit hervorrufen können? K.D. Schmidt ist den vielen Verlockungen ausgewichen, die Wagners von Mythen umranktes Heldenepos bietet. Er inszenierte stattdessen ein spannungsgeladenes Kammerspiel von erregender Intensität, fokussierte den Blick voll und ganz auf die Tragik der zutiefst verletzten, in entsetzliche Fehleinschätzungen verstrickten Gottheit, die ihr fatales Urteil gegenüber der geliebten Tochter am Ende bitter bereut. Welch schlechter Ratgeber Wut doch ist – Wotan hat es schmerzlich erfahren. Und noch etwas machte diese „Walküre“ zum vielleicht unvergesslichen Erlebnis: Dank des über den Köpfen des Publikums mitlaufenden Textes entstand ein stimmiger Dreiklang aus Musik, Handlung und Wagners unvergleichlich bildhafter Sprache. Ein Genuss!

„Glühender Wagner-Klang“

Pressestimmen in Auszügen:

Werner Matthes kam in der Oldenburger „Nordwest Zeitung“ zu dem Ergebnis: „Muss der Betrachter … gründlich umlernen? Ja und nein. Ja, weil er alle naturalistisch-ausführlichen Bühnenangaben des Thomas Dorsch und ein hörbar entflammAutors, nahezu alle Relikte von Mythos tes Orchester entfalten einen glühend und Stimmung vermisst. Nein, weil es dem leuchtenden, ja furiosen Wagner-Klang Regisseur K.D. Schmidt gelingt, nicht die und gönnen doch immer wieder einen Aura, wohl aber die Bewandtnis des Werkammermusikalisch sensiblen Einblick. kes zum Kammerspiel zu verdichten, seiRachel Torvey, vor mehr als einem Jahrne Figuren, ihre Beladenheit und komplexe zehnt als jugendlich-dramatische Sopra‚Geschichte’, gar Abgründe ihrer Psychonistin am Bremer Theater engagiert, hat logie zu entfalten; auch weil es gelingt, sie sich zu einer überall begehrten Brünnhil- jenseits von großer Bühnen-Schau gleichde von unforciertem Höhenglanz und ein- sam ‚zu sich selbst’ kommen zu lassen.“ dringlicher Phrasierungskunst entwickelt. Rainer Beßling urteilte in der in Syke erscheinenden „Kreiszeitung“: „K.D. Schmidt Derrick Ballard, auch ein gefragter Gast, bietet einen Wotan von imposanter Gestal- … verzichtet gänzlich auf ‚aktualisierende’ Deutungsillustrationen. Er öffnet Assoziatitungskraft, Christian Voigt schenkt dem onsräume durch Abstraktion und destilliert Siegmund eine gehalt- und kraftvolle Lyaus dem ohnehin handlungsarmen ersten rik. Valérie Suty gibt mit attraktivem GeTag der Tetralogie ein Kammerspiel. Dialosang der nicht gerade erotisch mitgerisse- gische Verhandlungen und monologische nen Sieglinde deutliches Profil. Zdravka Bekenntnisse erhalten ein Podium. Wagners Ambric sichert der penetrant fordernden Forderung nach einer rezitativnahen RheFricka impertinentes Gewicht und nur An- torik, seine messerscharfe Psycho-Analyse, drey Valiguras scheint noch zu jung für die die sich mit vortrefflicher Archaik und überwältigendem Klangsog jenseits menschliHärte eines unheimlichen Hunding. chen Auffassungsmaßes trifft, wird in dieser Aufführung ernst genommen.“ foyer-Kritiker Simon Neubauer stufte die musikalischen Leistungen als „hochklassig“ ein und urteilte:


Ausdruck beginnt … wenn Energie auf Emotionen trifft.

Wenn es zu Höchstleistungen kommt, dann hat das meist viele Gründe. Aber die richtige Energie gehört immer mit dazu. EWE unterstützt Kultur und Sport in der Region. Mit Leidenschaft und mit aller Energie. Wir wünschen allen Zuschauern der Oldenburger Tanztage viele bewegende Momente.

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thEatER BREMEn Pro & contra „Madama Butterf ly“

Pro & contra „Madama Butterfly“

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ie Erwartungen waren hoch gespannt: Giacomo Puccinis grandiose Oper „Madama Butterfly“ in einer Inszenierung der jungen Regisseurin Lydia Steier – würde da am Bremer Goetheplatz ein neues Frauenbild der Cio-CioSan gezeichnet? Das Premierenpublikum reagierte teils heftig, auch wegen des Verlegens der Handlung von Japan nach Amerika. Mehr als ein Grund also für foyer, die Meinung von zwei Kritikern einzuholen.

Pro „Madama Butterfly“ Text: Markus Wilks Eigene Sehgewohnheiten zu hinterfragen, kann zu schmerzhaften Einsichten führen. So umstritten die Premiere von Puccinis „Madama Butterfly“ in Bremen auch war, eignet sich die Produktion doch sehr gut zum Nachdenken darüber, was man von einer Opernaufführung erwarten sollte. Dass Regisseurin Lydia Steier im Grunde genommen keine Interpretation von Puccinis so beliebter Oper vorgenommen, sondern zur vorgegebenen Musik partiell eine neue Geschichte konstruiert hat, muss angesichts der Deutlichkeit wohl nicht diskutiert werden. Darum fällt es leicht, diese Regiearbeit – auch entschieden – abzulehnen. Dennoch möchte ich sie nicht missen, weil sie teilweise hervorragendes, weil emotional bewegendes Theater bietet. Selten kann man die pessimistischen Ele-

mente, die in Puccinis Partitur ganz wesentlich enthalten sind und wegen der oft schönen Musik ignoriert werden, so deutlich erkennen wie in dieser Bremer Produktion. Es ist eben keine schöne Geschichte, sondern die grausame Tragödie einer 15-jährigen Prostituierten, die sich einem Amerikaner verkauft und weltfremd auf ein Happy-End hofft.

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eben nicht über den notwendigen Schmelz verfügt.

Zurück zur Regie. Dass es Lydia Steier selbst mit Hilfe des Programmheftinterviews nicht gelang, nachvollziehbare Begründungen für die Übersetzung der Figur der Butterfly hin zu einer Marilyn Monroe, Romy Schneider oder Hildegard Knef und die Verlegung in die 20-er Jahre zu geLydia Steier hat Butterflys (auch geistige) ben, wertet die Bremer „Butterfly“ ab. InsIsoliertheit in beklemmende Bilder gesetzt, besondere der erste Akt (Szenen im Nachtdie für manche Regieschwächen entschä- club „Nagasaki“) wirkt doch sehr beliebig: digen. Nicht zuletzt dank der intensiven, Die vielen Bilder und Regieeinfälle bleiButterflys Seelenvorgänge verdeutlichen- ben austauschbar, die Beziehung zwischen den Patricia Andress lohnt sich die Begeg- Butterfly und Pinkerton unklar. Dann im nung mit dieser Produktion. Regisseurin dritten Akt ein Mafiasujet zu schaffen, entund Sängerin verweigern uns Zuschauern spricht sicher nicht Puccinis Intentionen. das „kulinarische“ Mitleiden an Butterflys Schicksal, stattdessen präsentieren sie ci- Immerhin glänzten die Bremer Philharmoneastisch grelle Blicke auf deren Psyche. niker durchgehend mit „echtem“ PucciniSound. Kapellmeister Daniel Montané ließ Auch gesanglich bot Patricia Andress eine die Musik fließen und arrangierte die brutavorzügliche Leistung: Ihr Sopran blühte in len Momente ebenso wie die sentimentalen der hohen Lage auf, in den lyrischen Mozu einem großen Klanggemälde – der zweimenten füllte sie den Raum klanglich voll te Grund, die Bremer „Butterfly“ eben nicht aus, ohne zu forcieren. Man möchte gerzu meiden. ne mehr Puccini von ihr hören, etwa eine Contra „Madama Butterfly“ „Fanciulla del West“, den „Tabarro“ und Text: Simon Neubauer die „Suor Angelica“ – allesamt hierzulande viel zu selten gespielte Werke, die von Arme Cio-Cio-San! Das Mitleid hält sich der singschauspielerischen Präsenz der jeweiligen Sopranistin leben. Nicht dieses Ni- trotzdem in Grenzen, denn du bist einveau erreichten ihre Bühnenpartner, selbst fach zu dämlich. Hängst dich wieder an wenn Martin Kronthaler als Sharpless soli- den ebenso protzigen wie unzuverlässigen de agierte und Peter Marsh (Pinkerton) zwar Mister Pinkerton. Dabei müsstest du ihn bemerkenswert sicher sang, sein Tenor aber doch kennen. Denn wenn ich auf deinen


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THEATER BREMEN Pro & contra „Madama Butterf ly“

Lebensweg schaue, hast du doch eine schon fast erwachsene Tochter von ihm, die nun frustriert bei dir rumhängt. Nun ja, du hast deine japanische Heimat verlassen und arbeitest jetzt als „Butterfly“-Star in einem amerikanischen TingelTangel-Club. Der gehört diesem Mister Pinkerton – und wie der Herr, so das Gescherr. Es geht sehr flatterhaft zu. Ganz ernst kann es dir bei der erneuten Liaison nicht sein, denn schon beim großen Duett „Vogliami bene“ kann, im Gegensatz zur Musik, von leidenschaftlichem Liebesglück nicht die Rede sein. Und trotzdem wartest du drei Jahre auf den feinen Herrn. Dabei benimmst du dich ziemlich ruppig gegenüber dem Konsul Sharpless, weil du vielleicht bereits ahnst, wie sie dich hintergehen werden. Aber so richtig kriminell wird es erst, als der Fürst Yamadori auftaucht, hier nun abgesunken zum schmierigen Mafiosi, der scheinbar nur deine Gunst, in Wirklichkeit den heruntergekommenen Club an sich bringen will. Er bringt im Gefolge seine Helfer gleich mit, handfeste Kerle, die dem erzwungen herbei geführten Pinkerton brutal durch Folter und K.o.-Schlag zusetzen. Vor dem Abknallen läuft noch ein besonders widriges Spiel: Eure Tochter wird als Frau Pinkerton verkleidet und beide müssen sich dir zur Schau stellen. So bist du wahrhaftig zum armseligen Opfer eines kriminellen Komplotts geworden. Da bleibt dir nur noch der Griff zur Pistole. Man sieht an dieser Willkür-Story, dass es der aus Amerika stammenden Regisseurin Lydia Steier nicht an ungezügelter Phantasie mangelt, um aus der beliebten Puccini-Oper „Madama Butterfly“ ein Halunken-Stück zu basteln. Das geschieht ohne Rücksicht auf das Libretto, ohne auch nur ein einziges Mal auf die Musik zu hören. Deshalb hängen die Personen allesamt in der Luft ohne Verankerung im realen Leben. – Die von mir besuchte Repertoire-Aufführung am Goetheplatz hob sich leider nicht zum gewohnten Standard der Bremer Oper empor.

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thEatER BREMEn Pro & contra „Die Nibelungen“

Pro & contra „Die Nibelungen“

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er Comic swingt nicht“ urteilt foyer-Autor Sven Garbade über „Die Nibelungen“, die Herbert Fritsch für das Bremer Theater am Goetheplatz in Szene gesetzt hat. Auch Benno Schirrmeister greift angesichts der Umsetzung des Klassikers von Friedrich Hebbel zum Comic-Vergleich. Doch sein Urteil fällt positiver aus: „Fritsch nimmt Hebbel ernst. Vielleicht als erster überhaupt.“ – Die Redaktion stellt beide Meinungen gegenüber.

Pro „Die Nibelungen“ Text: Benno Schirrmeister So hat noch niemand Friedrich Hebbels „Die Nibelungen“ gezeigt – bis dahin reicht der Konsens der Rezensionen, ja, er lässt sich sogar noch ausdehnen: Dass Herbert Fritsch und sein Team Hebbels zwo’nhalbDramen in Bremen so auf die Bühne gebracht haben, als sei die Vorlage eine Grafic Novel, haben alle kapiert. Ein naheliegender Zugang: Comic ist ja fast die einzige Kunst, die noch ungebrochen von „Helden lobebaeren“ oder derlei berichtet. Manche hat‘s trotzdem empört. Denn: Wo blieben da Moral und tiefere Bedeutung? Wahr ist: Ein Sonntagspredigt-Surrogat hat Fritsch nicht in Ingo Günthers Sound-

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scapes gebettet. Wer‘s vermisst, sitzt aber auch im falschen Stück. Denn Hebbel waren „Glauben, Schwärmen usw. reines Nichts.“ Folgerichtig verzichtet die Regie auch aufs Psychologisieren. Die Darsteller verpflichtet sie auf ein streng limitiertes gestisches Repertoire und genauso erlaubt sie keiner Rolle mehr als drei krass überartikulierte Gesichtsausdrücke: Eine Mimik, outriert wie Hebbels Bühnensprache, die schon seine Zeitgenossen oft zum Lachen reizte. Und die aus dem Lächerlichen eben doch seltsam unbeschadet hervorging – wie Fritschs Inszenierung. Denn klar kommt die uns erst albern vor. Und logisch, wer in wiederkehrenden Gesten nur running-gags sehen kann, kriegt nicht mit, dass die Formalisierung durch Wiederholung Entscheidendes bewirkt: Sie emanzipiert die Gesten. Sie lösen sich vom Text. Sie werden fast gleichrangig mit den Schauspielern. Ja, die Formalisierung macht aus dem schrillen Bühnen-Comic ein „Theater der Grausamkeit“ im Sinne der Schauspiel-Theorie von Antonin Artaud, des französischen Widerparts von Brecht. Hat Fritsch Hebbel mit Artaud gelesen? Möglich. Aber Hebbel, der in der „Lichtwelt des Wahnsinnigen“ ein Bühnen-Ideal sieht,

reicht dafür schon allein: „Die ganze Kunst“ einer gelungenen Nibelungen-Dramatisierung sei es, „auf 9/10 der Kultur Verzicht [zu] leisten“, schrieb er an den UraufführungsRegisseur Franz Dingelstedt. Und dem vertraute er auch an, was er mit der Epos-Bearbeitung wollte. Es sei ihm – nein, nicht um die Erfindung des Comics – aber doch darum gegangen „die Basreliefs des alten Liedes von der Wand abzulösen, und ihnen genug, aber nicht zu viel Eingeweide zu geben“. „Nicht zu viel“ – Hebbel hatte das selbst unterstrichen. Trotzdem haben Regisseure 149 Jahre lang Hebbels Figuren mit völkischer Ideologie und Tiefgegründel aufgepimpt und Blut und Eingeweide nur so spritzen lassen. Nicht so Fritsch. Der nimmt den ollen Dithmarscher ernst, vielleicht als erster überhaupt. Und er hat für ihn das Ensemble begeistert. Dessen Enthusiasmus steckt an. Aber nur den, der sich darauf einlässt – wie jeder, der Theater liebt.

Contra „Die Nibelungen“ Text: Sven Garbade Es ist völlig plausibel, wenn man sich den „Nibelungen“ kritisch und skeptisch nähert. Doch warum wird in dieser Inszenie-


THEATER BREMEN Pro & contra „Die Nibelungen“

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Fotos:Jörg Landsberg

rung aus der erstbesten Assoziation gleich ein abendfüllendes Spielprinzip gemacht? Das hat etwas Bequemes – und monoton wirkt das Ergebnis in jedem Fall. Auf beiden Kanälen, optisch wie akustisch, wird drei Stunden lang auf der gleichen Frequenz gefunkt: Comic, Comic, Comic... Das nervt. Zumal die Idee ja auch nicht besonders originell ist: Siegfried als Superman, natürlich kennt man das Klischee. Wenn außer hohler Form keine inhaltliche Phantasie in Gang gesetzt werden kann, wird so etwas öfters mal versucht. Irgendwie ist das Geheimnis mal wieder ganz tief unter der Oberfläche versteckt. Viel Verpackung, wenig Inhalt.

Dieses Comic-Happening bestätigt nur jene Ressentiments, die längst Gemeingut sind. Wenn der Regisseur das Stück für einen verquasten Trivial-Brei hält – warum spielt er es? Ein Plakat an der Theatertür hätte genügt: „Herbert Fritsch hält ‚Die Nibelungen‘ für ein überschätztes Kaspertheater aus alten Zeiten. Deswegen spielen wir es heute nicht.“

sparen wollen. Und so gibt es auch im Bremer Theater nun viel Gejohle im Stil einer TV-Comedy: „Hach, was sieht der Hagen witzig aus in seinem Fummel!“ Selbstverständlich sind diese Kostüme handwerklich prächtig gemacht (Victoria Behr), und besonders die Theaterfotos profitieren von dieser Üppigkeit. Allerdings verselbständigt sich der Blödeltrieb mit Flatter-Cape und Gummihöschen im Laufe des Abends unaufhaltsam zur Travestie-Show.

Man spielt es aber doch. Womöglich zum Zwecke des Amüsements? Besonders lustig ist die Veranstaltung eigentlich nicht. UnWarum wird im großen Haus am Goethemöglich, bei dieser Vorlage! In der Musik würde man sagen: Man kann keinen Swing platz mit solcher Inbrunst auf derlei plumpen Gaudi-Mitteln herumgeritten? Hier, im mit Wagner spielen. subventionierten Theater, müsste doch vielmehr bewiesen werden, dass Theater eine Denn wo sollen bei Hebbels Gips denn Worin liegt das Subversive, wenn diese ein- Pointen entwickelt werden? Ist dort irvielfältige und differenzierte Kunstform ist. zige Idee derart ausführlich an sämtlichen Die Verweigerung von gedanklicher Reflegendwo ein Keim für Situationskomik geSzenen durchexperimentiert wird? Letztsät? – Kaum. Die meisten Lacher an diesem xion soll als Provokation fungieren? – Ach endlich ist das Stück eben doch nicht als je- Abend sind vielmehr auf eine eigenartiGottchen! Auf dieses Spiel lässt sich in Bremen, gefühlte 300 Jahre nach Peter Zadek, ner bombastische Unsinn zu entlarven, als ge Sonderform von Humor zurückzufühder es hier gelten mag. Die unheilvolle Reren: den Kostüm-Klamauk. Wenn Thomas kaum noch ein Zuschauer ein. Mittlerweizeptionsgeschichte der „Nibelungen“ lässt Gottschalk im Taucheranzug auftritt, lacht le gibt es Pop-Trash an jeder Ecke – und niesich nicht per Gag beiseite legen – auch mand ärgert sich darüber. Man geht weiter. ein Millionenpublikum. Der vermeintlich wenn man noch so viel gute Laune, Tanzlust Hochstehende stuft sich mittels unpassenund programmatische Naivität mitbringt, der Bekleidung herab. Komiker nutzen die- Die nächsten Vorstellungen: 29. März, 6. wie es die Truppe um Fritsch hier tut. sen Effekt gerne, wenn sie Geld für Autoren und 16. April.


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KOlUMnE

Nachgedacht: Text: Stephan Cartier

da lachEn ja diE hunnEn a

ngehörige von Mehrheiten behaupten gern, Minderheiten seien in eine Gesellschaft erst dann richtig integriert, wenn man über sie ungestraft Witze machen darf. Nur wer über Menschen im Rollstuhl auch lachen könne, nähme sie ernst. An dieser Weisheit gemessen, sind Klassiker wie Goethe, Mozart, Schiller endlich in unserer Mitte angekommen. Mit ihrem Potenzial für Witzigkeit haben sie es auf den Bühnen der Republik zum Status von Schwerstbehinderten gebracht.

tualisierung angestaubter Texte und Töne vergrößern Comedy-Shows in den Theatern die Distanz zu Goethe & Co. Wer „Die Nibelungen“ mit dem brachialen Humor von heute aufpeppen will, der lässt sie nur noch älter aussehen. So wie eine Botox-Spritze nicht wirklich jünger macht, sondern nur den aussichtslosen Kampf gegen den natürlichen Verfall anzeigt. Jeder Witz hat seine Zeit und jede Zeit ihren eigenen Witz. Dabei sollte man es bewenden lassen.

ren: „Einerlei, welche Motive im einzelnen auch maßgebend sind und welche Wirkung die Verlegenheit auf den Verlegenen haben kann, die ihm unter Umständen sehr komisch vorkommt, genügt die Unterbrechung des Kontakts, die Herausgelöstheit und Abständigkeit, um ein Lachen hervorzurufen“, so Plessner weiter.

Gegenüber Tyrannen gilt Lachen als subversive Strategie des Widerstands. Doch muss man sich gegenüber dem Theater- und Dass sich Humor im Lauf der Jahrhunder- Opernrepertoire wappnen? Eigentlich nicht! Eines der Zentren dieser kulturellen Inte wandelt, ist ja beileibe keine Schande. Zum einen besitzen viele der betagten Wertegrationsbemühungen ist Bremen. Ohne Dieses mildtätige Vergessen birgt auch die ke ja ihren eigenen Humor – nur lacht man Ulk und Schabernack geht hier kaum ein Hoffnung, dass man in 200 Jahren einmal eben nicht mehr schallend über die Arie Klassiker über die Bühne. Die ansässinicht mehr annähernd verstehen wird, wa- des Leporello oder schlägt sich bei den beige Shakespeare Company ist geradezu be- rum jemand Anfang des 21. Jahrhunderts den Totengräber in Shakespeares Hamlet rüchtigt für ihre launigen Inszenierungen, je über Dieter Bohlen lachen konnte. auf die Schenkel. Zum anderen bieten neue und auch im Theater am Goetheplatz werKunstprodukte das angemessene Material, den die Lachfalten jetzt tiefer gegraben. Die Komik auf dem Niveau des Castingum sich an ihm komödiantisch auszutoben. Das derzeit drastischste Beispiel bieten Clowns, mit der so mancher Theater- und Dieses auf den Spielplan zu setzen, fordert Friedrich Hebbels „Nibelungen“ in der Ko- Opernmacher heute die Altvorderen des Re- aber nicht nur eine Portion Humor, sondern mik-Version von Herbert Fritsch. Siegfried pertoires dennoch überzieht, vermittelt zu- auch unternehmerischen Mut. mutiert hier zum grellen Supermann im dem ungewollt den Eindruck von SchamKampf für Burgunds Ehre und gegen König haftigkeit gegenüber dem Gegenstand der Dass man sich selbst mit einer schwer überEtzels Übermacht. Da lachen ja die HunInszenierung. „Wie der Ausdruck des Lalebensfähigen Gattung wie der Oper auch nen! Dabei ist das alles zum Heulen. chens selbst eine Verlegenheit für den Aus- zeitgemäß als Regisseur lustig machen drückenden ist, wird es zur adäquaten Rekann, zeigte gerade die Uraufführung von Denn Lachen ist eine komische Sache: Ko- aktion auf – eine Verlegenheit“, schreibt der „Anna Nicole“ von Mark-Anthony Turnamik bleibt an den Humor ihrer Zeit gebun- Vater der Philosophischen Anthropologie in ge in London. Hier wird die Schickeria der den. Es mag immerwährende Wahrheiten Deutschland, Helmuth Plessner, in seinem Schönheits- und Erlebnisgesellschaft auf geben, aber keine ewigen Witze. In der Re- Aufsatz über „Lachen und Weinen“. das vergnüglichste durch den Instantkakao gel haben diese einen Bart. des zeitgenössischen Humors gezogen. Die Dauerkomik im Theater wirkt also unAnders als in den hohen Kampfzeiten des willkürlich so, als würde man sich von So wird über die gelacht, dies es verdient Regietheaters und dessen Bemühen um Ak- Autor und Stück am liebsten distanziehaben: über uns – und nicht die Oper.


thEatER Boulevard

BoulEvard

Eine Traumfrau annonciert

Ein Hochstapler therapiert

(ps) Sie schreibt mit leichter Hand einen Bestseller nach dem anderen, ohne sich sonderlich um die zum Teil vernichtenden Kritiken („Ist das Literatur?“) zu kümmern. Gaby Hauptmann, Journalistin vom Bodensee, ist mit Büchern wie „Nur ein toter Mann ist ein guter Mann“ oder „Die Lüge im Bett“ zu einer der erfolgreichsten Autorinnen hierzulande geworden. Ihren ersten großen Erfolg, die Komödie „Suche impotenten Mann fürs Leben“, bringt das Theaterschiff Bremen jetzt auf die Bühne.

Das Union-Theater, dem mit der Übernahme des Packhaus-Theaters durch einen neuen Betreiber alle Stühle vor die Tür gesetzt werden sollen, ist noch einmal an alter Wirkungsstätte zu sehen. Vom 28. April bis zum 15. Mai wird „Der Neurosenkavalier“ gegeben, eine Komödie von Gunther Beth und Alan Cooper (Regie: Ullrich Matthaeus).

Zu den Protagonisten gehört der Finanzbeamte Jürgen Appelhans, der davon überzeugt ist, dass Elvis lebt und ebenso wie Die Handlung ist schnell erzählt: Carmen die frustrierte Bestsellerautorin ClauLegg ist eine Frau, die alles hat, wovon an- dia Carrera Dauergast in einer psychothedere Frauen nur träumen können. Doch rapeutischen Praxis ist. Hier taucht der ihr Freund nervt, denn er will immer nur flüchtige Kleinkriminelle Felix Bollmann das Eine. Also entwickelt sie die Vorstelauf, der als „Neurosenkavalier“ damit belung, nur ein impotenter Mann könne ihr ginnt, die Patienten zu therapieren und perfekter Partner sein, gibt eine Anzeige dabei wunderbare Erfolge erzielt. Eine laut auf („Suche impotenten Mann fürs Leben“) Veranstalter „rezeptfreie Komödie, ohne – und findet prompt einen Traumtypen, Risiken und Nebenwirkungen“. der natürlich alles andere als impotent ist. Craig Simmons setzt das 2002 verfilmte Premiere am 28. April um 20 Uhr im Stück in Szene, Heidi Jürgens ist in der Ti- Packhaus-Theater. telrolle zu erleben. Premiere am 7. April um 20 Uhr auf dem Theaterschiff.

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menschen im foyer

Premierenfeier der „Madama Butterfly“ im Theater am Goetheplatz Fotos: Jörg Landsberg


menschen im foyer

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Inhaberin: Hildegard Christiansen Fon/Fax 0421 - 25 57 35 Oberneulander HeerstraĂ&#x;e 26 - 28 28355 Bremen Mo. - Fr. 10.00 - 18.30 Uhr Sa. 10.00 - 13.30 Uhr


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PORTRÄT Alberto Iglesias

Der spanische Komponist Alberto Iglesias erhielt den 13. Bremer Filmpreis Text: Wilfried Hippen

Stilist im Hintergrund F

ilmpreise werden ja meist unter Regisseuren und Schauspielern verteilt. So auch in Bremen, wo Bruno Ganz, Tilda Swinton, Ken Loach oder Lars von Trier zu den Trägern des 1999 erstmals vergebenen Bremer Filmpreises zählen. Aber die Jurys versuchten über die Jahre immer wieder auch, den anderen Gewerken des Films gerecht zu werden. So bekamen der Produzent Karl Baumgartner und die Cutterin Bettina Böhler den von der Kunst- und Kultur-Stiftung der Sparkasse Bremen gestifteten und mit 8000 Euro dotierten Bremer Filmpreis, obwohl ihr Glamourfaktor gleich Null war. Dieser Tradition folgend wählte die Jury, die in diesem Jahr aus dem Regisseur Pepe Danquart, der taz-Filmredakteurin Cristina Nord und dem Filmhistoriker Dr. Rainer Rother bestand, mit dem Spanier Alberto Iglesias einen Komponisten von Filmmusik aus. Er hat – anders als der Italiener Ennio Morricone oder der Brite Michael Nyman – zwar keinen über ganz Europa leuchtenden Namen. Doch mit sieben spanischen „Goyas“, zwei europäischen Filmpreisen, zwei „Oscar“-Nominierungen und der Auszeichnung als „Komponist des Jahres 2006“ ist Iglesias der meistprämierte europäische Filmkomponist.

Aber seine stilistische Vielseitigkeit macht Iglesias ist ein expressionistischer Kompoihn auch unscheinbarer. Die Leitmotive nist, der die verschiedenen Stimmungen von Morricone und die klanglichen Maund Landschaften der Filme mit seiner nierismen von Nyman haben einen hohen Musik herauf beschwört. Dabei verzichtet Wiedererkennungswert, während Iglesias er ganz auf Klischees und Zitate und findet gerade versucht, für jeden Film die passtatt dessen immer ein kleines Thema senden, ganz anderen Klänge zu finden. oder eine klangliche Nuance, die den Film Die Jury schreibt in solide an SchauIglesias ist der meistprämierte plätzen wie dem ihrer Begründung, seine Kompositionen europäische Filmkomponist. tiefsten Norden (in „zeichnen sich durch „Die Liebenden des große Sensibilität und die Fähigkeit aus, Polarkreises“) oder Kenia (in „Der ewige einer visuellen Form auf der akustischen Gärtner“) verankert. Ebene Atmosphäre zu verleihen“. Diese Qualität erkannte als erster der Regisseur Pedro Almodovar, der 1995 zum ersten mit Julio Medem, der Iglesias 1992 die Musik ihm zusammenarbeitete, nennt die Musik für sein Spielfilmdebüt „Vacas – Kühe“ von Iglesias „das kraftvolle und originelle schrieben ließ. Seitdem arbeiten die beiden musikalische Rückrat“ vieler seiner Filme bei jedem Film von Medem zusammen. wie „Sprich mit ihr“, „Volver“ und „Zerrissene Umarmungen“. Die Musik von Iglesias, Jahrgang 1955, studierte KompoIglesias ist dabei auch immer ein lyrischer sition und Klavier und machte in den 80er Kontrapunkt zu Almodovars Vorliebe zu Jahren elektronische Musik. Seine Filmmu- melodramatischen Exzessen. sik besteht dagegen meist aus akustischen Klängen, die überwiegend von einem Bei seinem Besuch in Bremen erzählte Orchester mit Piano eingespielt werden. Iglesias, beinahe hätte er auch an einem Dabei ist er sehr einfallsreich bei der Indeutschen Film mitgearbeitet. Leider habe strumentierung. So setzte er im Soundtrack er das Angebot damals abgelehnt. Der Film zu Steven Soderberghs Epos „Che“ auch sei dann sehr erfolgreich gewesen. Es war Dudelsack, Bassflöte, Gitarre, seltsame Per- „Goodbye Lenin“. kussionsinstrumente und Geräusche ein.


PORTRÄT Johanna Geißler 35

Mit innerer Kraft Johanna Geißler spielt die Elisabeth in „Glaube Liebe Hoffnung“ Text: Sven Garbade

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ch bin eine reine Instinkt-Schauspielerin“, sagt Johanna Geißler, wenn sie ihre Arbeit beschreiben soll. Die heute 30-Jährige gehört seit vier Jahren zum Ensemble des Bremer Theaters. Aktuell spielt sie hier die Elisabeth in „Glaube Liebe Hoffnung“. Genau das richtige Stück für starke Emotionen – aber auch für intensive gedankliche Auseinandersetzung, denn der Autor Ödön von Horváth wirft darin einen bitteren Blick auf die Wirtschaftskrise der 30er-Jahre. Wir erleben die Tragödie einer jungen Frau, deren Wille zur Selbständigkeit von einem katastrophalen Arbeitsmarkt zermahlen wird.

Wie sie sich auf ihre Rollen vorbereitete? Nun, sie beobachte natürlich gerne Menschen, sagt Johanna Geißler, aber auch Gemälde könnten inspirieren. Bei der Elisabeth habe sie an ein Bild von Gerhard Richter denken müssen: eine Frau mit weißer Mütze, die von einer mystischen Atmosphäre umhüllt sei.

Und auch Horváths Stück selbst stellt in diesem Fall eine große Hilfe dar. „In einem einzigen Satz von Horváth stecken immer drei bis vier Gedanken gleichzeitig“, schwärmt sie. Zum Spielen sei das wunderbar, da man sich niemals bequem „an Die zierliche Johanna Geißler, die aus Augs- den Text heranquatschen“ könne. Diese burg stammt, dann in Berlin Schauspiel stu- Sprachverdichtungen liebe sie an Horváth dierte und neben Engagements in Potsdam besonders. Denn bei allem Instinkt arbeite auch in mehreren Filmen mitwirkte, erweist sie auch gerne inhaltlich an den Szenen. sich in dieser Inszenierung als IdealbesetWelche Aufgabe hat bei dieser Arbeit die Rezung. Mit ihrem festen Blick, der stets aus eigie? Oder genauer: was macht eigentlich einer geheimnisvollen inneren Kraft zu stamnen guten Regisseur aus? „Ein guter Regismen scheint, liefert sie im Schauspielhaus seur muss immer und bedingungslos alle ein beeindruckendes Figurenporträt ab. seine Schauspieler lieben“, antwortet Johanna Geißler. Und wieder geben ihre AuAuch im persönlichen Gespräch blickt Jogen diesen so unbeirrbaren Glanz von sich, hanna Geißler auf diese wache und einder keine Ungenauigkeiten zulässt. „Er solldringliche Art. Dann zögert sie keine Sete mir das Gefühl geben, mich frei laufen zu kunde, wenn wir sie fragen, was ihr am lassen... Wenn auf der Probe Zauber entstebesten bei der Arbeit am Bremer Theater gefalle: Besonders das Frauen-Ensemble sei hen kann, dann kann man fliegen!“ großartig, sagt sie, wie die älteren Kolleginnen sie mit Rat und Können unterstützten.

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MUSiK Konzerttipps

konzErttipps

Berlins Königin der Nacht

Virtuosin mit Akkordeon

(che) Als Romy Haag in den siebziger Jahren nach Berlin kam, brachte sie gleich ein bisschen Pariser Nachtclub-Glamour in die damals noch geteilte Stadt. Weil der Sängerin, Tänzerin, Entertainerin und Schauspielerin, die im niederländischen Scheveningen geboren wurde, der passende Club fehlte, eröffnete sie kurzerhand das „Chez Romy Haag“. Das wurde in den folgenden Jahren zum zentralen Treffpunkt für die Pop-Subkultur. Alle sind sie dort gewesen: Freddie Mercury, Bryan Ferry, Mick Jagger, Udo Lindenberg und natürlich David Bowie, der eigens wegen Romy Haag für einige Zeit nach Berlin zog.

(che) Das Akkordeon hat in den vergangenen 20 Jahren eine bemerkenswerte Renaissance gefeiert. Mit dafür verantwortlich waren Formationen wie das multinational besetzte Quintett „Accordion Tribe“, das der US-Akkordeonist Guy Klucevsek ins Leben rief. Die mitreißende Klangfülle und der Swing von fünf Akkordeons sowie die trickreichen und virtuosen Verzahnungen der Instrumente sind nach wie vor unerreicht. Zu diesem „Accordion Tribe“ gehört auch die finnische Akkordeonistin Maria Kalaniemi, die in ihrer Heimat ein Star ist, ihre eigenen Bands betreibt, aber auch bei uns einen wohlklingenden Namen besitzt.

Im Laufe ihrer Karriere hat Romy Haag eine Vielzahl von LPs und CDs aufgenommen, mal mit stärkerer Chanson-Neigung, mal mit Pop- und Rock-Attitüde. Im vorigen Jahr erschien ihr jüngstes Album „Everybody knows“, auf dem sie Chanson und Popsong munter vermischt und ihren alten Underground-Helden Reverenz erweist: Leonard Cohens „Everybody knows“ findet sich ebenso wie Lou Reeds „Walk on the wild side“ und – natürlich – David Bowies „Heroes“, das Romy Haag, deren Stimme inzwischen stark an die von Marianne Faithfull erinnert, in der deutschen Version „Helden“ singt. 9. April, 20 Uhr, im „Moments“ im Bremer Steintor

Maria Kalaniemi, die seit ihrem achten Lebensjahr ihr fünfreihiges Knopfakkordeon spielt, hat – in Finnland quasi eine Selbstverständlichkeit – an der renommierten Sibelius-Akademie studiert, aber neben der klassischen Ausbildung immer schon ein Faible für Folklore und den finnischen Tango gehabt. Jetzt hat Maria Kalaniemi mit „Vilda Rosor“ eine CD vorgelegt, auf der sie verstärkt auch als Sängerin zu erleben ist. Aber der eine oder andere Tango ist bei Maria Kalaniemi einfach nicht wegzudenken. Gemeinsam mit dem Harper Eero Grundström ist die wundervolle Musikerin in Bremen zu hören. 10. April, 20 Uhr, im „Moments“ im Bremer Steintor


MUSiK Konzerttipps

Fünf Damen und ein Herr

Vier Damen aus Kanada

(ps) A-cappella-Formationen gibt’s mittlerweile in beinahe jeder denkbaren Form und Größe, seit insbesondere die Kölner „Wise Guys“ diesen speziellen Chorgesang wieder populär gemacht haben. Im niedersächsischen Melle haben sich vor einiger Zeit fünf Frauen und ein männlicher „Vokalschlagzeuger“ zusammengetan, um als „Female Affairs“ einen besonderen Akzent in diesem Genre zu setzen. Und zwar mit messbarem Erfolg: Im vergangenen Jahr ging das Sextett aus dem internationalen A-cappella-Wettbewerb „vokal.total.2010“ sowie aus dem Bundescontest „German A-capella 2010“ als Sieger hervor.

(UM) Alle drei Jahre findet im kanadischen Banff einer der weltweit renommiertesten Streichquartett-Wettbewerbe statt. Wer hier anreist, hat bereits die Endrunde erreicht. Denn eine Vorjury hat zuvor schon aus Dutzenden von Bewerbungen neun hochtalentierte Nachwuchs-Quartette ausgewählt. Viele Quartette, die hier gewannen, haben inzwischen Weltkarriere gemacht. Im letzten Sommer war es das „Cecilia String Quartet“ aus Toronto, das den 1. Preis erhielt. Seine „beeindruckende Kreativität“ und eine „konsequent zelebrierte Risikobereitschaft und Entdeckerfreude“ begeisterten Jury und Publikum.

Mittlerweile hat die Band mehrere Programme entwickelt, mit denen sie auf Tour geht und jetzt nach Oldenburg und Bremen kommt. Dabei reicht die musikalische Bandbreite von Folk und Pop über Soul und Jazz bis hin zur Klassik, wobei die Sängerschar in der manchmal ziemlich eigenwilligen Interpretation bekannter Hits Strahlkraft und Ausdrucksstärke offenbart. Dazu kommen ideenreiche Eigenkompositionen. Und bei ihren liebevollen Parodien großer Momente des deutschen Schlagers bleibt kein Auge trocken. 8. April, 20 Uhr, Kulturzentrum Ofenerdiek, Oldenburg 9. April, 19.30 Uhr, Kulturzentrum Schlachthof, Bremen

Schon seit geraumer Zeit überrascht das „Cecilia String Quartet“, benannt nach der heiligen Patronin der Musik, mit neu entdeckten oder eigens für das Quartett geschriebenen Werken. Die vier Damen haben schon mehrere Preise gewonnen und sind zum „Galaxie Rising Star“ gekürt worden. Nun erlebt das Quartett bei den Philharmonischen Kammerkonzerten sein Bremer Debüt. Auf dem Programm stehen unter anderem das 7. Streichquartett von Dmitri Schostakowitsch, die Lyrische Suite von Alban Berg und, als Bremer Erstaufführung, von Ana Sokolovic das Stück „Commedia dell’arte“, das Auftragswerk des letztjährigen Wettbewerbs. 1. April, 20 Uhr, Glocke

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Bremer

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MUSiK Glocke

GlockE

Cecilia Bartoli (Credit: Uli Weber/Decca)

Eine Klasse für sich

Hoch motiviert

Landesjugendorchester

des LJO sind nicht nur Programme mit Händel-Opernarien mit Cecilia Bartoli 40 Jahre Landesjugendorchester Bremen Werken der Musikgeschichte von Bach bis in die jüngste Gegenwart, sondern auch (cp) Wo immer sie auftritt, sind die Häu(SN) 40 Jahre: Für eine normale Musikfor- das Wiedererwecken der Musik zu legenser ausverkauft, und die Gesangsfans liemation ist dieses Datum kaum der Erwäh- dären Stummfilmen – von Fritz Langs gen ihr zu Füßen: Cecilia Bartoli. Da nung wert. Wohl jedoch verdient das Lan- „Metropolis“ bis zu Alfred Hitchcocks macht auch Bremen keine Ausnahme. Be- desjugendorchester Bremen einen froh ge- „Der Mieter“. Doch alle bisherigen Konreits sieben Mal war sie in der von ihr so zertabende überstrahlte im März 2008 die muteten Jubiläums-Zuspruch, denn trotz geschätzten Glocke zu Gast, und jedes der immer wieder einbrechenden naturge- Aufführung des „Ring ohne Worte“, den Mal tobte der Saal und wollte die italieLorin Maazel einst nach Richard Wagners gebenen Fluktuation hat es durch die aunische Mezzosopranistin gar nicht wieder riesigem Nibelungen-Drama zusammenßerordentliche Wiedergabe bedeutender von dannen ziehen lassen. Kein Wunder, Werke der abendländischen Musikliteratur gestellt hat. Selbst langjährige Bayreuthdie sympathische Römerin zählt einfach und von Stücken, die abseits der ausgetre- Pilger zogen da zunächst ungläubig, dann zu jenen begnadeten Ausnahmekünstlern, rundweg begeistert den Hut! tenen Wege liegen, Maßstäbe gesetzt. bei denen im Kontakt mit dem Publikum der berühmte Funke überspringt. Hier gilt’s der Kunst: Dieser Neubayreuther Spricht man mit Mitgliedern und gerne gastweise einspringenden „EhemaDabei sind ihre Auftritte jedoch nie allein Wahlspruch wird seit 1971 von den jungen Musikern und erst Recht von ihren Diligen“, fallen geradezu Lobeshymnen der Virtuosität und dem frenetischen Applaus ihrer Bewunderer verpflichtet, viel- rigenten mit nie nachlassender Motivation über die Probenzeiten, über die Erfahmehr lässt sie Musik und gesungene Worte befolgt. Hier kommt es nicht auf Masse an, rungen bei Konzertreisen bis nach Brasilebendig werden. Hinzu kommt das danhier gründet sich der Erfolg auf gründliche lien und Südafrika und vor allem über das kenswerte Engagement, für zu Unrecht in Analyse und auf eine intensive ProbenarGemeinschaftsgefühl eines Orchesters, Vergessenheit geratene Schätze zu werbeit. Kopf und Seele des Landesjugenddem für viele prägende Eindrücke im Breben. So rückt Cecilia Bartoli dieses Mal orchesters (LJO) ist derzeit Stefan Geiger. mer Musikleben zu danken ist. Das Glodas Opernschaffen von Georg Friedrich Der Schüler des Komponisten Peter Eötvös cke-Sonderkonzert zum 40-jährigen BeHändel in den Fokus. Neben bekannteren übernahm nach dem Tod des charismastehen steht unter dem Motto „Bad Boys Opern wie „Giulio Cesare“, „Rinaldo“ oder tischen, auf bestes Niveau achtenden Henof Rhythm“. Zu hören sind unter der Lei„Alcina“ ermöglicht das Programm auch ry B. Köster 1996 den Dirigentenstab. Geitung von Stefan Geiger die Tom Sawyerdas Entdecken von Arien aus weniger poger ist im Hauptberuf schon seit Jahren So- Ouvertüre („Californische Ouvertüre“) pulären Opern wie „Lotario“, „Teseo“ oder loposaunist des NDR-Sinfonieorchesters von George Antheil, das Percussion Con„Amadigi di Gaula“. und wurde als Professor für Posaune und certo von Joseph Schwantner (Solist: SteKammerorchester an die Hamburger Hochfan Rapp) und Igor Strawinskys „Le sacre Begleitet wird Cecilia Bartoli vom Orcheschule für Musik und Theater berufen. Prädu printemps“. ster La Scintilla des Opernhauses Zürich. gend im künstlerischen Erscheinungsbild 30. April, 20 Uhr, Glocke 6. Mai, 20 Uhr, Glocke


MUSiK Glocke

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Weitere Veranstaltungen in der Glocke Do 17.03.2011 | 20 Uhr | Kleiner Saal 6. Philharmonisches Kammerkonzert Klenke Quartett Harald Schoneweg, Viola Werke von J. S. Bach, W. A. Mozart und D. Schostakowitsch Do, 24.03.2001 I 20 Uhr I Großer Saal Angelo Branduardi & Band Sa 02.04.2011 | 10-13 Uhr | Foyer GLOCKE Kindertag: »Tonspur « Thema: Filmmusik mit Mitgliedern der Bremer Philharmoniker und dem Glocke-Team Lorin Maazel (Credit: Bill Bernstein)

Munter bis ins hohe Alter

tor der New Yorker Philharmoniker, mit denen er – geradezu als Sensation vermeldet – Lorin Maazel gastiert mit dem Philharals erstes Spitzenorchester aus dem Westen monia Orchestra aus London im auch kulturell abgeschotteten Nordkorea gastierte. Als er 2009 den Stab in New York (SN) „Ich denke, ich könnte vielleicht mit abgab, wollte sich Lorin Maazel, der in drit95 frühzeitig in Pension gehen. Vermutter Ehe mit der fast 30 Jahre jüngeren deutlich ändere ich meine Meinung aber, wenn schen Schauspielerin Dietlinde Turban verich dieses Alter erreicht habe“, scherzte Loheiratet ist, keineswegs zur Ruhe setzen. rin Maazel. So absurd das klingen mag Vielmehr ließ er sich als Musikdirektor in – es könnte wahr werden. Denn wenn er Valencia anheuern. Und wenn er andern2012/2013 als Nachfolger von Christian orts gastiert, dann nur bei Orchestern der Thielemann die Leitung der Münchner absoluten Spitzenklasse. Philharmoniker übernimmt, hat er seinen 82. Geburtstag eben gefeiert und der VerSo geschieht es jetzt wieder einmal mit trag ist vorläufig auf drei Jahre befristet. dem Philharmonia Orchestra aus London, Ohne nachzutreten kehrt der Star-Dirigent das beim Bremer Musikfest schon mehrin die bayerische Metropole zurück, wo er fach in der Glocke für besondere Höhevon 1993 bis 2002 das Symphonieorchester punkte sorgte. So etwa, als die Musiker undes Bayerischen Rundfunks geleitet hat. ter Riccardo Muti die große C-Dur-Sinfonie Schuberts interpretierten oder – um ein Nun verpflichtet er sich, das zweite Top-Or- anderes Beispiel anzuführen – Esa-Pekka chester Münchens „auch in Zukunft natio- Salonen Strawinskys „Sacre du printemps“ nal und international auf dem höchsten Ni- als wahren rhythmischen Rausch exploveau präsentieren zu können“. Schließlich dieren ließ. Diesmal geht es mit Mahlers erwartet man diese Prämisse von einem „Titan“ betitelter Erster Sinfonie auch nicht Pultheroen, der als teuerster Dirigent der leise zu, aber vorher tritt Arabella SteinbaWelt gilt. Dass er diese hohe Preisklasse ver- cher auf, die mit sicher untrüglicher Nodient, hat Maazel während seiner 50 Jahblesse Felix Mendelssohn Bartholdys Vire andauernden Karriere in vielen herausra- olinkonzert spielen wird. Sie gab ihr Bregenden Spitzenpositionen bewiesen: Künst- mer Debüt 2007 bei den Philharmonikern lerischer Direktor der Deutschen Oper und gehört seit einigen Jahren zur obersten Berlin, Wiener Staatsoperndirektor, Chefdi- Garde der Geigerinnen unserer Zeit. rigent des Cleveland Orchestra, Musikdirek- 21. Mai, 20 Uhr, Glocke

Sa 02.04.2011 | 20 Uhr | Großer Saal GLOCKE Spezial: Ludovico Einaudi Ludovico Einaudi, Klavier Marco Dezimo, Violoncello »Nightbook« So 03.04.2011 | 10.45 Uhr | Kleiner Saal GLOCKE Ohrwurm für Familien: »con moto« Konzerteinführung zu Paul Dukas’ »Der Zauberlehrling« zum Mitmachen zum 9. Philharmonischen Konzert der Bremer Philharmoniker (Mindestalter 8 Jahre) Mo 11.04.2011 | 20 Uhr | Kleiner Saal SichtWeisen: Von der Lust am Funke(l)n Ein Biologe und ein Fluglotse entschlüsseln Signale Di 19. bis Do 21.04.2011 9.30-13 Uhr | Foyer GLOCKE Ferienprogramm: »OsterGLOCKE – Bühne frei für Kids« mit dem Glocke-Team, Mitgliedern der Bremer Philharmoniker und vielen anderen Fr 29.04.2011 | 20 Uhr | Großer Saal jazzahead! meets GLOCKE JAZZnights: Sezen Aksu Acoustic Band feat. Fahir Atakoglu Mo 02.05.2011 | 20 Uhr | Kleiner Saal SichtWeisen: Von der Lust am digitalen Netzwerken Schöne neue Social Media Welt So 08.05.2011 | 11 Uhr | Kleiner Saal GLOCKE Familienkonzert – »Oskar und die Blockflötendiebe« Blockflötenklassen der Hochschule für Künste Bremen Dörte Nienstedt, Leitung


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musik Kirchenmusik

Bremer Kirchenmusik rund um Ostern – eine Auswahl Text: Bettina Beutler-Prahm

Eva Schad

Elbipolis Barockorchester

Zeit der Passionen A

uch Ostern kommt bekanntlich immer ziemlich plötzlich – und ist dann ebenso schnell wieder vorbei. Für viele ursprünglich eigens für diesen Anlass komponierte kirchenmusikalische Werke ist jetzt die Gelegenheit zur Aufführung gekommen. Ausgeschlossen, dies alles in einer einzigen Karwoche unterzubringen. Gut, dass sich auch die Kirchenmusik schon mit dem Beginn der Passionszeit 40 Tage vorher auf das Osterfest vorbereiten kann.

karätig besetzt ist auch die Aufführung der Streichquartett-Fassung von Joseph Haydns Instrumentalpassion „Die sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze“: Das Nomos-Quartett wird am 15. April (20 Uhr) in der Kulturkirche St. Stephani mit diesen Klangbildern zu Gast sein.

auf. Ruppels Werk verbindet Bibeltexte und Texte aus der altkirchlichen Passionsliturgie mit Spiritual-Bearbeitungen in deutscher Übersetzung. Herausgekommen ist eine in ihrer Unmittelbarkeit besonders eindrückliche Darstellung des Passionsgeschehens.

Die „Klassiker“: 20. März, 17 Uhr, Unser Lieben Frauen: J.S. Bach „Matthäuspassion“. VOX Vocalensemble an St. Remberti, Elbipolis Barockorchester, Solisten. Leitung: Rolf Quandt Gleich sieben Uraufführungen werden am 27. März, 19 Uhr, Kulturkirche St. Stepha10. April (19 Uhr) in Unser Lieben Frauni: Händel „The Messiah“. Bremer Kantoen zu erleben sein. Ein erfolgreiches Werkrei St. Stephani, Concerto Bremen, Solisstattkonzert im vergangenen Jahr gab den ten. Leitung: Tim Günther Anstoß zu diesem Kompositionsprojekt, in 10. April, 17 Uhr, Christuskirche Bremerdem die Kirchenmusiker Hans-Dieter Ren- Der experimentelle Charakter, den das Kon- haven: J.S. Bach „Matthäuspassion“. Evanken, Heribert Langosz und Jörg Jacobi mit zert durch die Ausführung mit einem relativ gelische Stadtkantorei Bremerhaven, Breihren jeweiligen Vokalensembles, Soliskleinen Projektchor erhält, dürfte dabei den merhavener Kammerchor, Hamburger ten und Instrumentalisten die sieben Buß- Intentionen beider Komponisten durchaus Barockorchester, Solisten. psalmen in eigenen Vertonungen zu Gehör entgegenkommen. So hat Günther die Wer- Leitung: Eva Schad bringen werden. Jeder Komponist hat sich ke vor allem deshalb ausgesucht, „weil hier 14. April, 19 Uhr, Unser Lieben Frauen: zwei Psalmen vorgenommen, einen Psalm die archaischen Klänge der frühen Spiritu- Mozart „Requiem“. Bremer Ratsmusik, haben die drei untereinander aufgeteilt als ... im Vordergrund stehen. Die verinner- Solisten. – und so ist vom begleiteten Gesangssolo Leitung: Ansgar Müller-Nanninga lichten, im Unterschied zu vielen späteren über Werke für kleines Vokal- und Blockflö- Gospelsongs in keiner Weise auf Effekte be- 16. April, 18 Uhr, St. Ansgarii: J.S. Bach „Jotenensemble bis hin zu Werken für großen dachten Gesänge sind Ausdruck sowohl des hannespassion“. Kantorei St. Ansgarii, Chor, Orgel und Schlagzeug „alles drin“. politischen Protestes gegen Unterdrückung Norddeutsches Barock-Collegium, Solisund Sklaverei als auch des tief verwurzelten ten. Leitung: Kai Niko Henke Natürlich wird man auch die großen Vo22. April, 19 Uhr, St. Petri Dom: J.S. Bach Glaubens und der festen Hoffnung auf ein kalwerke, allen voran die Passionen Bachs, besseres Leben im Jenseits.“ „Matthäuspassion“. Bremer Domchor, seine h-Moll-Messe, Händels Messias und Kinderchor der Domsingschule, Concerto Die Kompositionen aus den 60er und 70er das Mozart-Requiem mit teilweise hochBremen, Solisten. karätiger Besetzung hören können. Hoch- Jahren greifen diese schlichte Bildhaftigkeit Leitung: Tobias Gravenhorst Ein im mehrfachen Sinne alternatives Passionskonzert bietet die Kulturkirche im Rahmen des 175-jährigen Jubiläums der Norddeutschen Mission an. Unter der Leitung von Tim Günther werden am 8. April (20 Uhr) Paul Ernst Ruppels „Crucifixion“ sowie Spirituals und Gospelsongs in der Bearbeitung des Bremer Jazz-Musikers und Komponisten Jürgen Lissewski zu hören sein.


MUSIK Deutsche Kammerphilharmonie Bremen 41

Deutsche Kammerphilharmonie inszeniert „Polski Blues“ mit der Gesamtschule Bremen-Ost Text: Melanie Öhlenbach

H

eimweh, die Suche nach der eigenen Identität und dem Sinn des Lebens – das ist der Stoff, aus dem „Polski Blues“ gestrickt ist. Nach den Erfolgen von „Faust II“ und „Afrika kommt“ bringt die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen in diesem Jahr unter der Regie von Alexander Hauer eine Adaption des Romans von Erfolgsautor Janosch auf die Bühne. Mit dabei: rund 300 Schüler aus der Gesamtschule Bremen-Ost (GSO).

Zukunftslabor

dem „Grünen Hügel“ an der Otto-Brenner-Allee in Tenever mit der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen unter der Leitung von Alexander Shelley vor Hunderten von Zuschauern musizieren und Theater spielen. Selbst Arthur, der mit seiner Band schon einige Auftritte absolviert hat, macht das nervös. „Wir werden uns gut vorbereiten“, sagt der 18-Jährige aus Tenever, „aber man weiß nie, was passiert.“

Jawa-Motorrad über die Felder rast. Eine weitere zentrale Rolle im Dorf nimmt ein anderer, von Koziol mitgebrachter Musiker ein: Zbigniew Kowalski kümmert sich als (falscher) Priester um die Sünden der Bewohner. „Es geht um die Suche nach der eigenen Identität und dem idealen Leben“, sagt Alexander Hauer.

Dabei liefert die Romanvorlage des polnischen Autors Janosch, der weltweit mit Seit Februar laufen die Vorbereitungen für seiner Tigerente berühmt geworden ist, Alexander Hauer ist auf der Suche nach „Polski Blues“, einem weiteren Projekt des kein ideell-verzerrtes, sondern ein sympadem Blues. Einem „richtig dreckigen Zukunftslabors der Deutschen Kammerthisches und durchaus kritisches Portrait Blues“, wie er sagt. Den soll ihm der Musik- philharmonie Bremen an der GSO, das nicht seiner Heimat: „Polen ist ein Land der ExLeistungskurs der GSO schreiben. Vor nur den musikalischen, sondern auch den treme: Es ist bunt, kraftvoll und lebendig, kurzem haben sich kulturellen aber auch traurig und melancholisch.“ „Es geht um die Suche nach der eigenen Austausch die Oberstufenschüler noch mit Identität und dem idealen Leben“ zwischen Dieses Kaleidoskop an Emotionen will AlexFilmmusik in der den Natio- ander Hauer auch auf die Bühne bringen. So Theorie beschäftigt, jetzt geht es ans Kom- nen fördern will: In diversen Projekten lerlässt er die Protagonisten nicht von einem ponieren. Für viele wird es das erst selbst nen die Schüler das Land, seine Geschichte einzigen Schauspieler darstellen: Mehr als geschriebene Stück sein. Daher sind einige und Traditionen kennen. Im vergangenen einem halbes Dutzend Schülerinnen verkörSchüler mächtig aufgeregt, als sich der Re- Jahr setzten die Akteure mit „Afrika kommt“ pern beispielsweise die unterschiedlichen gisseur unangemeldet in ihre Runde setzt, den Schwerpunkt auf Ghana; diesmal ist der Facetten von Magda, die zwischen Hunger um ihren bisherigen Ideen zu lauschen. „Es europäische Nachbar dran. und Elend und ihrer schwärmerischen gibt keine schiefen, falschen Töne“, verLeidenschaft für den berühmten polnischen sucht er ihnen die Unsicherheit zu nehmen Den Kern der Inszenierung bildet die GeRegisseur schwankt. „Oh, Staszek“, stöhnt und schiebt gleich ein Lob hinterher: „Das schichte des Regisseur Staszek Wandrosch, und kreischt es daher in unterschiedlichen der im kleinen Dorf Kuznice im polnischen Tonlagen, als das Objekt der Begierde am klingt doch alles schon sehr gut.“ Niemandsland sein Idol aufsucht: den Horizont erscheint. Staszek – ein viel beDie Aufregung der Jugendlichen hat einen legendären Jazztrompeter Zdenek Koziol, schäftigter und rastloser Held, der am Ende Grund: Am 5. und 6. Mai werden sie auf der am liebsten mit einem einzylindrigen in der Einöde zu sich selbst findet.


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musik Bremer Philharmoniker

Ein Orchester schreibt Tagebuch D

ie Währungseinheit für Erfolg auf dem virtuellen Marktplatz des Internet sind Freunde. Wer bei „Facebook“ etwas werden will, braucht möglichst viele „Friends“ in seiner Liste, also Menschen, mit denen er in Kontakt steht. Für die Bremer Philharmoniker beginnt mit dem ambitionierten Projekt eines eigenen Blogs, dem „phil blog“, ebenfalls eine neue Phase: aus Zuhörern sollen Freunde werden, die den Aufgaben des Orchesters offen gegenüberstehen. Mit dem Schritt in das so genannte „Web 2.0“, also den interaktiven Austausch zwischen Unternehmen und Kunden im Internet, verbinde man jedoch nicht den naiven Gedanken, einfach mal eben mehr Abonnenten zu gewinnen, betont Christian Kötter-Lixfeld, Intendant der Philharmoniker. Nach allen Erfahrungen mit solchen Online-Tagebüchern bei anderen Orchestern gebe es nur bescheidene Rückwirkungen auf den Kartenverkauf. „Es geht uns vielmehr darum, die Akzeptanz und Notwendigkeit unserer Arbeit für eine attraktive und lebendige Stadtgesellschaft zu erhöhen. Wir wollen mit dem Blog das Angebot machen, mehr über das Orchester zu erfahren und ihm näher zu kommen.“

und anderen Musikvermittlungsprojekten versuchen die Philharmoniker schon seit Jahren in der „realen Welt“, die Barrieren zwischen Publikum und Orchester einzuebnen. Der „phil blog“ soll den Kontakt nun noch enger knüpfen. „Ein Orchester besteht aus mehr als dem, was man am Konzertabend sieht. Wir möchten den Blick hinter die Kulissen bieten. So kann durch einen Blog-Besuch, bei dem man vielleicht sogar einen Kommentar hinterlässt, die Verbundenheit zwischen uns und dem Publikum gestärkt werden. Das möchten wir durch den Blog realisieren“, wünscht sich der Intendant. Die Grundidee ist einfach. Neben dem Online-Auftritt der Bremer Philharmoniker mit seinen obligatorischen Informationsangeboten zum Programm wird es ab Mai die Adresse „blog.bremerphilharmoniker. de“ geben. Wer sie direkt ansteuert oder über die Umleitung auf der Homepage des Orchesters dorthin gelangt, findet Fotos, Videos und Einträge zu all jenen kleinen und großen Alltäglichkeiten, die das Orchesterleben bestimmen.

Die Musiker brillieren zwar auf der Bühne der Glocke oder im Orchestergraben des Theaters am Goetheplatz – ihr Alltag Mit Sonderveranstaltungen wie den Fami- spielt sich aber zum größten Teil in den Proberäumen in der Plantage 13 ab und lienkonzerten in der Glocke, den Orchewird hier vom Management geplant. Welsterprobenbesuchen, der Musikwerkstatt

che Schritte sind eigentlich notwendig, bis alle konzertreif auf der Bühne sitzen, wie läuft eine Saisonplanung ab, wie viele Proben benötigt man, was macht die PRAbteilung – alles Fragen zum ganz normalen Alltag, die das elektronische Tagebuch aufgreift und vieles von dem verrät, was bislang verborgen blieb. „Die Leute wollen beim Produktionsprozess dabei sein“, schmunzelt Kötter-Lixfeld – und weiß, dass mit diesem neuen Kommunikationsweg auch Fragen und Anregungen schneller und direkter an das Orchester herangetragen werden. Der „phil blog“ ist also keine kommunikative Einbahnstraße. Wer dem Orchester sagen möchte, dass das letzte Konzert schwer neben der Partitur lag oder eigene Anregungen zur Programmgestaltung hat, kann dies im Blog tun – lesbar für alle Blog-Besucher, die dann wiederum selbst ihre Meinung hierzu loswerden können. Kommentare, Fragen – erlaubt ist, was interessiert. „Wer wissen will, warum die Musiker einen Frack bei ihren Auftritten tragen, kann die Frage hier loswerden – und er bekommt eine Antwort“, sagt Evelyn Bertz, die als Webredakteurin für Inhalte und Konzeption verantwortlich ist. Sie muss recherchieren, Antworten finden oder die Anfragen weiterleiten. Denn alle, die sich hinter dem Namen Bremer Philharmoniker verbergen, sind


Musik Bremer Philharmoniker

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„phil blog“ soll den Kontakt zwischen den Bremer Philharmonikern und dem Publikum noch enger knüpfen Text: Stephan Cartier

in das Projekt einbezogen. „Doch der Blog wird kein Schlüsselloch sein. Er soll persönlich werden, aber nicht privat“, stellt Christian Kötter-Lixfeld klar.

spricht sich der Intendant einen Zuwachs an Aufmerksamkeit für die Arbeit des Orchesters auch in dieser Altersgruppe. Zusätzlich zum eigenen Portal werden die Bremer Philharmoniker Verweise auf ihren „Eigentlich haben die Kulturschaffenden Blog bei den einschlägigen Netzwerken Fadie Vorteile des Web 2.0 erst relativ spät er- cebook und YouTube schalten, um auf dem kannt“, meint Evelyn Bertz. „Auch wir ha- Markt der Informationen größtmögliche ben uns lange mit der Frage beschäftigt, ob Beachtung zu finden. wir wirklich unsere Zielgruppen mit Web 2.0 erreichen und ob wir nicht zuletzt auch Hinzu kommt, dass der Dialog in Internetpersonell in der Lage sind, dieses Medium Blogs beileibe kein Phänomen mehr allein tagesaktuell bedienen und nutzen zu könder jüngsten Generation ist. Auch User nen.“ Den Philharmonikern gehe es eben im gesetzten Abo-Alter beteiligen sich an nicht darum, wahllos auf den „Facebookder Diskussionskultur im Netz. Ihnen ist Zug“ aufzuspringen, sondern vielmehr davor allem an klarem und einfachem Blogrum, für eine breite Altersgruppe die pasHandling gelegen. Hier liegt die Priorität. senden Kommunikationswege zu finden. Zu viel designerischen Schnickschnack „Heute bekommen wir noch handgeschrieauf den Blog-Seiten vermeiden die Brebene Briefe, doch schon in zehn Jahren mer Philharmoniker entsprechend in ihwird sich der ‚digitale Graben’ bemerkbar rem Blog. Dagegen sind sie gleich mit den machen“, so Bertz weiter. Intendant Köttechnisch modernsten Browsern unterter-Lixfeld betrachtet den „phil blog“ als wegs. So kann der „phil blog“ durch eine konsequente Reise in die Zukunft, deren spezielle Software auch mobil per SmartZiel noch keiner genau bestimmen könPhone angesteuert werden. ne, doch: „Tatsache ist, dass soziale Plattformen nicht mehr wegdiskutiert werden können, egal ob man sie persönlich gut fin- Ein „Virtuelles Konzerthaus“ wie bei den det oder ihnen skeptisch gegenüber steht.“ Berliner Philharmonikern, die einige ihrer Auftritte via Internet anbieten, wird es Bislang erreichen die Philharmoniker pro indes in Bremen nicht geben. Musik hören Saison immerhin über 13.000 Kinder und die Bremer lieber nach wie vor live in der Jugendliche aus Bremen und dem Umland. Glocke und im Theater. Bei guten FreunVon dem Gang ins interaktive Netz verden eben.

Konzerthighlights im April und Mai „furiose impressionen” Sonntag, 3.4. 2011 / 11 Uhr / Glocke Montag, 4.4. 2011 / 20 Uhr / Glocke George Gershwin „An American in Paris” Claude Debussy „Rhapsodie für Klarinette und Orchester“ Darius Milhaud „Scaramouche für Klarinette und Orchester“ Paul Dukas „Scherzo l´apprenti sorcier“ Solistin: Sabine Meyer, Klarinette Dirigent: Marko Letonja „maßloses mysterium“ Montag, 2.5. 2011 / 20 Uhr / Glocke Dienstag, 3.5. 2011 / 20 Uhr / Glocke Anton Bruckner „Symphonie Nr. 8 c-moll“ Dirigent: Peter Schneider

Eintrittskarten Ticket-Service der Glocke Tel. 0421 / 33 66 99


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MUSiK Jazzahead

siE wächst und wächst Ceza

Sechste Ausgabe der Messe „Jazzahead“ bietet verstärkt Showcases Text: Christian Emigholz

Randi Tytingvåg

D

ie langjährigen Besucher der Messe „Jazzahead“, die vom 28. April bis zum 1. Mai zum sechsten Mal in Bremen stattfindet, dürften sich daran gewöhnt haben, dass es in jedem Jahr Neuerungen gibt. Das liegt in der Natur der Sache, schließlich muss sich eine Messe nach den Wünschen ihrer Aussteller richten, und diese haben einen unstillbaren Hunger nach Showcases, also der kurzen, halbstündigen Präsentation von Bands.

treten.“ Ähnlich stolz ist Beckerhoff auf die erneut gestiegene Zahl der Aussteller: Waren es im Vorjahr noch 230, so dürfte in diesem Jahr die Marke von 300 überschritten werden.

Prall gefüllt ist auch das Konzertangebot bei den drei Abendkonzerten im Schlachthof mit insgesamt 15 Bands. Am Donnerstag gibt es eine „Overseas Night“, Freitag eine „German Night“ und Sonnabend die „Turkish Night“. Mit Letzterer hat es seine Schon im Vorjahr zeichnete sich dieser besondere Bewandtnis. Denn „Jazzahead“ Trend ab, in diesem Jahr ist er nun noch ein- präsentiert sich in diesem Jahr erstmalig mit mal forciert worden. So ist beim „European einem Partnerland, und das ist die Türkei. Jazz Meeting“ die Zahl der Bands erheblich aufgestockt worden. Statt der bisher übli„Wir fanden die Idee spannend, im Rahchen zwölf Bands, die ihr Können in Kurzmen von Jazzahead ein Spotlight auf ein besets beweisen konnten, sind nun am 29. und stimmtes Land zu werfen. Dabei wollen wir 30. April 20 Bands aufgeboten worden. das jeweilige Partnerland nicht nur über die Musik darstellen“, sagt Beckerhoff und konDie gestiegene Nachfrage nach Showcakretisiert: „Wir werden türkische Filme im ses auch von der Seiten der Musiker belegt Kino 46 zeigen, es wird türkische Literatur eine andere Zahl. Wie Uli Beckerhoff, künst- in der Stadtbibliothek vorgestellt, und dort lerischer Leiter von „Jazzahead“, sagt, „haist auch eine Fotoausstellung zu sehen. Wir ben sich für das European Jazz Meeting alwollen das Ganze zu einem Kulturfest des lein 126 Gruppen beworben, aus denen eine jeweiligen Partnerlandes erweitern. Jetzt Jury die 20 auswählen musste, die nun auf- muss man abwarten, wie es angenommen

wird, aber mit Sezen Aksu haben wir den Star der Türkei schlechthin eingeladen.“ Nicht nur Sezen Aksu, die große Pop-Diva, die am 29. April mit ihrer akustischen Band in die Glocke kommt, gibt dabei Einblicke in die Musik der Türkei, sondern auch der türkische Rap-Star Ceza, der zum Finale von „Jazzahead“ am Sonntagabend im Schlachthof auftritt. Schließlich gibt es noch eine weitere Neuerung bei „Jazzahead“, nämlich die „Club Night“ am 29. April. 14 Clubs in Bremen und umzu beteiligen sich daran. Auftreten werden hochkarätige Bands, die eine große Bandbreite von klassischem Jazz bis zu modernsten Formen abdecken.

Nachmittage im CCB, Nächte im Schlachthof 20 Bands in acht Stunden, das ist eine geballte Ladung. Zu hören sind diese Bands aus zehn europäischen Ländern bei „Jazzahead“ im Rahmen des „European Jazz Meeting“. Besetzungen vom Solo bis hin zur neunköpfigen Formation sind dabei vertreten, und sie führen die unterschied-


musik Jazzahead

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Möbel zum Verlieben.

Pascal Schumacher & Jef Neve

Sessel fox von

lichsten Stilistiken des Jazz vor. Finnland und Norwegen stellen mit jeweils vier Formationen die stärksten Fraktionen bei diesem zweitägigen Durchlauferhitzer, aber auch Frankreich, Niederlande, England, Belgien, Schweiz, Luxemburg und Griechenland sind vertreten. Ein paar bekanntere Namen finden sich auch. Dazu gehören die norwegische Sängerin Randi Tytingvåg ebenso wie das das fabelhafte Vibraphon-Piano-Duo Pascal Schumacher & Jef Neve und der niederländische Jazz- und Soul-Express Monsieur Dubois. Die größte Band, die Neuner-Crew Danzas des Pianisten Jean-Marie Machado, sorgt fürs voluminöse Finale.

Einen Abend später spielen dann deutsche Bands in der Kesselhalle. Tastenspezialistin Ulrike Haage stellt ihr Trio vor, ein Trio ist auch die Band des Gitarristen Philipp van Endert, ums Akkordeon geht es bei Christina Fuchs’ Quartett „No Tango“. Während bei Frederik Köster die Trompete im Zentrum steht, ist es bei LemkeNendza-Hillmann das Saxofon. Beim multinationalen Sextett „Transit Room“ geht es schließlich um Jazz aus dem Großstadtdschungel.

Am 30. April ist dann die Türkei im Schlachthof zu Gast. Schon Fatih Akins Film „Crossing the bridge“ hat gezeigt, was für eine aufregende Musikszene dort existiert. Mit dem Quartett der Pianistin Ayse Die drei langen Jazzabende im SchlachtTütüncü, dem Geige-Gitarren-Duo Erkan hof, die im Rahmen von „Jazzahead“ statt- Ogur & Derya Türkan, dem Quartett des finden, beginnen am 28. April mit der so Trompeters Immer Demirer, der Formation genannten „Overseas Night“: Aus Austrades Saxofonisten Korhan Futaci sowie der lien kommt das Pianotrio Trichotomy, aus Band Baba Zula, die ihre Musik als „Oriental Brasilien der Mandolinen-Zauberer Hamil- Dub“ bezeichnet, wirft „Jazzahead“ nun eiton de Holanda, aus Kanada das Trio des nen intensiven Blick auf den Bosporus und Pianisten Rafael Zaldivar und schließlich lässt uns quasi türkisch in den Mai tanzen! aus Indonesien „simakDialog“, ein QuinDas komplette Programm unter tett um den Pianisten Riza Arshad. www.jazzahead.de

Christiane und Frank Rudolph Böcklerallee 15 | 27721 Ritterhude Tel.: 0 42 92 - 81 44 0 | Fax: 81 44 10 www.freiraumeinrichtungen.de


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MUSiK Jazztipps

jazztipps Text: Christian Emigholz

Foto: Marino Thorlacius

Jazzrock-Vulkan aus Island Der Kölner Pianist Lars Duppler stellt sein Projekt „Rætur“ vor Er ist überaus kreativ: Lars Duppler, Kölner Jazzpianist mit isländischen Wurzeln. Nahezu im Jahrestakt präsentiert der Pianist neue Ideen und neue Formation, dann reist er mal im Trio, mal im Quartett, mal sogar mit einem Sextett. Er hat beachtliche Alben vorgelegt, darunter ein Konzeptalbum zu Kurt Weill sowie schön vertrackte Aufnahmen mit seinem Palindrome Sextett oder die hervorragende CD „Alliance Urbaine“, mit dem der Pianist und Keyboarder den Städten, die ihn musikalisch beeinflusst, nämlich Köln, Paris, Berlin und Reykjavik, seine Reverenz erwies. Jetzt hat Duppler ein neues Projekt ausgeheckt. Es heißt „Rætur“ und wir ahnen, dass Lars Duppler, den man auch als Sideman in den Bands von Nils Wülker, Tom Gaebel und Inga Lühning erleben kann, sich nun mit seinen isländischen Wurzeln auseinandersetzt. Und tatsächlich bedeutet Rætur soviel wie Roots. Aber Duppler gräbt hier nicht nach archaischen Folkwurzeln, sondern er lässt es angelegentlich krachen. So spielt er auch nicht auf dem Konzertflügel, sondern favorisiert das Fender Rhodes E-Piano sowie einen Moog-Synthi, und auch seine Begleiter sind „Elektriker“, nämlich der Gitarrist Johannes Behr, der E-Bassist Philipp Bardenberg und Dupplers langjähriger Weggefährte Jens Düppe am Schlagzeug. Das Resultat ist ein mitunter düsterer, dann wieder mit Lust am Krawall losdonnernder Jazzrock, der an alte Weather Report-Zeiten denken lässt. Mit den magischen und mystischen Sagenwelten, an die man leicht bei Island denkt, hat diese Musik nichts zu tun, die der 35jährige selbst folgendermaßen charakterisiert: „Vom Sound her Rock, vom Spirit eher Jazz“. 18. April, 20 Uhr, Moments im Bremer Steintor


MUSiK Jazztipps

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Die hohe Kunst des Versicherns. Zurücklehnen und entspannen: Mit der ÖVB genießen Sie die schönen Dinge ganz sorgenfrei. Welche Versicherung Sie auch nehmen – in Preis und Leistung vertrauen die meisten Menschen in Bremen und Bremerhaven auf unser Repertoire. Und welche Rolle dürfen wir in Ihrem Leben spielen?

Foto: Stephanie Nilles

Tastenbrecher und Romantiker Der umwerfende Pianist Iiro Rantala kommt in den Sendesaal Bremen Der finnische Pianist Iiro Rantala ist ein ziemlich eigener Kopf. In erster Linie kann man ihn vielleicht als Jazzpianisten einordnen, aber damit kommt man dem 41jährigen nur ungefähr nahe, denn er komponiert auch für Orchester. Am bekanntesten ist Iiro Rantala bei uns mit seinem exzellenten Trio Töykeät geworden, einem klassischen Jazzpianotrio, das aber alles andere als klassischen Jazz spielte, sondern mit hintersinnigem finnischem Humor kreuz und quer durch die Stile marschierte: Mal klingt es nach Spätromantik, dann fällt das Trio unvermittelt in rabiate Polkas oder einen fulminanten Latin-Groove. 18 Jahre lang hat Iiro Rantala dieses Trio Töykeät betrieben, dann hob er ein neues Trio mit Gitarre und Beatboxer aus der Taufe. Gerade eben aber hat der gewichtige Pianist, der durchaus den Tastenbrecher geben kann, es aber ebenso versteht, sehr zart und sensibel anzuschlagen, sein erstes Solo-Album vorgelegt. Darauf frönt er seiner schon früher erkennbaren Neigung zu musikalischen Widmungen. In der Zeit mit dem Trio Töykeät umfassten die noch eine Spannweite von W.A. Mozart über Victor Borge bis zu Aki Kaurismäki. Seine Solo-CD „Lost Heroes“ dagegen widmet sich durchweg seinen musikalischen Helden: Bill Evans, Jaco Pastorius, Esbjörn Svensson, Pekka Pohjola und Erroll Garner heißen einige der Widmungsträger. 23. März, 20 Uhr, Sendesaal Bremen


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Schauspielrätsel (SN) In diesen Tagen und Wochen ist häufig von Gewaltherrschern die Rede. Sie regieren ja oft über die Köpfe des Volkes hinweg und glauben, sie allein sorgen für das gerechte politische und gesellschaftliche Leben. Weit gefehlt, und nichts gelernt aus den Zeiten seit der Antike. Schon damals spielten sie sich als Hüter des Rechtsstaates auf und ließen die Verteidiger der Menschenrechte rigoros an sich abprallen wie in diesem Falle: Da hatten sich zwei Brüder im Kampf getötet, doch der König ließ nur den Verteidiger, nicht aber den Angreifer beerdigen. Dessen Leichnam lag zum Fraß der Geier auf freiem Felde herum, weshalb die Schwester zur Tat schritt. Da ihr die andere Schwester die Mithilfe versagte, nahm sie allein die Pflicht auf sich und streute Sand auf den Leichnam. Das brachte den Herrscher zur Weißglut. Er berief sich unablässig auf das Recht des Staates, sie hingegen pochte unverdrossen auf die Menschenrechte und wurde zur Strafe bei lebendigem Leibe eingemauert. Der Sohn des Königs, mit dem Mädchen verlobt, intervenierte vergebens und erhängte sich. Auch die Frau des Regierenden nahm sich das Leben. Bis zum heutigen Tag dient diese Tragödie als Diskussionsstoff. Wie lautet der Titel, wie der Name des antiken Verfassers? Antworten bitte bis zum 15. April 2011 an foyer, Roland Verlag GmbH, Schlachte 43, 28195 Bremen. Die Teilnahme ist auch online möglich: www.rolandverlag.de (Publikationen/Foyer) Zu gewinnen sind 5 x 2 Karten für das Bremer Schauspiel. Die Auflösung des Schauspielrätsels in foyer 88 lautet: „Die Jungfrau von Orleans“ von Friedrich Schiller. Gewonnen haben: Joachim Berthold, Bremen Reiner Franke, Bremen Anke Hüffermann, Bremen Hans-Hermann Katholing, 28777 Bremen Marina Köglin, 28755 Bremen

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(ps) Er war Abteilungsleiter für klassische Musik bei Radio Bremen, saß später im Rundfunkrat des Senders und für die kurzlebige Gruppierung „Arbeit für Bremen“ in der Bürgerschaft. Nun soll Prof. Klaus Bernbacher (80) auf Beschluss des Senats die Bremische Medaille für Kunst und Wissenschaft verliehen werden, und zwar „für sein jahrzehntelanges Engagement und seine Verdienste um das deutsche Musikleben.“ Ob als Dirigent, als Leiter der Hannoverschen „Tage Neuer Musik“, in den Konzerten des Musikrates – immer wieder setzte sich Bernbacher insbesondere für die Neue Musik ein. Er war am Aufbau der deutschen Sektion der Internationalen Jeunnesses Musicales beteiligt und über 20 Jahre deren Bundesvorsitzender, engagierte sich im Deutschen Musikrat, später auch im Landesmusikrat Bremen. Und er kämpfte: Mal vergeblich für den Bau der „Musicon“ genannten Bremer Philharmonie, mal erfolgreich für den Erhalt des Sendesaales.

(ps) Er verbindet hohe Funktionalität mit exzellenter handwerklicher Qualität und setzt dabei konsequent auf geradliniges Design: Der Bremer Tischler und Designer Peter Heidhoff entwirft und baut ins Auge springende Möbel und Alltagsgegenstände wie etwa originelle Vogelnistkästen, die schon mehrfach prämiert worden sind. Jetzt ist eine weitere Auszeichnung hinzugekommen: Der Auguste-Papendieck-Preis 2010 der Sparkasse Bremen. Mit seinem Wettbewerbsbeitrag – zwei Kommoden, die auf den ersten Blick wie unbearbeitete Holzstapel wirken, aber über ein pfiffiges Innenleben verfügen – beeindruckte der 49-jährige die Jury.

Der mit 6.000 Euro dotierte Auguste-Papendieck-Preis wird alle zwei Jahre für vorbildliche und innovative Arbeiten auf dem Gebiet der zeitgenössischen angewandten Künste ausgeschrieben. Er erinnert an die Bremer Keramikerin Auguste Papen-dieck (1873-1950), die erste TöpferProf. Martin Maria Krüger, Präsident des meisterin in Deutschland. Der Preis wird Deutschen Musikrates, fasste sein Engage- am 8. April 2011 von Joachim Döpp, Vorment einmal so zusammen: „Klaus Bernstand der Sparkasse Bremen, verliehen. bacher hat jahrzehntelang die Förderung Zum Preis gehört auch eine Einzelausder zeitgenössischen Musik durch den stellung mit Katalog im Focke-Museum, Deutschen Musikrat mit seiner besondie mit der Preisverleihung eröffnet wird. deren Mischung aus hoher Sachkenntnis, Leidenschaft und scharfzüngigem Humor Ergänzt wird die Schau durch eine Präsentation weiterer Wettbewerbsbeiträge. geprägt.“ – foyer gratuliert herzlich!


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Opernrätsel (SN) Die farbige Wahrsagerin weiß alles. Sie kann einem feinen Herrn, der natürlich inkognito zu ihr kommt, prophezeien, dass er durch die Hand eines Freundes fallen wird. Sie weiß aber auch, wo und wann man ein Kraut finden kann, das eine Liebesleidenschaft mildern oder vielleicht gar ersticken kann. Das möchte unbedingt eine Dame wissen, die gut verheiratet ist und auch ein Kind von ihrem Manne hat, aber ausgerechnet dem besten Freund ihres Ehegatten verfallen ist. Ein zufälliges mitternächtliches Treffen verläuft sehr dramatisch, als neben den Liebenden auch der Ehemann samt Verschwörern auftaucht. Diese verlangen schließlich, dass die Dame ihren Schleier lüftet und somit ihre Personalität preisgibt. Der brüskierte Gemahl fackelt nicht lange: Seine der Untreue bezichtigte Frau muss das Los jenes Mannes ziehen, der den Mord ausüben soll. Es ist ihr Ehemann, also der ehemalige Freund und jetzige Rivale. Der Mord erfolgt während eines kostümierten Tanzvergnügens, das klärende Unschuldgeständnis kommt zu spät.

(che) Der Multiinstrumentalist und Kom(che) Gleich mit seiner Debüt-CD „Continuum“ hat es das Bremer Trio „Jazz’N’Spirit“ ponist Willy Schwarz hat den diesjährigen Kultur- und Friedenspreis der Villa Ichon auf die Bestenliste beim Vierteljahrespreis der Deutschen Schallplattenkritik geschafft. erhalten. Mit dem 1949 im in der Umgebung von Chicago gelegenen Holland/ Zu „Jazz’N’Spirit“ gehören der Saxofonist Dirk Piezunka, dessen Bruder Jens am Kon- Michigan geborenen Schwarz ist damit ein trabass und der Gitarrist Martin Flindt. Alle Musiker ausgezeichnet worden, der sich drei Musiker bewegen sich seit längerem in seit vielen Jahren um eine musikalische Völkerverständigung bemüht, indem der norddeutschen Jazzszene. So betreibt er zu den Völkern reiste und bei ihnen ihre Dirk Piezunka seit Jahren die Reihe „Jazz Musik und ihre Musikinstrumente kenon Board“ auf dem Bremer Theaterschiff nenlernte. So spielt Willy Schwarz neben und spielt dort selbst regelmäßig in unterseinem Hauptinstrument Akkordeon eine schiedlichen Formationen. Martin Flindt Vielzahl von Streich-, Zupf- und Perkuskennt man auch mit seinem Trio „Flindtsionsinstrumenten aus aller Welt. stones“, während Jens Piezunka mit dem Jazzstreichquartett „String Thing“ bekannt Schon in Chicago hat der musikalische wurde. Weltenbummler, der seit 1999 in Bremen Mit der CD „Continuum“ (erschienen beim lebt, sein All-American Immigrant Orchestra gegründet, dem er in der HanseBremer Label Berthold Records) hat sich stadt 2005 sein Bremer Stadtimmigranten „Jazz’N’Spirit“ an eine ungewöhnliches Projekt gewagt, denn bei den zwölf Stücken Orchester folgen ließ. Zu dieser Formation gehören Musiker aus Chile und China, des Albums handelt es sich überwiegend aus dem Iran und Mexiko, aus Ghana, der um Jazzbearbeitungen von Psalmen und Slowakei, Rumänien und der Türkei, die Chorälen aus Renaissance und Barock, zusammen auf den Instrumenten ihrer jedarunter Martin Luthers „Eine feste Burg weiligen Heimat spielen und so eine wahrist unser Gott“ und Paul Gerhardts „Nun haft polykulturelle Musik entstehen lasruhen alle Wälder“. Aufgenommen hat das sen. In jüngster Zeit war Willy Schwarz Trio seine Bearbeitungen am passenden vorwiegend mit seinem Programm „JeOrt, nämlich in der Abtei Marienmünster wish Music around the world“ in Bremen bei Detmold, und – wie es sich für einen zu erleben: Ein wahrer Weltmusiker im Kirchenraum gehört – rein akustisch. allerbesten Sinne! Glückwunsch!

Wie lautet der Titel dieser Oper, die der Komponist (auch dessen Namen sollen Sie erraten) wesentlich ändern musste, weil die Zensur die Darstellung eines KönigKönig mordes auf der Bühne nicht erlaubte. Bitte schreiben Sie Ihre Antwort bis zum 15. April 2011 an foyer, Roland Verlag GmbH, Schlachte 43, 28195 Bremen. Die Teilnahme ist auch online möglich: www.rolandverlag.de (Publikationen/Foyer) Zu gewinnen sind 5 x 2 Karten für das Theater Bremen, das Stadttheater Bremerhaven und das Oldenburgische Staatstheater. Die Auflösung des Opernrätsels in foyer 88 lautet: „Manon Lescaut“ von Giacomo Puccini. Gewonnen haben: Ingrid Conrads, Bremen Bernd Garber, Tornesch Marlies Gehrke, Stubben Erika Gehlauf, Bremen Ulla Gerlach, Oldenburg Marlies Giese-Diepen, Bremen Horst Görke, Bremerhaven Hertha Herbst, Oyten Annemarie Krauss, Ahrensburg Michael Neuhof, Oldenburg Sabine Pehka, Bremen Konstanze Radtke, Schwanewede Gerold Stubbe, Oldenburg Karin Wolter, Oldenburg Johanna Zierrath, Oldenburg


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WISSENSCHAFT Jade Hochschule

Neuer Studiengang „Insurance, Banking and Finance“ zielt auf Aspiranten mit „Biss“ ab Text: Peter Schulz

Wo sich Leistung lohnt

Bei der Unterzeichung der Kooperationsvereinbarung (v. l.): Franz Thole (Vorstandsvorsitzender der Öffentlichen Versicherungen Oldenburg), Prof. Dr. Gerd Hilligweg (Dekan des Fachbereichs Wirtschaft der Jade Hochschule), Dr. Elmar Schreiber (Präsident der Jade Hochschule), Prof. Dr. Johanna Wanka (Niedersächsische Ministerin für Wissenschaft und Kultur), Dr. Peter Schinzing (Stellvertr. Sprecher des Vorstands der Oldenburgische Landesbank AG), Dr. Joachim Peters (Hauptgeschäftsführer der Oldenburgischen IHK), Dr. Karl Harms (Präsident der Oldenburgischen IHK) und Martin Grapentin (Vorstandsvorsitzender der Landessparkasse zu Oldenburg)

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orgens ausschlafen, dann mal eben in einer Vorlesung vorbeischauen, am Nachmittag ein bisschen jobben und abends „auf die Piste“ – wem dieses vermeintliche Idealbild studentischen Lebens vor Augen steht, sollte einen riesigen Bogen um das neueste Bildungsangebot der Jade Hochschule machen. Denn der berufsbegleitende Studiengang „Insurance, Banking and Finance“ (IBF) ist auf eine genau definierte Zielgruppe abgestimmt. Hilger Koenig beschreibt sie so: „Die Ehrgeizigen und Leistungsbereiten, die mehr wollen als ‚nur’ einen Job.“

einmal Führungsaufgaben in unseren Unternehmen zu übernehmen.“

dende Idee. Aber wie bringt man diesen „Motor“ zum Laufen?

Das entsprechende „Rüstzeug“ können die Die Suche nach starken Partnern in der zunächst maximal 20 Studierenden mit Region führte über eine Vielzahl von GeBeginn des kommenden Wintersemesters sprächen zur Jade Hochschule sowie zu den an der Jade Hochschule erwerben. Hier ist Mitbewerbern am Markt, was freilich nur der beispielhafte duale Studiengang, an auf den ersten Blick verwundert. „Schließdessen Realisierung auch die Oldenburgilich“, sagt Christian Willers, Leiter Personalsche Industrie- und Eine Kombination, die glänzende Perspektiven Handelskammer (IHK) beteiligt war, für den beruflichen Werdegang eröffnet. entwickelt worden. „Ein ordentliches Stück Arbeit“ sei das geentwicklung bei der ÖVO, „haben wir alle wesen, urteilt Dr. Elmar Schreiber, der Prä- das gleiche Problem: Qualifizierte NachKoenig, Personalchef der Oldenburgische sident der Jade Hochschule, im Rückblick. wuchskräfte auszubilden und vor allem Landesbank AG (OLB), muss es wissen. „Denn neben der Finanzierung galt es, auch im Unternehmen zu halten. Und das wird Sein Unternehmen finanziert gemeinsam die Rahmenbedingungen bei uns im Hause angesichts des demographischen Wandels mit der Landesparkasse zu Oldenburg zu schaffen und das Wissenschaftsminisimmer schwieriger, zumal die geburten(LzO) und den Öffentlichen Versicherunterium in Hannover für das Vorhaben zu schwachen Jahrgänge, die sich dann einen gen Oldenburg (ÖVO) die IBF- Stiftungsgewinnen.“ Ausbildungsplatz aussuchen können, erst professur im Lehrgebiet „Versicherungs-, noch kommen.“ Bank- und Kreditwirtschaft“. Die drei Die Weichen für das „innovative GemeinFinanzdienstleister unterstützen diese schaftprojekt“ – so die niedersächsische Fazit der drei Oldenburger Experten in zusätzliche Professur über einen Zeitraum Wissenschaftsministerin Johanna Wanka Personalfragen: Zusätzlich zum allseits von fünf Jahren mit insgesamt 500.000 – waren 2006 gestellt worden. Damals kam bekannten Ausbildungsweg im Bank- und Euro. Was sie sich davon versprechen, um- der Gedanke auf, Theorie und Praxis mitVersicherungswesen – Lehre, Studium, reißt Joachim Heimhold, stellvertretender tels eines neuen Modells zu verzahnen und zurück in die Praxis – soll der neue StudiLzO-Direktor im Bereich Personal, mit den zielstrebige junge Leute in einem dualen engang „Insurance, Banking and Finance“ Worten: „Die Ausbildung leistungsstarker Studiengang fit für das tägliche Finanzge- (IBF) die Attraktivität der Branche steigern Nachwuchskräfte, die das Zeug haben, schäft zu machen. Zweifellos eine zünund zum zweiten beruflichen Sprungbrett


WISSENSCHAFT Jade Hochschule

Dr. habil. Elmar Schreiber, Präsident der Jade Hochschule

ins Geschäft mit Kunden und Konten werden. Gedacht ist er für Aspiranten „mit Biss“, die bereit und in der Lage sind, innerhalb von vier Jahren eine fundierte Berufsausbildung und parallel dazu ein Bachelor-Studium zu absolvieren, wobei sich Praxisphasen im Unternehmen und Studienphasen am Studienort Wilhelmshaven der Jade Hochschule abwechseln. Wer dabei sein will, muss sich bei einem der drei beteiligten Unternehmen um einen der kombinierten Ausbildungs- und Studienplätze bewerben, die laut Einschätzung aller Beteiligten heiß begehrt sein dürften. „Schließlich können sich erfolgreiche Absolventen exzellente berufliche Chancen ausrechnen“, meint Hilger Koenig. Die erste „Etappe“ ist nach zweieinhalb Jahren erreicht, wenn die IHK-Prüfung zur Bankkauffrau bzw. zum Bankkaufmann ansteht. Doch IBF ist auch für „gestandene“ Mitarbeiter interessant, die bereits über eine kaufmännische Ausbildung in der Versicherungs- oder Kreditwirtschaft verfügen. Denn sie können berufsbegleitend studieren und so ebenfalls zum Bachelor gelangen. Ein Spaziergang wird es freilich nicht, diesen Weg zu beschreiten. Vier Jahre lang vier Tage pro Woche durcharbeiten, dann

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Fotos: Michael Stephan

mittwochs und sonnabends Vorlesungen und Seminare besuchen und dabei die Vorbereitungen auf Klausuren und Prüfungen nicht aus den Augen verlieren – das ist nicht gerade vergnügungssteuerpflichtig. Doch am Ende der „Ochsentour“ winkt der verdiente Lorbeer in Form eines Hochschulabschlusses, verbunden mit einem gerüttelt Maß an Praxiserfahrung. Kurz: Eine Kombination, die glänzende Perspektiven für den beruflichen Werdegang eröffnet.

wicklung weiterer Angebote zu schärfen. „Wir verfolgen auch in der betriebswirtschaftlichen Ausbildung konsequent den Weg der Neuausrichtung auf die Bedarfe der Zukunft“, erklärt er. „Dadurch tragen wir dazu bei, die eventuelle Abwanderung junger Leute aus der Region zu verhindern und zusätzliche Studierende für die Jade Hochschule zu interessieren.“

Und selbstbewusst fügt Präsident Schreiber hinzu, dass man dabei durchaus auch „Genau das reizt immer mehr Abiturienten, nach Bremen blicke: „Die Strahlwirkung einer Bildungseinrichtung beschränkt sich die sich bei uns nach konkreten Ausbildungsangeboten erkundigen“, hat Joachim schließlich nicht nur auf den Umkreis von ein paar Kilometern.“ Heimhold beobachtet. Zudem gebe es etliche Mitarbeiter, die bereits über einen Abschluss als Sparkassen-Betriebswirt verfügen und gern zusätzlich den Titel als Auf einen Blick: „Bachelor of Arts“ (B.A.) erwerben würden. Die Jade Hochschule bietet ihren gegen„Auch ihnen können wir mit dem neuen wärtig 6200 Studierenden zur Zeit 30 BaAngebot der Jade Hochschule eine echte chelor- und acht Master-Studiengänge in Perspektive anbieten“, urteilt Heimhold. sechs Fachbereichen an. Mit „Insurance, Banking and Finance“ wird dieses SpekDer zusätzliche Studiengang IBF enttrum zum kommenden Wintersemester spricht auch den Zielsetzungen von Elmar gezielt erweitert. Das duale StudienangeSchreiber, der es sich zur Aufgabe gemacht bot bildet damit die dritte „Säule“ in der hat, das Profil der 2009 gegründeten kaufmännischen Ausbildung im FachbeHochschule mit den traditionsreichen reich Wirtschaft, der bereits 2009 durch Studienorten Oldenburg, Wilhelmshaven einen betriebswirtschaftlichen Onlineund Elsfleth durch die fortwährende EntStudiengang gestärkt worden war.


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litERatUR Allmen und die Libellen / Die Unperfekten

litEratur

Herr von Allmen in Nöten

spendabel auftretenden Hochstapler fast Martin Suter stellt neuen Serienhelden vor überall Kredit. Er behält seine Opernloge, darf auf dem weitläufigen Villenareal immerhin noch im Gartenhaus residieren und Als „Hommage an den Serienkrimi“ bezeichnet Martin Suter seine neue Buchrei- kann bei Ausfahrten wie in alten Zeiten über den Cadillac verfügen. Seine Gläubiger verhe und präsentiert zum Auftakt „Allmen mag der Antiquitätenkenner immer wieder und die Libellen“. Auch wenn sich bereits durch einfallsreiche Geldbeschaffungsmaßauf der dritten Seite ein Mordversuch ernahmen zu befriedigen. Nur einer bedroht eignet, läuft die Handlung des neuen Romans schweizerisch betulich an – schließ- ihn und rückt ihm zu Leibe. lich muss der noch unbekannte Serienheld Johann Friedrich von Allmen eingeführt, mit spezifischen Charakterzügen, Eigenschaften, Verhaltensweisen und einer Vita ausgestattet werden. Suters Romanfiguren sind nicht selten gut betuchte einsame Wölfe, die sich in elegant-gepflegtem Ambiente bewegen, hin und wieder vernascht werden von Luxusweibchen und sich wie nebenbei – eine besondere Kunst Suterscher Literatur – in spannungsgeladene kriminalistische Handlungsstränge verstricken.

Vorrangig geht es jedoch um fünf bezaubernde Libellen-Jugendstilschalen des Glaskünstlers Emile Gallé. Die gab es wirklich, sie wurden wirklich gestohlen und sind nie wieder aufgetaucht. Bei Suter findet Allmen die Libellen in der Villa der reichen und sexhungrigen JoJo, klaut sie, deckt einen gigantischen Versicherungsbetrug auf, gerät selbst in Lebensgefahr.

Allmen und sein aus Guatemala eingeflogener, alles verstehender Butler Carlos, vom Verlag als „Ermittlerduo“ eingeführt, müssen in ihre Rollen erst noch hineinAllmen hat das von seinem Vater ererbte wachsen. Am Ende der Story sind sie eher Millionenvermögen verschleudert. Denein fast perfektes Komplizenpaar. Martin noch gewährt man dem seriös-charmanten, Suters kleiner Krimi bietet geistreiche, lie-

benswert leichte Kost, Spannung und einige Situationskomik. Schon freuen darf man sich auf den angekündigten nächsten Band „Allmen und ...“ Martin Suter, Allmen und die Libellen. Diogenes, 195 S., 18,90 Euro

Menschen in der Medienwelt Tom Rachmans perfekter Debütroman Tom Rachmans Roman „Die Unperfekten“ ist für mich die überragende Neuerscheinung des vergangenen Bücherherbstes. Das Buch wurde zeitgleich in zehn Ländern herausgebracht und erhielt in den USA einen der höchsten Zuschüsse, der je für ein Debüt bezahlt wurde. Der Autor, 1974 in London geboren und in Vancouver aufgewachsen, bereiste als Auslandskorrespondent zahlreiche europäische, asiatische und arabische Länder, bevor er mit knapp dreißig als Redakteur zur Herald Tribune nach Paris ging und dort begann, in freien Stunden an seinem Roman zu arbeiten. Im Gespräch erfahre ich von Tom Rachman, Voraussetzung für sein Schreiben sei,


literatur SIE & ER

dass er sich für andere Menschen wirklich interessieren und deren Individualität verstehen könne. Und er berichtet vom anstrengenden Sich-Vortasten durch mehrere Handlungsversionen bis zur stimmigsten, wo dann seine so verschiedenen Charaktere ein unverwechselbares Eigenleben entwickeln. Er wolle, so sagt er, die Akteure in der Medienwelt zeigen, ohne reale Personen zu porträtieren. Der Episodenroman erzählt vom Aufstieg und Fall einer Handvoll Menschen in der Redaktion einer englischsprachigen Zeitung in Rom. Der Alltag festangestellter Redakteure und freier Mitarbeiter beiderlei Geschlechts ist ein anstrengender Mix aus Stress und Langeweile, er wird bestimmt vom Verlust zwischenmenschlicher Fairness und von den Strategien, jemanden hochzujubeln oder fertigzumachen. Elegant geschrieben, spannend komponiert und unter die Haut gehend setzt sich der Autor mit den ganz großen Themen Macht und Einsamkeit, Liebe und Verrat, Krankheit und Tod, den Abgründen menschlichen Soseins in feinsinnigster Weise auseinander. Fast möchte man jubeln wie ein Kritiker der New York Times, der diesen Roman zweimal gelesen hat, um zu begreifen, „wie einer, der gerade mal fünfundreißig ist, ein derartiges Gespür für Menschen und ihre Schwächen haben kann“. Dabei lässt Rachman es nicht an Humor, scharfsinnigen Pointen und einer gehörigen Prise Melancholie fehlen. Das Fazit: Unbedingt lesen! Tom Rachman, Die Unperfekten. Deutsch von Pieke Biermann. dtv premium. 305 S., 14,90 Euro

Genießen und nachdenken Eva Gritzmann, Denis Scheck und der „kleine Unterschied beim Essen und Trinken“ Was für ein aufschlussreiches, kluges und humorvolles Buch! Die Ärztin Eva Gritzmann und Denis Scheck, Verfasser von „Hell’s Kitchen“, lesenswerten Streifzügen durch die neuere amerikanische Literatur und dem deutschen Fernsehpublikum aus „Druckfrisch“ bekannt, gehen nicht nur

den Fragen auf den Grund, inwiefern Frauen anders kochen, würzen und essen als Männer, wie unterschiedlich sie einkaufen und ob sich Geschmacks- und Geruchssinn geschlechtsspezifisch unterscheiden. Vielmehr schufen sie eine differenzierte, charmante kleine Kulturgeschichte der Nahrungsaufnahme mit allem was dazu gehört. Dekoriert wurde mit Fotos, Comics, Roman- und Lyrikpassagen aus der Weltliteratur und unterfüttert mit Erlebnissen als Besucher von Restaurants in Hongkong, Chicago und an der Costa Brava, in Düsseldorf, Köln, Berlin und schließlich am Starnberger See und in StuttgartDegerloch. Amüsant, wenn Alice Schwarzer – schon des Untertitels wegen in ein Kölner Restaurant eingeladen – mit mädchenhafter Koketterie konstatiert, „Ich bin auch nur eine Frau“, Frank Schätzing sich zu seiner Eitelkeit bekennt und erfolgreich gegen die „Verbirnung“ seiner Figur ankämpft, Donna Leon sich mit Grausen an die Kochkünste ihrer Mutter erinnert oder das neugierige Autorenpaar voller Angst mit dem Extrakt der „Wunderbeere“ experimentiert. Unterhaltsam und informativ schildern Gritzmann und Scheck ihre Recherchen auf Reisen voller Überraschungen, entdeckten sie doch Kurioses ebenso wie Skandalöses. Zahlreiche Begegnungen mit Vertreterinnen und Vertretern der Ernährungsbranche, mit Vegetariern, Schriftstellern und Wissenschaftlern münden in interessante Interviews, betonen auch das Sinnliche des Kochens und Essens. Am Ende der acht Kapitel erhält der Leser exzellente Restaurant-, Literatur- und Filmtipps zum Thema. Kochrezepte sucht man vergeblich, doch beschreiben die Beiden ihr Speisen in Restaurants unterschiedlicher Nationalität und Couleur so detailliert, dass man mitriechen, -schmecken, -sehen kann, einem das Wasser im Munde zusammenläuft oder doch der Magen krampft. So bei Vincent Klink, wo etwas Ausgefallenes serviert wird: Ein Murmeltier, das der Chef für ganz besondere Gäste aufgehoben hatte.

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Mühelos verschaffen sich Eva Gritzmann und Denis Scheck Zutritt zu Herz und Hirn des Lesers – auch zu dessen Geschmacksund Geruchssinn. Mit Kompetenz, viel Engagement, ja Herzblut geschrieben, hinterlässt ihr Buch seine Leser mit geschärftem Bewusstsein. Beide Autoren haben ihre Einstellung zum Einkaufen, Kochen, Würzen, zum Essen und Trinken verändert. Die Kritikerin auch. Eva Gritzmann & Denis Scheck, SIE & ER. Der kleine Unterschied beim Essen und Trinken. Bloomsbury Berlin. 288 S., 18 Euro Denis Scheck, Hell’s Kitchen. Maroverlag. 368 S., 18 Euro

LITERATUR

KUNST KINDERBÜCHER

ALBATROS BUCHHANDLUNG FEDELHÖREN 91 28203 BREMEN (0421) 32 72 48


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litERatUR Lou Andreas-Salomé

Kerstin Decker über Lou Andreas-Salomé Text: Inge Zenker-Baltes

GEniE und MusE

re alt geworden – Anlass für Kerstin Decker, die schon mit Biographien von Heinrich Heine, Paula Modersohn-Becker und Else Lasker-Schüler breite Anerkennung fand, sich dieser schillernden Persönlichkeit zuzuwenden. Auf gut 360 Seiten entwirft die Autorin das facettenreiche Porträt einer bindungsunwilligen Frau mit scharfem Intellekt und unbändigem Freiheitsdrang, eines höchst femininen Wesens von starker erotischer Ausstrahlung, das jedoch sexuelle Wünsche und Annäherungsversuche der sie umwerbenden, durchaus nicht uninteressanten Männer brüsk abweist.

Frank Wedekinds Avancen erwehrt sie sich ebenso erbarmungslos wie Versuchen Nietzsches, sie wenigstens zu küssen. Sie ou Andreas-Salomé soll mitverantsei „scharfsinnig wie ein Adler und muwortlich sein für Friedrich Nietztig wie ein Löwe“, schwärmt der, bezeichsches Stoßseufzer: „Du gehst zu Frau- net sie als sein „Geschwisterhirn“, begnügt en? Vergiss die Peitsche nicht!“, über den sich schließlich mit einer Rolle als „getreusich noch heute Feministinnen empören. er Freund“, ebenso wie auch der ihr verfalDer Philosoph hatte die selbstbewusslene Paul Rée. te junge Frau 1882 im Petersdom zu Rom Auf die Ehe mit Alle „ihre“ Männer kennengelernt und sich heftigst in sie ver- dem 15 Jahre älliebt. Fassungslos musste er erleben, dass teren Orientalisten Friedrich Carl Andreas, sie seinen Heiratsantrag ablehnte, ein der sich ihretwegen ein Messer in die Brust vernichtender Schlag gegen männliche stößt, lässt Lou sich nur unter der BedinEitelkeit, den kurz zuvor schon Nietzsches gung ein, nie sein Bett teilen zu müssen. Freund, der Philosoph und spätere Mediziner Paul Rée, hatte hinnehmen müssen. Mit 36 ist Andreas-Salomé noch Jungfrau, als sie in München dem 21jährigen Dichter Am 12. Februar wäre die 1861 als Louise René Maria Rilke begegnet und an ihn ihre von Salomé in Sankt Petersburg geborene „Unschuld“ verliert. Sie dominiert den leiTochter eines russischen Generals 150 Jah- denschaftlichen Liebhaber, ändert seinen

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Vornamen René in Rainer, kritisiert, was er schreibt, lässt ihn frühe Schriften verbrennen und kann doch fast zeitlebens nicht von ihm lassen. Sie selbst verfasst brillante philosophische Essays und herausragende Werke über Nietzsche, Ibsen und Rilke, auch einige eher mittelmäßige Romane. Als sie 1911 Sigmund Freud kennen und bewundern lernt, findet sie in der Psychoanalyse ihre wahre Berufung. Lou Andreas-Salomé wird des Meisters begeisterte Schülerin und eröffnet 1913 eine eigene psychoanalytische Praxis. Nach Aufenthalten in der Schweiz, in Italien und Paris, nach ausgedehnten Russland-Reisen wird sie zunächst in Berlin sesshaft, geht dann mit Andreas nach Göttingen und wohnt dort bis zu ihrem Tode 1937. Alle „ihre“ Männer hat sie überlebt. Kerstin Deckers abwechslungsreiche, lebendige Zeichnung des prallen Lebens dieser außergewöhnhat sie überlebt. lichen Frau ist ein Genuss, nicht zuletzt ihres unverfälschten Schreibstils, der mannigfachen präzise recherchierten Details und der humorvoll-lakonischen Anekdoten wegen. Der Porträtierten hätte dieses Buch tiefe Genugtuung und großes Vergnügen bereitet. Kerstin Decker: Lou Andreas-Salomé, Der bittersüße Funke Ich. Propyläen/Ullstein. 363 S., 22,95 Euro


BUCH UND MUSIK Gluck-Biografie 55

Reformator der Musik Text: Simon Neubauer

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ier geht es nicht etwa um Abel mit der Mundharmonika, hier geht es um Christoph mit der Maultrommel. Der kleine Gluck im Glück beherrschte das exotische Instrument mit den irrealen, irisierenden WindharfenKlängen so virtuos, dass er allüberall zum Vortragen seiner Kunst gedrängt wurde. Er tat es gerne, und wenn er die Maultrommel nicht bei sich führte, liess er sich ein Dutzend Gläser mit Wasser mehr oder minder hoch füllen und streichelte sie, bis sich ein Konzert ergab. Solche Fähigkeiten fallen auf. Und deshalb dauerte es nicht lange, bis jedermann klar war, dass Christoph Willibald nicht Förster werden sollte wie Großvater und Vater. Da galt es dann nach der häuslichen Grundschulausbildung Abschied zu nehmen von der Familie in der oberpfälzischen Heimat, um in Prag zu studieren. Mäzene der begüterten Adelsschicht hatten sich seiner angenommen, in der Hoffnung, ein künftiges Genie zu fördern. Sie behielten Recht. So ist es nachzulesen in der exzellenten Biografie mit dem Titel „Gluck. Sein Leben. Seine Musik.“, die Gerhard Croll, Leiter der Salzburger Gluck-Forschungsstelle, und seine Ehefrau Renate Croll soeben vorgelegt haben. Den ungemein fleißigen Autoren, die viele neue Quellen entdeckten, um den Lebensweg des Komponisten in aller Sorgfalt und Lebendigkeit nachzuzeichnen, glückte eine herausragende Biografie, die sich zudem durch einen sehr lesbaren, sicher deutenden Stil auszeichnet.

Gluck, dem es an Aufmunterung und Unterstützung nicht mangelte, begann seine Karriere in Italien und unternahm ausgedehnte Reisen durch Europa, ehe ihn der reiche, Musik liebende Feldmarschall Joseph Friedrich Wilhelm von Sachsen-Hildburghausen in seine Hauskapelle holte. Hier saß der damals 14jährige Karl Ditter von Dittersdorf am ersten Geigenpult, der in seiner Biografie viel Interessantes über Gluck zu berichten wusste. Der Prinz mit besten Beziehungen ermöglichte sehr bald Glucks Vorstellung am Wiener Kaiserhof, und damit begannen viele vorwiegend angenehme und ertragreiche Möglichkeiten des Ausprobierens künstlerischer Tätigkeiten. Maria Theresia, die nach der Devise handelte „Mögen andere Kriege führen, du glückliches Österreich heirate“ brachte schließlich 14 Kinder zur Welt, weshalb sich immer wieder Anlässe ergaben, Serenaden zu Geburtstagen, Tanzdramen, Opere serie und auch schon kleine Opern eigenen Stils zu komponieren. Und wenn dann hohe Fürstlichkeiten zu Besuch kamen, war große Musik unbedingt zum festlichen Rahmen nötig.

Platz sicherte. Mit „Orfeo ed Euridice“, der heute noch am häufigsten aufgeführten Gluck-Oper, begann das Umgestalten musikdramatischen Geschehens, das nun die zerstückelten Nummernopern, die Arien der leeren Ornamente samt der pflichtschuldigen Wiederholungen verdammte. Gluck stattdessen strebte wahre, lebensnahe Charaktere in progressiver Tonsprache der neuen Oper an. Gluck war ungemein fleißig, oft in Zeitnot, weshalb er – damals durchaus üblich – Stücke aus seinen vorangegangenen Werken geschickt wieder nutzte. Häufig reiste er – ausgezeichnet mit lukrativen kaiserlichen Vergünstigungen – nach Paris, um seine in Wien uraufgeführten Opern, darunter „Iphigenie en Aulide“, Alceste“, „Armida“ und schließlich die kürzlich in Hamburg wiedererweckte „Iphigenie auf Tauris“, mit französischen Texten zu unterlegen. Er hatte dort Aufsehen erregende Erfolge, jedoch auch einflussreiche Fürsprecher wie den österreichischen Botschafter Graf Mercy und natürlich die berühmt-berüchtigte Marie Antoinette, eine Tochter Maria Theresias. Aber auch sie konnten den lautstark ausgetragenen Streit der Piccinisten und Gluckisten, die von Neid diktierte Auseinandersetzung zwischen Anhängern des Angestammten und des musikalischen Fortschritts, nicht verhindern.

Mehr und mehr löste sich Christoph Willibald Gluck, der anlässlich eines Gastspiels vom Papst in den Stand eines „Cavagliere dello Speron d’oro“, also eines Ritters vom goldenen Sporns, erhoben worden war, aus Gerhard und Renate Croll: „Gluck. Sein dem strengen Korsett der Opera seria und Leben. Seine Musik.“ Bärenreiter-Verlag, begann sein großes Reformwerk, das ihm in der Musikgeschichte einen wesentlichen 287 Seiten, 36,95 Euro.


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SERiE Die neue Kunsthalle Bremen

projEkt rund uM paik

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olche Bilder hatte zuvor noch kein Mensch auf einem Monitor gesehen: Farben flossen über den Bildschirm, Formen lösten sich in abstrakte Flächen auf, verwandelten sich in Konturen und zurück in Gegenständliches. Bewegung, Störung, Pulsieren charakterisierte die elektronischen Bilder, die der Videosynthesizer aus TV-Bildern erzeugen konnte. Das Gerät baute der Künstler Nam June Paik Ende 1968 mit Unterstützung des Technikers Shuya Abe. Paik erfüllte sich damit einen Traum, näherte sich einen Schritt weiter seiner Vision, die er schon ein paar Jahre zuvor in Worte gefasst hatte, nämlich: Dass eines Tages mit der Kathodenstrahlröhre genauso gemalt werden könne wie zuvor mit Pinsel und Farbe.

Neue Bildwelten mit immanenten Farben Text: Meike Rotermund

öffnung wird diesem Gerät eine besondere Würdigung zuteil, ist doch dieses Exponat ein Anknüpfungspunkt für ein Projekt der Kunsthalle mit der Hochschule für Künste Bremen. Gemeinsam mit dem renommierten Medienkünstler Prof. Markus Löffler und dem Kunsthistoriker Prof. Dr. Michael Glasmeier arbeitet eine Gruppe Studierender derzeit unter dem Titel „Immanente Farben“ an einer Ausstellung, bei der sich die jungen Künstler von dem Synthesizer inspirieren lassen sollen.

Die Ergebnisse werden ab Spätsommer in den Ausstellungsräumen der Hochschule für Künste in der Dechanatstraße zu sehen sein. Also in unmittelbarer Nähe zum Wall, wo der Videosynthesizer dann wieder stehen wird. Denn das Gerät hat die Eine kühne Idee, die inzwischen im digita- Zeit der Schließung der Kunsthalle nicht len Zeitalter Wirklichkeit geworden ist. Ende etwa im Depot verbracht, sondern war auf der 60er Jahre war es eine Utopie, deren Re- Reisen und wurde in mehreren großen alisierung noch in den Sternen stand. So ist Ausstellungen präsentiert, wie etwa in Lidieses Gerät ein Schlüsselwerk der Bildgeverpool und Wien. schichte, stellt Prof. Dr. Wulf Herzogenrath heraus und bezeichnet Paiks VideosyntheZudem wird es eine Veranstaltungsreihe sizer auch als „Gutenberg-Bibel des 20. Jahr- geben, in der die an dem Projekt beteilighunderts“. Denn so ten Künstler und der Kunsthistoriker: Eine kühne Idee, die inzwischen Wissenschaftler ih„Was die Gutenberg- Wirklichkeit geworden ist. ren Blickwinkel auf Bibel für den Buchden Videosynthedruck ist, das ist der Videosynthesizer für sizer vorstellen und zur Diskussion steldie modernen elektronischen Medien.“ len werden. Für Wulf Herzogenrath, der die Entwicklung der Videokunst von deren AnDer Paik-Abe-Synthesizer befindet sich fängen kunsthistorisch begleitete, steht seit 1995 im Besitz der Kunsthalle Bredas Eröffnen neuer Bildwelten im Mittelmen. Mit der bevorstehenden Wiedererpunkt seiner Argumentation. „Paik war fas-

ziniert von elektronischer Musik, in der er zuvor ungehörte Klänge kennen lernte“, beschreibt der Kunsthallen-Direktor den Werdegang des „Vaters der Videokunst“ und ergänzt: „Ihn begeisterte, dass jedes Geräusch künstlich erzeugt und damit eine völlig neue Welt erschaffen werden kann.“ Diese Erlebnisse im Akustischen wollte Paik auf das Optische übertragen, und so arbeitete der Künstler bereits 1963 erstmals mit der elektronischen Welle und manipulierte gesendete Fernsehbilder mit starken Magneten. Fünf Jahre später hatte der Künstler dann in den USA beim Bostoner Sender WGBH-TV die Mittel zur Verfügung, um ein Gerät zur gesteuerten Manipulation des TV-Bildes zu bauen. Aber seine Vision ging weiter: Nicht nur die Beeinflussung der elektronischen Welle, sondern Teilnahme der Zuschauer am Programm – die Einheit von Schöpfer, Publikum und Kritiker – war das Ziel. So lud Paik in seinem live ausgestrahlten „Participation TV“ die Menschen ein, ins Fernseh-Studio zu kommen und selbst an den Knöpfen des Synthesizers zu drehen. Doch wie ist das Gerät aus Boston nach Bremen gekommen? Wulf Herzogenrath holte es mit seinem Amtsantritt an die Weser. Auch andere wollten den Synthesizer gerne ausstellen, erinnert er sich zum Beispiel an Otto Piene, der an ein Technikmuseum als Standort dachte. Doch Herzogenrath konnte Paik überzeugen, dass das Gerät in ein Kunstmuseum kommen müs-


serie Die neue Kunsthalle Bremen

se. So fand der Synthesizer in Bremen seinen Platz, nachdem der Künstler ihn zu einer Installation in einem Metallgestell mit farbigen Lämpchen und einigen Monitoren, die eine bunte Auswahl der manipulierten Bilder zeigen, erweitert hatte. „Ich bin stolz darauf, dass wir es hier haben. In der Weltkunstgeschichte ist es einmalig. Es gibt spätere Variationen, aber dies ist der erste, das Original“, freut sich der Kunsthallendirektor, und man darf gespannt sein, was die Studierenden der HFK Bremen über vier Jahrzehnte später auf dieser Grundlage entwickeln werden. Die „Immanenten Farben“ sind übrigens nicht die einzige Kooperation zwischen Museum und Kunsthochschule. So hat eine weitere Gruppe Studierender Kurzfilme gedreht, die unter dem Titel „Aufgeschlossen“ zur Wiedereröffnung der Kunsthalle im Sommer auf speziellen Bildschirmen in den Schaufenstern der Geschäfte der Innenstadt zu sehen sein werden.

Der Countdown läuft Wiedereröffnung der Kunsthalle für den 20. August terminiert Text: Peter Schulz „Sportlich, aber machbar.“ Mit diesen Worten umreißt Gerhard Harder vom Vorstand des Kunstvereins die Planung der kommenden Monate. Will heißen: Die Zeit bis zur Wiedereröffnung der Kunsthalle Bremen am 20. August ist zwar ausgesprochen knapp.

Aber alle Beteiligten sind sich sicher, dass es reichen wird, um an diesem Tag die berühmte Sammlung in neuen Räumlichkeiten und in festlichem Rahmen präsentieren zu können.

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ren im ursprünglichen Etat nicht enthalten. Es sollten nicht die einzigen Sonderausgaben bleiben. Zusätzliche Gründungsarbeiten und Tragwerksplanungen sowie die Installation einer Anlage zur Gewinnung von Erdwärme sorgten unter anderem dafür, Denn die beiden quaderförmigen Anbaudass der Kostenrahmen von 30 Millionen ten, die sich an den klassizistischen Altbau Euro gesprengt wurde. Auf zehn Prozent taanschließen, sind errichtet, die parallel xiert Gerhard Harder den Mehrbedarf, „es dazu aufgenommenen Modernisierungskönnen auch 3,2 Millionen werden“, die als maßnahmen großteils abgeschlossen. Und zusätzliche Sponsorenleistungen eingewordass sich den Handwerkern nach den über- ben werden sollen. Denn eine Umlage unter raschend strengen Wintern 2010 und 2011 den Mitgliedern des Kunstvereins werde es, noch weitere Stolpersteine in den Weg leso betont Harder, „auf keinen Fall geben.“ gen, ist eher unwahrscheinlich. Die für die Modernisierung und bauliche Im Handumdrehen dürften die restlichen Erweiterung des Museums veranschlagArbeiten gleichwohl nicht zu erledigen ten 30 Millionen Euro teilt sich der Kunstsein: Fertigstellung des Innenausbaus, Sta- verein mit dem Land Bremen und dem Bebilisierung des Raumklimas hinsichtlich auftragten der Bundesregierung für Kultur Temperatur und Luftfeuchtigkeit, Präzisie- und Medien. Das vom Kunstverein zu trarung der Beleuchtung – es gibt noch reich- gende Drittel wird je zur Hälfte von den lich zu tun, damit die ausgelagerten Schät- Familien Friedrich Lürßen und Peter Lürze aus den Depots und die „Noblen Gäste“ ßen sowie der Karin und Uwe Hollwegaus den mehr als 20 deutschen Museen Stiftung erbracht. wieder an den Wall zurückkehren können. Die Wiedereröffnung am 20. August will Die Mitarbeiter hingegen werden ihre neu- die Kunsthalle mit der Kampagne „Aufgeen Büros deutlich vor dem offiziellen Eröff- schlossen!“ begleiten und zunächst Glanznungstermin beziehen, ebenso wie der Gas- lichter aus ihrer Sammlung präsentieren, tronom des Cafés „Canova“, der schon im insbesondere französischer Malerei aus Mai seine ersten Gäste bewirten will. Um dem 19. und frühen 20. Jahrhundert. Einen letzteres zu ermöglichen, musste der Vorweiteren Schwerpunkt bildet die Medienstand des Kunstvereins, bis heute privakunst (siehe nebenstehenden Beitrag). Am ter Träger des Museums, allerdings so uner- 15. Oktober soll dann die lange geplante wartet wie tief in die Kasse greifen, denn die Sonderausstellung mit Werken von Edvard 300.000 Euro für die Kücheneinrichtung wa- Munch eröffnet werden.


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KUNST Franz Radziwill im Norden

Der Magier

Selbstbildnis mit roter Bluse, 1930

R

adziwill ist 17, als er bei einer Flugschau den tödlichen Absturz eines Piloten miterlebt – ein traumatisches Erlebnis, das er noch Jahre später in seinen Bildern verarbeitet. Als erstes von sieben Kindern in der Wesermarsch geboren, wächst Franz Radziwill (1895-1983) in Bremen auf, nicht weit vom Flugplatz und vom Hafen – Orte, die ihn prägen. Einige Semester Architektur, Zeichenkurse, die Teilnahme an beiden Weltkriegen, Anerkennung und Ablehnung unter Hitler und das Leben am Jadebusen in Dangast – es ist ein Leben voller Widersprüche, bis er mit 88 Jahren in Wilhelmshaven stirbt. Rund 800 Werke entstehen. Erst malt er expressionistisch, beeinflusst von der „Brücke“, vor allem von Karl SchmidtRottluff, der ihm den Tipp gibt, nach Dangast zu fahren. Als Radziwill 1922 in den Badeort umzieht, öffnet er sich – wie

viele andere Maler dieser Zeit – dem Stil der Neuen Sachlichkeit. Ab 1929 überhöht er Stillleben und Landschaften im Stil des Magischen Realismus. Rätselhaft wirken seine Gemälde jetzt, surreal, apokalyptisch. Flugzeuge und Kriegsschiff werden zu Menetekeln möglicher Zerstörung. Eines der spannendsten Bilder zeigt jetzt das Oldenburger Landesmuseum in seinem Prinzenpalais: „Liegendes Paar mit Interieur (Nächtliches Stilleben)“ heißt das Frühwerk. Es zeigt Mann und Frau. Er nackt, sie bekleidet. Museumsdirektor Rainer Stamm spricht von einem Vexierbild, das den Stilwandel so deutlich macht wie kaum ein anderes. Denn Radziwill hatte die Leinwand zerschnitten. Die linke Hälfte, heute in Privatbesitz, ist im expressionistischen Urzustand erhalten geblieben. Die rechte Hälfe hingegen, eine Leihgabe der Hamburger Kunsthalle, hat

der Künstler etwa 40 Jahre später im Stil der Neuen Sachlichkeit überarbeitet. Das Gestische und Flächige der expressionistischen Phase ist aufgegeben. Der Raum hat an Tiefe gewonnen. Vielleicht hat der Maler diese Arbeit zerschnitten, weil er Leinwand brauchte. Auf die Rückseite der linken Hälfe jedenfalls hat er eine „Mühle in roter Landschaft“ gemalt – nicht das einzige doppelseitig bemalte Werk. Wiederholt hat er die expressionistischen Leinwände umgespannt, um die Rückseiten zu bemalen. Durch die gleichzeitige Präsentation von Vorder- und Rückseiten wird ein einzigartiger Blick auf den Wandel im Frühwerk des Künstlers möglich. Es sind Werke von 1916 bis 1933, die im Prinzenpalais zu sehen sind, darunter „Strand von Dangast mit Flugboot“: ein Bild von kristalliner Schärfe, altmeister-


KUNST Franz Radziwill im Norden

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So viel Radziwill war nie: Emden, Oldenburg, Wilhelmshaven und Dangast – fünf Ausstellungshäuser im Norden zeigen das Werk des Einzelgängers Text: Sabine Komm Wilhelmshaven / Werft in Wilhelmshaven, 1928

lich gemalt, als handele es sich um die Kulisse eines Krimis. Unten die vermeintliche Idylle mit Klinkerhaus, Bäumen und Strand, oben ein Himmel über blutrotem Gestirn und zerrissenen Wolken. Das ganze montageartig zusammengesetzt wie bei Caspar David Friedrich. Radziwill – der sachliche Romantiker.

kritisieren. Das Verhältnis zu den Machthabern ist zwiespältig. Mal erhält er staatliche Aufträge, dann Ausstellungsverbot. Werke werden als „entartet“ eingestuft, beschlagnahmt, einige zerstört. Trotzdem hält er am Nationalsozialismus fest.

„Die Schönheit des Alleinseins“ zeigt einen Menschen auf Schlittschuhen zwischen Mauer und Bretterwand. Die Welt scheint dem Mann verschlossen. Über allem – erdrückend groß – ein geflügeltes Wesen und ein Himmelsgestirn.

Etwa 170 Gemälde entstehen in dieser Zeit. Bezeichnenderweise vor allem Stillleben, Blumen und Tierdarstellungen, zudem viele Landschaften. Etwa 20 Gemälde sind Kriegsbilder oder Bilder mit eindeutigem Bezug zum Zeitgeschehen, wie „Stahlhelm im Niemandsland“.

Zum Mammut-Ausstellungsprojekt gehören schließlich noch die 111 Meisterwerke aus Privatbesitz, die in der Kunsthalle Emden gezeigt werden. Mit dabei das Gemälde „Wo der Baum nicht mehr wächst, ist Gott auch“ von 1951: In tiefschwarzer Nacht glänzt das Heck eines Frachters. Nieten und Bullaugen der schwarzen Außenhaut scheinen herangezoomt. Hinter dem Giganten ist eine Industrieanlage zu sehen, vorne im Anschnitt ein Portalkran – eine Welt, in der ein Mensch so klein ist, dass er beschützt werden muss. Auch das im wörtlichen Sinn ein fantastisches Werk.

Mit dem kompliziertesten Kapitel im Leben des Künstlers, seiner Nazi-Vergangenheit, setzt sich die Kunsthalle Wilhelmshaven – zusammen mit der Franz Radziwill Gesellschaft in Dangast – auseinander. Das ist ungewöhnlich. Bisher wurde dieses Kapitel gern ausgeklammert und Radziwil als unpo- Auch Wilhelmshaven, durch Hitlers Flottenpolitik gestärkt, wird Thema. Hier, in litischer, naiver Maler gesehen. Doch Fakt ist: Er ist Nazi gewesen. Allerdings einer, der der Ausstellung „Der Maler Franz Radziwill in der Zeit des Natioweiterhin Kontakt hält mit links gerichteten Kollegen und anti- ... ein Leben voller nalsozialismus“, ist sein „Auslaufendes U-Boot“ faschistischen Freunden. Auch Widersprüche von 1936 zu sehen. Als hier zeigt er sich – ähnlich wie Propagandabild taugt es nur begrenzt. Die bei seiner unentschlossenen Haltung zwischen Technikbegeisterung und Technikab- Schleusentore sind geöffnet. Unter düsterem Himmel kämpft sich das U-Boot hinlehnung – als widersprüchlicher Mensch. aus in die Welt. In welche Zukunft, bleibt Am 1. Mai 1933 wird er Mitglied der NSDAP. offen. „Er war ein Nazi, aber er hat keine Es folgt die Berufung zum Professor an der NS-Kunst gemacht“, sagt Viola Weigel. Kunstakademie Düsseldorf, als Nachfolger für den gerade vertriebenen Paul Klee. Die Werke aus der Zeit nach dem Krieg „Radziwill hat sich angedient, weil er gern zeigt das Stadtmuseum Oldenburg. Bilder, ein großer Staatskünstler geworden wäre“, die geprägt sind von Verwüstung, Leere und Einsamkeit. „Die Schönheit des sagt Viola Weigel, Leiterin der Kunsthalle Alleinseins“ ist der Titel der Ausstellung Wilhelmshaven. Er malt damals neusachund eines Bildes von 1948, das die Außenlich und scheint den Zeitgeist zu treffen. seiterrolle des Malers deutlich macht. Viele Doch seine Karriere bleibt glücklos, beson- Künstler experimentieren jetzt, er nicht. ders als NS-Studenten Teile seines expres- Radziwill malt weiterhin gegenständlich. Auch thematisch dreht er sich im Kreis. sionistischen Frühwerks entdecken und

Franz Radziwill Haus, Dangast: „Der Maler Franz Radziwill in der Zeit des Nationalsozialismus“. Bis 15. Januar 2012. Kunsthalle Emden: „Franz Radziwill – 111 Meisterwerke“. Bis 19. Juni Kunsthalle Wilhelmshaven: „Der Maler Franz Radziwill in der Zeit des Nationalsozialismus“. Bis 22. Mai. Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Oldenburg: „Franz Radziwill – Expressionismus und Neue Sachlichkeit“. Bis 22. Mai. Stadtmuseum Oldenburg: „Die Schönheit des Alleinseins – Werke nach 1945“. Bis 2. Mai.


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KUnSt Overbeck-Museum

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Dr. Katja Pourshirazi übernahm die Leitung des Vegesacker Overbeck-Museums Text: Berit Böhme

„E

ine Revolution muss ich nicht machen“, lacht Katja Pourshirazi und streicht sich eine dunkelblonde Haarsträhne aus der Stirn. Anfang des Jahres übernahm die promovierte Literaturwissenschaftlerin und Fachfrau für Kulturmarketing die Leitung des Overbeck-Museums in Vegesack. Sie kennt sich aus im Haus, hat zuvor eineinhalb Jahre als Assistentin ihrer Vorgängerin Dr. Friederike Daugelat gearbeitet. Das gewährleiste einen „nahtlosen Übergang ohne Reibungsverluste“.

mauern und Tageslicht brächten „die Kunst gut zur Geltung“. Das denkmalgeschützte Gemäuer habe jedoch Tücken. Viele Ausstellungsobjekte müssten „bewusst schief“ drappiert werden, um mit den krummen Wänden und Türrahmen zu harmonieren.

Schlüsselrolle. „Sie hat ein unersetzliches Wissen.“

Hermine Overbeck-Rohte sei „sehr bescheiden im Wesen“ gewesen und habe „im Rahmen ihrer häuslichen Pflichten“ gemalt und fotografiert, sagt Katja Pourshirazi. Dennoch bewege sie sich „malerisch auf In Katja Pourshirazis Augen entwickeln Augenhöhe“ mit ihrem Gatten. „Vielen geBilder je nach Standort „ein Eigenleben, fallen Hermines Bilder besser als die von korrespondieren miteinander“. Die richFritz.“ Ende Mai widmet das Museum Hertige Beleuchtung spiele eine entscheimines Werk eine große Retrospektive mitdende Rolle. „Licht ist alles. Man veränsamt Rahmenprogramm. Die Themenpadert das Licht, man verändert die ganze lette der 50 Veranstaltungen reicht von den Ausstellung.“ Ihr literaturwissenschaftli„Malweibern um 1900“ über Lesungen aus cher Hintergrund inspirierte die Leiterin „Ich gehöre zu den eingefleischten Nordlichtern. Die norddeutsche Landschaft ist zu einem neuen Detail: Ausgewählten Bil- bislang unveröffentlichten Briefen bis hin meine Heimat“, gesteht die gebürtige Bre- dern sind kleine Texte zur Seite gestellt, die zu Führungen in Vegesack und Worpswede. aus Overbecks, Rilkes oder Goethes Feder merin. „Zu Worpswede habe ich immer stammen. Der Han- „Große Ausstellungen bringen langfristige schon eine enge Be„Die norddeutsche Landschaft seatin liegt das jun- Besuchersteigerungen“, ist Katja Pourshiraziehung gehabt“, zi überzeugt. Dabei verweist sie auf die ge Museumspublifügt die Urenkelin ist meine Heimat“ kum am Herzen. Sie Zahlen nach der erfolgreichen Werkschau des Malers Carl Emil konzipiert Kinderführer, die neben Erklä- zu Overbecks 100. Todestag 2009. Im Jahr Uphoff hinzu. Sie bewundert die kleinrungen Vergnügliches wie Rätsel und Spie- darauf zählte das Museum demnach 5000 formatigen Bilder und Studien des Künstle enthalten. „Auch viele Erwachsene neh- Besucher, 40 Prozent mehr als 2008. Das lerkolonie-Pioniers Fritz Overbeck. „Er men das mit“, schmunzelt die junge Frau. Gros der Gäste bildeten die Stadtbremer, war ganz schön fortschrittlich für einen hinzu kämen Besucher aus ganz DeutschWorpsweder Maler.“ Dr. Katja Pourshiraland. Aufholbedarf bestehe vor Ort. „Viele Das Overbeck-Archiv birgt viele Schätzi sieht in seinem Oeuvre „impressionisze, darunter ganze Blöcke mit Kohle- und Vegesacker kennen das Museum nicht.“ tische und expressionistische Einflüsse“. Bemerkenswert sei auch Overbecks hand- Bleistiftzeichnungen sowie Aquarelle. „Wir werkliches Können. Dank seiner hervorra- sind dabei, das Archiv zu erschließen.“ Der Die Hermine-Retrospektive plante Katja Pourshirazi noch zusammen mit ihüppige Bestand geht auf Overbecks Frau genden Grundierungen seien viele seiner Gemälde bis heute in sehr gutem Zustand. Hermine zurück. Sie habe sich trotz Geld- rer Vorgängerin. „In Zukunft wird es eigenot geweigert, Werke ihres 1909 verstorbe- ne Schwerpunkte geben.“ Im Herbst 2011 steht mit der zweiten Worpsweder Malernen Mannes zu verkaufen und den NachDas Overbeck-Museum wurde 1990 eröffgeneration rund um Oppel, Bertelsmann lass verwaltet. Bei der Archivarbeit spiele net. Es ist ein „charakterstarkes Haus, die und Uphoff ein „Herzensthema“ der MuseRäume sind sehr atmosphärisch“, schwärmt die Enkelin des Künstlerpaares und Muumsleiterin auf der Agenda. seumsgründerin, Gertrud Overbeck, eine die 34-Jährige. Eichengebälk, Naturstein-


KUnSt Ausstellungen

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kunstwErkE Inspiration Romantik Grundthema der Romantik sind Gefühle, Leidenschaft, das Geheimnisvolle – ein Gegenpol also zur Strenge des Klassizismus. Horst Janssen (1929-1995) ließ sich von der Kunst der Romantik inspirieren. Das zeigt jetzt das Horst-Janssen-Museum in Oldenburg. Für die Ausstellung „Janssen und die Romantiker“ wurden Blätter aus bedeutenden Museen und Kupferstichkabinetten zusammengetragen, darunter Aquarelle, Tuschfeder- und Bleistiftzeichnungen von Caspar David Friedrich, Carl Gustav Carus und Johan Christian Dahl.

Pigment-Reliefs

Sie malt nicht nur abstrakt. Auch die Titel ihrer Bilder sind abstrakt: „Ruke“, „Tufe“ und „Hola“, alles Kombinationen aus vier Buchstaben. Jetzt stellt Margrit Schneider in der Kassenärztlichen Vereinigung Bremen ihre neuen Arbeiten aus. Mit dabei „Befa“: Werke, die Indischrot und Preußischblau kombinieren. Spachtelspuren verweisen auf den Werkprozess. Margrit Schneider bearbeitet ihre Leinwände mit viel Druck. Wenn sie in ihrem Atelier malt, liegen die Leinwände deshalb auf einem Tisch. Von allen Seiten trägt sie Farbe auf, um sie dann an bestimmten Stellen wieder Zu entdecken ist zudem Janssens großzügiwegzuschaben und erneut aufzubringen ge Folge von Radierungen, die er wiederum – ein langwieriger Prozess. Meist hört sie, Caspar David Friedrich gewidmet hat. Die die selbst Klavier spielt, dabei klassische Blätter zeigen Felsgebirge, Figuren in LandMusik. So entstehen Pigment-Reliefs. schaft, knochige Baumriesen und romantische Frauenbildnisse. Zudem das Porträt „Tufe“ heißt eine Arbeit, bei der sie rote des großen Malers, den Janssen mit scharFarbe mit Schwamm und Rundpinsel auffem Blick auf den Betrachter blicken lässt. getragen hat. Bei dem Werkzyklus „Orke“, Dieser Radierzyklus steht im Mittelpunkt langgestreckte Querformate, hat sie mit dieser Ausstellung. „Janssen hat die Werke dem Spachtel Bordeauxrot, Ocker und der Romantik kopiert, parodiert und in seiSchwarz aufgetragen. Ihre Werkgruppen nem Sinne abgewandelt“, sagt Museumswirken wie wolkige Landschaften, andeleiterin Jutta Moster-Hoos. Dabei zeige sich re wie Farbpanzer. Wenn sich dabei Ultrawieder einmal, mit welcher Leichtigkeit er marin und Coelinblau, Orange und Türkis sich in der Kunstgeschichte bewegt habe. auf dynamische Weise reiben, ist MargWas lag näher? Schließlich stand in seiner Bibliothek das zweibändige Standardwerk rit Schneider, selbst Rothko-Fan, zufrie„Deutsche Handzeichnungen der Roman- den: „Farbe, Struktur und Gestus sind meitik“ – für ihn eine unerschöpfliche Quelle. ne Elemente.“ Bis 26. August. Kassenärztliche Vereini27. März bis 26. Juni. gung Bremen, Schwachhauser Heerstr. Horst-Janssen-Museum Oldenburg. 26/28. www.horst-janssen-museum.de


KUnSt Ausstellungen 63

PLÄTZE IN DER ERSTEN REIHE SCHON RESERVIERT? Text: Sabine Komm

Performance-Festival

Kind und Spiel

Der alte Güterbahnhof hinter dem Bremer Hauptbahnhof ist eine der größten Ateliergemeinschaften bundesweit. Jetzt wird er zur Performanceplattform. Während des „Kunstfrühlings“ verwandelt sich eine Halle in einen Darkroom für Videos. An den Wochenenden sind jede Menge Live-Performances zu erleben. Der Künstlerinnenverband Bremen/Gedok hat dazu internationale Künstler eingeladen. Mit dabei: Jessica Findley aus New York. Bei ihrer Fahrradperformance am 7. Mai lässt sie Bremer in aufblasbaren Anzügen zum Güterbahnhof fahren – eine aufheiternde Veränderung der Stadtlandschaft.

Wer genau war dieser Anton Stankowski (1906-1998), dem die Städtische Galerie in Delmenhorst jetzt eine Ausstellung widmet? Ein Doppeltalent. Als Grafik-Designer prägte er das Gesicht des Nachkriegsdeutschlands. Unter anderem schuf er das berühmte „Berlin-Layout“, die Marke „Rewe“ und das Logo der Deutschen Bank. Zudem fotografierte, zeichnete und malte er. Denn eine Trennung von Design und Kunst lehnte er immer ab.

Die Ausstellung „Anton Stankowski. Kinderspiele“ lässt jetzt 40 Schwarzweißfotos auf 33 Originalcollagen treffen. Was die beiden Werkgruppen verbindet, ist sein InAndere Performer gehen bis an die Schmerz- teresse für das Thema Kind und Spiel. Seigrenze und schärfen so die Sinne des Pubne Schnappschüsse, entstanden in mehr likums. Marc Aschenbrenner aus Linz tritt als 70 Jahren, zeigen Reiterspiele, das als Kopffüßler auf: Sein Oberkörper steckt in Spiel Blinde Kuh, ein Kind mit einer Steineinem grell grünen Kopf, den er bis zur Erschleuder, andere mit Murmeln. Es sind schöpfung gegen eine Wand schlägt. Man Reportageaufnahmen, Straßenfotos, Bilhört das Keuchen, spürt das Schwitzen und der der Kriegs- und Nachkriegszeit. Stanerkennt sich selbst in aussichtslosen Situkowski gehört zu den Pionieren der Neuationen. Die in der Türkei geborene Nezeen Fotografie, die sich durch die Vorliebe kat Ekici setzt sich als mit der Migrantenfür Ausschnitte, Nahaufnahmen, GegenGeschichte auseinander. Elianna Renner, licht, Vogelperspektive sowie extreme AufMeisterschülerin der Bremer Hochschuund Untersichten auszeichnet. Parallel le für Künste, verarbeitet in ihren Auftritten dazu zeigt die Städtische Galerie eine Sejüdische Geschichte und Gegenwart. Gerrie von Blättern, die mit dem Thema Quadtrud Schleising bietet eine Kunst-Führung rat spielt – entstanden für sein Kinderbuch im Stil einer Kohlfahrt an – auch das ein „Gucken“, eine Schule des Sehens für Kinhintersinniges Ausloten von Alltag. der und Erwachsene. Informationen: www.kuenstlerinnenver- Bis 19. Juni 2011. Städtische Galerie in band.de/projekte/index.php Delmenhorst. Katalog.

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KinO Wer wenn nicht wir

kinotipps

Jugendjahre der RAF „Wer wenn nicht wir“ von Andres Veiel Gibt es nicht schon genug Filme über den deutschen Terrorismus in den 70er Jahren? Mit Uli Edels „Baader Meinhof Komplex“ schien das Thema im doppelten Sinne des Wortes erschöpfend behandelt worden zu sein und Andres Veiel hat mit der Dokumentation „Black Box BRD“ das Standardwerk gedreht, in dem ebenfalls die Opfer zu Worte kommen. Deshalb ist es auch Veiel, der am besten weiß, welche Geschichten über dieses bundesdeutsche Trauma noch nicht erzählt worden sind. In Gerd Koenens Sachbuch „Vesper, Ensslin, Baader – Urszenen des deutschen Terrorismus“ fand er Aspekte der Vorgeschichte, die viel komplexer ist als es die gängigen Lesarten des Mythos RAF ahnen ließen. Da Veiel für einen Dokumentarfilm zu wenig Material hatte (seine Protagonisten sind entweder tot oder weigern sich, vor einer Kamera zu sprechen), entschied er sich eher notgedrungen dafür, zu diesem Thema seinen ersten Spielfilm zu drehen. Zuerst überrascht, dass in „Wer wenn nicht wir“ Bernward Vesper die Hauptfigur ist. Der Sohn des NS-Schriftstellers Will Vesper bildete zusammen mit Gudrun Ensslin den Zellkern der Bewegung, verließ diese aber, kurz bevor Andre-

as Baader sie in den Untergrund führte. In der ersten Szene des Films macht Veil deutlich, woran Vesper so grundlegend gelitten hat, dass er später in der Psychiatrie landete und sich 1971 selber mit Schlaftabletten umbrachte. Da frisst die Katze des noch sehr jungen Bernward ein aus einem Nest gefallenes Küken. Sein Vater erklärt dem weinenden Jungen, Katzen wären die Juden unter den Tieren und erschießt das Haustier. Später werden es Menschen sein, die so erbarmungslos einer Idee geopfert werden – und dieses Denkmuster ist es, das Veiel in diesem Film beschreibt.

weithin unbekanntes Archivmaterial ein, sodass auch stilistisch mit einem neuen, frischen Blick auf diese Zeit geblickt wird. Im Gegensatz zu den antiautoritären 68er Jahren war die Zeit davor ja noch sehr spießig, und Veil macht dies mit einer betont muffigen Ausstattung deutlich. In der Wohngemeinschaft von Vesper und Ensslin, die wohl eine der ersten des Landes war, ging man noch brav in Schlafanzug und Nachthemd ins Bett.

Mit seinem genauen Blick aufs Private, das nach einem Spruch jener Zeit ja auch immer das Politische ist, versucht Veiel im Rahmen eines packendes Dramas daZu den verblüffenden Aspekten dieser Ge- von zu erzählen, warum gerade diese drei schichte zählt auch, dass Bernward Vesper Menschen solch eine verhängnisvolle Entin den frühen sechziger Jahren versuchte, wicklung ausgelöst haben. August Diehl seinen Vater zu rehabilitieren und sogar ist mit seiner ambivalenten Ausstrahlung einen eigenen Verlag gründete, um dessen (ihm traut man nie so recht über den Weg) Werke neu aufzulegen. Während ein dagenau die richtige Besetzung für Bernmals noch sehr junger Walter Jens ihn da- ward Vesper und ehe nach Edels Film jefür scharf kritisierte, unterstützte Gudrun der endgültig davon überzeugt ist, AndreEnsslin ihn bei dieser Arbeit. Nur langas Baader hätte so ausgesehen wie Moritz sam verschob sich ihre politische StossBleibtreu, bietet Alexander Fehling mit richtung, bis sie durch den Vietnamkrieg seiner viel offeneren Interpretation der Fiauch in der Wahl ihrer Mittel immer radi- gur eine nötige Korrektur. kaler wurden. Doch die Entdeckung des Films ist Lena Veiel zeigt diese Entwicklung eher in häus- Lauzemis in der Rolle von Gudrun Ensslin. lich intimen Szenen als in große histoIhr gelingt es, deren ruppige Radikalität so rischen Panoramen. An einigen Schnittspürbar zu machen, dass man schnell die stellen fügt er geschickt ausgesuchtes und Schauspielerin hinter der Figur vergisst.


KinO In einer besseren Welt

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Demnächst im Kino (hip) In „Das Schmuckstück“ (Kinostart: 24. 3.) von Francois Ozon spielt Catherine Deneuve die Ehefrau eines Fabrikbesitzers, die alle nur als die schmückende Dame des Hauses ansehen, bis sie in einer Krise kurz entschlossen die Firmenleitung übernimmt und allen zeigt, was in ihr steckt. Dies ist eine typisch französische Farce; der Humor ist eher breit als tief, doch dafür ist die gute Laune, die der Film verbreitet, sehr ansteckend. Gerard Depardieu spielt einen sehr bourgeoisen Kommunisten und die beiden Ikonen des französischen Kinos haben eine gemeinsame Tanzszene, die schnell Kultstatus erlangen wird.

hen, dabei erleben sie einen geradezu heroischen Akt der Selbstbeherrschung. In „In einer besseren Welt“ von Susanne Bier solchen Szenen geht der Film sehr tief und Bier behandelt in ihm so viele komplexe In Afrika ist die Welt für Anton noch in moralische, politische und spirituelle FraOrdnung. Als Arzt rettet er dort mehrere gen, dass „Haevnen“ (so der OriginaltiMonate im Jahr in einem Flüchtlingscamp tel) eigentlich heillos überfrachtet sein Menschenleben. Alle mögen ihn – er tut müsste. Doch hier wird so fantasiereich Gutes und ist mit sich im Reinen. Die Pround spannend erzählt, dass man immer bleme erwarten ihn in der idyllischen dätiefer in die Geschichte hineingezogen nischen Provinz, wo sich seine Frau von wird, denn es gelingt Bier, jede Figur als ihm scheiden lassen will und sein Sohn Elieinen komplexen und faszinierenden Chaas in der Schule gemobbt wird. Der Zwölfrakter zu entwickeln. jährige schließt Freundschaft mit dem gleichaltrigen Christian, der den plötzDie dänische Filmemacherin Susanne Bier lichen Krebstod seiner Mutter nicht verhatte auch ihren Film „Brothers“ (dessen winden kann und seinem Vater die Schuld Hollywoodremake gerade in den Kinos lief) dafür gibt. Die beiden sind schnell verin zwei Kontinenten angesiedelt. Der stänschworene Freunde und dabei stellt sich dige Wechsel zwischen Afrika und Eurobald heraus, dass Christian voller Wut ist, pa sorgt hier nicht nur für attraktive Drehdie er mit erschreckender Brutalität in Ge- orte. Denn letztlich muss Anton in Afrika waltexzessen auslebt. Die beiden geraten die gleichen moralischen Entscheidungen immer tiefer in ein gefährliches Spiel, bei treffen wie zuhause. Soll er den verwundem es schließlich um Leben und Tod geht. deten Bandenführer, der an dem Elend der

Trauer, Rache, Liebe

Susanne Bier verknüpft meisterlich die Geschichten der beiden Familien und zeigt dabei, wie schwierig es ist, das Richtige zu tun. Sie erzählt von Verlust und Trauer, Ohnmacht und Wut, Gewalt und Rache. In einer Szene werden etwa die beiden Jungen Zeuge einer Auseinandersetzung zwischen Anton und einem Schlägertypen, der unbedingt einen Kampf provozieren will und Anton demütigt. Dessen pazifistische Haltung wird von den Jugendlichen als Feigheit angese-

Flüchtlinge im Camp verantwortlich ist, behandeln oder sterben lassen? Während der Film inhaltlich von Konflikten und dramatischen Verwicklungen überzuschäumen scheint, ist er stilistisch eher ruhig und nüchtern. Trotz der sensiblen Nahaufnahmen bei den Dialogen hält die Kamera immer eine diskrete Distanz. Bier will nicht mit ihren Bildern überwältigen, sondern gibt statt dessen dem Zuschauer Raum, über das Gesehene zu reflektieren. Kinostart: 17. März

„Alles was wir geben müssen“ (31. 3.) von Mark Romaek ist die Adaption eines Romans von Kazuo Ishiguro, in dem von menschlichen Clonen erzählt wird, die als medizinische Ersatzteillager herangezüchtet werden. In einem Internat werden sie aufgezogen, um irgendwann ihre Organe zu „spenden“. Für dieses kurze Leben brauchen sie einen ganz eigenen Ehrenkodex, der an jenen der Samurai erinnert. Der mit Keira Kneigtley, Charlotte Rampling und Sally Hawkins gut besetzte Film erinnert stilistisch mit seiner melancholischen Grundstimmung eher an englische Internatsfilme als an SciencefictionWerke wie „Blade Runner“. Mit „Winter’s Bone“ (31. 3.) ist Debra Granik die Neuentdeckung des diesjährigen amerikanischen Kinos gelungen. Der kantige, mit großer Intensität inszenierte Film spielt in einer abgelegenen, extrem armen Berggegend Missouris und erzählt von der 17-jährigen Ree Dolly, die innerhalb einer Woche ihren Vater finden muss, weil dieser das Haus der Familie als Kaution verpfändete, um dem Gefängnis zu entgehen. Selten wird eine pittoreske Gemeinschaft so aufregend und authentisch dargestellt wie durch diese amerikanischen Hinterwäldler. In „Willkommen bei den Rileys“ (7. 4.) erzählt Jake Scott die Geschichte von einem anständigen Handwerker, der auf einer Geschäftsreise eine minderjährige Stripperin trifft und Vatergefühle für sie entwickelt. Kann man solche eine Geschichte erzählen, ohne dabei im Kitsch zu versinken? Genau das gelingt hier – wohl in erster Linie dank der sensiblen Inszenierung und der schauspielerischen Leistungen von James Gandolfini und Kristen Stewart.


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kulturkalender

KULTUR TERMINE FORUM

................................................... Bremerhaven

Premierendaten 15. März bis 15. Mai 2011

................................................... Bremen 19. 3. (S) Jelinek: Ulrika Maria Stuart. Brauhauskeller 25. 3. (S) Koltès: Kampf des Negers und der Hunde. Neues Schauspielhaus

27. 3. (M) Wolfgang Amadeus Mozart: Idomeneo. Theater am Goetheplatz

14. 4. (S) Rainer Werner Fassbinder: In einem Jahr mit 13 Monden. Neues Schauspielhaus 7. 5.

(M) Guus Ponsioen: Drei alte Männer wollen nicht

sterben. Neues Schauspielhaus

14. 5. (M) Jörn Arnecke: Kryos. Theater am Goetheplatz

(Abkürzungen:

Gleittüren / raumteiler / SchrankSySteme

19. 3. 26. 3. 9. 4. 16. 4. 7. 5. 14. 5.

(S) Lukas Matthaei: verzögerte heimkehr – einige reisen nach eldorado. Theaterprojekt (T) Sergei Vanaev: Amon-Ra. Großes Haus (S) Mark Camoletti: Boeing-Boeing. Kleines Haus (M) Wolfgang Amadeus Mozart: Cosi fan tutte. Großes Haus (S) John van Düffel (nach Thomas Mann): Buddenbrooks. Großes Haus (S) nach Franz Kafka: Amerika. Deutsches Auswandererhaus

................................................... Oldenburg 20. 3. 26. 3. 30. 4. 6. 5.

(S) Heinrich von Kleist: Prinz Friedrich von Homburg. Exerzierhalle (M) Guiseppe Verdi: Aida. Halle 10, Fliegerhorst (S) Franz Kafka: Der Prozess. Kleines Haus (S) Thom Luz: Es kann ruhig mal einer irgendetwas sehen (UA). Exerzierhalle

M = Musiktheater, S = Schauspiel, T = Tanztheater)

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energiejazz im energiecafé, LeseArt und Hörkino im swb-Kundencenter

kulturEllE iMpulsE V

ier Frauen, drei Stimmen und ein Kontrabass – auf diese Kurzform lässt sich das „Magnolia Quartett“ bringen. Der Formation mit der einzigartigen Besetzung wird diese Zusammenfassung freilich nur höchst unzureichend gerecht. Denn das Quartett überzeugt mit einer höchst ansprechenden Kombination aus frischem Jazz mit zarten Folk- und Pop-Elementen und einer Spur Klassik.

der 50er Jahre, Popular Modern-Jazz und australischem Folk-Jazz vorgesehen. Eine Besonderheit stellt zweifellos das Konzert am 7. April (20.15 Uhr) dar, denn bei „Four Accord“ steht das im Jazz eher selten anzutreffende Akkordeon im Mittelpunkt. Hartwig Oldenettel (Akkordeon), Oliver Kuiper (Gitarre), Dirk Meinen (Bass) und Mathias Büsseler (Schlagzeug/Percussion) erinnern mit ihrem Auftritt an den im vergangenen Jahr verstorbenen Art van Damme, Am 24. März um 20.15 Uhr sind die vier der den von Benny Goodman inspirierten Damen im Bremer „energiecafé“ (Am Wall/ Swing auf seinem Akkordeon „salonfähig“ Sögestraße) zu hören, wo die Reihe „ener- gemacht hat. giejazz“ seit 2000 mit rund 20 Konzerten pro Jahr zur festen Einrichtung geworden Schon lange kein Geheimtipp mehr, sonist. Hier treten Interpreten aus Bremen dern in der Szene fest positioniert ist und Umgebung auf – Solisten oder Bands der Jazzgitarrist Ansgar Specht mit seiebenso wie Newcomer oder „alte Hasen“, nem groovigen, eigenwilligen Stil irgenddie ein Ziel vereint: die Bremer Jazz-Tradi- wo zwischen Lounge, Modern Jazz, BeBop, tion von klassisch bis Avantgarde fortzuFusion und Pop. Am 21. April (20.15 Uhr) führen. kommt er mitsamt seiner Band und einem „Mix of Popular Modern Jazz“ ins „enerInteressante Konzerte im zeitlichen Rhyth- giecafé“, wo zwei Wochen später (5. Mai, mus von 14 Tagen in der kommunikativen 20.15 Uhr) Nick Gibbs seinen Auftritt hat. Club-Atmosphäre des „energiecafés“ – so Der Singer-Songwriter und Komponist aus sieht auch das Programm der kommenden Sydney/Australien spielt Folk-Jazz und oriWochen aus. Nach dem groovigen Nu-Jazz entiert sich dabei an Künstlern wie Joni der vier „Magnolia“-Damen ist eine höMitchell oder Bob Dylan, aber auch Miles renswerte Mischung aus Akkordeon-Swing Davis und Tom Waits.

Das gesprochene Wort steht im Zentrum der Reihe „LeseArt“, die im monatlichen Wechsel jeweils um 19 Uhr im swb-Kundencenter stattfindet. Am 17. März stellt der Autor Axel Brüggemann sein neues Buch „Landfrust“ vor. „Liebe als Passion? Liebesleiden und -leidenschaft im Spiegel der Literatur – früher und heute“ hat der Bremer Professor Wolfgang Emmerich seinen Vortrag überschrieben, der am 14. April zu hören ist. Am 19. Mai spricht der bekannte Bremer Bildhauer Professor Bernd Altenstein über seine künstlerische Arbeit. Titel: „Distanz und Nähe“. Kino für die Ohren – dieses Motto gilt der ungewöhnlichen Reihe „Bremer Hörkino“ im swb-Kundencenter, die vor drei Jahren einen eigenen Feature-Preis hervorgebracht hat. Die aktuellen Preisträger für besonders gelungene Radio-Beiträge werden am 6. April (20 Uhr) im Rahmen einer „Feature-Nacht“ ausgezeichnet. LeseArt Telefon 04 21 – 83 11 41 bremer hörkino Telefon 04 21 – 34 31 70 energiejazz Telefon 04 21 – 34 49 08 energiecafé Telefon 04 21 – 27 72 – 510 www.swb-gruppe.de


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..................................... Moks

Die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen April 6., 7. Basta April 8. (Beginn, w.n.a.a.: 20 h) Wiener Klassik April 9. Wir alle für immer zusammen März 15. + Bremer RathsChor, Neue RathsPhilhar16. + 17. (10.30 h), 19. + 20. (18 h), 22. + 23. + monie April 14. 24. (10.30 h) Meisterkonzerte I Musici di Roma April 15. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . musica viva Operettengala April 16. (19.30 h), 17. (15.30 + 19.30 h) Brauhauskeller Glocke Ferienprogramm „OsterGLOCKE“ (Beginn, w.n.a.a.: 20.30 h) April 19., 20., 21. (10 h) Bremen Ulrike Maria Stuart März 19. (P), 23., 27. (19 h) Gennady Hazanow April 24. (19 h) Die Durstigen April 9. (20 h) Theater Bremen jazzahead! meets GLOCKE April 29. Theatertreffen April 15.; Mai 13. Glocke Sonderkonzert LandesjugendorcheTel. 04 21 – 36 53 – 3 33 ster Bremen April 30. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10. Philharmonisches Konzert Bremer Musical Theater Bremen Philharmoniker; Peter Schneider, Dirigent. Theater am Goetheplatz (Beginn, w.n.a.a.: 20 h) Mai 2., 3. (Beginn, w.n.a.a.: 19.30 h) Rock the Ballet März 18, 19, 20. Igor Nikolaev Mai 5. Der Vetter aus Dingsda März 18., 26.; April Chor Turetskij März 26. Glocke vokal Cecilia Bartoli Mai 6. 10. (18 h), 13., 30. Till Brönner März 27. Polizeichor Bremen Mai 7. (15.30 h) Madama Butterfly März 19., April 1., 8., 2. Hochzeitsball April 4. Glocke Familienkonzert Mai 8. (11 h / 29.; Mai 8. (15.30 h) Kleiner Saal) The Red Army April 15. Don Giovanni März 20. (18 h) Giora Feidman & Friends Mai 11. Idomeneo März 27. (18 h/P), April 2., 7., 9., . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Otto Mai 12., 13. 12.; Mai 6., 15. (18 h) Glocke Die Deutsche Kammerphilharmonie BreRichard Wagner-Podium April 2. (16 h/ Tel. 04 21 - 33 66 99 men Mai 14. Theatergalerie) (Beginn, w.n.a.a.: 20 h) ..................................... Die Nibelungen April 6., 16.; Mai 7. 8. Philharmonisches Konzert Isabelle Was ihr wollt Mai 13. van Keulen, Violine; Bremer Philharmoni- bremer shakespeare company Kryos Mai 14. (UA) ker;
Anu Tali, Dirigentin. März 15. Tel. 04 21 – 50 03 33 Priol März 16. (Beginn, w.n.a.a.: 19.30 h) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Urban 6. Philharmonisches Kammerkonzert Verlorene Liebesmüh März 16. (P), 18., 24.; Neues Schauspielhaus Klenke Quartett, Harald Schoneweg, Viola. April 2., 15. (Beginn, w.n.a.a.: 20 h) März 17. (Kleiner Saal) Gastspiel Alvaro Solar: Johan Padan entGlaube Liebe Hoffnung März. 15., 18., 24. Die Deutsche Kammerphilharmonie Bre- deckt Amerika März 17. Flash Mob März 17. men März 18. Was ihr wollt März 19. Vicky Leandros März 19. Hospiz – Benefiz Bunter Kultur Cocktail Die Glasmenagerie März 19. musica viva Hoffmanns Erzählungen März März 20. (18 h) La dolce vita März 20. (18.30 h) 20. (15.30 + 19.30 h) Gastspiel Spiel dein Leben März 23. (10 h) Der Kampf des Negers und der Hunde Party Sisters! März 21. (19.30 h) Buffet & matinee März 27.; April 17. (11 h / März 25. (P), 27.; Mai 15. (18.30 h) Tommy Emmanuel März 23. Falstaff) Komödie im Dunkeln März 26. Warten auf Godot März 27.; April 3. In einem Jahr mit 13 Monden April 14. (P), Angelo Branduardi März 24. Eldar März 24. (Kleiner Saal) Ende gut, alles gut März 28. 17. (18.30 h) Orchester der Musikfreunde März 27. (19 h) Viel Lärm um nichts März 29.; April 16. Mein Freund Harvey April 24. 7. Philharmonisches Kammerkonzert Hamlet März 30.; April 7. Drei alte Männer wollen nicht sterben 1. Preisträger des Streichquartett-WettbeMacbeth März 31. Mai 7. (16 h/P) werbs in Banff/Kanada. April 1. (Kl. Saal) Timon aus Athen April 1., 8. Glocke Spezial Ludovico Einaudi April 2. Rampenfieber April 4.; Mai 2. (Falstaff) Eintragungen in den Glocke Kindertag April 2. (10 h / Foyer) Lesung Hellmuth Karasek April 5. Glocke Backstage Besucherführung. April Allianzen zwischen Schule und Theater foyer-Kulturkalender nur 2. (14 h) April 6. 5 Euro pro Zeile zzgl. MWSt 9. Philharmonisches Konzert Sabine Shakespeares Pleasure Island April 21. Kontakt Meyer, Klarinette; Bremer Philharmoniker; (P), 23., 24., 25.; Mai 4. (21 h/„Umgedrehte Marko Letona, Dirigent. April 3. (11 h), 4. Kommode“) Roland Verlag Gastspiel Alvaro Solar: Ibericus April 28., 29. Telefon 04 21 - 1 26 63, Fax 04 21 - 1 33 17 Glocke Ohrwurm „con moto“ April 3. (10.45 h / Kleiner Saal) Gastspiel Libretto Fatale „Sepsis und info@rolandverlag.de Valeriya April 3. (19.30 h) Skepsis“ April 30.; Mai 1. Abkürzungen: P = Premiere WA = Wiederaufnahme z.l.M. = zum letzten Mal w.n.a.a. = wenn nicht anders angegeben Alle Termine ohne Gewähr Terminschluss: 1. März


kulturkalender

................................................................ theaterlabor bremen im Concordia
 Tel. 0421 – 98 68 966
 Hans im Glück 20XI
April 14. (P.), 15.

................................................................ THEATRIUM Figurentheater Hans-Böckler-Str. 9 (ehem. Volkshaus-Casino) Tel. 04 21 – 32 68 13 (Beginn, w.n.a.a.: 20 h) Bittersüßes Leben – schöne Frauen, schmutzige Lieder März 18. (P); April 27.; Mai 4., 25. Das Glück ist ja schließlich keine Dauerwurst… März 19.; Mai 26. Novecento März 25.; April 1., 16., 17., 22., 29. Der Alchimist März 26.; April 2., 30.; Mai 6., 13., 28. Mascha Kaléko: Träume, die auf Reisen führen März 31.; April 28.; Mai 14., 27. Trio Sonátre Klassisches Konzert. April 6. Schlafes Bruder Sondervorstellung in der Kulturkirche St. Stephani. April 21. Rigoletto Gastspiel Kobalt Figurentheater Lübeck. Mai 7. Schieflage Gastspiel Claudia Spörri. Mai 20. Rampenfieber Gastspiel Claudia Spörri. Mai 21.

................................................................ Kulturkirche St. Stephani

www.kulturkirche-bremen.de (Beginn, w.n.a.a.: 20 h) NOW look at me Afrikanische Kunst. Bis 17. April; jew. 11-18 h 13. Bremer Klezmer-Nacht Mit „Klezgoyim“/Bremen und Amsterdam Shtetl Band/Niederlande. März 18. G.F. Händel „The Messiah“ Oratorium für Soli, Chor und Orchester. Mit Tanya Aspelmeier, Ulrike Andersen, Knut Schoch, Phillip Langshaw; die Bremer Kantorei St. Stephani; Concerto Bremen auf historischen Instrumenten. März 27. (19 h) „Nix da mit raus hier“ Veranstaltung mit Musik, Gesprächen und Informationen über die Abschiebung von Roma aus Bremen. April 2. (18 h) Kultur-Kirchen-Chor-Projekt 3: Passionsbetrachtung nach Spirituals Mit Jürgen Lissewski, Spirituals & Gospelsongs; Paul Ernst Ruppel, Crucifixion; Klaus-Ulrich Gschwind, Andrea Stenner, Thea Janssen-Hille, Martin Henkel. April 8. Schlafes Bruder Figurentheater zum Roman von Robert Schneider. Umrahmt von Teilen der Kantate „Ich will den Kreuzstab gerne tragen“ von J.S. Bach. Kooperation mit dem Theatrium Bremen. Bremer Kantorei St. Stephani. April 21. Jazzahead! Club Night CD-Realease: Continuum; Exulatio: Gregorian Jazz. April 29.

................................................................ DKV-Residenz in der Contrescarpe Tel. 04 21 – 3 22 90 Weltklassik am Klavier Virtuose Träumerei – Schumann pur Mit Martya Kim. März 27., 17 h. Schumanns Variationen über Beethovens 7. Sinfonie Mit Alexey Lebedev. Mai 1., 17 h

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. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ....................................... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kulturzentrum Schlachthof swb-Kundencenter Kunstschaufenster
HAVEN Bremen, Kesselhalle Sögestraße/Am Wall HÖÖVT Vegesack
 Tel.: 0421 – 37 77 50 Tel. 04 21 – 83 11 41 (LeseArt) Argus „Weiß ich, was ein Mensch ist ...“ Tel. 04 21 – 34 49 08 (energiejazz) Lieder gegen das Vergessen. März 18. (20 h) Tel. 04 21 – 34 31 70 (bremer hörkino) ....................................... LeseArt (19 h): März 17.: Axel Brüggemann liest aus Schwankhalle „Landfrust“ Buntentorsteinweg 112, Tel. 0421 – 700 141
 April 14.: Prof. Wolfgang Emmerich: „Liebe www.schwankhalle.de als Passion?“ Mai 19.: Prof. Bernd Altenstein (Bildhauer): www.steptext.de „Distanz und Nähe“ (Beginn, w.n.a.a.: 20 Uhr)

 energiejazz (20.15 h) The Bog Forest Tanzstück von Helge LeMärz 24.: Magnolia-Quartett. Vier Frauen, tonja. März 16., 18., 19.
 drei Stimmen und ein Kontrabass Thanatos Tanzsolo von Augusto Jaramillo April 7.: Four Accord. Remembering Art Pineda. März 24., 25., 27.
 van Damme Amerika nach Kafka mit Philipp HochApril 21.: Ansgar Specht Group. A Mix of mair.
März 30., April 1.
 Popular Modern Jazz Shockheaded Peter März 30., April 5., 6., Mai 5.: Nick Gibbs. Australischer Folk-Jazz 8., 10. ..................................... She She Pop „Testament“. April 15., 16.
 The Factory Marilyn Monroe in Andy Overbeck-Museum Warhols Traumfabrik. Tel. 04 21 – 66 36 65 Mai 12.
(P) Tägl. 11-18 h außer Mo Bist du noch da? von Hunger & Seide. Mai Norddeutsche Fotografien. Bis 15. Mai 11., 13., 14. in der Stauerei

..................................... ........................................ Kulturbüro Bremen Nord Café K Tel. 04 21 – 65 48 48 Rotes Kreuz Krankenhaus Tel. 0421 – 55 99-0 Tägl. 7.15-19.30 h Re-Visionen Skulpturen von Erika Plamann, Bilder von Johann Büsen. Bis 26. Juni

....................................... KAP-HOORN ART 2011 Bremen-Überseestadt, Kap-Horn-Str. 9 Kunst in der Halle „Die Dritte“. Über 50 Künstler aus 6 Ländern. Mai 14. (17-22 h), 15. (11-18 h).

...................................... Wilhelm Wagenfeld Haus Di 15-21 h, Mi-So 10-18 h HALB und HALB Ausstellung der AKB. 25. März bis 3. April. Eröffnung 24. März (19 h). www.akb-bremen.de

www.kulturbuero-bremen-nord.de (Beginn, w.n.a.a.: 20 h)

Kito Sascha Korf März 19. Trio LumakacMärz 26. Dave Godman, Steve Baker & Martin Röttger April 1. Lüder Wohlenberg April 2. Chris Ricketts April 8. Twana Rhodes April 9. Rick Vito April 15. Das Geld liegt auf der Fensterbank Marie April 16. Fidan & Pär Lammers April 29. Jan Weiler Mai 5. Marialy Pacheco Mai 6. Big Daddy Wilson Mai 13.

Kulturbahnhof Horst Schroth April 8.

Wind Wasser und Mee(h)r
Arbeiten von Bärbel Kock mit regelmäßig
wechselnden Künstlern. 9.30 – 20 h

..................................... Bremervörde Tourist-Info: Tel. 0 47 61 – 98 71 42 Natur- und Erlebnispark 20-jähriges Jubiläum: Saisoneröffnung mit Skulptureneinweihung. April 3. (10 h)

..................................... Verden Klavierhaus HelmicH Eitzer Straße 32 Tel. 0 42 31 – 93 07 81 Liebe im Spiel Klavierabend mit Renate Neumann und Marina Robertus. April 8. (20 h)

Oldenburg ..................................... Oldenburgisches Staatstheater Tel. 04 41 – 22 25 111 Halle 10, Fliegerhorst (Beginn, w.n.a.a.: 19.30 h) Air Ways März 17., 22. (z.l.M.) Die Dreigroschenoper März 19., 24., 29.; April 25. Tosca März 20. (15 h), April 23. Die Piraten März 25.; April 24.; Mai 8. (15 h) Aida März 26. (P), 30.; April 21., 29.; Mai 5., 14. Die Walküre März 27. (17 h); April 22. (17 h), Mai 15. (17 h) Tanztage Sidi Larbi Cherkaoui April 5. Tanztage Gauthier Dance April 8., 9. Tanztage Skanes Dansteater/Scottish Dance Theatre April 11. Tanztage Iceland Dance Company/Carte Blanche April 12. Tanztage Nederlands Dans Theater II April 14. Tanztage Sol Pico Cia. April 16. (22 h) Cardillac April 20., 28.

Kleines Haus (Beginn, w.n.a.a.: 20 h) Junges Staatstheater Kinder im Orchester März 15. + 24. + 25. + 30. (10 + 11.30 h),


kulturkalender

Ein Volksfeind März 15., 31.; April 17. Eine Sommernacht März 17. (z.l.M.) Tartuffe März 18., 23., 26., 30.; April 2., 24.; Mai 8., 15. 4. Kammerkonzert März 20. (11.15 h) Mudder Mews März 20., 27.; April 3. (15 h), 4., 25.; Mai 5. As in’n Heven März 22. Krieg etc. März 25.; April 1., 21. Große Pianisten Fazil Say März 27. (11.15 h) Tanztage Aditi Mangaldas April 6. Tanztage Kim Jae-Duk April 9.. 10. Tanztage Danzabierta April 13. Tanztage K. Kvarnström & Co. April 15., 16. Der Prozess April 30. (P); Mai 3., 7., 10., 14. 3. Familienkonzert Mai 6. (18 h), 8. (11.15 h) 5. Kammerkonzert Mai 15. (11.15 h)

Tanztage Cie. Yvann Alexandre April 9. (21 h) Tanztage Nordwest Tanzcompagnie April 10. (18 h) Tanztage Vanilton Lakka April 12. + 13. (21.30 h) Tanztage Ann van den Broek April 14. + 15. (22 h) Trio Igra Klezmerpunk April 20 (22 h) Exkurs 6 April 28. Es kann ruhig mal einer irgendetwas sehen Mai 6. (UA)

..................................... Andere Spielorte

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..................................... Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Oldenburg, Schloss Tel. 04 41 – 2 20 73 00 www.landesmuseum-oldenburg.niedersachsen.de Di-Fr 9-17 h, Do 9-20 h, Sa-So 10-17 h Franz Radziwill Expressionismus und Neue Sachlichkeit. Bis 22. Mai. Prinzenpalais Peter Graf „Bei Sommers brennt noch Licht.“ Gemälde, Zeichnungen, Grafik. Ausstellung des Kulturspeichers. 8. April bis 15. Mai „Oldenburger Köpfe“ SchülerInnen auf Spurensuche zu historischen Persönlichkeiten. Ausstellung der Museumspädagogik. Bis 26. Juni

(Beginn, w.n.a.a.: 20 h) Schloss Oldenburg: 3. Schlosskonzert April 7. Exerzierhalle Burghof: Tanztage Vanilton Lakka (Beginn, w.n.a.a.: 20 h) April 12. (13 + 13.40 h) Triple Bill März 15., 19. OTB-Sporthalle: Tanztage Crazy Repnet ..................................... Prinz Friedrich von Homburg März 20. April 12. (23 h) Oldenburger Kunstverein (P), 23., 26.; April 2., 3., 23., 29. Klinikum: Tanztage Cie. Sylvain Groud Tel. 04 41 – 27 109 Junges Staatstheater Kinderclub: Ich und April 15. (14.30 h) www.kunstverein-oldenburg.de die Welt März 27. (11.30 h/P), 28. Rathausmarkt: Tanztage Joanne Leighton Alicja Kwade Belebung toter Einheiten. Go Guitars oh-ton-ensemble März 30. April 15. + 16. (18.30 h) Bis 15. Mai The best Sex I’ve ever had April 1., 3. (15 h) Tanztage Caroline Simon April 6. (22 h) Tanztage Chris Haring/Liquid Loft April 7. + 8. (21.30 h)

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kulturkalender

..................................... Kultur Forum

Die Theatergalerie Bremen stellt vom 6. April bis 5. Juni Werke der weltweit bekannten Fotografin Candida Höfer aus. Die großformatigen Exponate (über 2 Me(ps) Die Tanzperformance „Thanatos“ von ter hoch und 3 Meter breit) zeigen Innenund mit Augusto Jaramillo Pineda steht räume internationaler Bühnen. am 24., 25. und 27. März (jeweils 20 Uhr) erneut auf dem Programm der Bremer Aufgrund der großen Nachfrage nimmt das Theater Alte Molkerei Worpswede Schwankhalle (Buntentorsteinweg 112). „Loriots Dramatische Werke“ wieder auf den Spielplan. Die Termine: 8., 9., 15., 16., Prominente Frühlingsgäste erwarten die Nordwestradio-Moderatoren Julia Westla- 29. und 30. April, jeweils 19.30 Uhr. ke und Otmar Willi Weber im Art Café im Horst-Janssen-Museum in Oldenburg. Für die Live-Sendung (jeweils um 11.05 Uhr) haben sich Peter Struck, SPD-Urgestein mit trockenem Humor (2. 4.), der Comedian Kaya Yanar (9. 4.) und die Journalistin Bascha Mika (16. 4.) angesagt.

Über 50 Künstlerinnen und Künstler aus dem In- und Ausland nehmen an der 3. „Kap-Hoorn-Art“ am 14./15. Mai in der Kap-Hoorn-Straße 9 im Gröpelinger Hafengebiet teil. Auf fast 2000 qm Fläche in zwei alten Lagerhallen präsentieren sie ihre Arbeiten zum Thema „Beziehungsweise(n)“. Maritimes Wissen erleben – diese Möglichkeit bietet sich ab 19. März im „Spicarium“. In einem authentischen Speicher im Vegesacker Hafen entsteht eine interaktive Ausstellung über Schiff bau und Schifffahrt, aber auch über die Geschichte des Vegesacker Hafens und der ehemaligen Lange-Werft.

..................................... Horst-Janssen-Museum Tel. 04 41 – 2 35 28 91 www.horst-janssen-museum.de Di-So 10-18 h Horst Janssen und die Romantiker Zeichnungen von Caspar David Friedrich, Carl Gustav Carus, Johan Clausen Dahl. 27. März bis 26. Juni

..................................... Palais Rastede Tel. 0 44 02 – 8 15 52 www.palais-rastede.de Mi-Fr + So 11-17 Uhr u.n.V. Eiko Bocherding Zeichnungen und Radierung. Bis 1. Mai

..................................... Ganderkesee Kulturhaus Müller Tel. 0 42 22 - 44-444 Kabarett Frederic Hormuth „Charaktersau sucht Trüffelschwein“. Mai 5. (20 h)

Emden ..................................... Kunsthalle Emden

Tel. 0 49 21 – 97 50 0 www.kunsthalle-emden.de Natalie Driemeyer, Schauspielleitung am Di-Fr 10-17 h (jeder 1. Di 10-21 h). Sa, So, Stadttheater Bremerhaven, ist in den Vor- Feiertage 11-17 h stand der Dramaturgischen Gesellschaft Franz Radziwill 111 Meisterwerke aus prigewählt worden, in der Theatermacher aus vaten Sammlungen. Bis 19. Juni Zwischen Deutschland, Österreich und der Schweiz Film und Kunst Storyboards von Hitchvereint sind. cock bis Spielberg. 16. April bis 17. Juli Das Institut für Integriertes Design (i/i/d) Wilhelmshaven ist für die Ausstellung „Stille Stars – ex..................................... treme Materialien in extremen Anwendungen“ im Wilhelm Wagenfeld-Haus Kunsthalle Wilhelmshaven (siehe foyer 86) mit dem begehrten „iF Tel. 0 44 21 – 41 44 8 communication design award 2011“ ausge- www.kunsthalle-wilhelmshaven.de Di 14-22 h, Mi-So 11-17 h zeichnet worden. Der Maler Franz Radziwill in der Zeit des Die Magie der „Kosmischen Knoten“ lässt Nationalsozialismus Bis 22. Mai sich neuerdings in der Oldenburger Kun..................................... denhalle der Bremer Landesbank erfahren. Die international renommierte Künst- Wallhöfen lerin Mariella Mosler installierte dafür kd.kunst – Dorfstraße 30 „Cosmic Knots“; unter der Decke schweTel. 0 47 93 – 95 57 55 bende Neonobjekte in hellem Weiß, deren www.kdkunst.de Größe einen Durchmesser von bis zu 1,80 Ramon Enrich „Imaginäre Landschaften – Metern erreicht. verlorene Architektur“. 20. März bis 17. April


kulturkalender

Bremerhaven ..................................... Stadttheater Bremerhaven

Cello: Tao Song, Videokünstler: Jobst von Berg. März 23. (20 h) „Die Neue Kaiserschleuse kurz vor der Einweihung – Zusammenfassung des Bauablaufes“ Vortrag Dr. Stefan WolteTel. 0471 – 49 00 1 ring. März 30. (19.30 h) Großes Haus „Die europäischen Wasserrahmenricht(Beginn, w.n.a.a.: 19.30 h) Herzog Blaubarts Burg / Dido und Aeneas linien (WRRL) und ihre Auswirkungen auf die Landesarchäologie in NiedersachMärz 18., 30.; April 2.; Mai 12. sen“ Vortrag Dr. Henning Haßmann. April Die Csárdásfürstin März 25., 29. (15 h); 5. (19.30 h) April 19. (15 h), 24. (15 h) Così fan tutte April 16. (P), 21., 29.; Mai 6., „Traumschiffe des Sozialismus. Die Geschichte der DDR-Urlaubsschiffe 1953 – 11., 14. 1990“ Buchvorstellung/Lesung Dr. AndreAmon-Ra März 26. (P), 31.; April 10., 15., 23., 27. as Stirn. April 8. (18.30 h) Mütter März 16., 19.; April 3. (15 h), 25.; „Neues aus der Forschungsschifffahrt“ Mai 13. Vortrag Kpt. Michael Ippich, URAG. April . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12. (19.30 h) 24. Internationales Karton-ModellbauNordsee-Hotel Treffen 29. April bis 1. Mai (10-18 h) VERZÖGERTE HEIMKEHR einige reisen Internationaler Museumstag „Museen, nach eldorado (je 19 h & 20 h) März 19. (P), unser Gedächtnis“ Mai 15. (10-18 h) 20., 21., 22., 25., 26., 27., 31.; April 1., 2.

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..................................... Kunstverein Bremerhaven Tel. 0471 – 4 68 38 Di-Fr 11-18 h, Sa+So 11-17 h Kunstmuseum: Paula Modersohn-Becker Bis 3. April Kunsthalle: Alicja Kwade 20. März bis 1. Mai

..................................... Stadthalle Bremerhaven The London West End Gala Die schönsten Songs aus der Welt der Musicals, präsentiert von den Topstars der Londoner West End Theater. Stargast: Angelika Milster. März 31. (20 h)

..................................... Christuskirche Bremerhaven

Schillerstraße 1 Tel. 04 71 – 20 02 90 J. S. Bach: Matthäuspassion Mit: Tanja Aspelmeyer (Sopran), Julie Comparini . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..................................... (Alt), Michael Connaire (Tenor), Ralf GroDeutsches Auswandererhaus Historisches Museum be (Bass), Sebastian Noak (Jesus); EvanBremerhaven gelische Stadtkantorei Bremerhaven; BreAmerika Mai 14. (P) Tel. 04 71 – 30 816-0 merhavener Kammerchor; Hamburger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . www.historisches-museum-bremerhaven.de Barockorchester; Leitung: Eva Schad. April 10. (17 h) Deutsches Schiffahrtsmuseum Di-So 10-18 Uhr Von nahen und fernen Küsten Bilder von Vom Cembalo zum Konzertflügel mit Eva Tel. 04 71 – 48 20 7-0 Willy Menz aus der Sammlung Alfred Mo- Schad und I-Fei Chan. Mai 15. (20 h) „Das Meer“ Audiovisuelles Konzert für Klavier und Cello. Klavier: Michael Rettig, eke. Bis 29. Mai

idomeneo Oper vOn wOlfgang amadeus mOzart

Musikalische leitung markus pOschner Regie kay kuntze visuelle gestaltung urbanscreen kostüMe christa beland choR daniel mayr

Vorstellungen sO. 27. märz, 18:00 uhr premiere 02. / 07. / 09. und 12. April 06. / 15. / 18. und 29. MAi 05. und 24. Juni TheATer AM GoeTheplATz

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kArTen: 0421 - 3653 333 www.TheATerbreMen.de


FOYER-tiPP für Kultur-Freunde: „So viel Radziwill war nie“, freut sich foyer-Autorin Sabine Komm. Emden, Oldenburg, Wilhelmshaven und Dangast – fünf Ausstellungshäuser im Norden zeigen das Werk des großen Malers. Eine Einstimmung liefert unser Beitrag auf Seite 58. Viel Vergnügen!

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Schlachtgesänge Der Ball ist rund, das Spiel dauert 90 Minuten und der Schiedsrichter hat immer Recht. So geht es zu im Fußball. In der Oper ist das überwiegend anders. Da rennen höchst selten genau 22 Interpreten über die Bühne, und es rollt auch nicht das runde Leder, sondern mitunter rollen Köpfe. Außerdem dauert das Singspiel zumeist erheblich länger. Und das Heft hat nicht ein kurzbehoster Mann mit Pfeife, sondern ein Frackträger mit einem Stäbchen in der Hand. Dennoch entstehen hin und wieder Parellelen zwischen beiden Welten, und zwar immer dann, wenn im Stadion Opernmelodien angestimmt werden. Besonders beliebt ist etwa der Triumphmarsch aus „Aida“, wobei die Fans, die heute nur noch „Supporter“ heißen, in Ermangelung eines Textes durchweg „Lala, lala lala lala, lalalala-lala, lalala lala“ singen. Das klingt nicht immer schön, ist aber stets ziemlich laut und zumindest jugendfrei, was beileibe nicht von jedem Fangesang behauptet werden kann. Denn der gemeine „Schlachtenbummler“ trachtet gern danach, „im Chor Worte zu röhren, die beim Gottesdienst nur stören“, wie es Franz-Josef Degenhardt 1965 im „Deutschen Sonntag“ sehr anschaulich besungen hat. Die Verbindung Oper-Fußball ist also nicht unbedingt konfliktfrei, was den künftigen Indendanten der Oper Dortmund freilich nicht davon abhält, Pläne für eine 90minütige Fußballoper zu entwickeln. Damit will Jens-Daniel Herzog das Opernhaus der Revierstadt „wieder attraktiv und stark“ und sich zweifellos bei den Dortmundern lieb Kind machen. Denn die jiepern gerade dem Meistertitel entgegen und nehmen jeden „Supporter“ mit offenen Armen auf. Hauptsache, er kann „Auf in den Kampf, Borussia“ aus „Carmen“ singen. Peter Schulz

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Herausgeberin Marie-Clothilde Kronenberg (v.i.S.d.P.) 1 Redaktionsleitung Peter Schulz 2 Kfm. Leitung Sonja Chrobok 14 Anzeigenverkauf Martina Ch. Radeke, Inge Sasse 25 Autoren dieser Ausgabe Bettina Beutler-Prahm 21, Berit Böhme 22, Dr. Stephan Cartier 16, Christian Emigholz 3, Sven Garbade 17, Michael Pitz-Grewenig 11, Karin Hiller 4, Wilfried Hippen 5, Dr. Sabine Komm 6, Christine Krause 7, Dr. Ulrich Matyl 8, Simon Neubauer 15, Melanie Öhlenbach 19, Carsten Preisler 10, Dr. Meike Rotermund 18, Ute Schalz-Laurenze 9, Benno Schirrmeister 23, Peter Schulz 2, Markus Wilks 24, Inge Zenker-Baltes 12 Verlag, Vertrieb, Redaktion und Anzeigenverwaltung Roland Verlag GmbH, Schlachte 43, 28195 Bremen, Telefon 04 21 - 1 26 63, Fax 04 21 - 1 33 17 E-mail info@rolandverlag.de www.rolandverlag.de Gestaltung und Satz Birgit Holtkötter 20, Start04 – Agentur für Gestaltung Telefon 025 32 - 200 709 www.start04.de Basislayout Haase & Knels, Bremen Druck ASCO STURM DRUCK Bremen Vertriebsstruktur Theater- und Vorverkaufsstellen Bremen, Bremerhaven und Oldenburg, Theater, Museen, Konzerthäuser und -büros, Ticket-Service-Center, Hotels, Abonnementvertrieb, Fach-Zeitschriftenhandel Bremen, Bremerhaven und Oldenburg Bezugspreis Einzelpreis 3,10 Euro Jahresabonnement 15,00 Euro Auflage 10.000 Exemplare Erscheinungsweise zweimonatlich Nächste Ausgabe 15. Mai 2011 Redaktionsschluss 15. April 2011 ISSN-Nr. 1618-0852 Titelmotiv Skånes Dansteater (Schweden)

Foto: Peo Olsson

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Diese Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung des Herausgebers. Bei Veröffentlichung wird nur presserechtlich Verantwortung übernommen. Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos keine Gewähr. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung des Verfassers, nicht unbedingt die des Herausgebers wieder.


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