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8.1 Berufsausbildung in der Land-, Forst- und Hauswirtschaft

Aus-, Fort- und Weiterbildung in den Grünen Berufen verkörpern Komplexität und Vielfalt: Von der Urproduktion landwirtschaftlicher, gärtnerischer und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse über die Verarbeitung und Vermarktung bis hin zu personenbezogenen Dienstleistungen im Berufsfeld der Hauswirtschaft sind die Grünen Berufe ein essentielles Glied in nationalen und regionalen Wertschöpfungsketten. Grüne Berufe sind systemrelevant: Die Corona-Pandemie wie auch die aktuellen gesellschaftspolitischen Anstrengungen zur Ernährungs- und Energiesicherung verdeutlichen die Rolle der Agrarbranche und unterstreichen die Bedeutung der dazugehörigen Berufe. Deren Ansehen in der Gesellschaft ist insbesondere in den vergangenen beiden Jahren gestiegen.

Vieles, was noch vor einigen Jahren als allzu selbstverständlich angesehen wurde, erfährt – vor dem Hintergrund möglicher Mangelszenarien in der Versorgung – eine positive Aufmerksamkeit. Jugendliche erkennen zunehmend „Sinnstiftendes“ in einer Tätigkeit in den Grünen Berufen.

Ende 2022 befanden sich 2.352 junge Menschen in einer Ausbildung beziehungsweise Umschulung in den Grünen Berufen . Damit setzt sich der Trend zu stabilen Auszubildendenzahlen fort. Im Beruf Landwirt/in bestanden 624 Ausbildungsverhältnisse und im Beruf Gärtner/in 562 Ausbildungs- und Umschulungsverhältnisse. Beide Berufe sind damit wiederholt die am häufigsten gewählten Agrarberufe in Sachsen.

Tabelle 100: Anzahl der bestehenden Ausbildungs- und Umschulungsverhältnisse (Stand 31.12.2022)

Insgesamt 517 behinderte und benachteiligte Jugendliche befinden sich in einer Ausbildung der Fachpraktikerrichtungen Landwirtschaft, Gartenbau und Hauswirtschaft. Sie erhalten damit entsprechend § 66 Berufsbildungsgesetz die Chance für einen beruflichen Start.

Aktuell werden in 675 anerkannten Ausbildungsstätten Azubis und Umschüler ausgebildet. Damit wird das vorhandene Potenzial von 1.475 anerkannten Ausbildungsstätten zu 46 Prozent genutzt. Hier gibt es noch deutliche Reserven bei den landwirtschaftlichen Betrieben.

Die Aus-, Fort- und Weiterbildung in den grünen Berufen wird seit mehreren Jahren durch wissenschaftliche Analysen begleitet. In der vom LfULG im Jahr 2020 vorgelegten Fachkräftestudie „Arbeitskräfte und Berufsnachwuchs in der Land- und Forstwirtschaft, im Gartenbau und in der Hauswirtschaft“ wird der Bedarf an notwendigen neuen Ausbildungsverhältnissen ermittelt, die zur Deckung des Ersatzbedarfes an Arbeitskräften notwendig sind. Die Studie zeigt, dass trotz stabiler Auszubildendenzahlen der Ersatzbedarf durch ausscheidende Arbeitskräfte nicht gedeckt werden kann. Im Einzelnen stehen für den prognostizierten Bedarf von 386 Auszubildenden pro Jahr in den Berufen Landwirt/in, Tierwirt/in, Pferdewirt/in und Fachkraft Agrarservice im 3. Ausbildungsjahr zum 31.12.2022 für diese Berufe tatsächlich 249 Auszubildende zur Verfügung. Damit werden nur zwei Drittel des künftigen Bedarfs gedeckt.

Tabelle 101: Kalkulation der notwendigen Ausbildungen in Landwirtschaft und Gartenbau bis 2026

Quellen: LfULG (04/2020)

2 Berufe: Landwirt (LW), Tierwirt (TW), Fischwirt, Pferdewirt (PW), Winzer, Fachkraft Agrarservice (FK Agrar), Gärtner Produktionsgartenbau (PG, ohne GaLa-Bau)

3 nur landwirtschaftliche/gartenbauliche Fachkräfte (Facharbeiter, Fach- und Hochschulabsolventen insgesamt) entsprechend der betrieblichen Angabe zur Qualifikationsstruktur (das heißt in der Landwirtschaft 6.200 AK ohne 700 AK: ca. 6,4 % ungelernte AK, 1,3 % Werker und 4,4 % sonstige Abgänge; im PG ca. 13 % ungelernte AK)

4 Arbeitskräfteabbau lt. Umfrageergebnis und Kalkulation unter Annahme der Deckung des Ersatzbedarfes zu 100 % aus landwirtschaftlicher Berufsausbildung, Kalkulation des Produktionsgartenbaus unter gleichen Annahmen

5 Ersatzbedarf an Fachkräften: Auszubildende sowie Fach- und Hochschüler

Die Studie verdeutlicht zudem die Handlungsoptionen bei der Suche nach Berufsnachwuchs , bei der Anpassung der Ausbildung und beim Praxisbezug sowohl in den Bildungseinrichtungen als auch in den Ausbildungsbetrieben. Denn zunehmend müssen sich die Beschäftigten im Agrarbereich mit Fragen der Nachhaltigkeit, des Tierwohles und Tierschutzes, der Lebensmittelsicherheit, des Klimawandels, des Naturschutzes, der Gentechnik, der Digitalisierung, der Agrarförderung und mit Aspekten des betrieblichen Images wie auch des öffentlichen Interesses an der Landwirtschaft beschäftigen. Die Berufsausbildung wird aktuell dahingehend weiterentwickelt, dass berufliche Handlungskompetenzen zur Bewältigung dieser kontinuierlich steigenden beruflichen Anforderungen durch die Auszubildenden erworben werden können. Die Befragung von Auszubildenden hat diesbezüglich auch Wünsche an die Ausbildungsbetriebe offengelegt. Auszubildende möchten nicht als günstige Arbeitskräfte betrachtet werden, sondern wollen auch Arbeitsaufgaben übertragen bekommen, die Eigenverantwortung sowie Selbständigkeit fördern und berufliche Fähigkeiten an modernen Arbeitsplätzen weiterentwickeln. Die ausführliche Studie ist unter folgendem Link https://publikationen. sachsen.de/bdb/artikel/35163 einzusehen.

Abbildung 62: Auszubildende in der Landwirtschaft im Vergleich zu anderen Branchen

Abbildung 63: Abgeschlossene Ausbildungsverträge Forstwirt/in 2005 bis 2022

Quelle: LfULG, SBS

Die Auszubildendenzahlen im Beruf Forstwirt/in sind in den letzten Jahren gestiegen. Gründe sind die Erhöhung der Anzahl der Ausbildungsplätze im Staatsbetrieb Sachsenforst sowie das zunehmende Engagement von forstlichen Dienstleistungsunternehmen, Körperschaften und privaten Waldbesitzern selbst auszubilden. Wachsenden positiven Einfluss erlangte im nichtstaatlichen Bereich auch die Arbeit des Ausbildungsverbundes „Ausbildungsinitiative Forst e. V.“, der 2012 mit dem Ziel gegründet wurde, die Ausbildungstätigkeit der privaten Betriebe zu stärken. In Sachsen werden derzeit – bezogen auf die Waldfläche – rund doppelt so viele Forstwirte und Forstwirtinnen ausgebildet wie im Bundesdurchschnitt: In Sachsen gibt es einen Azubi auf 3.000 Hektar Wald, im Bundesdurchschnitt einen Azubi auf 6.000 Hektar Wald. Dies ist erfreulich und notwendig, da der Bedarf an gut ausgebildeten Arbeitskräften vor dem Hintergrund der Klimawandelfolgen im Wald sowie zur Realisierung des Waldumbaus und der integrativen naturgemäßen Waldbewirtschaftung anhaltend hoch ist.

3.000 6.000

Tabelle 102: Ergebnisse der beruflichen Abschlussprüfungsverfahren 2022 nach § 43 BBiG (Azubis)

Tabelle 103: Übersicht aller durchgeführten beruflichen

2022

In der Tabelle über die Ergebisse der beruflichen Abschlussprüfungsverfahren 2022 wird die Anzahl der Azubis dargestellt, die nach dem vollständigen Zurücklegen der Ausbildungszeit am ersten Prüfungsverfahren teilgenommen haben. Die Übersicht über alle durchgeführten beruflichen Prüfungsverfahren 2022 zeigt die Gesamtheit aller Teilnehmenden. Das sind Azubis (Zulassung nach § 43 Absatz 1 BBiG), Umschüler und Externe (Zulassung nach § 45 Absatz 2 BBiG), die an allen beruflichen Abschlussprüfungen 2022 teilgenommen haben (erste Abschlussprüfung, vorzeitige Zulassung zur Abschlussprüfung gemäß § 45 Absatz1 BBiG sowie 1. und 2. Wiederholungsprüfung).

Zur Qualitätssicherung in der betrieblichdualen Ausbildung werden von verschiedenen Anbietern überbetrieblicher Ausbildungen Wochenlehrgänge mit unterschiedlichen Bildungsinhalten durchgeführt. Im Schuljahr 2021/2022 gab es in Sachsen insgesamt 412 Wochenlehrgänge, in denen insgesamt 3.795 Teilnehmende ihr Wissen erweitern konnten.

Tabelle 104: Lehrgangsanalyse 2021/22 – Überbetriebliche Ausbildungsstätte (ÜbS) Überbetriebliche Ausbildungsstätten (ÜbS)

Berufsausbildung im Gartenbau

7 Lehrgangsdauer beträgt normal 2 Wochen, aufgrund von Corona kam es zu verkürzten Lehrgängen

8 Anzahl Wochenlehrgänge enthält auch die 2,5-tägigen Lehrgänge

9 Lehrgangsdauer beträgt 4 Wochen

Mit Unterstützung der Bildungsberater/innen in den Landkreisen führt das LfULG jährlich eine anonyme Befragung der Absolvent/innen der Grünen Berufe durch. Anhand dieser kann abgeschätzt werden, wie hoch in etwa der Anteil der Absolvent/innen ist, die beabsichtigen, im Beruf zu bleiben oder eine entsprechende berufliche Fortbildung planen. Die Ergebnisse der letzten Befragung ergaben, dass rund die Hälfte der Befragungsteilnehmerinnen und -teilnehmer (etwa 60 Prozent der Absolventen in 2022) eine weitere Fortbildung im Auge hat, fast 90 Prozent wollen weiter im Beruf bleiben.

Abbildung 64: Ergebnisse der Befragung zu beruflichem Verbleib und Fortbildungsabsicht nach der Ausbildung in den Grünen Berufen von 2012 bis 2022

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