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Leidenschaft für Landwirtschaft … und die Reise geht weiter
Interview mit Paula Schultze – ausgebildete Tierwirtin
Paula, Sie absolvieren derzeit an der Fachschule in Großenhain die Ausbildung zur staatlich geprüften Wirtschafterin. Und Sie sind derzeit die sächsische Milchprinzessin.
Wie verlief Ihr Weg bis hierher?
Nicht immer gerade. Landwirtin/Tierwirtin stand nie auf meiner Agenda. Mein Opa hat mich zwar schon als Kleinkind häufiger in den Milchviehbetrieb im Nachbarort mitgenommen und meine erste Wortgruppe die ich sprechen konnte war: „Eine Kuh macht muh, viele Kühe machen Mühe‘‘. Jeden Tag musste meine Oma mit mir am Stall anhalten. Aber beruflich hatte ich das erstmal nie fest ins Auge gefasst. Als es dann auf den Schulabschluss zu ging, wollte ich eigentlich Abitur machen und Lehramt studieren. Hatte aber einen Deal mit meinem Vati, dass ich erstmal zwei Wochen in den Kuhstall gehen sollte und wenn ich dann immer noch Lehrerin werden wöllte, könnte ich das. Und was soll ich sagen? Die Kühe hatten von der ersten Sekunde an mein Herz gewonnen, genauso wie mein Lehrbetrieb. Was eigentlich schon 15 Jahre vorher prophezeit wurde!
Dann ging alles Schlag auf Schlag. Die Lehre ging wie im Flug um, ich hing den Wirtschafter dran und bewarb mich für das Hoheiten-Amt.
Auch wenn es keine Liebe auf den ersten Blick war, ist sie jedoch jetzt umso intensiver!
Was haben Sie in Ihrer dualen Ausbildung zur Tierwirtin gelernt? Wie war diese aufgebaut?
Die Berufsausbildung verläuft im dualen System. Das heißt, es findet ein regelmäßiger Wechsel zwischen Berufsschule und Ausbildungsbetrieb statt. Ergänzend besucht man überbetriebliche Lehrgänge, welche das Wissen erweitern und festigen. Praktisch wie eine Klassenfahrt mit Bildungsauftrag. Ich habe in Prausitz gelernt (wo ich immer noch arbeite) und bin in Dresden zur Schule gegangen. Die Lehre verläuft drei Jahre. Aufgrund meiner guten Leistungen hatte ich die Möglichkeit, ein halbes Jahr zu verkürzen. Man kann mit Abitur auch im zweiten Lehrjahr einsteigen, das würde ich aber persönlich nicht empfehlen, da wichtige Grundlagen verpasst werden.
Was hat Ihnen besonders gut an der dualen Ausbildung gefallen? Würden Sie diese Jugendlichen weiterempfehlen?
Besonders gefallen hat mir der Wechsel zwischen Schule und Betrieb. In der Schule hat man sich auf den Betrieb gefreut und im Betrieb auf die Schule.
Vorweg würde ich immer ein Praktikum absolvieren, um sich ein grobes Bild machen zu können. Ich würde anschließend auf alle Fälle immer eine Ausbildung empfehlen, auch wenn man ein Studium plant.
Man sieht die Dinge einfach mit anderen Augen. Und wer mal höher möchte, sollte unten anfangen. Außerdem würde ich jedem raten einfach das zu tun, was ihm Spaß macht, egal was andere sagen. Ich wünsche allen Jugendlichen, dass sie einen Beruf finden, den sie genauso lieben und leben wie ich meinen! Mach dein Hobby zum Beruf und du musst nie wieder arbeiten!
Welche Möglichkeiten gibt es nach der Ausbildung, sich weiterzubilden?
In der Landwirtschaft zum Glück endlos viele! Natürlich ist ein Studium eine Option. Aber auch Wirtschafter, Meister und Techniker werden angeboten. Mit diesen Qualifikationen kann man dann übrigens ebenfalls studieren, ich habe ja auch kein Abitur absolviert. Durch meinen guten Lehrabschluss bin ich zurzeit Stipendiatin und darf eine Weiterbildungsförderung in Anspruch nehmen. Dadurch kann ich zum Beispiel einen Herdenmanagerkurs absolvieren, Sprachreisen ins Ausland antreten oder Führungskräftelehrgänge besuchen. In der Landwirtschaft kann man sich so vielseitig weiterentwickeln – unabhängig von der Herkunft, vom Elternhaus oder den finanziellen Mitteln. Es bedarf nur Durchhaltevermögen und Wille.
Sie beenden in diesem Sommer Ihre Ausbildung an der Fachschule für Landwirtschaft in Großenhain. Verraten Sie uns, wie Ihre Reise weitergehen wird?
Ich werde im Oktober meinen Bachelor beginnen. Diesen werde ich berufsbegleitend absolvieren, um nicht ganz auf die Kühe verzichten zu müssen. Denn jeder Tag mit Kühen ist so viel schöner!
Dem allgemeinen Trend zur Stärkung und zum Ausbau des Ökolandbaus tragen auch die Bildungsinhalte Rechnung. Der Berufsbildungsausschuss der Grünen Berufe hat die Bildungssituation hinsichtlich der Vermittlung von Inhalten zum ökologischen Landbau in der beruflichen Erstausbildung und Fortbildung analysiert. Sachsen liegt mit dem Anteil des vermittelten Wissens im Berufsschulunterricht mit 72 von 80 planbaren Unterrichtsstunden bundesweit vorn . Gute Erfahrungen wurden mit dem „integrativen“ Ansatz gesammelt, alle Bewirtschaftungsformen gleichermaßen in der Ausbildung zu behandeln. Die angehenden Fach- und Führungskräfte sollen in die Lage versetzt werden, auf der Basis soliden Grundlagenwissens zu Boden, Anbauformen, Natur- und Umweltschutz sowie Kenntnissen zu modernen Standards für mehr Tierwohl und Nachhaltigkeit selbstständig zu zukunftsorientierten Bewirtschaftungsformen zu finden.
In der fachschulischen Fortbildung wurden inzwischen über mehrere Jahre gute Erfahrungen mit der Lernsituation „Umstellung eines Betriebes auf ökologische Wirtschaftsweise“ gesammelt. Im Jahr 2022 gründete sich mit dem „Muldentaler Ausbildungs- und Fachkräfteverbund“ deutschlandweit der erste Ausbildungsverbund unter Führung von ökologisch wirtschaftenden Betrieben im Raum Wurzen.
Der Freistaat Sachsen hat sich mit seiner „Fachkräftestrategie 2030“ unter anderem gut ausgebildeten Berufsnachwuchs zum Ziel gestellt. Darin verankert sind auch die Grünen Berufe. Letztlich soll durch eine praxisorientierte berufliche Qualifikation der Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt entsprochen und somit der Fortbestand einer den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Anforderungen Rechnung tragenden Land- und Forstwirtschaft gesichert werden.
8.2 Berufliche Fortbildung in der Land-, Forst- und Hauswirtschaft
Auch im Erwachsenenalter sind stetiges Lernen und die Weiterentwicklung bestehenden Wissens von zentraler Bedeutung. Hier ist die berufliche Fortbildung sowohl in Form fachschulischer Bildungsgänge an den land- und gartenbaulichen Fachschulen als auch die Teilnahme an Lehrgängen zur Vorbereitung auf die Meisterprüfung ein wichtiger Baustein.
Im Jahr 2022 starteten 73 Erwachsene eine fachschulische Fortbildung (Wirtschafter/ in, Techniker/in) an einer der sieben landwirtschaftlichen Fachschulen im Freistaat Sachsen. 135 Fachkräfte bereiteten sich in zehn Vorbereitungslehrgängen, durchgeführt an sechs Fachschulstandorten und der „Fischereischule“ Königswartha, auf ihre Meisterprüfung vor. Die Fortbildungsangebote vermitteln neben der Vertiefung fachlichen Wissens und Könnens vor allem auch zahlreiche betriebswirtschaftliche und unternehmerische Aspekte für den künftigen Einsatz als Führungskraft. Meister/innen sowie Techniker/innen erwerben mit dem Abschluss die fachliche Eignung zum Ausbilden.
Tabelle 105: Entwicklung der Schüleraufnahmen an den landwirtschaftlichen Fachschulen
Tabelle 106: Qualifizierungslehrgänge im Jahr 2022 zur Vorbereitung auf die Meisterprüfung
Abbildung 65: Fortbildungsprüfungen im Jahr 2022 (Stand 31.12.2022)
Quelle: LfULG, SBS
In den Fortbildungsberufen erstrecken sich die Prüfungen zumeist über mehrere Monate und werden häufig nicht im selben Jahr beendet, in dem die Teilnehmenden zugelassen werden. Daher entspricht die Summe der bestandenen und der nicht bestandenen Prüfungen in einem Jahr nicht immer den Zulassungen.
8.3 Berufliche Weiterbildungsangebote des Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie
Das staatliche Weiterbildungsangebot des LfULG umfasst eine Vielzahl an ein- oder mehrtägigen Veranstaltungen zu ausgewählten fachlichen, fachrechtlichen und fachpolitischen Themen der Bereiche:
I Pflanzenbau
I Tierhaltung
I Biogas
I Verarbeitung landwirtschaftlicher
Produkte
I Ökologischer Landbau
I Gartenbau
I Technik und Reparaturen
I Natur- und Umweltschutz
I berufliche Weiterbildung
Infolge der Corona-Pandemie wurden in den letzten zwei Jahren – wie in vielen anderen Bildungsbereichen – Erfahrungen mit online-Veranstaltungen gesammelt und dabei auch deren Vorteile schätzen gelernt. Daher werden nun vermehrt Weiterbildungsveranstaltungen in hybrider Form durchgeführt, um eine erleichterte Teilnahme zu ermöglichen. Dies spiegelt sich in einer Zunahme der Teilnehmerzahlen wider. Die Anzahl der abgesagten Veranstaltungen ist im Vergleich zu den Vorjahren stark zurückgegangen.
Tabelle 107: Weiterbildungsveranstaltungen im Jahr 2022 (Stand: 31.12.2022)