FROH! 1: Wenden (Gesamt)

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FROH!

Magazin für DIE SCHÖNEN TAGE DES JAHRES nummer 1 7 EURO ISSN 1869-1528

Wenden



Editorial Jubelnde Massen in Berlin. Menschen, die auf der Mauer Fahrrad fahren und auf den Dächern von Trabis trommeln. Mauerbrocken und Hammerschläge. Die Erinnerungsmaschine ist angeworfen: Wir sehen, wie zwei Gesellschaften im Vollgas der Ereignisse ineinander rauschen. Wir erinnern uns an aufgeregte Eltern vor den Fernsehern, vielleicht auch an weinende Mütter und demonstrierende Väter. Dann reiben wir uns die Augen und wundern uns, wie schnell die Zeit vergangen ist. Der Reiz, eine Ausgabe zu machen, die sich mit dem Thema ‚Wende‘ befasst, lag für uns als Redaktion auf der Hand: Wir wollten das Ding ins Jetzt holen, am Puls unserer Generation sein und die Geschichten hinter der Geschichte zeigen. Wir wollten mit vollem Karacho an den Jubiläumsparaden vorbeiziehen und etwas Neues zum Wende-Diskurs beitragen. Aber wir haben schnell gemerkt, dass die Straße, die zurück ins Jahr 1989 führt, so geebnet nicht ist – auch wenn sie viel befahren wird. Hier ist vorausschauendes Fahren angesagt und gutes Kartenmaterial schwer zu bekommen. Die Medienbilder sind schlechte Berater, je näher man versucht an sie heranzukommen, desto verschwommener werden sie. Irgendwo haben wir dann gewendet. Und aus diesem Wendemanöver ein Heft gemacht, das das Wenden in sich trägt. Wir haben den Begriff auf sich selbst angewendet, ihn in alle Einzelteile zerlegt und wieder zusammengesetzt. Wir haben ihn dem öffentlichen Diskurs entwendet und ihn heimlich unter der Rückbank nach draußen geschmuggelt. Keine Angst, wir geben ihn nachher wieder zurück! FROH! Wenden ist eine sehr verspielte Ausgabe geworden – wir haben z.B. ein Wendekarten­spiel, das auch als Herbarium verwendet werden kann (ab Seite 13), sowie eine nahezu vollständige Geschichte der bedeutendsten Sportwenden (Seite 8). Außerdem haben wir nach Wende-Orten gesucht. Heuersdorf (ab Seite 46), das inzwischen hinter Flatterbändern und Polizeisperren verschwunden ist, weil die Region die Braunkohle braucht, ist vielleicht das verstörendste Beispiel: Ein Geisterort, der die Erinnerung an das Leben noch in sich trägt. Die Geschichte von 99998 Volkenroda, dem Ort mit Deutschlands letzter Postleitzahl, zeigt hingegen, dass sich immer noch etwas wenden kann (ab Seite 56). Im Zentrum unserer Ausgabe steht aber der Mensch – der ewige Wendehals unter den Lebensformen. Wo das Leben sonst auf Kontinuität setzt, kleine Schritte unternimmt statt sich große Sprünge zu erlauben, da erfinden wir uns neu, setzen alles auf eine Karte und schauen zu, wie der Croupier unsere Lebensträume vom Tisch kehrt (Seite 66). Wir nehmen das Leben in seinem ganzen Wendespektrum wahr, wir drehen und wenden es wie ein Vexierbild (Seite 76), bis wir nicht mehr wissen, wo oben und unten ist. Unser Autor Jens Toennesmann hat seinen Gesprächspartnern die einfache Aufgabe gestellt, eine Lebenslinie zu zeichnen, die alle Wendepunkte des eigenen Lebens aufgreift und visualisiert (Seite 72). Die entstandenen Diagramme wirken an ihrer Oberfläche formal und aufgeräumt, darunter jedoch kocht es. Ähnlich systematisch sind Peter Bongard und Markus Kuhlen vorgegangen, die mit Menschen gesprochen haben, deren Leben eine drastische Wende erfahren hat (ab Seite 60). Ihre Gesichter, die in beeindruckenden Schwarz-Weiß-Fotos festgehalten sind, erzählen diese Lebenserinnerungen noch mal aufs Neue. Alle diese Geschichten, so unterschiedlich sie auch sein mögen, haben doch eines gemeinsam: den Menschen, der die Ereignisse in den Setzkasten der eigenen Biographie einsortiert und sagt: Das bin ich! Als wir gemerkt haben, dass es zum ‚Wendejahr‘ nichts mehr beizutragen gibt, haben wir uns kurzerhand gegen den historischen Singular entschieden und den Plural gewählt: Wenden kann es jederzeit geben! Das ist die heimliche Hoffnung, die uns mit den Menschen bei den Montagsgebeten verbindet (Seite 22), eine Hoffnung, die mit der Überraschung rechnet und nach Zwischenräumen sucht, in denen das Wunder passieren kann. Eure FROH! Redaktion

PS:   Das Cover verdanken wir Jon Adrie Hoekstra, der die allgemeine Überzeugung, das Brot falle immer auf seine belegte Seite, anhand einer Versuchsreihe mit verschiedenen Brot- und Marmeladensorten überprüft hat. Das Bild zeigt selbst gemachte Himbeermarmelade und Deutsche Markenbutter (gesalzen) auf Kommissbrot auf lackiertem Estrich. Jeanette Corneille hat in mühsamer Handarbeit das Muster der Innenseiten gestickt.


INHALT 7

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8 da geht noch was ! Vor dem Spiel ist nach der Wende

18 Wie war das gleich noch mal? Vier Erinnerungsversuche

10 BACK ’N’ ROLL Rezepte für Schnellwender

22 Wunder der Wende Ein Montagsgebet mit Pfarrer Christian Führer

SPIELWENDEN

3 EDITORIAL 6 IMPRESSUM 81 Der FROH! Faktor In eigener Sache

12 Liedervereinigung Der Soundtrack zur Wende 13 Das Blatt wenden Ein Herbarium zum Spielen

ZEITENWENDEN

28 MONTAG MIT IGEL Eine Geschichte zum Vorlesen 32 Wir wollten zusammen gehören. Dadurch ist viel verhindert worden. Die Autorin Jana Hensel im Gespräch


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36 Zeitreise Zahlen haben noch nie mehr Spaß gemacht

46 Wo ist Heuersdorf? Eine Spurensuche

38 Fluchtpunkte Drei Grenzübergänge

54 Ich bin in der Heimat hängen geblieben. Der Filmemacher Volker Koepp im Gespräch

60 Sei Du selbst Vier Menschen, bei denen sich alles geändert hat

WENDEPUNKTE WENDEKREISE LEBENSWENDEN

40 Die Zeit ist reif. Randnotizen einer Recherche 42 auf dem weg Eine Illustration von Michael Gibis 44 Von jetzt auf gleich Ein paar Fakten zum Auswendiglernen

56 99998 Volkenroda hat Deutschlands letzte Postleitzahl – Eine Wendegeschichte

68 Einer von uns Nach einer wahren Begebenheit 72 Lebenslinien Dein Leben als Linie 76 Am Stammtisch der Skepsis Ein Plädoyer 80 10 Dinge, die Dein Leben verändern werden 82 Auf die Plätze, fertig, FROH! Eine Projektvorstellung

23% aller deutschen Jugendlichen finden das jährliche Theater um den Mauerfall übertrieben.


Herausgeber Dirk Brall dirk.brall@frohmagazin.de Michael Schmidt michael.schmidt@frohmagazin.de Chefredakteur Dr. Sebastian Pranz sebastian.pranz@frohmagazin.de ArtdirektOR Klaus Neuburg klaus.neuburg@frohmagazin.de Lektorat Christiane Schmidt Wissenschaftliches Lektorat Konrad Flämig Autoren dieser Ausgabe Michael Basseler, Florian Blaschke, Peter Bongard, Patricia Dudeck, Ulrike Flämig, Friederike Gralle, Ulrike Hippe, Markus Kuhlen, Markus Lägel, Matthias Lemme, Markus Meske, Bini Pranz, Norbert Roth, Simone Rüth, Oliver Schneider, Hanna Schott, Jens Toennesmann, Ruth Weinhold Fotografen, Künstler, Illustratoren Clara Anders, Peter Bongard, Jeanette Corneille, Bernd Cramer, Magdalena Dostal, Michael Gibis, Jon Adrie Hoekstra, Dorit Hoffmeister, Franca Neuburg, Gerda Raidt, Anett Reiche, Samuel Waldeck, Emily Weiss, Hendrik Wünsche Kontaktinformationen zu den Beitragenden gibt es auf unserer Website unter www.frohmagazin.de/beitragende/nummer1

Herzlicher Dank Bruder Ansverus, Ann Kathrin Bertram, Pascal Bewernick, Nicole Böttler, Stephanie Brall, Robby Deuber, Julia Fenn, Renate und Konrad Flämig, Monika und Christian Führer, Thomas Glöwing, Haus der Geschichte/Bonn, Jana Hensel, Thomas Herlth, Damaris Heymann, Arno Jordan, Thomas Josek, Alex Knaack, Anja Faber-Kösler (Klett Kinderbuch), Volker Koepp, Ulrike Köhler, Wolfgang Kremer, Christian Kunz, Thomas Mader, Jürgen Milski, Alexandra Müller, Ben Piel, JosekDesign (www.josekdesign.de), Jung Produktion (www.jungpro.de), Anne Rauhut, Mark Reichmann, Karl-Heinz Richter, Dorle Schmidt, Klaus F. Schmidt, Pavel Strohner, Irene Swerlowski, Volker Wortmann, Marius Zimmermann Besonderer Dank Besonders dankbar sind wir dem Verein Andere Zeiten aus Hamburg, die FROH! von Anfang an gefördert und unterstützt haben. www.anderezeiten.de Typographie Adobe Garamond Pro, House Industries Chalet Druck Druckerei Lokay, Reinheim www.lokay.de Diese Broschüre wurde mit Druckfarben aus nachwachsenden Rohstoffen und Papier aus vorbildlicher Forstwirtschaft gedruckt. LokayDRUCK arbeitet klimaneutral, verwendet ausschließlich umweltfreundliche Materialien und ist EMAS-zertifiziert (D-115-0036).

FROH! Magazin Redaktion FROH! Magazin c/o motoki-Wohnzimmer Stammstr. 32–34, 50823 Köln www.frohmagazin.de Vertrieb shop@frohmagazin.de Internet-Auftritt Christian Kunz www.designammain.de ÜBER FROH! FROH! ist ein Gesellschaftsmagazin, das besondere Ereignisse des Jahres aufgreift und sich neugierig auf die Fragen und Themen hinter diesen Anlässen einlässt. Die Beitragenden schenken dem Magazin nicht nur ihre Texte und Bilder, sondern den Lesern auch neue und überraschende Blickwinkel. Durch die sorgfältige Komposition von Beiträgen aus Kultur, Gesellschaft, Spiritualität und nachhaltigen Lebenskonzepten entsteht ein hochwertig gestaltetes Magazin, das nicht nur FROH! heißt, sondern auch froh macht. Hinter FROH! Das FROH! Magazin ist ein Projekt der Non-Profit-Organisation mateno e.V. www.mateno.org Schutzfaktor Das FROH! Magazin und alle darin veröffentlichten Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Jede Nutzung oder Verwertung bedarf der schriftlichen Genehmigung der Herausgeber.


SpielwendeN Das Spiel lebt von plötzlichen Wenden. Ohne unser Zutun wendet sich unser Blatt und macht uns zu Gewinnern oder Verlierern. Deshalb lieben wir das Spiel: weil es Geschichten wie das Leben schreibt, aber die Rollen ganz anders verteilt. Umgekehrt hat jede Wende – auch eine historische – viel mit einem Spiel gemein. Sie ist der Moment in der Geschichte, in dem plötzlich alles möglich ist. Der Horizont verschiebt sich und die Welt, wie wir sie kennen, wirft die Karten auf den Tisch und beginnt von vorne.


da geht noch was ! Ein Überblick über die größten Sportwenden

1936 Jesse Owens vs. Luz Long Weitsprung, Olympische Spiele, Berlin

Der sportliche Gegner wird zum Wendehelfer: Der AfroAmerikaner Jesse Owens steht nach 2 Fehlversuchen bereits vor dem Aus. Dank der Tipps seines deutschen Kontrahenten Luz Long schafft er die Qualifikationsweite und holt am Ende die Goldmedaille. Sportsmann Long gewinnt Silber und einen Freund – für Hitler ein Affront gegen die Rassenehre. Später fällt Long im Krieg und die einstigen Konkurrenten sehen sich nie wieder.

Text: Michael Basseler Illustration: Emily Weiss

1999 Bayern München vs. Manchester United Fußball, Finale der Champions League, Barcelona

Die ‚Mutter aller Niederlagen‘ ist auch die Mutter aller Wenden im Sport: Es läuft die 91. Minute. Bayern führt seit Mario Baslers Freistoß mit 1:0 und verwaltet den Vorsprung, wie es im Fußballdeutsch so schön heißt, recht souverän. Dann kommt, was Oli Kahn später als Schicksal bezeichnen wird: ManU erzielt zuerst den Ausgleich, bevor ‚Babyface-Bomber‘ Ole Gunnar Solskjaer sogar noch der Siegtreffer für die Briten gelingt.

1987 Steffi Graf vs.  Martina Navratilova Tennis, French Open Finale, Paris

„Die Gräfin“, gerade mal zarte 17, liegt im dritten und entscheidenden Satz bei Aufschlag Navratilova schon 3:5 zurück, schafft aber mit einem Break die Wende und gewinnt am Ende sensationell mit 8:6 – ihr erster Grandslam Sieg. Das Jahr 1987 markiert auch eine Wende in der Hierarchie des Damentennis: nach über fünf Jahren als Nummer 1 muss Navratilova der deutschen Tennislegende Platz machen.

1989 Ivan Lendl vs.  Michael Chang Tennis, French Open, Paris

Lange läuft alles wie erwartet: Lendl, Nummer 1 der Welt, gewinnt die ersten beiden Sätze gegen den 17-jährigen Nobody jeweils mit 6:4. Im dritten Satz dann die Wende: Chang nimmt Lendl zuerst den Aufschlag und dann den Satz ab. Ab dem vierten Satz wird das Spiel endgültig zum Drama: Chang ist von Krämpfen geplagt und liegt minutenlang erschöpft auf dem Platz. Seine ‚Mondbälle‘ und der Aufschlag von unten werden zum Kult – und bringen ihm am Ende noch den Sieg. Später gewinnt Chang sogar das Turnier.

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SPIELWENDEN

66% der Deutschen empfinden Stolz, wenn bei einem Sportereignis …


1993 Karlsruher SC vs. FC Valencia Fußball, Uefa-Pokal, Karlsruhe

1991 Carl Lewis vs. Mike Powell Weitsprung, Leichtathletik-WM, Tokio

Nach dem 3:1 Sieg im Hinspiel gilt der spanische Tabellenführer Valencia schon als sicherer Sieger, bevor „Euro Eddy“ Edgar Schmitt seine Sternstunde erlebt: Beim 7:0 der Badener netzt er gleich vier mal ein (im KSC-Tor übrigens auch hier dabei: Oli Kahn). Kurz vorher erlebte Schmitt auch privat eine Wende – er hatte er sich in der Woche des Hinspiels mit seinem Auto gleich mehrfach überschlagen.

Der wohl spannendste Weitsprungwettkampf der Geschichte. Trotz gleich vier Versuchen über 8,80 m muss sich Lewis geschlagen geben. Nach einem knapp ungültigen Satz in Weltrekordnähe im vierten, gelingt Powell schließlich im fünften Versuch der Sprung seines Lebens. Mit 8,95 m knackt er den über 20 Jahre alten Rekord von Bob Beamon und dreht das Duell mit Lewis.

2003 Lance Armstrong vs. Jan Ullrich Radsport, Tour de France, Col du Tourmalet

Auf der letzten Pyrenäenetappe hat sich das Favoritentrio Armstrong, Ullrich und Mayo vom Feld abgesetzt, als Armstrong mit dem Lenker an der Tasche eines Fans hängen bleibt und stürzt. Er rappelt sich auf und fährt am verdutzten Ullrich vorbei zum Etappen- und später auch Toursieg. Anschließend beschuldigen sich beide gegenseitig des unsportlichen Verhaltens: Ullrich habe nicht gewartet, Armstrong habe die Verwirrung zur heimtückischen Attacke genutzt.

1994 Franziska van Almsick /  Dagmar Hase Schwimmen, 200 m Freistil, Schwimm-WM, Rom

„Goldfisch“ Franzi verpatzt das Semifinale in ihrer Paradedisziplin und qualifiziert sich als Neuntschnellste nicht für den Endlauf. Die Wende wird in diesem Fall von einer Teamkollegin eingeleitet: die fürs Finale qualifizierte Dagmar Hase tritt ihren Startplatz an ihre Freundin ab und van Almsick wird am Ende mit neuem Weltrekord doch noch Weltmeisterin. Tragisch: Als Hase über die 400m das Gleiche passiert, zeigt sich Jana Henke weniger solidarisch und schwimmt lieber selbst.

1986 Bayer Uerdingen vs. Dynamo Dresden Fußball, Europapokal der Pokalsieger, Krefeld

Dynamo gewinnt das Hinspiel des Viertelfinales 2:0 und reist mit einem klaren sportlichen und politischen Auftrag zum Gegner in den tiefen Westen. Bis zur Pause läuft noch alles nach Plan. Die Gäste aus der DDR führen mit 3:1, etliche Fans verlassen bereits frustriert die Grotenburg-Kampfbahn – fünf Tore fehlen den Uerdingern zu diesem Zeitpunkt zum Weiterkommen. Die Wende beginnt in Hälfte zwei: Am Ende heißt es 7:3, Bayer erreicht sensationell doch noch das Halbfinale. Zu allem Überfluss für das gedemütigte DDR-Regime nutzt Dresdens Stürmer Frank Lippmann die Pleite auch noch zur Flucht und bleibt im Westen.

1974 Muhammed Ali vs. George Foreman Boxen, „Rumble in the Jungle“, Kinshasa

Alis große Zeit ist schon vorbei, und doch kommt sie erst noch: Der 32-Jährige Ex-Weltmeister hatte jahrelang wegen seiner Wehrdienstverweigerung nicht boxen dürfen und steht dem für seine brachiale Schlagkraft bekannten Weltmeister Foreman gegenüber. In den ersten Runden lässt sich Ali absichtlich immer wieder in die Seile drängen und steckt Schlag um Schlag ein. In der 8. Runde ist es dann soweit: Foreman ist konditionell am Ende, Ali deckt ihn mit einem regelrechten Feuerwerk an Schlägen ein und schickt ihn auf die Bretter. Ali ist erst der zweite Athlet, der die Boxerweisheit „They never come back“ widerlegt und sich den Gürtel zurück holt.

Die Videolinks zu diesem Artikel findest Du auf der FROH! Website: www.frohmagazin.de/sportwenden

… die deutsche Nationalhymne gespielt wird. Nur 33% singen mit.

SPIELWENDEN

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Back ’N’ RolL Der aktuelle Weltrekord im Pfannkuchen-Wenden liegt bei 416 Mal in zwei Minuten. Das zu überbieten, sollte eigentlich kein Problem sein. Die Rezepte dazu gibt es hier. Rezepte: Oliver Schneider Illustration: Franca Neuburg

Pfannkuchen ReisnudelWassermit Orangenfilets Pfannkuchen omelett Pfannkuchen: Orangenfilets: 300 g dünne 3 EL Sesamkörner mit Möhren und 40 g Butter 1 unbehandelte Orange Reisnudeln 300 g Schweinefilet, Koriander 20 g Mehl 1 unbehandelte Zitrone 2 grüne Chili, in sehr dünne

20 g Speisestärke 1 Prise Salz ¼ l Vollmilch 3 Eigelb 3 Eiweiß 20 g Zucker

Filets von 3 Orangen 8 EL Orangenlikör 50 g Butter 40 g Zucker 0,4 l Orangensaft 1 Eigelb

. Butter schmelzen, Mehl, Speisestärke und Salz einstreuen und gut vermischen. Die Milch unter Rühren dazugeben, zu einer glatten Masse verrühren und kurz aufkochen lassen. Diesen Teig in eine Rührschüssel geben und ein Eigelb nach dem anderen unterrühren. Das Eiweiß steif schlagen und dabei den Zucker einrieseln lassen. Dann den Eischnee behutsam unter den Teig heben. . Für die Orangensauce Orange und Zitrone mit dem Zestenreißer abziehen. Die Orangenfilets mit 4 EL Orangenlikör und den Zesten marinieren. Die Butter zerlassen, den Zucker dazugeben und unter Rühren mittelbraun karamellisieren. Das Eigelb mit dem übrigen Orangenlikör verquirlen und die Sauce damit binden. Die marinierten Orangenfilets kurz erwärmen. . In der Zwischenzeit 8 kleine Pfannkuchen in heißer Butter backen und warmstellen. . Die Pfannkuchen auf Tellern verteilen und mit den Orangenfilets bedecken. Je einen zweiten Pfannkuchen darauf legen und mit etwas Orangensauce übergießen. Mit gehackten Pistazien und Puderzucker bestreut servieren.

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SPIELWENDEN

entkernt und fein gehackt 2 cm Ingwerwurzel, fein gehackt 2 EL zerzupfte Korianderblätter und fein gehackte Stängel und Wurzel

Scheiben geschnitten 2 EL Sojasauce 2 TL geriebene Limettenschale Hoisin-Sauce

Omlett: 6 Eier 6 El Wasser 100 g gemischte, gehackte Kräuter 30 g Butter

2 Knoblauchzehen, fein gehackt 4 cm Ingwerwurzel fein gerieben 2 rote Chili, entkernt und fein gehackt Saft von 4 Limetten Füllung: 2 TL Fischsauce . Die Nudeln mit kochendem Wasser über- 300 g geriebene 4 EL zerzupfte gießen und (je nach Packungsangabe) ca. Möhren Korianderblätter und 4–5 Minuten einweichen. Gut abtropfen 2 Stängel fein gehackte Stängel lassen und auf Küchenpapier legen. Die Nu- Zitronengras und Wurzel deln mit Chili, Ingwer, Koriander und Se- 2 TL brauner Zucker 4 EL ungesalzene samkörnern vermischen. Erdnüsse, gehackt . Den Boden einer Pfanne etwa 1 cm hoch mit Öl bedecken und bei mittle- . Sämtliche Zutaten für die Füllung vermirer Temperatur erhitzen. Jeweils einen schen, mit Klarsichtfolie abdecken und mehLöffel Nudelmischung in die Pfanne ge- rere Stunden im Kühlschrank durchziehen ben und mit dem Wender flach drücken. lassen. . Die Pfannkuchen 2–3 Minuten von je- . Für den Omelettteig die Eier leicht mit der der Seite goldbraun und knusprig braten. angegebenen Wassermenge und den KräuAuf einem Küchenpapier abtropfen lassen. tern verschlagen. Eine Crepespfanne erhitzen. Die restliche Mischung nach dem gleichen Butter zerlassen und einen dünnen Teigfilm Prinzip aufbrauchen. in die Pfanne gießen und setzen lassen. Wen. Schweinefleisch, Sojasauce und Limet- den und nochmals kurz in der Pfanne braten. tenschale in eine flache Schüssel geben . Omelette auf einen Teller gleiten lassen und darin marinieren. Das Fleisch in einer und mit einem feuchten Tuch abdecken. vorgeheizten Pfanne braten (medium). Restlichen Teig in gleicher Weise verarbeiten. . Die Pfannkuchen auf einem Teller anrich- . Zitronengras entfernen. Omeletts füllen ten, mit dem Schweinefleisch belegen und und aufrollen. Rollen in Scheiben schneiden mit Hoisin Sauce beträufeln. und mit einem Schälchen Soja- oder süßer Chilisauce zum Dippen servieren.


ZucchiniPfannkuchen mit Vacherin Mont-d‘Or 2 Tassen Zucchini, gerieben 2 Eier 50 g Butter, zerlassen ¾ Tasse Mehl ⅓ Tasse geriebener Parmesan

grob gemahlener schwarzer Pfeffer ½ TL Muskat 200 g Vacherin Mont-d‘Or 2 EL Schnittlauch

. Überschüssige Flüssigkeit aus den Zucchini herausdrücken. In einer Schüssel mit den Eiern, Butter, Mehl, Parmesan, Pfeffer und Muskat gründlich verrühren. . Eine Pfanne bei mittlerer Temperatur erhitzen und jeweils einen Löffel der Mischung 3 Minuten goldbraun braten. Pfannkuchen wenden und die andere Seite ebenfalls goldbraun braten. Die Pfannkuchen warm halten und mit dem Rest der Mischung genauso verfahren. . Die Pfannkuchen zum Servieren mit dem Vacherin belegen und mit etwas Schnittlauch bestreuen.

Crepes 500 g Mehl 4 Eier 100 g Butter

¾ l Milch ¼ Liter Sprudelwasser Zucker und Zimt

. Butter schmelzen. Nach und nach Mehl und Eier dazugeben. Milch dazugießen und zu einem glatten Teig rühren. Zum Schluß das Sprudelwasser dazugeben. Den Teig eine ½ Stunde ruhen lassen. . Crepespfanne erhitzen und etwas Butter zerlassen. Mit einer Kelle gerade soviel Teig in die Pfanne geben, dass ein dünner Film den Boden bedeckt. Sobald der Teig sich vom Boden löst und er hellbraun gebacken ist, mit Oliver Schneider arbeitet als Künstler und dem Wender wenden. Diese Seite auch hell- Designer in Köln, wo er zusammen mit braun backen und mit dem restlichen Teig Ana Motjér das Royal Family-designlabor gegründet hat (www.royalfamily-designlabor.de). genauso verfahren. Dazu Zucker und Zimt.

Seit 2007 kocht er regelmäßig für mehr als 10 Personen. Die Rezeptsammlung „Ollis Kantine – Mittags bei JosekDesign“ ist 2009 im buchhaltung verlag erschienen.

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LIEDERVEREINIGUNG Natürlich gibt es zu einem Weltereignis wie dem Mauerfall und der Wiedervereinigung auch einen offiziellen Soundtrack. Werfen wir doch mal den Blick zurück auf drei Songs, die die hochemotionale Wendezeit geprägt haben und seitdem ihr musikalisches Rentnerdasein in Unmengen von Radio- und Fernsehbeiträgen rund um die jährlichen Gedenktage genießen. Text: Markus Meske

Looking For Freedom

Freiheit

Bis heute machen sich Amerikaner und Engländer gern darüber lustig, dass die Deutschen David Hasselhoff lieben. Diesen singenden Baywatch Bademeister mit Fetisch für sprechende Autos. Dass diese Liebe längst erkaltet ist und wohl auch nie ganz so intensiv war wie es die Urheber der spöttischen Bemerkungen zu wissen glauben – unwichtig! Denn ein peinliches Argument bleibt beständig auf Seiten der Spötter: Der erfolgreichste Hit des Jahres 1989, war tatsächlich Looking For Freedom von David Hasselhoff. Ein hemdsärmelig stampfender Schlager mit einem recht platten Selbstverwirklichungstext, der ob seiner Wirkung auf Hörer mit Musikgeschmack gut und gerne unter die Genfer Konventionen fallen könnte. Acht Wochen hielt sich das Lied zwischen April und Juni auf Platz 1 der Singlecharts. Interessanterweise also noch weit vor dem Mauerfall im November, was bedeutet, dass die Schuld daran die Wessis noch ganz alleine tragen.

Der deutschsprachige Song, der bis heute Kaum ein Beitrag über die Wiedervereininoch immer mit der Wendezeit in Verbindung gung kommt ohne Archivfernsehbilder von gebracht wird, ist Freiheit von Marius Müller- freiheitstrunkenen Menschentrauben vor, Westernhagen. Das Lied war zum Zeitpunkt hinter und auf der Berliner Mauer aus. Und des Mauerfalls eigentlich schon zwei Jahre alt fast genauso sicher sind darin die Scorpions und ursprünglich auf dem 87er Album Wes- zu hören. Auf ihrer Ballade Wind Of Change ternhagen. Mit Textzeilen wie „Freiheit ist das pfiffen die Hardrocker aus Hannover gut einzige, was zählt“ schien das Lied allerdings fünf Minuten lang auf den kalten Krieg und so perfekt in die Phase der politischen Ent- feierten die Perestroika. Auch wenn die Wenspannung zwischen Ost und West zu passen, dehymne musikalisch reichlich bieder daher dass es 1990 pünktlich zur Wiedervereini- kommt: Der Song war in Deutschland fast gung schließlich doch noch als Single veröf- ein Jahr am Stück in den Charts. Allerdings fentlicht wurde. Zwar hielt sich die Single nicht 1989 im Jahr des Mauerfalls. Auch gut ein halbes Jahr in den Charts, ein richtig nicht 1990, als die Wiedervereinigung vergroßer Hit wurde Freiheit trotz großer Medi- traglich besiegelt wurde. Wind Of Change enpräsenz aber erstaunlicherweise nicht. Die erschien erst im März 1991 und brauchte höchste Platzierung war Rang 24. dann noch zweieinhalb Monate, bevor er am 3. Juni auf Platz 1 kletterte. Dort blieb er dafür dann stolze elf Wochen. Auch in halb Europa (u.a. Frankreich und Norwegen) ging die Nummer auf eins und selbst in England (Platz 2) und Amerika (Platz 4) war Wind Of Change ein echter Hit.

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SPIELWENDEN

Wind Of Change

Der Song „Wind of Change“ von den Scorpions kommt mit 6 Akkorden (engl. ‚Changes‘) aus.


H!

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Egal ob Wald oder Wohnzimmer, diese Seiten sind in jeder Situation von doppeltem Nutzen! Wendespiel: Magdalena Dostal 01.

Grau-Erle (Alnus incana)

(Aesculus hippocastanum)

(Pyrus communis)

Gemeine Ross-Kastanie

Kultur-Birne

02.

Flatter-Ulme (Ulmus laevis)

(Quercus petraea)

Trauben-Eiche

(Tilia platyphyllos)

(Acer pseudoplatanus)

Sommer-Linde

Berg-Ahorn

(Betula pubescens)

(Malus domestica)

Moor-Birke

Kultur-Apfel

Holz-Birne (Pyrus pyraster)

10.

(Populus tremula)

Spitz-Ahorn

Zitter-Pappel

05.

11.

(Alnus glutinosa)

(Castanea sativa)

Schwarz-Erle

Ess-Kastanie 06.

Hainbuche (Carpinus betulus)

Holz-Apfel (Malus sylvestris)

Feld-Ulme (Ulmus minor)

26.

Stiel-Eiche (Quercus robur) 27.

(Fraxinus excelsior)

Winter-Linde (Tilia cordata)

17.

28.

GrĂźn-Erle (Alnus viridis) 29.

23.

Berg-Ulme (Ulmus glabra)

18.

Silber-Weide (Salix alba)

Gemeine Esche

22.

Rot-Buche (Fagus sylvatica)

Eberesche (Sorbus aucuparia) 12.

Stechpalme (Ilex aquifolium)

21.

16.

(Acer platanoides)

25.

20.

15.

09.

04.

WeiĂ&#x;-Birke (Betula pendula) 14.

08.

03.

19.

13.

07.

Feld-Ahorn (Acer campestre)

24.

30.

(Corylus avellana)

(Prunus avium)

Gemeine Hasel

Vogel-Kirsche


Das Blatt wenden

Das Blatt wenden

01.

Grau-Erle (Alnus incana)

(Aesculus hippocastanum)

(Pyrus communis)

Gemeine Ross-Kastanie

Kultur-Birne

(Tilia platyphyllos)

(Acer pseudoplatanus)

Sommer-Linde

Berg-Ahorn

(Quercus petraea)

Trauben-Eiche

(Betula pubescens)

(Malus domestica)

Moor-Birke

Kultur-Apfel

04.

Holz-Birne (Pyrus pyraster)

10.

(Populus tremula)

Spitz-Ahorn

Zitter-Pappel 11.

(Alnus glutinosa)

(Castanea sativa)

Schwarz-Erle

Ess-Kastanie 06.

Hainbuche (Carpinus betulus)

Holz-Apfel (Malus sylvestris)

Feld-Ulme (Ulmus minor)

Stechpalme (Ilex aquifolium) 26.

Stiel-Eiche (Quercus robur) 27.

21.

(Fraxinus excelsior)

Winter-Linde (Tilia cordata)

17.

28.

GrĂźn-Erle (Alnus viridis) 29.

23.

Berg-Ulme (Ulmus glabra)

18.

Silber-Weide (Salix alba)

Gemeine Esche

22.

Rot-Buche (Fagus sylvatica)

Eberesche (Sorbus aucuparia) 12.

25.

20.

16.

(Acer platanoides)

05.

WeiĂ&#x;-Birke (Betula pendula)

15.

09.

Das Blatt wenden

19.

14.

08.

03.

Das Blatt wenden

13.

07.

02.

Flatter-Ulme (Ulmus laevis)

Das Blatt wenden

Feld-Ahorn (Acer campestre)

24.

30.

(Corylus avellana)

(Prunus avium)

Gemeine Hasel

Vogel-Kirsche


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ZEITENwendeN Eine Wende benötigt Zeit, um stattzufinden. Wie viel Zeit genau, wann sie beginnt und wann sie endet, lässt sich meist nur im Nachhinein sagen, wenn alles schon vorbei ist und die Wendekinder aus den Kinderschuhen gewachsen sind. Im Wendemoment selbst scheint es vielleicht so, als ob sich die Zeit eine kurze Pause gönnt und Zukunft und Vergangenheit in gleicher Weise gegenwärtig sind. Aber dann geht die Reise auch schon weiter und das Fenster schließt sich wieder. Wer von einer Wende sprechen will, ist auf die Vergangenheitsform angewiesen. Er muss aus seinen Erinnerungen eine Geschichte machen.


wie war das gleich nochmal?

Wer jung ist, hat nicht den großen Überblick. Da zählen Details: bunte Autos und Zauberkästen, der Geschmack der Limonade und die Ausstattung der Süßigwarenabteilung. Einige Erinnerungen von Menschen, die damals zwischen acht und fünfzehn Jahren alt waren. Texte: Matthias Lemme, Bini Pranz, Ruth Weinhold, Dirk Brall (in Reihenfolge des Erscheinens) Illustration: Franca Neuburg

(ver)kehrtgewendet Als die Mauer fiel, waren wir im Garten und harkten Laub unterm Nussbaum. Wir können jetzt Onkel Gotthard besuchen, rief meine Mutter. Also die ganze Familie, nicht nur mein Vater mit extra Reisegenehmigung. Ich hatte bunte Autos und schnittige Kassettenrekorder vor Augen; eben das, was für einen Zwölfjährigen der Westen war. Wann wir denn losführen, wollte ich wissen. Und war stolz, dass das mit meiner Mutter sofort ginge, weil ich mit in ihrem Ausweis stand. Meine beiden Geschwister waren aber schon zu alt, also warteten wir auf die nötigen Papiere. In dieser Zeit verschwanden aus meiner Klasse viele Mitschüler, manche für immer, andere regelmäßig über lange Wochenenden. Auch meine Klassenlehrerin war plötzlich weg. Dafür hielten Riesenblasenkaugummis, kleine Videospiele und quietschbunte Füller Einzug in unser Klassenzimmer. Weil mein Vater Pastor und bedächtig war, gehörten wir wohl zu den letzten, die mit Trabi und Thermoskanne ins gelobte Land aufbrachen. Kurz vor Sylvester ´89 war das – und der Westen war in unserem Fall die beengte Welt eines hessischen Dorfes und nicht die weite Welt der MatchboxLegoBarbie-Weihnachtspakete. Irgendwie machte mich das bodenständig, zumindest innerlich.

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ZEITENWENDEN

Ich habe gut den Satz meiner Eltern im Ohr: „Man muss doch hier im Osten was verändern – und nicht weglaufen.“ Rübermachen, wie es damals hieß, kam überhaupt nicht in Frage. Das Ende der DDR war für mich der Anfang einer Jugend voll ungeahnter Möglichkeiten. Ich konnte das Abitur machen, was als Pastorensohn zuvor beinahe unmöglich war, konnte die Ostseeküste von der Kurischen Nehrung bis nach Kiel beradeln, konnte studieren, was und wo ich wollte. Praktika, Auslandssemester, Weiterbildungen, der erste Job – es verschlug mich immer öfter in den Westen. Und immer nachhaltiger. Mir geht bei all dem das Wort Wendehals nicht aus dem Kopf. Manchmal frage ich mich, ob ich nicht auch so einer bin. Einer, der sein Fähnchen in den Wind und seinen Kopf in die Sonne hält. Im Wortsinn sicher nicht. Wendehals war Anfang der 90er das gängige Schimpfwort für jene, die über Nacht von regimetreuen Abnickern zu aufmüpfigen Freigeistern mutierten und, Hand aufs Herz, irgendwie immer schon dagegen waren. Aber dennoch, ich nutze alle Möglichkeiten, die sich mir in Sachen Ausbildung und Beruf bieten. Und meistens fand ich die eben in den alten Bundesländern (oder


gebrauchten, wie wir aus dem Osten immer noch fröhlich sagen). Das Gefühl aber, nicht am rechten Platz zu sein, blieb – egal ob in Hamburg, Bonn oder Berlin. Wo hören die vernünftigen Argumente für meine späte Republikflucht auf, wo fangen die bequemen Ausreden an? Ich fühle mich, so blöd es klingen mag, irgendwie verpflichtet. Verortet. Oder eben verbunden – mit einem Landstrich, der für mich zur Heimat geworden ist, weil er durch das Ende der DDR an den Rand rückte. Der zur Schrumpfzone wurde und in vierzig Jahren als Altersheim der Republik verspottet werden wird. Dort komme ich her – und da muss ich wieder hin. Irgendwie.

Zauberin sein Ich saß hinten im Trabi, meine vier Schwestern neben mir, über und unter uns Gepäck. Wir waren auf dem Weg zu unserem „Westkontakt“ nach Altenkirchen im Westerwald. Ich war 10 Jahre alt, aber noch nie auf einer so guten Autobahn gefahren. An uns vorbei flog ein Schild auf dem stand: „Endlich erneuern wir für Sie die A4“. Am nächsten Morgen war unser erstes Ziel der Jumbo Einkaufsmarkt. Mein Vater hatte uns 80 DM unseres Begrüßungsgeldes zur freien Verfügung gegeben. Er wollte mal schauen, was seine Mädels mit soviel Geld im neuen Westen anfangen würden. Ich traute meinen Augen kaum, als ich die bunte Neonwelt sah, in der sich die Regale weit über unsere Köpfe erstreckten. Es gab jeden Artikel in zigfacher Ausführung. An den Seiten der Etagen führte eine Rolltreppe in ein weiteres Stockwerk. Meine Schwestern und ich beschlossen, erst ein-

mal zusammen zu bleiben und das nächstgelegene Süßigkeitenregal anzusteuern. Gummibärchen mit und ohne Lakritz, Wein- und Lachgummi, saure Stäbchen. Und natürlich: Goldbären! Kaugummis in allen Formen, Farben und Geschmackrichtungen. Am liebsten hätte ich alles auf einmal gekauft und probiert. Ich konnte mich nicht entscheiden, denn ich wollte doch auch nicht alles Geld auf einmal ausgeben. Da es meinen Schwestern ebenso ging, machten wir einen Plan: Jede kaufte von jedem Artikel drei Tüten unterschiedlicher Sorte. Die Kunst lag in der richtigen Absprache: Zuhause könnte dann jede von uns drei mal vier Gummibärchensorten, drei mal vier Schokoladensorten und drei mal vier Kaugummisorten probieren. Bis wir diese Entscheidung getroffen hatten, war bestimmt eine Stunde vergangen. Ich wollte mir aber auch noch etwas ganz Besonderes kaufen. Etwas Eigenes. Ich ging in die Spielzeugabteilung und hörte den Familienpfiff meines Vaters, der sich von Zeit zu Zeit um den Verbleib seiner Mädchen sorgte, nur noch von Ferne. Puzzles hatte ich relativ schnell verworfen, nach einer halben Stunde stand kurz „Malen nach Zahlen“ ganz oben auf der Liste. Oder doch Scotland Yard? Dann entschied ich mich für einen Zauberkasten, der 20 DM kostete. Vorne drauf war ein wunderschönes Bild, drinnen ein Zauberhut, eine Anleitung für die Tricks und ein echter Zauberstab! Das sollte mein neues Hobby werden: Zauberin sein. Es dauerte eine Weile, bis sich unsere Familie wieder gefunden hatte. Die Kassen brachten wir geduldig hinter uns: Die langen Schlangen war man ja schon vom Bananen kaufen gewöhnt. Ich war sehr zufrieden mit meinem Einkauf. Zauberin bin ich heute nicht mehr, aber die restlichen 50 DM habe ich angespart. Für härtere Zeiten.

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Am Samstag gingen wir nicht in die Schule Unser erster Schultag begann mit einem Fahnenappell auf dem Schulhof. Ich fand das langweilig, dachte aber nicht weiter darüber nach. Ich war kein Pionier und manchmal machte ich mich über den Pioniergruß lustig: „Seid bereit!“ – „Immer bereit!“ Wie blöde Hähne sahen sie aus, wenn sie ihre Hände an den Kopf hielten. Bereit wofür? Die Hetzereien gegen Westfernsehen, Westprodukte und Werbung aus dem Kapitalistischen Ausland nahmen in diesen Wochen zu. Das gipfelte darin, dass uns irgendwann in diesem September verboten wurde, Westsachen mit in die Schule zu bringen. Bisher war uns nur nicht erlaubt gewesen, bunt bedruckte Plastetüten aus dem Westen zur Zeugnisausgabe mitzubringen. Unsere Beutel hatten gefälligst einfarbig und unauffällig zu sein – und wir möglichst auch. Das Verbot hatte keine Konsequenzen. Ich kann mich beim besten Willen nicht daran erinnern, dass jemand von uns sein Verhalten änderte. Das war unsere Art von Revolution. Am 10. November – es war ein Freitag – wurde in der Schule diskutiert. Über die DDR und mögliche Zweifel, die an ihr bestanden. Da wir keinen Fernseher besaßen, hatte ich die Sätze von Günter Schabowski, nach denen jeder DDR-Bürger ausreisen durfte, verpasst. So richtig begriff ich alles erst, als ich am Freitag Mittag von der Schule nach Hause kam und mein Vater mir verkündete, dass wir nach Lübeck fahren würden. Auf der Strecke, kurz vor der Grenze wo wir unser Visum bekommen sollten, erlebten wir den ersten Stau. Wir mussten Ewigkeiten warten. Mein Vater, der vorher schon nach Westdeutschland gereist war, erklärte uns, dass wir Vieles sehen, uns aber nichts würden kaufen können. Hinter dem Grenzübergang fuhren wir direkt in ein Lübecker Wohngebiet. Fremde Leute standen da an der Straße und begrüßten uns überschwänglich, reichten Sekt ins Auto, klatschten, freuten sich. Meine Mutter weinte.

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Ich staunte vor allem über das viele Licht. Das war anders als bei uns. Noch in dieser Nacht fuhren wir wieder zurück nach Hause. Irgendwann hatte ich mal meinen Vater gefragt, warum nicht auch wir gingen. Ausreisten aus der DDR, wo alles so verlogen war und wir nicht in Freiheit leben konnten. Er legte großen Wert darauf, dass wir nur dann etwas verändern könnten, wenn wir in diesem Land blieben. Am Samstag gingen wir nicht in die Schule. Wir durften ausschlafen. An den folgenden Samstagen war nie die ganze Klasse anwesend. Jeder machte, was er wollte, schwänzte auf Geheiß der Eltern hin die Schule, entdeckte den Westen. Es war Mitte Dezember, als unser Direktor entschied, dass ab sofort kein Schulunterricht am Samstag stattfinden würde. Im Herbst 1989 war ich 11 Jahre alt. Die Ereignisse existieren nur als Erinnerungsfetzen in meinem Kopf. In meiner Erinnerung hatte ich eine glückliche Kindheit in der DDR.


Mit dem Opel in den Osten Wir überquerten den Grenzübergang im Dunkeln, wenige Tage vor dem 40. Staatsfeiertag der DDR. Meine Eltern besuchten eine langjährige Brieffreundin im Osten und nahmen mich mit, weil ich nicht auf eine Ferienfreizeit in Nordrhein-Westfalen wollte. Die hohen Flutlichtmasten erhellten den Übergang. Jemand leuchtete durch unseren Opel Rekord. Als wir in dem kleinen Ort Auerbach im Vogtland ankamen, war es mitten in der Nacht. Vor dem Haus stand ein Auto. Später fragte uns die Gastgeberin, ob uns das Auto schon länger gefolgt sei. Es wäre bekannt, dass sie westdeutsche Freunde hätte. Und es wäre bekannt, dass wir kämen. Wir hatten nicht auf den Wagen geachtet und übergaben unseren Südfrüchtekorb.

Als ich auf Toilette ging, bekam ich eine kurze Erklärung, wie ich mit der Gießkanne die Spülung tätigen könnte. Und in der Nacht legten wir noch ein Brikett in den Kohleofen. Ich weiß nicht, ob ich unser beiges 80er-Jahre-Badezimmer und mein Ikea-Bett vermisste. Am nächsten Tag spazierten wir durch den Ort. Im Schaufenster hingen eine helle Jeans und weiße No-Name-Turnschuhe. Wir kauften Musiknoten, weil die billig seien und kamen an einem Obstgeschäft vorbei. Eine lange Menschenreihe stand davor. Unsere Gastgeberin fragte, was es gäbe. Trauben, sagte die Leute. Sonst war nichts in der Auslage zu sehen. Wir aßen in einem Restaurant Geschnetzeltes, und ich trank etwas braun-süßes, das ich bekam, als ich Cola bestellt hatte. Ich hatte im Unterricht alle Staaten von Amerika auswendig gelernt und wusste die Bodenschätze der UdSSR. Aber ich kannte keine einzige Stadt in der DDR. Am Sonntag gab es die besten selbstgemachten Knödel meines Lebens. Dazu tranken wir Saft aus Pfandflaschen. Nicht aus ALDITetrapak. Als wir auf dem Rückweg über die Grenze fuhren, wurden wir angehalten. Wir mussten den Kofferraum öffnen, das Gepäck herausholen und auch die Rückbank ausbauen. Unsere Pässe wurden ganz genau geprüft. Einen Monat später fiel die Mauer. Zehn Jahre später fuhr ich noch einmal über die alte Grenze. Das Wärterhaus war jetzt ein Bordell, die Kontrollspur eine Tankstelle und das Bürogebäude ein Restaurant mit Aussichtsplattform.

Der teuerste Trabi, der je verkauft wurde, erzielte bei einer Auktion 45.200 EUR. Das Geld ging an die Initiative „Ein Herz für Kinder“.

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Wunder der Wende Wer eine Kerze h채lt und ihre Flamme mit der Hand gegen den Wind abschirmt, kann nicht gleichzeitig Kn체ppel oder Steine mit sich tragen.1 Bei den Montagsgebeten in Leipzig wurde die brennende Kerze zum Symbol einer Macht, die sich selbst schutzlos ausliefert. Und dennoch einen Staat aus den Angeln heben kann.

Christian F체hrer in einem Interview mit der Deutschen Welle (6. Januar 2009) 1

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Text: Sebastian Pranz Foto: Bernd Cramer Illustration: Jeanette Corneille Der 9. Oktober 1989 ist ein Wende-Tag der friedlichen Revolution. Am Wochenende vor diesem Montag feiert die DDR das Jubiläum ihres 40-Jährigen Bestehens und versucht, der Weltöffentlichkeit Stärke und Innovation zu präsentieren. Die Inszenierung hat ihre Schwächen: Michail Gorbatschow, der an diesem Wochenende Berlin besucht, zeigt sich später befremdet, dass Honecker ihn in einem zweistündigen Gespräch beharrlich von den Errungenschaften der DDR zu überzeugen versucht, obwohl beide Gesprächspartner wissen, dass der Staat bereits kurz vor der Zahlungsunfähigkeit steht. Und sie hat Nebenschauplätze, die der zugeschalteten Öffentlichkeit dennoch nicht verborgen bleiben: In Berlin formiert sich nach dem programmgemäßen Beginn der Feierlichkeiten ein Demonstrationszug, dem sich bald Tausende Menschen anschließen, in Leipzig kommt es zu schweren Zusammenstößen zwischen 4000 Demonstranten und den Sicherheitskräften. Für den Montag will das Politbüro vorbereitet sein. Erich Honecker teilt der SED-Spitze mit, dass man weitere Krawalle unterbinden solle, was Stasi-Chef Mielke in eine „volle Dienstbereitschaft“ übersetzt, bei der jeder Stasi-Mitarbeiter seine Dienstwaffe bis auf weiteres ständig mit sich zu führen habe. Am Hauptbahnhof in Leipzig sind Panzer positioniert, in den Sakristeien einiger Kirchen werden Notlazarette eingerichtet. Zum Montagsgebet in der Nikolaikirche und dem anschließenden Zug über den Innenstadtring kommen trotzdem 70.000 Menschen. Es ist die bis dahin größte Demonstration in der Geschichte der DDR seit dem 17. Juni 1953. Die Sicherheitsbehörden rücken von ihrem Plan einer – notfalls gewaltsamen – Zerschlagung der Demonstration ab. Warum, darüber streiten Historiker bis heute. Horst Sindermann, damals Mitglied des Politbüros, sagt es später so: „Wir waren auf alles vorbereitet. Nur nicht auf Kerzen und Gebete.“ Die Ereignisse bleiben friedlich und die Revolution ist nicht mehr zu stoppen. Es liegt nahe, bei diesen Ereignissen das Wort ‚Wunder‘ in den Mund zu nehmen. Zunächst vielleicht deshalb, weil sich ihre Komplexität einfachen Erklärungen entzieht. Die Dynamik der Entwicklung etwa: Innerhalb von zwei Monaten wachsen die Zahlen der Teilnehmer an den Montagsdemonstrationen von etwa 1.000 auf über 500.000. Um diese Dynamik richtig zu interpretieren muss man bedenken, dass den Beteiligten keine oder nur wenige Medien zur Verfügung standen, über die sie sich hätten organisieren können. Zudem gab es keine zentral organisierte Planung für den Ablauf der Demonstration. Die Teilnehmerzahlen sind also die Summe tausender Einzelentscheidungen, die in dieser Form wohl von keiner Seite – weder von der SED, noch von der Kirche und erst recht nicht von den Teilnehmenden selbst – vorhergesehen werden konnten. Außerdem darf nicht vergessen werden, dass die Anwesenden mit hohen Sanktionen rechnen mussten, von willkürlichen ‚Zuführungen‘ bis hin zum Einsatz von Waffengewalt. Die Angst, die jeder einzelne Teilnehmer bei seiner Entscheidung am Nachmittag gehabt haben muss, die Angst der Zuhause gebliebenen Familien – sie konnte sich noch nicht in der Euphorie der Masse zerstreuen. Dennoch wuchsen die Zahlen der Teilnehmer mit dem Druck, den der Staat versuchte, auf die Demonstranten auszuüben.

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Vom „Wunder von Leipzig“ zu sprechen, heißt aber auch, die Geschehnisse in jenem Raum zu begreifen, in dem sie wohl ihre besondere Gestalt einer friedlichen Auseinandersetzung annahmen: im Raum der Kirche. Die Kirche war im Oktober 1989 gleichzeitig der Kristallisationspunkt des zivilen Ungehorsams wie auch der Ort, an dem man sich Mut zusprechen ließ und das Undenkbare zu hoffen begann. Von hier aus strömten die Menschen auf die öffentlichen Plätze und trugen die Hoffnung als ein Meer von brennenden Kerzen vor sich her. Man kann die Bedeutung der Kirche für die friedliche Revolution wohl kaum überschätzen. Trotzdem wäre es falsch, sie nur in der Singularität der Ereignisse zu ermessen. Man muss den Beitrag der Kirche im Zusammenhang mit ihrer gesellschaftlichen Rolle innerhalb der DDR sehen, die sie bereits lange vorher begonnen hatte zu erkämpfen. Seit den 60er Jahren nahm sie eine eigene Entwicklung, die zunehmend unabhängig von der Evangelischen Kirche Deutschlands (EKD) verlief. Als ‚Kirche im Sozialismus‘ akzeptierte sie den sozialistischen Staat als ihr Wirkungsfeld und musste dabei einen mitunter schwierigen Kurs fahren: Sie musste ständige Gesprächs- und Kompromissbereitschaft mit der SED zeigen, die die gesellschaftlichen Einflussmöglichkeiten der Kirche regulierte. Und sie musste den Anschluss an eine säkulare Gesellschaft wahren, ohne ihr eigenes Profil zu verlieren. In diesem Spannungsfeld entwickelte die Kirche ihre besondere Fähigkeit, Freiräume zu schaffen, die nach Außen zwar gesellschaftlich verankert waren, nach Innen aber Entfaltungsmöglichkeiten boten, die in der Gesellschaft so nicht vorkamen. Sie schuf Biotope der Meinungsvielfalt und der kritischen Auseinandersetzung und besaß damit eine große Anziehungskraft für Andersdenkende. Wie selbstbewusst sie diesen Raum nach und nach ausfüllte, zeigt Heino Falckes viel beachteter Vortrag ‚Christus befreit‘ – darum Kirche für andere“ auf der Synode der evangelischen Kirchen in der DDR im Jahre 1972: „Weder von Sozialisten noch von Antikommunisten können wir es uns nehmen lassen, unsere Gesellschaft im Licht der Christusverheißung zu verstehen (…) Christus befreit aus der lähmenden Alternative zwischen prinzipieller Antistellung und unkritischem Sich-vereinnahmen-lassen …“ Im Jahr 1989 wirft die Kirche ihr ganzes Verhandlungsgeschick in die Waagschale der Geschichte. Und sie beharrt mit sanfter Unnachgiebigkeit auf ihr Recht, Räume zum Beten und Orte der Hoffnung zu schaffen. Als etwa im Juli 1989 einige Jugendliche vor der Dresdner Kreuzkirche ein Klagetrommeln für die Opfer des Massakers in Peking veranstalten und die Sicherheitskräfte viele Demonstranten abführen, setzt sich die Kirchenleitung in Dresden für die Freilassung der Jugendlichen ein. Sie besteht vehement darauf, dass es sich um eine innerkirchliche Veranstaltung im Rahmen des Kirchentages gehandelt habe und nicht um eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung. Die Friedensgebete in Leipzig und anderswo sind also in vielerlei Hinsicht das Epizentrum einer Macht, die von den Staatsmachern wohl bis zuletzt unterschätzt wurde, vielleicht weil sie sich mit den Denkmaßstäben der diktatorischen Machtausübung nicht begreifen lässt. Es ist die Hoffnung, die größer ist als die Angst. Und es ist das Gebet, das sich über die Macht des Faktischen hinwegsetzt. Die Kirche hat über die Jahre einen Raum geschaffen – mitten in der Gesellschaft – in dem das Wunder einer friedlichen Revolution passieren konnte. Wir danken Pfarrer Christian Führer ganz herzlich für das Manuskript seiner Predigt vom Montag, dem 30. Oktober 1989.



Wir danken Pfarrer Christian F端hrer ganz herzlich f端r das Manuskript seiner Predigt vom Montag, dem 30. Oktober 1989.


Christian Führer, Jahrgang 1943, war bis 2008 Pfarrer der Nikolaikirche in Leipzig. Bei den Ereignissen im Herbst 1989 spielte er als Veranstalter und Mitbegründer der Friedensgebete, die den entscheidenden Impuls für die friedliche Revolution gaben, eine wichtige Rolle. Nach der Wende setzte sich Führer u.a. für Erwerbslose in Leipzig und Sachsen ein und organisierte Mahnwachen gegen den Irak-Krieg.

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MONTAG MIT IGEL Fritzi ist neun und darf leider nicht mit auf die Demo: für Kinder ist es zu gefährlich bei den Leipziger Montagsdemonstrationen, finden die Erwachsenen. Aber Fritzi ist hartnäckig. Eine Geschichte für Kinder und Erwachsene Auszug aus: Fritzi war dabei – eine Wendewundergeschichte Text: Hanna Schott Illustration: Gerda Raidt

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Frau Leisegang betritt den Klassenraum. Wir stehen auf. „Guten Morgen! Seid bereit!“ „Immer bereit!“ Wir setzen uns und schlagen die Heimatkundebücher auf. „Das Erzgebirge“ steht über dem neuen Kapitel. „Ist ja super spannend“, sagt Anne und tut so, als müsste sie ganz furchtbar gähnen. Frau Leisegang schaut zu uns herüber. Wir müssen aufpassen, dass wir nicht zu viel quasseln, sonst setzt sie uns auseinander. Aber sie sagt nur: „Könnt ihr zwei Marktweiber mal rüberrutschen? Neben dir, Fritzi, ist ja jetzt Platz. Dann sitzt ihr nicht so eng und haltet vielleicht mal den Mund.“ Wir sind keine Marktweiber. Und ich will nicht auf Sophies Platz rutschen. Das ist immer noch ihr Platz. „Habt ihr gehört? Ein bisschen flotter, bitte! Lasst nicht die ganze Klasse warten.“ Ich stelle meinen Ranzen rüber und rutsche auf den freien Stuhl neben meinem. Wir sagen keinen Ton. Frau Leisegang zu widersprechen hat eh keinen Zweck. Mit finsterer Miene schaue ich nach vorn. Es fühlt sich ganz falsch an, auf Sophies Platz zu sitzen. So als würde sie nicht mehr zu uns gehören, als hätten wir sie schon vergessen. In der dritten Stunde kommt Herr Böttcher rein. Er ist Klassenlehrer in unserer Parallelklasse. „Wie ihr wisst, machen unsere beiden Klassen in der Woche vor den Herbstferien eine gemeinsame Fahrt ins Erzgebirge. Wir werden in einer Jugendherberge wohnen. Von dort aus kann man prima wandern. Und an einem Tag wollen wir sogar einen Ausflug nach Dresden machen. Weiß jemand von euch jetzt schon, dass er nicht dabei sein kann? Ich muss morgen die genaue Zahl der Schüler durchgeben.“ Keiner meldet sich. Woher soll man auch jetzt schon wissen, ob man in einem Monat erkältet ist oder sich einen Arm gebrochen hat? Aber dann hebt Bela den Finger. „Ich glaube, dann sind wir nicht mehr da“, sagt er ziemlich leise. „Was heißt: du glaubst?“, fragt Herr Böttcher mit seiner kräftigen Stimme. Aber Frau Leisegang unterbricht ihn: „Ich weiß Bescheid. Schreiben Sie einfach: alle.“ „Es werden also alle mitfahren“, sagt Herr Böttcher und faltet das Blatt, das er mitgebracht hat. Dann verlässt er das Klassenzimmer, und der Unterricht geht weiter. Auf dem Heimweg habe ich immer noch schlechte Laune. Vielleicht bin ich auch traurig. Oder so was dazwischen. Ich hätte Bela gern in der Pause gefragt, was los ist. Aber ich kann ja schlecht zu ihm gehen und sagen: „Sag mal, haut ihr etwa auch ab?“ Außerdem steht er immer bei den Jungs und ich bei den Mädchen. Bela wohnt gar nicht weit von uns zu Hause. Oft sitzen wir in derselben Straßenbahn. Aber gerade heute sehe ich ihn nicht. Sonst könnte ich ihn jetzt fragen. Ich weiß was: Ich steige einfach eine Haltestelle früher aus und gehe an seinem Haus vorbei. Könnte ja sein, dass er gerade in der Nähe ist. Aber vor Belas Haus steht nur das Auto der Familie. Das kenne ich. An der Antenne hängt eine weiße Schleife. Komisch.

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Zu Hause sitzen Mutti und Hanno am Tisch und haben schon mit dem Essen begonnen. „Was ist los? Seid ihr am Verhungern?“ „Nein, tut uns leid, setz dich. Wir konnten nicht auf dich warten“, sagt Mutti. „Um fünf beginnt in der Nikolaikirche das Friedensgebet. Hanno will mitkommen. Du auch?“ Ich hab keine Ahnung, was ein Friedensgebet ist. Hört sich nicht gerade spannend an. Aber allein zu Hause rumsitzen will ich auch nicht. „Ich komm mit“, sage ich, und eine halbe Stunde später sind wir in der Kirche. Ich war noch nie hier drin. Nur von außen habe ich die Nikolaikirche gesehen. Ich weiß gar nicht, ob ich überhaupt schon mal in einer Kirche war. Auf jeden Fall hab ich immer gedacht, in die Kirche gehen nur ganz wenige Leute. Und nur alte Leute. Aber diese Kirche ist rappelvoll. Wir suchen lange nach einem Platz für uns drei und sitzen dann ganz eng nebeneinander in den weißen Bänken. Fast alle Leute sind erwachsen, aber alt sind sie nicht. Und außer Hanno und mir gibt es noch ein paar andere Kinder. Ein Mann steht auf und geht ans Mikro. Er hat eine Jeansjacke an und eine Frisur wie ein Igel. „Wir sind hier, weil sich in unserem Land etwas ändern muss“, sagt er. „Seit sieben Jahren treffen wir uns jeden Montag. Erst waren wir nur ein paar Leute, jetzt ist die Kirche voll. Manche sind hier, weil sie dieses Land verlassen wollen und keiner mehr zu ihnen hält. Aber die meisten von uns wollen hier bleiben und für die Veränderung unseres Landes beten.“ Ob Bela auch hier ist? Und ob Sophie früher mit ihren Eltern hier war? Und warum ist Mutti mit uns hierhin gegangen? Will sie wirklich weg? Beten tut sie jedenfalls sonst nie. In meinem Kopf fahren die Fragen Karussell, und ich kann dem Igel gar nicht mehr zuhören. 30 ZEITENWENDEN


Ich schaue an den riesigen weißen Säulen hoch. Sehr seltsam sehen sie aus, so als wären sie oben keine Säulen mehr, sondern Palmen, die in den Himmel wachsen. Wer hat die da ganz oben wohl grün angemalt? Und wie kriegt der Hausmeister die Spinnweben weg? Wahrscheinlich gar nicht. Hanno stößt mich in die Seite. Alle stehen, nur ich sitze noch. Die Leute singen ein Lied, das ich nicht kenne. Viele Leute holen Kerzen aus ihren Taschen. Mutti hat auch welche dabei, für jeden eine. Ein Mann aus der Reihe vor uns hält seine brennende Kerze an unsere Kerzen und gibt uns Licht. Es ist ein bisschen wie Weihnachten, nur mit viel mehr Leuten. „Geht im Frieden des Herrn!“, sagt der Igel. „Keine Gewalt! Daran wollen wir uns halten, egal, was uns draußen begegnet.“ Alle Leute schieben sich aus den Bänken. Mama sieht aus, als würde sie sich Sorgen machen. Vielleicht hat sie Angst, dass wir in dem Gedränge die Jacken der Leute vor uns ankokeln? Ich passe gut auf. Nur ein paar Wachstropfen landen auf meinen Schuhen. Aber dann kriege ich einen Riesenschreck und lasse fast meine Kerze fallen. Kaum sind wir vor der Tür, da zucken Blitze. Kurz ist es ganz hell, dann wieder dunkel. Männer mit riesigen Fotoapparaten stehen direkt vor uns. Neben mir halten zwei junge Männer ein großes weißes Tuch hoch. Es steht was drauf, aber das kann ich so schnell nicht lesen. Zwei ältere Männer reißen das Tuch runter und nehmen die jungen in den Schwitzkasten. „Schweine!“, stöhnt einer. Ich weiß nicht, ob der junge oder der alte. „Kommt weg hier!“ Mutti reißt mich am Ärmel. Hanno hat sie unter ihren Mantel genommen, seine Kerze ist aus. Mutti schiebt mich vor sich her zwischen den Kameras und den Ringkämpfern durch, und ich trete auf zwei große Füße. Dann stehen wir endlich auf dem Platz neben der Kirche, aber hier ist das Gedränge fast genauso schlimm. So viele Leute können gar nicht in der Kirche gewesen sein. Aber auch hier haben fast alle Kerzen in der Hand. „Wir dürfen uns jetzt bloß nicht verlieren“, sagt Mama. „Bleibt an meiner Hand! Wir schieben uns durch bis zur Haltestelle am Ring.“ Es ist fast acht, als wir endlich die Treppe hochstiefeln. Mutti hat einen knallroten Kopf. Hanno heult, weil er Hunger hat und müde ist. Und ich hab ein ganz komisches Zittern in den Knien. Papa hat uns gehört und steht schon in der Tür. „Bist du wahnsinnig?“, sagt er und schaut Mutti an, als hätte er sie noch nie gesehen. „Weißt du eigentlich, wie gefährlich das ist?“ „Es tut mir leid. Es war ein Fehler. Ich werde die Kinder nicht mehr mitnehmen.“ Mutti lehnt sich an den Türrahmen. „Aber ich selbst gehe jetzt jeden Montag hin. Das muss ich einfach.“ Hanna Schott war zunächst Buchhändlerin und studierte dann Musikwissenschaft, Romanistik und Theologie. Heute ist sie Redakteurin der Zeitschrift „Psychotherapie und Seelsorge“. Der Text ist ein Auszug aus ihrem Buch „Fritzi war dabei – eine Wendewundergeschichte“, Klett-Kinderbuch-Verlag, Leipzig, 2009. Wir danken dem Verlag für die freundliche Genehmigung zum Abdruck.


Wir wollten zusammen gehören. Dadurch ist viel verhindert worden. Jana Hensel hat mit Zonenkinder eines der einflussreichsten Bücher zur Wende geschrieben. Im Gespräch erzählt sie uns, wie es um das gegenseitige Kennenlernen von Ost und West heute steht und warum sie keine Bilder von der Mauer mehr sehen möchte. Interview: Sebastian Pranz Illustration: Jeanette Corneille


Ihre Arbeiten drehen sich ja immer wieder um Wendepunkte: In Zonenkinder beschreiben Sie das Ende Ihrer Kindheit; Neue deutsche Mädchen handelt u.a. vom Frau-Werden und vom Eintritt in das Berufsleben. Sie sind eine aufmerksame Beobachterin gesellschaftlicher und persönlicher Wenden. Was fasziniert Sie daran? Ich denke, Wenden oder Brüche ereignen sich eigentlich fast zwangsläufig. Was mich beim Schreiben interessiert, ist der Punkt in diesem Prozess, an dem die Wirklichkeit, über die wir uns alltäglich verständigen, nicht mehr mit der Wirklichkeit übereinstimmt, in der wir leben. Zonenkinder ist entstanden, weil ich das extreme Bedürfnis hatte, über dieses Thema, das in der Öffentlichkeit eigentlich nicht vorkam, zu schreiben. Und auch mein jetziges Buch ist der Versuch, das herkömmliche Sprechen über den Osten, das ziemlich eingefahren und völlig von medialen Klischees überlagert ist, in Frage zu stellen und eine Wirklichkeit hinter der angenommenen zu suchen. In Ihren Texten findet sich immer beides: eine sehr persönliche Perspektive, die auch intime Erlebnisse einschließt, und eine gesellschaftliche Beobachtungshaltung. Nicht zuletzt sind Ihre Bücher ja z.T. auch als ‚Sachbuch‘ deklariert. Wie passt das zusammen? Ich tue mich ein wenig schwer mit der Deklarierung meiner Bücher als ‘Sachbuch, weil ich immer in einer Zwischenform arbeite: Meine Texte haben einen thesenhaften Anspruch, sie wollen Wirklichkeit oder Gesellschaft erklären, aber sie wollen eben auch erzählen. Bei ‚Neue deutsche Mädchen‘ haben wir uns damals beispielsweise dem Vorwurf ausgesetzt, dass wir uns zu wichtig nehmen, weil wir mit unserer privaten Biographie an die Öffentlichkeit treten. Dabei nehmen meine Texte das ‚Ich‘ gar nicht wichtig, weil ich nicht glaube, dass meine Erfahrungen singulär sind. Viele Dinge, die ich erlebe, erleben viele andere auch. Und mich interessiert nicht die Ausnahmesituation, nicht der Sonderfall, sondern das vermeintlich Alltägliche und das auf den ersten Blick Banale. Was würden Sie aus heutiger Sicht über das Ende der DDR sagen: war es eine Zeit des Neubeginns oder eher ein kollektiver Kulturschock, der viele verunsichert und gelähmt hat? Zuerst muss man sagen, dass 1989 für Ostdeutschland ein Anfang war, ein Neubeginn.

Und für viele, gerade in der älteren Generation, kam dieser Neubeginn einem schockhaften Zurückversetzen in ein kindliches Stadium gleich. Meine Elterngeneration ist parallel mit uns noch mal erwachsen geworden. Im Gegensatz dazu stellt dieses Datum für Westdeutschland eher das Ende einer Entwicklung dar, nämlich das Ende von Nachkriegsdeutschland. Wenn man Reden von Willy Brandt oder Helmut Kohl aus dieser Zeit liest, dann sieht man, wie hier für die Westdeutschen eine geschichtliche Epoche zu Ende geht, während für den Osten alles aufbricht. Das sind zwei ganz unterschiedliche Perspektiven auf ein und dasselbe geschichtliche Ereignis. Als Beispiel könnte man den Brandtschen Satz nehmen: ‚Nun wächst zusammen, was zusammengehört‘. Für den Westdeutschen ist endlich alles wieder an seinem Platz, während aus ostdeutscher Sicht gerade alles in Bewegung gerät. Mit diesem Satz beginnt mein neues Buch und interessanterweise hat Willy Brandt diesen Satz ja nie gesagt – er ist ihm vom Zeitgeist nachträglich in den Mund gelegt worden. Und Brandt hat sich dieser Lüge irgendwann angeschlossen und selbst behauptet, dieser Satz stamme von ihm. Umso mehr müssen wir ihn natürlich als Ausdruck eines ‚Wollens‘ verstehen und wahrscheinlich ist er nicht zuletzt deshalb zum großen Motto der Deutschen Einheit geworden. Dennoch ist dieser Gedanke als Motto im Ansatz völlig falsch, finde ich.

zwischen Hingezogen sein und sich Fremd fühlen. Die Koordinaten dieses Konfliktes haben sich geändert: Wie steht es inzwischen um die ostdeutsche Identitätsfindung? Zonenkinder war der Blick auf eine sehr spezielle Generation. Und vielleicht ist dieses Buch ja auch deshalb so stark rezipiert worden, weil es die positiven Aufbruchsgeschichten einer Generation erzählt, die man sonst so selten hört. Für die Ostdeutschen als Ganzes ist der Prozess der Deutschen Einheit ein sehr grundlegender Anpassungsprozess mit vielen Konsequenzen: Selbstverleugnung, vorauseilendem Gehorsam etc. Am auffälligsten ist es, dass man sich in Ostdeutschland mit einem prinzipiell fremden Blick selbst gesehen hat und wahrscheinlich noch immer sieht. Die Ostdeutschen haben eigentlich keine Worte und keine Sprache für ihre momentane Situation, für das, was sie in den letzten 20 Jahren erlebt haben. Stattdessen flüchten sie sich in von außen gegebene Bilder und kommen schließlich in ihren eigenen Beschreibungen selbst nicht vor. Haben Sie den Eindruck, dass sich diese Klischees und Fremdbilder geändert haben? Nein, das ist das Schockierende. Wenn man sich die Klischees anschaut, die der Westen über den Osten bildet und umgekehrt, dann muss man sagen, dass diese Bilder vom ersten Tag nach dem Mauerfall an da waren: Der Westdeutsche kommt rüber, um sich Grundstücke zu ‚koofen‘ und einen auf dicke Hose zu machen, und der Ostdeutsche ist ein bisschen tapsig, ein bisschen hinterher.

Warum? Weil Brandt einer Generation angehört, Was könnte man dem denn entgegensetzen? die sich tatsächlich an eine Zeit der ZusamDas Problem liegt meiner Meinung darin, mengehörigkeit erinnerte. Aber dennoch dass der Osten immer noch als Gesellschaft ist es nicht diese Politikergeneration gewesen, dargestellt wird, die die Umbrüche der die die Einheit gestaltet hat: Brandt selbst letzten zwei Jahrzehnte ausschließlich passiv ist drei Jahre nach dem Mauerfall gestorben. hingenommen hat – als eine demokratisch Unsere Generation hat diesem Motto defizitäre Gesellschaft. Dabei sollten wir lange nach gehangen, weil ein selbstbewussuns erst einmal fragen: was sind denn die tes Behaupten von Anderssein keinen Platz realen Erfahrungen der Ostdeutschen mit hatte: wir wollten zusammen gehören. Demokratie? Die erste kollektive Erfahrung Dadurch ist viel verhindert worden. Ich ist sicherlich die freie Meinungsbekundung glaube, es wäre viel gesünder gewesen, wenn im Rahmen der Proteste im Jahr 1989. Aber sich Ost und West als Fremde begegnet was ist das Erbe dieser Protestkultur? Denn wären und nicht der Illusion aufgesessen auch danach gab es ja zahlreiche Demonshätten, gleich zu sein. trationen, bspw. gegen die Schließung von Betrieben. Diese Ereignisse kommen aber in Den Identitätsfindungsprozess der Zonenkinder der Erinnerung des Ostens nicht vor – beschreiben Sie ja als einen ständigen Konflikt der Osten erzählt sich selbst, dass man die zwischen Überanpassung und Abgrenzung, Wende passiv erlebt habe.

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Und Sie meinen, das ist eine westdeutsche Perspektive, die vom Osten übernommen wird? Zumindest lässt sich diese Lesart besser in die demokratische Geschichtsarchitektur der Bundesrepublik einfügen. Man kann natürlich auch fragen, wem überhaupt das Recht eingeräumt wird, über die Revolution als solche zu sprechen und an die Protestkultur dieser Zeit anzuschließen. Letztendlich sind das nur die Bürgerrechtler und die wenigen Oppositionellen aus dieser Zeit. Ich möchte deren Leistung nicht in Abrede stellen, aber man darf nicht vergessen, dass es sich hierbei nur um eine äußerst marginale Gruppe handelt. Posthum wird diese Bürgerbewegung aber als die einzig Überlebende rezipiert. Wir haben eine museale Auseinandersetzung mit der DDR, und wir haben die Ostalgie als popkulturelles Phänomen. Würden Sie sagen, dass wir eine neue Erinnerungskultur brauchen? Eigentlich ist die Ostalgie ein weiteres gutes Beispiel dafür, dass der Ostdeutsche seine Kritik an der Gegenwart in den Vokabeln der Vergangenheit formuliert. Mein Versuch mit „Achtung Zone“ ist es , 1989 in die Gegenwart zu ziehen. Dieses Jubiläum sollten wir nicht länger zum Anlass nehmen, zum x-ten Male Bilder von der Mauer zu zeigen

Und wie würden Sie die westdeutsche Perspektive auf den Mauerfall beschreiben? Wir kommen nicht weiter, wenn der Westen die Brucherfahrung immer delegiert und sich selbst als Kontinuum versteht. Warum legt der Westen auf diese Ereignisse einen derart fremden Blick, warum erzählt er sie sich nicht endlich als Teil seiner eigenen Geschichte? Und damit endlich auch als die Geschichte eines Bruches. Jana Hensel wuchs in Leipzig auf und lebt heute als Autorin und Journalistin in Berlin. Ihr Essayband Zonenkinder erschien im Jahr 2002 und stand über ein Jahr auf der deutschen Bestsellerliste. 2008 erschien Neue deutsche Mädchen (mit Elisabeth Raether). Ihr Buch Achtung Zone. Warum wir Ostdeutschen anders bleiben sollten erscheint im Oktober 2009.

„Die Ostalgie ist ein gutes Beispiel dafür, dass der Ostdeutsche seine Kritik an der Gegenwart in den Vokabeln der Vergangenheit formuliert.“ oder die obligatorische Frage zu stellen: Was haben Sie am 9. November 1989 gemacht? Das alles ist inzwischen zu einer ziemlich kanonisierten Erinnerungsindustrie geworden, die nichts mehr abbildet, sondern die Entwicklungen, die der Osten in den letzten Jahren durchlaufen hat, unter sich begräbt. An meine eigenen Bilder von diesem Tag komme ich doch ohnehin nicht mehr heran. Ich kann mich nicht mehr an das erinnern, was ich damals erlebt habe. Ich erinnere mich nur noch an die tausendfach medial aufbereiteten Erinnerungen davon, an all die Fernsehbilder, die wir jedes Jahr aufs neue zu sehen bekommen. Aus Sicht eines Ostdeutschen ist das tragisch – man beruft sich immer wieder auf ein Ereignis, das eigentlich für einen selbst nicht mehr verfügbar ist.

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WENDEPUNKTE Jede Wende hat einen Punkt, an dem die Richtung der Ereignisse umschlägt. Für einen kurzen Moment, im Scheitel der Kurve, eröffnet sich ein Zustand der Schwebe, in dem jeder Zielpunkt möglich ist: Zukunft und Vergangenheit, Ost und West, Aufbrechen und Zurücklassen liegen hier so dicht beieinander wie sonst nicht. In diesem magischen Moment können wir begreifen, dass die Wirklichkeit letztlich nur eine Sicht der Dinge ist. Nur ein Schritt zur Seite und die Welt ist aus den Angeln gehoben.


ZEITREISE Um die Ereignisse im Herbst 1989 in ihren geschichtlichen und politischen Kontext einordnen zu können, musst du kiloweise Fachliteratur lesen. Oder einfach nur diese Doppelseite. Text und Infografik: Hendrik Wünsche Recherche: Patricia Dudeck, Ulrike Flämig, Ulrike Hippe und Hendrik Wünsche

PASTOR BRÜSEWITZ VERBRENNT SICH SELBST aus Protest

Landesweite Streiks und Gründung der

gegen Menschenrechtsverletzung.

SOLIDARNOŚĆ

in Polen

Veröffentlichung

„BERLINER APPELL“ MILLIARDENKREDIT

Nov. 76

der BRD zur Stützung der DDR-Wirtschaft Gründung INITIATIVE FRIEDEN UND MENSCHENRECHTE (IFM)

1980

25.1.82

1983

1985

Gründung

1986

24.1.86

UMWELTBIBLIOTHEK

1987

sowjetischer Zeitschriften in der DDR GRENZÖFFNUNG IN UNGARN

1989

VOLKSAUFSTAND in China wird GEWALTSAM BEENDET.

15.1.89

in Leipzig für Meinungsfreiheit

AUSSCHREITUNGEN am

AUSREISE von 7.000

MAI 89

Bürger kontrollieren Kommunalwahlen und decken WAHLFÄLSCHUNG auf. Ab jetzt wird jeden 7. des Monats auf dem Alex demonstriert.

Die DDR erkennt an, Deutsche Staaten dass es EIN DEUTSCHES erkennen sich VOLK gibt, das lediglich AUSBÜRGERUNG des Künstlers Wolf gegenseitig an. in ZWEI STAATEN lebt. Biermann

AUSLIEFERUNGSSTOPP einiger

1988

DEMONSTRATION von ca. 500 Menschen

13.8.61

1966

Gorbatschow startet Politik von PERESTROIKA (Umbau) und GLASNOST (Offenheit).

2.9.86

DDR-WIRTSCHAFT STEHT VOR RUIN. Interne Forderungen zum Handeln, sonst sei „die DDR im Verlauf des Jahres 1990 nicht mehr zahlungsfähig“

Sicherung der Landgrenze mit „Todestreifen“

1968

21.12.72

18.8.76

MAUERBAU und

„PRAGER FRÜHLING“

Flüchtlingen aus BRD-Botschaften per Zug in die BRD

4.5.89

7.5.89 SOMMER Sep.

TAUSENDE DDR-BÜRGER FLIEHEN in die

BRD-Botschaften von Prag, Warschau und Budapest.

04

10

MONTAGSDEMONSTRATION von 1.200

Menschen nach Friedensgebet

12

Dresdener Hauptbahnhof

Feiern zu 40 Jahren SED-Sprecher Mielke ordnet DDR: POLIZEIGE- Vernichtung der Schabowski WALT bei Gegenverkündet die Stasi-Unterlagen an. demonstrationen MAUERÖFFNUNG. RÜCKTRITT HONECKER

14

28

OKT. 04

GRÜNDUNG Neues Forum (NF)

06

07

RÜCKTRITT POLITBÜRO

09 16

GRÜNDUNG Demokratie jetzt! RESOLUTION des Berliner Schriftstellerverbandes

18

23

9.11.1989

NOV. 03 04 7/8 08

Aufruf des NF hat bereits 5.000 UNTERZEICHNER. ZUKUNFTSWERKSTATT „QUO VADIS DDR?“

verschiedener Oppositionsgruppen in Berlin

120.000

Demonstranten GEMEINSAME in Leipzig ERKLÄRUNG von 23.10.: 300.000 sieben Oppositionellen Gruppen

70.000 DEMONSTRANTEN in Leipzig. Es besteht SCHIESSBEFEHL, bleibt aber wider Erwarten friedlich.

Entscheidender Tag im Widerstand gegen das SED-Regime

500.000

MONTAGSDEMOS IN LEIPZIG

Gründung

Flucht

DDR

Aufruf

Hintergrundinformation

BRD

friedlicher Protest

Demonstration

UdSSR

Zusammenkunft

Aufruhr

Diskussion

Agression des Staates

300.000

120.000 70.000 20.000 1.200 04. 04. 09. 16. 23. 08. Sep. Okt. Nov.

36 WENDEPUNKTE

KUNDGEBUNG MIT 1 MIO. MENSCHEN in

Ost-Berlin

Anerkennung des Neuen Forums. 500.000 DEMONSTRANTEN in Leipzig

22:30 Uhr wird der erste GRENZÜBERGANG GEÖFFNET, bis 24:00 Uhr sind alle offen. Zehntausende strömen nach West-Berlin.


Friedensgebete / Montagsdemos: Die ersten Friedensgebete in den evangelischen Kirchen der DDR gibt es bereits Anfang der 80er-Jahre. Im Jahr 1989 gewinnen diese wöchentlichen Treffen jedoch zunehmende politische Relevanz, die durch die Repression des Staats noch verstärkt wird. Am 4. September 1989 entwickelt sich aus dem Friedensgebet in der Leipziger Nikolaikirche eine spontane und gewaltlose Demonstration – die erste der Montagsdemonstrationen. Die Kirchen sind im Folgenden nicht nur der Kristallisationspunkt der Widerstandsbewegung (siehe Grafik rechts) sondern auch ihr Kommunikationszentrum. So sammelt und dokumentiert bspw. die Gethsemanekirche in Berlin die Daten von Festgenommenen. Ausländische Journalisten, die zum 40. Jahrestag der DDR anreisen, bekommen hier Informationen zum Widerstand gegen das SED-Regime.

AUFSTAND DES 17. JUNI:

Sowjetische Panzer schlagen Arbeiteraufstände nieder.

GRÜNDUNG

1951

1953 1952

1956

Kriegsende

der BRD und der DDR

AUFSTAND IN UNGARN

1949

1946

Konferenz von Jalta: Beschluss zur TEILUNG DEUTSCHLANDS in vier Besatzungszonen

1945

Neues Forum: Oppositionelle gründen das Neue Forum Mitte September 1989. Ihr Ziel ist es, einen öffentlichen Dialog zur Situation in der DDR anzuregen. Der offen formulierte Gründungsaufruf entwickelt sich zu einer landesweiten Bürgerbewegung: Bereits zwei Wochen später haben 5000 unterzeichnet, Ende des Jahres sind es 200.000. Von Dezember 1989 bis März 1990 arbeitet das Neue Forum an Runden Tischen mit. Nach der Wiedervereinigung spaltet sich die Gruppe: ein Teil geht in der FDP auf und ein anderer im BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Andere bleiben als Bürgerbewegung aktiv. Nach den Wahlen im März 1990 verliert das Neue Forum an Bedeutung.

GRÜNDUNG DER SED

Ulbricht verkündet, dass „DER SOZIALISMUS PLANMÄSSIG AUFGEBAUT WERDE.“

Politische und ideologische

ÜBERPRÜFUNG ALLER SEDMITGLIEDER: 150.000 werden

ausgeschlossen.

Gorbatschow erklärt die

WIEDERVEREINIGUNG ALS „INNERDEUTSCHE ANGELEGENHEIT“.

Bürgerbewegung Demokratie jetzt! FÜR

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KOHL UND MODROW TREFFEN SICH

Kohl legt ZEHN-PUNKTE-PLAN zur schrittweisen WIEDERVEREINIGUNG vor.

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Runder Tisch: Die zunehmende Instabilität des politischen Systems der DDR im Herbst 1989 eröffnet neue Chancen für den Dialog mit der SED. Die Bürgerbewegung ‚Demokratie jetzt!’ gründet den ‚Runden Tisch’ in Berlin nach polnischem Vorbild – hier hatten Vertreter der Regierungspartei und der Opposition bereits im Frühjahr Gesprächsrunden gegründet. Die Tagungen von Vertretern der Regierungsseite sowie der neu gegründeten politischen Gruppen werden von kirchlichen Repräsentanten moderiert und stellen eine wichtige Vorarbeit für die Demokratisierung der DDR dar. Umweltbibliothek: Die Geschichte der Friedens- und Umweltbewegung in der DDR reicht bis in die 70er-Jahre zurück. Weil der staatliche Sicherheitsapparat ihren Handlungsspielraum stark einschränkt, suchen diese Gruppen immer wieder Schutz unter dem Dach der Kirche. So entsteht 1986 die erste Umweltbibliothek in der Berliner Zionskirche. Mit Hilfe der kirchlichen Sondergenehmigung werden hier kritische Schriften unter dem Vermerk „nur für kirchlichen Gebrauch“ an der staatlichen Zensur vorbei gedruckt. Bis in den Herbst 1989 ist sie Mittelpunkt des Geschehens der oppositionellen Aktionen. Neben der bekanntesten UB in der Zionskirche gibt es weitere in Leipzig und Großhennersdorf, die auch heute noch bestehen.

WIEDERVEREINIGUNG

Modrow wird MINISTERPRÄSIDENT.

Resolution: Kurz nach dem Aufruf des Neuen Forums zur gesellschaftlichen Situation beziehen auch zahlreiche Musiker der DDR Stellung. Da sie diese nicht auf offiziellem Wege veröffentlichen können, lesen sie die verfasste Resolution kurzerhand vor ihren Konzerten vor. Daraufhin werden viele Künstler mit Geldstrafen und Auftrittverboten belegt. Neben Künstlern und Schriftstellern wenden sich im Herbst 1989 auch Bausoldaten und Angehörige der Nationalen Volksarmee mittels solcher Resolutionen an die Öffentlichkeit.

07

in Dresden zu Verhandlungen.

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18 19 20

GESPRÄCHE

von Kohl und Bildung des WAHL- Genscher mit BÜNDNISSES Gorbatschow Allianz für Deutschland

1990 JAN. 08

WÄHRUNGSUNION.

Alleiniges Zahlungsmittel ist die D-Mark der BRD.

Erstes von fünf Gesprächen zum ZWEI-PLUSVIER-VERTRAG

TAG DER DEUTSCHEN EINHEIT FEB. 01

10 15

MRZ. 12

18.3.90

5. MAI

1. JUNI

DDR-Schriftsteller Stefan Heym kommentiert den Wahlausgang: „ES WIRD

Zweites DDR-weites

KOORDINIERUNGSTREFFEN des NEUEN FORUMS WIRTSCHAFTSKONFERENZ des

Neuen Forums

Demonstranten BESETZEN im ganzen Land

1. TAGUNG DES ZENTRALEN GEBÄUDE DER RUNDEN TISCHES in Berlin STASI und sichern

die Akten.

Appell zur Bewahrung der Eigenständigkeit der DDR durch namhafte Persönlichkeiten

Erste Montagsdemo Die „Regierung LETZTE SITZUNG DES ZENTRALEN 1990. Dominante der nationalen Parole: „WIR SIND EIN Verantwortung“ RUNDEN TISCHES. VOLK“. Immer mehr wird gebildet. Er spricht sich noch einmal gegen den Bürger fordern statt Vereinigte Linke Beitritt der DDR Reformen die und Neues Forum zur Bundesrepublik Wiedervereinigung. warnen Modrowaus. Regierung vor ‚DDR-Ausverkauf‘

3. OKT. 1990

1. FREIE WAHLEN IN DER DDR. Entgegen aller

KEINE DDR MEHR GEBEN. SIE WIRD NICHTS SEIN ALS EINE FUSSNOTE DER WELTGESCHICHTE.“

Vorhersagen gewinnt die „Allianz für Deutschland“ mit 47,8 % der Stimmen. Die Wahlbeteiligung lag bei 93,39 %.

Hendrik Wünsche, geboren 1978 in Riesa, lebt und arbeitet als Gestalter in Köln. Seit 2006 betreibt er mit seiner Frau Petra das Büro designwünsche (www.designwuensche.de) WENDEPUNKTE 37


FLUCHTPUNKTE Menschen, die flüchten, lassen meist alles zurück, was sie ausmacht und beginnen ein neues Leben. Wir haben uns drei Geschichten erzählen lassen. Text: Patricia Dudeck Grafik: Hendrik Wünsche

Karl-Heinz Richter Gescheiterter Fluchtversuch am 30. Januar 1964. Er verhalf damals in sechs Wochen 17 Kameraden zur Flucht mit dem Moskau-Paris-Express. Und in den 70er-Jahren als Fernfahrer 20 weiteren über den Transit. Heute schreibt der 63-Jährige Bücher und arbeitet als freier Referent für politische Bildung und für die Gedenkstätte Berlin Hohenschönhausen.

236.390

261.622

279.189

199.188

204.092

182.393

184.198

143.917

129.245

165.648

197.788

252.870

331.390

„Ich war 17 Jahre alt und an jenem Januartag wollte ich raus. Eingezwängt in unserer Nische, in den Hosentaschen nur unser Personalausweis, warten mein Kamerad und ich nahe dem einzigen geheimen Loch im Grenzzaun am Bahnhof Friedrichstraße. Gleich würde der Moskau-Paris-Expresszug an uns vorbeifahren. Wie geplant. Plötzlich hören wir unter uns schwere Stiefel auf dem Beton, Stimmen. Zwei Grenzsoldaten machen Zigarettenpause, einen Schäferhund dabei. Direkt unter uns. Nur nicht bewegen. Der Zug. Sie gehen – viel zu spät. Viel zu spät springen wir auf den Schotter neben den Gleisen und rennen los. Dicht neben dem D-Zug entlang, um zu springen, uns am Griff hochzuziehen und aufs Trittbrett zu steigen.

AUFSTAND VOM 17. JUNI 1953

Wir sind spät, uns bleibt nur der letzte Wagon, die letzte Tür, das letzte Trittbrett. Mein Kumpel schafft es. Er ist oben und streckt seine Hand aus. Auch ich springe. Mein Knie bekommt nur gerade so Halt. Das Trittbrett ist zu schmal für zwei. Mein Kumpel hält krampfhaft meine Hand. Und ich schrei ihn an: Lass los, lass los ich schaff es nicht. Dann erst lässt er locker. Ich rutsche ab und bleibe auf den Gleisen liegen. Nur kurz durchzuckt mich Angst und die Erschütterung des Scheiterns, dann rast das Gehirn wieder vor Adrenalin, konzentriert. Die 100, 140 Meter hetze ich zurück im freien Schussfeld. Ich kann nicht fassen, dass mich niemand sieht oder hört. Jeden Moment rechne ich mit tödlichen Schüssen. Jeder, der flieht, ist ihr Feind. Im vollen Lauf springe ich durch die Lücke über das Geländer. Die sieben Meter Abgrund dahinter hatte ich in der Aufregung vergessen. Beim Aufprall auf der anderen Seite brechen beide Beine und ein Arm, die angeknacksten Rippen stechen vor Schmerz in der Brust. 500 Meter schleppe ich mich so zurück an die Stelle, wo ich meine Freundin Karin mit dem Brief an meine Eltern zurückgelassen hatte. Tatsächlich steht sie noch da und hievt mich vier Kilometer zurück ins Haus meiner Eltern. Dort klappe ich zusammen. Im Krankenhaus sagen wir, es war ein Treppensturz. Gipsverbände und ich komme wieder heim. Eine Woche später stürmen ein Dutzend Stasimänner die Wohnung und zerren mich raus. Die Fluchtstelle wollen sie aus mir herausprügeln. Erpressen mich mit meiner Freundin. Ich sage nichts, denn an diesem Tag wollten noch zwei Kumpel von dort fliehen. Ein halbes Jahr Untersuchungshaft folgen. Einzelarrest, ohne medizinische Versorgung, Folter, auch mit Dunkelzelle und drei Tagen in der Nasszelle: Knöcheltiefes eiskaltes Wasser und völlige Dunkelheit. Zwar mussten die Ärzte meine Beine danach noch einmal brechen, damit sie wieder gerade zusammenwachsen. Ein gebrochener Mann, wie viele andere Stasihäftlinge, bin ich jedoch nicht.“

BAU DER MAUER UND DES TODESSTREIFENS

38 WENDEPUNKTE

17.280

16.159

20.339

17.064

13.924

1973

1974

1975

1976

1977

19.716

19.876

20.664

20.584

18.590

24.318 1966

20.680

5612 29.549 1965

1972

1971

1970

1969

1968

1966 – 1987 im Durchschnitt ca. 2000 pro Jahr 1967

39.255 4890 1964

47.096 4682

1962

1961

1960

1959

1958

1957

1956

1955

1954

1953

1952

1951

1950

1949

Flucht in den Osten

1963

21.466

19.711

25.429

32.108

33.096

47.046

Flucht in den Westen


Arno Jordan

Nicole Böttler

Er flüchtete 1991 mit Ende 20 in den Osten – aus Aachen nach Dresden. Der 47-Jährige Produzent und Inhaber des Sacred Sounds Tonstudio wohnt heute mit Partnerin Daniela und den Kindern Lena und Levi in der Künstlerkommunität Schloss Röhrsdorf bei Pirna.

Bundesaußenminister Genscher gab am 30. September 1989 sein Okay für die Ausreise von 7000 Flüchtlingen aus der BRD-Botschaft in Prag. „Jetzt oder nie“ dachten Nicole Böttlers Eltern und machten mit ihren drei Kindern einen Tagestrip nach Prag, der sie aus der DDR in den Westen führen sollte. Damals war Nicole neun Jahre alt. Heute lebt sie und ihre Zwillingsschwester Gabi in Karlsruhe – Nicole im Osten der Stadt, Gabi im Westen.

„Mit dem klapprigen VW Camper eines Kumpels fuhren wir los, weg von Aachen, dem tiefsten Westen, dem Sonnenaufgang entgegen. Meine Vergangenheit, Kiffen, Koks, Chemikalien, kaputte Freunde und schräge Punkbands schrumpften im Rückspiegel am Horizont zusammen. Vor uns meine Erinnerung an die Sylvesternacht 91 ein paar Monate zuvor bei meinem ersten Besuch in Dresden. Diese surreale Stimmung, als dieses Mädchen vor dem qualmenden Café in der Alaunstraße saß, das Neonazis kurz vorher mit Molotowcocktails gestürmt hatten. Und trotzdem war dort alles besser: die Beziehungen der Menschen und so gut wie keine Drogen – zunächst jedenfalls. Wenn du dort einen Kumpel besuchen wolltest und er war grad nicht da, gingst du in seine Wohnung – keiner schloss hier ab – und nimmst Dir ein Bier aus seinem Kühlschrank. Wenn nicht, wäre er beleidigt. Wie auf einem anderen Planeten: Keine Werbetafeln, ein einziges Produkt füllt ganze Regale, bloß zwei Sorten Autos und mit den alten Brötchen konntest du jemanden tot werfen. Die Fahrt in den Osten war ein schönes Abenteuer. Das Wohnmobil blieb auf halber Strecke in der Nähe von Kassel liegen. Eine Nacht verbrachten wir in der Werkstatt. Am nächsten Tag kam mein Bruder aus Gießen und bringt uns sein Auto. Einen Teil unserer Klamotten packten wir da hinein, dann ging’s weiter. Das Wohnmobil blieb zunächst zurück. Und als wir in Herleshausen über die Grenze fuhren, war es wie eine Zeitreise – alles war grau, keine Farben.“

172.386 172.386 163.034 163.034 168.296 168.296 166.007 151.973 166.007 151.973 167.789 157.348 167.789 157.348 182.478 151.750 182.478 151.750 151.943 195.530 151.943 195.530 168.167 168.167 191.979 191.979 176.703 176.703 155.387 155.387 146.352 146.352 137.188 137.188 135.979 135.979

204.588 204.588

97.035 97.035 94.677 94.677 88.212 88.212 81.835 81.835

94.414 94.414 95.876 95.876

Umzug Umzug in den in den Westen Westen

92.216 92.216

42.316 42.316 28.439 28.439 29.459 29.459 22.838 22.838 43.314 2508 43.314 2508 5135 5135 36.217 36.217 80.287 80.287

15.544 15.544 13.400 13.400

WIEDERWIEDERVEREINIGUNG VEREINIGUNG

Umzug Umzug in den in den Osten Osten

1978 1978 1979 1979 1980 1980 1981 1981 1982 1982 1983 1983 1984 1984 1985 1985 1986 1986 1987 1987 1988 1988 1989 1989 1990 1990 1991 1991 1992 1992 1993 1993 1994 1994 1995 1995 1996 1996 1997 1997 1998 1998 1999 1999 2000 2000 2001 2001 2002 2002 2003 2003 2004 2004 2005 2005 2006 2006

14.446 14.446 15.408 15.408 15.774 15.774 18.253 18.253

FRANZ FRANZ JOSEF JOSEF STRAUSS STRAUSS VERMITTELT VERMITTELT EINEN EINEN KREDIT KREDIT ÜBER ÜBER 1 MILLIARDE 1 MILLIARDE DM.DM. 1984 1984 DÜRFEN DÜRFEN UNGEWÖHNLICH UNGEWÖHNLICH VIELE VIELE DDR-BÜRGER DDR-BÜRGER AUSREISEN. AUSREISEN.

Patricia Dudeck war fast zehn Jahre alt, als die Mauer fiel. Nach dem Volontariat beim Magazin fluter arbeitet sie heute als freie Journalistin.

111.426 111.426 119.114 119.114 135.786 135.786 143.063 143.063

Wie hat sich die Ausreise aus der DDR über die Jahre gestaltet? Die Grafik zeigt die offiziell verfügbaren Zahlen von Fluchten und Übersiedlungen in den Westen. Gut erkennbar ist der Einbruch der Ausreisebewegung mit dem Mauerbau im Jahr 1961. Ende der 1980er Jahre wächst der Druck auf die Behörden, denen 1987 bereits 112.000 Ausreiseanträge vorliegen, sowie die Bereitschaft der Bevölkerung zum Protest. Im Mai 1989 öffnet Ungarn die Grenze zu Österreich und öffnet so tausenden DDR-Bürgern einen Weg in den Westen.

249.743 249.743

388.396 388.396 395.343 395.343

„Es ist im Spätsommer und es ist ziemlich kalt an diesem Tag. Wir sind total unauffällig, DDR-Touristen, kleines Handgepäck, meine Mutter hat sogar einen Fotoapparat umhängen. Als mein kleiner Bruder Falk das riesige Tor der Botschaft sieht, bekommt er Angst. „Nein, ich geh da nicht rein!“, ruft er. Mein Vater legt ihm die Hand auf den Mund, schnappt ihn sich. Und meine Schwester und mich zerren sie an den Armen mit. Hinter den fünf tschechische Soldaten her, die in diesem Moment auf eine handvoll Jugendliche zustürzen, die in die Botschaft laufen wollen. Geschreie, Tumult – das ist unsere Chance – wir schlüpfen durch die Absperrung. Wie krass. Es hätte auch alles schief gehen können. Wir Kinder wären im Heim gelandet, wenn wir erwischt worden wären und unsere Eltern im Knast. Stattdessen glaubten meine Geschwister und ich damals die ganze Zeit, wir gehen Oma und Opa besuchen. Auf dem Botschaftsgelände warten mit uns Hunderte anderer Menschen, dass es irgendwie weitergeht. Wir waren drin in der Botschaft, doch das bedeutete noch nicht, dass wir nach Westdeutschland kommen. Andere wollen aufs Gelände, wir hören, wenn die Soldaten sie schlagen. Wir harren einige Tage aus, bis wir in den Zug steigen, den ersten von zehn aus Prag. Im Zug nehmen sie uns die Ausweise ab, wir sind plötzlich ohne Staatsbürgerschaft. Die Bahn muss einen Umweg über das tschechische Karlsbad fahren, weil sich auf der anderen Strecke Leute auf die Gleise gelegt haben, damit der Zug hält und sie mitnimmt. Hof ist unsere erste Weststation für ein paar Stunden. Ich bekomme Gänsehaut, wenn ich an all die Menschen denke, die am Bahnsteig stehen und Bananen, Orangen und Haribo durch die Zugfenster reichen. Eben alles, was es im Osten nicht gegeben hat. Wir Kinder finden das großartig. Es geht weiter nach Bruchsal in ein Flüchtlingsauffanglager. Aus der Kleidersammlung bekomme ich meine ersten Adidas Schuhe, blau und knöchelhoch. Die habe ich getragen, bis sie auseinander gefallen sind.“

Quellen: Chronik der Mauer (www.chronik-der-mauer.de) / Statistisches Bundesamt (www.destatis.de)


DIE ZEIT IST REIF.


Bei der Recherche für ein Tanzstück ist unsere Autorin mit ihrer eigenen Vergangenheit konfrontiert worden. Einige Randnotizen. Text: Ulli Flämig Man wird das Gefühl nicht los, da ist etwas über einen hereingebrochen. Plötzlich war die Mauer auf und auf einmal war Westen und alles anders. Meine Freundinnen Ulli und Ulrike waren damals sechs und sechzehn und ich war elf. Was wem passierte, kennen wir drei aus den Bruchstücken unserer eigenen Erinnerung und von wenn die Väter erzählen und die Mütter erinnern. Den Rest kennen wir aus dem Fernsehen. Jetzt will ich mehr wissen. Daher stoppe ich seit drei Monaten einmal pro Woche nachts mit dem Fahrrad in der Ausstellung „Friedliche Revolution 1989/90“ am Alexanderplatz. Ich skype mit Ulli in Porto und treffe mich mit Ulrike in Prenzlauer Berg auf ein Glas Sherry. Auf dem Alex finde ich heraus, dass der Westen, der über mich kam, von knapp 50% DDR Bürgern demokratisch gewählt worden war, die Bananen und Westautos wollten und Kohl und mehr Kohle. Und ich entdecke, dass die Zeit zwischen der letzten gefälschten und der ersten demokratischen Wahl ziemlich revolutionär war. Was im Herbst `89 öffentlich sichtbar wurde, hatte lange vorher begonnen. Scharfsinnige Personen aus Kirche und Opposition hatten vorgedacht, ordentlich nachgedacht und ihre Welt neu entworfen. 1982 empfahlen Robert Havemann und Rainer Eppelmann im „Berliner Appell“ Abrüstung in Ost und West. In den folgenden Jahren schmiedeten Jugendliche aller Kirchen „Schwerter zu Pflugscharen“. 1986 wurde die Umweltbibliothek in der Zionskirche Berlin als widerständiger Informationsort gegründet. Die Kirchen übten demokratische Entscheidungsprozesse in den Synoden und im September 89 gründete sich die Bürgerbewegung „Neues Forum“. Am 6.10.89 trafen sich die neu gegründeten Gruppen zur Zukunftswerkstatt in der Erlöserkirche Berlin und fragten „DDR - wohin gehst Du?“. Die DDR stolperte ihrem Ende entgegen und die Mauer ging auf. Plötzlich entstand ein Zwischenraum. Die Helden von 89 nutzten den Zwischenraum als Handlungsspielraum. Sie ergriffen den „kairos“, der im Griechischen den plötzlichen Moment meint, der wie von oben her in die Zeit einbricht und formulierten treffsicher „Die Zeit ist reif“. Und weil die Zeit reif war und das Land im Aufbruch, gründeten sich allenorts neue Gruppen, Bewegungen, Parteien, die nun gestalten wollten. Sie trafen sich zentral und lokal an Runden Tischen. Sie brainstormten das Unmögliche und regierten übergangsweise ihr marodes Land. Ich stehe auf dem Alex und bin beeindruckt von Aufbruchstimmung und Erfindungsreichtum; von Weitsichtigkeit und Radikalität. Von denen, die beherzt das Wort ergriffen. Von denen, die mahnfasteten für die Freilassung Inhaftierter. Von denen, die ihr Land neu erfanden. Die Runden Tische haben die Weiterarbeit der Stasi verhindert, Aktenvernichtung gestoppt und die ersten demokratischen Wahlen vorbereitetet. Das Neue Forum und andere entwarfen Wirtschaftsmodelle und Schulsysteme und eine neue Verfassung für eine neue DDR.

Es war alles möglich. Ich will die Protagonisten ausfragen zu damals, die Heroes von 89. Als ich wieder mit Ulli skype, dämmert es: wir suchen die großen Helden dieser Zeit in den Geschichtsbüchern und Feuilletons, dabei erzählen unsere Eltern die besten Geschichten. Denn unsere Eltern haben genauso gehandelt mitten in ihrem Teil der DDR, irgendwann in unserer gemeinsamen Geschichte. Die Mutter von Ulli demonstrierte 89 für den Erhalt ihres Dorfes Klitten, das abgerissen werden sollte für den Braunkohletagebau. Ihr Vater baute ein lokales Neues Forum mit auf. Der Vater von Ulrike gründete mit anderen den SPD-Ortsverein in Auerbach im Vogtland. Und mein Vater moderierte in unserer Stadt Wurzen den Runden Tisch. „Wir mussten einfach Entscheidungen treffen. Wir wussten nicht, wie man einen Staat übergangsweise leitet. Wir haben einfach entschieden und gehandelt,“ erzählt er. Und dann bin ich doch verwundert, wie die große Geschichte mit unseren kleinen Leben verwoben war; damals als ich elf war, die Ulli sechs und die Ulrike sechzehn. Fünf Jahre Unterschied sind viel, wenn sich alles ändert in einem Land. Mit sechs zeichnete man plötzlich Bananen statt Friedenstrauben, mit elf lernte man auf einmal Englisch statt Russisch und mit sechzehn traf man den überforderten Lehrer in der Kneipe wieder, obwohl gerade Staatsbürgerkundeunterricht war. Mit 16 bereitete sich Ulrike auf die Zukunft vor, die anders wurde als geplant; auch anders als an den Runden Tischen und in den Zukunftswerkstätten entworfen. Die Zukunft kam. Und die Zukunft ist jetzt. Der Zwischenraum von damals ist archiviert und wird in Ausstellungen visualisiert. Zwanzig Jahre sind viel, wenn sich alles ändert in einem Land. Aber am 4. November werde ich noch mal auf den Alex gehen und am 9. November an die Bornholmer Brücke. Dort werde ich ein Dankgebet nach oben schicken und an die Heroes von 89 denken. An die, die abgehauen sind und an die, die blieben. An die, die gekämpft haben und an die, die es aussaßen. An die, die angefangen haben und an die, die mit eingestiegen sind. An die, die demonstriert haben, gefastet, gebetet. Und an die, die uns großgezogen haben, in der neuen Welt, die sie selber nicht kannten. An die in Wurzen, in Klitten und in Auerbach im Vogtland, an die in Leipzig, Dresden und Berlin. Wenn ihr nicht gewesen wärt, wäre jetzt nicht jetzt. Ich stehe wieder auf dem Alex und schreibe eine sms an Ulli nach Porto und an Ulrike ins Innenministerium: „Jetzt ist unsere Zeit.“ Ulrike Flämig ist Tänzerin und Theologin. Sie lebt und arbeitet in Berlin. Der vorliegende Text entstand in Zusammenarbeit mit Ulrike Hornung (Berlin) und Ulrike Hippe (Porto). Für die Abdruckgenehmigung des Flugblatts ‚Aufbruch 89 – Neues Forum‘ danken wir dem Haus der Geschichte in Bonn.

WENDEPUNKTE

41


Eine Reise ist auch immer eine Wende Illustration: Michael Gibis



Ameisen

Von jetzt auf gleich

Ameisen Geschichte

Wir nehmen die Welt um uns herum für gewöhnlich als einen kontinuierlichen Strom an Ereignissen wahr. Trotzdem Geschichte Ameisen Zeit gibt es Dinge, die ändern sich nun mal Schlag auf Fall. Einige Vorzeigebeispiele zum Auswendiglernen. Ameisen Zeit Geschichte Luftfahrt

Ameisen

Ameisen besitzen die Fähigkeit, intelligente Netzwerke zu bilden, Geschichte

Gruppen also, die als Ganzes eine eigene Intelligenz besitzen, die das Verhaltens- und Reaktionsrepertoire der einzelnen Tiere Luftfahrt Zeit weit übersteigt. Das lässt sich sehr gut am Problemlösungsverhalten Stahlbeton beobachten: Beim gemeinsamen Transport einer Beute zum Nest agiert jedes Tier für sich, indem es versucht, die Nahrung Zeit zurück zum Nest zu bringen. Sobald genug Ameisen hinzugekommen sind, die dieses gemeinsame Ziel verfolgen, setzt sich der Zug in Bewegung. Stahlbeton Luftfahrt

Stadt

Luftfahrt

Geschichte

Die kollektive Erinnerung eines bedeutenden geschichtlichen

StadtEreignisses lässt sich, einer gängigen kulturwissenschaftlichen Stahlbeton Deutung zufolge, in zwei unterschiedliche Typen einteilen: Wasser

Das kommunikative Gedächtnis umfasst die Erinnerungen der noch lebenden Zeitzeugen, das kulturelle Gedächtnis die Stahlbeton schriftlich archivierte Erinnerung einer Gesellschaft. Dass der Übergang von der einen in die andere Form, also die Fixierung Wasser Stadt gelebter Interaktionen in mediale Erinnerung, durchaus Kristallisationspunkt kontroverser Auseinandersetzungen sein kann, zeigt das Beispiel des Historikerstreits in den 1980er Jahren über die Einordnung der nationalsozialistischen Judenvernichtung in die Stadt deutsche Geschichtsschreibung.

Wasser

Zeit

Die Einteilung unserer Zeit in geographische Zonen ist der Versuch, Wasser

regionale Gruppen mit einheitlicher Zeit zu bilden. Urheber der Einteilung waren die Betreiber von Bahnlinien, die im 19. Jahrhundert immer größere Gebiete überspannten, deren Zeitrechnungen z.T. stark voneinander abwichen. Heute wie damals haben die Zeitzonen vor allem auch eine politische Bedeutung. In der Nachwendezeit war es in der russischen Exklave Kalingrad bspw. eine Stunde später als im angrenzenden Litauen und zwei Stunden später als im angrenzenden Polen, denn man fühlte sich der westlichen Zeitzone Russlands zugehörig.

44 WENDEPUNKTE

Luftfahrt In der Luftfahrt spricht man vom Point of no Return (PNR) und meint damit denjenigen Punkt auf der Reiseroute, an dem die Tankfüllung nicht mehr für einen Rückflug zum Startflughafen reicht. Da das Gewicht der Maschine mit dem Füllstand der Tanks abnimmt, ist PNR in der Regel bei einem Füllstand von etwa 40% erreicht. Vor allem bei Flügen über offenen Gewässern gibt es dann keine andere Option, als zum Zielflughafen weiter zu fliegen.

Material Bei der Untersuchung des Verformungsverhaltens von Werkstoffen, die hohen Zug-, Druck- oder Biegemomenten ausgesetzt sind, spricht man von der so genannten Fließgrenze. Geht die Belastung über diesen messbaren Punkt hinaus, verformt sich das Material irreversibel und ohne weitere Zunahme der Belastung. Stahl hält z.B. etwa 50 kg Zugbelastung pro Quadratmillimeter aus. Wird diese Belastungsgrenze minimal überschritten, beginnt das Material zu ‚fließen‘, wird also weich und leicht formbar.

Stadt Im Jahr 2008 hat die weltweite Bevölkerungsentwicklung erstmals den Punkt überschritten, an dem mehr Menschen in der Stadt als auf dem Land leben. Dieser Wendepunkt verdankt sich weniger einer weltweiten Landflucht als vielmehr dem natürlichen Zuwachs der urbanen Population. Asien ist übrigens Spitzenreiter, hier leben 1,5 Milliarden der insgesamt 4,9 Milliarden Stadtbewohner.

Wasser Die Einzugsgebiete, aus denen sich Flüsse und Seen mit Grundwasser speisen, sind durch so genannte Wasserscheiden getrennt. Das Wasser fließt an diesen Grenzen, die sowohl entlang von Bergkämmen verlaufen können als auch unsichtbar unter der Erde, in zwei unterschiedliche Richtungen ab. Am Kahlen Asten im Ruhrgebiet entspringt bspw. die Ruhr, die in das Ruhrtal läuft, und die Lenne, die ins Lennetal fliest.


WendekreisE Jede Wende hat ihren Ort, an dem sie sich ereignet, von dem sie ausgeht. Manchmal ist es ein weiter Raum, manchmal nur eine enge Nische – eine Wende benötigt nicht viel Platz, wenn sie erst mal begonnen hat, ordnet sie den Raum nach ihren Bedürfnissen. Sie schafft Passagen und Korridore, die zu neuen Horizonten führen, und sie hinterlässt Geisterstädte und Niemandsländer, die von vergangenen Hoffnungen erzählen. Wir sollten eine Karte dieser Orte anfertigen und uns auf den Weg machen …


Wo ist Heuersdorf? Die Gegend in der Leipziger Tieflandsbucht ist eines der wichtigsten Abbaugebiete f체r Braunkohle in Ostdeutschland. Und sie ist die Heimat unseres Autors Markus L채gel. Sein Nachbarort ist neulich weggebaggert worden. Kurz vorher hat er noch festgehalten, was jetzt Vergangenheit ist. Text: Markus L채gel Photos: Sebastian Pranz


Herbst 1989

Die löchrige Straße durch Heuersdorf eignete sich wunderbar für alles, das nicht erlaubt war: erste Fahrversuche mit Opas altem Moped zum Beispiel. Und um schnell und ungehindert nach Leipzig zu kommen. Zu den Friedensgebeten, die Ende der Achtziger Jahre mehr und mehr zu einem ebenso friedlichen Volksaufstand anwuchsen. Die großen Zufahrtsstraßen wurden kontrolliert. Die Straße durch Heuersdorf nicht. Seit Jahren wurde die Straße nicht mehr Instand gehalten, ebenso so wenig wie die Häuser. Bald würden sie ein Erdloch mit 50 Millionen Tonnen Braunkohle sein. Von Braunkohle lebt die Region. Und stirbt sie. Seit 100 Jahren. Daran sollte auch Heuersdorf sterben. Braunkohle heizte einen Krieg an und die Umweltzerstörung in der DDR. So sahen es die Leute hier. Menschen, die hier lebten, starben drei Jahre früher. Sie litten doppelt so häufig an Atemwegserkrankungen. Das wusste auch die Regierung des “Arbeiter- und Bauern-Staates der DDR”. Sie wusste, dass Heuersdorf bald einer von 261 Namen sein würde, der für immer von den Landkarten Thüringens, Sachsens und Brandenburgs verschwunden sein würde. Mit den Namen gingen auch die Häuser von 79 000 Menschen, 347 von ihnen Heuersdorfer.1

Die Nachkriegszeit

Schon 1949 stand fest: die nächsten 70 Jahre würde Heuersdorf nicht überleben. 700 Jahre Dorfgeschichte sollten ihrem Ende entgegen gehen. In einem DDR-Bericht von 1967 zur Planung des Tagebaus hieß es nur lapidar: „… außer den drei Ortschaften Schleenhain, Breunsdorf und Heuersdorf [sind] keine

größeren natürlichen oder künstlichen Hin- genständigkeit und wurde eingemeindet, was dernisse vorhanden.“ Das Bergbauschutz- die Abbagerung rechtlich gesehen um vieles gesetz verbot daraufhin Investitionen und einfacher machen würde. schränkte die Instandhaltung der Häuser Die Heuersdorfer kämpften weiter: und Straßen auf das Nötigste ein. Trotzdem zum zehnten Jubiläum der Wiedervereinizogen in den fünfziger Jahren Bewohner gung war das Dorf wieder kommunal selbstanderer verschwundener Orte nach Heuers- ständig. Aber 2004 wurde die Umsiedlung dorf. Dann kam die Wende. Und mit ihr der Bewohner gesetzlich festgeschrieben. die Hoffnung, dass mit dem verschwunde- Schon 2006 begannen die Abrissarbeiten der nen Staat und der schwindenden Bedeutung ersten Häuser. Die Emmaus-Kirche wurde der Braunkohle, auch die Pläne zur Abbag- 2007 nach Borna abtransportiert. 1297 begerung Heuersdorfs verschwinden würden. gründete ihre erstmalige urkundliche ErwähDoch die Zukunftsaussichten währten nur nung die Geburt des Ortes. Heute steht sie kurz. 1994 entstand im Nachbarort, in Lip- wie ein Grabstein als Ort der Erinnerung in pendorf, ein neues Braunkohlekraftwerk mit der Nachbarstadt. 2008 musste der letzte Beeiner geplanten Laufzeit von 40 Jahren. Die wohner das Dorf verlassen. alten DDR-Pläne erwachten zu neuem Leben. Der Betreiberkonzern war mittlerweile amerikanisch, doch manche Einstellungen sind nicht vom politischen System abhängig: Heuersdorf würde devastiert werden und die 50 Millionen Tonnen Braunkohle unter den Kellern des Dorfs für vier Jahre das Kraftwerk füttern. 700 Jahre Dorfgeschichte gegenüber vier Jahre Brennenergie. 347 Bewohner vs. 813 Arbeitsplätze. Diese Zahlen unter vielen sind Motiviation für einen zehn Jahre anhaltenden Kampf: David gegen Goliath, so zeigt es das Denkmal, das die Heuersdorfer trotzig Wenn sich die Wende in diesem Jahr zum zwanzigsten Mal jährt, ist Heuersdorf abgevor ihrem Vereinshaus aufgestellt hatten. sperrtes Tagebaugebiet. Die Straße, auf der man damals heimlich und ungesehen nach Leipzig fahren konnte, gibt es schon lange nicht mehr. Auch die vor einigen Jahren gebaute Ersatzstraße ist mittlerweile gesperrt. Die einstigen Dorfbewohner wurden umgesiedelt. Für einige in den 50ern zugezogene Familien ist das die zweite Umsiedlung. Zum Verlust der Heimat und der Wurzeln kommt auch mancher Sozialneid der umliegenden Ortschaften. Als ob finanzielle Entschädigungen ein Zuhause kaufen könnten. Die Bewohner leben nun verteilt in verschiedenen kleinen Neuansiedlungen. Sie haben Beide Seiten zogen alle Register. Die Heu- neue Häuser, eine alte, restaurierte Kirche ersdorfer gründeten einen Verein, bemüh- und ALDI und Lidl. Und eine frisch geteerte ten Energie- und Effektivitätsberechnungen, Straße. schlugen eine Umfahrung des Tagebaus um ihren Ort vor. Der Umbau zum Modelldorf wurde angestrengt, auf die 40 denkmalgeschützen Gebäude, die Infrastruktur, das 1 Zum Vergleich: in der ehemaligen BRD Ökosystem und das Naturschutzgebiet hin- waren 52 Orte und knapp 32 000 Personen gewiesen. Es wurde geklagt, demonstriert, von Tagebau-Devastierungen betroffen. gekämpft. Der Tagebaubetreiber verwies auf die Arbeitsplätze, auf Verträge, geographi- Markus Lägel ist Pastor und lebt mit sche Zwangsläufigkeiten, gar auf die drohen- seiner Familie in einem kleinen Dorf bei de Insolvenz. 1998 verlor der Ort seine Ei- Heuersdorf

Herbst 2009

Die Wende von der Wende?

Der durchschnittlichen Wendekreis eines PKWs beträgt 12 Meter. Der Trabi benötigt im Vergleich dazu nur 10 Meter.

WENDEKREISE 47








Ich bin in der Heimat hängen geblieben. Dreiundzwanzig Jahre hat Volker Koepp drei Frauen des Ortes Wittstocks begleitet, ihr Berufsleben im Obertrikotagebetrieb, ihren Alltag, ihre Feste und Familien dokumentiert. Die Wende brachte Arbeitslosigkeit, Umschulungsmaßnahmen und neue Perspektiven. FROH! sprach mit dem Experten filmischer Langzeitbeobachtung über Orte und ihre Erinnerung Interview: Friederike Gralle Illustration: Jeanette Corneille


Welche Rolle spielen Orte in Ihrem Leben? Also, ich glaube, wenn man jünger ist, überlegt man sich das nicht so genau. Aber je älter man wird, desto mehr bezieht man Erinnerungen auf konkrete Orte, Landschaften, die Leute, die darin leben. Am Anfang meiner Karriere waren die Orte, an denen ich drehen konnte natürlich beschränkt. Ich bin dann wie ein PingPong-Ball zwischen Oder und Elbe, Ostsee, Sachsen, Thüringen hin- und hergesprungen. Bei mir war das dann identisch: Lebensorte und Orte, an denen ich gedreht habe. Und nach der Wende? Als ich dann meinen Radius hätte erweitern können, bin ich auch nicht viel weiter weg, das Zentrum war immer BrandenburgPreussen. Ich hatte damals im Studium an der TU in Dresden so ein Gedicht von Johannes Bobrowski gelesen über die Memel und die ganze Landschaft dort und wollte da unbedingt hin. Als dann die Wende kam habe ich gerade in Zehdenick gedreht, es gibt ja auch kaum bewegte Bilder, die die Wende im Kleinstadt-Umfeld zeigt. Hat es Sie deshalb nach Wittstock verschlagen? Natürlich hat mich das interessiert. Und als ich 1974 in Wittstock anfing, da hab ich schon gedacht, warum soll ich jetzt noch woanders hinfahren, das ist doch alles relativ gleich. Was fasziniert Sie denn zunächst an einem Ort? Die Landschaft, eine bestimmte Atmosphäre, die Menschen? Als ich das erste Mal nach Wittstock kam, da war sonst nicht viel – die ganze Autobahnanbindung gab es noch nicht – und plötzlich steht man vor einem Ort mit geschlossener Stadtmauer. Ich ging dann in eine Kneipe, weil ich mir ein Zimmer suchen wollte, machte die Tür auf und da sitzen so 70 Mädchen, alle ziemlich betrunken und ich dachte: Was ist denn hier los? Und dann hab ich herausgefunden, dass da gerade der Textilbetrieb auf der Wiese vor der Stadtmauer gebaut wurde, mit 2700 Arbeiterinnen. Das war irgendwie schräg, damit wollte ich mich konfrontieren. Gab es während der Dreharbeiten eine Veränderung, die Sie überrascht hat? Es war natürlich so, dass auf einmal jeder alles sagen konnte, was er dachte. Das ist auch nicht immer von Vorteil (lacht).

Das andere ist, dass die Stadt jetzt sozusagen durchrestauriert ist und alles schön aussieht, aber das Leben ist irgendwie ein bisschen weg. Auch in anderen Städten wie Zittau oder Görlitz. Das bekommt dann schnell einen leicht musealen Charakter.

Es ist ja schon bezeichnend, dass man sich heute fast dafür entschuldigen muss, wenn man so eine tiefe Ortsverbundenheit spürt. Ja, das habe ich aber immer gemacht. Ich bin ja einer von denen, die in ihrer Heimat hängen geblieben sind.

In den Filmen konfrontieren Sie Ihre Protagonistinnen ja immer auch mit Ausschnitten aus älteren Aufnahmen, also mit ihrer eigenen Vergangenheit. Ja, es geht viel um Erinnerung. Da verändert sich ja was, im Stadtbild, aber auch in den Gesichtern. Man sieht den Schmerz der Vergänglichkeit. Das wird dann aber oft übersetzt in das Gefühl, dass früher immer alles so schön war. Das stimmt natürlich nicht. Je östlicher man kommt, desto wichtiger ist die Vergangenheit, desto mehr reden die Leute vonfrüher und über den Krieg. Die Gegenwart bleibt eher suspekt, ganz zu schweigen von der Zukunft. Diese Art von Erinnerung steckt eben auch in dieser Gegend, das slwaische Erbe. Das ist in manchen Ortsnamen erhalten, aber es prägt auch die Mentalität.

Volker Koepp, geb. 1944 in Stettin Die Langzeitbeobachtung von Wittstock besteht aus: „Mädchen in Wittstock“ (1975) „Das weite Feld - Wieder in Wittstock“ (1976) „Am Fluß - Wittstock III“ (1978) „Leben und Weben - Wittstock IV“ (1981) „Leben in Wittstock“ (1984) „Neues in Wittstock“ (1992) „Wittstock, Wittstock“ (1997) Der Wittstock-Zyklus wurde mehrfach international ausgezeichnet. Im Jahr 1994 erhielt Volker Koepp den Bundesfilmpreis.

„Man sieht den Schmerz der Vergänglichkeit. Das wird dann aber oft übersetzt in das Gefühl, dass früher immer alles so schön war. Das stimmt natürlich nicht.“ Gibt es einen Zusammenhang zwischen der Wende und dem Ort, an dem sie stattfindet? Ich glaube, Geschichte braucht immer Orte. Wenn sich Leute erinnern, erinnern sie sich immer an bestimmte Orte. Leute leben und sterben und man verbindet das mit Orten. Orte können aber auch abstrakt oder hermetisch sein, für andere ganz unverständlich, wie in Gedichten. Wittstock ist da vielleicht ein gutes Beispiel. Edith sagt ja am Anfang, dass sie ewig in Wittstock bleiben wird. Dann wird sie entlassen, nach 20 Jahren, und zieht in den Westen. Dort arbeitet sie gut, hat eine Eigentumswohnung, aber ihre Silberhochzeit feiert sie trotzdem in Wittstock. In Deutschland ist das ja leider so belastet, dass jemand etwas als seine Heimat empfindet, obwohl das wichtig ist, einen Lebensmittelpunkt zu haben.

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99998 Volkenroda war zu DDR-Zeiten der Inbegriff der Trostlosigkeit: Verlassen, verarmt, verfallen. Doch das kleine Dorf in Thüringen besaß auch einen ungeahnten Schatz: Die älteste Klosterkirche der Zisterzienser in Deutschland verbarg sich in den Trümmern einer alten Kirche. Als die Mauer fiel gingen viele Dorfbewohner in den Westen. Ulrike Köhler blieb – und baute das Kloster wieder auf. Ein Bericht über den Ort mit Deutschlands letzter Postleitzahl. Text: Simone Rüth Photos: Dorit Hoffmeister

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„Oh nein, nicht hier“, war der erste Gedanke von Ulrike Köhler, als sie 1978 das erste Mal nach Volkenroda in Thüringen kam. Hier sollte sie mit ihrem Mann in Zukunft leben? Das Dorf inmitten dichtbewaldeter Landschaft war vollkommen zerfallen. Die Straßen waren aufgeplatzt. Von den Häusern blätterte der Putz. Ungenutzte Gebäude verwahrlosten zu Trümmerhaufen. Die Folgen der DDR-Absiedlungspolitik waren in Volkenroda deutlich zu sehen. Der Staat wollte die Menschen in die wirtschaftlichen Zentren zwingen, raus aus den Dörfern. Auch aus Volkenroda sollten die Bewohner verschwinden. Doch die meisten der 160 Einwohner blieben. Viele waren zu alt, manche zu verwurzelt, um wegzugehen. Sie lebten von der Landwirtschaft, hatten Höfe, was sollten sie in den Städten? Auch Ulrike Köhlers Mann wollte in Volkenroda bleiben. Er stammte aus dem Ort. Die beiden hatten sich in Leipzig kennengelernt, 180 Kilometer entfernt von Volkenroda, wo beide Landwirtschaft studierten. Er wechselte auf Forstwirtschaft und wurde später Förster im Wald von Volkenroda. Sie wurde mit dem dritten Kind schwanger und so zogen beide zu den Schwiegereltern nach Volkenroda, „ans Ende der Welt“ wie Ulrike Köhler es nannte. Dann kam die Wende. Heute ist Volkenroda ein anderer Ort. Von der alten Trostlosigkeit ist nichts mehr zu spüren. Die Häuser sind verputzt, die Straßen geteert. Alles ist runderneuert, sauber, gepflegt. Sogar Touristen kommen in das Dorf, das seit der Wiedervereinigung die geographische Mitte Deutschlands markiert. Sie besuchen das wiederaufgebaute Kloster von Volkenroda, zu dem die älteste noch erhaltene Klosterkirche des Zisterzienserordens auf deutschem Gebiet gehört. Jährlich kommen mehrere zehntausend Menschen. Es sind nicht nur Gläubige, es sind vor allem Menschen, die neugierig sind auf die wunderbare Wandlung, die der Ort genommen hat. Das ist auch der Tatkraft von Ulrike Köhler zu verdanken. Die Geschichte von Volkenroda lässt sich nicht erzählen, ohne auch ihre Geschichte zu erzählen. Beide handeln sie von einer Wende, die nicht möglich gewesen wäre ohne die Wende, die Wiedervereinigung Deutschlands 1989. Ulrike Köhler erinnert sich noch genau an diesen Zeitpunkt. Als sie im Fernsehen die Nachrichten über den Mauerfall sah, traute sie ihren Augen kaum. Sofort rief die damals 33-Jährige Freunde an. Das wäre jetzt die Möglichkeit für sie und ihren Mann, in den Westen zu gehen. Sie hatten Verwandte dort. Köhlers blieben. Es war eine pragmatische Entscheidung. Erstens war der Schwiegervater von Ulrike Köhler sehr pflegebedürftig. Er war auf ihre Hilfe angewiesen. Zweitens hatten sie und ihr Mann in dem Ort ihre Existenz aufgebaut. Sie hatten Arbeit und ein Haus – eine „DDR-Fertigbude“ zwar, aber ein Haus. Und drittens plagte sie da diese Ungewissheit: „Wenn wir jetzt gehen, wissen wir nicht, ob wir wieder zurückkommen können.“ Und dann erlebte das Ehepaar die Höhen und Tiefen, die der Umbruch mit sich brachte. Demokratie, Grundrechte, Reisefreiheit – das waren die großen Errungenschaften der Wende. Industrieabbau, Massenarbeitslosigkeit und die Flucht der Menschen aus den Dörfern in die Städte, vom Osten in den Westen gehörten zu den negativen Begleiterscheinungen der Wende in den neuen Bundesländern. Für die Menschen in Volkenroda änderte sich von heute auf morgen alles, vom Einkaufsverhalten bis zur sozialen Absicherung. Viele verloren ihre Arbeit, auch Ulrike Köhler, die zu diesem Zeitpunkt als Ökonomin in einer landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft arbeitete. „Die Arbeit gehört für mich zur Menschenwürde. Ohne Arbeit zu sein, war ein blankes Drama.“ Sie plagten Existenzängste.

In diesen Tagen musste sie oft an einen Satz denken, den ihre Großmutter immer gesagt hatte: „Not lehrt beten.“ Ulrike Köhler hatte von ihr als Kind einiges über den christlichen Glauben erzählt bekommen, aber sie hatte nie viel damit verbunden und über die Jahre hinweg das Interesse daran verloren. Nun ging sie in ihrer Verzweiflung in die alte Klosterkirche. „Ich war an einem Punkt, an dem ich mich nur noch gefragt habe: ‚Was wird jetzt aus meinem Leben?’ An dem alles hochkam, was bisher schief gelaufen war. Da habe ich angefangen zu beten.“ Um die alte Zisterzienserkirche war es nicht besser bestellt als um den Rest des Ortes. 1968 hatten Protestanten hier ihren letzten Gottesdienst gefeiert. Danach war alles in sich zusammengefallen. Jugendliche hatten im Innenraum randaliert. Das Dach war eingesackt. Irgendwann nagelte jemand Bretter vor Fenster und Türen – Einsturzgefahr! Ulrike Köhler kümmerte das nicht. Ihre Verzweiflung war so groß, dass sie sich in die Kirche wagte. Der Raum faszinierte sie. Hier hatten schon Generationen von Menschen vor ihr gebetet. „Das hat mein Innerstes sehr berührt.“ Aus dieser Empfindung heraus sprach die junge Frau ein ungewöhnliches Gebet: „Gott, wenn du mein Leben wieder in Ordnung bringst, will ich nicht aufhören zu arbeiten, bis in deiner Kirche wieder gebetet wird.“ Und das war die Wende.

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Etwa zur gleichen Zeit wurde Ulrike Köhler zur Gemeindevertreterin des Dorfes gewählt. Sie durchforstete Archive und war überrascht, welch einen Schatz das Dorf in sich trug. Dass die kläglichen Überreste des Gotteshauses in Volkenroda die älteste noch vorhandene Klosterkirche der Zisterzienser auf deutschem Gebiet war, erfuhr sie erst zu diesem Zeitpunkt. Und einiges andere mehr: Die Geschichte von Volkenroda war seit jeher von Zeiten der Blüte und des Niedergangs geprägt. Im 12. Jahrhundert gründeten Mönche des Zisterzienserordens das Kloster auf den Überresten einer alten Burganlage. Doch wenige Jahrhunderte später, im Bauernkrieg 1525, wurde das Kloster zerstört, kurzzeitig zwar wieder aufgebaut, aber schließlich 1540 aufgehoben. Danach war es lange ruhig um Volkenroda. Das Dorf diente als Standort für ein herzogliches Amt. Nach dem Zweiten Weltkrieg kamen Flüchtlinge, die sich in dem Ort niederließen, ihn neu belebten. Doch mit der Gründung der DDR nahmen die aufstrebenden Entwicklungen ein jähes Ende. War an einem weiteren Tiefpunkt der Geschichte Volkenrodas ein neuer Aufschwung möglich? Zusammen mit ihrem Mann, dem Bürgermeister und einer Denkmalpflegerin überlegte Ulrike Köhler nun, welche Möglichkeiten es gab, das Kloster und seine Kirche neu aufzubauen. Sie schrieben einen Förderantrag nach dem anderen. Mithilfe von ehrenamtlichen und arbeitslosen Helfern befreiten sie das Dorf vom Schutt und Müll der letzten Jahrzehnte. Der Wiederaufbau konnte beginnen. Doch eine Fragen galt es noch zu klären: Wie sollte das ehemalige Kloster neu genutzt werden. Durch eine Reha-Klinik? Ein Altenheim? Oder ein Hotel? All das rechnete sich für Investoren nicht. Warum sollten die alten Klostermauern dann nicht den Grundstein für ein neues Klostergut legen. Die Lage wäre doch ideal, überlegten Ulrike

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Köhler und ihre Mitstreiter. In Volkenroda gab es weite Felder, Waldund Wanderwege, alte Fischteiche und ganz viel Ruhe. Hier könnten die Menschen gut über die großen Fragen des Lebens nachdenken. In der ökumenischen Kommunität der Jesus-Bruderschaft fanden die vier nach langem Suchen endlich einen Orden, der die klösterliche Leitung übernehmen wollte. Im weiteren Verlauf entstanden in Volkenroda eine Jugendbildungsstätte, ein Tagungszentrum, ein Gästehaus und ein Schulbauernhof. Das Kloster ist Schauplatz für mehrere Großveranstaltungen wie einen historischen Bauernmarkt. Und nach der Weltausstellung 2000 in Hannover fand sogar der Christuspavillon eine neue Heimat auf dem Gelände. In ihm finden heute die unterschiedlichsten Veranstaltungen statt: Gottesdienste, Gebetszeiten, aber auch Konzerte und Kinovorführungen. „Es war ein Wunder Gottes, wie sich die Dinge gefügt haben“, deutet Ulrike Köhler heute die Ereignisse. Eines ergab sich aus dem anderen. „Wo es nicht weiter ging, sagte immer jemand, wendet euch mal dahin oder fragt mal dort an.“ Die Unterstützung im Ort, aber auch von Glaubensgemeinschaften, die für das Projekt beteten, war enorm. Ihre eigene Leistung bewertet sie eher gering: „Ich durfte das miterleben“, sagt sie in ihrer bescheidenen Art. Natürlich gab es auch Kritiker, die den Klosterbau für herausgeschmissenes Geld hielten. Die fragten: „Was sollen wir mit dem Krempel, mit dem Glauben, mit Gott? Gott ist tot.“ Ulrike Köhler fühlt sich dadurch nicht angegriffen: „Das muss man den Menschen zugestehen“, sagt sie. „Dass sie heute auch gegen etwas sein dürfen.“ Genauso, wie sie nach der Wende in der Freiheit ihres Glaubens leben darf. Volkenroda ist für sie zu einer Lebensaufgabe, zu einer Berufung geworden, die sie mit viel Leidenschaft lebt. Manchmal fragt sie sich, was aus ihr geworden wäre, wenn es die Wende nicht gegeben hätte. Die mittlerweile 53-Jährige ist sich sicher: „Die Wende war eine Krise, aber aus der Krise ist eine Chance entstanden für das Dorf, für den Osten, aber auch für mein persönliches Leben.“ Heute ist Ulrike Köhler zweite Vorstandsvorsitzende des Klosters. Sie betreut den Schulbauernhof, das Kloster auf Zeit, die Seelsorge und organisiert den monatlich stattfindenden Bauernmarkt. Für sie ist es ein wundervolles Kompliment, wenn Besucher kommen und sagen: „Mensch, ist das schön hier!“ Doch über die äußerliche Anmutung hinaus zählt für sie vor allem, wenn Menschen eine besondere Atmosphäre in Volkenroda spüren. Zudem wohnt für sie der äußerlichen Wandlung auch ein starker symbolischer Charakter inne. Architektonisch betrachtet ist der Klosterkomplex eine Mischung aus modernen Glasbauten, alten Fachwerkhäusern, Elemente der Romanik, Stahlkonstruktionen. Diese Spannung zwischen alt und neu gelte es auszuhalten, sagt sie. Es bedeute: Das Land, das Volk, jeder einzelne hier hat eine Geschichte, mit der er lernen muss, umzugehen. Aber er kann auch nach vorne schauen. Der Ort hat eine Perspektive. „Hier ist Leben, hier kommen Menschen hin, hier kann man etwas erleben“, sagt Ulrike Köhler. „Wer möchte, der kann hier Hoffnung mitnehmen. Denn Hoffnung macht sich immer daran fest, woher man sie nimmt und was man selber daraus macht.“

Simone Rüth (Jahrgang 1979) lebt und arbeitet als Journalistin in Düsseldorf, ihrer Heimatstadt.

Orte mit DEM Namen „WENDEN“ in Deutschland: 5


LebenswendeN Achtung! Fahrzeug schwenkt aus: Wer sich im Wendekreis der Geschichte aufhält, muss mit den entsprechenden Folgen rechnen! Aber auch sonst vollzieht das Leben zahlreiche Wendemanöver oder auch schon mal eine Rollwende. Je weiter man in diese Geschichten eintaucht, desto mehr erscheint die Wende als ein Leitmotiv des Lebens überhaupt.



ich bleibe JÜRGEN Bevor er bei Big-Brother eingezogen ist, war Jürgen Milski Feinblechner bei Ford. Heute singt er am Ballermann, moderiert im Fernsehen, pendelt zwischen Mallorca, Köln und München. „Mein Leben hat sich komplett verändert“, sagt er. „Nur ich bin immer noch der Gleiche.“ Texte und Interviews: Peter Bongard und Markus Kuhlen Photos: Peter Bongard

VORHER

DANACH

6.30 Uhr Aufstehen, 7.15 Uhr Dienstantritt, 15.15 Uhr Feierabend. Danach viel Zeit für Familie, Freunde und Sport. So sah ein normaler Tag im Leben von Jürgen Milski aus. Geboren 1963 in Köln, einfache Verhältnisse, Schule, Ausbildung. Mit 23 Jahren geht Milski zu Ford, wird Feinblechner im Prototypen-Bau. „Ein super Job. Ich war damals glücklich“, sagt er mit leuchtenden Augen. Eines Tages blättert er auf dem Betriebsklo in der Bild, liest über Big Brother: „Mein erster Gedanke war, wer ist denn so bescheuert und macht da mit. Aber dann hat mich interessiert, wie wohl ein Casting für solch eine Show laufen könnte.“ Milski meldet sich an, übersteht Runde um Runde, entwickelt Ehrgeiz, wird eingeladen. „Erst hab’ ich abgelehnt, dann hab’ ich mir gesagt: Komm, den Käse machst Du mal zwei Wochen mit. Meine Kumpels haben gemeint, wenn ich nicht spätestens Karneval raus bin, gibt es richtig Ärger“, erzählt er mit einem lauten Lachen. Doch auch im Haus packt ihn wieder der Ehrgeiz – Jürgen bleibt bis zum Schluss und wird Zweiter.

20 Uhr in den Flieger nach Mallorca, 2.30 Uhr auf die Bühne im Oberbayern, 5 Uhr im Bett, um 9 Uhr wieder aufstehen. Wenig Zeit für die Familie, sehr, sehr wenig für Freunde, Sport meist nur zwischen zwei Drehs. So sieht Jürgens Leben heute aus. Party- und Ballermann-Hits, etwa eine Million verkaufte Singles, weit über 100 Auftritte pro Jahr, Sendungen bei 9Live, Co-Moderationen bei Big Brother und RTL, Pilotfilm für eine Fernsehserie und und und. „Drei Wochen, nachdem ich aus dem Haus kam, habe ich gesagt, das war mein größter Fehler“, erinnert sich Jürgen. „Heute sage ich, es war das Beste, was ich je gemacht habe. Ich bin richtig glücklich.“ Leben, Einkommen, Umfeld: Alles hat sich geändert. Nur Jürgen nicht. Sagt er. Und lebt es. Sein AldiMountainbike kettet er vorm Luxushotel an den Blumenständer, sein Handy auf dem Tisch ist aus einer Zeit, als Rudi Völler noch Bundestrainer war. Er hat keinen Manager, ist nicht stolz auf seine TVAuftritte, sondern auf seine Tochter und bringt sein Geld zur Bank statt zum Juwelier. Die Freunde sind noch die gleichen wie früher, er ist seit 30 Jahren mit seiner Freundin zusammen. Jürgen ist echt, das ist sein Geheimnis. Deswegen ist er glücklich, deswegen mögen ihn Medien und Fans. Er selbst sagt: „Ich bin kein Moderator, auch kein Sänger und bestimmt kein Star. Ich bin und bleibe einfach Jürgen.“ Das ist sein größter Erfolg.

DIE WENDE Als die Containertür zuging, war er Jürgen Milski, als sie nach 103 Tagen wieder aufgeht, ist er Big-Brother-Jürgen und bekannter als der Bundeskanzler. Bei seinem Auszug jubeln ihm 9000 Menschen zu. „Ein geiler Moment“, erinnert sich Jürgen, lacht und schlägt die Hände vors Gesicht. Doch der geile Moment hält nicht lange, schnell wird sein Leben zur Hölle. Überall erkennen ihn die Menschen, auf der Straße rennen Fremde hysterisch auf ihn zu, im Freibad wird um ihn, Freundin und Tochter vom Bademeister rot-weißes Flatterband gespannt, um etwa 200 Schaulustige zurückzudrängen. „Es ist grausam, wenn man sich nicht mehr normal bewegen kann. Es war wie im Gefängnis. Ich hatte unser kleines glückliches Leben zerstört“, sagt Jürgen. Er will es zurück, will wieder einfach nur Jürgen sein. Deshalb zieht er die Notbremse, setzt sich gegen die Wünsche der Medien durch, schlägt unterschriftsreife Werbeverträge über viel Geld aus. Er schafft das, weil er weiß, dass er vorher glücklicher war. Jürgen geht zurück zu Ford, kommt zur Ruhe. Aber nach einiger Zeit fängt das Grübeln an. Es war eine große Chance: Er stand gerne auf der Bühne, Singen macht ihm Spaß, er hätte viel Geld verdienen können. Genug für die Ausbildung der Tochter. Genug für die Erfüllung des großen Traums vom eigenen Häuschen mit Garten. Vielleicht schlägt auch der Ehrgeiz wieder durch. Jürgen geht zurück auf die Bühne, zurück zu den Medien – nicht weil ihn jemand zwingt, sondern weil er es will. Diesmal soll alles nach seinen Regeln laufen. Und er setzt sich durch.

LEBENSWENDEN 61



Abschied vom Meer Ein Raum wie eine Kajüte: Eine Uhr aus einem russischem U-Boot tickt über dem Schreibtisch, die Schiffsglocke der Graf Spee steht darunter, eine Piratenflagge trennt das Schlaf- vom Wohnzimmer. Fehlt nur noch das Rauschen des Meeres. Doch das hört der Seemann nur noch selten, seitdem er vor 40 Jahren dem Franziskanerorden beigetreten ist. VORHEr

Danach

Früher hatte Bruder Ansverus einen anderen Namen. Als er 1944 in Schlesien das Licht der Welt erblickt, heißt er noch Reinhard Hellmich. 14 Jahre später – mittlerweile lebt er in der DDR – bricht er zum ersten Mal in die Freiheit auf: Reinhard und seine Mutter siedeln nach Hamburg über. Doch der Junge will mehr. Er will zur See fahren. Er heuert auf Fracht- und Tankschiffen an und macht 1962 die Matrosenprüfung. „Ich bin weit herum gekommen“, erzählt er. „Bis in die Karibik und nach Indien hat‘s mich verschlagen.“ Sicher wäre sein Wunsch, Kapitän zu werden, in Erfüllung gegangen. Wenn er 1964 nicht einen Tumor am Fuß bekommen hätte.

Heute fühlt sich Bruder Ansverus wieder frei. Denn er weiß, dass er auf Kurs ist. „Früher war ich jung und habe das Leben auf dem Schiff genossen. Aber nachdem ich Franziskaner wurde, wuchs mein Herz für behinderte Menschen und für Obdachlose. Schließlich weiß ich, wie es ist, auf Hilfe angewiesen zu sein. Ich versuche, diese Menschen so anzunehmen, wie sie sind. Als starke, von Gott geliebte Persönlichkeiten.“ Mittlerweile organisiert er Einkehrwochen für Kranke und Behinderte. Außerdem hilft er im Städtchen Neuwied Obdachlosen. Und wenn Bruder Ansverus heute an Reinhard Hellmich denkt, packt ihn nur noch ein bisschen Fernweh. „Die See ist und bleibt meine Leidenschaft. Auch, wenn das meine Brüder nicht immer verstehen können. Aber das müssen sie auch gar nicht.“ Ansverus lächelt. Schließlich hat er noch seine U-Boot-Uhr, die Schiffsglocke, die Piratenflagge. „Und das Meer“, sagt er. „Das trage ich immer noch im Herzen.“

Die Wende Die Ärzte können das gutartige Geschwür entfernen. Um sein Gelenk zu retten, werden ihm die Knochen eines Toten eingesetzt. Dadurch bildet sich allerdings eine Arthrose, die ihm noch heute zu schaffen macht. Zwei Jahre lang hat Reinhard Hellmich höllische Schmerzen und kann nicht gehen – geschweige denn aufs Meer hinaus fahren. „Meine Karriere als Seemann war plötzlich vorbei“, erzählt er. Ein Schock für ihn, der die Freiheit, die See so liebt. „Ich war in dieser Zeit völlig isoliert und hilflos. Die anderen hatten inzwischen eine Freundin oder eine Familie. Ich musste erst wieder laufen lernen.“ Umso mehr berührt ihn die Hilfsbereitschaft der Pfleger und Schwestern, die sich im Krankenhaus um ihn kümmern. Dann lernt er durch Zufall einen Ordensbruder kennen. Er beginnt, sich für die Franziskaner zu interessieren, spielt immer häufiger mit dem Gedanken, einer von ihnen zu sein. „Ich war fasziniert von der Vorstellung, in einer solchen Gemeinschaft im Helfen eine Erfüllung zu finden“, sagt er. Am 3. November 1969 bewirbt er sich bei den Franziskanern im Rheinland - wenn auch zunächst etwas blauäugig. „Ich dachte mir, dass noch siebeneinhalb Jahre Zeit habe, bevor ich mich endgültig entscheiden muss.“ Hellmichs neues Leben beginnt zunächst ganz behutsam mit dem, was die Brüder „Postulat“ nennen. Ein halbes Jahr lang lernt der Seemann den Tagesablauf im Orden kennen. Dann wird aus Reinhard Hellmich Bruder Ansverus, und nach zwei weiteren Jahren ist das Noviziat, die – wenn man so will – Ordensbruder-Ausbildung zu Ende. „Danach legt man das Gelübde ab. Zuerst für zwei, später für drei Jahre. Und schließlich für immer.“ Bruder Ansverus hat es getan. Er hat das Leben auf hoher See gegen eines am Rhein eingetauscht.

LEBENSWENDEN 63



ruhig gestellt Den festen Händedruck hat Wolfgang Kremer noch heute. Und eine ebenso feste Stimme, die schon viel Überzeugungsarbeit geleistet hat. Aber sonst ist von dem harten Geschäftsmann nicht viel übrig geblieben, nachdem ihn ein Herzinfarkt vor 27 Jahren zum Nachdenken brachte. Vorher

DANACH

Die frühen Achtziger. Wolfgang Kremer, Jahrgang 1951, ist ein erfolgreicher Typ in den besten Jahren. Er betreibt im Rheinland eine gut gehende Buchhandlung, ein Schreibwarenfachgeschäft, einen Pokalversand und ist außerdem Unternehmensberater. 70 Stunden pro Woche arbeitet er. „Ich war eben ein Rastloser, der immer etwas auf die Beine stellen wollte. Es ging nur darum, Ziele zu erreichen. Das war alles, was mich interessierte“, erzählt er heute. Eine Zielstrebigkeit, die zu Lasten der Familie geht. „Die ist währenddessen weitestgehend auf der Strecke geblieben. Aber man kann eben nur eine Sache richtig machen.“ Um sich zu entspannen, fährt Kremer Motorrad und verbringt viel Zeit auf der Straße. Bis er 1982 auf der Überholspur des Lebens gestoppt wird: Nach einem Herzinfarkt gerät der Rastlose ins Schlingern.

„Ich kann nicht aus meiner Haut: Ein zielstrebiger Mann bin ich noch immer“, meint Kremer lächelnd. Zielstrebig, aber ruhig. Wie jemand, der etwas auf die Beine gestellt hat, das bleibt. Obwohl seine Leidenschaft für das Motorradfahren dabei auf der Strecke geblieben ist: „Das gibt mir nichts mehr. Mittlerweile habe ich ein Herz für andere Dinge. Ich möchte Kindern Werte mit auf den Weg geben. Werte, die ich leider erst mit 33 Jahren kennengelernt habe.“

Die Wende „Plötzlich war ich ruhiggestellt“, erinnert er sich. Vielleicht zum ersten Mal beginnt Wolfgang Kremer, sich intensiv mit seinem Leben zu beschäftigen. Er muss einen Gang zurückschalten; will, dass er für seine Töchter mehr ist als ein bloßes Foto an der Wand. Mit seiner Frau Sandra kauft er einen Bauernhof im Westerwald, weit weg vom hektischen Stadtleben. Immerhin ein Anfang. Doch im Innern bleibt Kremer der Geschäftsmann. Sobald er fit ist, sagt er sich, will er eine Hundeschule und ein Tierhotel gründen. Eben wieder etwas auf die Beine stellen. Etwa zwei Jahre später erlebt Kremer eine andere Wende. Keine körperliche. Aber eine, die sein Leben stärker erschüttert als der Infarkt. „Obwohl ich in einem JesuitenInternat aufgewachsen bin, hatte ich nie eine Beziehung zum christlichen Glauben. Doch in der Zeit nach der Herzattacke haben ich und meine Frau Gott kennengelernt.“ Aus dem Kennenlernen wird eine tiefe Beziehung. Kremer lässt die Unternehmensberatung sausen, verkauft seine Geschäfte und verabschiedet sich mit ihnen endgültig auch vom lukrativen Business-Leben. Stattdessen gehen er und Sandra ins Gefängnis: Seit 1987 helfen sie Strafgefangenen. C-Vollzug, fünf Jahre aufwärts. Die harten Jungs. Das Paar erleichtert ihnen nach der Entlassung den Wiedereinstieg ins normale Leben, lässt sie auf ihrem Hof im Westerwald wohnen und arbeiten, unterstützt sie bei der Jobsuche. Später setzen sie neue Akzente: Die Kremers gründen „Menschen in Not“ – eine Organisation, die sich um Kinder kümmert, deren Eltern im Gefängnis sitzen. Für sie veranstaltet der Verein kostenlose Ferien-Freizeiten und vermittelt Betreuer, die das ganze Jahr für die Jungen und Mädchen da sind. „Vorher waren solche Kinder für mich nicht existent“, sagt Wolfgang Kremer. Heute sind sie sein Leben.

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weiter machen Mit Sodastream hat Klaus F. Schmidt 5 Millionen gemacht. Er hat das Geld in zwei Jahren ausgegeben. Die Geschichte von Einem, der immer wieder aufsteht. VORHER

DANACH

„Meine schlechte Schulzeit hat sicherlich meine Entscheidungen geprägt. Ich war auf der Suche nach Anerkennung. Erfolg wird ja immer mit Intelligenz gleichgesetzt, auch wenn die Gleichung nicht stimmt.“ Es ist der amerikanische Traum: vom Tellerwäscher zum Millionär. Klaus F. Schmidt, Jahrgang 1949, verlässt die Hauptschule als schlechtester von 800 Schülern. Er spült Teller auf Kreuzfahrtschiffen, weil er die Welt sehen will. Wechselt zur Fischerei, weil es dort mehr Geld gibt. Aber auch Gewalt, deshalb steigt er bald wieder aus. Schmidt versucht sich als Selbstständiger. Drei Mal baut er aus dem Nichts kleine Firmen auf, drei Mal scheitert er. Dann rufen Bekannte an. Sie haben ein Gerät, den Wassersprudler Sodastream. Sie wollen es verkaufen, können es aber nicht. Schmidt kann, darin ist er ein Genie. Der Umsatz steigt auf 69 Millionen D-Mark pro Jahr, ganz Deutschland will den Wassersprudler. Nach Jahren mit wenig Schlaf und vielen Terminen steigt Schmidt aus gesundheitlichen Gründen aus, bekommt für seine Firmenanteile fünf Millionen D-Mark. Vier Millionen lässt er sich in der Bank bar auszahlen. Viertausend 1000-D-Mark-Scheine, vier Bündel, jedes kaum größer als zwei kleine HandyKartons. Er steckt das Geld in die Taschen seines Parkas, bringt es aber dann zur Bank. Schmidt kauft sich ein schnelles Auto, ein Boot, einen schönen Bungalow. Mit 49 Jahren ist er fertig. Hier endet der Traum - Schmidts Leben aber geht weiter. Er sitzt vor seinem Bungalow, frei und einsam. Seine Freunde müssen arbeiten, er kann seinen Reichtum nicht teilen. Durch einen Zufall findet Schmidt den Weg in ein Spielcasino. Diesmal wird er tiefer fallen als je zuvor.

„Glücklich? Ich weiß nicht, ob ich glücklich bin. Das ist schwer zu sagen. Aber zufrieden bin ich, sehr zufrieden.“ Nach dieser Nacht trifft es Schmidt mit voller Härte: Wohnung weg, Hartz IV. Er steckt seine letzte Kraft in einen Prozess gegen die Spielbank. Schmidt verliert – schon wieder. Er geht ins Sozialamt in Delmenhorst. Das Schicksal zeigt sich grausam: Das Amt ist in das Gebäude gezogen, in dem früher Schmidts Firma war, sein Sachbearbeiter sitzt im gleichen Büro wie einst Schmidts Telefonistin. Ein Déjà-vu, es ist hart, es ist zu viel. Eines Nachts setzt er sich an den PC – bei Freunden, er hat ja keine eigene Bleibe, geschweige denn einen PC. Schmidt schreibt. Über die Nacht, als er alles verlor, sein Leben, seine Spielsucht. Drei Jahre später ist das Buch fertig, Schmidt steht wieder auf. Kein Hartz IV mehr. Er ist Unternehmensberater, will nach seiner Autobiografie nun einen Roman schreiben, trifft Dutzende Journalisten, ein Drehbuch ist fertig, mit Til Schweiger hat er gesprochen. Seine Lebensgeschichte erzählt uns Schmidt in seinem Büro, in dem damals alles anfing. Er ist dort wieder Mieter, hat sogar seine alte Sekretärin wieder eingestellt. „Ich bin stolz, dass ich es wieder geschafft habe“, sagt er. Und dann: „Es ist ein erster Schritt.“ Er ist faszinierend, der Mann, der alles verloren hat, aber nicht den Glauben an sich selbst.

DIE WENDE „Ich habe noch nie einen Fehler gemacht. Das klingt vielleicht arrogant, aber ich habe meine Entscheidungen doch immer nach bestem Gewissen getroffen. Ich würde es nicht wieder so machen, aber Fehler waren es nicht.“ Schmidt spielt: 500 D-Mark auf die 17. Das hat er schon Hunderte Male getan, viel Geld auf geringe Chancen gesetzt. Aber dieses Mal ist es anders. Es sind seine letzten 500 Euro. Der Drehcroupier entlässt die Kugel in den Roulette-Kessel. 4.999.500 D-Mark hat Schmidt bereits verspielt. In zwei Jahren verloren, was er in gut 30 Jahren erkämpft hat. Die Kugel schwirrt durch den Kessel. Schmidt kann keinen klaren Gedanken mehr fassen, ändert seine Entscheidung. Die 10 muss es sein, die 10, schnell. Eigentlich geht nichts mehr, aber für Schmidt geht immer was. Der Tischchef lässt es zu. Runde um Runde dreht die Kugel, unbeirrbar. 500 Euro hat der ehemalige Multimillionär auf dem Tisch: Geld für das Weihnachtsgeschenk des einen und gegen den finanziellen Engpass des anderen Sohnes. Die Kugel senkt sich, klackert durch die Fächer. Zum Manager des Jahres sollte Schmidt gewählt werden, wie ein König ist er im Casino hofiert worden, Bremens Wirtschaftssenator sollte er treffen. Die Kugel fällt – in die 17. Aus. Der Croupier zieht den Jeton vom Tisch, ein lächerlich buntes Stück Plastik. Schmidt verlässt das Casino, er steht draußen im Novemberregen. Wie in einem schlechten Film kommt ein Straßenmusikant vorbei, singt „It’s all over now, Baby Blue“. Schmidt greift in seine Jacke, findet einen allerletzten 50-Euro-Schein zwischen den Taschentüchern. Er gibt ihn dem Sänger. Dann ruft er Freunde an, damit er nicht auf der Straße schlafen muss.

Peter Bongard, Jahrgang 1976, ist Journalist und arbeitet als Redakteur und Fotograf bei der Rhein-Zeitung. Er lebt mit seiner Familie im Westerwald. Markus Kuhlen, Jahrgang 1977, ist ebenfalls Redakteur der Rhein-Zeitung und wohnt im Kölner Stadtteil Ehrenfeld.

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Einer Von Uns Die Bibel ist voll von Wendegeschichten. Der Theologe Norbert Roth hat ausgerechnet die Umstrittenste ausgewählt. Text: Norbert Roth Illustration: Anett Reiche

Seine Faust umklammerte den Lederbeutel mit den silbernen Münzen. Er stand hinter dem bronzenen Portal und schaute auf das Treiben zwischen den Arkadenbögen. Es roch nach verbranntem Fleisch, nach angesengten Haaren und nach Weihrauch. Vorbeieilende Menschen rempelten ihn an, schoben ihn ungewollt auf sein Ziel zu. Den kleinen Schritt in den Vorhof des Tempels wagte er nicht. Er sah nur die gebrochenen Leiber der Opfertiere, die Kruste getrockneten Blutes auf den Altarsteinen. „Was werden wohl die anderen machen, wo sind sie überhaupt?“ grübelte er. Jerusalem, Freitagmorgen, ein strahlend blauer Tag. Bei den römischen Besatzern lief die Verhandlung. Todesurteil, hieß es, Hinrichtung am Kreuz. „Die bringen ihn um“, sagte er leise, „die bringen Jesus um.“ Das hatte er nicht gewollt. Er fühlte sich allein. Keiner der anderen elf war zu sehen. Einer müsste doch helfen! Wo bist du, Petrus? Fels! Jakobus? Donnersohn! Johannes, du Freund – wo seid ihr? Besser, sie fänden ihn nicht. Sie wollten sicher wissen, ob er auch sie verraten hat. Sein einziger Halt waren die Priester im Tempel, zu denen wollte er gehen. Dreißig Silberlinge hatten sie ihm angeboten, vor Wochen schon. Das Geld, das man als Ersatz für einen versehentlich getöteten Sklaven bekam. „Wo stehen sie eigentlich, Judas?“ hatten sie ihn gefragt. „Ganz einfach“, sagte er, „auf der Seite der Guten.“ „Wunderbar, dann willkommen!“ Er ließ sich drauf ein und hatte doch keine Entscheidung getroffen, mit dem Feind zu kollaborieren – meinte er. Aber jetzt wollte er das Geld zurückgeben. Er wollte werden wie sie, gelassen, klug und respektiert. Sie hatten mit nur einer Frage seine Geschichte umgeleitet, sein Wollen gewendet und Taten erzwungen. Denn sie wollten doch alle dasselbe, oder nicht? Hassten die Priester die Besatzer nicht genauso wie er? Er wollte nichts, außer Freiheit. „Gott hat mich gesandt“ so hatte er doch von Jesus aus den alten Schriften gelernt, „den Elenden gute Botschaft zu bringen, die zerbrochenen Herzen zu verbinden, zu verkündigen den Gefangenen die Freiheit, den Gebundenen, dass sie frei und ledig sein sollen.“ Sollte Jesus sich nicht endlich als der Befreier zu erkennen geben, wenn sie ihm die Freiheit nähmen? Dann würde er dreinschlagen, seine himmlischen Heere mobilisieren. Aber stattdessen ließ er sich binden. 68 LEBENSWENDEN



Über Judas heute ein Urteil zu fällen, ist schwer. „Nicht in der Flucht der Gedanken, allein in der Tat ist die Freiheit“ sagt Bonhoeffer, der in der Suche nach einer Antwort auf das Warum an Judas einen Hinweis finden wollte, von welcher Art ein Verräter sein muss, der sich mit dem Ausgelieferten an den Tisch setzt. Bonhoeffer schreibt, indem er die Bibel zitiert: „Da kam Judas, einer von den Zwölfen…“ und fügt hinzu: „Ob wir etwas spüren von dem Grauen, mit dem der Evangelist dieses kleine Satzteilchen geschrieben hat? Judas, einer von den Zwölfen. Was war hier mehr zu sagen? Das heißt doch, es war unmöglich, dass dies geschah, es war ganz unmöglich und es geschah doch. Nein, hier ist nichts mehr zu erklären und zu verstehen.“ Das ganze Ausmaß des Schreckens kommt erst am dicken Ende der Leidensgeschichten. Der Verrat, die Erkenntnis und der Weg in die Einsamkeit. Judas irrte zwischen den Säulen der Vorhalle umher. Die Hand an den Mund gelegt, kaute er an seinen Fingernägeln. Wie Feuer brannten die alten biblischen Worte in seinem Inneren. Jesus ist der Gefangene – seinetwegen, gebunden und ausgeliefert. Mit diesen Worten hatte er sich selbst das Urteil gesprochen. Die Scham ließ ihn spüren, wie sehr er von anderen Menschen entzweit war durch seinen Verrat. In Zwietracht mit Mensch und mit Gott – nur für sich. Und sein Gewissen ließ ihn wissen, wie entzweit er auch mit sich selbst war. Der bereits geknüpfte Strick ständiger Selbstanklage – „ach, hätte ich doch!“, „ach, hätt’ ich doch...“ Der Verrat an Jesus durch den Jünger Judas. Eine Lebensgeschichte. Judas hatte eine falsche Entscheidung getroffen. In den biblischen Erzählungen ist viel Platz, um mit seinem Leben einzuziehen, die uralten Regale mit den eigenen Geschichten zu füllen und Gott seinen persönlichen Psalm zu klagen. In der Bibel wird die Geschichte von Judas erzählt wie beiläufig, immer mal wieder in wenigen Sätzen. Einer von ihnen war er. Der Mensch sei das riskierte Geschöpf Gottes, heißt es. Die Abgründe seiner Möglichkeiten sind unbegrenzt. In seiner Freiheit kann der Mensch sogar zum Risiko für Gott werden. Die

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Botschaft der Liebe missbraucht und verkauft. Bei Judas fehlt alles, was an den anderen biblischen Jüngergeschichten so fasziniert: eine ordentliche Vorher-Nachher-Dramatik, wie sie Petrus kennt, Paulus oder Thomas. Petrus war ein Großmaul und ein lügender Feigling, aber Jesus vertraute ihm trotzdem die Menschen seiner kommenden Kirche an. Eine nette, nachvollziehbare Geschichte mit Happy End. Das gefällt. Die Worte über Judas hinterlassen dagegen einen bitteren Geschmack. Nichts ist gut. Das Gute fehlt völlig! Judas hielt inne, setzte sich. Ein geheimer Verrat – der so offensichtlich war. Am vergangenen Abend beim Essen herrschte Verwirrung unter den Jüngern, als sie durcheinander quasselten, nachdem Jesus über den Verrat gesprochen hatte: „Herr, bin ich’s? Herr, bin ich’s? Herr bin ich’s…?“ und mittendrin nannte er den Verräter – für alle hörbar. Jesus wusste es. Petrus wusste es, Johannes auch. Und Judas wusste, dass sie es wussten. „Bin ich es etwa, Rabbi?“ „Du sagst es…“ Das waren die vorletzten Worte, die er von Jesus je hören sollte. Nun saß er auf der schäbigen Holzbank im Tempel, grub seine Stirn in die Handflächen, den Geldbeutel noch immer zwischen den Fingern. Das war er – heute, als wären seit gestern drei Jahrzehnte vergangen. Er spürte die Erschöpfung, den pochenden Puls, den Druck zwischen den Kiefern. Jetzt hätte er eine Schulter gebraucht, ein offenes Ohr, ehrliche Augen. Diese Einsamkeit kannte er nicht, bis zu jener Stunde, die sein Leben wendete. Die Stunde, in der in ihm der Verrat zu wachsen begann und um die sich seither sein kümmerliches Selbst wendete und die sein Gewissen tödlich verwundet hatte. Was ihm am meisten schmerzte, war die verratene Liebe. Der falsche Kuss zur Unzeit, ein gestohlener Kuss geheuchelter Zuneigung. Er wusste, dass ein Kuss Verabredung braucht. Ein echter Kuss ist keusch, ist absichtslos und geschieht, weil beide es wollen. Diese vertraute Verabredung der Zweisamkeit hatte er verraten. Das Zutrauen seiner Freunde – seines Rabbi. „Judas,“ flüsterte Jesus ihm ins Ohr „mit einem Kuss verrätst du mich?“ Es fühlte sich so an, als treibe ihn der Schwindel vor sich her. Er hatte mit jemand anderen Verabredungen


„Wo stehen sie eigentlich, Judas?“ hatten sie ihn gefragt. „Ganz einfach“, sagte er, „auf der Seite der Guten.“

getroffen, die plötzlich mehr wogen, als die zerbrechlichen Versprechen der ersten Liebe. Sein Kuss hatte eine andere Botschaft. Der Kuss meinte nicht Jesus, er meinte nicht den Freund, er meinte jemand anderes. Der Kuss, den Judas Jesus auf die Wange drückt, spricht nicht mit dem geküssten Jesus, sondern redet mit den Soldaten. „Mit einem Kuss, Judas?“ Ja, mit einem Kuss. Die Schreiber des Neuen Testaments geben keine Auskunft über die Motive des Judas. Das Warum interessiert heute mehr, als es die Menschen damals umtrieb. Dort ist er die tragische Person an der Seite Jesu – der selbst durch die ungebrochene Zuneigung sich nicht verändern will oder kann. Der Sohn des Verderbens wird er genannt. Das klingt ungerecht, legt doch sein Verrat in der christlichen Theologie den Grundstein für die Erlösung der Welt. Aber auch diese Frage der Kausalität stellen und beantworten Matthäus, Markus, Lukas und Johannes nicht. Sie ist uninteressant. Denn Judas zu entschuldigen, hieße ihm das Urteil zu sprechen und das steht niemand zu – außer Gott. Seine Tragik lag darin, dass er um der Freiheit willen meinte, das Richtige zu tun, aus Angst und aus Kalkül. Aber wie hatte Bernhard von Clairvaux gesagt: „Weder die Furcht noch die auf Eigenes bedachte Liebe verändert die Seele. Diese Regungen verändern lediglich ein wenig das Gesicht oder das Verhalten, aber niemals die Ausrichtung des innersten Strebens.“ Er ging in den Tempel, um seinen Judaslohn zurückzugeben. Die Gottesmänner würden ihn entlasten, die Schuld als beglichen ansehen, ihm der Freiheit zurückgeben. Er wusste noch nicht, dass er enttäuscht werden würde. Er hörte von ihnen nur: „Was geht das uns an? Das ist deine Sache!“ Er hatte gehofft, von jenen einen Freispruch zu erwarten. Er sehnte sich so sehr, das zu bekommen, was er so dringend suchte – Freiheit. Diese Freiheit, das wusste er, müsste ihm ein Dritter geben. „Den Verzweifelten rettet kein neues Gesetz“ schreibt Bonhoeffer, „es treibt ihn nur noch hoffnungsloser in die Verzweiflung; dem am Leben Verzweifelnden hilft nur die rettende Tat eines anderen, das Angebot eines neuen Lebens.“

Judas warf den Geldbeutel in den Tempel, so dass die Münzen klirrend den Raum durchtanzten. Er lief hinaus ins Licht. Schrie, weinte und lief. Und lief aus der Stadt hinaus… In der Ferne sah er, wie sie ein Kreuz auf dem Felsen aufrichteten. Und noch eins. Und dann ein drittes. Ein Gewitter zog auf. Warum Judas nicht dahin rannte, wird eines der großen, ungelösten Geheimnisse der Menschheit bleiben. Sterbend, noch am Kreuz erlöste Jesus einen angenagelten Menschen. Wäre Judas nicht in den Tempel, sondern unter das Kreuz gelaufen – womöglich wäre das der Ort seiner Freiheit geworden. Aber er tat es nicht. So blieb das Leben des Judas im eigenen Konjunktiv hängen: „Ach, hätte ich doch…“ an diesen Strick band Judas am Ende selbst sein Leben und starb. Die Geschichte des Judas steht im Evangelium. Nicht aus Zynismus, nicht als Drohung. Denn das Leben des verratenen Mannes aus Nazareth ist das Drama Gottes von der Sorge um Judas. Judas – der Mensch. Des Menschen Tun und Lassen, das Soll seines Lebens, seine nackte Existenz ist der Sinn des Menschgewordenen Jesus. Das Leben Jesu ist die großartige Nachricht für Judas. Der Verrat begründet doch nur das Vorletzte – so stark ist er nicht. Denn im Letzten war Jesus auch der Erste, er ist auferstanden. Auch für Judas, den Menschen. So endet das Leben des Verräters nicht mit seinem Selbstmord. Es endet mit den Worten Jesu am Kreuz: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.“ Und mit diesen Worten beginnt es dann auch – ganz neu.

Norbert Roth ist Pfarrer der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern. Derzeit arbeitet er als Referent für den Zweiten ­Ökumenischen Kirchentag, der 2010 in München stattfindet.

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Lebenslinien Kurven, Talfahrten, Höhenflüge: Wer sein Leben in eine Linie verwandelt, lernt viel über die Wendepunkte der eigenen Biographie – und darüber, dass weder das große Geld noch grenzenlose Freiheit glücklich machen. Text: Jens Toennesmann

Die Stimmungskurve seines Lebens zeichnen? Mein Gesprächspartner greift zum roten Stift. „Ach, das geht schnell.“ Meint er. Minuten vergehen, bis er den ersten Strich malt – und mehr als zwei Stunden bis zum letzten. Dazwischen liegt ein langes Gespräch über Wenden und Scheinwenden, das Ying und Yang der Freiheit, Wert und Unwert des Geldes. Über die große Euphorie und die Katerstimmung danach. Ein Gespräch, in dem der 32-Jährige vieles sagt und noch mehr denkt. Das eigene Leben im Kopf Revue passieren zu lassen ist das eine – darüber zu reden und es aufzumalen etwas ganz anderes. Keine Biographie verläuft schnurgerade. Wer seine persönliche Stimmungskurve aufmalt, nimmt mit jeder Bewegung nach oben oder unten eine Bewertung vor: Steigt die Linie, wurden die Zeiten besser. Fällt sie, ging es bergab. Denn unser Glück schwankt – ebenso wie das Vermögen, das wir besitzen und die Unabhängigkeit, die wir zu haben glauben. Wer all das in Linien verwandelt, merkt schnell, dass Geld nicht automatisch glücklich macht. Eine Binse. Aber auch Freiheit kann dem schnell zu viel werden, der sich nach Orientierung sehnt. Während sich die Linie langsam als Extrakt der Erinnerungen aufs Papier windet, füllen sich das Blatt mit Wendepunkten und der Kopf mit Gedanken, Fragen, Zweifeln. Es war nicht alles schlecht – aber wird je alles gut? War diese Krise nötig, damit jener Höhenflug erst möglich wurde? Und was wäre, wenn…?

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Ja, was wäre nur, wenn? Zumindest eine theoretische Alternative wohnt jedem Wendepunkt inne. Hinter einigen steckt ein schwerer Schicksalsschlag oder ein glücklicher Zufall, hinter anderen eine dumme oder kluge Entscheidung. Viele Wenden stellt das Leben mit dem Menschen an – nur wenige der Mensch mit seinem Leben. „Ich versuche seit Jahren mich zu verändern“, sagt mein Gesprächspartner. „Aber ich schiebe es immer vor mir her. Alles passiert, einfach so.“ Es geht immer weiter: Auf und ab. Ab und auf.


Er, 32: Wende zum Guten Im Herbst 1989 steigt er mit seiner Schwester und seiner Mutter in Magdeburg in den Zug nach Prag. Dort klettern sie über einen Zaun, in eine Zeltstadt, eingegraben in den Matsch der westdeutschen Botschaft. Abends hört er Genscher reden – und steht ein paar Tage später im Unterricht an einem Gymnasium im Bergischen Land, 24 Augenpaare auf sich gerichtet. „In der DDR wurde uns eingebläut, die BRD sei der Klassenfeind“, erinnert er sich, „und plötzlich war ich selber dort.“ Auf ihn wartet nicht die große Freiheit, sondern die totale Desorientierung. Im Osten hatte er Freunde in der Schule, Böller zu Sylvester und einen Schwarzweißfernseher im Zimmer. Im Westen sind Ersparnisse, Freunde und Fernseher plötzlich weg. Erst als er aus dem Aussiedlerheim auszieht und anfängt, für ein paar Mark Zeitungen auszutragen, kann er sich „aus der Rolle des armen DDR-Kinds“ befreien. Er spart, kauft sich einen Computer, macht den Führerschein und Abitur, fährt in die USA und richtet sich die erste eigene Wohnung ein. Er wird zum jüngsten Ratsmitglied seiner neuen Heimatstadt gewählt und beginnt, zu studieren. Er tut sich zusammen und trennt sich, vielleicht einmal zu viel. Er studiert und studiert, vielleicht etwas zu lange. Seine Grundstimmung wird schlechter. Nur sein eigenes Unternehmen sorgt dafür, dass sie heute nicht ganz im Keller ist. Obwohl das Geld reicht und seine Freiheit nie größer war: Er ist frei, aus 30 Zahnpasta-Sorten die leckerste zu wählen – aber auch frei, sein Studium abzubrechen und

morgen auszuwandern. „Ich bin jung“, sagt der 32-Jährige, „alle Möglichkeiten stehen mir offen.“ Das ist ein Satz, den man oft hört – aber selten so, wie er ihn sagt. Er klingt wie jemand, der ratlos vor einem Wegweiser steht – und dann der Einfachheit halber erstmal geradeaus weiter geht. „Die Freiheit“, sagt er, „hat auch ihre negativen Seiten. Zu viel davon macht unglücklich.“ Aber so soll der Text nicht enden. Sondern mit einem Satz, den er gleich mehrmals sagt, damit er in dem langen Gespräch nicht verloren geht: „Ich bin Optimist. Ich glaube fest dran, dass die Dinge sich zum Guten wenden.“

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Sie, 58: Nicht verbiegen lassen Sie ist eine lustige Frau. Zudem hilfsbereit und unterhaltsam, herzensgut und fröhlich. Trotz allem, was passiert ist. Trotz der „ganzen Schiete“ vor ein paar Jahren. Aber der Reihe nach. Als sie geboren wird, ist alles da, was man zum Leben braucht: Familie, Geld, Freiheit. Alles da und alles gut – bis ihre Freundin stirbt. Da geht sie noch zur Schule. Später kommt sie auf ein Internat. Schulwechsel sind ein Schock, aber sie verdaut ihn schnell. Sie lebt sich ein und zieht später um: An den Tegernsee, wo sie eine Hotelfachschule besucht. Das nächste Mal so richtig gut geht es ihr, als ihr Sohn unterwegs ist. Und zwei Jahre später ihre Tochter. Auch wenn das weniger Freiheit und mehr Verantwortung bedeutet: Kinder machen anscheinend sehr, sehr glücklich. Ihre Stimmungskurve schlägt nach oben aus, zweimal: „Sieht wie ein Kölner Dom aus“, sagt sie. Und lacht. Ein Lachen, so überzeugend, dass man am liebsten mitlachen möchte. Bis man hört, was es mit der großen Schiete auf sich hat. Die acht Wochen 1995, in denen aus ihrer Familie eine halbe wurde, weil ihr Sohn und kurz darauf ihr Mann starben. „Vom Tod“, sagt sie, „hat mein Leben ganz schön viel mitbekommen.“ Und doch ist sie optimistisch geblieben, engagiert sich in ihrer Heimatstadt für Kinder und Jugendliche, hat sich und ihr Lachen und ihre Fröhlichkeit nicht untergeordnet – weder anderen Menschen, noch den schweren Schicksalsschlägen. Allen Wendepunkten zum Trotz: „Ganz wichtig ist“, sagt sie, „dass man sich davon nicht verbiegen lässt.“

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Sie, 84: Das Leben von allen Seiten Sie hat das Leben von allen Seiten kennen gelernt. Ihre Kindheit verbringt sie in Mark Brandenburg auf dem großen Hof ihrer Eltern, als der Krieg kommt, ist sie 14 Jahre alt. Es folgt die Flucht vor den Russen und den Polen, die in das Land einfallen. Sie kommt in ein Flüchtlingslager in Kiel – den gewaltsamen Abschied von ihrer Mutter hat sie nie vergessen. Nach dem Krieg führt sie ein Zufall nach Nordhessen. Ihren Mann lernt sie beim Arbeiten auf dem Feld kennen. Sie heiraten. Die Jahre der Nachkriegszeit sind unsicher, aber ihre Situation bessert sich spürbar. Der Lastenausgleich reicht für ein kleines Haus in einem nordhessischen Dorf. Hier lebt sie heute noch, auch wenn sie bei Heimat an den Bauernhof in Mark Brandenburg denken muss. Hier hat sie ihren Mann und ihren Sohn begraben, die sie beide überlebt hat. Sie ist eine Frau, die das Leben von allen Seiten kennen gelernt hat. Man merkt ihrer ruhigen Zufriedenheit an, dass es ihr letztlich nichts ausrichten konnte.

Jetzt bist du dran: Du kannst dieses Experiment ganz alleine wagen. Oder du suchst dir einen guten Freund/eine gute Freundin, dem/der du von deinem Leben erzählst, während du deine Linien zeichnest. Ein Blatt Papier und drei bunte Stifte reichen dazu. 1. Male eine lange waagerechte Linie an der Unterkante des Blattes. Das ist die Zeitachse: Der äußerste linke Punkt ist „damals“, der äußerste rechte ist „heute“. 2. Male eine senkrechte Linie, die ganz links auf der waagerechten steht. Dies ist die Größenachse. Das obere Ende steht für „viel“, ganz unten für „wenig“. 3. Nun zeichne deine Stimmungskurve für die Zeit deines Lebens, von damals bis heute. Beschrifte wichtige Ereignisse. 4. Nun zeichne in einer zweiten Farbe deine Geldkurve über die Zeit deines Lebens. Macht Geld dich glücklich? 5. Zuletzt zeichne deine Freiheitskurve von links nach rechts. Hängt Freiheit von Geld ab? Und wie sehr macht sie dich glücklich?

Jens Toennesmann, Jahrgang 1978, ist Journalist und lebt in Köln. Seine Texte sind in der WirtschaftsWoche, brand eins und Die ZEIT erschienen; außerdem ist er Dozent an der Kölner Journalistenschule.

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AM Stammtisch

der Skepsis Text: Florian Blaschke Illustration: Clara Anders

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Als Kind, ich mag zehn oder elf gewesen sein, habe ich manchmal in unserem Garten gesessen, habe das Gras, die Blumen und den Himmel betrachtet und mich gefragt, ob andere Menschen all diese Dinge genauso sehen wie ich. Vielleicht erschien ihnen das Blau des Himmels ja als Rosa? Oder das Grün des Rasens als Orange? Waren Farben nur Begriffe, auf die man sich geeinigt hatte, die aber über die Wahrhaftigkeit der Welt kaum etwas sagten? Das Wundern ist der Beginn der Philosophie, sagt man. Und heute weiß ich, dass ich damals ein kleiner Skeptiker war, der den Zustand der Welt hinterfragt und wissen will, was er eigentlich wissen kann. Während ich aber im Garten gesessen und gegrübelt habe, wurden einige Menschen knapp 500 Kilometer weiter östlich ebenfalls von etwas gepackt, was man Skepsis nennt. Dort, in Leipzig, Berlin, den Neuen Ländern, war gerade die Wiedervereinigung vollbracht. Zuerst noch zögernd, dafür um so rascher nach diesem politischen Bravourstück, wurden kritische Stimmen laut, die das mit den blühenden Landschaften genauer wissen wollten. Skeptiker. Das griechische Verb „skeptomai“ nämlich, von dem sich Skepsis ableitet, bedeutet keineswegs zweifeln. Es bedeutet „genaues Hinsehen“. Dort, wo sich Dinge wandeln, wo das Neue hervorbricht, werden die einen skeptisch, während die anderen wegschauen und weitermachen wollen wie zuvor – ein beliebtes und gerne überspitztes Motiv auch in der Literatur. Patrick Süskinds Novelle „Die Taube“ beispielsweise handelt von dem reichlich merkwürdigen Jonathan Noel, für den schon jede kleinste Veränderung eine Bedrohung ist und der am liebsten anonym und ungestört in seinem kleinen Zimmer leben würde. Schon eine Taube im Treppenhaus zerstört seine absonderliche Idylle und bringt ihn völlig aus dem Takt. Dem gegenüber steht die Einsicht, dass Leben nunmal aus Wandel besteht, ja, nur durch ihn existieren kann. „Wenn wir wollen, dass alles so bleibt, wie es ist, müssen wir zulassen, dass sich alles verändert“, sagte der italienischer Autor Giuseppe Tomasi di Lampedusa. In den Tagen der Wende aber brauchte es schon ein wenig mehr als nur eine Taube, um die Skepsis wieder wachzurütteln, war das genaue Hinsehen doch zeitweise von der Euphorie unterdrückt oder zumindest beiseite gewischt worden. In den Nachwendejahren kam es dafür um so geballter zurück und wurde Stück für Stück zu einem Massenphänomen, das umschlug, vom genauen Hinsehen über den Zweifel und die Sorge bis hin zu einem ausgewachsenen Pessimismus – gemeinhin alles Skepsis genannt. Der Skeptiker ist zum Nörgler geworden, zum Schwarzmaler, durch und durch negativ besetzt. Dabei zeigt sich der Stammtisch der Skepsis eigentlich hübsch belebt. Sie hockt dort zusammen mit der Angst und dem Misstrauen, spielt Karten mit der Zurückhaltung und dem Zweifel, doch am selben Tisch sitzen auch die Zuversicht und die Kreativität, der Optimismus und die Neugier. Insgesamt also eine recht ausgeglichene Runde. 20 Jahre nach der Wiedervereinigung ist Skepsis wieder en vogue, taucht sie doch vor allem dann auf, wenn sich Dinge schneller verändern, als gewohnt. Nun könnte man meinen, ein skeptischer Umgang mit der Welt halte auf und verhindere Fortschritt. Dabei verdankt sich die gesamte Aufklärung, jedes Über-den-Haufen-werfen vermeintlicher Erkenntnis der Frage, ob die Welt wirklich so ist, wie sie uns erscheint oder beigebracht wird. Echte Veränderung im Sinne einer Revision der Welt ist ohne Skepsis unmöglich.

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Nur bei allzu schnellem Tempo kommt der Mensch aus dem Tritt. Ein Beispiel bei all den aktuellen Krisen ist die Situation der Medien. „If change is happening on the outside faster than on the inside the end is in sight“, hat Jack Welch, der ehemalige Vorstandsvorsitzende von General Electric, einmal gesagt. Wenn die Journalisten also, die das Phänomen aus den Redaktionsstuben betrachten, den Wandel der Medienwelt da draußen beobachten, wie er mit irrsinnigem Tempo vonstatten geht, wie das Internet in ihre Welt eindringt, wenn sie merken, dass sie all dem nicht folgen können, nicht folgen wollen, wenn sie eben nicht mehr genau hinschauen, sondern ihre Skepsis dem Pessimismus weicht, haben sie aufgegeben. Das scheint eines der grundlegenden Probleme des Wandels zu sein: Sein Tempo. Der Journalist Peter Glaser hat dazu in einem viel beachteten Artikel geschrieben, man dürfe nun jedoch nicht den Fehler machen, die Symptome des Übergangs mit der gesellschaftlichen Perspektive zu verwechseln. „Manche haben das Gefühl, nicht mithalten zu können mit den Beschleunigungen der digitalen Welt. Aber wir befinden uns in einem Übergang und die Beschleunigung gehört zu den Symptomen dieses Übergangs. Was wir erleben, ähnelt einem flimmernden Bildschirm, der so lange nervt, bis die Bildfrequenz über 72 Hertz steigt. Dann wird das Bild ruhig und klar. Beschleunigt man weiter, wird das Bild nur noch ruhiger und klarer.“ Auf dieses ruhige und klare Bild aber muss man manchmal lange warten, so wie zuletzt bei zwei viel beachteten Wahlen: Barack Obama wurde, so überraschend er aus Sicht vieler Europäer aufgetaucht sein mag, zügig und mit großer medialer Unterstützung zum Helden erkoren, der „Change“ brachte – Wandel. Kaum kritische Stimmen gab es, erst recht nicht, da sein Amtsvorgänger George W. Bush immer weniger Unterstützer fand. Da genügte der Wandel vielen als Schlagwort. Kaum aber war gewählt worden, spätestens jedoch mit der Amtseinführung, kamen die Skeptiker, die verkündeten, Wandel klinge ja ganz nett, ob Obama den jedoch wirklich bringen würde, mit allen Konsequenzen, bleibe abzuwarten. Da müsse man schon genau hinsehen, nach hundert Tagen Amtszeit wisse man mehr. Vielleicht. Dasselbe Phänomen, nur mit noch höherem Tempo, war gerade erst bei den Wahlen im Iran zu beobachten. Da ereignete sich plötzlich eine Beinahe-Revolution, ein Wandel im Quadrat kündigte sich an, da wurde das Ergebnis der Präsidentenwahl angezweifelt, die eindeutig für Amtsinhaber Mahmud Ahmadinedschad ausgegangen sein sollte. Da bekamen die Anhänger seines Herausforderers Mir Hossein Mussawi Rückendeckung aus dem Westen, von Internetaktivisten, durch die Medien. Und Mussawi? Der wurde zum Retter stilisiert, zum Liberalen, zum Freund des Westens. Als jedoch klar wurde, dass diese Revolution keine sein würde, dass das Regime die Wahlen nicht wiederholen lassen würde, hörte man auch leisere Stimmen, erschienen erste Berichte mit skeptischem Tenor. Berichte, die davon handelten, dass Mussawi zwar das kleinere Übel gewesen wäre, ein Befreier, ein Liberaler gar, ein Freund des Westens aber mit Sicherheit nicht. Insofern also ist die Skepsis zwar ein Korrektiv. Je höher aber das Tempo des Wandels, um so mehr verspätet sie sich, scheint es. Dabei handelte es sich in den USA oder dem Iran sogar noch um recht überschaubare Zwei-Fronten-Szenarien. Kommt der Wandel jedoch noch rascher, macht er die Lage verworren, wie im Falle der Wiedervereinigung oder dem Untergang der Weimarer Republik, zu dem Hans Magnus Enzensberger in „Hammerstein oder der Eigensinn“ schreibt: „Überall Widersprüche, Versionen, Ausreden und Propagandalügen. Das gilt vielleicht für die meisten unvorhergesehen Wendepunkte der Geschichte.“ Und doch, je mehr Widersprüche, Versionen, Ausreden und Propagandalügen auftauchen und einen direkten, klaren Eindruck verhindern,

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desto genauer schauen einige wenige Menschen dann doch noch hin. Manchmal aber eben erst 80 oder 90 Jahre später, mit gesundem historischen Abstand. Doch auch bei zurückgenommenem Tempo kommt die Skepsis ins Spiel. Manchmal verändern sich Dinge schleichend, manchmal über Generationen. Spätestens seit dem 19. Jahrhundert etwa gibt es Skeptiker, die glauben, unsere Sprache werde schlechter, sei einem Verfall preisgeben, die Einflüsse aus fremden Sprachen verwässerten den Wortschatz, Menschen, die glauben, frühere Generationen seien kreativer, ja klüger mit ihm umgegangen. Auch der Philosoph Arthur Schopenhauer meinte, die Sprache werde „stufenweise schlechter“. Seine und die Skepsis anderer aber erweist sich bei – ganz richtig – genauem Hinsehen, gar nicht als Skepsis, als genaues Hinsehen, sondern als falsch verstandener Traditionalismus, als ein Pessimismus, der schließlich zu Konstrukten wie der Rechtschreibreform führte, gegen die sich wiederum – auch nur teils echte – Skeptiker wandten. Manchmal also kommt die Skepsis gleich aus zwei Richtungen, in verschiedenen Gewändern. Manchmal kommt sie von einer Seite nicht als Geisteshaltung daher, sondern als schlichter Reflex, um auf das Gegenüber – das Bemühen, Sein und Schein zu trennen – einzudreschen. Spätestens jetzt sind wir wieder am Stammtisch der Skepsis angekommen, einem Ort, an dem es durchaus auch laut werden kann, an dem Phrasen gedroschen und Vorurteile gepflegt werden. Einem Ort, an dem die verschiedensten Parteien sitzen. Über allem aber schwebt eine Frage: Was eigentlich können wir wissen? „Wenn wir immer wieder entdecken, dass die Welt anders ist, als sie uns erscheint, wieso erkennen wir dann nur ein Weltbild, nur eine Interpretation der Welt an?“, fragt der Philosoph Markus Gabriel. „Woher eigentlich unser Zutrauen in die Wissenschaft, da diese selbst ihr Bild der Wirklichkeit doch beständig revidiert?“ Damit setzt man sich auch an unserem Stammtisch auseinander. Gerade in Fällen des politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wandels nämlich ist man dort auf Experten angewiesen – Politiker, Wirtschaftswissenschaftler, Journalisten. So mancher aber tarnt seine Ideen – gedeckt durch verschiedenste Interessen – als konkrete Vorhersagen. So mancher will uns zeigen, wie die Welt nach der Wende, nach der Wahl, nach der Rezession aussehen wird, nicht, wie sie aussehen könnte. Tritt eine dieser so konkret scheinenden Prognosen dann doch nicht ein, werden wir umso mehr enttäuscht. Oder wir werden skeptisch. Damit das aber gar nicht erst passiert, werden zwei Mittel besonders gerne genutzt: Zum einen die Rhetorik, von der Platon sagt, sie sei die Kunst des logischen Scheins, die das Wissen, das Sein, durch den Schein ersetze und somit dazu diene, die Überzeugungen der Menschen zu manipulieren, also die Skepsis auszuhebeln. Oder, um noch einmal in einem besonders lauten Moment an den Stammtisch zurückzukehren: „Die lügen doch eh alle, was das Zeug hält.“ Zum anderen die Ablenkung, wie sie etwa in der Unterhaltungsbranche das Mittel der Wahl ist. In „Die Auswanderer“, „Die Supernanny“ oder den unzähligen Castingshows ist es zwar der Wandel, der versprochen oder zumindest in Aussicht gestellt wird – die Chance auf ein neues Leben in der Fremde, auf wohl erzogene Kinder, eine große Karriere. Bloß soll der Zuschauer hier nicht genau hinsehen, sondern nur möglichst lange. Er soll nicht hinterfragen, sondern bloß zweifeln. Gelingt das Experiment? Oder scheitern die Protagonisten? Und insgeheim soll er darauf hoffen, dass der Wandel gerade keine Chance hat, am Ende dasitzen und sagen: „Hab ich es doch gewusst, das schaffen die nie.“ In solchen Momenten tut die Skepsis nicht nur gut daran, einen Schritt zurückzutreten, sie muss es sogar. Damit sie die Polemik der Vorurteile, der Angst, des Misstrauens ausgleichen kann, damit sie an den Stammtisch zurückkehren kann, um die Wogen ein wenig zu glätten, braucht sie Abstand – sei es historischer, räumlicher oder emotionaler. Die Kraft, eine Größe zu sein, die unsere Gesellschaft stetig begleitet, schöpft sie aus der Ruhe, die nötig ist, um genau hinsehen zu können und aus dem Wandel, der nur hingenommen, vielleicht bedauert, vielleicht beschimpft wird, eine echte Veränderung zu machen. Ich weiß nicht, wie lange ich nicht mehr in unserem Garten gewesen bin. Vielleicht sind es fünf Jahre, vielleicht sechs. Meine Eltern wohnen nicht mehr dort. Doch ich weiß, ich könnte auch heute noch dort sitzen, mir über das Gras und die Blumen, den Himmel und die Welt Gedanken machen. Das Wundern verlernt man nicht. Vor kurzem habe ich aus Versehen blaue Kartoffeln gekauft.

Echte Veränderung im Sinne einer Revision der Welt ist ohne Skepsis unmöglich.

Florian Blaschke, Jahrgang 1979, lebt und arbeitet als Journalist in Leipzig.

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10 Dinge, die Dein . 1 Leben 2. verändern 3. werden 4. Lege einen kleinen Nutzgarten auf einer Verkehrsinsel in deiner Nähe an.

D er F a h r st u ei n S essel, hl in dein e ei n T eppic r Firma w är h und einig e doch vie Fis e Grü l npfla schöner, w mi che d n z en te d a r i n en n ine ir ein ständ m en … rüh e SPA ren Mde n M a pe il au r sö n l i s de m ch en Pap A n ier sch kor rei b u ben nd . an tw ort e

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nem rührenden persönlichen Anschreiben.

6.)

Winter 2009 # 2 Still

FROH! Verschenken

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Nimm bei Deinem nächsten Urlaub die Bilder im Hotelzimmer ab und male auf die Wand dahinter deine persönliche Urlaubsimpression

Eins und Eins sind Drei!

Erkläre dem Menschen hinterlebt Dirvon in der Das FROH! Magazin der Schlange, Neugierde, die alle Mitwirkenden mit denjenigen wie der teilen, Fahrkarten-Automat funktioniert. die FROH! lesen. Zusammen betrachten wir die besonderen Ereignisse des Jahres

und beschäftigen uns mit den Fragen und Themen, die dahinter stehen. Lege einen Nutzgarten aufwir einer Verkehrsinsel Mitkleinen jeder Ausgabe nehmen neue Blickwinkel in eindeiner und esNähe entsteht etwas, das größer ist als die Summe seiner Teile: Ein unabhängiges, werbefreies Non-Profit Magazin, das seine Leserinnen und Leser bewegen will.

Gehe inAuf einenunserer Biomarkt und frage im kannst Lager, ob Du Website Dukostenlos FROH! kaufen, Lebensmittel mitnehmen kannst, die sonst weggeschmissen würden. verschenken und supporten. Gut, dass Du dabei bist! Das Geld, das Du gespart hast, kannst Du spenden.

10.)

Mache ein FROH!-Abo.

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Auf die Plätze, fertig, FROH! FROH! stellt mit jeder Ausgabe ein gemeinnütziges Projekt vor, das sich für einen verantwortungsbewussten Umgang mit Menschen einsetzt und gesellschaftliche Alternativen entwickelt. anorak21 sind Raumpioniere in Nordhessen. Interview mit Pascal Bewernick Foto: Samuel Waldeck

Vor zehn Jahren haben wir anorak21 gegründet. Mitten in Nordhessen, wo es sonst kaum Angebote für Jugendliche gibt. Zusammen mit den Dorfkids haben wir in einem Pferdestall begonnen Partys und Konzerte zu organisieren. Wir haben mit ihnen eine Miniramp und einen Streetballplatz gebaut, Filme gedreht und ein kleines Fanzine rausgebracht. Mittlerweile sind wir ein eigenständiger Verein und aktiver Teil der Jugendhilfelandschaft unseres Landkreises. Neben unserer Offenen Jugendarbeit, zu der wöchentlich zwischen 25–40 Kids kommen, veranstalten wir mit Jugendlichen Konzerte und supporten Nachwuchsbands aus unserer Region. Wir haben einen Bandproberaum und nehmen Jugendliche, die ein neues Zuhause brauchen, bei uns auf.

82 LEBENSWENDEN

Manche entdecken, wie viel Potential und Schönheit in ihnen liegt, weil andere an sie glauben. Sie wagen sich, ihr Leben zu entdecken. Ein Herzstück unserer Arbeit ist das Leben als Gemeinschaft. Zurzeit leben wir hier mit vier Familien, zwei Singles und zwei Jugendlichen, die wir betreuen, in unseren Häusern. Bei unseren gemeinsamen Mahlzeiten ist immer genug Platz, dass sich der Postbote oder die Jugendlichen aus unserem Dorf mit an unseren Tisch setzen. Als Lebensgemeinschaft teilen wir unsere Freude, unseren Zorn, unsere Trauer und wenn es erforderlich ist, auch unseren Geldbeutel. www.anorak21.de



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