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Logistikimmobilien – Veränderung ist nötig

Veränderung ist nötig

Der Markt für Logistikimmobilien profitiert vom boomenden Onlinehandel. Zugleich wird er aber auch durch die zunehmende Bedeutung des Themas Nachhaltigkeit entscheidend beeinflusst. Auch die Corona-Krise dürfte einen starken Einfluss auf den Markt haben – nicht unbedingt im negativen Sinne.

3,5 Milliarden: So groß war laut Bundesverband Paket und Expresslogistik im Jahr 2018 die in Deutschland transportierte Anzahl an Sendungen. Viele Pakete treten die Reise sogar gleich mehrfach an. So gibt es laut einer Studie der Universität Bamberg jährlich ca. 280 Mio. Retouren. Einen großen Anteil daran hat das Segment Fashion, wo laut der Untersuchung etwa jede zweite Bestellung wieder beim Online-Händler ankommt. Wenig verwunderlich, denn bei einer kostenlosen Rücksendung ist es ja kein Problem, sich mehrere Ausführungen nach Hause liefern zu lassen, alles anzuprobieren und dann den Rest zurückzuschicken – wenn man den Nachhaltigkeitsaspekt außer Acht lässt. Dabei spielt längst nicht nur der erhöhte CO2-Ausstoß durch den Transport eine Rolle, sondern auch die großen Mengen an Verpackungsmaterial, die anfallen. Vom Nachhaltigkeitsaspekt werden aber nicht nur der Transport und die beförderten Güter berührt, sondern auch das Rückgrat des Online-Handels: Logistik

Peter Kunz FRICS

Geschäftsführer Head of Industrial & Logistics EMEA Colliers International

immobilien. So wird laut Meinung von Peter Kunz das Thema Nachhaltigkeit für Städte und Gemeinden ein wichtiger Faktor dabei sein, wenn es darum geht, Baurecht für Logistik-Entwicklungen zu schaffen. „Größere Projekte sind aktuell sehr schwierig darzustellen. Von daher kann auch in Zukunft ein Nachhaltigkeitskonzept der Schlüsselfaktor sein“, meint der Geschäftsführer und Head of Industrial & Logistics | EMEA bei Colliers International. Dass Nachhaltigkeitskonzepte bei Logistikimmobilien immer mehr an Bedeutung gewinnen, bestätigt auch Nicolai Soltau. „Gleichzeitig steigen jedoch auch die Anforde

Nicolai Soltau

Fund Manager Logistics PATRIZIA Immobilien KVG mbH

rungen an die Logistik, immer schneller und zuverlässiger bestellte Waren zuzustellen und dem Kunden ein größeres Angebot ohne Mehraufwand zur Verfügung zu stellen. So gesehen hat der Trend zur Nachhaltigkeit auch Auswirkungen auf den Markt für Logistikimmobilien und deren Prozessabläufe“. Der Fund Manager Logistics bei der PATRIZIA Immobilien sieht dabei vor allem Immobilien im Vorteil, die sowohl geografisch als auch technisch so gelegen bzw. angelegt seien, dass sie die Anforderungen an die Nachhaltigkeit bedienen können. „Konkret bedeutet das, dass sie so konzeptioniert sind, dass sie mit neuesten Technologien aufgerüstet werden können. Weiterhin sind Citylösungen notwendig, um auch hier eine Reduzierung des CO2-Verbrauches zu ermöglichen“, erläutert Soltau. Laut Peter Kunz können auch Regionen abseits der A-Städte Nutznießer der aktuellen Entwicklung sein: „Insgesamt werden zukünftig auch die kleineren Logistikregionen der B- und C-Städte und Standorte im erweiterten Umfeld der großen Logistikregionen von der aktuellen Marktlage profitieren und eine erhöhte Nachfrage erfahren.“

Krise als Chance

In den vergangenen Jahren hat die wirtschaftliche Verflechtung zwischen China und Europa deutlich zugenommen. Anfang des Jahres wurde jedoch eine Schattenseite der engen Verbindung zwischen den beiden Volkswirtschaften offensichtlich: Weil außerhalb Südostasiens die Gefahr völlig unterschätzt wurde, dass das in der chinesischen Millionenstadt Wuhan ausgebrochene Virus COVID-19 sich global verbreiten könnte, stürzte die Weltwirtschaft in die erste Krise des noch jungen dritten Jahrzehnts des 21. Jahrhunderts. Peter Kunz sieht die Assetklasse Logistikimmobilien von dem Wirtschaftseinbruch jedoch nur in geringem Maße betroffen. „Trotz der Corona-Krise ist die Nachfrage nach Logistikimmobilien weiterhin hoch. Die Automobil-Industrie hat zwar derzeit mit erheblichen Herausforderungen zu kämpfen und macht teilweise Flächen frei, wir kommen aber aus einer Situation mit quasi null Leerstand, so dass diese Objekte ihre Mieter finden wer

3,2 Millionen Menschen

arbeiten in Deutschland in der Logistikbranche

Quelle: Bundesvereinigung Logistik

den.“ Der Immobilienexperte sieht sogar Chancen, die sich durch die Krise ergeben würden. „Vor Corona hatten wir es mit extrem hohen Bau- und Grundstückspreisen zu tun, es gab kaum verfügbare Grundstücke und Mieter waren nicht in der Lage, ihren Flächenbedarf zeitnah zu decken. Aufgrund der aktuellen Lage wird sich diese Situation – positiv ausgedrückt – entspannen. Ich gehe zum Beispiel davon aus, dass Städte und Gemeinden wieder eher bereit sein werden, Grundstücke für neue Projekte zur Verfügung zu stellen – insbesondere auch, wenn sich der Arbeitsmarkt eintrüben sollte. In Zeiten von Quarantäne und sozialer Distanz boomt naturgemäß der Online-Handel. Auch die Abhängigkeit vom Handelspartner China wird man sicherlich kritisch hinterfragen. Auch das wird sich positiv auf die Nachfrage von Logistikflächen auswirken.“ Sollte tatsächlich durch die Corona-Krise die Bedeutung des Handelspartners China sinken und wieder mehr in Deutschland produziert werden, hätte das auch anderweitig positive Folgen für die Nachhaltigkeit: Einerseits ist das „Reich der Mitte“ alles andere als das „Reich des Umweltschutzes“ und der CO2-Ausstoß durch die tausenden Containerschiffe, die aktuell unsere Waren aus Ostasien zu uns bringen, würde sinken. (ahu)

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