ROUNDTABLE
Ein Stück vom Immobilien-Kuchen Es geht immer um eine Immobilie, sagt Rauno Gierig, Geschäftsführer der Verifort Capital Group GmbH, klassischer Fonds- und Assetmanager im Bereich Gewerbe- und Healthcare-Immobilien. Am finanzwelt ImmobilienRoundtable sitzt er mit Chefredakteur Lenard von Stockhausen und dem 39-jährigen Sebastian Engel, CSO der Alpha Real Estate Holding GmbH. Letztere sind ein deutschlandweit tätiger Asset- und Propertymanager mit dem Fokus auf die Kapitalanlage für den Normalverdiener. Der Roundtable behandelt Immobilieninvestments für jedermann. Die Immobilienprofis zeigen auf, wo die Politik versagt und wo sie unterstützen könnte. Außerdem geht es um Immobilien-Blasen, Ampelregierungen, energetische Sanierungen und Mietendeckel, kurz: Alles was Sie schon immer über Immobilieninvestments wissen wollten. finanzwelt: Wie lang ist der Immobilienmarkt noch interessant und wohin wird er sich entwickeln? Sebastian Engel» Der Begriff der Immobilienblase ist in letzter Zeit oft in den Medien zu lesen, dabei ist der Immobilieninvestmentmarkt in Deutschland nach wie vor renditestark. Wenn überhaupt von einem angespannten Markt gesprochen werden kann, dann vom Wohnimmobilienmarkt in A-Lagen. Im Segment des bezahlbaren Wohnraums in den Mittellagen liegt noch viel Wertsteigerungspotenzial – und das gilt auch für Privatanleger. Eine der führenden Determinanten für die Marktentwick28
lung wird die Zinsentwicklung sein. Ich gehe davon aus, dass der Zinsanstieg aufgrund der gesamtwirtschaftlichen Situation in Europa nur sehr moderat verlaufen und einige Zeit in Anspruch nehmen wird. Rauno Gierig» Ich hatte vor zehn Jahren, damals noch bei Wealthcap, eine Powerpointfolie und da stand drauf ‚Wer in Zeiten niedriger Zinsen noch Rendite erzielen möchte, kommt auf das Thema Sachwerte zu sprechen‘. Jetzt hat sich das Ganze noch verschärft. Denn wir haben nicht nur niedrige Zinsen, sondern Negativzinsen. Wir haben eine stärker werdende Inflation und das treibt grundsätzlich Sachwerte nach oben. Das bestätigen ja auch die meisten Medien: Immobilien sind weiterhin ein attraktives Investment. finanzwelt: Also keine Blase... Gierig» Es wird natürlich immer mal wieder gewarnt. Die UBS hat ja einen Blasen-Report herausgebracht. Aus meiner Sicht eine reine PR-Story. Denn wie entstehen eigentlich Immobilienpreisblasen? Was sind die sechs Faktoren am Beispiel 2001/2002 in Spanien: Konjunktur: starkes Wirtschaftswachstum, okay. Fiskalpolitik: Zinsen sind niedrig, soweit so gut. Aber schon der Punkt Kreditvergabe: werden Immobiliendarlehen zu ganz lockeren Konditionen/Bedingungen vergeben? Engel» Ich glaube, da sind wir eins der reguliertesten Länder. Gierig» Eben, es ist nicht so einfach, ein Immobiliendarlehen zu bekommen. Aber weiter; viertens: die Bautätigkeit
steigt rasant an: haben wir spekulatives Bauen? Nein! Fünftens: die Preise steigen losgelöst von den realen Wirtschaftsdaten und Rahmenbedingungen – ich sehe das auch nicht. finanzwelt: Man kann aber eines sagen: Die Kaufpreise steigen schneller als die Mieten. Gierig» Aber es ist nicht komplett losgelöst von Wirtschaftsdaten, oder? Und last but not least: Der Faktor Anleger verhalten sich irrational und spekulativ? Das glaube ich in der Breite auch nicht. Engel» Natürlich nicht, denn so einen transparenten Markt wie heute in Deutschland gab es noch nie! Jedes Detail kann im Internet recherchiert werden die Preise sind genau zu tracken. Eine ganz andere Realität als noch vor 10 bis 15 Jahren. Gierig» In Spanien wurden außerhalb von Madrid ganze Städte aus dem Boden gestampft. Das sehe ich in Deutschland auch nicht. Wenn ich mir die sechs Punkte mal anschaue, dann sind die Zinsen niedrig und wir haben ein geringes Wirtschaftswachstum. Aber die restlichen Punkte? Und für ausländische Investoren sind wir im Vergleich zu London, Paris oder Barcelona selbst im preislich stark angezogenen Berlin noch spottgünstig. Engel» Viele Menschen in Deutschland denken, unsere Hauptstadt sei überhitzt. Dabei ist es nur knapp 20 Jahre her, da war europaweit lediglich Tirana, die Hauptstadt von Albanien günstiger. Mittlerweile sind wir mit unseren Wohnraumpreisen im mittleren Drittel angefinanzwelt Special 06 | 2021