›› UNI FRIZZ CAMPUS BOCKENHEIM
BOCKENHEIM IM Der Umzug der Uni ist seit Jahren im Gange. Was bedeutet das für den Stadtteil? Ein Spaziergang rund um den Campus zwischen neuen Gemeinschaften, geliebten Klassikern und Gentrifizierung.
➔ Viele Veränderungen im Stadtteil sind eine Frage der Perspektive – so wie der Love/Hate-Schriftzug vor dem Senckenbergmuseum.
›› Text: Jürgen Mai
AKADEMIE DER ARBEIT:
GEMEINSCHAFTLICHES WOHNEN – UND KOCHEN!
Seit den 1920er-Jahren zählt die Akademie der Arbeit (AdA) zur Frankfurter Universität. Nach dem Wegzug der von Gewerkschaftsseite geprägten Bildungsstätte steht die Mertonstraße 30 leer. Was ist dort geplant? Wohnprojekte und –initiativen auf rund 1.500 m2 Fläche nach der Idee des gemeinschaftlichen Wohnens. Noch bis Juli können sich entsprechende Initiativen bewerben. Planungsdezernent Mike Josef sagt: „Das Areal wird der gemeinwohlorientierten Entwicklung zugeführt. Es ist der Startpunkt, um diesen Ort wieder mit Leben zu füllen.“ Bei der Vergabe für die Zeit ab 2021 sollen Kriterien wie langfristig kostengünstige Miete, Gemeinschaftsflächen und die Einbindung des Themas „Arbeit, Gewerkschaft und Ausbildung“ den Ausschlag geben. Aktuell wird eine Zwischennutzung geplant. Hier soll das Stadtteilbüro „Initiative Zukunft Bockenheim e. V.“ in Kürze einen Nutzungsvertrag unterschreiben. Die Idee: Die alte AdA-Kantine soll für solidarisches Kochen genutzt werden. „Seit Corona sind viele Hilfsangebote für Bedürftige weggebrochen. Hier möchten wir mit dem Projekt einspringen“, erläutert Sprecherin Anette Mönich. Die AdA-Kantine sei in einem hervorragenden Zustand und sofort betriebsbereit. Ihr Verein setzt sich seit Jahren für eine sozial gerechte Entwicklung des Stadtteils ein. Sie kommentiert Investoren-Projekte wie das Wohnheim im alten Philosophicum oder den Neubau an der Stelle des legendären AfE-Turms stets kritisch. Regelmäßig fordert Zukunft Bockenheim e. V. die Stadt auf, den Milieu- und Erhaltungsschutz in Bockenheim stärker zu beachten. Die Zwischennutzung der AdA-Kantine wäre ein schöner Erfolg. Auch sollen hier Mädchen und Frauen, die nach 2015 nach Deutschland gekommen sind, zu Köchinnen ausgebildet werden. Damit nicht genug. Es laufen bereits Gespräche über die Zeit nach der Zwischennutzung. „Die Bockenheimer Wohninitiativen, die sich für die AdA bewerben, wollen, dass das Kantinen-Projekt auch nach September 2021 weitergeht“, freut sich Mönich.
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CAFÉ CRUMBLE:
KEINE ANGST UMS WOHNZIMMER
Seit 17 Jahren versorgt Inhaberin Bettina Evans mit dem Café Crumble in der Kiesstraße den Stadtteil mit Leckereien. „Bockenheim ist bodenständig – mein Lieblingsstadtteil in Frankfurt. Die Kiesstraße ist für mich wie ein Wohnzimmer“, sagt sie. Den Wegzug der Uni beobachtet sie nicht mit Sorge. „Wir haben uns als Mittagstisch für in der Nähe Arbeitende etabliert, außerdem sind wir vor allem an Wochenenden stark besucht. Wir sind nicht von der Uni abhängig.“ Sie gibt ehrlich zu: „Der Neubau für den AfE-Turm gefällt mir nicht. Wir wurden für das Café damals für eine Werbebroschüre angefragt. Das habe ich abgelehnt.“ Sehr gut gefallen ihr hingegen die Renovierungsarbeiten am Senckenbergmuseum: „Das ist richtig schön geworden!“ Das Museum wird seine Ausstellungsfläche verdoppeln und künftig vier neue Themenwelten – Mensch, Erde, Kosmos, Zukunft – zeigen. Übrigens: Zugunsten des Café Crumble verkaufen befreundete Künstler*innen derzeit ihre Werke. Die Exponate sind im Schaufenster des Cafés zu sehen.
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CAFÉ ALBATROS UND PIELOK:
GASTRONOMISCHE FRAGEZEICHEN
Eines der Fragezeichen im Viertel: das Café Albatros, das seit Monaten geschlossen hat. Im Schaufenster prangt ein Schild: „Wir renovieren“. Mit welchem Gastro-Konzept der Bockenheimer Klassiker künftig bespielt wird, ist unklar. Um die Ecke in der Jordanstraße 3 wartet das nächste Fragezeichen: „Ende einer Institution“ titelten die Frankfurter Tageszeitungen, als das Restaurant Pielok 2016 nach fast 90 Jahren schloss. Die Stadt Frankfurt kaufte das Gebäude im Jahr 2017. Seitdem steht es leer. Aber es heißt, die Planungen laufen.
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