Foyer 90

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3,10 Euro H12719 15.05.2011 bis 15.09.2011

foyer Das Kulturjournal für Bremen und den Nordwesten

90 22. Musikfest Bremen mit „Eine Zauberflöte“ von Peter Brook



inhalt

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inhalt Editorial Mischkalkulationen

................................................. Theater

Sie bekennen sich ausdrücklich zum „Prinzip Stadttheater“, jene fünf Damen und Herren, die gegenwärtig an Stelle eines Generalintendanten das Haus am Bremer Goetheplatz leiten. Und deshalb setzen sie auch in der kommenden, ihrer zweiten und letzten Spielzeit, auf die solide Synthese aus „immer wieder gern gesehen“ und „auch mal was wagen“, also auf „Tannhäuser“, „Torquato Tasso“ und „Tosca“, aber auch auf neun (!) Uraufführungen unter den insgesamt 30 vorgesehenen Premieren.

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Ein Konzept, das in der jetzt zu Ende gehenden Saison durchweg aufgegangen ist. Vom quirligen „Vetter aus Dingsda“ bis zu den kontrovers diskutierten „Nibelungen“, vom krachend komischen „Harvey“ bis zum visionären „Idomeneo“ wurde in allen vier Sparten ehrliches, durchweg gutes Theater auf die Bühne gebracht. Hellwach, unterhaltsam, mitunter aufrüttelnd und verstörend – es war allemal lohnend, eine Karte für das Theater Bremen zu kaufen, das sich wieder als Ort lebendiger künstlerischer Auseinandersetzung ins Gespräch gebracht hat. Ob sich das erste Jahr der „Fünferbande“ auch finanziell gerechnet hat, lässt sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht sagen. Auch nicht, ob das stadttheatertypische Prinzip der „Mischkalkulation“, von dem Ulrich Khuon, Intendant des Deutschen Theaters Berlin, unlängst sprach („Wir brauchen Stücke, die gut laufen, um die komplizierteren Inszenierungen stützen zu können, ohne dass wir unsere Seele verkaufen“) aufgegangen ist. Immerhin blieben die Abozahlen trotz aller Turbulenzen im Umfeld so stabil wie es die Preise für die Saison 2012/13 sein werden. Dass sich nach dieser Spielzeit konzeptionell wie personell so mancherlei am Bremer Theater ändern wird, hat der designierte Chef des Hauses bereits angekündigt – und damit die Erwartungen schon hoch geschraubt. Es bleibt also spannend am Goetheplatz! Peter Schulz Redaktionsleitung

VERtRatUtE MiSChUnG Der Spielplan in Bremen PERPEtUUM MOBilE Uraufführung von Urs Dietrich FaRCE UnD DRaMa Zwei Stücke zum Saisonende RÜCKKEhR Die neue Saison am Staatstheater „BlOCKBUStER“ Händels „Saul“ im Fliegerhorst StillES SPiEl „Der Kirschgarten“ in Oldenburg innOVatiV Theater Bremerhaven vor Jubiläumsjahr FRÜhES FiaSKO Verdis „Un giorno di regno“ ODYSSEE: hEiMat Theaterfestival in Bremerhaven KOlUMnE Da CaPO! Abgesang der Götter OPERnPREMiEREn an nORDDEUtSChEn BÜhnEn SChaUSPiElPREMiEREn iM nORDWEStEn KOlUMnE naChGEDaCht Der Wald und die Zeichen BOUlEVaRD Neues von Bremer Bühnen MEnSChEn iM FOYER PORtRÄt Die Regisseurin Karin Kaper

Musik

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29 BUntE MiSChUnG Treffen „Schulen musizieren“ 30 Ein GlÜCKSFall 15. Oldenburger Promenade 32 KOnZERttiPPS 34 BREMER PhilhaRMOniKER Furioses Finale 36 KUltURStaDt WilhElMShaVEn 38 MUSiKFESt BREMEn Interview mit Prof. Albert 40 MUSiKFESt BREMEn Tipps aus dem Programm 42 KUltURSOMMER Von Fockes Fest nach Lesmona 46 JaZZtiPPS 47 VERWanDtE SaitEn Duo Klavitarre 48 BUCh UnD MUSiK Franz Liszt Superstar 49 KiRChEnMUSiK 4. Bremer Orgelsommer 50 ROllEnSPiEl 50 SChaUSPiElRÄtSEl 51 OPERnRÄtSEl

Kunst 52 WiSSEnSChaFt Jade Hochschule 54 litERatUR Buchbesprechungen 56 SERiE Die neue Kunsthalle Bremen 58 SPaRKaSSE KUltUREll Ausstellung 61 REiZ DER FREihEit Neue Leitung im Haus Coburg 62 KUnStWERKE Neues aus Museen und Galerien 64 KinOtiPPS 66 KUltURKalEnDER Premierendaten 67 litERatUR Buchbesprechung 72 KUltUR FORUM kurz notiert 74 naChKlanG FOYER-aUtOREn iMPRESSUM


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theater bremen Spielplan 2011/12

Vertraute Mischung

Bremer Theater setzt in der kommenden Spielzeit auf Bewährtes und Provokationen Text: Simon Neubauer

Die Räuber

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ies also ist der letzte Spielplan-Entwurf der „Fünferbande“, der die vier Spartenleiter und der Betriebsdirektor des Bremer Theaters angehören: Kein Schwanengesang, auch keine Manifestation mit weit in die Zukunft weisender künstlerischer Nachhaltigkeit. Vielmehr vertraut man der eingefahrenen Mischung aus Bewährtem und Provokation, aus Weltliteratur und dem Erproben neuer Spielarten, die sowohl dem Ineinandergreifen der Sparten des Hauses als auch dem verstärkten Mitwirken von Jugendlichen galten.

gen am Vierwaldstättersee verlegt. Nun, wir Bremer sind ja einiges gewohnt: In der letzten „Tannhäuser“- Inszenierung hat Tilmann Knabe eine Hure Venus offeriert, die dem müden Tannhäuser gerade ein paar Spiegeleier gebraten hatte und den vorbeiziehenden Rom-Pilgern rasch einen Quickie anbietet, während die fromme Elisabeth die Wände der „Fest“-Halle tüncht. Benjamin Brittens Kammeroper „The Turn of the Screw“ schildert aus der Perspektive der Erzieherin der Waisenkinder Flora und James eine mysteriöse, doppelbödige Geschichte. Auch Béla Bartóks „Herzog Blaubarts Burg“, ein Klassiker des 20. Jahrhunderts, greift das Problem von Prüfung und

Die Oper beginnt mit Wagners „Tannhäuser“, inszeniert von Tobias Kratzer, der zum vorjährigen Spielzeitauftakt mit dem in drei Zeitetappen ge- ... Mischung aus Bewährtem und Provokation, aus gliederten, Weltliteratur und dem Erproben neuer Spielarten in ein Kaufhaus verlegten „Rosenkavalier“ für kontVerbot auf. In Kontrast zu diesem Einakter, roverse Meinungen sorgte. Eben hat er in in dem der Mann das Mysterium veranlasst, Luzern Donizettis „Anna Bolena“ aus der steht der „Blaubart“ von Franz Hummel, in Renaissance-Burg in vornehme Wohnundem die Frau das Geschehen schildert. Lé-

hars „Land des Lächelns“ und Puccinis „Tosca“ dienen der emotionalen Unterhaltung; Vera Nemirova, die vor kurzem Ruzickas „Celan“ in werkgetreuer Überhöhung verdeutlicht hat, nimmt sich der Oper an. Die zu Recht immer noch lebendige „Anne Frank“ und eine „Westzeit-Story“ sind als bewegliche Präsentationen (eventuell auch in Schulen) geplant. Hingewiesen werden soll nicht zuletzt auf die Uraufführung „All diese Tage“, eine Art Revue über das heutige Leben in der Stadt, zu der Moritz Eggert eine wahrlich zeitgenössische Musik geschrieben hat. Mit der dreiteiligen „Orestie“ des Aischylos endet das Saisonangebot 2011/2012 im Schauspiel Bremen. Also muss nun doch noch ein Zukunftssignal für eine durch Opfer erzwungene Freiheit gegeben werden. Auch Samuel Becketts „Endspiel“ stellt die Frage, wie lebt der Mensch auf sein Ende hin. Dazu passt Anton Tschechows „Platonow“, ein Mensch, der sich eigene Nutzlo-


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Theater Bremen Premieren 2011/12 Oper Richard Wagner Tannhäuser und der Sängerkrieg auf der Wartburg Benjamin Britten The Turn of the Screw Franz Lehár Das Land des Lächelns Grigori Frid Das Tagebuch der Anne Frank Béla Bartók Herzog Blaubarts Burg / Franz Hummel Blaubart Juliane Klein Westzeit-Story Moritz Eggert All diese Tage (Uraufführung) Giacomo Puccini Tosca

Der Rosenkavalier, Fotos: Jörg Landsberg

sigkeit eingesteht, aus der schließlich seine Melancholie erwächst. Da sind Georg Büchners „Leonce und Lena“ doch von anderem Naturell; sie stehen zwar auch mit Ohnmacht dem Leben gegenüber, aber der Autor überzieht ihr Dasein und mehr noch ihre Umwelt mit beißendem Spott. Schillers „Kabale und Liebe“ ist, wie im Vorjahr „Die Räuber“, dem Regisseur Volker Lösch anvertraut, der mit jungen Leuten auf der Bühne am Goetheplatz eine grelle Gesellschaftsanalyse entfesseln wird. Und da ist noch ein anderer Klassiker: Goethes „Torquato Tasso“, ein Stück, mit dessen Inszenierung Peter Stein zu Hübners Zeit den Bremer Stil vertieft hat. Wilfried Minks hatte die gesamte Bühne mit Rasen ausgelegt, auf dem nur vereinzelt eine Goethebüste stand. Bruno Ganz spielte die Titelrolle und blieb unvergessen. Hinzuweisen wäre noch auf die Uraufführungen: eine Neufassung der „Bremer Stadtmusikanten“ von Karsten Dahlem

und Diana Insel sowie auf drei noch titellose Einakter, die von den Autoren selbst inszeniert werden. Die Tanzsparte plant ein Event: „Ein deutsches Requiem“ von Johannes Brahms, im Bremer Dom interpretiert von den Bremer Philharmonikern unter Markus Poschner und gedeutet von den Bremer Tänzern in der Choreographie von Urs Dietrich. Von Dietrich steht auch ein neues Tanzstück mit dem Titel „Herzrasen“ in der Vorschau. Schließlich kommt Reinhild Hoffmann, um ihre ungemein erfolgreiche „Callas“ einer fesselnden Wiederkehr zuzuführen. Das MOKS, nach wie vor bundesweit beachtet und zu Recht gepriesen, hat vier Neuinszenierungen im Programm, darunter Wedekinds „Frühlings Erwachen“, dargeboten unter Mitwirkung der Bremer Schauspieler und Studierenden der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover.

Schauspiel Sibylle Berg Hauptsache Arbeit! Samuel Beckett Endspiel Ein neues Stück (UA) Die Bremer Stadtmusikanten (Märchen / UA) Georg Büchner Leonce und Lena nach Friedrich Schiller Kabale und Liebe Nino Haratischwili 3 Sekunden (UA) Johann Wolfgang von Goethe Torquato Tasso Anton Tschechow Platonow Pedro Calderón de la Barca Das Leben ist Traum Stephan Seidel Wenn du mir meine Stimme nimmst (UA) Aischylos Orestie

Tanztheater Henrietta Horn Herzrasen (UA) Johannes Brahms Ein deutsches Requiem Reinhild Hoffmann Callas (geplant) Tanzcompagnie Oldenburg Full Body

Moks Theo Fransz Psssst! (UA) nach Frank Wedekind Frühlings Erwachen nach Heinrich Hoffmann Struwwelpeter (UA) Gintersdorfer/Klaßen Ein Projekt (UA)


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Theater bremen Perpetuum Mobile

Das ewige Faszinosum

Uraufführung am Goetheplatz: Urs Dietrich stellt zur Wiedereröffnung der Kunsthalle Bremen „Perpetuum Mobile“ vor Text: Sabine Komm

Foto: Jörg Landsberg

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ine Maschine, die ununterbrochen „Man muss etwas bewegen, damit sich etarbeitet, ohne dass man ihr Energie was bewegt und verändert. Und man muss zuführen muss – davon träumen den Schlüssel finden, um neue Räume – die Menschen schon lange. Leonardo da Gedanken-Räume, emotionale Räume – zu Vinci, Superhirn der Renaissance, hat ein erschließen“, sagt Urs Dietrich. Gleichzeitig Schwerkraftrad mit quecksilbergefüllten fragt sich der 52-jährige Schweizer aber Blechauch, wie lange der Zauber des kam- „Man muss etwas bewegen, damit Neuen anhalten wird: „Die mern sich etwas bewegt und verändert.“ Wiedereröffnung ist schnell konwieder Vergangenheit. Das struiert, das sich ständig drehen sollte. hat mich interessiert. Dieser Übergang von Wissenschaftler haben mit Saughebern, Neuanfang in Routine.“ Gewichten, Kugeln, Stangen und Magneten experimentiert, immer auf der Suche Es ist übrigens nicht das erste Mal, dass Dietrich mit der Kunsthalle zusammennach einer Konstruktion, die ewig in arbeitet. 2005, anlässlich der AusstelBewegung bleibt. Ohne Erfolg, bis heute. Ein bisschen etwas von dieser Sehnsucht lung „Monet und Camille“, brachte er, der früher Textildesigner war und schon schwingt jetzt bei „Perpetuum Mobile“ damals viel mit Stoffen und Stofflichkeiten mit, der neuen Produktion von Urs Dietzu tun hatte, „Flacon“ auf die Bühne. Eine rich im Theater am Goetheplatz. Inszenierung, in der ausladende Reifröcke Auslöser für die einstündige Tanz-Urauffüh- eine Rolle spielten. In dieser von der Lichtrung ist die Wiedereröffnung der Kunsthalle malerei der Impressionisten inspirierten Bremen. Seit 2008 geschlossen, ist das von Tanzproduktion ging es auch darum, wie engagierten Bürgern getragene Haus seit Menschen in Korsett und bürgerlichen diesem Sommer erstmals wieder zu betreKonventionen gefangen sind. ten. Allerdings in weiten Teilen verändert, Bei „Perpetuum Mobile“ gerät vieles in erweitert, modernisiert. Anders als früher Schwingung. Künstler unterschiedlicher und trotzdem vertraut. Aufgeschlossen für Sparten treffen aufeinander. Auch SchauEinflüsse von außen. Architektur und Präsentation ermöglichen jetzt neue Perspekti- spieler. Irene Kleinschmidt, Gabriele Möller-Lukasz, Susanne Schrader und ven auf die Sammlung des Museums.

Christoph Rinke zitieren Auszüge aus der „Abendlandnovelle“, dieser filigranen Auseinandersetzung der deutschen Schriftstellerin Friederike Roth mit Liebe und Leben: „Wie immer. / Eigentlich alles wie immer / und dennoch / alles so anders“, heißt es darin. Und: „Jedes Leben / so oder so schon gelebt von Anderen / zu anderen Zeiten / in anderen Gewändern, Kulissen / da oder dort / Konstellationen, Muster / sich wiederholend in Varianten. / Alles schon / so oder so auch gesagt.“ Auf der Bühne spielt die Koreanerin Jinie Ka Klavierstücke von Franz Schubert. Urs Dietrich schätzt die stille, oft melancholische, zum Teil auch heitere, sogar belustigende Weise, mit der diese Kompositionen Themen wie Abschied, Vergänglichkeit und Tod spiegeln. Und der Tanz? Passend zu den Eigenschaften eines Perpetuum Mobile, das einmal angestoßen läuft und läuft und dann doch irgendwann stehen bleibt, sind die Bewegungen fließend, um mittendrin kurz zu stoppen. Die elf Tänzer der Bremer Compagnie halten in solchen Momenten inne, gehen in die Hocke, wirken nachdenklich, bevor es weiter geht. „Ein Fluss entsteht, der mal schneller, mal langsamer fließt, gestoppt wird und wieder weiter läuft“, sagt Urs Dietrich.


Theater bremen Perpetuum Mobile 7

Manche Bewegungsmuster wie das Werfen eines Balls tauchen in immer neuem Kontext auf und haben so Signalwirkung. „Das Publikum soll sich diese Bewegungen – gemäß dem Eröffnungs-Motto der Kunsthalle ‚Aufgeschlossen!’ – selbst erschließen“, sagt Dramaturgin Sonja Bachmann. Vielleicht hat ja die Arbeitsweise von Urs Dietrich, diesem stillen Visionär des Tanzes, selbst etwas von einem Perpetuum

Mobile. Er ist ein Mensch in Bewegung. Jemand, der neugierig beobachtet, um das Gesehene und Erlebte in den Bewegungskosmos seiner Bremer Compagnie einfließen zu lassen und daran bis kurz vor der Uraufführung zu feilen. Dass er schon lange mit dem Bremer Ensemble zusammenarbeitet, ermöglicht Kontinuität, sagt er. Wiederholungen sind möglich. Trotzdem sei der Tanz niemals vollkommen gleich.

Auch wenn „Perpetuum Mobile“ – wie bei der von den Menschen erträumten Maschine, die ewig läuft – auch an diesem Tanzabend nur Bewegung auf Zeit ist: Tänzer, Schauspieler, Pianistin und Urs Dietrich setzen darauf, dass auch nach der Aufführung etwas in Bewegung bleibt – in den Köpfen der Betrachter. Uraufführung am 10. Juni. Weitere Termine: 12., 14., 18., 23. und 29. Juni; 4., 11., 17., 24. September und 15. Oktober.

Heiter bis leidenschaftlich!

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thEatER BREMEn Mein Kampf/Ein Volksfeind

Taboris „Mein Kampf“ und Ibsens „Volksfeind“ zum Saisonabschluss am Bremer Theater Text: Sven Garbade photocase

VoM VErsagEr zuM diktator B

einahe liebevoll könnte man es nennen, wie der Autor hier seine Figuren vorstellt: Wien im Jahr 1910. Es herrscht Hunger. Ein tapsiger MöchtegernMaler, eifrig, aber untalentiert, strandet im Obdachlosenheim. Völlig zerrüttet von der Ablehnung an der Wiener Kunsthochschule sucht er Trost bei den Übrigen. Zwei liebe Schlucker helfen ihm: Ein armer Jude und ein merkwürdiger Koch bauen den Versager wieder auf, so gut sie eben können. Bittere Pointe: aus dem traurigen Maler wird der großer Diktator, der am Ende am liebsten alle abschlachten möchte. Maler Adolf kam als Versager – und er ging als Hitler.

paradoxen Grundsituation (dass ausgerechnet ein Jude den labilen Hitler zu dessen Tatendrang ermuntert) eben reichlich Komik, Slapstick und Wortwitz. Im Brauhauskeller unter dem Bremer Schauspielhaus inszeniert Martin Baum die fiese Groteske mit ergänzendem Puppenspiel sowie mit Guido Gallmann als Schlomo Herzl und Jan Michael Börner als Hitler. Premiere am 28. Mai im Brauhauskeller.

Es überrascht nicht, dass Hendrik Ibsens Öko-Drama „Ein Volksfeind“ mit konstanter Regelmäßigkeit auf den Spielplänen vieler Theater steht. Zuletzt in Oldenburg, nun Diese herrliche Farce stammt aus der Fein Bremen. Obwohl das Stück bereits 1882 der von George Tabori (1914-2007), einem geschrieben wurde, also lange vor der Zeit der originellsten Theaterzauberer, der das der menschlich verursachten Umweltkatadeutschsprachige Theater vor allem in den strophen, wirkt es heute aktueller denn je: 80er- und 90er Jahren mitprägte. Seit der Ur- Ein Arzt entdeckt Gift im Kurbad – aber der aufführung im Jahr 1987 hat diese intelliUmbau der dafür verantwortlichen Wasgente Komödie ihserleitung ist nicht zu ren festen Platz in Maler Adolf kam als Versager – finanzieren. Also wird den Spielplänen der Mann von den und er ging als Hitler. zahlreicher Bühnen Mächtigen des Ortes – behauptet; der schaurig schreckliche Hunach heftigen, aber erfolglosen Bitten um mor und die zwei prachtvollen Hauptrollen Vertuschung dieser geschäftsschädigenden konnten den besten Darstellern eines jewei- Tatsache – kurzerhand zum „Volksfeind“ ligen Ensembles stets vorzügliches Spielma- erklärt. Wo Gift in die Natur schwappt, da terial liefern. Denn geboten wird neben der herrschen harte Zeiten für den Aufklärer.


theater bremen Mein Kampf/Ein Volksfeind 9

Interessant ist die Frage, was Regisseur Robert Schuster am Bremer Theater aus diesem Zimmerstück machen wird. Formal weist der Text ja einen etwas dialoglastigen Grundcharakter auf. Schuster dagegen gilt als origineller Erfinder von Theaterbildern und nicht als psychologisierender Figuren-

zeichner. Zuletzt hatte er am Goetheplatz Shakespeares „Was Ihr Wollt“ mit einem zirzensischen Übermaß an Knalleffekten angedickt.

funktionieren kann, wird die Premiere zeigen. Der Besetzungszettel deutet auf ein distanzierendes Konzept hin: „Der, der den Stockmann spielt“, heißt es über die Hauptrolle. Und die wiederum spielt Glenn Goltz. Ob dieses poppig-assoziative Verfahren auch Premiere am 2. Juni im beim vergleichsweise bodenständigen Ibsen Neuen Schauspielhaus.

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THEATER oldenburg Spielplan 2011/12

Alte Stelle, neuer Schwung „D

ich, teure Halle, grüß‘ ich wieder, froh grüß’ ich dich, geliebter Raum!“ – Wer vielleicht darauf gewettet hat, das Oldenburger Staatstheater werde die Rückkehr ins vertraute Umfeld des frisch sanierten Großen Hauses nach einem Jahr „Exil“ im Fliegerhorst mit dem „Tannhäuser“ feiern, steht auf der Verliererseite. Die Premiere im optisch wie technisch aufgeputzten Saal bleibt der „Zauberflöte“ vorbehalten (1. Oktober); wer Wagners Sängerkrieg verfolgen möchte, kann nahezu zeitgleich nach Bremen pilgern.

Nachtwache, Foto: Hans Jörg Michel

man sich gemeinsam an die Vorbereitungen gemacht, es stecke „viel Herzblut von allen Beteiligten“ in dieser Produktion. Natürlich kehre man der Halle 10 im Fliegerhorst nicht allein mit einem lachenden Auge den Rücken. „Wir waren ausgesprochen gern in diesem Provisorium, das uns großartige Spielmöglichkeiten und eine exzellente Akustik geboten hat. Man denke nur an Stücke wie ‚Cardillac’ oder die ‚Walküre’, die anderswo in dieser Art nicht zu realisieren gewesen wären“, erinnert sich Müller. Aber nun sei man auch froh über die Rückkehr in die „alte Heimat“ , in der sich während des vergangenen Jahres allerhand getan hat.

Dass Mozarts ewiges Meisterwerk, die meist gespielte Oper überhaupt, zielgenau das richtige Stück für den Neuanfang darstellt, steht für den Generalintendanten In dieser Hinsicht wäre zunächst – da deutlich spürbar für alle Besucher – die Markus Müller außer Frage: „Oldenburg hat ‚Die Zauberflöte’ weit mehr als ein Jahrzehnt lang Mozarts ewiges Meisterwerk, die meist nicht gesehen. Wir freuen uns gespielte Oper überhaupt, zielgenau das darauf, dem Publikum diese richtige Stück für den Neuanfang ... Oper angesichts der deutlich verbesserten Rahmenbedingungen unseres neue Bestuhlung zu nennen, die zu einer Hauses präsentieren zu können, das dafür erheblich besseren Aufenthaltsqualität schon räumlich geradezu prädestiniert ist.“ beitragen soll. Die moderne Obermaschinerie wird es mitsamt der aktualisierten Technik ermöglichen, spektakulärere Außerdem sei es gelungen, mit Klaus Bühnenbilder zu realisieren. Der deutHelbling jenen Regisseur zu verpflichten, der vor Ort bereits die Aufsehen erregende lich vergrößerte Orchestergraben schafft nicht nur bessere Arbeitsbedingungen für und jetzt wieder ins Repertoire rückende „Nachtwache“ inszeniert hat. Müller: „Ei- die Musiker, sondern lässt künftig auch ner der klügsten Köpfe des Gegenwartsthe- stärkere Besetzungen zu. Und dank der erneuerten Garderoben- und Sanitärräuaters mit einem beeindruckenden Musikme kommen die Künstler endlich in den verständnis.“ Schon vor zwei Jahren habe

Genuss zeitgenössischen Standards, der an anderen Bühnen längst üblich ist. Doch zurück zum Spielplan für die kommende Saison, der insgesamt 32 Premieren, darunter zehn Uraufführungen vorsieht. Hinzu kommen die Festivals „Go West“ und „PAZZ“. Vier Uraufführungen stehen im Musiktheater an, davon mit „Geisterritter“ und „Frau Meier, die Amsel“ zwei Kinderopern. Außerdem erwartet die Besucher mit „Song of my Life“ ein Stück, das auf den persönlichen Erinnerungen von Oldenburgerinnen und Oldenburgern basiert (2. Oktober) und durch „unser ausgesprochen musikalisches Ensemble“ (Müller) entwickelt wird. Eine Ausnahmestellung im Spielplan nimmt zudem „Die Versuchung des Heiligen Antonius“ von Ulrich Kreppein ein (8. Mai 2012): Die Oper nach dem gleichnamigen Roman von Gustave Flaubert wird in Zusammenarbeit mit der „Akademie Musiktheater heute“ realisiert. Eine Produktion, der Markus Müller mit großer Spannung entgegenblickt: „Mehrere Teams, bestehend aus jungen, aufstrebenden Regisseuren, Bühnenbildnern oder Dramaturgen, arbeiten daran mit, um dieses außergewöhnliche Ereignis auf die Bühne zu bringen.“ Das Schauspiel setzt überwiegend auf Zeitgenössisches, etwa auf „Ketzer“ von Richard Bean, das als eine von insgesamt drei deutschsprachigen Erstaufführungen


THEATER oldenburg Spielplan 2011/12 11 www.oldenburg-tourist.de

Leidenschaft. Staatstheater Oldenburg kehrt ins sanierte Große Haus zurück Text: Peter Schulz

© Horst-Janssen-Nachlass

Schloss // Schlossplatz 1 // Di – So 10 – 18 Uhr // vom 5. Juni bis 4. September 2011 // Verborgene Schätze aus vier Jahrtausenden. Die Großherzogliche Altertümersammlung

die Spielzeit im Kleinen Haus eröffnen wird (17. September). Vorgesehen sind zudem drei Uraufführungen, darunter mit „Erst schießen, dann fragen“ eine neues Stück des Oldenburger Hausautors Marc Becker. Auf der anderen Seite stehen unter anderem mit Tolstois „Anna Karenina“, Shakespeares „Hamlet“ und Schillers „Kabale und Liebe“ auch große klassische Stoffe auf dem Programm. Das Tanztheater startet mit „Mirage“, einem Stück des Choreographen in Residence, Guy Weizman, und seiner Partnerin Roni Haver, die damit ihre Arbeit mit der Oldenburger Tanzcompagnie fortsetzen. Dabei handelt es sich um eine gemeinsame Produktion mit dem Theater im niederländischen Groningen, wobei zwei Besetzungen – jeweils gebildet aus Tänzern der beiden Häuser – die Interpretation des Stücks übernehmen und damit auch auf Tournee durch die Niederlande gehen werden. Außerdem ist es gelungen, Sharon Eyal, Choreografin der berühmten israelischen Batsheva Dance Company und gerade bei den 10. Internationalen Tanztagen stürmisch gefeiert – für eine Produktion am Oldenburgischen Staatstheater zu gewinnen. Eine weitere Uraufführung wird der Schweizer Marcel Leemann beisteuern. „Diese Choreografen und ihr Interesse an Oldenburg dokumentieren die gestiegene Bedeutung der hiesigen Tanzcompagnie“, freut sich Markus Müller. Lang ist zudem die Liste der Wiederaufnahmen, wobei in der Oper neben der bereits erwähnten „Nachtwache“ der erst im Mai aufgeführte „Saul“ von Georg Friedrich Händel besonders ins Auge springt. Hier stehen zudem mit „Kátja Kabanová“ von Leoš Janácěk und „Fräulein Julie“ von Antonio Bibalo zwei Frauenfiguren auf der Opernbühne, die sich bekanntermaßen durch ihre große Leidenschaft auszeichnen. Das engagierte Oldenburger Ensemble nicht minder.

Horst-Janssen-Museum Am Stadtmuseum 4 – 8 // Di – So 10 – 18 Uhr // bis 26. Juni 2011 // Horst Janssen und die Romantiker // Mit Zeichnungen von Caspar David Friedrich, Carl Gustav Carus u. a. Landesmuseum Natur und Mensch // Damm 38 – 44 // Di – Fr 9 – 17 Uhr // Sa/So 10 – 18 Uhr // ab 29. Mai 2011 // Sonderausstellung – „O, schaurig ist´s, übers Moor zu gehn ...“ Oldenburger Kunstverein // Damm 2 a // Di – Fr 14 – 17 Uhr, Sa/So 11 – 17 Uhr vom 27. Mai bis 31. Juli 2011 // Frauke Eigen – Ode Stadtmuseum Oldenburg // Am Stadtmuseum 4 – 8 // Di – So 10 – 18 Uhr // bis 12. Juni 2011 // Bewegte Frauen. Fotografien von Doris Waskönig. Edith-Ruß-Haus für Medienkunst // Katharinenstr. 23 // Di – Fr 14 – 18 // Sa/So 11 – 18 Uhr // vom 27. Mai bis 14. August 2011 // Wild Sky Gruppenausstellung Informationen und Angebote unter +49 (0) 441 361 613 66

Übermorgenstadt Oldenburg. Gut für Entdecker.


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thEatER OlDEnBURG Saul

Lydia Steier inszeniert Händels „Saul“ in Halle 10 auf dem Fliegerhorst Text: Michael Pitz-Grewenig

„BlockBustEr“ oratoriuM

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ondon im Sommer 1738: Georg Friedrich Händel muss mangels Interesse die Opernsaison abblasen; wieder einmal ist er wirtschaftlich gescheitert. Teure Sänger, dazu Meeresungeheuer, Vulkanausbrüche und Feuerwerk auf der Bühne – all das kostet exorbitant hohe Summen. Doch Händel sieht einen Ausweg: Die Aufführung eines Oratoriums ist bedeutend preiswerter, da man etwa die Bühnentechnik einsparen kann. Das ist zwar einerseits ein Mangel, der sich aber aus musikalischer Sicht als Chance erweist. Denn Händel muss neue musikalische Mittel entwickeln, um die fehlende Bühnenpräsenz auszugleichen. Und noch etwas sprach in jenen Tagen für ein Oratorium: Die anglikanische Kirche hatte Aufführungen biblischer Stoffe auf der Opernbühne verboten. Doch gerade diese Geschichten aus dem alten Testament erfreuten sich beim Publikum großer Beliebtheit und versprachen hohe Einnahmen. Beinhalten sie doch alle Ingredienzien, die bis heute „Blockbuster“ haben müssen: Liebe, Eifersucht, Macht, Mord und Totschlag, aber eben auch ein Happy End. Was lag näher, als zu der sattsam bekannten Geschichte von David und Saul zu greifen? Händel verpasste ihr noch ein noch glanzvolleres Ende, und fertig war der Erfolg seines Oratoriums „Saul“ bei der Uraufführung am 16. 1. 1739 im Londoner Theatre Royal Haymarket.

Um diesen Erfolg zu verstehen, muss man etwas weiter ausholen. England vollzog damals den Weg zur Weltmacht. Vor diesem Hintergrund entwickelten sich liberale Ideen, die ein Staatsverständnis erzeugten, das auf dem Kontinent wenn nicht unvorstellbar, so doch sehr modern war. Die Engländer sahen sich zudem vor der Folie ihrer ökonomischen wie strategischen Erfolge in Analogie zum alten Testament als das „auserwählte Volk“. Händel traf also mit seinen Werken den Nerv ihres Selbstverständnisses.

weniger als zwölf Solisten treten auf, das Orchester wurde verstärkt durch fremdartige Instrumente wie „Artillery kettle drums“, das sind überdimensionierte große Kesselpauken, die extra aus dem Tower herbeigeschafft werden mussten, sowie ein „Carillon“, ein Glockenspiel mit Klaviatur.

Und so wurde „Saul“ nicht nur zu einem der prächtigsten und erfolgreichsten Oratorien Händels, sondern auch eines seiner innovativsten. Die Konzeption der Arien, deren Vielzahl schon beweist, dass es Händel hier um Individuelles ging, auch die Auf den ersten Blick bediente er mit baro- Anlage der Chöre, die Harmonik und die Instrumentation sind zukunftsweisend. ckem Pomp die Erwartungen seiner ZuEs ist unglaublich, wie viel Mozart, der die hörer. Sie merkten aber nicht, dass Händel ihnen einen Spiegel vorhielt. Geschickt Musik Händels gut kannte, schon in diesem „Saul“ steckt. Man muss nur aufmerkverpackte er seine kritischen Sichtweisen zu Monarchie und Glauben und formte aus sam zuhören, um Parallelen zur „Zauberflöte“ und „Don Giovanni“ zu „erhören“. den biblischen Figuren lebensnahe Menschen. Wobei die bewegende Schilderung des psychischen Verfalls des unberechen- Für die Regisseurin Lydia Steier, die „Saul“ baren König Saul durchaus politische Bri- in Oldenburg inszeniert, steht der Machtkampf zwischen Saul und David im Zusanz enthielt. Wankelmütige Könige waren in England bekannt. Man denke nur an sammenhang mit der Frage nach dem Verhältnis einer Gesellschaft zu ihren Heinrich VIII. Herrschern. Dieser Ansatz ist so neu nicht. Und Händel wollte es wohl auch noch ein- Aktualität bekommt ihr Inszenierungsansatz dadurch, dass der Machtwechsel zumal wissen und lieferte mit dem „Saul“ dem als Zeitenwende gedeutet wird, wie eine seiner dramaturgisch stringentesdie betreuende Dramaturgin Kathariten und musikalischsten Kompositionen na Ortmann mitteilt. Die sinnlich-baroab, für die ihm der Privatgelehrte Charles Jennsens an Shakespeares Königsdramen cke mythische Welt Sauls wird verdrängt anknüpfend ein passendes Libretto liefer- durch die vernunftgesteuerte Welt Davids. te. Händel schöpfte aus dem Vollen. Nicht


thEatER OlDEnBURG Der Kirschgarten

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stillEs spiEl Anton Tschechows „Der Kirschgarten“ im Staatstheater Oldenburg Text: Sven Garbade

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an wird sagen, ich sei oberflächlich“, fürchtete Anton Tschechow, als er sein letztes Stück im Jahr 1900 fertig stellte. Und in der Tat: Der lakonische Alltagston, den er seine Figuren anschlagen lässt, eingebunden in Und in der Tat, die Verhältnisse von daeine beinahe stillstehende äußere Handmals haben mit den heutigen mehr gemeinsam als man denkt. Die Wohlstands- lung – all das machte aus dem „Kirschgarten“ zunächst keinen Erfolg. Große kultur des erfolgreichen Bürgertums und dramatische Gesten hatte sich Tschechow des Adels brachten eine zunehmende Verkomplett versagt, und dass er das Stück armung der „unteren Bevölkerungsschichauch noch als „Komödie“ annoncierte, ten“ mit sich. Veränderte soziale Verhältmachte die Sache tendenziell diffus. nisse und Produktionsbedingungen, das Anschwellen der Städte – das sind auch Dabei ist ja alles so fein gewoben, so herrlich Kennzeichen des 18. Jahrhunderts. Und vielstimmig komponiert, wie Tschechow Diktatorenabsurdität gibt es noch immer. auch hier seine Figuren, besser: richtige Menschen, auf die Bühne spült, so, als flösse echtes Leben leicht plätschernd dahin. Eine Die Halle 10 des Fliegerhorstes bietet für Händels Tableau von Machtgier, Wahnsinn möglichst prätentionslose Darstellung war ihm oberstes Gebot: „Man verlangt vom und Liebe eine exzellente „Wahlheimat“. Helden und seinem Verhalten, sie sollen Bühnenbildnerin Katharina Schlipf entbühnenwirksam sein,“ sagte Tschechow wirft hierfür ein quasi dialektisches Bühüber sein Theaterverständnis. „Aber im nenbild. Die karge Industriearchitektur der Leben erschießt und erhängt man sich nicht Halle wird erfüllt von einem prunkvollen immerzu. Meistens isst und trinkt man, Barocktheater, das immer mehr zerstört man flirtet und redet dummes Zeug.“ wird, bis letztendlich nur noch die kalte, unsinnliche Welt Davids übrig bleibt. Alles Und genau das ist auch im „Kirschgarten“ ist vergänglich (Stichwort: Vanitas), nur die zu sehen, dieser absurden Komödie über die Basis, auf der alles stattfindet, bleibt gleich. Künste des Missverstehens. Im Herrenhaus eines russischen Landgutes findet sich ein typisches Tschechow-Ensemble zusammen, Man darf sich freuen, dass das Oldenburvoller flirrender Vielstimmigkeit, durchger Staatstheater sich der gewaltigen Aufsetzt mit ein paar Unglücksmenschen: die gabe stellt, dieses Oratorium aufzuführen. Gutsbesitzerin Ranjewskaja kehrt nach Dirigent Andreas Spering ist ein Spezialist langem Auslandsaufenthalt zurück in ihr für Alte Musik und dürfte auch auf der mu- Familienhaus, doch mittlerweile ist das Gut sikalischen Seite für eine interessante Inderart hoch verschuldet, dass nun sogar der szenierung sorgen. Komplett-Verkauf droht. Heute würde man von einem Immobiliencoup sprechen, in Tschechows sanftmütiger Diktion klingt das Premiere am 20. Mai, 19.30 Uhr. Weitere Aufführungen am 25., 28. und 31. Mai so- dann so: „Gestern hatte ich noch ganz viel Geld, und heute ist es wenig.“ wie am 4., 22. und 24. Juni.

So kreisen die Figuren lange Zeit umeinander, bis man der unvermeidlichen Tatsache immer klarer ins Auge sieht: der herrliche Kirschgarten, zentrales Gelände des Anwesens, muss weg, eine ganze Feriensiedlung für Touristen könnte dort hingesetzt werden. Und tatsächlich: die neue Zeit bricht still und leise an, kaum merklich. Ein unscheinbarer Kaufmann aus dem Bekanntenkreis hat tatsächlich bereits diese Hochstätte des abwirtschaftenden Landadels aufgekauft. Eigentlich bleibt alles gleich, nur heißt der neue Gott nicht Adel, sondern Geld. Doch bis es soweit ist, und am Ende still und leise das Hacken der Äxte zu hören ist, dreht das Figurenkarussell noch ein paar Runden um sich selbst. Da ist beispielsweise ein verarmter Hauslehrer, namens Trofimow, in dem Tschechow sich selbst unverkennbar zu einem großen Stück porträtiert hat. Apropos: es ist interessant, sich zu vergegenwärtigen, dass Tschechow ja selbst lange Zeit als Dorfarzt gearbeitet hat – und zwar oft unentgeltlich. Damit er sich diese, höchst idealistische Betätigung finanziell überhaupt leisten konnte, war er auf Einkünfte aus einem ordentlichen Beruf angewiesen. Dieser stellte für ihn die Schriftstellerei dar. Diese Zeit ist längst vorbei, wie überhaupt der Untergang einer eigentümlich tatenlosen Gesellschaft das Leitmotiv in diesem lakonisch stillen Meisterwerk darstellt. Was unsere heutige Gesellschaft vergleichbar macht mit jener, die Tschechow hier beschreibt? Für das Oldenburger Staatstheater wird der leitende Haus-Regisseur K.D. Schmidt diese Frage untersuchen, und zwar an stilechtem Ort: im Offizierscasino auf dem Fliegerhorst-Gelände. Premiere am 18. Juni 2011


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THEATER BREMERHAVEN Spielplan 2011/2012

Innovativ ins Jubiläumsjahr Stadttheater Bremerhaven Spielplan 2011/2012

Stadttheater Bremerhaven greift zum 100. Bestehen aktuelle und eisige Themen auf Text: Karin Hiller

100 Jahre – Alle Sparten nach Henry Purcell und William Shakespeare The Fairy Queen/ Ein Sommernachtstraum Musiktheater George Gershwin Crazy for you Giuseppe Verdi La Traviata Ralph Benatzky Im weißen Rössl Dmitri Schostakowitsch Lady Macbeth von Mzensk Otto Nicolai Die lustigen Weiber von Windsor Erich Wolfgang Korngold Violanta Ballett Sergei Vanaev/Adolphe Adam Giselle Sergei Vanaev/Carl Orff Carmina Burana Sergei Vanaev Pinocchio Ego-Zooming II (Junge Choreographen im TiF)

D

er Spielplan 2011/2012 des Bremerhavener Stadttheaters verspricht, die innovative, experimentierfreudige Linie der ersten Spielzeit unter Intendant Ulrich Mokrusch fortzusetzen. Darauf lässt schon der Start in die neue Saison schließen, die ganz im Zeichen des 100-jährigen Bestehens des Hauses steht.

cal „Crazy for you“, Benatzkys „Im weißen Rössl“ und „Die lustigen Weiber von Windsor“ von Otto Nicolai.

Mit „Giselle“ begann Sergei Vanaev 2004 seine choreographische Arbeit in Bremerhaven. Nun bringt er seine Erfahrungen der letzten Jahre ein, um das Thema tänzerisch Schauspiel/Großes Haus neu zu bearbeiten und auch den Inhalt des Tennessee Williams Die Katze auf dem heißen Blechdach Am 1. Oktober 1911 war das Stadttheater Balletts in einen modernen Kontext zu setJohann Wolfgang von Goethe Faust Bremerhaven mit Shakespeares „Ein Somzen. Carl Orffs stimmgewaltiges Chorwerk Wajdi Mouawad Verbrennungen mernachtstraum“ eröffnet worden. Zum Ju- „Carmina Burana“ wird Vaneav in ZusamAnton Tschechow Die Möwe biläum gibt’s jetzt einen spartenübergreimenarbeit mit der Evangelischen Stadtkanfenden Theaterabend, der die damalige torei und dem Bach-Chor Bremerhaven choSchauspiel/Kleines Haus Eröffnungsproduktion aufgreift. „The Fairy reographisch umsetzen. Auch ein Ballett Roland Schimmelpfennig Der goldene Queen/Ein Sommernachtstraum“ heißt das für Kinder ist wieder dabei: „Pinocchio“, ein Drache Stück, das Sänger, Schauspieler, Tänzer, den Stück über Lüge, Wahrheit und eine plötzJan Neumann Fundament Chor und das Städtische Orchester auf der lich sehr lange Nase. Zudem können die 100 Watt und noch ein bisschen Meer Bühne vereint. Ulrich Mokrusch will Henry Tänzer der Bremerhavener Compagnie in (musikalische Bremerhaven-Recherche) UA Purcells Semi-Oper und Shakespeares Ko„Ego-Zooming II“ erneut ihre choreographiJames Edward Lyons/William Ward mödie zu einem magischen Theatererlebnis sche Phantasie spielen lassen. Weiter zu seMurta Für mich soll’s rote Rosen regnen zwischen Traum und Realität gestalten. hen: Vanaevs Erfolgsproduktion „Amon-Ra“. Andere Spielorte Eistau (nach Ilija Trojanow) UA Die Filchner-Barriere (Das letzte Kleinod) UA

Auf einen ähnlich furiosen Saisonbeginn wie im Vorjahr, als Brittens „Peter Grimes“ auch jüngere Besucher anzog, hofft das Musiktheater und präsentiert gleich zwei selten gespielte Opernwerke des 20. Jahrhunderts. Kinder- und Jugendtheater In seiner 1934 uraufgeführten Oper „Lady Gertrud Pigor Herr Fuchs mag Bücher Macbeth von Mzensk“ führt uns Dmitri Michael Ende Momo Schostakowitsch mit gewaltiger KlangmaleJörg Menke-Peitzmeyer Arm aber sexy Holger Schober Feiert! Facebooked! Folgt! rei eine Frau zwischen Liebe, Verzweiflung oder Ich möchte Teil einer Jugendbewegung und Mord vor. Ähnlich dramatisch ist das Schicksal von „Violanta“, die in Erich Wolfsein gang Korngolds Operneinakter den Selbstnach Jean-Paul Lilienfeldt Charra – ich mord ihrer Schwester rächen will. Im Probin dann immer noch da Lee Beagley, Anna Siegrot nach Hermann gramm ist zudem Verdis „La Traviata“, wo Melville Das Meer in uns sicher ein paar Tränen vergossen werden. Für die Welt bist du nur irgendjemand UA Für gute Laune sorgen Gershwins Musi-

Das Schauspiel hat sich mit elf neuen Produktionen viel vorgenommen. Neben Klassikern wie Goethes „Faust“ und Tschechows „Die Möwe“ steht Tennessee Williams’ „Die Katze auf dem heißen Blechdach“ auf dem Programm. Ebenfalls im Großen Haus ist ein Stück des libanesischen Autors Wajdi Mouawad zu sehen: In „Verbrennungen“ erfüllen zwei Kinder das Testament ihrer toten Mutter und werden mit einer tragischen Vergangenheit konfrontiert. Das Kleine Haus des Stadttheaters ist der passende Ort für Stücke, die um das alltägliche Leben kreisen. „Der goldene Drache“ von Roland Schimmelpfennig – 2010


THEATER BREMERHAVEN Spielplan 2011/2012 15

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Amon-Ra

mit dem Mülheimer Dramatikerpreis ausgezeichnet – erzählt von Menschen, die in einer globalisierten Welt ihren Platz suchen. In „Fundament“ beobachtet Jan Neumann die bürgerliche Welt einer Kleinstadt, die nach einem Sprengstoffanschlag aus den Fugen gerät. Eine Hommage an das Leben und vor allem an die Chansons von Hildegard Knef wird mit „Für mich soll’s rote Rosen regnen“ inszeniert. Und auch das Kleine Haus feiert mit „100 Watt und noch ein bisschen Meer“ den Geburtstag des Stadttheaters und die Stadt Bremerhaven. Nach der bundesweit beachteten Premiere der „Entdeckung der Langsamkeit“ nach dem Roman von Sten Nadolny im Deutschen Schiffahrtsmuseum greifen erneut zwei Stücke an Spielorten außerhalb des Theaters eisige Themen auf. „Die Filchner-Barriere“, eine Zusammenarbeit mit der Theatergruppe „Das Letzte Kleinod“, berichtet über die dramatische Antarktisexpedition des deutschen Polarforschers Wilhelm Filchner im Jahre 1911. „Eistau“, nach dem Roman von Ilija Trojanow, erzählt von der Leidenschaft eines Forschers für die Antarktis, vergängliche Gletscher und das ewige Eis. Das Kinder- und Jugendtheater hat sich unter dem engagierten Einsatz der Dramaturgin Alexandra Luise Gesch zu einer wirklich eigenständigen Sparte entwickelt. Geplant ist, im Bremerhavener „Pferdestall“ einen Ort für diese für die Zukunft des Theaters so wichtige Zielgruppe zu etablieren. Entsprechend umfangreich ist das Programmangebot mit Projekten, die sich mit den Problemen von Heranwachsenden befassen und Stücken für kleinere Zuschauer, die auf intelligente Weise unterhalten. Die Sinfoniekonzerte unter GMD Stephan Tetzlaff sichern in ihrer bewährten Zusammenstellung aus Klassik und Moderne ein volles Haus, doch es gibt auch viel Neues zu entdecken. „The compass“, ein Konzert der australischen Komponistin Liza Lim, stellt mit dem Didgeridoo ein für Konzertsäle eher ungewöhnliches Instrument in den Mittelpunkt. Neu ist auch eine Reihe mit Konzertprogrammen für Kinder und Jugendliche, in denen die jungen Zuhörer an klassische Musik herangeführt werden.

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thEatER BREMERhaVEn Un giorno di regno

aMüsantEs VErwirrspiEl

Verdis Frühwerk „Un giorno di regno“ im Großen Haus in Bremerhaven Text: Karin Hiller photocase

„„i

ch stand allein, mutterseelenallein. Im Verlauf von rund zwei Monaten waren drei geliebte Menschen für immer von mir gegangen. Meine Familie gab es nicht mehr“, erinnerte sich Giuseppe Verdi an das Jahr 1840, in dem er schmerzliche Schicksalsschläge erleiden musste. Nachdem seine Tochter und sein Sohn ihm in Folge schwerer Krankheiten genommen worden waren, starb mitten während der Arbeit an seiner zweiten Oper „Un giorno di regno“ seine geliebte Frau Margherita.

Eigenständigkeit und Hinweise auf Verdis spätere Opern.

Die Geschichte erzählt sich nicht von allein, der Regisseur muss sie schon verständlich machen. Die Lösung hat Koch„Die Oper hat eine sehr eigene moderheim gefunden, indem er das Geschehen ne Dramaturgie“, erklärt Regisseur Philipp auf zwei Ebenen verlegt, aus zwei PerspekKochheim, der das Stück in Bremerhaven tiven betrachtet (Musikalische Leitung: inszeniert. „Die Personen stehen immer in Richard Fletcher, Ausstattung: Barbara Zweierkonstellationen in klarer Beziehung Bloch). Die Handlung spielt in einem Thezueinander, und es ist ein Spaß zu sehen, aterarchiv, in dem ein historisches Stück wie sich das verändert.“ In der komödianti- ausgegraben wird, und wechselt dann in schen Rezeptionsgeschichte sieht Kochheim die zweite Ebene, die Welt der Figuren. „Es die Oper irgendwo „in der Mitte zwischen ist poetisch und skurril wie im Märchen, der Commedia dell’Arte und dem absurden wo die Marionetten, die der Spieler zur SeiTheater des Dario Fo. Es ist keine Oper, die te gelegt hat, zum Leben erweckt werden.“ Verdi stand unter Schock, beendete aber sich für eine Aktualisierung anbietet.“ seine erste komische Oper und erfüllte Nicht der Wortwitz ist entscheidend, son„Un giorno di regno“ ist eine Verwechspflichtgemäß den Vertrag mit der Mailändern wie die Personen miteinander umgeder Scala. Dann der nächste Schlag: Die Ur- lungskomödie im besten Sinne. Mittelhen. Kochheim hat es sich zum Prinzip geaufführung war ein katastrophaler Misser- punkt ist der Höfling Belfiore, der im Auf- macht, vorher möglichst wenig über den folg. Vom Publikum ausgepfiffen beschloss trag des Hofes den polnischen König für Charakter der Figuren festzulegen, soneinen Verdi, fortan keine dern deren Entwicklung abhängig von den Note mehr zu schrei- „Un giorno di regno“ ist eine Verwechs- Tag Persönlichkeiten der Sänger zu gestalten: verben. Erst das Libretto lungskomödie im besten Sinne. „Die Charaktere sollen sich aus den spieletreten rischen Gelegenheiten entwickeln, aus eizu „Nabucco“ weckte erneut seine kompositorische Energie und soll, damit dieser unbemerkt aus seinem ner Spielfreude der Probe entstehen.“ Exil nach Polen zurückkehren kann. Dass Leidenschaft und war ihm Basis für einen Belfiore in seiner Funktion als König an seiner größten musikalischen Triumphe. Erst 50 Jahre nach „Un giorno di regno“ diesem Tag zwei Paare vermählen soll und wagte sich Giuseppe Verdi wieder an eine Zu Unrecht ist Verdis Frühwerk „Un giorbestürzt in einer der Bräute seine Geliebte musikalische Komödie, „Falstaff“. Es sollte no di regno“ selten auf den Opernbühnen erkennen muss, ist der Beginn eines höchst seine letzte Oper werden. zu sehen. Es steht noch in der Tradition der amüsanten Verwirrspiels um falsche VerPremiere am 28. Mai (19.30 Uhr) im GroNummernopern, jedoch findet man bei ge- sprechungen und die wahre Liebe. ßen Haus. Weitere Vorstellungen: 3., 9., nauem Hinhören bereits eine musikalische 12., 15. und 18. Juni.


thEatER BREMERhaVEn „Odyssee: Heimat“ 17

Interkulturelles Theaterfestival „Odyssee: Heimat“ startet in Bremerhaven Text: Karin Hiller

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um neu gegründeten interkulturellen Theaterfestival „Odyssee: Heimat“ hat das Stadttheater Bremerhaven nationale und internationale Theatergruppen mit ihren Projekten zum Thema Migration eingeladen. Migration ist hier zu verstehen im Sinne von Wandel, Bewegung und Veränderung, die eine ständige Neudefinition des Menschen erfordern. Die Inhalte der Stücke kreisen um die Themen Globalisierung, Sprache als Heimat, Ortsbezogenheit, Mobilität, Rassismus. Eine szenische Bearbeitung des Kafka-Romans „Amerika“ ist ebenso zu sehen wie die niederländische Produktion „Unserdeutsch“, in der es um eine Gruppe von Deutschen im Ausland geht und um die Entwicklung ihrer Sprache in fremder Umgebung. In dem Stück „Lust auf was anders“ aus Berlin ist eine Deutsch-Türkin auf der Suche nach ihrer Identität, ein Spiel mit Vorurteilen und Klischees.

suchE nach idEntität

ma Flucht zusammen mit Schülern ein Stück über vietnamesische Boat People erarbeitet. Und es ist gelungen, eine der innovativsten Gruppen der jungen Theaterszene, „Rimini Protokoll“, mit einem Stück für das Festival zu gewinnen. Zum umfangreichen Programm des Festivals gehören Workshops in Schulen, ein wissenschaftlicher Diskurs im Auswandererhaus mit Vorträgen von Künstlern und Wissenschaftlern zum Thema Heimat, ein Festivalzentrum als Ort des Austausches und die Bekanntgabe des Gewinners eines weltweit ausgeschriebenen Stückewettbewerbs zum Thema Migration des Internationalen Theaterinstituts ITI. 4. bis 12. Juni am Stadttheater Bremerhaven

„In meinem Hals steckt eine Weltkugel“

Regisseur Erik Altorfer beschreibt den Kern des Stücks: „Vier Personen führen eine Debatte darüber, wie man in der westlichen Welt mit dem Wissen über die restliche Welt umgeht. Sind die Menschen empathiefähig, haben sie die Möglichkeit zu handeln?“ – Was fange ich mit den Informationen an, die ich bekomme und wem nützt mein Mitleid? Zu viele Informationen führen zu Abstumpfung, lassen das Leid der anderen austauschbar erscheinen. Ein Thema mit konkretem Bezug zu Bremerhaven ist das Problem Auswanderung. Wie hat sich der Umgang mit Flüchtlingsströmen im Laufe der Zeit verändert? „Satirisch überspitzt stellt sich die Frage“, so Altorfer, „die Flüchtlinge haben früher ihr Schicksal selbst in die Hand genommen, warum sollen wir ihnen heute helfen?“

Die Unterhaltung zwischen den vier Personen findet in einer Bildungsschicht statt, die auf Spendenaufrufe reagiert, um in ihTeil des Festivals ist eine Uraufführung des rer Hilflosigkeit Gutes zu tun. Das Stück Schweizer Dramatikers und Historikers ist laut Altorfer auch „eine Abrechnung Ein Dokumentarstück zeichnet das dramaGerhard Meister, der in seinen Stücken po- mit Heuchelei und Ablasszahlung gegen tische Schicksal eines Ingenieurs aus Banlitische und historische Themen durch die schlechtes Gewissen.“ Es endet in einer gladesh auf der Flucht in sein Traumland satirische Brille betrachtet, so auch in „In konkreten Erzählung um eine OrganspenKanada nach. Monika Gintersdorfer macht meinem Hals steckt eine Weltkugel“. Meis- de, die deutlich macht, wie sehr unsere in ihrer Tanzproduktion afrikanische und ter setzt sich mit der Globalisierung ausWelt und die Dritte Welt trotz aller Gegeneuropäische Kultur in Gemeinsamkeiten einander und mit der Überforderung des sätze voneinander abhängig sind. und Trennendem erlebbar. Die KünstlerPremiere am 4. Juni, 19.30 Uhr, Menschen durch die tägliche Informatigruppe „Das Letzte Kleinod“ hat zum Theim Großen Haus. onsflut aus den anderen Teilen der Welt.


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KOlUMnE

Da capo! Erinnerungen von foyer-Kritiker Simon Neubauer

aBgEsang dEr göttEr E

in Zeitalter ging zu Ende. Genauer und weniger pathetisch gesagt, ein mit der Verabschiedung der Götter verbundener musikgeschichtlicher Einschnitt bahnte sich an, als die sicher mit unvergänglichen Marksteinen angereicherte Barock-Epoche von den frisch und melodisch klingenden Einflüssen der frühen Klassik mehr und mehr überstimmt wurde. Doch wie stets in Zeiten des Umbruchs blühte nochmals ein kreativer Boom auf, setzte in allen Landen, in denen Musik gespielt und gehört wurde, kompositorische Fließbänder in Bewegung.

Theater Bremen: Idomeneo; Foto: Jörg Landsberg

seinem Knabenalter kleinere Früchte des Genres abgeworfen hatte, ehe mit dem „Idomeneo“ das Prachtexemplar reifte. Das Meiste aus den Werkkatalogen dieser Umbruchzeit ist längst in verstaubten Archiven verschwunden. Selbst Mozarts „Idomeneo“ war ad acta gelegt, musste nach langer Zeit etliche Bearbeitungen etwa von Richard Strauss erdulden, ehe er nun längst als ein Meisterwerk, ja als Geniestreich Mozarts auf dem Weg von der Anpassung zur Autonomie anerkannt war.

Heute fehlt es nicht an herausragenden „Idomeneo“-Aufführungen. In Hannover konnte man jüngst einer überaus poeMozart gehörte neben Christoph Willitischen, ganz in Weiß gebetteten Inszeniebald Gluck zu den ersten Komponisten, rung von Philipp Himmelmann begegnen die Reformen anstrebten und begannen, (der Regisseur arbeitet oft auch in Bremen, die streng geschmiedeten Korsette der zuletzt brachOpera seria aufzute er das urbrechen. Beide ge- Heute fehlt es nicht an herausrahörten ja nicht zu genden „Idomeneo“-Aufführungen. aufgeführte Auftragswerk den unbedenk„Kyros“ auf die Bühne). In Erinnerung lichen Vielschreibern wie etwa Händel, blieb auch das bewegende Gastspiel aus Vivaldi, Cimaroso, Pergolesi oder PaisieAix-en-Provence (Musikfest Bremen 2009). llo, von dem sogar hundert Theatermusiken aufgelistet sind. Doch über längst verdorrtes Gestrüpp, über die mehr oder minder gewachsenen Bonsais erhob sich der Mammutbaum Mozart, der schon seit

Unvergessenes Glück schenkte einst eine Jubiläumsaufführung im Münchener Cuvilliés-Theater, wo Architektur und Mu-

sik in beglückender Harmonie zusammen klangen. Peter Schneider, damals Chefdirigent der Bayrischen Staatsoper, leitete das Ereignis; übrigens sang Eliane Coelho, die von Bremen aus an berühmte Häuser gewechselt war, eine wütend erregte Elektra. Aber nun haben wir am Goetheplatz eine ebenfalls Staunen erregende, optisch total neuartige und musikalisch erstklassige „Idomeneo“-Präsentation – Pflichtbesuch für jeden Mozartfreund! Außerdem besteht die Möglichkeit, Mozarts psychologischexpressive Tiefenansicht der frühen und der späten Jahre zu vergleichen, da das Stadttheater Bremerhaven eine komödiantische „Cosi fan tutte“ im Spielplan hat. Um schließlich der Wahrheit die Ehre zu geben: Ganz vergessen sind die Fließbandopern aus Mozarts Zeit doch nicht. Die Bewegung hin zur „Alten Musik“ und zu möglichst authentischen Wiedergaben führte die Spurensucher weit hinein in die Nischen der Magazine. Und das Ergebnis der Forschenden kommt den Countertenören unserer Gegenwart wie auch den Vokalartistinnen vom Range der Cecilia Bartoli und der Simone Kermes sehr gelegen.


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thEatER in nORDEn Opernpremieren

Idomeneo

Cos ì fan tutte, Fotos: Jörg Landsberg

Opernpremieren an norddeutschen Theatern

Theater Bremen „Idomeneo“

Stadttheater Bremerhaven „Così fan tutte“

Kraus etwas zu laut und undifferenziert gesungen, ist hier der joviale Firmenchef. Zuerst noch ein wenig uninspiriert, entwickelt sich das Orchester unter Richard FletWas für eine Exposition! In wenigen StriArbeitsalltag in einer Spedition, Kisten cher zu einer zuverlässigen instrumentachen legt Wolfgang Amadeus Mozart in werden geschleppt, Lieferscheine unterlen Unterstützung der Sänger. Am Ende seinem 1781 in München uraufgeführschrieben. Regisseurin Katja Wolff verlegt viel Applaus für ein spielfreudiges und ten „Idomeneo, Re di Kreta“ eine Welt der Mozarts „Così fan tutte“ in eine alltägliche stimmlich bestens aufgelegtes Ensemble. menschlichen Emotionen bloß, die von Umgebung. Der Chor sitzt im Publikum Karin Hiller vornherein eine vordergründige Haupt- und und kommentiert nebenbei durch Zurufe Staatsaktion der in mythologischer Antike das Geschehen auf der Bühne. spielenden Geschichte über Besetzung und Staatstheater Oldenburg Unterdrückung vollkommen verläßt. Und Als Zuschauer ist man mittendrin, sieht als „Aida“ der Generalmusikdirektor Markus Poschner Bühnenbild ein Speditionsbüro, in dem die realisierte die von Mozart so geliebte Musik Protagonisten der Oper arbeiten. Das sind Eine kühl arrangierte Parabel gegen Untermit Feuer und Präzision, verwendete in den Menschen wie wir, die uns da ein Lehrstück drückung und Krieg vor dem Hintergrund Blechbläsern historische Instrumente und über die Treue vorführen. Boulevardstim- von Versklavung, Hinrichtung und zererreichte so ungewöhnliche Klangfarben. mung, die nicht immer Spaß macht. Die störten Symbolen der Freiheit – so setzte Flut an Gags nimmt den Sängern oft den Nina Gühlstorff Verdis „Aida“ in der Halle Der Regisseur Kay Kuntze interessiert sich Raum, zu ihren Rollen zu finden. Die In10 des ehemaligen Fliegerhorstes in Szene. nicht für die Aktualisierung der Geschichte szenierung hat ihre überzeugendsten MoVerweise auf die Gegenwart durch Bühselbst als vielmehr für die psychische Absolutheit der Gefühle – und wird damit natür- mente, wenn Wolff ihnen die Zeit gibt, ihre ne (Marouscha Levy) und Kostüme (Marlich extrem aktuell. Es gibt kein historisches Charaktere zu entwickeln und Emotionen kus Karner) wirkten dabei allerdings trivizu zeigen. Dann können die Sänger ihr vor- al und eher als dekoratives Additiv. Bühnenbild, sondern die auf einem verschiebbaren Quader gestaltenden Lichtpro- zügliches Potenzial unter Beweis stellen. Auf die politischen und libidinösen Enerjektionen der Bremer Firma „UrbanScreen“. Peter Kubik und Daniel Kim glänzen als gien, die die Protagonisten antreiben, Viele Tautologien, allerdings ein intereswarf diese Inszenierung kein neues Licht. santes Experiment, das nach Wiederholung Verführer, Lilli Wünscher und Ann Julietruft. Reines Mozartglück auch bei den meis- te Schindewolf als die verführten Frauen. Nina Gühlstorff vertraute auf das konten Sängern, am überzeugendsten bei Nadja Als Despina gibt Pinelopi Argyropoulou ventionelle gestische Standardrepertoire Stefanoff als Idamante. eine sexy Frau im Minikleid, Lederjacke der alten Tante Oper. Erst im 3. und 4. Akt Ute Schalz-Laurenze und Stiefeletten. Don Alfonso, von Werner kam Schwung auf, als der Fokus musika-


thEatER in nORDEn Opernpremieren

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lisch mehr auf das Zwischenmenschliche gerichtet wurde. Aber es drängte sich zwingend die Frage auf: Was geht uns dies alles noch an? Postmoderne Skepsis und banale Fundstücke aus dem Agitproptheater bringen uns die Hoffnung auf eine real befreite Gesellschaft, die Verdi wohl vorschwebte, nicht näher, sondern verweisen in der Tat auf einen Platz ins Museum abgedroschener inszenatorischer Sichtweisen. „Aida“ ist stets eine Herausforderung, deren Bühnengestaltung nur gelingen kann, wenn das Feinsinnige des Geschehens ans Licht gebracht wird. Dies ist Roger Epple hervorragend gelungen, der das inspiriert musizierende Oldenburgische Staatsorchester und die Chöre (Thomas Bönisch) souverän zur Höchstleistung führte. Mary Elizabeth Williams als Aida erglühte, war von Angst, Zorn, Hass erfüllt. Andrea Baker als kongeniale Amneris zeigte die irre Verzweiflung einer Frau, die am Ende ihrer Möglichkeiten angelangt ist. Schade, dass Alexej Kosarev als Radames gesanglich und schauspielerisch recht eindimensional agierte. Michael Pitz-Grewenig

Aida, Fotos: Andreas J. Etter

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thEatER in nORDEn Schauspielpremieren

Kampf des Negers und der Hunde

Amon-Ra; Fotos: Jörg Landsberg

Schauspielpremieren an norddeutschen Theatern

Theater Bremen „Kampf des Negers und der Hunde“ Das Bremer Schauspiel wird konsensfähig. Dicht wie selten lagen die Meinungen diesmal beieinander: überwiegend positiven Anklang fand dieser theatrale Nachtspaziergang auf den Spuren von Bernard-Marie Koltès. Völlig zu recht, wie wir finden, denn die geheimnisvolle Atmosphäre der Vorlage wurde hier auf so gelungene Weise umgesetzt, dass ein starker Theaterabend garantiert ist. Archaische Urkonflikte zwi schen Schwarz und Weiß, zwischen Herr und Arbeiter, zwischen Mann und Frau bilden den Rahmen dieser auch optisch spannend eingerichteten Inszenierung. Der Abend bietet zwischen spiegelnden Pfützen und heißen Nebelschwaden eine ganz eigene Poesie. Und er regt zum Nachdenken an.

ausgabe seines ermordeten Bruders. Wegen Aufsässigkeit wurde dieser vom Aufseher erschossen, nun versinkt seine Leiche in der Latrine. Ein gesetzloser Ort ist diese rabenschwarze Industriestätte, und doch kämpfen alle Figuren leidenschaftlich um die Reste ihrer Kultur. Dieser unheimliche Kampf ist bei Koltès allen gemeinsam, Afrikanern wie Europäern. Empfehlenswert! Sven Garbade

Stadttheater Bremerhaven „Amon-Ra“

de Deux von Echnaton und Amon-Ra. Mit emotional berührendem Ausdruck setzen Kevin Yee-Chan und Kai Braithwaite Vanaevs akrobatische Choreographie eindrucksvoll um. Sie lassen die Besessenheit, aber auch die Sinnlichkeit spüren, mit der Echnaton dem Sonnengott verfallen ist. Der Pharao stellt Amon-Ra über alle anderen Götter; am Ende wird er für diese willkürliche Wahl bestraft und eingemauert. Schmerzerfüllt muss Nofretete mit ansehen, wie Echnaton ihr entgleitet. Anna Calvo Gómez zeigt in Mimik und Gestik eine Frau zerrissen zwischen Liebe und Eifersucht. Am Ende besteigt Nofretete als einsame Herrscherin den Thron, die Götter nehmen Amon-Ra wieder in ihre Mitte und zelebrieren sich selbst zur ekstatischen Musik von Philip Glass. Ein starkes Schlussbild, das lange und eindringlich im Gedächtnis bleibt. Karin Hiller

Diesen Ballettabend sollte man einfach auf sich wirken lassen. In einer eindrucksvollen Synthese aus Choreographie, Musik und Bühnenbild gelingt Sergei Vanaev mit „Amon-Ra“ ein emotionales, teilweise mystisches Tanzstück, das man auch ohne Kenntnis der historischen Fakten um den ägyptischen Pharao Echnaton, seine Frau Afrika stellt in dem Stück (aus dem Jahr Nofretete und den Gott Amon-Ra versteht. 1984) ein ähnliches Herz der Finsternis dar Der geschickte Wechsel zwischen Barock- Staatstheater Oldenburg wie in dem berühmten Roman von Joseph musik, zeitgenössischer Musik und den Conrad. Eine moralisch fragile Welt, in der „Prinz Friedrich von Homburg“ Gesängen tibetanischer Mönche hält den vier Menschen in einem psychologischen Spannungsbogen und gibt den Tänzern die Es gibt Augenblicke, da glaubt man, das Quartett gefangen sind: ein schwarzer ArMöglichkeit, sich und ihre Stärken indiviHerz wolle zerspringen; man glaubt, etwas beiter, zwei weiße Baustellen-Leiter sowie duell zu präsentieren. zu fühlen und weiß sich doch auf unsicheeine schöne Frau. Die Stimmung knistert wie in einem US-amerikanischen Südstaa- Choreographischer und tänzerischer Hörem Grund. Kleists letztes Schauspiel, eben ten-Drama. Ein Afrikaner fordert die Herder im Jahre 1811 geschriebene und der hepunkt ist der vor Erotik knisternde Pas


thEatER in nORDEn Schauspielpremieren

Prinz Friedrich von Homburg; Foto: Andreas J. Etter

Prinzessin Amalie Marie Anne gewidmete „Prinz Friedrich von Homburg“ quittiert den Bankrott einer Lebensrealität, die von der These ausgeht, alles sei rational erfassbar. Regisseur Alexander Riemenschneider fokussiert konsequent das Personal auf vier Schauspieler, lässt wie in einer Spektralanalyse die verschiedenen Rollen als Facetten ihres Daseins erscheinen und setzt so exakt die oben genannten Momente. Riemenschneider versteht, dass Kleist die Ängste und Nöte eines Menschen innerhalb einer restriktiven Gesellschaft verhandelt. Deren Macht bis hin zur völligen Deformation des Menschen führt. Muss man betonen, dass dies aktueller denn je ist? Sebastian Brandes in der Rolle des Prinzen gelingt kongenial die Umsetzung dieses Ansatzes.

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Shakespeare’s Pleasure Island; Foto: Marianne Menke

erzierhalle? Rimma Starodubzeva ließ dem Raum seine matriarchalische Wirkung und formte eine Bühne, die mit minimalen Mitteln weite und zugleich ironische Spielräume erschloss, an deren Wirkung die klangliche Gestaltung von Tobias Vethake einen hohen Anteil hatte. Alexandre Corazzola schuf dazu mit ihren historisierenden Kostümen einen passenden Kontrapunkt. Fazit: Spannende 80 Minuten, die zwar wie im Flug vergingen, aber nachhaltige Denkanstöße lieferten. Michael Pitz-Grewenig

bremer shakespeare company „Shakespeare’s Pleasure Island“

finden uns auf einer Insel, die alles andere als eine Insel der Glückseligen ist: Im Vergnügungspark werden Delinquenten per Elektroschock zum Glück gezwungen, im Gefängnisteil Menschenversuche angestellt. Erst langsam wird deutlich, dass wir in Prosperos Versuchslabor sind. Der tritt lange nicht auf, die Macht scheint bei seinem Bruder Antonio zu liegen. Beide (der eine weiß, der andere schwarz gekleidet wie Yin und Yang) werden namentlich nicht genannt, überhaupt werden nur genannt ein gewisser Joey als ein stotternder, debiler Narr, Miranda als Reproduktion der entflohenen wirklichen Miranda sowie Caliban, der mal als hinkendes Teufelchen erscheint, mal im Kostüm der Biene Maja.

Sie sind alle deformierte Geschöpfe aus Prosperos Labor: Nicht „der Stoff aus Shakespeares „Sturm“ spielt auf einer Indem die Träume sind“, sondern AlbträuEs ist das Überzeugende dieser Inszesel, und eine Insel kann Weltferne bedeume. Solche Originalzitate lässt sich Beanierung, dass sie den Blick auf das Inten. Für den Regisseur Lee Beagley und gley nicht entgehen, wie er auch sonst nere leitet und damit auch zeigt, wie inseine acht Schauspieler der bremer shakes- noch bei Shakespeare plündert (etwa bei haltsleer die anderen Personen sind, ob es nun scheinbare Freunde (Vincent Dod- peare company, verstärkt durch einen Mu- „Was ihr wollt“). Ansonsten gibt es an diesiker, ist in seiner Bearbeitung des Stoffes sem zweistündigen, mit viel zirzensischem dema), seine Liebe (Sarah Bauerett) oder der Kurfürst (Daniel Fries) sind. Da reichte daraus halb Gefängnis, halb Vergnügungs- Aufwand gestalteten Abend eigene Assoziationsketten zum Sturm: Wir begegnen manchmal nur eine kleine Geste, ein Blick park geworden. „Shakespeare’s Pleasure und schon änderte sich die Gravitation des Island“ heißt das zur Science-Fiction-Gro- sprechenden Fischen und ähnlich phanteske umgemodelte Stück, das in der wie tastisch absonderlichen Wesen. Insgesamt Stückes. Eine intelligente Inszenierung, ein Gefängnis anmutenden „umgekippten scheint an diesem bunten, stellenweidie Distanz wahrt und nicht Sentiment mit se witzigen Abend, der aber auch gewisKommode“ gespielt wird. Sentimentalität verwechselt. se Längen hat, von Ferne Neil Postman mit „Wir amüsieren uns zu Tode“ zu winken. Wo könnte ein solches Stück besser aufge- Eine Groteske mit Musik zwischen Rock, führt werden, als in einer ehemaligen ExBlues und alten Music-Hall-Songs. Wir be- Christian Emigholz


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KOlUMnE

Nachgedacht: Text: Stephan Cartier

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dEr wald hintEr dEn zEichEn S

elten ist Philosophie so hilfreich wie beim Wechseln der Autoreifen. Denn entgegen landläufiger Meinung ist der größte Kraftakt beim Tausch der Winter- und Sommerreifen nicht das Lösen der Muttern und Aufbocken des tonnenschweren Wagens. Nein, es ist das Dechiffrieren der Kreidezeichen auf den eingelagerten Gummimänteln. Was bedeutete noch einmal „V-L“, was „H-R“? Die Auflösung „vorne links“ und „hinten rechts“ liegt zwar auf der Hand – aber wie war das noch mal gemeint? Bedeutet „links“ die Fahrerseite oder die des Beifahrers? Man will ja jeden Reifen an seine alte Position bringen – gute Deutsche machen immer, was der ADAC empfiehlt. Es kommt also darauf an, von welcher Seite man das Ganze betrachtete, als man im Winter zuvor die Reifen abmontierte und beschriftete. Stand man geistig vor dem Auto oder saß man drin? Die Folgen wären diametral entgegengesetzt – links und rechts vertauschen sich. Dass dieses Problem jedes Jahr aufs Neue auftaucht, macht es nicht nur zu einem technischen Notfall, sondern lässt auch Fragen an die Hirnkapazitäten des Autobesitzers aufkommen. Und hier kommt die Philosophie ins Spiel. Denn eben weil ihm mentale Grenzen bei der Erinnerung gesetzt sind, hat der Mensch die Zeichen erfunden, die den Faktor Zeit besiegen sollen. Die Zeichen

bleiben in Büchern – wo man sie Buchstaben nennt – bestehen und lassen sich auch noch nach Generationen entziffern. Vom notorischen Schriftverächter Sokrates wissen wir nur so viel, weil Platon seine Dialoge aufschrieb. Wären sie allein nach dem Stille-Post-Prinzip hinweg mündlich überliefert worden, würden sie vielleicht heute lustiger klingen, trügen aber weniger von ihrer ursprünglichen Weisheit in sich. Ernst Cassirer, der Philosoph der symbolischen Formen, hat den Menschen denn auch zum „animal symbolicum“ gekürt, das die Welt um sich herum in Symbole übersetzt, um mit dieser Wirklichkeit besser umgehen zu können. Darin liege der kulturelle Beitrag zum Überleben der Spezies. Doch mit dem Verteilen von Symbolen für die Dinge ist es nicht allein getan. Es muss auch immer die Regel zur Entzifferung überliefert werden. Die Verwirrung über die Bedeutung von „HL“ oder „VR“ auf den Sommerreifen zeigt es. So kann auch als Warnung gelesen werden, was Cassirer 1944 in seinem „Versuch über den Menschen“ eigentlich als Eloge schrieb: „Der Mensch kann der Wirklichkeit nicht mehr unmittelbar gegenübertreten, er kann sie nicht mehr als direktes Gegenüber betrachten. Die physische Realität scheint in dem Maß zurückzutreten, wie die Symboltätigkeit des Menschen an Raum gewinnt.“ Vor lauter Zeichen sieht man den Wald nicht mehr.

Wie folgenreich diese Unklarheit der Symbole werden kann, hat der amerikanische Zeichentheoretiker Thomas Sebeok gezeigt. Er dachte darüber nach, wie man über Jahrtausende hinweg sicherstellen kann, dass vor radioaktiven Endlagerstätten oder Atomruinen für alle Menschen verständlich gewarnt werden kann. Ein Problem, das sich in Fukushima als nächstes stellen wird. Es sei ja gut möglich, so Sebeok, dass das Wissen um die Bedeutung der Zeichen verloren ginge, etwa durch Kriege oder andere Katastrophen. Seine Lösung für das Problem: Allein eine Kaste von Priestern oder Weisen, die das Wissen von Generation zu Generation weitergegeben, könne die Information sichern. Womit man wieder bei der Stillen Post wäre. Ob dies tatsächlich funktionieren würde, sollte lieber nicht im Ernstfall getestet werden. Manche physische Realität strahlt denn doch weit über die kulturelle Errungenschaft des Symbols hinaus. Ernst Cassirers Hoffnung, dass sich in der Erfindung der Zeichen die Zivilisationsfähigkeit des Menschen manifestiere, ließe sich eben auch andersherum lesen: Wofür der Mensch keine Zeichen finden kann, davon sollte er die Finger lassen. Andernfalls droht der Rückfall in barbarische Zustände. Die Strahldauer von Plutonium übersteigt die mentale Halbwertzeit der Erinnerung an Sommerreifen-Kennzeichnungen doch um einiges.


thEatER Boulevard

BoulEVard

„What a feeling“

Text: Peter Schulz

Musical auf dem Schiff

oder „Rockin All Over The World“, aber auch Schmusesongs wie „Lady In Red“, Während andernorts der Trash Trium„Black Velvet“ oder „In The Air Tonight“. phe feiert und knackige Kerle in öliger Die Premiere von „What a feeling“ wur„Chippendales“-Manier zur Freude kreide am 11. Mai gefeiert; in den kommenden schender Damen „in den besten Jahren“ Wochen stehen zahlreiche Aufführungen ihre durchtrainierten Bodys mitsamt ihrer „kleinen Freunde“ entblößen, geht es auf auf dem Programm des „Theaterschiffs“. dem „Theaterschiff“ erheblich gesitteter, keinesfalls aber weniger spaßig zu. „What a Comedy im Kuba feeling“ lautet der Titel eines „Comedy-Mu- Nicht „Boulevard“ im Wortsinn, aber dafür sicals“, das der Chef auf dem Schiff, Knut beste intelligente Unterhaltung versprechen Schakinnis, einstudiert hat. zwei Veranstaltungen im Kulturbahnhof Das Stück kreist um die Krise einer erfolgreichen Band namens „Love Cats“, der die Saxophonistin und Sängerin abhanden kommt. Auf die Schnelle wird eine neue Frontfrau gefunden, die allerdings nicht nur gekonnt die Lücke füllt, sondern prompt allen Bandmitgliedern den Kopf verdreht. Das kann natürlich nicht gut gehen, sondern löst eine Art „Sängerkrieg“ unter den verliebten „Tomcats“ aus, die damit das Bestehen ihrer Combo aufs Spiel setzen. Die „musikalische Zeitreise durch die letzten sechs Jahrzehnte des vergangenen Jahrhunderts“ ist laut Veranstalter „die bisher aufwändigste Produktion des Jahres auf Bremens schwimmender Bühne.“ Im großen Saal des „Theaterschiffs“ wird ein siebenköpfiges Ensemble nicht nur spielen und singen (musikalische Leitung: Stephan Ohm), sondern auch live musizieren, nämlich „Ohrwürmer“ von Pop bis Rock. Dazu gehören Klassiker wie „Jailhouse Rock“

(Kuba) in Bremen-Nord (Hermann-Fortmann-Straße 32): Kabarett-Urgestein Henning Venske und Comedy-Legende Jochen Busse spannen am 23. Mai ihren anarchistischen Gesprächsbogen von der Demokratieverdrossenheit der alten Griechen über den Gesellschaftsvertrag von Rousseau und die Besteigung aller Krisengipfel bis zu den aktuellen Wahlschlachten. Dabei ist ihnen kein Gedanke abwegig genug, um nicht dem allgemeinen Gelächter preisgegeben zu werden. Schrill, schriller, Perlinger – in „Gönn dir ’ne Auszeit“ verspricht Sissi Perlinger am 27. Mai einen irrwitzigen Rundumschlag gegen alle Denkgewohnheiten, die sich nach näherer Betrachtung als kontraproduktiv erweisen. Die Dame mit den unglaublich abgefahrenen Kostümen vertieft sich in Studien über die groovigste Verarbeitung deutscher Poesie, das Gitarrenspiel, die Kunst des Schlagwerkes und in die Synthese aus Break-Dance und indischem Tempel-Tanz.

Beim Steinernen Kreuz 12-14 28203 Bremen Tel. 0421/79282830 www.larsbesecke.de

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menschen im foyer

Premierenfeier „Idomeneo“ im Theater am Goetheplatz Fotos: Jörg Landsberg

Randall Bills (Tenor), Luis Olivares Sandoval (Tenor) Patricia Andress (Sopran), Martin Wiebcke (Künstlerischer Betriebsdirektor Theater Bremen)

Nadine Lehner (Sopran), Dr. Elvira Suleiman

Christian Schuller (Regisseur), Nadja Stefanoff (Mezzosopran)

Freo Majer (Regisseur), Reinhold Robbe (Politker), Jacqueline Davenport (Choreographin), Vera Nemirova (Regisseurin)


menschen im foyer

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Ulla Hamann, Katja Pietsch (Moderatorinnen buten und binnen)

Innensenator Ulrich Mäurer und Ehefrau Brigitte

Markus Poschner (Generalmusikdirektor)

Inhaberin: Hildegard Christiansen Fon/Fax 0421 - 25 57 35 Oberneulander Heerstraße 26 - 28 28355 Bremen Mo. - Fr. 10.00 - 18.30 Uhr Sa. 10.00 - 13.30 Uhr Matina Lohmüller (Bremer Landesbank), Christina Heseler


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PORtRÄt Karin Kaper

Filmemacherin Karin Kaper stellt ihre Dokumentation „Aber das Leben geht weiter“ vor Text: Wilfried Hippen

schicksal dEr VErtrEiBung „W

as gibt es denn so Neues in Bremen?“ fragt die Filmemacherin Karin Kaper ihre Mutter bei der Ankunft in ihrer Heimatstadt, in der sie seit 20 Jahren nicht mehr lebt. Diese alltägliche Willkommenszene, eine der ersten Einstellungen ihrer Dokumentation, hat auf den ersten Blick mit dem Rest des Films wenig zu tun. Doch bald merkt der aufmerksame Zuschauer, dass hier unterschwellig auf das Hauptmotiv vorbereitet wird. Denn der Film ist voller Wiederbegegnungen, Besuchen von Orten der Kindheit, Erinnerungen, Begrüßungen und Abschieden.

macherin die Gespräche und Erzählungen der Protagonistinnen initiierte.

Abgesehen von ein paar Einstellungen, in denen Karin Kapers Vater ein paar Halbsätze sagen darf, kommen in dem Film nur Frauen zu Wort. Die Dokumentation hat eine durchgängig familiäre Grundstimmung, und diese wird auch dadurch verstärkt, dass die Frauen bei der alltäglichen Arbeit in Haushalt und Garten gezeigt werden. In verschwommenen Bildern spielen immer wieder vier junge Mädchen Fangen in einem sommerlichen Garten, und zum Teil wird auch altes, auf Super 8 gedrehtes Material von einer Reise Karin Kapers Mutter und deren Schwester der Filmemacherin und ihrer Mutter nach gehören zu den Vertriebenen, die Ende des Polen verwendet. 2. Weltkriegs ihre Heimat im heutigen Polen verlassen mussten. Bei einer Reise zum Den Kern des Film bilden die Erinnerungen ehemaligen Hof der Familie, die sie geder drei Zeitzeuginnen. Wie kompliziert das meinsam mit Mutter und Tante unternom- Thema „Flucht und Vertreibung“ auch heute men hat, lernten noch ist, wird Wie kompliziert das Thema „Flucht und eindrücklich sie Edwarda kennen, die dort Vertreibung“ auch heute noch ist, wird durch diese heute lebt. Der subjektive eindrücklich deutlich. Film erzählt von Sicht auf die diesem Besuch in der ehemaligen Heimat. historischen Ereignisse deutlich. So ist es Dabei agierte Karin Kaper selbst eher vor die Polin Edwarda, die mit ihrer Familie als hinter der Kamera, und so war ihr CoVertreibung in ihrer brutalsten Ausprägung Regisseur Dirk Szuzies für die Aufnahmen erleiden musste. Von der sowjetischen zuständig, während die eigentliche Filme- Armee wurden 1940 die Bewohner ihres

gesamten Heimatdorfes in Ostpolen zur Zwangsarbeit nach Sibirien umgesiedelt. Als 16jährige wurde sie in die Rote Armee einberufen und nach dem Krieg mit dem Hof der Deutschen entschädigt, wohin sie dann ihre Familie aus Kirgistan nachholen konnte. Die Deutschen flüchten Ende des Krieges gleich zweimal aus dem Dorf, kehrten in den unübersichtlichen Kriegswirren jedes Mal wieder auf ihren Hof zurück, bis sie 1946 dann endgültig aus Polen vertrieben wurden. Die neuen polnischen Besitzer verloren den Hof bald wieder durch die Zwangskollektivierung, die Deutschen siedelten sich in Syke an, wo sie als Mägde und schlecht bezahlte Arbeitskräfte überlebten und von den Einheimischen ausgerechnet als „Polacken“ beschimpft wurden. Die Lebensgeschichten dieser beiden Familien, die sich kreuzen und heute in gegenseitigem Verstehen münden, machen den Wert dieses sehr persönlichen und dadurch so wahrhaftig wirkenden Filmes aus. Der Film hat am 17. Mai in der Bremer Schauburg Premiere und läuft dann regulär ab 19. Mai.


MUSiK Schulen musizieren 29

Von rock Bis klassik Bundesbegegnung „Schulen musizieren“ erstmals in Bremen Text: Melanie Öhlenbach

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i

n den Schulen fristet der Musikunterricht oft nur noch ein Schattendasein. Dabei gibt es mittlerweile viele Projekte und Kooperationen, die weit über das Erlernen von Noten und das Spielen auf der Blockflöte hinausgehen. Um die Vielfalt des Musizieren zu zeigen, lädt der Verband Deutscher Schulmusiker alle zwei Jahre Schulchöre und -orchester zu einer bundesweiten Begegnung unter dem Motto „Schulen musizieren“ ein. In diesem Jahr macht das Treffen vom 26. bis 29. Mai erstmals Station in Bremen.

des Festivals in der Hansestadt. Auch drei Abschlusskonzert am Sonntag aufgeführt Schulen aus dem diesjährigen Partnerland werden soll. England sind eingeladen. Damit die musikalische Bildung an den Schulen weiter voranschreiten kann, ist Mit 110 Konzerten an unterschiedlichen es aber für den Vorsitzenden des LandesOrten – neben Auftritten auf dem Marktmusikrats mit dem Wochenende allein platz, in der Glocke, in der Kirche Unser nicht getan: „Wir fordern schon lange zwei Lieben Frauen und im Pier 2 sind auch Stunden durchgehenden Musikunterricht Konzerte in Schulen, sozialen Einrichpro Woche von der ersten bis zur letzten tungen und der JVA geplant – wollen Klasse“, sagt Ernst Folz. Nur so sei ein die Nachwuchsmusiker möglichst viele kontinuierliches Arbeiten möglich, bei Zuhörer erreichen. Darüber hinaus sind dem sich die Schüler auch weiterentwidiverse Workshops geplant. Mit dabei sind ckeln könnten. „Musik ist für uns eines der unter anderem der Jazz-Professor Ulrich Kernfächer an den Schulen. Außerdem ist „Wir wollen die öffentliche Aufmerksamkeit Beckerhoff, das Tanzwerk Bremen, das in der Bremischen Landesverfassung das darauf lenken, was alles im Musikunterricht Überseemuseum und Musiker der Bremer Recht auf kulturelle Bildung verankert. Es passiert, und zum Nachahmen animieren“, Philharmoniker, die mit über 80 Jugendli- ist damit ein unabdingbares Bürgerrecht.“ chen ein Stück erarbeiten wollen, das beim www.vds-musik.de sagt der Vorsitzende des Landesmusikrats Bremen, Ernst Folz. Von Rock bis Rap und Hip-Hop, von Pop über Jazz bis Klassik – an den Schulen habe sich mittlerweile eine bunte Musiklandschaft entwickelt, die weit von den Klischeevorstellungen entfernt ist. Diese zu präsentieren ist eines der Hauptziele von „Schulen musizieren“. Gleichzeitig sollen sich die Kinder und Jugendlichen während des Wochenendes kennenlernen und Freundschaften schließen können. Über 700 Nachwuchsmusiker erwartet der Verband Deutscher Schulmusiker, der die Begegnung in Kooperation mit dem Landesmusikrat Bremen und dem Bildungsressort veranstaltet, für die 16. Auflage


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musik Oldenburger Promenade

Beyond Classic and Jazz

15. Oldenburger Promenade überwindet stilistische Grenzen Text: Bettina Beutler-Prahm

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iel ist – auch in dieser Zeitschrift – bereits geschrieben worden über Elena Nogaeva und ihr herausragendes Engagement für das Musikleben in Oldenburg und Umgebung. Und doch kann es nicht oft genug betont werden, was für ein Glücksfall die russische Pianistin für ihre norddeutsche Wahlheimat ist, in der sie gleich zwei erfolgreiche Festivals – und einen internationalen Jugendmusikwettbewerb – begründet hat, die sich völlig ohne öffentliche Subventionen etabliert haben. Den Motor für ihre Arbeit sieht Nogaeva vor allem in der „physischen und psychischen Energie“, die ihr „als Ergebnis einer künstlerisch sehr glücklichen Zeit im Laufe der Jahre zugewachsen ist“ und die sie „als Geschenk und Verantwortung zugleich“ empfindet. „Insofern sehe ich nicht mich im Mittelpunkt der Festivals, sondern die günstigen Umstände und die besonderen Menschen, die sie zu dem machen, was sie sind.“ In diesem Jahr hat die Oldenburger Promenade, die vom 4. bis 13. Juni zum 15. Mal stattfindet, ein Programm entwickelt, dessen musikalisches Niveau erneut stilistische Grenzen mühelos überwinden

dürfte. Als besondere Herausforderung sieht Nogaeva die zum ersten Mal in dieser Form veranstalteten Klavierkonzerte „The Spirit of Pianism – Beyond Classic and Jazz“ im Schlosssaal an. Dort wird sie gemeinsam mit hochrangigen Kollegen musizieren, „von ernsthaft bis hin zu kleinen Bonbons“, und die Grenzen zwischen Klassik und Jazz in Frage stellen. Das Eröffnungskonzert, das Elena Nogaeva gemeinsam mit Polens Generalkonsulin in München, Elzbieta Sobotka, moderieren wird, ist dem 20-jährigen Bestehen des deutsch-polnischen Freundschaftsvertrages vom 17. Juni 1991 gewidmet. Auf dem Programm stehen neben Werken von Mieczyslaw Karlowicz und Henryk Wieniawski Kompositionen der polnischen Avantgarde der 1960er Jahre, darunter das sehr selten live zu hörende Konzert für Streichorchester von Grazyna Bacewicz. Auch die Konzerte der Preisträger des VI. Internationalen Musikwettbewerbs für die Jugend warten in diesem Jahr mit einem besonderen Programm auf. „Alle vier Preisträger zeichnen sich durch außergewöhnlich hohe künstlerische Präsenz aus; die Konzerte sind daher als absolute Höhepunkte zu

bezeichnen.“ Neben einem Pianisten, einem Cellisten und einem Saxophonisten wurde ein junger Fagottist ausgezeichnet, dessen Instrument laut Nogaeva derart zu seiner eigenen Stimme geworden sei, „dass er damit regelrecht zu singen scheint.“ Wichtig sind der Intendantin auch die Kinderkonzerte, die erstmals an zwei Tagen stattfinden werden. „Wir haben festgestellt, dass die Besucher der ersten Kinderkonzerte damals die Promenadenbesucher von heute sind, im übertragenen wie im direkten Sinn. Deshalb sind wir beflügelt, unser ganzes Herz in die Kinderprogramme zu legen.“ Damit einher gehe der Verzicht auf „sehr, sehr große Namen und überhöhte Honorare“, denn: „Inhalt unseres Festivals ist es nicht, das Publikum mit ein oder zwei großen Namen in die Konzerte zu locken. Was die Oldenburger Promenade auszeichnet, sind Idee, Gesamtgestaltung und das durchgängig hohe Niveau.“ Für das Eröffnungskonzert und einige Promenaden kann man sich telefonisch unter 0441-36118811 oder online unter www.oldenburger-promenade.de noch Restkarten sichern.


Leidenschaft beginnt … wenn Energie auf Inspiration trifft

Wenn es zu Höchstleistungen kommt, dann hat das meist viele Gründe. Aber die richtige Energie gehört immer mit dazu. EWE unterstützt Kunst und Kultur in der Region. Mit Leidenschaft und mit aller Energie. Wir wünschen den Zuhörern und Musikern viel Spaß bei der Oldenburger Promenade vom 4. bis 13. Juni 2011.

www.ewe.de


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MUSiK Konzerttipps

konzErttipps

Königin trifft Spielmann

Sitzdisco spezial

Holzbläser mit Orgelsound

(UM) Es gibt die spanische Gaita, die italienische Zampogna, die Great Highland Pipe, die Ullienpipe und noch viele andere mehr. Hierzulande kennt man das Instrument gemeinhin als „Dudelsack“ oder mit seinem Fachbegriff als „Sackpfeife“. Am präsentesten erscheint uns heute das Rohrblattinstrument mit seinem charakteristischen Bordunklang in der schottischen Musik oder auf Mittelaltermärkten. Soziologisch gesehen gehörte das Instrument nicht gerade zur feinen Gesellschaft, denn außer in Schottland, wo die Sackpfeife als Militärinstrument verwendet wurde, hatten sie überwiegend Bauern, Hirten und Spielleute im Gebrauch.

(hip) Was sie macht ist so ungewöhnlich, dass sie selber die neuen Worte dafür finden musste. Als „Die Popette“ bezeichnet sich keck die Sängerin, Multiinstrumentalistin und Entertainerin Susanne Betancour und deutet damit gleich an, was ihre Mischung aus Edelschnulze, Barjazz, Chanson und Comedy so originell und vergnüglich macht: ihre sympathischschlitzohrige Selbstironie. Die Klischees der Schlager- und Popmusik werden von ihr so absurd wie möglich gegen den Strich gebürstet. So stellt sie in einem ihrer frühen Lacherfolge, einem Hip-Hop-Rapgesang über „die frühkindliche Ernährung“, etwa die Frage, ob Hipp hip sei.

(bbp) Die Kombination von vier Saxophonen zählt nicht gerade zu den bekanntesten Besetzungen in der klassischen Musik. Dass es dennoch viele Kompositionen für diese Formation gibt, ist vor allem auf den einmaligen Klangkörper des Raschèr Saxophone Quartet und dessen Gründer Sigurd Raschér zurückzuführen, den 2001 verstorbenen Pionier des klassischen Saxophons. Was den einen an den Klang einer „Orgel in einer gotischen Kathedrale“ erinnert, den anderen an ein „barockes Gambenensemble“, war und ist vielen Komponisten – unter ihnen Luciano Berio, Mauricio Kagel, Sofia Gubaidulina und Erkki-Sven Tüür – reiche Inspirationsquelle.

Wie edel und erhaben dagegen erscheint die Orgel, die „Königin der Instrumente“. Da beide Instrumente aber Pfeifeninstrumente sind, überlegten Christian Lontzek und der Organist Sebastian Schmoock, ob diese nicht zusammenzuführen seien. Bald darauf war ein festes musikalisches Duo geboren und ein Projekt, das sich „Pipe meets Organ – Königin trifft Spielmann“ nennt. In dieser ungewohnten Klangkombination beweisen die beiden Musiker, dass Sackpfeifen nicht nur auf Mittelaltermärkten zu Hause sind und eine Orgel nicht immer nur klassische Stücke spielen muss. 26. Juni, 20 Uhr, Kulturkirche St. Stephani, Bremen

Nicht nur ihr leichter Ruhrpott-Akzent erinnert an Helge Schneider, in dessen Band sie in den 80er Jahren spielte. Auch Susanne Betancor dichtet auf Lacher hin und präsentiert sich als schräge, oft absichtlich linkische Kunstfigur, die seit anderthalb Jahren regelmäßig zu ihrer „Sitzdisco“ einlädt. Nach Programmen mit so viel versprechenden Titeln wie „Damenbart“ oder „08 Wurst“ präsentiert sie jetzt mit ihrer Stammband, die aus einem Gitarristen namens Berger und einem Schlagzeuger namens Bauer besteht, ihr neues Repertoire „Öfter mal vom Boden essen“. Doch keine Angst: sie will nur spielen! 29. Mai, 20.30 Uhr, Schwankhalle Bremen

Gemeinsam mit dem Kleinen Cäcilienchor Oldenburg unter der Leitung von Thomas Bönisch sind die Saxophonisten jetzt mit neuen und neu instrumentierten Werken für Saxophonquartett und gemischten Chor – und auch jeweils „solo“ – zu hören. Auf dem Programm stehen unter anderem Teile aus Bachs „Kunst der Fuge“ sowie seine Trauerkantate „Actus tragicus“. Sie ist eine der frühesten erhaltenen Kantaten, in der Bach bereits mit Anfang 20 eine Tiefe und Intensität erreicht, die das Werk zu einem „Stück Weltliteratur“ machen. 18. Juni, 20 Uhr, Kulturkirche St. Stephani Bremen 19. Juni, 18 Uhr, Lambertikirche, Oldenburg


MUSiK Konzerttipps

Mozart ohne Gesang

Kochend heißes Gebläse

(SN) Ein Event steht an: Mozarts „Zauberflöte“ ohne Streicherglanz und ohne Gesang, aber ein Spiel von höchst ungewöhnlich fesselnder Art. Die Bläsersolisten der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen, auch und gerade in Opern-Adaptionen vielfach bewährt, liefern die entsprechend arrangierte Musik, und das japanische Shigeyama-Ensemble interpretiert die Handlung. Dieses Ensemble pflegt im Gegensatz zum ebenfalls weltbekannten seriösen Nô-Theater die heitere, die komödiantische Darstellungsart.

(che) Der eigentümliche Bandname Hazmat Modine heißt soviel wie „gefährliches Gebläse“, und das trifft exakt den Kern dieser Band aus New York. Unermüdlicher und mitunter heiß laufender Motor der Band ist eine Mundharmonika, die oftmals durch eine weitere verstärkt wird. Eine davon bläst Wade Schuman, Gründer und Kopf von Hazmat Modine, der aber auch singt und Gitarre spielt. Die Mundharmonika lässt an Blues denken, und ganz falsch ist das nicht, aber bei dem Oktett geht der Blues diverse Ehen ein, mal mit der Klezmermusik, mal mit der Folklore, aber genauso gut mit musikalischen Elementen aus allen Ecken der Welt.

So wird es auch in der „Zauberflöte“ geschehen: Während der Gesang entfällt, werden die Geschehnisse, von denen das originale Opernlibretto berichtet, kommentiert und parodiert. Interessant ist, dass die Japaner dem Libretto eine weitere Rolle zugefügt haben: den geheimnisvollen, poetisch wirkenden „Geist des Klangs“.

Seit dem Debütalbum „Bahamut“, das Hazmat Modine im Jahr 2007 veröffentlichte, hat die Band weltweit für Furore gesorgt und ausgedehnte Tourneen unternommen. Vier Jahre mussten die Fans auf den nächsten Streich warten. Jetzt liegt „Cicada“ vor Das Projekt wurde mit großem Erfolg in der – wie das Debüt beim Bremer Label Jaro Heimat der japanischen Mimen gestartet. erschienen – und die CD ist noch besser Anlässlich des 150. Jubiläums der Deutsch- als der Erstling: Urwüchsig wilde Attacken Japanischen Gesellschaft ist die Veranstalwechseln sich mit beinahe verträumten tung mit Ereignischarakter nun auch hierSongs ab. Bei ersteren hat sich die Band zulande zu sehen. Die „Komödie der Nacht“, ab und an um die Gangbé Brass Band aus so der Titel der Konzerte, erstrahlt im Mai Benin verstärkt, bei einem ruhigeren Stück in insgesamt sechs deutschen Großstädten, streicht das Kronos Quartett mit. darunter auch zweimal in Bremen. 3. Juni, 21 Uhr, Music Hall Worpswede 24. und 25. Mai, jeweils 20 Uhr, Glocke

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Bremer

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musik Bremer Philharmoniker

Das Finale wird „phil sagend“ Die Philharmonischen Konzerte zum Saisonende Text: Stephan Cartier

Markus Poschner by Steffen Jänicke

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udwig van Beethoven war eigentlich ein Rocker. Seit Chuck Berrys „Roll over Beethoven“ ahnte man es. Doch nun wird klar: Beethoven konnte noch mehr, er ist auch der Vater des HipHop. Wer dies nicht glauben will, der lasse sich von den Bremer Philharmonikern und Schülern aus Delmenhorst in einem „phil sagenden“ Konzert eines Besseren belehren. Zum Ende der Saison ziehen Generalmusikdirektor Markus Poschner und die Seinen bei drei Konzerten noch einmal sprichwörtlich alle Register. Zwischen den musikalischen Extremen „Repertoire“ und „Experiment“ zeigt das Ensemble seine Vielseitigkeit und krönt sie mit einem Finale, das es im ehrwürdigen Konzertsaal der Bremer Glocke so noch nicht gab. Das Jugendkonzert „phil sagend“ setzt am 27. Juni nämlich auf ganz eigene Art fort, was im 11. Philharmonischen Konzert einen Monat zuvor vorbereitet wird. Auf dessen Programmzettel stehen mit Johannes Brahms Violinkonzert und der 7. Sinfonie Beethovens zwei Schwergewichte der Klassik. Mit der jungen Geigerin Viviane Hagner erwartet das Publikum eine Solistin, die dank ihrer phänomenalen Kunst, präzise Technik und improvisativen Ausdruck miteinander in Einklang

Viviane Hagner by Marko Borggreve

zu bringen, mittlerweile zur Spitze ihrer Zunft gehört. Zeitungen wie die „Washington Post“ oder die „Times“ überschlugen sich in ihren Kritiken über das Ausnahmetalent. So ist die Münchnerin sicher genau die richtige Interpretin für Brahms Violinkonzert, das zum Solisten nicht gut ist, da es von ihm die Einreihung in das Ganze verlangt; reines Virtuosentum wird verschmäht. Insofern ist die Wahl der 7. Sinfonie Beethovens als zweites Werk des Abends stimmig. Wird doch auch hier das Orchester gleichermaßen als Solist und Ensemble in Szene gesetzt. Die musikalische Fraktur löst sich oft ganz vom traditionellen Spiel der Themen-Verarbeitung, der Rhythmus scheint sich zu verselbstständigen und setzt den Höreindruck als Ganzes in Bewegung. Ein Novum, nicht nur bei der Uraufführung im Wiener Konzertsaal. Es war Grund genug für viele Zeitgenossen und auch spätere Interpreten, am Verstand Beethovens zu zweifeln, der damals auf dem Höhepunkt seines Ruhmes stand. Und hier kommt der Hip-Hop ins Spiel. Denn nachdem Markus Poschner und die Philharmoniker Beethovens 7. Sinfonie für das Abonnement-Publikum ergründet haben, bleiben noch weitere Fragen an das Werk offen, die im Jugendkonzert „phil sa-

gend“ einen Monat später beantwortet werden. „Wir wollten nicht nur ein Konzert für Kinder und Jugendliche machen“, sagt Poschner, „sondern auch mit ihnen“. Und so arbeitete man ein dreiviertel Jahr mit der 9. Klasse des Musikzweiges am Delmenhorster Max-Planck-Gymnasium zusammen und beschäftigte sich mit Beethovens „Apotheose des Tanzes“ unter ganz neuen Aspekten. Statt eines konventionellen Mitmachkonzertes, bei dem die jungen Musiker neben den „alten Hasen“ auf dem Podium sitzen und sie begleiteten, werden die Schüler in Wort, Bild und Bewegung zeigen, was ihnen der Meister Beethoven zu sagen hat. „Uns hat interessiert, wie Beethoven in heutiger Musiksprache klingen würde“, so Poschner. „Und was die Schüler dabei entdeckt haben, hat selbst uns als Profis überrascht.“ So tauchen plötzlich Phrasierungen auf, die wie Beats klingen; ständig wiederholte rhythmische Figuren erschienen wie Patterns aus der Hip-Hop-Musik. Wer weiß, was aus Beethoven hätte alles werden können, wenn es schon zu seinen Zeiten Sampler gegeben hätte? Diesen „Beathoven“ wollen die Schüler dem Publikum auf angemessene Weise näher bringen, nicht nur durch Worte: Tänzer werden live auf der Bühne zeigen,


Musik Bremer Philharmoniker

Fadia el-Hage by Judith Haug

Bremer Philharmoniker

was in Beethovens Musik für junge Ohren steckt. „Alles wird sehr experimentell“, verspricht Markus Poschner – und meint dies nicht als Drohung.

fremden Tonfall. „Dabei zuzusehen, was herauskommt, wenn zwei kulturelle Traditionen aufeinander treffen – das hat uns fasziniert.“

Denn wie tief die Auseinandersetzung mit dem Klassiker ging, dokumentiert auch ein Film, den die Delmenhorster Schüler zum langsamen Satz der Symphonie drehten. „Die Bilder, die sie dazu gefunden haben, fanden sie selber bedrohlich“, erinnert sich Poschner.

Und die Werke, die die Probe aufs Exempel bestanden, können sich hören lassen. Allen ist gemeinsam, dass sie der Operntradition entstammen, sei es nun Anton von Webers Ouvertüre zu seiner Oper „Abu Hassan“, der berühmte „Tanz der sieben Schleier“ aus Richard Strauss’ „Salome“ oder die Baccanale aus „Samson et Dalila“ von Camille Saint-Saëns.

Auch das 12. und letzte Philharmonische Konzert des Bremer Orchesters in dieser Saison zeigt, was entstehen kann, wenn man ästhetische Grenzen überwindet. „Sagenhaft orientalisch“ ist es überschrieben. Die Beschäftigung mit Neuem, Ungewohntem gehört ja eigentlich zur Arbeitsplatzbeschreibung jedes Künstlers. Dennoch ist die Überschreitung nicht immer einfach; vor allem dort, wo kulturelle Schranken den kreativen Durchgangsverkehr behindern.

Dass der Blick aber nicht nur von Westen nach Osten ging, zeigen die beiden Solisten des Abends, die Altistin Fadia el-Hage und der Magier der Darbouka-Trommel, Rony Barrak. Beide stammen aus dem Libanon, haben in Deutschland bzw. den USA Musik studiert und verbinden so viele Stile in ihrer Biographie. Fadia el-Hage pflegt in ihrem Repertoire sowohl mittelalterliche wie auch moderne Musik, ist also eine Grenzgängerin durch Räume und Zeiten. Rony Der Orient lockte westliche Komponisten Barrak hat seine Erfahrungen mit diesen nicht erst in der Wiener Klassik zu ÜberTransformationen in den Kompositionen nahmen des arabischen Idioms. „Seit Jahr- „Beirut Sensations“ und „Darbouka Conhunderten gab es solche Musik, die aber certo“ – eine Welturaufführung – eingenicht über ein lokales Kolorit hinaus gefangen. Der begnadete Percussionist zeigt, gangen ist“, meint Markus Poschner. Für wie Weltmusik ihre eigene Identität stiften sein Konzert suchte er dagegen nach einem kann, ohne nationale Traditionen zu verspannungsreicheren Umgang mit dem leugnen. Es ist sagenhaft global.

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KULTURSTADT WILHELMSHAVEN Sinfoniekonzerte

Weltklasse spielt auf Internationale Stars prägen die nächste Spielzeit der Sinfoniekonzerte Text: Peter Schulz

Martin Fröst

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amburg, Essen, Köln, Mannheim, Wiesbaden – das Residentie Orkest Den Haag und sein derzeitiger Chefdirigent Neeme Järvi werden im kommenden Herbst in vielen renommierten Konzerthäusern auftreten. Doch den Ausgangspunkt ihrer bevorstehenden Deutschland-Tournee bildet die – Stadthalle Wilhelmshaven! Hier wird das bedeutende Orchester aus den Niederlanden am 1. November unter Järvis Leitung die Brahms-Sinfonie Nr. 2 und die Sinfonie Nr. 5 von Jean Sibelius spielen.

Martin Stadtfeld

dem Anspruch eines kulturellen Oberzentrums“, urteilt Thomas Albert, der 2009 eine vorerst auf drei Spielzeiten begrenzte Kooperation mit Wilhelmshaven abgeschlossen hat. Man sei „ganz offenkundig auf einem guten Weg“, zumal es gelungen ist, die Gesamtbesucherzahl im Vergleich zur vorherigen Spielzeit konstant zu halten und den kontinuierlichen Besucherrückgang der Vorjahre nachhaltig zu stoppen. Vor diesem Hintergrund blickt auch Dr. Jens Graul, Kulturdezernent der Stadt Wilhelmshaven, zuversichtlich auf die kommende Spielzeit, die am 5. September mit einem Auftritt des französischen Orchesters Le Cercle de l’Harmonie beginnt: „Ich bin frohen Mutes, dass das attraktive Programm der nächsten Saison die für das kulturelle Leben der Stadt so wichtige Konzertreihe weiter stärken wird.“

Dass Järvi seine Gastspielreise ausgerechnet am Jadebusen beginnt, freut Professor Thomas Albert, Intendant des Musikfestes Bremen und Programmkoordinator der Wilhelmshavener Sinfoniekonzerte, nahezu diebisch. „Seine Söhne Kristjan und Paavo sind in Bremen Stammgäste. Aber dort ist Neeme noch nie aufgetreten. Wer ihn also erleben will, muss nach Wilhelms- Denn auch jenseits der Bühne tut sich haven kommen!“ was: Der auf den jeweiligen Konzertabend einstimmende Vortrag wird immer stärker Doch Järvi senior, mit über 450 vielfach frequentiert (Albert: „Zuletzt kamen über preisgekrönten CD-Einspielungen einer 200 Personen, der Saal war völlig überder umtriebigsten Pult-Stars der internafüllt“). Und die mittlerweile gegründete tionalen Musikszene, ist beileibe nicht der Konzertgesellschaft hat sich vorgenomeinzige Topstar, der in der kommenden men, die Zahl der Abonnenten so rasch wie Saison für ein Konzert an die Nordseedeutlich zu steigern. Zudem signalisiert küste reist. „Das Programm entspricht die heimische Wirtschaft, die Sinfoniekon-

zerte künftig noch intensiver zu unterstützen; die Gründung eines Wirtschaftsforums zeichnet sich bereits ab. Aktivitäten, die Thomas Albert mit sichtlichem Wohlwollen beobachtet: „Wie schon bei den Anfängen des Bremer Musikfestes vor über 20 Jahren zeigt sich auch in Wilhelmshaven, dass Musik im übertragenen Sinne ‚ansteckend’ wirkt.“ Doch der Erfolg lässt sich auch in Zahlen ausdrücken: Die letzten Konzerte der Saison 2011/12 waren nahezu ausverkauft. Und die maximal 1400 Besucher („Mehr fasst auch die Bremer ‚Glocke’ nicht, das muss man sich mal klar machen!“) kommen zunehmend auch aus den umliegenden Landkreisen, was die Bedeutung der Stadt als kulturelles Aushängeschild mit Alleinstellungsmerkmal in der Region dokumentiert. Alberts Fazit: „Kultur führt die Menschen zusammen, es kommt Bewegung auf, neue Anregungen wie etwa der Auf bau einer Kammerkonzertreihe entstehen. Vor diesem Hintergrund ist in Wilhelmshaven noch viel zu erwarten.“ Ein kurzfristiges Ziel hat er sich bereits gesetzt: Deutlich über 1000 Abonnenten in der nächsten Spielzeit. Albert: „Wetten, dass wir das schaffen?“


KULTURSTADT WILHELMSHAVEN Sinfoniekonzerte 37

Götz verwandelt die Kunsthalle

Arcadi Volodos

Sol Gabetta setzt den Schlusspunkt

Sol Gabetta

von dem jungen schwedischen AusnahmeKlarinettisten Martin Fröst begleitet.

Das Programm der Wilhelmshavener Sinfoniekonzerte

Weiter geht’s am 19. Januar mit der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen. Mit dem Polen Krzysztof Urbanski steht dann ein Ein Gastspiel des Le Cercle de l’Harmonie, derzeit für internationale Furore sorgender das zu den führenden Originalklangorjunger Dirigent am Pult. Auf dem Programm chestern Frankreichs gehört, bildet am 5. stehen unter anderem Mendelssohn BartSeptember den Auftakt der Sinfoniekonholdys „Italienische“ und das berühmte Klazerte Wilhelmshaven in der Saison 2011/12. rinettenkonzert A-Dur von Mozart in einer Die jungen Musiker unter der Leitung von Bearbeitung für Viola und Orchester. Jérémie Rhorer gestalten mit Unterstützung der Solisten Alexandra Coku (Sopran) Musikalisches Spitzenniveau verspricht und Julien Chauvin (Violine) ein reines die Tapiola Sinfonietta aus Finnland, die Beethoven-Programm. am 13. Februar mit Mozarts Prager SinfoFür den 10. Oktober kündigt sich mit den Heidelberger Sinfonikern und seinem Chefdirigenten Thomas Fey eines der wenigen deutschen Orchester an, dessen Besetzung ausschließlich aus hoch motivierten freiberuflichen jungen Musikern besteht. Solist des Abends ist der deutsche Star-Pianist Martin Stadtfeld.

nie und der Vierten von Beethoven zu hören ist. Mit dabei: Pianist Antti Siirala. Das Solistenkonzert am 13. März steht ganz im Zeichen des herausragenden russischen Pianisten Arcadi Volodos – weltweit bekannt als Poet auf dem Klavier.

Mit einem internationalen Star geht die Saison in Wilhelmshaven nach dem furiosen Auftakt mit Neeme Järvi auch zu Ende: Die Nach dem Auftritt des Residentie Orkest argentinische Cellistin Sol Gabetta widmet Den Haag mit Neeme Järvi am Pult (1. sich am 8. Mai Schostakowitschs CelloNovember) erwartet Wilhelmshaven hoch- konzert Nr. 1. Sie wird begleitet vom BBC karätigen Besuch aus „down under“: Am Philharmonic Orchestra unter der Leitung 6. Dezember tritt das Australian Chamber von Juanjo Mena, das auch Gustav Mahlers Orchestra auf. Das renommierteste Kamberühmte Sinfonie Nr. 5 spielen wird. merorchester des fünften Kontinents wird www.sinfoniekonzerte-wilhelmshaven.de

(sk) Die Kunsthalle Wilhelmshaven holt sich gern Künstler ins Haus, die bis dahin bundesweit selten oder gar nicht zu sehen waren. Diesmal geht es um eine umfangreiche Werkschau von Lothar Götz, Jahrgang 1963. Seit vielen Jahren lebt und arbeitet er in London. Dort ist das Engagement von Staat und Bauherren für „Kunst am Bau“ weniger umstritten und deshalb oft lebendiger als bei uns. Hat Götz einen Auftrag, lässt er sich von der jeweiligen Architektur zu Farbzeichnungen und wandfüllender Malerei inspirieren.

Am liebsten sind diesem Grenzgänger zwischen freier und angewandter Kunst dabei Rohbauten, leere Räume oder architektonische Plätze, auf die er sehr intuitiv reagiert. Raummerkmale und Konstruktionen nimmt Götz auf, um sie durch eine intensive Farbgebung zu verstärken. So hat er bereits in der Londoner U-Bahn, im Flughafen Heathrow, im britischen Justizministerium, in Universitäten, Schulen, Geschäftshäusern, Krankenhäusern und Privathäusern abstrakte Farbräume geschaffen.

Bis zum 21. August zeigt die Kunsthalle Wilhelmshaven im großen Stil Bildserien, Skizzen und Modelle unter dem Titel: „Lothar Götz. Don’t look now 19902011.“ Zu entdecken sind nicht nur die dynamischen Farbstreifen im Foyer des Westminster College und die Addition geometrischer Formen in der Fundació Joan Miró in Barcelona. Götz hat spannenderweise direkt in die Kunsthalle Wilhelmshaven eingegriffen und vor Ort eine 16 Meter lange Wandarbeit geschaffen. Die kühle Halle im Stil der Bauhaus-Tradition hat sich so in einen dynamischen Farbraum verwandelt.


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musikfest bremen

Intendant Prof. Thomas Albert über das 22. Musikfest Bremen Text: Peter Schulz

N

och größer, noch bunter, noch spannender – das 22. Musikfest Bremen vom 27. August bis 17. September lässt unweigerlich an das olympische Motto „citius, altius, fortius“ (schneller, höher, stärker) denken. Denn mit 40 Veranstaltungen an 29 Spielstätten (Vorjahr: 34 beziehungsweise 26) wird eine neue Rekordmarke gesetzt. Das gilt auch für die „große Nachtmusik“ am Eröffnungsabend mit diesmal sogar 24 Konzerten an acht Spielstätten. Insgesamt über 1150 Künstlerinnen und Künstler realisieren ein Programm, das von Sinfonik und Oper über sakrale Klänge bis zu Jazz und Weltmusik reicht und die im Vorjahr erfolgreich etablierte „Surprise“-Reihe in der Bremer Überseestadt sowie das Arp-SchnitgerFestival einschließt. foyer hat darüber mit dem Musikfest-Intendanten Prof. Thomas Albert gesprochen.

Fangen wir doch gleich mit dem ArpSchnitger-Festival an, dessen Premiere im vorigen Jahr von manchen argwöhnisch beobachtet worden ist. Reine Orgelkonzerte auf dem „platten Land“ – kann das gut gehen? Es ist sogar mehr als gut gegangen! Die

Die groSSe Vielfalt Veranstaltungen wurden durch die Bank hervorragend angenommen, das Publikum war begeistert, der Wettbewerb exzellent besetzt. Und die Resonanz seitens der internationalen Presse war beeindruckend. All’ das zeigt uns: Das Werk des Orgelbauers Arp Schnitger ist ein musik- und kunsthistorischer Schatz, der im Nordwesten viel zu lange unbeachtet geblieben ist. Deshalb stand es außer Frage, das Festival im Rahmen unseres Musikfestes weiterzuführen, wenn auch in diesem Jahr nicht mit Wettbewerb, sondern als reine Konzertreihe, für die wir allerdings exzellente Interpreten wie Hans Davidsson, Harald Vogel und vor allem Masaaki Suzuki verpflichten konnten, der in Ganderkesee mit dem Bach Collegium Japan zu hören sein wird. Dieser Abend wird – da übertreibe ich keineswegs – ebenso wie die Matthäus-Passion von Su-

zuki am 29. August in Stade zu den Höhepunkten des diesjährigen Musikfestes zählen! Eine Premiere wird zudem ein ArpSchnitger-Ensemble aus jungen Künstlern erleben, das für das Festival flexibel zusammengesetzt wird.

Auch mit der neuen „Surprise“Reihe haben viele zunächst nicht viel anfangen können. Wie sieht Ihr Fazit aus? Es ist uns gelungen, die Skeptiker davon zu überzeugen, dass an der ungewöhnlichen Spielstätte BLG-Forum in der Überseestadt etwas Ungewöhnliches geschieht: Hierzulande eher unbekannte Interpreten, selten gehörte Programme, eine besondere Art der Präsentation, der Verzicht auf die gewohnte Reihenbestuhlung – das alles ist angekommen, und zwar erfreulicherweise auch bei einem Publikum, das wir bislang nicht beim Musikfest begrüßen konnten. Das wollen wir folgerichtig weiter pflegen und ausbauen. Auf welche „Surprise“ können sich die Besucher freuen? Zum Beispiel auf zwei klassisch ausgerichtete Abende mit dem sensationellen Pianis-


musikfest bremen 39

leicht letzten Regiearbeit des 86 Jahre alten cke“. Fehlt das Geld für eine szenische Peter Brook. Er hat Mozarts „Zauberflöte“ Darstellung? konsequent entschlackt, auf 100 Minuten Wir haben bekanntlich eine Reduzierung gekürzt und vom Ballast der Rezeptionsge- der Zuschüsse seitens der Hansestadt Breschichte befreit und präsentiert die Oper als men um 150.000 Euro auf nun 550.000 Euro intimes Kammerspiel. Also keine schwelge- zu verkraften. Da bleiben Abstriche nicht rischen Kostüme, kein szenischer Schnickaus, was nicht heißen wird, dass die künstschnack, sondern die konsequente Konlerische Qualität darunter leidet. Nehmen zentration auf den Kern des Werkes. Dazu wir „Giulio Cesare“: Wir erleben da eine exgehört der Verzicht auf das Orchester und zellente Besetzung, die ihresgleichen sucht. die Reduzierung auf den Klavierauszug so- Überhaupt darf ich sagen, dass wir vor eiwie auf sieben Sänger und zwei Schauspienem Musikfest der großen Stimmen steler. Das Ergebnis ist phantastisch, fesselnd, hen: Sonia Prina, Lucy Crowe, Anna Cateeindringlich – ein Genuss! Ein Urteil, dem rina Antonacci – das ist schon eine Hitliste Aufregend – das ist ein prächtiges Stichsich mittder internationalen Top-Sänwort für die angekündigte Interpretatilerweile „Wir stehen vor einem Musikfest gerinnen! Und dazu Solison von Mozarts „Zauberflöte“ durch den auch der der großen Stimmen ...“ tinnen wie Hélène Grimaud Regie-Altmeister Peter Brook, die exkluKünstlerund Janine Jansen, Orchessiv in Deutschland vom 28. bis 30. August verband des französischen Theaters anter wie das Royal Concertgebouw aus Amsim BLG-Forum zu erleben ist. Wie kam es geschlossen hat, der Brook für seine terdam mit dem Dirigenten Andris Nelsons, dazu? „Zauberflöte“ mit dem „Molière“, dem reLe Cercle de l’Harmonie mit Jérèmie Rhorer Wir haben ja schon in den vergangenen Jah- nommiertesten französischen Theaterpreis oder das Orchestre Les Siècles unter der Leiren in Zusammenarbeit mit Festpielen wie ausgezeichnet hat. Ich kann allen Musiktung von François-Xavier Roth, nicht zu verSalzburg oder Aix besondere Produktiofreunden also nur raten, sich dieses Ereignis gessen die Kammerphilharmoniker und die nen wie „Mitridate“ oder „Idomeneo“ reali- nicht entgehen zu lassen! Philharmoniker aus Bremen – damit könsiert und damit gute Erfahrungen gemacht. nen wir punkten. Das beweist die Qualität An diese Tradition haben wir jetzt als eiDie „Zauberflöte“ wird im Musikfest-Pro- des Musikfestes Bremen, das zu einem unner von mehreren internationalen Partnern gramm nicht die einzige Oper bleiben. Da verzichtbaren Bestandtteil im kulturellen des Théâtre des Bouffes du Nord in Paris an- gibt es zum Beispiel Händels „Giulio Cesa- Leben des Nordwestens zwischen Elbe, Wegeknüpft durch die Beteiligung an der viel- re“, allerdings nur konzertant in der „Glo- ser und Ems geworden ist. ten Bertrand Chamayou, der Liszt spielen wird, und der Rameau-Oper „Castor et Pollux“, die quasi im „Taschenformat“, also auf das Wesentliche reduziert, zu erleben ist. Und gleich zu Beginn wird sich Star-Geigerin Viktoria Mullova von einer ganz anderen Seite zeigen, nämlich als Interpretin von Jazz, Folklore und Worldmusic im Zusammenspiel mit Matthew Barley und seinem Ensemble. Außerdem sind zwei Abende der New Yorker Club-Szene vorbehalten mit einer Melange aus Klassik, Jazz und Hip-Hop – das wird wirklich aufregend!


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MUSiKFESt BREMEn

Text: Simon Neubauer

MusikFEst BrEMEn

Jérémie Rhorer, ©Alix Lavau

Ottavio Dantone

Anna Caterina Antonacci, Landesjugendorchester ©Serge Derossi / Naïve

Paris und die Romantiker

Macht der Verführung

Inspirierende Folklore

Jérémie Rhorer mit Liszt und Unbekanntem

Ottavio Dantone dirigiert „Julius Cäsar“

Anna Caterina Antonacci und die Auvergne

Festival-Intendanten brauchen einen besonderen Spürsinn für entwicklungsfähige junge Künstler. Thomas Albert hat unbestritten ein solch ausgeprägtes Sensorium, weshalb er immer wieder noch fast unentdeckte Talente präsentiert. So hat er bereits 2008 Jérémie Rhorer und dessen „Cercle de l’Harmonie“ nach Bremen geholt, als Dirigent und Ensemble in Deutschland noch völlig unbekannt waren. Inzwischen hat sich Rhorer über Lyon und Brüssel bis an die Covent Garden Opera London empor dirigiert, ohne seine famose Truppe im Stich zu lassen. Wenn er nach Bremen kommt, legt Rhorer stets Noten für ausgefallene Programme auf. Diesmal würdigt er Paris und die Zeit der Romantik, u. a. mit zwei Komponisten, die hierzulande kaum jemand kennt: George Onslow und Napoléon Henri Reber. Aber auch einer der berühmtesten französischen Romantiker, Hector Berlioz, wird mit einer frühen Romanze ins rechte Licht gerückt. Den Kernpunkt des Programms bildet das 1. Klavierkonzert von Franz Liszt. Bertrand Chamayou, bereits 2006 in Frankreich als „instrumentale Entdeckung des Jahres“ ausgezeichnet, spielt den Solopart. 4. September, 20 Uhr, Glocke Bremen

Obwohl „Giulio Cesare in Egitto“ eine sehr hohe Zahl an erstklassigen Solisten erfordert, gehört „Julius Cäsar“ (so der deutsche Titel) zu den meist aufgeführten HändelOpern. Denn es geht ja nicht nur um die Macht der Verführung, die Cleopatra charmant aufbietet, um den römischen Eroberer ihres Landes als Geliebten zu gewinnen, der ihr dann auch den ägyptischen Thron sichert, auf dem unrechtmäßig ihr Bruder sitzt. Den anderen Handlungsstrang führen die trauernde Witwe Cornelia und der auf Rache sinnende Sesto, Gattin und Sohn des ermordeten Ptolomäus. Nicht nur die Besetzung, auch die aufwendige Musik Händels erreicht durch Schönheit und Sinnlichkeit einen hohen Wirkungsgrad. Den herzustellen ist Ottavio Dantone der richtige Dirigent. Er steht oft am Pult der Mailänder Scala, des Madrider Teatro Real und bei mehreren Barockfestivals. Hauptberuflich ist Dantone Direktor des Orchesters Accademia Bizantina, mit der er sich in vielen Städten Europas präsentiert. So auch im Teatro Comunale di Ferrara, das diese „Cesare“-Produktion als konzertante Aufführung in Koproduktion mit dem Musikfest Bremen offeriert. 6. September, 19.30 Uhr, Glocke Bremen

Die Auvergne ist als eine schöne, leicht hügelige Landschaft Mittel-Frankreichs wohlbekannt. Nicht aber kennt man hierzulande den Komponisten Joseph Canteloube, der von dort stammt. Aus Stolz auf seine Heimat schrieb er die bezaubernde Liedersammlung „Chants d’Auvergne“, die nun die weltweit gefeierte Sopranistin Anna Caterina Antonacci bei uns vorstellen wird. Folklore inspirierte einst auch Antonin Dvorák, der sich in der „Neuen Welt“ (so der Beiname seiner 9. Sinfonie) für das berühmte Englischhorn-Solo im langsamen Satz – so sagt man jedenfalls – von amerikanischen Indianern anregen ließ. Schließlich erklingt Musik vorwiegend russischer Komponisten wie Tschaikowsky, Glinka, Glasunow oder Rimski-Korsakow. Begehrt wurde diese Musik vor allem auch von den „Ballets russes“, Sergei Diaghilews berühmter Kompanie, die Anfang des 20. Jahrhunderts in Paris die Ballettwelt revolutionierte. Ungewöhnlich wie diese Programmfolge ist auch das Orchester Les Siècles: Unter seinem Dirigenten FrançoisXavier Roth hat es sich mit seinen fesselnden Interpretationen innerhalb weniger Jahre zu einem der führenden Klangkörper Frankreichs entwickelt. 17. September, 20 Uhr, Glocke Bremen


MUSiKFESt BREMEn

Masaaki Suzuki, ©Marco Borggreve

Vivica Genaux, ©Virgin Classics Christian Steiner

Philippe Jaroussky, ©Virgin Classics Simon Fowler

Bach aus Japan

Aus Vivaldis Füllhorn

Caldara lässt jubeln

Masaaki Suzuki setzt neue Maßstäbe

I Barocchisti und hochkarätige Solisten

Concerto Köln und Philippe Jaroussky

Bach aus Japan? Deutsche Barockmusik interpretiert von Menschen ganz anderen Kulturverständnisses? Können die das überhaupt? Solche Fragen stammen von Außenseitern oder Ignoranten. Denn Freunde Alter Musik wissen, dass das Bach Collegium Japan auch in unserem Land längst den Beweis einer sehr feinsinnigen Oratorien-Aufführung erbracht hat.

„Il Farnace“ ist eine aus Antonio Vivaldis prallem Füllhorn herausragende Oper. Der Komponist hat sie 1726 geschrieben; sie steht also am Beginn seines Spätwerks. Wie auch in einer konzertanten Aufführung unschwer erlebbar wird, enthält gerade dieses Stück zahlreiche effektsichere Ereignisse, verschlungen eingewoben in einer antiken Handlung, stets angereichert mit oft erschütternden menschlichen EmpGarant dieser erstklassigen Leistungen ist findungen vom abgrundtiefen Hass über Masaaki Suzuki, der vor 20 Jahren das in elegisches, der Natur nachempfundenes Tokio und Kobe beheimatete Bach-Ensem- Gefühl bis zur todesnahen Melancholie. ble gegründet und rasch zu internationalem Ruhm geführt hat. Von diesem hohen Und Vivaldi hat das alles in vielfältigen Niveau zeugen zahlreiche, stets mit hoKlängen verdichtet. Der Schweizer Dirihem Respekt honorierte Gastkonzerte in gent Diego Fasolis ist mit über 50 CDs, von den USA und mehr noch in europäischen denen zahlreiche renommierte Preise zuLändern. Und wer die Japaner beim Arperkannt wurden, einer der führenden SpeSchnitger-Festival im Rahmen des vorjäh- zialisten im Bereich der Barockmusik und rigen Musikfestes Bremen erleben konnte, Mozarts. Mit seinem Stammensemble I Baals sich der ergraute Masaaki Suzuki auch rocchisti hat er für „Farnace“ renommierte an der Orgel als viel bestaunter Meister be- Solisten wie z.B. die Mezzosopranistin Viwährt hat, wird gerne ein Wiedersehen vica Genaux oder den Countertenor Max einplanen. Dies gilt nicht zuletzt deshalb, Emanuel Cencic ausgewählt, die unter Faweil mit Johann Sebastian Bachs „Mattsolis’ umsichtiger Leitung die einzelnen häus-Passion“ eines der bedeutendsten Rollen in Vivaldis Meisterwerk adäquat geWerke der Musikgeschichte erklingt. stalten können. 29. August, 20 Uhr, 10. September, 20 Uhr, St.-Wilhadi-Kirche Stade St.-Lamberti-Kirche Oldenburg

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Staunen erregend: Antonio Caldara, einer der fruchtbarsten Komponisten des italienischen Barock, war erst „maestro di cappella“ bei den Gonzagas in Mantua, dann beim berühmten Ruspoli in Rom und rückte schließlich zum Vizekapellmeister am kaiserlichen Hof in Wien auf. Das Unmaß an 30 Bühnenwerken und über 40 Oratorien enthält naturgemäß viele Arien, die man nicht ewig in den Archiven schlummern lassen sollte, zumal sie sich durch vokale Virtuosität und „sprechend“ begleitete Koloraturen auszeichnen. Kein Wunder, dass einst selbst die besten Kastraten danach griffen. Nun also hat auch Philippe Jaroussky etliche wirkungsvolle Exemplare ausgewählt. Er gilt als einer der besten Countertenöre unserer Zeit, überaus beliebt auch deshalb, weil seine Stimme eine wunderbare Geschmeidigkeit und eine Flexibilität aufweist, die den Empfindungen des Sängers zu unmittelbarem Ausdruck verhilft. Jaroussky, der schon zweimal umjubelter Gast beim Musikfest Bremen war, wird für die ausgegrabenen Schätze Caldaras von dem vielerorts begehrten Concerto Köln begleitet. 15. September, 20 Uhr, Stadttheater Bremerhaven


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KUltURSOMMER

kultursoMMEr

Text: Christian Emigholz

Sedaa

Gartenkultur im August Nicht ganz ohne Risiko ist es, im August bei uns im Norden ein Musikfestival zu veranstalten, das durchgehend in Gärten und Parks stattfindet. Denn das Wetter kann sich im August durchaus als wendisch erweisen. Beim Gartenkultur Musikfestival, das diesmal vom 31. Juli bis zum 28. August stattfindet, ist es aber meistens gut gegangen. Der Reiz an diesem Festival liegt schon in seinem Namen, denn die Konzerte finden zum Teil in Privatgärten und Parks statt, die normalerweise verschlossen sind. In diesem Jahr stehen 51 Konzerte in 28 Städten und Gemeinden rund um Bremen und Oldenburg auf dem Programm. Oldenburg selbst ist überhaupt nicht beteiligt, während in Bremen immerhin elf Konzerte stattfinden. Eröffnet wird das Festival am 31. Juli (11 Uhr) in Dötlingen, genauer gesagt im Garten des Hofes Schweers in Osttrittum. Zu Gast ist ein ungewöhnliches Quartett, nämlich drei Alphorn-Bläser und eine Sängerin. „Alpcologne“ nennen sie ihre Gruppe, die nicht etwa alpenländische Volksmusik spielt, sondern ungestüm durch die Popgeschichte marschiert und auch Bluegrass intoniert. Wie üblich ist das Programm des Festivals bunt gemischt: Von Klassik, Pop, Jazz, Folklore, Blues bis Swing findet sich alles in der musikalischen Wundertüte. Um ein

paar herauszugreifen: Am 6. August spielt die Weltmusik-Crew von „Matelato“ auf dem Lilienhof in Lilienthal. Am 13. August singt die wundervolle sizilianische Sängerin Etta Scollo im Klosterbezirk in Hude, und am gleichen Abend tritt die Gruppe „Sedaa“ mit ihrem faszinierenden Mix aus mongolischem Kehlgesang und arabischen Rhythmen auf dem Kunsthof Bockhorn in Sulingen auf. Ebenfalls am 13. August ist im Bremer „Haus am Walde“, das sich mit vier Konzerten ins Festival eingebracht hat, das Klaus Möckelmann Trio mit Jazz zu hören. Am 21. August gibt die Klassische Philharmonie NordWest ein Konzert auf dem Gut Varrel der Gemeinde Stuhr. Und zum Finale am 28. August singt im Garten des Bremer Domes der Gospelchor. www.gartenkultur-musikfestival.de

Zum Finale eine Oper Seit vielen Jahren veranstaltet das Focke Museum zur Sommerzeit in seinem Garten die kleine Konzertreihe Fockes Pavillon, und zwar immer am Sonntagmorgen zur Matineezeit um 11.30 Uhr. Mit Einführung des Gartenkultur Musikfestivals hat das Museum einige seiner Konzerte auch in diesen Rahmen eingebracht. So auch in diesem Jahr, aber bevor es soweit ist, finden bereits einige Konzerte in Fockes Pavillon statt. Gleich bei der Eröffnungsveranstaltung am 22. Mai dürfte es voll

Alpcologne

auf der Bühne werden. Dort sitzt nämlich zunächst das Cello-Ensemble „Cellowerk“, das Stücke von Händel streicht, aber auch Schlager für Celli arrangiert hat. Anschließend treten dann 20 bis 30 Klarinettisten auf, die sich „Alles Klar?...inette“ nennen und von Bach bis Beatles, von Tango bis Klezmer alles spielen, was Spaß macht. Auch das Blechbläserquintett der Bremer Philharmoniker setzt am 13. Juni auf eine Mischung von Barock bis Pop. Beim „Trio Timeline“ geht es dann am 26. Juni um Begegnungen zwischen Jazz mit arabischen und indischen Rhythmen. Unter dem Titel „Amor, i’parto“ widmet sich das Vokalensemble „deCadenza“ am 3. Juli der italienischen und spanischen Vokalmusik des 16. und frühen 20. Jahrhunderts. Es wird von der Gitarristin Julia Liebig begleitet, die auch Solostücke beisteuert. Am 17. Juli stellt der in Bremen lebende irische Songwriter Paul Lindsay mit seiner Band seine Rocksongs vor. Die letzten beiden Konzerte der diesjährigen Saison in Fockes Pavillon stellen sich dann auch unter den Schirm des Gartenkultur Musikfestivals: Am 21. August bläst das Bläserquintett „WeserWind“ Ouvertüren von Mozart und Rossini in Bearbeitungen, hat aber auch Originalliteratur im Repertoire. Zum Finale am 28. August ist dann eine richtige kleine Oper zu erleben: Unter der Leitung von Kristina Bulling


KUltURSOMMER

Amparo Sanchez

wird Joseph Haydns zweiaktige Opernburlekse „L’infedeltà delusa“ (Untreue lohnt sich nicht) aufgeführt. www.focke-museum.de

Musikalische Weltreise Wie überall in der Kulturbranche haben Sparzwänge auch den Kultursommer Oldenburg erwischt. Statt der bisher üblichen sieben internationalen Konzerte sind es in diesem Jahr nur noch fünf, aber immerhin

Tumi & The Volume

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Staff Benda Bilili

im Anschluss geht es bei „Magnum Coltrane Price“ erneut um Hip-Hop, allerdings gekreuzt mit Funk und einer Prise Soul. Aus dem sumpfigen Süden der USA kommt das Roots-Rock-Trio „Swamp Cabbage“ (9. Juli), dessen Gitarrist Walter Parks lange mit Richie Havens gearbeitet hat. Am selben Abend treten dann auch die Kritikerlieblinge aus Köln auf: Das Quartett „Erdmöbel“ hat so wunderschön verträumte Songs wie Am 8. Juli werden zunächst Gäste aus Südaf- „In den Schuhen von Audrey Hepburn“ rika erwartet: „Tumi & The Volume“ sind die vorgelegt. populärste HipHop-Crew am Kap. Direkt mit sieben Bands. Dass die Macher der Kulturetage ein mehr als hörenswertes Programm zustande gebracht haben, verdient Anerkennung. Der Open-Air-Konzertreigen auf dem Prinzenpalais-Platz beginnt am 7. Juli mit der Spanierin Amparo Sanchez, bekannt als charismatische Sängerin ihrer Band „Amparanoia“, aber auch als Songschreiberin.

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kultursoMMEr

Text: Christian Emigholz

Sjon

Das Hang pflegt das „Portico Quartet“, das am 10. Juli zu erleben ist. Das Hang ist ein Instrument, das wie zwei zusammengeschweißte, verbeulte Woks aussieht. Erfunden haben es aber nicht die Chinesen, es ist vielmehr wie bei bestimmten Hustenbonbons: Die Schweizer waren’s! Auf dem Hang kann man mit den Händen Melodien trommeln, und so gibt es beim Londoner Quartett bestechende Dialoge mit dem Saxofon. Ergebnis ist eine Musik, die sanft und beschwingt ist. Zum Finale geht es in den Kongo. „Staff Benda Bilili“ ist eine echte Straßenband aus Kinshasa, überdies sind die meisten Musiker der Band an Kinderlähmung erkrankt und auf Rollstühle angewiesen. Die Band kombiniert Rumba, Beguine und Polka, die im Kongo schon zur Kolonialzeit höchst populär waren, mit R&B und Latin-Beats. Alle Konzertabende beginnen um 20 Uhr. www.oldenburg.de

Gereimtes und Ungereimtes Im Juni gibt es in Bremen zum zwölften Mal Poetry on the road an diversen Orten der Stadt. Bei dieser Ausgabe vom 15. bis 22. Juni gibt es nur wenige Reisen in ferne Weiten, so sehr sich diese – rein literarisch betrachtet – natürlich im Verlauf des

Mardi Gras.BB

Festivals ereignen können. Aber ganz real kommen die meisten der 26 Autoren aus dem In- sowie dem näheren europäischen Ausland. Aber mit der indonesischen Lyrikerin Dorothea Rosa Herliany, die auch mit Short Stories und journalistischer Arbeit hervorgetreten ist, dem kanadischen Dichter Ken Babstock und der US-amerikanischen Lyrikerin Matthea Harvey sind auch Gäste aus Übersee dabei. Neben den traditionell rezitierenden Lyrikern sind auch in diesem Jahr wieder etliche Künstler mit von der Partie, die sich zwischen Lyrik, Prosa und musikalischem Vortrag bewegen wie der Däne Peter Wessel, der Isländer Sjon, der mit Pop-Ikone Björk zusammengearbeitet hat, oder der Berliner Singer/Songwriter Jan Böttcher. Mit dem Schweizer Franz Hohler wird sogar ein Altmeister einer Sparte auftreten, die zwischen Lyrik, Kabarett und Musik pendelt, während mit seinem Landsmann Eugen Gomringer ein ähnlicher Vorreiter im Fach der Konkreten Poesie vertreten ist, während sich die israelische Soundpoetin und Performerin Anat Pick für Lautgedichte stark macht. www.poetry-on-the-road.com

Joy Denalane

Musikalische Wundertüte Wer die Breminale in diesem Jahr erleben will, muss seinen Sommerurlaub ein wenig nach hinten schieben, denn das Festival auf den Weserwiesen beginnt am letzten Schultag, dem 6. Juli, und endet am 10. Juli. Wie üblich bietet das Festival eine breite Palette zwischen Populärem und Unbekanntem, zwischen Rock, Pop, Blues, Jazz, ein wenig Comedy und zirzensischen Aktionen. Gleich am Eröffnungsabend steht die komische „Dinglish“-Spezialistin Gayle Tufts auf der Bühne, die vor zwei Jahren zum Breminale-Finale Triumphe feierte. Wer es blueslastiger mag, ist bei der furiosen deutschen New-Orleans-Brass-Band „Mardi Gras.BB“ richtig, die ihr neues Album „Von Humboldt Picnic“ als aufwendige 3-Stunden-Revue mit Tänzerinnen, Dia-Show, jeder Menge Bläsersound und ihrem fabelhaften Sänger Doc Wenz vorstellt. Arnd Zeigler hat für seine „wunderbare Welt des Pop“ Bands wie die dänischen „Broken Beats“ oder die britischen Soul-Pop-Altmeister „Blow Monkeys“ vorgesehen. Ansonsten vertraut Bremen Vier auf Kapellen wie „Jupiter Jones“, den Pop-Songwriter Pohlmann oder die SoulQueen Joy Denalane, während die Kollegen von Bremen 1 eher auf einen bedäch-


KUltURSOMMER

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MItten IM HeRzen BReMenS tigen Songschreiber wie den TV-Plauderer Reinhold Beckmann oder den Druck der R&B-Bigband „65 Cadillac“ setzen. Radio Bremens Jazz- und Popredaktion stellt Neuentdeckungen wie „Miraculous Mule“, die Band des britischen Sängers Michael Sheehy, oder das Rocktrio „Swamp Cabbage“ aus Florida vor, hat aber auch das deutsche Jazztrio „Three Fall“ mit seinem Red-Hot-Chili-Peppers-Programm eingeladen. Die Flut-Bühne vom Lagerhaus ist wie üblich mit Alternativ- und IndependentBands besetzt. Nach besagtem Auftakt mit „Mardi Gras.BB“ wird es düsterer mit den französischen Industrial-Punks von „Punish Yourself“ und den Hamburger Punkrockern „206“. Aber hier gibt es auch Ska-Punk von „Desorden Público“ aus Venezuela. Es steckt also wieder allerhand in der Breminale-Wundertüte. www.breminale.de

Lesmona gibt sich russisch Nachdem im vorigen Jahr der „Sommer in Lesmona“ musikalisch nach Italien gereist war, kreist das beliebte Festival der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen in Knoops Park in diesem Jahr (1. bis 3. Juli) um eine ganz andere Region: „Weiße

Nächte“ sind die drei Tage überschrieben, musikalisch und literarisch geht es also nach St. Petersburg, wo es zur Mittsommernacht einfach nicht dunkel wird. Mit der Wahl der Newa-Metropole ist auch gleich vorgegeben, welche Komponisten auf dem Programm stehen. Denn in St. Petersburg – oder Leningrad, wie die Stadt zu Zeiten der UdSSR hieß – lebten und arbeiteten die berühmtesten russischen Komponisten wie Rimski-Korsakow, Mussorgsky, Tschaikowsky, Strawinsky bis zu Schostakowitsch. Einige ihrer Werke finden sich auf dem Fahrplan des diesjährigen „Sommers in Lesmona“, darunter die berühmten „Bilder einer Ausstellung“ von Modest Mussorgsky und zum Finale am Sonntagnachmittag eine Inszenierung des „Feuervogels“ von Igor Strawinsky. Aber das Festival wäre nicht vollständig, wenn nicht am Sonnabend zu später Stunde auch der titelgebende Film „Sommer in Lesmona“ gezeigt würde, und wie üblich am Sonntag die einfallsreichsten Picknick-Dekorationen ausgezeichnet würden. Loriots berühmter „Kosakenzipfel“ dürfte in diesem Zusammenhang nicht chancenlos sein. Ob Wodka thematisch unbedingt notwendig ist, mag jeder für sich entscheiden… www.kammerphilharmonie.com

... lädt das Restaurant „alto“ mit Wintergarten zum Verweilen ein. Die Innenhofterrasse besticht durch den einzigartigen Blick auf die historischen Fassaden der Böttcherstraße. Perfekt gegrillte Steaks und frischer Fisch sind unsere Spezialitäten. Unseren Lunch können Sie täglich von 12–15 Uhr genießen. Wir freuen uns auf Sie!

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MUSiK Jazztipps

Jazztipps Text: Christian Emigholz

Musik von einem anderen Stern

plötzlich sieht sich der Hörer mit einer Art Klingelton-Sinfonie konfrontiert oder aber Andromeda Mega Express Orchestra die ganze Mannschaft rockt unerwartet los, kommt in den Schlachthof dass die Fetzen fliegen. Wer diese ungewöhnliche Gruppe schon einmal gehört hat, Den Mut, solch eine Gruppe ins Leben wird sicher verblüfft gewesen sein von dem zu rufen, muss man erst einmal haben. scheinbar unerschöpflichen Reservoir an Der Berliner Saxofonist, Klarinettist und Komponist Daniel Glatzel hatte diesen Mut. Ideen, die stellenweise im Minutentakt eine Schon vor ein paar Jahren rief er das Andro- völlig neue Richtung einschlagen und dabei meda Mega Express Orchestra ins Leben. So immer ein abenteuerlicher Hörspaß sind. lang der Name, so umfangreich ist auch die Besetzungsliste, denn zu diesem Orchester Beinahe noch überraschender als dieses gehören sage und schreibe 20 Musikerinnen reichhaltige musikalische Temperament und Musiker. Wollte man die gruppieren, so ist die Tatsache, dass Daniel Glatzel seine Großformation über Jahre hinweg hat gehören acht Holz- und Blechbläser dazu, zusammenhalten können, sogar mit dem sieben Streicher sowie eine fünfköpfige Rhythmusgruppe, zu der aber ungewöhnli- Ensemble nach Fernost gereist ist. Bisher hat Andromeda Mega Express Orchestra cherweise auch eine Harfe zählt. im Jahr 2009 die CD „Take Off!“ veröffentEine höchst eigenwillige Besetzung, bei der licht. Dem Vernehmen nach soll in diesem Herbst ein neues Album aufgenommen nicht sofort deutlich wird, wie das musiwerden. Bevor die Großband im August kalische Resultat wohl klingen wird. Im auf große Tournee durch Südamerika geht, weitesten Sinn ist das, was Daniel Glatzel macht sie am 26. Juni, 20 Uhr, im Bremer komponiert, vielleicht dem Jazz zuzuschlaSchlachthof Station. gen, allerdings einem absonderlichen Jazz, der sich nicht im Mindesten um stilistische Zuordnungen schert: „Musik von einem anderen Stern“ hat das Andromeda Mega Er macht alles mit dem Mund Express Orchestra denn auch listig-lustig Der großartige Sänger Theo Bleckmann auf seine Plakate drucken lassen. Vom kommt in den Sendesaal Oldtime-Jazz-Zitat über swingende Passagen im Stile einer Bigband bis zu rebelEiner der großen Vorzüge der amerikalischen Free-Jazz-Ausbrüchen reicht die nischen Musikszene ist, dass dort die Palette. Aber auch bei der Minimal Music Grenzen zwischen E- und U-Musik schon räubert Glatzel, und mittendrin kommt uns seit langem nicht mehr unüberwindlich das Orchester auch schon mal mit Klassiksind, eine Auffassung, die sich bei uns Zitaten oder Filmmusik-Themen. Ebenso allmählich erst durchsetzt. Ein solcher

Grenzgänger zwischen den Stilen ist auch der Vokalkünstler Theo Bleckmann. Der ist gebürtiger Dortmunder, lebt aber schon seit zwanzig Jahren in New York, und dort hat auch seine eigentliche Karriere als Jazzsänger und experimentierfreudiger Vokalartist, der sich auch gerne in den Bereichen der Avantgarde tummelt, begonnen. Bevor es soweit war und Bleckmann sich in der New Yorker Downtown-Szene um Laurie Anderson, John Zorn, Philip Glass und vor allen Dingen Meredith Monk bewegte, hatte er – wie viele andere deutsche Jazztalente – im BuJazzO, dem deutschen Jugendjazzorchester, gesungen, und schon in dieser Zeit einige Jazzpreise eingeheimst. Seit Theo Bleckmann in New York lebt und arbeitet, hat er auf einer kaum fassbaren Vielzahl von CDs mitgewirkt, aber auch eine Reihe eigener vorgelegt, auf denen er seine immense Vielseitigkeit demonstriert. Theo Bleckmann kann nämlich ebenso überzeugend Chansons des Mittelalters singen wie den Beatles-Klassiker „Norwegian Wood“ oder ein Sonett von Shakespeare mit Vokallinien ausleuchten. Bei seinen Solokonzerten vervielfacht der Sänger seine Stimme gerne mittels Sampler, und hat oft auch einen ganzen Haufen von ulkigen Spielzeuginstrumenten dabei, mit denen er sich überaus humorvoll begleitet. Vor vier Jahren hat Theo Bleckmann bereits ein faszinierendes Solokonzert im Sendesaal gegeben. Am 3. Juni, 20 Uhr, ist er dort nun erneut solo zu erleben.


MUSiK Duo Klavitarre

VErwandtE saitEn

Ihre Einrichtung ist unsere Leidenschaft.

Duo Klavitarre organisiert Musikpreis für Kammermusik mit Gitarre Text: Melanie Öhlenbach

S

ie gehört zu den bekanntesten und beliebtesten Musikinstrumenten der Welt und fristet dennoch in der Kammermusik ein Nischendasein: die Gitarre. Dass es auch anders geht, beweist das Musiker-Ehepaar Jolanta und Maciej Ziemski alias „Duo Klavitarre“ seit Jahren. Um dem Saiteninstrument zudem ein großes Forum zu geben, organisiert das Musikerehepaar mit dem Gitarren-Spezialisten Andreas Lieberg und unterstützt von Professor Bernard Hebb von der Hochschule für Künste erneut den „Hanseatischen Musikpreis für Kammermusik mit Gitarre“.

mit die Gitarre einen noch größeren Stellenwert in der klassischen Musikwelt bekommt, wollen sie vom 30. September bis 2. Oktober mit Meisterklassen, Vorträgen und einer Ausstellung wieder möglichst viele Besucher und Musiker in die Hansestadt locken. Für das Auftaktkonzert des „Hanseatischen Musikpreises für Kammermusik mit Gitarre“ haben sich die Spanierin Susana Prieto und der Grieche Alexis Muzurakis alias „Duo Melis“ angekündigt.

„Unser Traum ist es, dass Bremen in der ganzen Welt für die Liebhaber der Gitarrenkammermusik ein Begriff wird“, sagt Maciej Ziemski. Unterstützt wird die Idee vom Ehepaar Eva und Dr. Hans Janknecht „Im Vergleich zu anderen Instrumenten sowie von Agnieszka Zaganczyk-Neufeld gibt es nur wenige Komponisten, die in der von der Forschungsstelle Osteuropa. 6000 Kammermusik ein Stück für die Gitarre geEuro stellt zudem die Stiftung für deutschschrieben haben“, sagt Maciej Ziemski. „Sie polnische Zusammenarbeit bereit. ist einfach kein Orchesterinstrument.“ Der 35-Jährige weiß, wovon er spricht: Nicht Derzeit reichen die Mittel zwar noch nicht nur, weil er an der Hochschule für Künsaus, um am Ende den besten Gitarristente Kammermusik mit Gitarre unterrichtet. Nachwuchs mit einem gut dotierten PreisAuch die Werke für die Konzerte mit Ehegeld zu belohnen. Doch das soll sich bald frau Jolanta müssen von der Pianistin beändern, hoffen die Organisatoren. „Wir wolarbeitet werden. Schließlich sollen beim len unbedingt einen Wettbewerb etablie„Duo Klavitarre“ beide Instrumente gleichren, um die Kammermusik mit Gitarre für berechtigt und sich ergänzend statt einanJugendliche, Studenten und junge Künstder begleitend auftreten. „Es macht Spaß, ler attraktiv zu machen und um einen Andie Stücke neu zu arrangieren“, sagt Jolanreiz für ein Studium an der Hochschule für ta Ziemski. „Auf diese Weise kann man sie Künste zu bieten“, sagt Maciej Ziemski. „Der noch einmal ganz neu entdecken.“ Hanseatische Musikpreis soll nicht nur ein Aushängeschild für Bremen, sondern ein Mit ihrer Interpretation von Werken von Sprungbrett für junge Gitarrenspieler und Chopin, Piazzolla oder Moszkowski haben Gitarrenkammermusiker werden.“ die beiden Musiker schon Konzertbesucher www.klavitarre.com auf der ganzen Welt begeistert. Doch da-

Wir freuen uns auf Sie!

Christiane u. Frank Rudolph & Team Böcklerallee 15 | 27721 Ritterhude Tel.: 0 42 92 - 81 44 0 | Fax: 81 44 10 www.freiraumeinrichtungen.de

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BUCH UND MUSIK Liszt-Biografie

Text: Simon Neubauer

Superstar Franz Liszt M

anche Biografien sind so ehrpusselig verfasst, so mit erklärenden Fußnoten überschwemmt, dass man sie nur aus Pflichtbewusstsein lesen mag. Andere hingegen reflektieren des Lebens bunte Fülle mit solch faszinierender Mitteilungskraft, dass man das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen möchte. Freilich war man in diesem Falle schon vorgestimmt: Wer Oliver Hilmes’ Lebensberichte „Witwe im Wahn“ (Alma Mahler-Werfel) und „Herrin des Hügels“ (Cosima Wagner) oder im Vorjahr „Cosimas Kinder“ (Wagner-Dynastie) gelesen hatte, wusste schon nach dem Vorwort, was ihn an neueren Forschungsergebnissen, profunder Bewertung und – auch das ist wichtig – an lebendigem, ja süffigem Schreibstil erwartete.

macht fielen, oder eine Tasse, an der ihr Idol genippt hatte, als Reliquie verehrten.

Schließlich wollte sie unbedingt Franz Liszt heiraten, nicht zuletzt deshalb, um der gesellschaftlichen Ächtung der „wilden Ehe“ ein Ende zu setzen. Aber immerhin animierte Carolyne ihren oft unlustigen, zudem auch als begehrter Lehrer tätigen Franz zum eifrigen Komponieren. Damals entstanden dann auch als neue Musikrichtung die „Symphonischen Dichtungen“.

Der dritte Abschnitt eines höchst ungewöhnlichen Erdendaseins führte Liszt Aber neben seiner verschwenderisch ausge- schließlich nach Rom, wo er – von viebreiteten Kunst am Flügel waren auch seine len Zeitgenossen nicht verstanden, vielJugend, sein gutes Aussehen und die Mamehr mit Ironie kommentiert – die Niedenieren eines geborenen Ungarn, der jedoch ren Weihen zum Priester empfing. Doch kein Wort Ungarisch sprach, seiner Anzie- hatte sich die Hinwendung des nie sehr kahungskraft keineswegs hinderlich, stärktholisch lebenden Künstlers zur römischen ten vielmehr sein Charisma, dem auch die Kirche schon mit den Kompositionen der Gräfin Marie d’Agoult so hingebungsbereit „Graner Festmesse“ und des „Christus“erlag, dass sie – welch ein Pariser Skandal! Oratoriums angekündigt. Müde, aber auch – mit Liszt auf und davon zog. Auf den folals Abbé immer noch eitel, vollzog er seigenden Liebes- und Künstlerpfaden durch nen Lebensabend schließlich in Bayreuth, die Schweiz und Oberitalien gebar sie ihm dort nicht immer mit Ehren behandelt von drei Kinder, die alle seinen Namen trugen, Freund Richard Wagner, Tochter Cosima weil die Mutter ihre adelige Herkunft hinund den Enkelkindern. ter wechselnden Pseudonymen verbarg.

Gleichwohl kümmerte sich der unentwegt Oliver Hilmes nennt sein jüngstes Kind im herumreisende Papa nur sporadisch um Untertitel „Biographie eines Superstars“, Blandine, Cosima und Daniel. Auch dann zualso im Grunde vergleichbar mit den hysnächst nicht, als er sich in zweiter Lebensterisch Angeetappe als Kapellmeister in beteten unse- Wie von Dämonen besessen ... Weimar niedergelassen hatrer Tage. Ohne te und dort auf der AltenZweifel: Liszt war ein grandioser Star, zuburg der Dominanz seiner neuen Partnerin, nächst einmal als brillanter, ja als bester Pi- der ebenfalls verheirateten Fürstin Carolyanist seiner Zeit. Wie von Dämonen besesne Sayn-Wittgenstein, erlag. Die war zwar sen absolvierte er auf zahlreichen Reisen steinreich, musste jedoch ungemein schwieseine Klavierabende, gefeiert nicht nur von rige und langwierige Unternehmungen beVerehrerinnen, die mitunter gar in Ohntreiben, um eine Scheidung zu erreichen.

Hilmes, gerade mal 40 Jahre alt, schrieb in brillanter Manier einen an Ereignissen prall gefüllten Lebensbericht, in dem die Kompositionen Liszts zwar erwähnt, nicht aber beurteilt oder gar analysiert werden, was auch nicht so recht in die gewählte biografische Form gepasst hätte. Dafür entschädigt die hier erstmals ausführlich aufgedröselte, geradezu kriminalistische „Akte Wittgenstein“. Oliver Hilmes „Liszt. Biographie eines Superstars.“ Siedler-Verlag, 432 Seiten, 24,99 Euro.


MUSiK Kirchenmusik 49

Werke von Jehan Alain im Zentrum des 4. Bremer Orgelsommers Text: Bettina Beutler-Prahm

„E

s wird, wenn Du dies spielst, notwendig sein, den Eindruck einer inbrünstigen Bitte zu vermitteln. Das Gebet ist keine Klage, sondern ein unwiderstehlicher Sturm, der alles auf seinem Weg umreißt. Es ist auch eine Besessenheit.“ Diesen Anspruch erhob der französische Komponist und Organist Jehan Alain gegenüber Interpreten der „Litanies“, seines bekanntesten Orgelwerkes. „Wenn Du am Ende nicht erschöpft bist, hast Du es weder verstanden noch so gespielt, wie ich es mir vorstelle.“

Musik Für grossE räuME danses“ aus den Jahren 1937/38 zu den bekanntesten und am häufigsten gespielten Orgelwerken des 20. Jahrhunderts zählen.

bis hin zu Olivier Messiaen und Maurice Duruflé, Alains Studienkollegen am Pariser Conservatoire, gespannt und durch Improvisationen abgerundet.

Alains musikalische Sprache ist geprägt durch die verschiedensten Stilmerkmale und Einflüsse. Sie reichen von der Gregorianik über den französischen Impressionismus bis hin zum Jazz und zu außereuropäischen Rhythmen und Tonsystemen, mit denen er vermutlich bei der Pariser Kolonialausstellung 1931 erstmals in Berührung kam.

In jedem Konzert soll ein Werk von Jehan Alain erklingen. Darüber hinaus versprechen die Programme viel Abwechslung: So wird neben „Im Zentrum Franz Liszt“ (14. 7.) oder einer „Hommage to Handel“ (28. 7.) auch „Heiliges und Eiliges aus Frankreich“ (11. 8.) zu hören sein. Das Abschlusskonzert am 1. September steht unter dem Titel „Dome: MuDer Bremer Orgelsommer, der in diesem sik für große Räume“. Vorgesehen sind unter Jahr zum vierten Mal stattfindet, bietet die anderem Liszts Präludium „Zum Hause des Am 3. Februar 2011 hätte der 1940 verstorGelegenheit, weitere Werke Alains kennen- Herrn“, Viernes „Cathédrales“ – eine Hombene Alain seinen 100. Geburtstag gefeiert. Trotz seines frühen Todes hinterließ er, zulernen. Vom 7. Juli bis zum 1. Septemmage an „seine“ Kirche Notre-Dame – sowie ber werden jeweils donnerstags um 19 Uhr Messiaens „Apparition de l’église éternelle“ für den der künstlerische Ausdruck nach Domorganisten aus ganz Deutschland im und Léon Boellmanns „Suite gothique“. eigenem Bekunden „die einzige Form des Glücks“ war, ein vielfältiges Oeuvre. Mehr Bremer Dom zu hören sein. Der musikali- Gespielt wird vor allem an der großen Sauer-Orgel, am 18. August auch an der als die Hälfte sind Kompositionen für Orgel sche Bogen wird dabei von J. S. Bach und und Klavier, von denen neben den „Litani- G. F. Händel über Franz Liszt sowie Max Wegscheider- und der Bach-Orgel. Weitere Reger, Louis Vierne und Sigrid Karg-Elert es“ vor allem die äußerst virtuosen „Trois Informationen unter www.stpetridom.de

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SoMMEr

Im Juni und im Juli bieten wir Ihnen erstmals ein Sommerwahlabo an: Für 45 € erhalten Sie drei Gutscheine, die Sie für die Produktionen Der Vetter aus Dingsda Ein Volksfeind In einem Jahr mit 13 Monden Madama Butterfly Perpetuum Mobile jeweils am Vorstellungstag an der Theaterkasse einlösen können.

Karten: 0421 - 3653 333 www.theaterbremen.de

kombiticket Ein Kombi-Ticket mit Eintritt zu Urs Dietrichs Tanzstück »Perpetuum Mobile« im Theater am Goetheplatz und in die wiedereröffnete Kunsthalle zum Preis von 29 € ist ab sofort erhältlich! Gültig bis zum 11. Februar 2012 – Edvard Munch-Ausstellung inklusive.


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ROllEnSPiEl

Schauspielrätsel (SN) Das Stück ist eine rigorose Anklage. Trotzdem erreichte es in den ersten Jahren nach dem letzten Weltkrieg eine Art Kultstatus und ging über zahlreiche deutsche Bühnen. Denn das geschilderte Schicksal war ja niemandem fremd. Es geht, wie vielen damals, um einen Soldaten, der aus der Gefangenschaft heimkehrt und nun erst recht den Boden unter den Füßen verliert. Sein Söhnchen liegt unter den Trümmern des Bombenterrors, seine Frau hat sich einen neuen Freund ins Haus genommen, seine Eltern, denunzierende Antisemiten, haben Selbstmord begangen.

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Wegen eines Durchhaltebefehls hat der junge Mann ein Bein verloren, doch der Oberst, den er zur Rechenschaft ziehen will, lacht ihn nur aus. Und ein Kabarettdirektor ist nicht bereit, die von ihm geäußerten Bekenntnisse zum Pazifismus dem Publikum anzubieten. Im Selbstmordtraum klagt der aller Hoffnungen beraubte Heimkehrer Gott, diesen „ohnmächtigen alten Mann“ an, allerdings ohne Antwort. Aber es gibt dem Klagenden überhaupt niemand Antwort. Das zunächst als Hörspiel konzipierte Stück kam 1947 erstmals auf die Bühne. Einen Tag vorher war der Autor gestorben. Wie heißt er, wie lautet der Titel des eigeneigentlich nie ganz vergessenen Stückes? Antworten bitte bis zum 15. Juli 2011 an foyer, Roland Verlag GmbH, Schlachte 43, 28195 Bremen. Die Teilnahme ist auch onon line möglich: www.rolandverlag.de (Publikationen/Foyer) Zu gewinnen sind 5 x 2 Karten für das Bremer Schauspiel. Die Auflösung des Schauspielrätsels in foyer 89 lautet: „Antigone“ von Sophokles. Gewonnen haben: Birger Franze, Worpswede Stefanie Kehl, Bremen Detlef Klanke, Bremen Matthias Konrad, Bremen Hubert Steffe, Bremen

(ps) Dass Theaterleute eine gewisse Af Affinität zum Fußball besitzen, ist hierzulande seit den Zeiten von Klaus Pierwoß und dessen offenherziger Werder-Liebe noch in deutlicher Erinnerung. Auch Michael Börgerding, sein designierter NachNachfolger im Amt des Generalintendanten am Bremer Theater, verfügt offenbar über mehr als nur rudimentäre Kenntnisse rund um das runde Leder. Er müsse es so machen wie Borussia Mönchengladbach in den 70-er Jahren, als die talentierte „Fohlen-Elf“ in der Bundesliga für Furore sorgte, bekannte der Direktor der Theaterakademie Hamburg während des „Theatertreffens“ im Brauhauskeller. Denn angesichts der angespannten Kassenlage des Hauses könne er keine teuren Schauspieler und Regisseure am Markt „einkaufen“. Ohnehin sei es sein Ziel, „mit jungen Leuten in Bremen eine kleine Theater-Familie zu gründen, zu der auch drei feste Regisseure gehören“, kündigte er mit Blick auf seinen Amtsantritt zur Saison 2012/13 an. Auch hinsichtlich der personellen Besetzung einiger Leitungsfunktionen hat Börgerding schon sehr konkrete Vorstellungen. „Die Tanz-Tradition mit Urs Dietrich wird beendet“, erklärte der künftige Chef des Hauses, der gegenwärtig bereits zwei Arbeitstage pro Woche in Sachen Bremer Theater investiert. Die Strukturen des hiesigen Tanztheaters

seien „festgefahren“, weshalb er neue Wege beschreiten möchte. „Und das geht nur mit einem klaren Schnitt, der auch die Trennung von der Compagnie einschließt.“ Eine deutlich wichtigere Rolle am Goetheplatz soll künftig Rebecca Hohmann spielen. Die Leiterin des Moks-Theaters (Börgerding: „Sie macht eine klasse Arbeit!“) wird sich demnach auch um die Sparte „Junge Akteure“ kümmern und auch die Theaterpädagogik leiten. Doch Börgerding stellt angesichts des immensen Sparzwangs, der ihm zum Amtsantritt aufgebürdet wird, nicht nur die personellen Weichen: Man denke über betriebsbedingte Kündigungen ebenso nach wie über eine Verkleinerung des Ensembles. Und auch eine Reduzierung des RepertoireSpielplanes stellt für ihn kein Tabu dar. Schließlich liege die strukturelle Unterversorgung des Hauses bei 2 Millionen Euro per anno. Daraus folgt: „Das Wichtigste für mich sind zunächst die Finanzen.“ Schon deshalb zweifelt Börgerding an der Idee, im Nachgang zu Richard Wagners 200. Geburtstag 2013 endlich den „Ring“ des Meisters zu inszenieren. Denn das werde „sehr, sehr teuer“. Doch die dafür benötigten Akteure könne er – siehe oben – „nicht am Markt einkaufen.“


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Opernrätsel (SN) Femme fatale oder unschuldige Verführerin, Teufelsweib oder Projektion männlicher Begierde? Bei jeder Neuinszenierung wechselt sie ihr Gesicht, gibt Rätsel auf, die je nach der singenden Persönlichkeit anders gedeutet werden können. Den Männern an ihrer Seite geht es schlecht. Der Maler, dem sie Modell sitzt, erschießt sich, als sie mit einem reichen Mediziner flirtet, aber den trifft ohnehin bald der Schlag. Ein Journalist höheren Rangs ist ihr hörig, aber als er eine andere standesgemäße Dame heiraten will, drückt sie ihm eine Pistole in die Hand. Und weil er sich nicht ins Jenseits befördert, gibt sie selbst die tödlichen Schüsse ab. Vorher hatte sie schon mit dem Sohn des Zeitungsmannes angebandelt, der bleibt ihr treu und hilft ihr aus dem Gefängnis. Doch bis dahin ist die Oper bereits Torso geblieben; erst in unsere Zeit hat sie ein Wiener Komponist nach vorliegenden Skizzen vollendet. Allerdings bleibt dieser dritte Akt mit dem schmählichen Ende der einst so betörenden Frau umstritten. Foto: Ursula Kaufmann

Nun, das sind Hinweise genug, weshalb Sie unschwer den Titel dieser Oper und (ps) Neuer Betreiber, vertraute Leitung – ihren Verfasser benennen können. (ps) Sein künftiger Kollege ist „augedieses Bild bietet sich künftig im Musi. sprochen froh, dass er kommt.“ Gemeint cal Theater Bremen. Seit dem 1. April wird ist Michael Helmbold, der zum 1. Januar Bitte schreiben Sie Ihre Antwort bis zum 2012 neuer kaufmännischer Geschäftsfüh- das Haus am Richtweg von der Unterneh15. Juli 2011 an foyer, Roland Verlag GmbH, rer am Theater Bremen wird. Michael Börg- mensgruppe „Mehr! Entertainment“ betrie- Schlachte 43, 28195 Bremen. Die Teilnahme ben, die Claus Kleyboldt als zukünftigen erding, designierter Intendant des Hauses, ist auch online möglich: hatte der Berufung ausdrücklich zugestim- Direktor verpflichtet hat. Schon seit April www.rolandverlag.de (Publikationen/Foyer) mt: „Angesichts der finanziellen Lage ist ein steht er „Mehr! Entertainment“ als Berater Fachmann, der sparsames Wirtschaften ge- zur Seite, am 1. Oktober wird er den ChefZu gewinnen sind 5 x 2 Karten für das posten offiziell übernehmen. wohnt ist, hoch willkommen.“ Theater Bremen, das Stadttheater Bremerhaven und das Oldenburgische Kleyboldt zeichnet gegenwärtig noch als Genau das hat Helmbold, Jahrgang 1963 Staatstheater. Geschäftsführer unter anderem für den Beund ausgebildeter „Banker“, schon unreich Sport & Entertainment (Bremen Areter Beweis gestellt. An der Berliner Volksna) der WFB Wirtschaftsförderung Bremen Die Auflösung des Opernrätsels in foyer bühne war er unter anderem zehn Jah89 lautet: „Ein Maskenball“ von Giusepre als künstlerischer Betriebsdirektor tätig, GmbH verantwortlich. In diesem Zusampe Verdi. menhang war er über mehrere Jahre auch bevor er im Januar 2009 zur Ruhrtriennale zuständig für das Musical Theater Bremen. wechselte und zunächst ebenfalls als künZuvor war Kleyboldt unter anderem als Gewonnen haben: stlerischer Betriebsdirektor, dann als GeAbteilungsleiter „Veranstaltung“ der Halle schäftsführer arbeitete. Zuvor hospitierte JP Alt, Hamburg Münsterland und als Geschäftsführer der Helmbold, der Germanistik und KunstgeLine Banko, Quackenbrück Grugahalle Essen tätig. schichte sowie „Non-Profit Management Gertrud Becker, Lüneburg and Governance“ studierte, in den BereiHans-Jürgen Brockmann, Norden Die Düsseldorfer „Mehr! Entertainment“chen Regie, Dramaturgie und Intendanz Bärbel Dieckert, Oldenburg Gruppe hat mit dem Bremer Musicalhaus unter anderem am Hamburger Schauspiel, Mario Eisbrich, Delmenhorst das fünfte Theater in Deutschland überan der Hamburger Staatsoper und an der Inge Ewald, Delmenhorst nommen. Neben dem Bochumer „StarVolksbühne Berlin. Renke Havekost, Bremerhaven light Express-Theater“, dem Kölner „MusiDr. Arnulf Hopf, Bad Zwischenahn cal Dome“ und dem Düsseldorfer „Capitol“ Dem Job in Bremen sieht er mit Spannung Gertrud Kiehm-Hey, Bremerhaven wird gemeinsam mit BB Promotion das entgegen: „Der Neuanfang mit Michael Monika Mehrtens, Bremen Börgerding bietet eine wunderbare Chance „Cats“-Theaterzelt betrieben. In Bremen Edith Reichelt, Bremerhaven für das Bremer Theater. Diesen Neuanfang will das Unternehmen dem Publikum „ein Barbara Sandmann, Bremerhaven in der schwierigen ökonomischen Situation vielfältiges Programm aus Musical-HighWalter Tilch, Hage lights, Comedy-Abenden, interessanten des Hauses zu begleiten, ist eine HerausAusstellungen und Tanzshows bieten.“ Christiane Wysocki, Bremen forderung.“


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WISSENSCHAFT Jade Hochschule

Wegweisendes „Jade Modell“ reformiert das Bachelor- und Master-Studium Text: Peter Schulz

Zur Nachahmung empfohlen E

s gab das „Honnefer Modell“ zur Unterstützung von Studierenden aus sozial schwachen Familien. Mit dem „Tuttlinger Modell“ regeln schwäbische Kommunen und Unternehmen die finanzielle Ausstattung ihrer Hochschule. Das „Potsdamer Modell“ wiederum zielt auf die bessere Ausbildung brandenburgischer Lehrer ab. Und nun steht das „Jade Modell“ vor der Umsetzung, dem fachkundige Beobachter der universitären Szene schon jetzt einen ähnlich nachhaltigen Erfolg voraussagen wie den erstgenannten Projekten.

Genau dies war an der Jade Hochschule zu diesem Zeitpunkt schon längst geschehen. Lange vor dem Aufwallen der hitzigen Proteste hatten die beiden Fachbereiche Wirtschaft und Ingenieurwissenschaften die Bachelor- und Master-Studiengänge (Elmar Schreiber: „Studium, Praxis- und Auslandserfahrung in möglichst nur sechs Semestern – das war von vornherein der Der Berliner „Tagesspiegel“ machte seinerzeit „Lernbulimie“ als neue Krankheit unter Kardinalfehler“) auf den Prüfstand gestellt und nach Möglichkeiten der den angehenden Veränderung gesucht. In enger Bachelors aus Abstimmung mit dem niederund konstatiersächsischen Wissenschaftsmite: „Sie leiden an nisterium wurde daraufhin ein Prüfungsstress, Prototyp entwickelt, der „zum Entwickelt wurde es an der Jade Hochvollgepackten Studienschema für das Land und schule, deren Präsident, Dr. habil. Elmar Stundenplänen, darüberhinaus werden kann“ – Schreiber, die damit verbundene ErwarAnwesenheitsdas „Jade Modell“. tung so umreißt: „Die neue, flexiblere listen und fehStruktur des Studiums wird dazu beitralender AnerkenUnd das funktioniert so: Der gen, dass die Absolventen erheblich höhere nung auswärts künftige Akademiker studiert in Qualifikationsziele erreichen können, um erbrachter Leisden Studiengängen, die das „Jade ihre Berufsbefähigung und damit auch die tungen.“ Rasch Modell“ anbieten, acht Semester, Akzeptanz ihrer Ausbildung in der Wirtkursierte in wobei ihm ein „Mobilitätsfensschaft zu steigern.“ In diesem Sinn werde der Öffentlichter“ die Möglichkeit eröffnet, das Studium „deutlich attraktiver für den keit und nicht jeweils ein Auslands- bzw. Praxisakademischen Nachwuchs, den unsere zuletzt auch in semester zu integrieren. Ist das 6. Gesellschaft so dringend benötigt.“ der Wirtschaft Semester erreicht, steht er vor eiGenau das hatten die jungen Leute vor der Spruch von Augen, die im Herbst 2009 zu Tausenden der „Überfrachtung des Studiums“, weshalb ner bedeutenden Entscheidung: Entweder unser Student strebt als Bachelor direkt in die Schulen und Universitäten verließen, „Die Welt“ kommentierte: „Eine schmerzden Beruf und macht nach acht Semestern um ihre Meinung auf die Straßen zu tragen. hafte, uneitle und vorbehaltlose ÜberprüDenn sie hatten den Kanal voll. Und zwar fung ist geboten im Namen derer, die heute seinen Abschluss. Oder er setzt sich das Ziel „Master“ und hängt analog der Formel gestrichen. Auslöser ihres Unmuts: Das – mit Recht – protestieren.“ „8 + 2“ noch zwei weitere Semester hinzeitlich stark komprimierte, verschulte Bachelor- und Master-Studium, das – so die unüberhörbaren Vorwürfe – bei enormer Stofffülle und erheblicher Prüfungsdichte wenig Freiheiten für die Entwicklung persönlicher Interessen lasse und es obendrein erschwere, das Studium durch Nebenjobs überhaupt finanzieren zu können.


WISSENSCHAFT Jade Hochschule

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Fotos: Michael Stephan

tenan, für die er jedoch vorab zugelassen werden muss. Wer „Plan B“ wählt, wird – auch dies ein Vorzug des „Jade Modells“ – bereits im 7. und 8. Semester mit dem notwendigen Rüstzeug für den qualifizierten MasterStudiengang versorgt. Der Dekan des Fachbereichs Ingenieurwissenschaften, Prof. Dr. Heiner Köster, verweist dabei auf „vertiefende Lernmodule, die zielführend auf den erfolgreichen Studienabschluss ausgerichtet sind und dem späteren Master Kompetenzen zur Lösung von Problemen auf theoretischer und analytischer Grundlage vermitteln.“ Und das, so urteilt Köster mit Blick auf die Praxis, „wissen Personalchefs ganz besonders zu schätzen.“ Auch der Fachbereich Wirtschaft setzt auf das „Jade Modell“, wobei hier jedoch nach dem Leitsatz „7 + 3“ vorgegangen wird. Sprich: Sieben Semester einschließlich Praxissemester bis zum Bachelor plus drei weitere, um den Master zu erreichen. Dekan Prof. Dr. Gerd Hilligweg hebt in diesem Zusammenhang besonders hervor, dass den Studierenden künftig mehr Zeit eingeräumt wird, um sich im „rauhen Alltag“, also in der freien Wirtschaft, gründlich umzuschauen. „Das ,Jade Modell’ schafft außerdem die Freiräume, um sich mal eingehend mit einem bestimmten Projekt oder Thema aus der Praxis beschäftigen zu können“, erklärt er.

Ein Wunsch, den in der Vergangenenheit nicht allein die Studierenden lautstark geäußert hatten. Auch die Wirtschaft hatte den im Fachbereich Wirtschaft als unzureichend empfundenen Praxisbezug im Bachelor- und Masters-Studium heftig kritisiert. „Mit dem Praxissemester des ,Jade Modells’ können wir diesen Malus nun nachhaltig beseitigen“, freut sich Gerd Hilligweg, Die Dekane haben die Hoffnung, den gegenwärtigen und künftigen neuen Studiengängen am Studienort Wilhelmshaven der Jade Hochschule zusätzliche Attraktivität zu verleihen. Auf möglichen Zuwachs hat sich die Jade Hochschule schon mal eingestellt: Gerade ist es der Leitung gelungen, jeweils sechs Professoren-Stellen für die Fachbereiche Wirtschaft und Ingenieurwissenschaften neu auszuschreiben. Willkommene Verstärkung, denn Arbeit gibt’s ohnehin reichlich. So hat Heiner Köster beispielsweise festgestellt, dass viele Studienanfänger mit „eher rudimentären Kenntnissen in der Mathematik“ an die Hochschule kommen. Weil das nicht gerade die besten Startchancen für angehende Ingenieure sind, können die Studierenden diesen Rückstand durch den Besuch eigens eingerichteter Zusatzveranstaltungen zur Vermittlung von Grundkenntnissen aufholen. Köster: „Das kommt prima an und zeigt deutliche Erfolge.“

Dass es den Studierenden nicht an Wissbegier und Lerneifer mangelt, steht für Gerd Hilligweg ohnehin außer Frage. „Die Proteste haben ja gezeigt, dass sich die jungen Menschen bessere Studienbedingungen und ein anderes Lernen wünschen“, urteilt er rückblickend. „Diesen Schwung, der mich sehr beeindruckt hat, haben wir mitgenommen und in die Entwicklung des ‚Jade Modells‘ gesteckt, das schon jetzt einhellig begrüßt wird. Übrigens auch von den Fachschaften!“ Mit dem Wintersemester 2011/12 wird im gesamten Fachbereich Ingenieurwissenschaften und ab Winter 2012/13 auch im Fachbereich Wirtschaft nur noch nach dem „Jade Modell“ studiert, das – so Elmar Schreiber – keineswegs als „der Weisheit endgültiger Schluss“ angesehen werden dürfe. „Gut möglich, dass daraus weitergehende Modelle entwickelt werden. Wir sind jedenfalls gespannt, was die Praxis bringen wird.“ Die Stimmung unter den Studierenden sei schon überaus erwartungsvoll. „Die jungen Leute warten geradezu darauf, dass es endlich losgeht“, hat Elmar Schreiber beobachtet. „Denn das ,Jade Modell’ ermöglicht ein besseres Studieren. Und das heißt zugleich: Mehr Absolventen, weniger Studienabbrecher. Das ist allemal ein lohnendes Ziel.“


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literatur Italienisch für Liebhaber / Chronic City

literatur Text: Inge Zenker-Baltes

Eine Amerikanerin in Mailand

teuer geht die Heldin ein kleines bisschen klüger hervor, gereifter und abgeklärter, doch weiterhin voller Illusionen, SehnHilary Belle Walker erlebt Kurioses süchte und Träume. Zum Glück, möchte man sagen, denn sonst gingen ihre so Das muss eine Autorin erstmal schaffen: liebenswerte Spontaneität und ihre charSo fesselnd vom Erwerb eines Fahrrades mante Vertrauensseligkeit verloren. namens Blau, dessen Diebstahl und seiViel erfährt man über speziell italienische nem Wiederauftauchen zu erzählen, dass Sonderbarkeiten, und wie Amerikaner dader Leser mit der Protagonistin leidet, hofft mit fertigwerden – oder auch nicht. Nach und aufatmet, als ginge es um etwas wirkden ersten Seiten schon hat man sich festlich existenziell Wichtiges. Hilary Belle gelesen, verzeiht der Autorin kleine DurchWalker schafft noch mehr. Die Ich-Erzähhänger, wie es sie bei den meisten Epilerin ihres amüsanten Episodenromans – sodenromanen gibt. Erheiternd süffige wie die Autorin Amerikanerin und BuchLektüre für ein verregnetes Wochenende! händlerin in Mailand –, fühlt sich dem Hilary Belle Walker: Italienisch für LiebGastland und seinen Bewohnern in ambihaber. Deutsch von Sylvia Höfer. Kunstvalenter Zuneigung verbunden. mann. 313 S.,19,90 Euro. Was sie alles erlebt, ist so spannend wie komisch, und aus jedem ihrer kleinen Aben-

Gnadenlose Entlarvung Brillanter Roman von Jonathan Lethem Manche Kritiker halten „Chronic City“ für das wichtigste Buch dieses Jahres, wenn nicht für eines der wichtigsten zeitgenössischen Bücher überhaupt. Ja, seine Lektüre soll prägend auf viele Leser gewirkt, ihre Sicht der Dinge verändert haben. Was ist dran an diesem Enthusiasmus? Jonathan Lethems Geschichte ist so hanebüchen wie faszinierend. Sein Ich-Erzähler Chase Insteadman – der „Anstattmann“ – lebt als ehemaliger Kinderstar von den Tantiemen seiner einst kultigen Fernsehsoap und ist mit einer manövrierunfähig im All schwebenden Astronautin verlobt, die ihm von dort heiße Liebesbriefe schreibt. Chase trifft eines Tages auf den Musikkritiker Per-


literatur Léon und Louise

kus Tooth. Der eigenartige Mann neigt zu Absenzen und kann eines seiner Augen nicht kontrollieren. Im Laufe der hintergründigen Geschichte wird sich herausstellen, dass Tooth nicht nur sein mäanderndes Auge, sondern sein gesamtes Leben nicht im Griff hat, genauso wenig wie Chase Insteadman, der dem hochintellektuellen zukünftigen Gefährten vom ersten Moment an verfallen ist und dessen Freundschaft braucht wie die Luft zum Atmen.

wartet auf den Geistlichen. Da öffnet sich quietschend eine Seitentür, herein schlüpft eine zierliche alte Dame, geht zielstrebig auf den offenen Sarg zu, küsst den Toten auf die Stirn, legt eine alte verrostete Fahrradklingel neben ihn, mustert lächelnd seine erstarrte Familie und eilt beschwingt davon.

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liche Kriegsgräuel, die sich gleich nebenan in den Schützengräben abspielen, drastisch zu schildern.

Bei aller Schwere des Leids, scharf beobachteter menschlicher Kläglichkeit und kluger Behandlung der großen Themen Liebe, Krieg und Tod sind die von Capus Das ist der Schluss einer ganz und gar un- entworfenen Bilder von fast schwereloser gewöhnlichen, bezaubernden und aufLeichtigkeit und einem besonderen Schimwühlenden Liebesgeschichte – zugleich mer – wie der Pariser Himmel, der glitzert, Auftakt des neuen Romans von Alex Capus, „als enthielte er Goldstaub“. Unmöglich, mit wenigen Worten detaildem 1961 in der Normandie geborenen er- Alex Capus: Léon und Louise. Hanser. 315 liert auf den fantastischen, vielschichtifolgreichen Schweizer Schriftsteller. Léon S., 19,90 Euro. gen, andeutungs- und beziehungsreichen und Louise lernen sich, beide siebzehnjähGehalt des 500 Seiten Romans einzugehen. rig, 1918 in einem kleinen Ort an der franWieder einmal hält Jonathan Lethem der zösischen Atlantikküste kennen. Gerade prüden amerikanischen Society den Spie- als sie zusammengefunden, sich ihre ungel vor, geißelt die brutale Welt des Geldes bändige Liebe gestanden und eine Nacht und entlarvt den American Dream als glit- miteinander verbracht haben, geraten sie zernde, perverse Scheinwelt. in einen Artillerieangriff der Deutschen. Beide werden schwer verletzt, kommen Die Protagonisten lassen sich ziellos treiben, in unterschiedliche Hospitäler und sind verharren in vergeblicher Suche nach sich überzeugt vom Tod des anderen. selbst, sind außerstande, zwischen Sein und Schein zu unterscheiden. Alles ist möglich Seither vergeht kein Tag, an dem Léon und nichts ist wirklich sicher in Jonathan nicht an Louise denkt. Zehn Jahre späLethems gigantischem, ungemein spannen- ter ist er mit der launischen, von Anfälden Meisterwerk. Völlig aussichtslos, eine len „temporärer Unzurechnungsfähigkeit“ Antwort auf die Frage nach der Wahrheit zu befallenen Yvonne verheiratet. Eines Taerwarten, denn die gibt es nicht. ges meint Léon, die geliebte Louise in einer Jonathan Lethem: Chronic City. Deutsch vorbeifahrenden Metro zu sehen. Ebenso von J. Ch. Maass und M. Zöllner. Tropen. verzweifelt wie vergeblich versucht er, ihr 490 S., 24,95 Euro. zu folgen, und in seiner abgrundtiefen Ehr-

finden!

Alex Capus’ wundervolle Love-Story

lichkeit erzählt er Yvonne von dem Erlebnis. Die ermuntert ihn, nach der Jugendliebe zu suchen, weiß sie doch genau, dass sie ihren Mann längst verloren hat.

Eine Trauerfeier in der Kathedrale von Notre Dame: Dekorativ aufgebahrt liegt der alte Léon Le Gall im Altarraum, dort, wo einst Napoleon sich selbst gekrönt hatte. Ein Häuflein Hinterbliebener – Kinder, Enkel und Urenkel des Patriarchen – kauert etwas verloren in den ersten Bankreihen und

Alex Capus verwebt in die betörend erzählte Story einige Partikel aus der Biographie seines Großvaters. Durch sogkräftige und bilderreiche Sprache haucht er dem Geschehen mitreißende Vitalität ein, vermag gar, neben der Romanze der in ländlicher Idylle aufwallenden jungen Liebe schreck-

Ein Leben lang

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SERiE Die neue Kunsthalle Bremen

Hochbetrieb bis zur Wiedereröffnung der Kunsthalle am 20. August Text: Maike Rotermund

© hinrichs:grafikdesign

D

wEttlauF Mit dEr zEit

er Countdown läuft: Keine 100 Tage mehr, dann öffnet die frisch renovierte und erweiterte Bremer Kunsthalle ihre seit Dezember 2008 geschlossenen Türen wieder für die Öffentlichkeit. foyer hat die Bautätigkeit und die Geschehnisse „hinter den Kulissen“ seit Januar 2010 im Rahmen einer achtteiligen Serie begleitet, die mit diesem Beitrag endet.

im Haus vorhandenen 170 Werke einen neuen Bestandskatalog mit Unterstützung der Getty Foundation in Los Angeles sowie der Bucerius Kunststiftung erarbeitet.

Ganz besonders freut sich Wulf Herzogenrath auf den dritten Part: „Wir zeigen alle Werke, die in den vergangenen 17 Jahren meiner Tätigkeit als Direktor ins Haus gekommen sind, das heißt also uns geschichte aus sechs Jahrhunderten versam- schenkt oder mit senatorischen oder Stifmelt. Darunter finden sich natürlich auch tungsmitteln erworben wurden. Außerdem zeigen wir auch die Rückkehrer, die von die „Noblen Gäste“, die während der vergangenen zwei Jahre auf Reisen waren und ausländischen Regierungen zurückgegein 22 großen und kleineren deutschen Mu- ben wurden.“ Standort Am Wall: Von außen wirkt es, als seen von der Qualität der Bremer SammSo werden gewichtige Arbeiten von Alseien die umfangreichen Baumaßnahlung kündeten. brecht Dürer bis zu Caspar David Friedmen bereits abgeschlossen. Die beiden morich zu sehen sein wie auch die 101 Blätdernen neuen Flügel rahmen das historiWulf Herzogenrath freut sich über den ter, die aus Moskau zurückgekehrt sind. sche Gebäude der Kunsthalle harmonisch nachhaltigen Erfolg der Aktion: „Die ‚Nobein. Doch im Inneren des Gebäudes gehen len Gäste’ waren eine wunderbare Werbung Den Schwerpunkt in diesem Teil wird allerdings die aktuelle Kunst mit Fotografidie Arbeiten unvermindert weiter. Schließ- nicht nur für die Sammlung, sondern auch lich kann das erste Kunstwerk erst dann ins für die Stadt Bremen und außerdem ein Ziel en, Video- und Computerarbeiten bilden. Haus zurückkehren, wenn sich alle Klimafür viele der über 7000 Mitglieder des Kunst- Auch hierzu erscheint ein umfangreicher, reich bebilderter Katalog. werte, die Temperatur wie auch die Feuchvereins, die eine Reise nach Kiel, Leipzig tigkeit in der richtigen und permanenten oder München unternahmen, um dort die Balance befinden. Zudem müssen auch alle Werke zu besuchen – entweder im Rahmen Diese aktuelle Akzentuierung spiegelt sich sicherheitsrelevanten Details stimmen, so einer organisierten Fahrt des Kunstvereins zudem im neu gestalteten Museumsbau in drei permanenten Installationen, geschafdass eine 24-stündige Sicherheit gegeben ist. oder als individuelle Reisende.“ fen von einem internationalen Klassiker sowie zeitgenössischen Bremer Kunst„Es wird zeitlich wahnsinnig eng“, blickt Und auch dies ist eindeutig als Erfolg zu schaffenden: So gestaltet zum Beispiel der Direktor Prof. Dr. Wulf Herzogenrath rewerten: Viele Mitglieder, das ergab eine alistisch auf die verbleibenden Wochen, Auswertung der Rückmeldungen, nutzten amerikanische Künstler James Turrell einen sich über drei Ebenen erstreckenden die ganz im Zeichen der Neueinrichtung die Gelegenheit, ihren Freunden und Verdes Hauses stehen: 500 Kunstwerke werwandten in den anderen Städten die Schät- Lichtraum. „Below-Between-Above“ ist den hier nun nicht nur ihren neuen Platz ze aus Bremen zu zeigen. Das große Inter- der Titel des Werkes, bei dem die Besucher finden, sondern auch die richtigen Lichtesse von Köln bis Berlin lässt sich auch an selbst auf einer Zeitachse der Ewigkeit steverhältnisse müssen eingestellt sowie die der handfesten Tatsache ablesen, dass der hen werden, erläutert Herzogenrath. Der Blick reiche in der Installation dann von Beschriftungen und Einführungstafeln Sammelband mit den 230 Meisterwerken angebracht werden. aus Bremer Beständen fast ausverkauft ist. den Gestirnen über sich, lasse der Raum doch den Blick in den Himmel offen, bis Wenn dann am 20. August die Türen geöff- Doch zurück zur Eröffnungsschau, die ne- auf den Grund, wo im weißen Marmor Lichtsterne auf blitzen werden. „Es ist ein net werden, erwartet die Besucherinnen ben den „Noblen Gästen“ auch Werke der wunderbares Bild der Wahrnehmung der und Besucher eine umfangreiche Schau französischen Malerei der Jahre 1820 bis Kunstwelten durch die Betrachter in den mit drei Schwerpunkten: Zum einen sind 1920 in den Blickpunkt rückt. Schließlich im Haus dann Höhepunkte der Kunstgehat Kustodin Dr. Dorothee Hansen für die Bildern der anderen Künstler der Samm-


serie Die neue Kunsthalle Bremen

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Die hohe Kunst des Versicherns.

lung“, stellt Herzogenrath heraus. Außerdem dürfen die Besucher unter anderem gespannt sein auf ein „Museumserinnerungsobjekt“ von Wolfgang Hainke und zwei bewegliche Betonskulpturen von Achim Manz. Die Bremer Künstlerin Marikke Heinz-Hoek übernimmt zudem die Bespielung für die Schriftlaufbänder, die aber erst 2012 zu sehen sein werden. Bereits Mitte Oktober, direkt im Anschluss an die Eröffnungsschau, erwartet die Bremerinnen und Bremer – wie alle Interessierten – ein weiteres kulturelles Glanzlicht in der Kunsthalle: Dann wird nämlich die Edward-Munch-Ausstellung eröffnet. Wir erinnern uns: Vor einigen Jahren entdeckte eine Restauratorin hinter der Leinwand eines Werkes eine weitere: Unter dem Munch-Bild „Die tote Mutter“, das 1899 entstand, kam unerwartet das Bild eines nackten, sitzenden Mädchens zum Vorschein, umringt von drei bedrohlichen Männerköpfen. Seitdem befinden sich zwei Kompositionen des norwegischen Malers im Besitz der Kunsthalle, die damit die für Munchs Werk wichtigen Themen Angst, Tod sowie das Verhältnis Mann und Frau in den beiden Werken anschaulich versammelt. Diese Sujets bilden nun den inhaltlichen Rahmen der Schau, die ergänzt wird durch zahlreiche Leihgaben aus internationalen Museen. Allein 14 Werke steuert das Munch Museum in Oslo bei. Hinzu kommen zahlreiche Leihgaben aus privaten Sammlungen sowie viele Arbeiten auf Papier, die für die Bremer Ausstellung zum Teil erstmals ausgeliehen werden. Auch für diese umfangreiche Werkschau erarbeitete übrigens Dorothee Hansen das Konzept. So war diese lange Zeit der geschlossenen Kunsthalle laut Wulf Herzogenrath nicht nur für die reisenden Meisterwerke eine aktive Zeit, sondern gerade auch für die Mitarbeiter, die währenddessen an umfangreichen Forschungsprojekten beteiligt waren. „Weder Kunstwerke noch Mitarbeiter haben sich ausruhen können!“ Denn neben der Vorbereitung für die angesprochenen Projekte standen vielfältige Aktivitäten auf der Agenda (wir berichteten): Tausende von Arbeiten wurden EDV-erfasst und bearbeitet, weitere restauriert oder mit Passepartouts versehen. „Nun freuen sich alle auf den 20. August, wenn wir wieder für die eigentliche Aufgabe da sind: das Zeigen und Vermitteln der Kunst“, blickt Herzogenrath auf die nahende Eröffnung. Dabei hat der Kunsthallendirektor noch einen Tipp zur Hand: Bereits zum gegenwärtigen Zeitpunkt sind mehrere hundert Termine für Führungen sowohl durch die Eröffnungsschau wie auch durch die Munch-Ausstellung angenommen worden. Es wird also eng in der neuen Kunsthalle. Herzogenraths Rat: „Möglichst bald anmelden, damit die Wunschtermine nicht schon ausgebucht sind!“

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SPARKASSE kulturell

Zu Gast in der Sparkasse Bremen: ›Spieglein, Spieglein…‹ Schönheitsideale im Wandel der Zeit – Aufgeschlossen! Skulpturen aus der Kunsthalle Bremen Text: Sabine Komm

Aristide Maillol: Sitzendes Mädchen, sich das Bein haltend, um 1900

„S

pieglein, Spieglein an der Wand...“ – so beginnt das wohl berühmteste Märchen aus der Sammlung der Brüder Grimm. Die bange Frage nach der Schönsten im ganzen Land stellt eine von Ehrgeiz zerfressene Monarchin ihrem eigenen Spiegelbild. Jetzt bilden die ersten Wörter dieses Gesprächs den Titel einer Skulpturen- und Videoausstellung in der Sparkasse Bremen.

Schönheitsideale le Bremen, wie sich das Schönheitsideal im Laufe der Zeit verändert hat.

man es damals üppiger liebte als heute auf den Laufstegen der Modemetropolen. Maillols Frauen haben breite Hüften, Werke aus 100 Jahren treffen im Finanzstämmige Oberschenkel und einen gerunCentrum Am Brill aufeinander, Kleinbron- deten Bauch. zen von Rodin bis zum Kubismus, darunter auch Werke, die bisher selten ausgestellt Schönheit, das zeigt die Ausstellung, konnte waren. Dieser Dialog macht deutlich: Die auch Verhängnis bedeuten. In Ovids Metain TV-Shows zelebrierten Top-Model-Maße morphosen ist nachzulesen, wie Aktaion waren nicht immer das Maß der Dinge. auf der Jagd die Göttin Diana und ihre Nymphen beim Baden überrascht, alle sind sie „Die Präsentation, die in enger Zusammen- „Damit man sich in so viel Schönheit nicht nackt und wie erstarrt vor Schreck. Ein verarbeit mit der Kunsthalle entstanden ist, soll verläuft, ist die Themenschau in vier Etap- botener Blick mit tödlichen Folgen: Zur Stradie Verbundenheit unseres Unternehmens pen gegliedert“, sagt Kunsthistorikerin fe wird der Jäger in einen Hirsch verwandelt, mit den BreRiemer. Los geht’s den die eigenen Jagdhunde zerfleischen. Die mer Museen Werke aus 100 Jahren treffen im bei den biblischen mildlose Göttin, die das befahl, modelliersichtbar ma- FinanzCentrum Am Brill aufeinander und mythologite Alexandre Alguiéres im Jahr 1882 in angechen“, sagt schen Darstelspannter Aufmerksamkeit, den Kopf mit der Tim Nesemann, Vorsitzender des Vorstanlungen. Hier erfahren die Betrachter, dass Mondsichel zur Seite gedreht. Interessant, des der Sparkasse Bremen, die sich seit lan- die Schaumgeborene seit der Renaissance dass der Künstler die antike Figur dabei in gem auch als Sponsor der Kunsthalle Bregern als Akt dargestellt wird – als weltliseine eigene Zeit beamt, ins mondäne Parimen engagiert. Anhand einer Auswahl von ches Pendant zu der in der Schöpfungsge- ser Milieu kurz vor der Jahrhundertwende. 25 Kleinbronzen aus Kunsthallenbesitz schichte beschriebenen Verführungskunst zeigt Kuratorin Katja Riemer, derzeit wisvon Eva. Die Bronze-Figuren des FranzoIn Teil zwei der Schönheitsschau führt Katsenschaftliche Volontärin der Kunsthalsen Aristide Maillol um 1900 zeigen, dass ja Riemer all die weiblichen Wesen vor, die


SPARKASSE kulturell

Max Klinger: Badende, die sich im Wasser spiegelt, 1898

nicht mehr als Venus, Diana oder Eva identifizierbar sind. Befreit von mythologischem oder biblischem Ballast geht es jetzt ums Profane, um Frauen bei der Morgentoilette oder aber den selbstbewussten Blick auf die eigene Schönheit. In Anspielung auf Narziss, der sich bekanntlich in sein Spiegelbild verliebt hat, präsentiert Max Klinger 1898 eine „Badende, die sich im Wasser spiegelt“. Ein Bein auf einen Baumstumpf gestützt, neigt sich die nackte Frau vor, um sich besser sehen zu können.

Otto Gutfreund: Weiblicher Kopf, 1919

idealisierte Mann entstanden, der eine gigantische Kugel stemmt. Zudem sind hier Degas’ „Tänzerin in Ruhestellung“ platziert und Gerhard Marcks’ „Tänzerin“ von 1947, eine Aktfigur mit gekreuzten Beinen. Mit leiser Ironie kontrastiert die Ausstellungsmacherin solche Figuren mit Waldemar Ottos „Kleinem Catcher“ von 1970: Aggressiv und gleichzeitig beschützenswert wirkt dessen deformierter Körper. Die dünnen Beine scheinen den mächtigen Leib kaum zu tragen. „Ich habe diesen kleinen hässlichen Mann lieb gewonnen“, bekennt Katja Riemer.

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Kirsten Geisler: Dream of Beauty 3.1, 2003

Kult und computeranimierte Schönheit. Doch was soll hier die Mondsichel in ihrem Haar? Ein Verweis auf die römische Jagdgöttin Diana, die uns schon zu Beginn der Ausstellung begegnet ist?

Auch das „Zauberglas“ des Deutsch-Norwegers Bjørn Melhus lässt viele Fragen offen. Wieder geht es um Narzissmus. Das Video von 1991 zeigt den Künstler gleich zweimal: im Fernseher als Frau verkleidet und vor dem Fernsehapparat als Mann – eigentlich ideale Voraussetzungen um anzubandeln. Doch scheinen beide, Mann Auch Bernhard Hoetger führt uns in seiund Frau, so selbstverliebt, dass nur ein nem „Darmstädter Torso (Jugend)“ Makellosigkeit vor Augen: Die Arme seines le- Im vierten und letzten Kapitel der Themen- stereotypes Frage-Antwort-Spiel möglich bensgroßes Mädchens sind so angeordnet, schau schließlich wagt sie den Schritt in die ist. Auf penetrante Weise wiederholen sie Zitate aus der Synchronfassung eines Wesdass sie die elegante Linie von Schulter, Jetztzeit. Das Motto: „Futuristisch“. Hier terns. „Ist das ein Zauberglas?“, fragt sie. Brust und Hüfen nicht kreuzen. trifft Otto Gutfreunds „Weiblicher Kopf“ Und er antwortet: „So oft du hinein siehst, von 1919, ein eindrucksvolles Beispiel für wird es dir verraten, wie schön du bist.“ Die dritte Etappe der Schönheitsschau Kubismus, auf Videoarbeiten, wie Kirsten dreht sich um athletische, um sportliGeislers „Dream of Beauty“. Die Künstleche Körper. Katja Riemer inszeniert hier rin lässt eine virtuelle Frau, perfekt wie die Mit dieser Ausstellung eröffnet die eine Bronze von Wilhelm Loth, entstanLara Croft der Computer- und Videospiele, Sparkasse die Reihe ›Aufgeschlossen‹ den 1983/88. Der durchtrainierte Körper auf einem Catwalk stumpf auf und ab lau- der Kunsthalle Bremen. der „Taucherin“ ist kopfüber aufgesockelt. fen. Offenbar ist diese Kunstfigur gefangen ›Spieglein, Spieglein…‹ Außen lässt die konvexe Hohlform an eiim Schönheitswahn unserer Gesellschaft. Schönheitsideale im Wandel der Zeit – nen muskulösen Mann denken, während die konkave Innenseite den Blick auf einen Multimediakünstlerin Mariko Mori wiede- Aufgeschlossen! Frauenakt preisgibt. rum inszeniert sich 1996 als kühle Schön- Skulpturen aus der Kunsthalle Bremen heit auf einem Flughafen. Zu meditativem Mittwoch, 08.06. bis Sonntag, 28.08.2011 Die Schönheit der Bewegung zeigt auch Singsang absolviert sie ihre Performance. FinanzCentrum Am Brill Franz von Stucks „Athlet“. 1892 ist dieser Kleidung und Augen verweisen auf Manga- Öffnungszeiten: Mo. - Fr. 9.00 - 18.00 Uhr


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KUnSt Städtische Galerie Delmenhorst

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Dr. Annett Reckert übernahm die Leitung im Haus Coburg Text: Berit Böhme

„„h

ier bin ich Mensch, hier bin Kunstmuseum Wolfsburg für Kommunikaich glücklich“, sagt Dr. Antion zuständig und wechselte für eine „gute nett Reckert und meint damuseale Ausbildung“ ans Sprengelmuseum mit die Städtische Galerie Haus Coburg Hannover. In Göppingen lernte sie dann in Delmenhorst, in der sie vor einem hal- als stellvertretende Leiterin der Kunsthalle ben Jahr die Nachfolge von Bar„alles, was zur Leibara Alms angetreten hat. Ein „Kleinod mit intertung eines Hauses „Kleinod mit internationaler nationaler Strahlkraft“ gehört“ und nahm Strahlkraft“ sei die alte Jugendzwischendurch stilvilla, deren „atmosphärisch präsente eine zweijährige Kunstvermittlungs-ProRäume“ die neue Leiterin besonders mag. fessur in Braunschweig wahr. Sie seien „wie ein Instrument, das man bespielen kann.“ Ausschlaggebend für den Wechsel nach Norddeutschland seien „das von den RäuBespielen möchte sie es vorrangig mit eimen her reizvolle und international aufnem zeitgenössischen Programm. „Da gestellte Haus“ sowie die „Programmfreiknüpfe ich an meine Vorgängerin an.“ heit“ gewesen. „Hier ist alles möglich“, Gleichzeitig schätzt die Kunstexpertin die schwärmt Reckert. Der finanzielle Rahmen hauseigene Sammlung, deren Schwersei hingegen angesichts der leeren Delpunkt im Oeuvre des Expressionisten menhorster Stadtkasse eng gesteckt. „Wir Fritz Stuckenberg und des Historienmasind am Limit.“ So müsse auch die nötilers Arthur Fitger liegt. „Die Sammlung ist ge Renovierung der Außenfassade noch ein das Gewissen eines Hauses. Sie bringt die paar Jahre warten. Ruhe rein, die in ein Museum gehört.“ „Ich arbeite sehr gerne mit partizipatoriNach Ansicht der 1967 geborenen Kassela- schen Ansätzen“, verrät die Museumsleinerin „ist es eine Lebensentscheidung, ob terin. Sie möchte die „Schwelle zwischen man in ein ganz großes Haus geht. Oder Bild und Betrachter überwinden“ und ob man in so einem kleinen Haus arbei„den Betrachter zum Akteur machen“. Retet und Vergnügen daran hat, alles zu ma- ckert schätzt die Vielseitigkeit ihrer Arbeit chen.“ Ihr Studium absolvierte Annett Re- in Delmenhorst. Bei der Planung und dem ckert in Braunschweig. Später war sie am Aufbau einer Ausstellung fühlt sie sich

ebenso wohl wie bei der Gestaltung von Katalogen. Annett Reckert würde gerne mehr junges Publikum in die Städtische Galerie locken. „Mir fehlt die Mitte der Gesellschaft. Kleine, Grundschulkinder und Senioren ins Museum zu holen, gelingt bereits.“ Reckert initiierte in Delmenhorst einen „Jugendklub“, der von einem bildenden Künstler und einer Kunstpädagogin betreut wird. Der Klub soll „Jugendliche ab 16 selbstständig an die Kunst bringen“ und „die Neugier auf künstlerische Berufe wecken.“ Bis Mitte Juni zeigt die Galerie „Anton Stankowski. Kinderspiele“. Zu sehen sind Fotografien aus den 1930er Jahren sowie mit geometrischen Formen longierende Collagen aus Stankowskis Kinderbuch „Gucken“. Die Ausstellung flankiert ein „Spielraum für Kindergarten- und Grundschulkinder“ in der Remise. Dort experimentieren Knirpse mit Farbquadraten, probieren Spielzeug, setzen Lettern in der Druckwerkstatt oder erkunden den Farbkreis. Künftig möchte die Leiterin vermehrt „Spielarten des Humors“ aufgreifen und einen Traum realisieren: Eine Ausstellung nur in Ecken und Winkeln. Denn das Haus habe viele davon und liege obendrein noch an einer Straßenecke.


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KUnSt Ausstellungen

Text: Sabine Komm

© Sven Ingmar Thies

kunstwErkE Japan intim Natur- und Atomkatastrophe haben Japan in unseren Blick gerückt. Immer wieder die Frage: Wie sind sie genau, diese Menschen, die so diszipliniert mit dem Unglück umgehen? Antworten gibt die Wanderausstellung „Japanese Rooms“ im Übersee-Museum Bremen. 82 Schwarz-Weiß-Fotos, alle vor der Katastrophe entstanden, ermöglichen einen intimen Einblick in japanisches Wohnen.

Hunde und mehr

Seit über 50 Jahren fotografiert Elliott Erwitt. Für Zeitschriften und für die Werbung. Mit leisem Witz und melancholischem Unterton. In Zusammenarbeit mit der Agentur Magnum-Photos ist in Bremen erstmals eine Werkschau des New Yorkers zu sehen. Der Titel: „Von Hunden und anderen Zeitgenossen“. Das Focke-Museum Bremen zeigt 220 Fotos. Mit dabei einige seiner Hundeaufnahmen, diese skurrile Hommage an den besten Freund des MenSven Ingmar Thies, Jahrgang 1969, hat foschen. Berühmt ist das Foto von 1974, das tografiert, wie japanische Architekten, Stu- einen Schoßhund mit Pudelmütze neben denten, Kaufleute, Köche und Künstler in Dogge und den Schaftstiefeln seines FrauTokyo, Berlin, New York und Shanghai lechens verdammt klein aussehen lässt. ben. In seinen Schwarz-Weiß-Bildern hat er „Hunde sind die freundlicheren Models“, die Menschen durch Bewegungsunschärfen sagt Erwitt. Trotzdem hat er sie nur en pasanonymisiert. Trotzdem war es kein einfasant fotografiert. ches Projekt. Japaner gewähren ungern Einblick in ihre Privatsphäre. Während bei uns In Bremen sind jetzt auch Fotos zu sehen, Fenster dazu da sind, Licht hinein zu lassen, die während Erwitts weltweiten Einsätzen sind sie bei Japanern meist zugehängt oder entstanden sind. Sie zeigen junge Männer aus Milchglas. Schiebetüren bestehen aus am Strand von Rio oder eine mexikanische Reispapier. Viele Unterschiede also zu west- Straßenkapelle. Dass es sich um vintage lichem Wohnen und Denken. prints handelt, also Abzüge, die der Fotograf unmittelbar nach Entstehung des NeTrotzdem findet Thies die aktuelle Begativs selbst hergestellt hat, macht sie so richterstattung irreführend: „Prinzipiell wertvoll. Das Übersee-Museum zeigt zusind Japaner kontrollierter als wir, aber die dem einige von Erwitts Kurzfilmen, zum Emotionen innen drin, das große Lachen Beispiel „Beauty Knows No Pain“ (1973), – und die Traurigkeit sind die gleichen wie auch das Werke, die uns vor Augen führen, bei uns.“ Jetzt sammelt der Fotograf unter wie komisch wir teilweise ticken. Übrigens: dem Motto „Deutsche Künstler helfen JaDass der 83-jährige New Yorker auch heute pan“ Spenden für das krisengeschüttelte noch fotografiert, versteht sich von selbst. Inselreich. 2. Juli bis 18. September 2011 im FockeBis 10. Juli im Übersee-Museum Bremen Museum Bremen.


Kunst Ausstellungen 63

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Leere Theater

Die Vergessene

„Für uns Theaterleute ist es ein Horrormotiv“, sagt Hans Georg Wegner, Leiter der Opernsparte am Theater Bremen, über die Ausstellung „Vorstellungen“. Denn die Fotos von Candida Höfer, die meisten wesentlich größer als ein Poster, bilden menschenleere Theatersäle ab. Egal, ob das Teatro Cervantes Buenos Aires, das von Goethe konzipierte Theater Lauchstädt oder die Mailänder Scala – alle spiegeln sie die Gesellschaft. Ränge und Logensysteme stehen für Hierarchie, Prunk für das Selbstverständnis des Fürsten und Räume, in denen jeder von jedem Platz gut sehen kann, für ein neues Denken. Die in der Theatergalerie am Bremer Goetheplatz inszenierten Großformate zwingen uns zu einem langsamen Sehen in einer schnellen Zeit, zum Endecken von Details.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts bringt sie eigentlich alle Voraussetzungen mit für eine große Karriere: Mathilde Vollmoeller-Purrmann (1876-1943), Tochter einer Frauenrechtlerin und eines Textilfabrikanten. Sie ist hoch gebildet. Sie malt gut. Sie hat Erfolg in Paris. Doch dann der Karriereknick. Seit sie mit dem Maler Hans Purrmann drei Kinder hat, malt sie nur noch im Verborgenen.

Über sich selbst spricht die Künstlerin, 1944 geboren, Tochter des berühmten TVManns Werner Höfer, nicht gern. Früh beschließt sie, öffentliche Innenräume ohne Menschen zu fotografieren: Konzertsäle, Hörsäle, Bibliotheken, Cafés, Sporthallen, Museen, Wartesäle, Bibliotheken, Theater – Orte der Kommunikation, bei ihr leicht aus der Achse gerückt, dazu in einem Licht, das diese Fotoserien malerisch wirken lässt. Keine Schnappschüsse, sondern präzise geplante Momentaufnahmen. Dass ihre Theaterbilder jetzt in einem Theater zu sehen sind, passt perfekt. Bis 3. Juli. Bremer Theatergalerie. Dienstag bis Sonntag 14 bis 17 Uhr.

Bis vor kurzem gingen die Kunsthistoriker davon aus, dass ihr Werk damals abbricht oder zumindest das meiste zerstört ist. Fakt ist aber, dass ihre jüngste Tochter die Arbeiten eisern unter Verschluss hielt. Erst im Jahre 1999 tauchte der Nachlass wieder auf. Jetzt sind Gemälde und Aquarelle der Künstlerin, die im selben Jahren wie Paula Modersohn-Becker geboren ist und ebenfalls Kontakt zu Rainer Maria Rilke hatte, in Bremen zu entdecken. Die Ausstellung „Mathilde VollmoellerPurrmann: Fest der Farben“ im Paula Modersohn-Becker Museum zeigt 38 Arbeiten, einige inspiriert von Cézanne und Matisse. An diesen Stillleben überzeugt, wie mutig sie Äpfel, Blüten, Tischtuch und Hintergrund farblich modelliert. Dass sie nie aufhörte zu malen, zeigen späte Aquarelle, die auf Reisen und nach dem Umzug der Purrmanns nach Florenz entstanden sind. Heute gilt Mathilde Vollmoeller-Purrmann als Pionierin der Moderne. Bis 3. Juli im Paula Modersohn-Becker Museum in Bremen.

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KinO Metropolis

kinotipps

Der nie ganz gesehene Klassiker Die restaurierte Fassung von Fritz Langs „Metropolis“ Erzählt wird von einer Stadt der Zukunft: In Metropolis ist die Technik so weit entwickelt, dass die Reichen und Mächtigen ein paradiesisches Leben führen können. Ihre Stadt ragt weit in den Himmel hinein, zwischen den Wolkenkratzern fahren und fliegen sie mit den modernsten Vehikeln, und sie kommunizieren mit Bildtelefonen. Doch all das wird durch die Arbeitermassen im Untergrund der Stadt in Gang gehalten, die wie Sklaven in den Kellergeschossen gehalten werden und aufzubegehren drohen. 1926 drehte Fritz Lang diesen ersten monumentalen Sciencefictionfilm, und er wurde eines der einflussreichsten Werke der Filmgeschichte. Ridley Scotts „Blade Runner“ wäre ohne das Vorbild „Metropolis“ unmöglich gewesen, das Labor von Rotwang findet ist sich in den „Frankenstein“-Verfilmungen wieder, Godards „Alphaville“ und Kubricks „Dr. Strangelove“ enthalten Verweise auf diesen Stummfilm, den seit seiner Premiere niemand so sehen konnte, wie Fritz Lang ihn gedreht und geschnitten hat. „Metropolis“ wurde gleich nach der Uraufführung drastisch gekürzt, ein Viertel des Films galt als verloren, und über Jahrzehnte wurde versucht, ihn so vollständig

wie möglich zu restaurieren. Jede Dekade hatte ihre eigene Version. Die kurioseste war sicher jene des Filmkomponisten Giorgio Moroder, der den Film 1984 rigoros auf 83 Minuten herunterkürzte und dazu eine Rockdiscomusik einspielte, die heute viel altmodischer wirkt als der Film selber.

schentiteln hingewiesen wird) zu kaschieren, verstärkt nur die Aura des Films. Der Film läuft seit 12. Mai in der Bremer Schauburg.

Vor einigen Jahren war dann der Fund eines 16mm Negativs in Buenos Aires der Durchbruch, und nun gibt es eine nahezu vollständige Fassung von „Metropolis“, bei der die wiederentdeckten Fragmente zwar an ihrer Bildqualität klar erkennbar sind, sich aber dennoch erstaunlich gut in das restliche Material einfügen. Durch sie fließt die Erzählung viel besser, dramaturgische Holperigkeiten, die bisher als Schwächen bei Drehbuch und Inszenierung angesehen wurden, sind verschwunden.

„Das ist eine interessante Metapher!“ So analysiert eine Figur im Film das Problem des Helden und nimmt damit dem Kritiker das Wort aus dem Mund – oder besser dem Text. Tatsächlich ist der Plot dieses Films aus der Schweiz so offensichtlich um ein Sinnbild herum fabuliert, dass er leicht zu offensichtlich hätte wirken können.

So ist es dank sorgfältiger Restaurierung möglich, nun einen komplexeren und besseren Film zu sehen, der zudem sehr durch die Originalmusik von Gottfried Huppertz gewinnt, die 1926 bei der Uraufführung gespielt wurde und ausgehend von einem Klavierauszug und Manuskripten des Komponisten neu aufgelegt und vom RundfunkSinfonieorchester Berlin eingespielt wurde. Die restaurierte Fassung von Fritz Langs „Metropolis“ ist ein beeindruckendes Gesamtkunstwerk, und dass zum Glück nicht versucht wurde, die Risse (die unterschiedliche Bildqualität) und Lücken (eine immer noch fehlende Sequenz, auf die mit Zwi-

Ein Schweizer Sandmann „Ein Sommersandtraum“ von Peter Luisi

Doch dies hat der Regisseur Peter Luisi dadurch geschickt vermieden, dass er logisch und bis zur letzten Konsequenz durchdacht hat, was mit einem Mann passiert, der sich langsam in Sand verwandelt. Dabei beginnt der Film mit einem völlig gegensätzlichen Bild, denn gleich in der ersten Einstellung bekommt sein seltsamer Protagonist Benno Kaffee ins Gesicht geschüttet. Dies hat er aber auch verdient, denn er ist ein extrem unangenehmer Zeitgenosse. Fabian Krüger spielt ihn so rüpelhaft, rücksichtslos und verlogen, dass er von der ersten Szene an eine ganz eigene Faszination ausstrahlt. Snobistisch macht er alle Menschen in seiner Umgebung herunter. Besonders hat er es auf Sandra abgesehen, die unter seiner Wohnung ein


KinO Ein Sommersandtraum

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Demnächst im Kino: (hip) Einen augenscheinlichen Beleg dafür, wie die Macht einen Menschen verändern kann, liefert Pepe Danquart in seiner Dokumentation „Joschka und Herr Fischer“ (Kinostart: 19. 5.). Ein Jahr lang führte er intensive Interviews mit dem inzwischen 62-jährigen Unternehmensberater und montierte diese Sequenzen mit Archivmaterial aus Fischers Zeit als Sponti und Turnschuhträger. In „Waste Land“ (26. 5.) wird ein ungewöhnliches Projekt des brasilianischen Künstlers Vik Muniz dokumentiert. Dieser fotografierte Müllsammler auf der größten Müllkippe der Welt in Rio de Janeiro. Er machte allerdings keine voyeuristischen Bilder von ihrem Elend, sondern zeigt sie in kunstvollen Porträtaufnahmen nach berühmten Vorbildern aus der Kunstgeschichte. Dies erinnert an den Film „Orfeu Negro“, in dem der griechische Mythos von Orpheus in der Unterwelt in die Favelas von Rio verpflanzt wurde.

ren, richtigen Leben retten. Dabei sucht er die Hilfe eines Esoterikers aus dem Fernsehen, doch der gibt als Lösung für Bennos Problem nur die Zahl „9“ an und begründet Bei seiner Arbeit in einem Laden für Phila- seine kryptische Antwort damit, dass er ein telisten legt Benno am liebsten jene herein, Hellseher und kein „Hellwisser“ sei. Auf die die geerbte Briefmarkensammlungen verrichtige Spur kommt Benno dann durch seikaufen wollen und keine Ahnung von deren ne Träume, denn diese teilt er mit der von tatsächlichen Wert haben. Bei solch einer ihm so gerne beschimpften Kellnerin. besonders perfiden Aktion (er gibt an, eine Einer der Gründe dafür, warum diese abMarke sei nur die Fälschung einer besonsurde Komödie so komisch ist, liegt daders wertvollen Fälschung) rieselt ein weran, dass Benno und Sandra einander in nig Sand aus seinem Ärmel. Schnell fließt der ersten Hälfte des Films so boshaft beimmer mehr von diesem materialisierten kriegen. Statt des im Titel verballhornten falschen Leben aus ihm heraus, und der Stücks von William Shakespeare erinnert Film ist dann am unterhaltsamsten, wenn man sich eher an dessen „Viel Lärm um er zeigt, wie Benno versucht, trotz seiner Nichts“ mit den gewitzten Streitereinen fantastischen Verwandlung sein alltägzwischen Beatrice und Benedick. liches Leben zu bewältigen und diese vor kleines Café betreibt, dort nächtens ihren Auftritt als „Einfrauorchester“ probt und ihn dadurch am Schlafen hindert.

den anderen Menschen zu verbergen. Wie jeder weiß, der als Kind das Sandmännchen gesehen hat, lässt diese Art von magischem Sand die Menschen schlafen, und Benno lernt bald, diese Vorteile seiner Versandung zu nutzen. Aber dann merkt er auch, dass er immer leichter wird, und spätestens, nachdem ihm einer seiner Arme wegrieselt, wird ihm klar, in welcher Gefahr er sich befindet. Peter Luisi spielt hier mit den verschiedenen romantischen und märchenhaften Motiven vom Sandmann, aber im Grunde ist sein Antiheld eher ein moderner Pinocchio, dessen Körper jede Lüge verrät. So kann ihn nur die Suche nach dem wah-

Peter Luisi gelingt es, eine feine Balance zwischen den mythischen und burlesken Elementen zu halten. Schön ist auch, mit welchen simplen Tricks er die fantastische Verwandlung von Benno bewerkstelligt. Statt der allgegenwärtigen Computeranimation nutzt er einfach den Sand, in dem langsam nicht nur Benno, sondern der ganze Film zu versinken droht. Fabian Krüger gelingt es, den Benno als ein Ekel zu verkörpern, das seltsamerweise nie gänzlich unsympathisch wirkt. Die Sandra wird allerliebst von einer Sängerin mit dem schönen Künstlernamen Frölein Da Capo gespielt. Nur eine gute Musikerin kann auf die Note genau so falsch singen. (Filmstart 21. Juli)

„Unter Kontrolle“ (26. 5.) ist heute so aktuell wie es sich der Regisseur Voler Sattler kaum hat vorstellen können: Der Film handelt von der Sicherheit der deutschen Atomkraftwerke. Dazu zeigt er nur die Technologie und beweist so, dass die äußerste Sachlichkeit manchmal die effektivste Polemik sein kann. Ständig lauert in diesem Film die Katastrophe, die nur mit dem im Film gezeigten monumentalen Aufwand verhindert werden kann. „I’m Still Here“ (11. 8.) ist eine der raffiniertesten Täuschungen der Unterhaltungsindustrie. Der Schauspieler Joaquin Phoenix verkündete vor einigen Jahren auf dem Höhepunkt seiner Karriere, sich aus dem Filmgeschäft zurückzuziehen und nur noch als Rapper aufzutreten. Er verkörperte dies konsequent und für alle glaubwürdig, bis er und der Regisseur Casey Affleck auf dem Filmfest Venedig verkündeten, er habe nur eine Rolle gespielt. „Midnight in Paris“ (25. 8.) ist der neuste Film von Woody Allen, der nun die französische Hauptstadt ähnlich romantisierend feiert wie in seinen letzten Filmen London und Barcelona. Ein kleiner Skandal, der dem Film an der Kinokasse nur nutzen kann, bestand darin, dass die Präsidentengattin Carla Bruni in einer Nebenrolle mitspielt und der Film prompt nach Cannes eingeladen wurde.


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kulturkalender

KULTUR TERMINE FORUM

................................................... Bremerhaven 28. 5. (M) Giuseppe Verdi: Un Giorno di Regno. Großes Haus 4. 6. (S) Gerhard Meister: In meinem Hals steckt eine

Premierendaten

Weltkugel. Kleines Haus

4. 6. (S) Odyssee: Heimat – internationales Theaterfestival.

15. Mai bis 15. September 2011

Großes Haus

................................................... ................................................... Oldenburg Bremen 20. 5. (M) Georg Friedrich Händel: Saul.

19. 5. (T) Renz, Kovac, Rajeh: Triple Bill (UA).

Neues Schauspielhaus

28. 5. (S) George Tabori: Mein Kampf. Brauhauskeller 2. 6. (S) Henrik Ibsen: Ein Volksfeind.

Neues Schauspielhaus

Theater am Goetheplatz

(Abkürzungen:

Bremen Theater Bremen Tel. 04 21 – 36 53 – 3 33

Kleines Haus Donnerschwee. Stadtteilzentrum Donnerschwee

18. 6. (S) Anton Tschechow: Der Kirschgarten.

15. 6. (S) Theaterprojekt: Monster 2011. Moks

Abkürzungen: P = Premiere WA = Wiederaufnahme z.l.M. = zum letzten Mal w.n.a.a. = wenn nicht anders angegeben Terminschluss: 1. Mai

27. 5. (S) Niederdeutsches Schauspiel: Die Hölle von

10. 6. (T) Urs Dietrich: Perpetuum Mobile (UA).

Halle 10, Fliegerhorst

21. 5. (S) Niederdeutsches Schauspiel: Nienich to laat.

Ort noch unbestimmt

M = Musiktheater, S = Schauspiel, T = Tanztheater)

Was ihr wollt Mai 22. (18 h) Der Vetter aus Dingsda Mai 25., 27., 28.; Juni 4., 13. (18 h), 16., 21., 25. Madama Butterfly Mai 26.; Juni 19. (18 h), 28.; Juli 2. Perpetuum Mobile Juni 10. (P), 12. (18 h), 14., 18., 23., 29.; Sept. 4. (18 h/WA), 11. (18 h) Norma Juni 17. (WA), 22.; Juli 1., 3. Tag der offenen Tür Aug. 27. (15 h) Saisonpräsentation Oper Bremen. Aug. 28. (18 h) Matinee zu Tannhäuser Sept. 4. (11.30 h/ Theatergalerie)

...................................... Theater am Goetheplatz ...................................... (Beginn, w.n.a.a.: 19.30 h) Neues Schauspielhaus Idomeneo Mai 15. (18 h), 18., 29. (15.30 h); Juni 2. (18 h), 5. (15.30 h), 24., 26. (18 h) Kryos Mai 17., 19., 21.; Juni 1., 3., 11. Die Nibelungen Mai 20., 24.

(Beginn, w.n.a.a.: 20 h) Kampf des Negers und der Hunde Mai 15. (18.30 h) Drei alte Männer wollen nicht sterben

Mai 18. (11 h), 22. (16 h), 27. (11 h); Juni 7.+15.+17.+21.+22.+27.+28. (11 h) Triple Bill Mai 19. (P), 28. Glaube Liebe Hoffnung Mai 20. Die Glasmenagerie Mai 21. DNA Mai 23. (10.30 h) In einem Jahr mit 13 Monden Mai 27. Groß und klein Mai 29. (18.30 h) Ein Volksfeind Juni 2. (P) Hauptsache Arbeit! Sept. 10. (P)

...................................... Moks (Beginn, w.n.a.a.: 20 h) Gastspiel Shakespeares Hamlet Mai 21.+28. (20+22.15 h) Wir alle für immer zusammen Mai 24.+25.+26.+27. (10.30 h), 29. (18 h), 30.+31. (10.30 h); Aug. 30. (WA) Monster 2011 Juni 15. (18.30 h/P)


literatur Die große Verschwendung

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Text: Christine Krause

Phrasendrescher

als zum Erfolg. Das aber ist nur die Folie für das Psychogramm seines Protagonisten, das SchöSein erster Erzählband mit „überwiegend a sitzt einer des Nachts in seiner mel genüsslich und gemein, mit eiseskühWohnung am Fenster und spielt mit neurotischen Geschichten“ erschien 2002 ler ironischer Schärfe ausbreitet. Dieser seinem Autoschlüssel, versunken in mit dem Titel „Die Schnecke“ und zeigte Dr. Georg Glabrecht ist ein egozentrischer ein Zwiegespräch mit seinem neuen Wabereits vollkommen seinen charakteMachtmensch, der – und das liest sich mit gen, der unten auf der Straße steht: Klick ristischen Erzählstil, seinen ironischhämischem Vergnügen – die nächste Wahl auf – klick zu. Und das Autochen antwor- boshaften Blick auf das eigene Geschlecht, verliert, und den dann nur noch die Sorge tet und blinkert zurück – zwei Einsame in an dem er nichts Gutes lässt. Das unterquält, wer ihm die Hemden bügelt und wo stummer Konversation. streicht nach seinem ersten Roman 2004 er seine kostbaren Rotweine lagern kann. und einem weiteren Geschichtenband Ein Mann, politisch gescheitert ebenso wie Von solch eigener Art wie dieser „König sein neues Buch. Es heißt „Die große privat im zweiten Frühling. der Nacht“ sind sie, die Typen des WolfVerschwendung“ und weist mit seinem gang Schömel. Singles und auf jeden Fall kontaktgestört, denen schon beim Anblick Titelbild – einem Foto der Hamburger Ha- Der Autor breitet seinem Lesepublikum fencity mit der Elbphilharmonie im Zenin unnachahmlicher Weise seine Insidereiner gebückt arbeitenden Putzfrau die trum – gleich mitten hinein ins politische Kenntnisse aus, pointiert formuliert, denn Geilheit den Verstand abschaltet. Wolfer hatte sein Berufsleben lang Gelegenheit, gang Schömel, in Bad Kreuznach geboren, Geschäft, in dem sich der Kulturbeamte solche Politikertypen zu beobachten, die promoviert an der Bremer Universität, war, Schömel bestens auskennt. nach freier Autorentätigkeit für verschieHohlheit ihrer Phrasen und die anmaßende dene Rundfunkanstalten, von 1986 bis In dieser, einem kleinen Kunstgriff folgend, Attitüde ihrer Macht zu erleben. Er weiß, 1988 beim Bremer Senator für Bildung, in Bremen spielenden Geschichte heißt das wie man ihnen ihre Reden schreibt und ihre Wissenschaft und Kunst verantwortlich „eventkulturelle Projekt“ MO gleich Mariti- sprachlichen Eigenarten einarbeitet, damit für zwei „Literarische Wochen“ rund um me Oper, die einen „touristischen Leuchtauch alles ganz selbst formuliert wirkt. die Verleihung des Bremer Literaturpreiturm“ zu nennen die Senatsmitglieder, ihre ses. In dieser Funktion eines LiteraturreFachreferenten und Pressesprecher nicht Der Genuss, mit dem Schömel seinen ferenten ist er seitdem bei der Freien und müde werden zu wiederholen. Der in diesem Romanhelden seziert, garantiert ein hohes Hansestadt Hamburg angestellt. beschriebenen Falle grüne WirtschaftsseLesevergnügen. Aber was wäre auch andenator ist sich des „Labervokabulars“ zwar res zu erwarten von einem, der sich „ApoBereits mit seiner ersten Publikation hat bewusst, hält es aber für die Pflichten seines kalyptische Reiter sind in der Luft“ als Titel er bewiesen, dass er sich als Autor im Jobs, dem „Zeitgeist“ zu entsprechen und seiner Dissertation ausgedacht hat. Dem Literaturbetrieb durchaus behaupten mit Perfektion auf der Klaviatur der PhraRomanhelden Glabrecht jedenfalls sind sie kann. Dennoch arbeitet er bis heute weiter sendrescher mitzuspielen. ziemlich um den Kopf geflogen! als Beamter in der Verwaltung ebendieser Maschinerie, die ihm ganz offensichtlich Solch politischer Visionswahn ist sattsam Wolfgang Schömel: Die große Verschwenliteraturverwertbares Material in Hülle bekannt, auch, dass er eher ins Chaos führt dung. Klett-Cotta, 239 Seiten, 19,95 Euro. und Fülle liefert.

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kulturkalender

...................................... Brauhauskeller (Beginn, w.n.a.a.: 20.30 h) Ulrike Maria Stuart Mai 15. (19 h), 19., 28. Sch...Liebe 3 Mai 21., 22. Das ist! Mai 29. (19 h) Mein Kampf Juni 5. (19 h/P), 11. Theatertreffen Juni 24.

...................................... Glocke Tel. 04 21 – 33 66 99 (Beginn, w.n.a.a.: 20 h) 8. Philharmonisches Kammerkonzert Elisabeth Leonskaja, Klavier; Artemis Quartett. Mai 16. (Kleiner Saal) Joja Wendt Mai 17. Glocke Sonderkonzert Lorin Maazel, Dirigent; Arabella Steinbacher, Violine; Philharmonia Orchestra London. Mai 21. Glocke Backstage Besucherführung Mai 21., Juni 17. (14 h) Glocke Ohrwurm „con anima“ Mai 22. (10.45 h/Kleiner Saal) 11. Philharmonisches Konzert Viviane Hagner, Violine; Bremer Philharmoniker; Peter Schneider, Dirigent. Mai 22. (11 h), 23. Die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen Mai 24., 25. „Schulen musizieren“ Eröffnungskonzert. Mai 26. (18 h) Benefizkonzert Jugendsinfonieorchester Bremen; Sinfonietta der Musikschule Bremen; Prof. Heiner Buhlmann, Leitung. Mai 27. Rainhard Fendrich Mai 28. Bremer Kaffeehaus-Orchester Mai 29. (15.30 h/Kleiner Saal) „Schulen musizieren“ Abschlusskonzert. Mai 29. (12 h) 12. Philharmonisches Konzert Fadia ElHage, Gesang; Bremer Philharmoniker;

Eintragungen in den foyer-Kulturkalender nur 5 Euro pro Zeile zzgl. MWSt Kontakt Roland Verlag Telefon 04 21 - 1 26 63, Fax 04 21 - 1 33 17 info@rolandverlag.de

Markus Poschner, Dirigent. Juni 6., 7. Die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen Juni 17. Bremer Philharmoniker Präsentation der neuen Spielzeit. Juni 18. (12 h) Glocke Sonderkonzert „phil sagend“ Bremer Philharmoniker; Schülerinnen und Schüler; Markus Poschner, Dirigent. Juni 27. Jugendsinfonieorchester Bremen; Sinfonietta der Musikschule Bremen; Prof. Heiner Buhlmann, Leitung. Juni 30. Brahms Chor; Göttinger Sinfonieorchester; Joshard Daus, Leitung. Juli 3. (18 h) 22. Musikfest Bremen Eine große Nachtmusik Aug. 27. (19.30+21+22.30 h) 22. Musikfest Bremen Royal Concertgebouw Orchestra; Andris Nelsons, Dirigent. Aug. 31. 22. Musikfest Bremen Bremer Philharmoniker; Kristine Opolais, Sopran; Markus Poschner, Dirigent. Sept. 1. 22. Musikfest Bremen „Paris und die Romantiker“ Bertrand Chamayou, Klavier;
Julien Chauvin, Violine;
Le Cercle de L‘Harmonie;
Jérémie Rhorer, Dirigent. Sept. 4. 22. Musikfest Bremen „Beethoven pur“ Viktoria Mullova, Violine;
Kristian Bezuidenhout, Hammerflügel. Sept. 5. 22. Musikfest Bremen „Giulio Cesare“ Accademia Bizantina; Solisten;
Ottavio Dantone, Dirigent. Sept. 6. 22. Musikfest Bremen Hélène Grimaud, Klavier. Sept. 12.

Circus Schule „Jokes“ Mai 30.+31. (18 h) Verlorene Liebesmüh Juni 3., 17. Hamlet Juni 4. poetry on the road Juni 18. Gastspiel Helden im Netz Juni 20. (10+19.30 h) Gastspiel Spiel dein Leben Juni 27. (10 h)

...................................... Andere Spielorte „Umgedrehte Kommode“ (Werderstraße), Beginn: 21 h Shakespeares Pleasure Island Mai 19., 20., 26., 29.; Juni 1., 9., 10., 11., 12. Landgericht/Schwurgerichtssaal, Beginn 19.30 h Grund der Ausweisung: Lästiger Ausländer Juni 7. Shakespeare im Park/Melcherswiese im Bürgerpark, Beginn 20 h Der Sturm Juni 30. (P); Juli 1., 2., 3. (18.30 h), 7., 8., 9., 10. (18.30 h), 13., 14., 15., 16.

...................................... theaterlabor bremen im Concordia
 Tel. 0421 – 98 68 966
 Hans im Glück 20XI
Mai 26., 27.; Juni 3., 4., 9., 10., 17., 18., 23., 24., 25., 30. (jeweils 19.30 h)

...................................... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . THEATRIUM Figurentheater Hans-Böckler-Str. 9 bremer shakespeare company (ehem. Volkshaus-Casino) Tel. 04 21 – 50 03 33 (Beginn, w.n.a.a.: 19.30 h) buffet & matinee „Sommerlügen und Liebesfluchten“ Mai 15. (11 h/Falstaff) Macbeth Mai 18.; Juni 15. Mario und der Zauberer Mai 19., 26.; Juni 11., 25.; Juli 1. Kabale und Liebe für zwei Mai 20. Viel Lärm um nichts Mai 21. Die Leiden des jungen Werther Mai 24.; Juni 16. Lenz Mai 25. Timon aus Athen Mai 28. Gastspiel Libretto Fatale Mai 29.; Juni 9., 24., 26.; Juli 2., 3.

Tel. 04 21 – 32 68 13 (Beginn, w.n.a.a.: 20 h) Gastspiel Schieflage mit Claudia Spörri. Mai 20. Gastspiel Rampenfieber mit Claudia Spörri. Mai 21. Gastspiel Bittersüßes Leben – schöne Frauen, schmutzige Lieder Chansonabend mit den Musen Tri Dusen. Mai 25. Das Glück ist ja schließlich keine Dauerwurst… Mai 26. Mascha Kaléko: Träume, die auf Reisen führen Mai 27.; Sept. 2., 3. Der Alchimist – eine orientalische Nacht (mit Buffet) Mai 28.; Juni 3., 4., 17., 18.; Juli


kulturkalender

2.; Aug. 26., 27.; Sept. 9., 10. Der kleine Prinz – eine poetische Sommernacht (mit Live-Musik und Buffet) Juni 10., 11., 24., 25. Amadeus – eine kulinarische Nacht (mit Buffet) Aug. 19., 20. (20 h)

...................................... DKV-Residenz in der Contrescarpe Tel. 04 21 – 3 22 90 Weltklassik am Klavier Glöckchenetüde & Carnaval Mit Gesa Lücker. Mai 29., 17 h. Chopin pur Mit Aleksandra Mikulska. Juni 26., 17 h Piano Duo: Die Moldau & Märchen von Ravel Duo Tsuyuki & Rosenboom. Juli 31., 17 h Fantasien Mit Gabriele Leporatti. Aug. 28., 17 h

...................................... swb-Kundencenter Sögestraße/Am Wall Tel. 04 21 – 83 11 41 (LeseArt) Tel. 04 21 – 4 49 08 (energiejazz) Tel. 04 21 – 34 31 70 (bremer hörkino)

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LeseArt (19 h):

Xtra Frei Festival und Forum für freie zeitgenössische Tanzprojekte. 16. bis 19. Juni Nähe“. Mai 19. Kunsthistorikerin Regina Gramse: „Lyonel Shockheaded Peter Juni 22., 23., 26., 29., 30.
 Feininger“. Juni 16. Adonai Tanzperformance von und mit hörkino (20 h): Augusto J. Pineda. 30. Juni bis 3. Juli „Wachleute, Türsteher, Neonazis“ Die priAnnamateur und Außensaiter Sept. 15.
 vate Sicherheitsbranche in Deutschland Prof. Bernd Altenstein: „Distanz und

von Michael Weisfeld. Juni 1. „Der wilde Mann“ Eine NS-Raubkunst-Geschichte von Silke Henning. Anlässlich der

...................................... Kulturkirche St. Stephani

www.kulturkirche-bremen.de (Beginn, w.n.a.a.: 20 h) bremer hörkino trifft Kunst „ARCA“ Kunstausstellung von Gunther Gerlach. Bis 12. Juni . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vom Ende der Zeit – Worte, Klänge, BilSchwankhalle der Multimediales Musikprojekt, inspiBuntentorsteinweg 112, Tel. 0421 - 700 141
 riert von den Thesen Stephen Hawkings. www.schwankhalle.de Mai 20. www.steptext.de Coleoptera – Die Klimakünstler Interak(Beginn, w.n.a.a.: 20 Uhr) tives Theater zum Thema Klimawandel. The Factory Marilyn Monroe in Andy Juni 15. Warhols Traumfabrik. 18. bis 21. + 26.
Mai Poetry in der Kulturkirche Juni 22. (19 h) Tod droht im Blumenladen! Mit Cora Trost im Liede Deutsche und japanische Frost. Blumenladen, Friedhof BuntenKompositionen. Aug. 12. tor.
20. bis 22. + 26. bis 29. Mai (15 bis 20 h) Gedenkkonzert zum Antikriegstag: MarThe Tiger Lillies Mai 25., 27., 28.
 tin Luther King – Stimmen der Verheißung. OUTNOW! Internationales Festival und Ein amerikanisches Requiem. Sept. 2. Treffen junger Künstler. 2. bis 12.
Juni Wiedereröffnung der Bremer Kunsthalle /

Bühne frei für gesunde, schöne Haut Hautarzt · Allergologie · Ambulantes Operieren · Laser-Therapie · Bade-Licht-Therapie Wachmannstraße 7 · 28209 Bremen · Tel. 04 21 - 30 32 100 · www.hautarzt-elsner.de 1-3 quer foyer_elsner_90_Mai.indd 1

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kulturkalender

...................................... ...................................... Untere Rathaushalle Kunstschaufenster
HAVEN Kunstwerkermarkt „finden!“ Mai 28., 29. HÖÖVT Vegesack
 (11-18 h). Eintritt frei. www.finden-bremen.de

...................................... Overbeck-Museum

Tourist-Info: Tel. 0 47 61 – 98 71 42

Seebühne

Gala-Nacht der Stars Juli 2. (20 h) Konzert der Tiere für Kinder Aug. 28. (14 h) 6. Bremervörder Rock the City-Contest

...................................... Kulturbüro Bremen Nord Oldenburg

Kito Robert Kreis Mai 28. Deutsche Kammerphilharmonie Juni 8. Julian Gorus Juni 10. Filippo Gamba Juni 11. Christoph Berner Juni 12. Viktoria Lakissova Juni 13. (11 h) Hotel Bossa Nova Sep. 9.

Kulturbahnhof Etta Scollo Mai 20. Henning Venske & Jochen Busse Mai 23. Sissi Perlinger Mai 27.

Junges Staatstheater Schneewitte Mai 24.+25. (10.30 h) 4. Familienkonzert Mai 29. (11.15 h) Sonderkonzert Michael Sens Mai 31.

11. Lions-Open-Air-Konzert mit „The Bea- Aus der Mitte der Gesellschaft Juni 1. 6. Kammerkonzert Juli 3. (11.15 h) tles ’65“. Juni 15. (19 h)

Sept. 10. (14 h) Tel. 04 21 – 66 36 65 Tägl. 11-18 h außer Mo Bachmann-Museum „Deine Frau, Dein Freund, Dein Kollege, Dein Alles“ Hermine Overbeck-Rohte – Die „Das Leben ist so unendlich reich…“ Ernst-Barlach-Ausstellung. Retrospektive. 29. Mai bis 25. Sept. 19. Juni bis 21. Aug.

Tel. 0421 – 65 48 48 www.kulturbuero-bremen-nord.de (Beginn, w.n.a.a.: 20 h)

Tartuffe Mai 15., 20., 22., 27., 29.; Juni 4., 10., 12. (15 h); Juli 2.

Ein Volksfeind Mai 18. (z.l.M.) Wind Wasser und Mee(h)r
Arbeiten von Flash Mob Mai 20.+26.+31. (11.30 h) Bärbel Kock mit regelmäßig
wechselnden Niederdeutsches Schauspiel Nienich to Künstlern. 9.30 – 20 h laat Mai 21. (P), 28.; Juni 5., 11.. 17., 18., 24., 26., 30.; Juli 1.

...................................... Gleishalle am Güterbahnhof . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (nähe Hauptbahnhof, Bremervörde Beim Handelsmuseum 9) www.kunstfruehling.de 7. Bremer Kunstfrühling Künstlerplattform: T[raum]a – Die Phobie als Muse. 6. Mai bis 6. Juni (tägl. 11-20 h)

5. Kammerkonzert Mai 15. (11.15 h)

...................................... Exerzierhalle (Beginn, w.n.a.a.: 20 h) Zu Zweit bin ich eine Katastrophe Mai 18., 21., 24. Junges Staatstheater Die kleine Zoogeschichte Mai 19. (10.30 h) Gastspiel Darwins Erbe Mai 29. (19 h), 30. (11 h) 2401 Objects Juni 17. (P)

...................................... ...................................... Stadteilzentrum DonnerOldenburgisches schwee Staatstheater (Beginn 19 h) Tel. 04 41 – 22 25 111

Niederdeutsches Schauspiel Die Hölle von

Halle 10, Fliegerhorst

Donnerschwee Mai 28. (P), Juni 1., 3.

(Beginn, w.n.a.a.: 19.30 h) Die Walküre Mai 15. (17 h); Juni 2. (17 h) Die Dreigroschenoper Mai 19., 26.; Juni 21.

...................................... Oldenburger Kunstverein

Saul Mai 20. (P), 25., 28., 31.; Juni 4., 22., 24. Tel. 04 41 – 27 109 www.kunstverein-oldenburg.de 7. Sinfoniekonzert Mai 22. (11.15 h), 23. Aida Mai 27.; Juni 3., 17. Kinder des Olymp Juni 11., 29.

Eintragungen in den foyer-Kulturkalender nur 5 Euro pro Zeile zzgl. MWSt

Faszination Tanz Juni 15.

Kontakt Roland Verlag Telefon 04 21 - 1 26 63, Fax 04 21 - 1 33 17 info@rolandverlag.de

Air Ways Juni 28.

8. Sinfoniekonzert Juni 19. (11.15 h), 20. Tosca Juni 25. 2. Familienkonzert Juni 26. (11.15 h)

Kleines Haus (Beginn, w.n.a.a.: 20 h)

Frauke Eigen-Ode Fotografien. 27. Mai bis 31. Juli

...................................... Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Oldenburg, Schloss Tel. 04 41 – 2 20 73 00 www.landesmuseum-oldenburg.niedersachsen.de


kulturkalender

Di-Fr 9-17 h, Do 9-20 h, Sa-So 10-17 h Franz Radziwill Expressionismus und Neue Sachlichkeit. Bis 22. Mai. Prinzenpalais „Oldenburger Köpfe“ SchülerInnen auf Spurensuche zu historischen Persönlichkeiten. Ausstellung der Museumspädagogik. Bis 26. Juni Verborgene Schätze aus vier Jahrtausenden. Die Großherzogliche Altertümersammlung. 5. Juni bis 4. Sept.

Syke ...................................... Europagarten Syke
 www.eu-kreisverband-diepholz.de Musikalische Reise durch Europa
Zeitgenössische Flötenmusik aus Europa mit Carin Levine, Flöten. Anschließend Rundgang durch das Gesamtkunstwerk mit den Künstlern des Europagartens (Zum Hachepark). Mai 22. (15 h)

...................................... Hannover Landesmuseum Natur und Mensch ...................................... Tel. 04 41 – 92 44-300 Verschiedene Spielorte www.naturundmensch.de Di-Fr 10-17 h, Sa & So 10-18 h Sonderausstellung „O, schaurig ist’s, übers Moor zu gehen“ 220 Jahre Moorar-

www.tanztheater-international.de TANZtheater INTERNATIONAL 2011 (26. Festivalausgabe). 1. bis 10. Sept.

chäologie

Emden ...................................... ...................................... Horst-Janssen-Museum Kunsthalle Emden Tel. 04 41 – 2 35 28 91 Tel. 0 49 21 – 97 50 0 www.kunsthalle-emden.de Horst Janssen und die Romantiker Zeich- Di-Fr 10-17 h (jeder 1. Di 10-21 h). Sa, So, Feiertage 11-17 h nungen von Caspar David Friedrich, Carl Franz Radziwill 111 Meisterwerke aus priGustav Carus, Johan Clausen Dahl. Bis 26. vaten Sammlungen. Bis 19. Juni Zwischen Juni Film und Kunst Storyboards von Hitchcock bis Spielberg. Bis 17. Juli . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . „Ich zog 14 Tage durch die Ateliers junger russischer Künstler“ Malerei aus der Lambertikirche Oldenburg „Glasnost“-Zeit aus der Kunsthalle Emden. 4SAX4VOICES Raschér Saxophone Quartet 30. Juli bis 25. Sept. & Kleiner Cäcilienchor. Werke u.a. von Kan- Christof Mascher „Colour Island“. 30. Juli bis 25. Sept. cheli, Weismann und Bach. Juni 19. (18 h) www.horst-janssen-museum.de Di-So 10-18 h

...................................... Wilhelmshaven Palais Rastede Tel. 0 44 02 – 8 15 52 ...................................... www.palais-rastede.de Kunsthalle Wilhelmshaven Mi-Fr + So 11-17 Uhr u.n.V. Tel. 0 44 21 – 41 44 8 www.kunsthalle-wilhelmshaven.de rei, Grafik, Plastik. 22. Mai bis 25. Juli Di 14-22 h, Mi-So 11-17 h Helga Neuber und Claus Wettermann Ma- Lothar Götz „Don’t look now 1990-2011“. 4. Juni bis 21. Aug. lerei und Plastik. 31. Juli bis 25. Sept. Het Drents Schildersgenootschap Male-

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kulturkalender

..................................... Kultur Forum (ps) Mit einer 24-stündigen Mahnwache auf dem Goetheplatz wurde am 12. April an das Schicksal des inhaftierten chinesischen Künstlers Ai Weiwei erinnert. Die Aktion ging auf eine Initiative des Theater Bremen zurück und wurde gemeinsam mit den bremischen Kulturschaffenden veranstaltet. Dabei wurden Unterschriften gesammelt, um die Forderung nach einer sofortigen Freilassung Ai Weiweis zu unterstützen, der 2009 als Bühnenbildner am Theater Bremen gearbeitet hatte. Eines seiner Bühnenbilder aus dem Doppelabend „Eine florentinische Tragödie / Der Zwerg“ – eine sechs Meter hohe und fünf Meter breite Installation aus Fahrrädern – war deshalb auf dem Goetheplatz aufgebaut worden.

Erleben Sie mit uns grenzenlose Reisefreiheit Travel Overland Reisebüro Fedelhören 14 · 28203 Bremen Tel.: 0421 33 75 50 Fax: 0421 32 55 53 E-Mail: bremen@travel-overland.de www.travel-overland.de

Die Bremer Philharmoniker stellen am Sparkasse Bremen lobt den Preis seit 1966 18. Juni um 12 Uhr in der Glocke die Höhe- alle zwei Jahre für vorbildliches und innopunkte der kommenden Spielzeit vor. Der vatives Kunsthandwerk aus. Eintritt ist frei. Für die Bremer Landesarchäologie ist nach Bremens Generalmusikdirektor Markus langer Suche im früheren Postamt 5 am Poschner hat seinen Vertrag bis zum Ende Hauptbahnhof ein neuer Standort gefunden der Spielzeit 2014/2015 verlängert. worden. Das Team um die Landesarchäologin Prof. Dr. Uta Halle findet auf etwa 1100 Die bremer shakespeare company ist mit Quadratmetern Fläche deutlich verbesserte ihrem Stück „Timon aus Athen“ als VerBedingungen der Forschung und dauerhaften Magazinierung vor. treter Deutschlands zur Kulturolympiade eingeladen worden, die vom 21. Juni bis 9. September 2012 im Rahmen der Olym..................................... pischen Spiele in London stattfindet.

Kunsthandwerk entdecken

Bilder des Bremer Künstlers Dirk Beckedorf unter dem Titel „Die Blüte und das Meer“ sind bis 22. Juni am Bremer Kirchweg 200 zu sehen. Die Ausstellung steht am Beginn der Sanierungs- und Umbauarbeiten des einstigen Betriebsgebäudes der Firma Koch & Bergfeld zum Manufakturzentrum „Quartier925“ und wird von einem kleinen Veranstaltungszyklus begleitet. Mit knapp 9000 Besuchern wurden die Erwartungen der Veranstalter der 10. Internationalen Tanztage in Oldenburg mehr als erfüllt. Die Vorstellungen fanden nicht nur in den drei Spielstätten des Staatstheaters, sondern auch auf Schulhöfen, im Klinikum, auf dem Marktplatz oder in der OTB-Arena statt. Die Bremer Volkshochschule bekommt eine neue Direktorin: Dr. Sabina Schoefer soll ihr Amt zum 1. August 2011 antreten.

(ps) Etwa 40 Kunsthandwerker aus Deutschland und dem europäischen Ausland haben sich für den Kunstwerkermarkt „finden!“ angekündigt, der am 28. und 29. Mai von 11 bis 18 Uhr in der Unteren Rathaushalle in Bremen stattfindet. Sie präsentieren klassische und auch experimentelle Gebrauchskunstwerke aus Metall, Glas, Holz, Stein und Keramik. Dazu gehört handgefertigter Schmuck ebenso wie Hüte, Mode und Dessous, aber auch exklusive Teppiche. Der Eintritt ist frei. Der hochkarätig besetzte Markt fand in den vergangenen Jahren im Bremer Viertel statt. In der Unteren Rathaushalle können nach Aussage von Frauke Alber „noch mehr hervorragende Kolleginnen und Kollegen des Kunstwerkermarkts einem größeren Publikum weitaus besser vorgestellt werden.“

Die Veranstalterinnen Frauke Alber, Gisela Kulling und Tanja Möwis sehen ihren Die Bremer Museen haben eine gemeinMarkt als Forum des Kunsthandwerks in same Website ins Internet gestellt. Unter Bremen und vergeben daher in diesem Jahr www.museeninbremen.de können alle ak- zum ersten Mal eine „Green Card“. Daruntuellen Informationen zu Ausstellungen, ter ist eine gesponserte „Arbeitserlaubnis“ Öffnungszeiten und Eintrittspreisen abge- für junge Talente zu verstehen. Je ein Nachrufen werden. wuchshandwerker erhält die freie Teilnahme an dem Markt. In diesem Jahr ist der Die Ausstellung „peter heidhoff – das ein- Holzgestalter Hendrik Hinrichs ausgewählt, fache leben“ ist noch bis zum 5. Juni im der 2010 mit seinem Gesellenstück erster Focke-Museum zu sehen. Gezeigt werBundessieger im Leistungswettbewerb des Drechslerhandwerks wurde. den Arbeiten des aktuellen Auguste-Papendieck-Preisträgers Peter Heidhoff. Die www.finden-bremen.de


kulturkalender

Bremerhaven ...................................... Stadttheater Bremerhaven Tel. 0471 – 49 00 1

Großes Haus (Beginn, w.n.a.a.: 19.30 h) Un giorno di regno Mai 28. (P); Jun. 3., 9., 12., 15., 18. Die Csárdásfürstin Mai 31.; Juni 19. Così fan tutte Mai 22.; Juni 5. Buddenbrooks März 26. (P), 31.; April 10., 15., 23., 27. Mütter Mai 20., 27., 29.; Juni 1., 6., 13., 16.

Kleines Haus In meinem Hals steckt eine Weltkugel Juni 4. (UA), 9.

Großes und Kleines Haus Theaterfestival Odyssee: Heimat 4. bis 12. Juni Eröffnung der neuen Spielzeit Eröffnungsgala Sept. 10.

...................................... ...................................... Deutsches Auswandererhaus Kunstverein Bremerhaven Tel. 0471 – 4 68 38 Di-Fr 11-18 h, Sa+So 11-17 h Klasse Gabriele Rothemann „Dear Car. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . go“. 15. Mai bis 19. Juni Underground Lange Nacht der Kultur. Historisches Museum Bre6. Juni merhaven Bremerhaven sammelt JubiläumsausTel. 04 71 – 30 816-0 stellung mit Kunst aus Bremerhavener www.historisches-museum-bremerhaven.de Sammlungen. 3. Juli bis 21. Aug. Di-So 10-18 h Matthias Weischer Neue Arbeiten auf PaTanzSport! Vom Tanzkurs zur Weltmeipier. In Kooperation mit dem Museum für bildende Künste Leipzig. 11. Sept. bis 16. Okt. sterschaft. 25. Juni bis 23. Okt. Amerika Mai 30.; Juni 5., 11.

...................................... ...................................... Deutsches Schiffahrtsmuseum Christuskirche Bremerhaven Schillerstraße 1, Tel. 04 71 – 20 02 90 Vom Cembalo zum Konzertflügel mit Eva Schad und I-Fei Chan. Mai 15. (20 h) Sonderausstellungen: Chormusik von Georg Friedrich Händel Java-Erforscher Franz Wilhelm Junghuhn Juni 4. (18 h) + Musik für drei Bassetthör(1809 - 1864) ner (19.30 h) Friedel Anderson, Schifffahrt – Schiffbau Chorkonzert zum Bremerhavener KirAb 19. Juni chentag John Rutter: Gloria; Chorwerke Auf Sindbads Spuren Fotos von Beat Pres- von Felix Mendelssohn Bartholdy. Evanser. Ab 2. Juli gelische Stadtkantorei Bremerhaven; Leitung: Eva Schad. Juli 2. (17 h), Freiluftbühne beim Klimahaus Jazz für Trompete und Orgel Sept. 4. (20 h) täglich 10 - 18 Uhr www.dsm.museum

Gestaltung: Büro Brückner + Partner | Computergrafik: hinrichs: grafikdesign

Theaterfest Sept. 11. (14 bis 19 h)

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Kunsthalle Bremen

Aufgeschlossen! Der Kunstverein in Bremen eröffnet die neue Kunsthalle am

20. August 2011

Der Erweiterungsbau der Kunsthalle Bremen wurde gefördert durch die Familien Friedrich Lürßen und Peter Lürßen sowie die Karin und Uwe Hollweg-Stiftung, die Freie Hansestadt Bremen, vertreten durch den Senator für Kultur, und den Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages).


FOYER-tiPP für Kultur-Freunde: „Shakespeare im Park“ ist in diesem Jahr ganz anders. Statt einer Auswahl ihrer Stücke spielt die bremer shakespeare company auf der Melcherswiese im Bürgerpark „Der Sturm“ in einer Inszenierung von Lee Beagley. Vom 30. Juni bis zum 16. Juli finden zahlreiche Aufführungen statt. Wir wünschen gutes Wetter und vor allen Dingen: Keinen Sturm!

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Comeback-Mixer Wenn Sportler, Sänger und sonstige Serienhelden in die Jahre kommen, stehen sie vor zwei Möglichkeiten: Entweder sie machen fortan als Werbefiguren für Billig-Baumärkte oder Tütensuppen den Affen. Oder sie drängen ins Fernsehen, um künftig als Co-Moderatoren oder Jury-Mitglieder ihr vermeintliches Fachwissen von sich zu geben. Hauptsache, irgendwie im Rampenlicht bleiben! Eine Auffassung, die auch beschäftigungslose Geistliche vertreten, deren Zahl als Folge mancherlei Skandale deutlich angestiegen ist. Man denke nur an die trinkfeste Ex-Bischöfin, die mittlerweile Bücher schreibt, Professuren annimmt, als Bloggerin von sich reden macht und nun auch als Talkmasterin hervorgetreten ist. Wen würde es da noch wundern, wenn sie obendrein den Job als Sous Chefin einer Kochshow namens „Himmlisch schlemmen“ auf Bibel-TV übernehmen würde? Oder auf der Freilichtbühne Kötzschenbroda als Goethes Gretchen („Nun sag: wie hast Du’s mit der Religion?“) aufträte? Ihr einstiger Amtsbruder von der anderen Fraktion ist zwar noch auf der Suche nach einer sinnvollen – sprich: medienpräsenten – Tätigkeit. Doch mit der Ankündigung, bald werde seine Website bischof-mixa.de freigeschaltet und außerdem sei die „Zeit des Schweigens“ vorbei, hat er sich schon geschickt in Szene gesetzt. Wenn er jetzt noch das „Böser-Onkel“-Image des Kinder prügelnden Oberhirten kultiviert und ein bisschen mehr auf Klaus Kinski macht, dürfte einer glänzenden TV-Karriere nichts mehr im Wege stehen. Zumindest als Experte in Diskussionsrunden wie „Ohren lang ziehen – aber richtig!“ oder „Gnadenlos – Wenn Ministranten beichten.“ Peter Schulz

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Herausgeberin Marie-Clothilde Kronenberg (v.i.S.d.P.) 1 Redaktionsleitung Peter Schulz 2 Kfm. Leitung Sonja Chrobok 14 Anzeigenverkauf Martina Ch. Radeke, Inge Sasse 25 Autoren dieser Ausgabe Bettina Beutler-Prahm 21, Berit Böhme 22, Dr. Stephan Cartier 16, Christian Emigholz 3, Sven Garbade 17, Michael Pitz-Grewenig 11, Karin Hiller 4, Wilfried Hippen 5, Dr. Sabine Komm 6, Christine Krause 7, Dr. Ulrich Matyl 8, Simon Neubauer 15, Melanie Öhlenbach 19, Carsten Preisler 10, Dr. Meike Rotermund 18, Ute Schalz-Laurenze 9, Benno Schirrmeister 23, Peter Schulz 2, Markus Wilks 24, Inge Zenker-Baltes 12 Verlag, Vertrieb, Redaktion und Anzeigenverwaltung Roland Verlag GmbH, Schlachte 43, 28195 Bremen, Telefon 04 21 - 1 26 63, Fax 04 21 - 1 33 17 E-mail info@rolandverlag.de www.rolandverlag.de Gestaltung und Satz Birgit Holtkötter 20, Start04 – Agentur für Gestaltung Telefon 025 32 - 200 709 www.start04.de Basislayout Haase & Knels, Bremen Druck ASCO STURM DRUCK Bremen Vertriebsstruktur Theater- und Vorverkaufsstellen Bremen, Bremerhaven und Oldenburg, Theater, Museen, Konzerthäuser und -büros, Ticket-Service-Center, Hotels, Abonnementvertrieb, Fach-Zeitschriftenhandel Bremen, Bremerhaven und Oldenburg Bezugspreis Einzelpreis 3,10 Euro Jahresabonnement 15,00 Euro Auflage 10.000 Exemplare Erscheinungsweise zweimonatlich Nächste Ausgabe 15. September 2011 Redaktionsschluss 15. August 2011 ISSN-Nr. 1618-0852 Titelmotiv Eine Zauberflöte

Foto: Pascal Victor

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Diese Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung des Herausgebers. Bei Veröffentlichung wird nur presserechtlich Verantwortung übernommen. Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos keine Gewähr. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung des Verfassers, nicht unbedingt die des Herausgebers wieder.


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