Verlagssonderbeilage des Reutlinger General-Anzeigers – Juli 2018
Editorial Mit der Heimat ist es wie mit einer Liebesbeziehung: Manchmal schafft erst Distanz wieder Nähe. So erging es dem Tübinger Künstler Vona. Seitdem der SingerSongwriter nicht mehr in seiner Geburtsstadt lebt, blickt er sehnsüchtig zurück auf die romantischen Gassen, in denen er seine Jugend verbrachte. Welches Gefühl stellt sich bei Ihnen ein, wenn Sie nach einer Reise in Stuttgart landen? Fühlt es sich an wie Nach-Hause-Kommen? Oder schlägt Ihr Herz für ein anderes Leben? Klar: Reutlingen und Tübingen bieten nicht die kulturelle Vielfalt von Berlin. Und nicht das milde Inselklima von Mallorca. Aber wir leben in einer Region
mit sehr hoher Lebensqualität, wunderbarer Landschaft, brummender Wirtschaft. Und zuletzt hat sogar das Wetter mitgespielt! Auch ohne in Pathos abzudriften, kann man behaupten: Die Region, in der der GEA Ihnen, liebe Leser, täglich ins Haus flattert, hat viele schöne und besondere Facetten. Wir haben für dieses Heft wieder einige aufgespürt: lebendige, erfolgreiche, natürliche und menschliche. Sie sollen aufzeigen, wie die Menschen in der Region ihr Leben und ihre Zukunft aktiv gestalten. Viel Spaß beim Lesen wünscht Ihre Heimat-Redaktion
Inhalt Menschlich
3 Psychologisch: Krimi-Autor Jochen Bender 4 Gekonnt: Mit Dominic Breitbarth beim Fliegenfischen 6 Leidenschaftlich: Eine Runde im Segelflieger mit Uli Schwenk
Natürlich
8 Delikat: Ziegenkäse made in Zwiefalten 9
Kulinarisches: Das schmeckt nach Heimat
10 Nachhaltig: Heimatverbundenheit als wirtschaftliches Konzept
Lebendig
12 Städtepartnerschaft: Klaus Digel pflegt eine 50-jährige Freundschaft 13 Handwerk: Die Schmids sind die letzten Ledermacher in Metzingen 14 Kelten: Mit einem Alb-Guide durch den Heidengraben 16 Landwirtschaft: Einblicke in das Leben auf dem Bauernhof 18 Ausflüge: 10 Geheimtipps aus dem Albvorland
Erfolgreich
20
Wirtschaft: Welche Zukunft bringt die Digitalisierung der Heimat?
21 Therapie: Wie Flüchtlinge den Verlust der Heimat verkraften 22 Kultur: Zwischen Fern- und Heimweh schwankt der Songwriter Vona 24 Region: Höhen und Tiefen in Zahlen
Impressum Verlagssonderbeilage des Reutlinger General-Anzeigers Verleger/Geschäftsführer: Valdo Lehari jr. Leitung/Koordination: Gabriele Küster (ele Redaktionsbüro) Redaktion: Gabriele Küster (verantw.), Joachim Baier, Armin Knauer, Jürgen Meyer, Gerhard Schindler, Andreas Wolf Anzeigen: Alexander Rist Grafische Konzeption, Layout: Larissa Capo Herausgeber: Reutlinger General-Anzeiger Verlags GmbH + Co. KG Persönlich haftende Gesellschafterin: Reutlinger General-Anzeiger Verlags GmbH, Burgstraße 1 – 7, 72764 Reutlingen Druck: Druckzentrum Neckar-Alb, Reutlingen Titelbild: Fotolia
menschlich heimat
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Ein bisschen böse Psychologe und Krimi-Autor: Jochen Bender ist den menschlichen Abgründen auf der Spur. Seinen Kommissar schickt er von Stuttgart nach Mallorca Die Wahrheit interessiert ihn nicht »Schwarz-Weiß-Denken ist mir zuwider«, erklärt der Autor. »Personen sind nie nur gut oder nur schlecht«, fügt er an. So kommen die Anstöße für die Themen seiner Bücher oft aus dem wahren Leben. Oder aus echten Kriminalfällen, wie in »Der Ginkönig muss sterben«. Vor gut 20 Jahren machte der »Bierkönig-Mord« deutschlandweit Schlagzeilen: 1997 wurden der GastroUnternehmer Manfred Meisel (Betreiber der Feier-Location »Bierkönig«), sein Sohn und eine Tierpflegerin in Mafiamanier hingerichtet. Der Fall ist bis heute nicht aufgeklärt und wurde in Spanien inzwischen zu den Akten gelegt. Damals wie heute wird auf Mallorca über die Motive und Täter spekuliert. »Das Grundgerüst des Tathergangs bot viele Möglichkeiten, eine Story zu entwickeln«, beschreibt Bender. Bei seinen Recherchen stützte er sich vor
J
ochen Bender ist manchmal ein bisschen böse. »Jeder hat seine düsteren Seiten«, sagt der Stuttgarter Krimi-Autor und Psychologe. In seinem neuesten Buch »Der Ginkönig muss sterben«, das im März beim Reutlinger Verlag Oertel & Spörer erschienen ist, nimmt der smarte 52-Jährige den Ballermann und die
Mallorca-Deutschen ins Visier. Aus der Perspektive des Stuttgarter Kommissars Jens Hurlebaus, der auf die Insel entsandt wird, um die mallorquinischen Kollegen bei den Ermittlungen im »Ginkönig-Mord« zu unterstützen, zeichnet er ein wenig schmeichelhaftes Bild der Partyszene an der Playa. Ein Sumpf aus Suff, Bestechung, Betrug und Eitelkeiten. Eine Randgesellschaft aus Gestrandeten und Hasardeuren. Und dem gegenübergestellt die Idylle und die (zu engen) Moralvorstellungen der Schwaben. Böse Klischees hier und da.
Die Perspektive wechseln Mit den menschlichen Abgründen und Ängsten beschäftigt sich Jochen Bender schon lange: Derzeit hat er es als Schulpsychologe mit Mobbing und
allem auf Presseartikel. »Ich möchte einfach nur unterhalten, die wahren Begebenheiten interessieren mich nicht«, betont der Autor. Auch wenn er beim Tathergang sehr dicht am tatsächlichen Fall bleibt, seien alle Figuren fiktiv, betont er. Naja, vielleicht alle außer dem »Bierkönig«, dessen Lebensgefährtin, der Tierpflegerin, dem »Mietwagenkönig« Hasso, der Schauspielerin Sonja Kirchberger, … Im richtigen Leben ist Jochen Bender verheiratet, Vater von zwei Kindern und kommt mit dem Fahrrad zum Interview am Bad Cannstatter Leuzebad, in dem sein Krimi-Held genauso wie er selbst seine Bahnen zieht. In der Figur des Kommissars lebt der Autor seine rebellische Ader aus: Der Mann hat’s nicht so mit Political Correctness. Er fährt mit einem qualmenden Diesel vom Leuze in die Stuttgarter City, trinkt und schaut gerne kurvigen Frauen hinterher. Ein bisschen böse eben. Tipp: Am Freitag, 27. Juli, liest Jochen Bender einen Kurzkrimi im Café der Medienakademie Metzingen. Die Veranstaltungsreihe »Poesie aufs Brot« beginnt um 19 Uhr. Es sind noch weitere Autoren beteiligt. Weitere Infos: www.zugetextet.com
»herausforderndem Verhalten« von Schülern zu tun, früher war er als Mit-
Text und Foto: ele
arbeiter im kriminologischen Institut in Tübingen und als Psychologe im Frauenknast der Frage auf der Spur, was Kriminalität hervorbringt und was sie verhindert. Zu seinem ersten Krimi habe ihn die Arbeit mit Blinden animiert: »Die waren manchmal recht rebellisch und wollten auch böse sein«,
BUCHTIPP
schildert Bender. Das habe ihn auf die Idee gebracht, im Buch einen Blin-
»Der Ginkönig muss sterben«
den zum Täter und nicht zum Opfer zu machen. Im Schwabenkrimi »An der
Jochen Bender, Verlag Oertel & Spörer
Kante« verarbeitete er Ängste in der Partnerschaft und Angstbewältigung. In
286 Seiten, ISBN 978-3-8862-7793-3
»Schwabenflucht« lässt er – inspiriert durch die Flüchtlingskrise 2015 – seine
10,95 Euro
Landsleute vor dem Bürgerkrieg nach Arabien fliehen. Die andere Perspektive einzunehmen, findet er spannend. Dafür nimmt er sich Zeit: Zwischen 200 und 600 Stunden braucht er, um ein Buch zu schreiben.
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heimat menschlich
Allein mit dem Bach Das Fliegenfischen gilt als Königsdisziplin des Fischefangens – Dominic Breitbarth vom »Hirsch« in Indelhausen erklärt die Faszination der Forellenjagd
E
s gibt Dinge, die man mit Geld nicht kaufen kann. Das eigene Fischwasser bleibt für die meisten Angler ein Traum. »Heute kommt man nur noch sehr schwer an eine Fischpacht an der Lauter«, erklärt Franz Kloker. Seine Familie betreibt seit mehr als 100 Jahren den
Gasthof »Hirsch« in Indelhausen, seit 70 Jahren gehört die Pacht eines Angelreviers im Großen Lautertal dazu. Es reicht anderthalb Kilometer von der Brücke beim Hotel bis zum Weiler Richtung Münzdorf. In großen Kurven schlängelt sich die Lauter hier durch satte Wiesen. Frisch und sauber ist die Luft, wie nach einem kurzen Regenguss. Der Bach plätschert friedlich Richtung Donau, ab und zu lässt eine Forelle ein paar Blasen an die Oberfläche blubbern. Angeln, Naturerlebnis, traditionelle Küche mit regionalen Zutaten: Das »Hirsch« fügt sich gut ins Biosphärengebiet Schwäbische Alb und passt zum Achtsamkeitstrend. Zum einen steht die Forelle als Speisefisch auf der Restaurantkarte. Zum anderen sind die wenigen Fischereikarten, die der Pächter ausstellen darf, für Übernachtungsgäste reserviert, die einen Fischereischein mitbringen. »Hauptsächlich kommen unsere Angelgäste aus der Schweiz«, sagt Kloker. Karstgewässer wie die Lauter mit ihrem reichen Besatz an Bach- und Regenbogenforellen seien dort selten, ist seine Erklärung. »Aufgrund der großen Nachfrage nehmen wir nur noch Fliegenfischer an«, fährt Kloker fort. Fischen ohne Widerhaken sei für passionierte Fliegenfischer selbstverständlich. Ist die Beute zu klein, kann sie problemloser vom Haken befreit und meist ohne schwere Verletzungen wieder ins Wasser gesetzt werden. Zum Schutz des Fischbestands ist das Angeln streng reglementiert: Maximal drei Tagesscheine stellt das »Hirsch« aus – einen Fisch pro Tag dürfen die Angler dem Bach entnehmen. Der Fang brutzelt dann meistens kurze Zeit später in der Pfanne und wird im Restaurant serviert.
Ein Gefühl der Freiheit Klokers Neffe Dominic Breitbarth ist in Indelhausen mit dem Angeln groß geworden. Der 25-jährige Mechatroniker und Fotograf kennt die besten Stellen und weiß genau, wo sich die größten Exemplare seines Fischreviers tummeln. Beim Spaziergang entlang der Lauter erklärt er:
menschlich heimat
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»Die lange Schnur dient als Gewicht, um den Köder auf lange Distanz aufs
Kunstwerke.Und sie funktionieren: Eine Regenbogenforelle beißt an. Mit
Wasser zu kriegen.« Blei würde untergehen, doch das will der Fliegenfischer
einem Weidenkescher hebt Dominic sie aus dem Wasser und befreit sie
nicht: Die Insektenattrappe soll möglichst ohne Wellen und Widerstand an
behutsam vom erstaunlich kleinen Haken.
der Wasseroberfläche treiben und beim Fisch den natürlichen Jagdtrieb auslösen. Das Fischen auf Distanz habe den Vorteil, dass der Angler unbemerkt bleibt: »Fische sehen gut, und sie spüren vor allem die Vibrationen durch vorbeimarschierende Menschen.« Die lange Schnur ist auch von Vorteil,
Konkurrenz vom Kormoran Der Fisch hat Glück im Unglück: Er ist zu klein, um auf dem Teller oder im Bastkorb zu landen, den der Angler bei sich trägt. Im Nu schwimmt
wenn das Flussufer unwegsam und das Wasser nicht direkt
er wieder im Bach. Die ursprünglich aus Nordamerika
zugänglich ist.
stammende Regenbogenforelle droht an manchen
Was Dominic am Fliegenfischen reizt, ist
Stellen der Lauter die heimische Bachforelle
die Verbundenheit mit der Natur: »Du
zu verdrängen. Schon seit Jahren werden
bist allein mit dem Bach und kannst
sie in der Lauter bei Indelhausen nicht
dir selbst deine Nahrung beschaffen.
mehr ausgebracht. Dennoch kommt
Das ist Freiheit«, sagt der reise-
sie dort immer noch genauso häu-
lustige Älbler und passionierte
fig vor wie die etwas kleinere
Instagrammer. Wie ihm geht es
Bachforelle. »Gäbe es hier keine
laut statistischen Erhebungen
Kormorane, stünde es noch bes-
immer
in
ser um den Fischbestand in der
Deutschland: Fünf Prozent der
Lauter«, hat Franz Kloker beob-
Bevölkerung sind mehr oder
achtet.
mehr
Menschen
weniger aktive Angler. 1,5 Mil-
Für den Bedarf an Speise-
lionen Angler sind in Verbänden
fischen im Restaurant reicht der
organisiert, lediglich rund 40.000
Fischreichtum jedenfalls nicht: Außer
haben sich dem aufwendigen Fliegen-
den Anglern kriegt die Lauterfische im
fischen verschrieben.
»Hirsch« niemand kredenzt. Die SpeiseForellen stammen aus der Lauchertzucht, infor-
Lässig wie ein Lassowerfer
miert Kloker. Peinlich genau werde darauf geachtet,
Das Bild vom Angler, der stundenlang an einer Stelle
dass sie frei von Viren und Entzündungen seien. Denn bevor
sitzt und aufs Wasser starrt, hat mit dem Fliegenfischen nichts zu tun: »Du
sie vor der Zubereitung frisch geschlachtet werden, lagern die Fische in einer
suchst aktiv den Fisch. Und dann wirfst du zielgenau, ohne die Fliege zu hart
Kiste im Bach. Kloker schwärmt von der Forelle als gesundes und vielseitiges
aufs Wasser zu klatschen.« Dominic macht vor, wie es funktioniert. Immer
Lebensmittel: »Man kann es zu fast allem essen.« Im »Hirsch« wird der Fisch
wieder wirft er seine Angel mit eleganten Schwüngen wie ein Lasso aus. Lässig
als »Forelle Blau«, nach Müllerinnen-Art filetiert in Mandelbutter gebraten
sieht das aus! Und doch gilt das Fliegenfischen als Königsdisziplin des Fische-
oder saisonal mit Pfifferlingen oder Spargel zubereitet. Oder frisch geräuchert
fangens, weil es besonders anspruchsvoll und vielschichtig ist: Wurftechnik,
serviert.
Insektenkunde, Köderherstellung und Gewässerlesen gehören dazu. Wie die
Dominic wird den Fisch seines Lebens heute nicht mehr fangen. Kein
meisten engagierten Fliegenfischer bastelt Dominic seine Köder selbst aus
Grund, sich zu grämen, findet der Fliegenfischer. Fast scheint er froh, dass die
Federn, Fäden und Tierhaaren. Je nach Jahreszeit und Wetterlage wählt er
Forelle heute zu schlau war, um ihm an den Haken zu gehen. Das nächste Mal
die passenden Insekten: Bachflohkrebs, Ameise, Libelle, Eintagsfliege, Mühl-
wird er sie wieder überlisten.
koppe oder die fette Maifliege, die Ende Mai begehrte Beute der Forelle ist. Die Modelle, die er in einer kleinen Blechkiste aufbewahrt, sind regelrechte
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Text: Gabriele Küster, Fotos: ele, Dominic Breitbarth
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heimat menschlich
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Flügel für das Glück Fliegen wie ein Vogel ist für Uli Schwenk aus Münsingen das Größte. Der Vizeweltmeister im Segelfliegen drehte mit uns eine Runde über seine Heimat
W
ir ziehen die Not-Fallschirme an, lassen die Ver-
die Luft, der Wind pfeift, im Cockpit piepst das Variometer. Die Aussicht auf
schlussschnallen an den Oberschenkeln einrasten,
Münsingen und den ehemaligen Truppenübungsplatz ist fantastisch. Uli fliegt
steigen ins Cockpit und zwängen uns in die Hart-
einige Bögen, sucht nach Aufwind, um (ohne Motor) zu steigen. Der Großteil
schalen-Sitze. Als wir angegurtet sind, folgt ein letz-
seines sportlichen Erfolgs gründet auf dem reinen Segelfliegen. In dieser Sparte
ter Check: Stimmen die Instrumente? Sind Ruder
gilt er als Star (siehe Kasten).
und Klappen mit dem Steuerknüppel freigängig zu bewegen? Ohne Vorbereitung geht es nicht in die Luft, und ohne Helfer eh nicht. Der Segelflug bewegt sich in der Kontroverse zwischen
Schwäbische Alb: Landschaftliche Vielfalt kontra Zersiedelung Nach seinem aktuellen Weltranglisten-Platz gefragt ant-
dem »Ich und »Wir«: In der Luft ist man stunden-
wortet er knapp: »Platz acht meine ich, weiß es aber
lang auf sich alleine angewiesen; am Boden agiert
nicht so genau«, bei der Masse an ständig ausge-
immer ein Team. Um das Flugzeug aus der Halle
tragenen Wettbewerben könne sich das schnell
in Startposition zu schieben, Funkverbindung
ändern. Ihm geht es nicht ums Gewinnen, in
zum Flugleiter am Boden zu halten oder das
der Luft findet er vielmehr sein Glück. Das
Flugzeug vor dem Start zu kontrollieren, sind
Fliegen hat er in den Genen. Er stammt aus
Helfer nötig.
einer Segelflieger-Familie, auch sein Vater
Uli Schwenk, Vizeweltmeister im Segel-
ist in der Szene kein Unbe-
fliegen aus Münsingen, fragt: »Bereit?«
kannter. Ulis Veranlagung
Über die knarzende Funkanlage gibt der
trat früh zutage: Als kleiner
Flugleiter sein Okay zum Start und der Flie-
Bub baute er begeistert Modell-
ger prescht los. Nach einem ruppigen Sprint
flugzeuge. Der Umstieg auf den Maßstab 1:1 folgte mit 14 Jahren, einem Alter, in dem
über die Wacholderheide auf dem »Eisberg«Flugplatz bei Münsingen scheinen wir einen Sekundenbruchteil still zu stehen, heben ab und – fliegen. Einige Hundert Meter über dem Boden schaltet er den Motor aus. Beim Segelfliegen kommt
es Jugendlichen noch nicht mal erlaubt ist, ein Mofa zu bewegen. Die Schwäbische Alb und ihr Umland hält der Pilot für eines der schönsten
erst der Kick und dann die Ruhe. Still ist es im Cockpit deswegen nicht. Der
Segelflug-Reviere der Welt. »Regenwasser versickert sofort im vorherrschenden
Wind, um Haube, Rumpf und Tragflächen rauschend, orchestriert ein Stück in
Kalkgestein, hält sich nicht auf der Hochfläche, der Boden erwärmt sich schneller,
Crescendo.
so entsteht Thermik.« Die Dichte an Flugplätzen und Vereinen ist entsprechend
Da ein Motor in der Nase verbaut ist, handelt es sich um kein reines Segelflug-
hoch. Allein im Kreis Reutlingen gibt es um die zehn. Was führt zu solcher Hin-
zeug, sondern einen Motorsegler. In eleganten Schwüngen driften wir durch
gabe? Ulis Augen beginnen vor Begeisterung zu blitzen: Es sei die Bewegung im dreidimensionalen Raum. »Und das Beste daran: eine vierte Dimension kommt hinzu, nämlich die Zeitachse.« Was er an der Alb besonders schätze, sei die Vielfalt der Landschaft, mit Wäldern, schroffen Tälern, der Kultivierung unterschiedlicher Getreidearten und kaum intensiv genutzten Wiesen. »Dieses Gut sollten wir unbedingt erhalten«, sagt er. Unvergesslich sei ihm ein Flug an Ostern entlang des nördlichen Rands der Alb, als es oben auf der Hochfläche kurz vorher noch schneite, die Bäume des Streuobstgürtels unten am Trauf aber schon blühten – zwei weiße Bänder, getrennt durch das blassblau schimmernde Gestein des Juras.
Eng verwoben mit der Textilbranche Aber auch weniger erfreuliche Auswirkungen der Zivilisation fallen ihm aus der Luft immer wieder auf. Wir fliegen über Bichishausen im unteren Lautertal. Ein malerischer Blick auf Zwiebelturm-Kirche und Burgruine eröffnet sich: »Er wäre doch eine Schande, wenn hier noch gebaut würde«, mahnt er. Landschaftsverbrauch und Zersiedelung seien aus der Luft noch deutlicher zu erkennen. Auch eintönige Monokultur und Verödung mancher Landstriche. Vor allem Richtung Oberschwaben dehnten sich inzwischen riesige Maisfelder aus: »Ökologische Landwirtschaft sieht für meine Begriffe anders aus«, so Schwenk.
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Komplett ohne Umweltauswirkung ist aber auch unser Flug nicht. Wir sind mit einem Motorsegler in der Luft. Er kann Flauten überbrücken, vereinfacht den Start, braucht aber Sprit. Doch auch ein reines Segelflugzeug kommt nur per Schlepp mit einem Motorflugzeug, Seilwinde oder Hilfsmotor in die Luft, ist also ebenfalls, wenn auch nur minimal, auf Energie angewiesen. Während des Flugs ist der Pilot hingegen ausschließlich den Kräften der Natur ausgesetzt. Nicht Sprit, sondern Aufwind liefert dann die Kraft, um an Höhe zu gewinnen. Außerdem rankt sich um unseren Vintage-Motorsegler eine spannende Geschichte: Die Maschine, die Alvaro de Orleans Bourbon, gehört einem Cousin des spanischen Königs Juan Carlos, wurde einst zu meteorologischen Forschungszwecken im Hochgebirge um den Himalaya eingesetzt. Seit etwa fünf Jahren ist sie auf dem »Eisberg«-Platz stationiert und wird von Uli Schwenk betreut. Mühsam seien die Umrüstarbeiten des mit Messinstrumenten vollgestopften Flugzeugs gewesen, als es nach Münsingen kam. Der Vize-Weltmeister ist nicht nur brillanter Pilot und Naturbeobachter, sondern auch erfolgreicher Geschäftsmann. In Münsingen führt er ein Modegeschäft, das dort als erste Adresse gilt. Im Jahr 2009 kam ein weiteres Standbein hinzu: Er siedelte »Jaxida« auf der Schwäbischen Alb an, eine Firma für Oberflächen-Schutzhüllen jeglicher Art, für Fluggeräte vom Sportflugzeug über Helikopter zum Jet, für die Yacht-, über die Camping- bis zur AutoOldtimer-Branche. Übernommen hat er das Unternehmen, wie könnte es anders sein, von
Der Deutsche von der »Swabian Alb«
einem Flieger-Freund, dem Dänen Verner Jaksland. Stoffe und ihre Konfek-
Spezialität Uli Schwenks im Segelflugsport ist die »offene Klasse«, die Sparte
tionierung haben in der Familie Schwenk Tradition. Der Tuchhandel geht bis
ohne besondere Beschränkungen, abgesehen von einem Gewichtslimit bei
auf die Mitte des 19. Jahrhunderts zurück. Die Produkte passen aber auch zur
850 Kilogramm Startgewicht. Es geht darum, eine definierte Strecke so
Region. Ist doch die Schwäbische Alb trotz vergangenen Booms seit langer
schnell wie möglich zu bewältigen. Im Jahr 1992 wird Schwenk zum ersten
Zeit mit der Textilbranche eng verwoben.
Mal deutscher Meister. »Aus der »Provinz« von der Schwäbischen Alb
Uli Schwenks Leidenschaft für das Fliegen ist seiner Firma zuträglich. Für
stammend rechnete ich damit nicht«, so Schwenk. 1995 wird er in Neusee-
die Entwicklung und Erprobung der Textilhüllen bietet ihm der Segelflugsport
land Vize-Weltmeister. Über das Duell, das sich der neuseeländische Titel-
ein riesiges Testfeld unter den verschiedensten klimatischen Bedingungen der
verteidiger mit dem Deutschen von der »Swabian Alb« lieferte, produzierte
Welt. Wir nähern uns indes bereits wieder Münsingen, das »Eisberg«-Flug-
ein Film-Team damals einen Beitrag, der in der Fliegerszene um die Welt
gelände liegt in Sichtweite. Uli Schwenk kündigt sich über Funk beim Flugleiter
ging. 1998 wird Schwenk Europameister im polnischen Leszno. So reiht sich
an, fährt die Klappen aus, und der glänzende, weiße Vogel setzt auf – mit einer
Erfolg an Erfolg bis zu seinem jüngsten Titel als Vize-Weltmeister bei der
butterweichen Landung.
WM in Ungarn.
Text: Andreas Wolf, Fotos: Uli Schwenk
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Die neuen.Kalender
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heimat natürlich
Delikatesse aus dem Ziegenstall Mit ihrem Ziegenkäse treffen Gunhild Borghoff und Achim Schäfer vom Loretto-Hof bei Zwiefalten den Nerv der Zeit
A
ls »Traumziel vor der Haustür« hat ihn der
der Schweiz und anderen Ländern in verschiedenen Betrieben. »Gegen
»Stern« vor ein paar Jahren geadelt: Der Loretto-
die 15-Kilo-Bergkäse, die wir früher aus Kuhmilch gemacht haben,
Hof zwischen Zwiefalten und Hayingen sei
nehmen sich die Ziegenkäse, die wir heute herstellen, eher klein aus«,
perfekt als Ausflugsziel. Die Holzofenbäckerei
sagt die Käserin.
samt Ziegenhof ist offenbar nicht nur für Städter
eine Attraktion, die die Kombi aus Frischluft und Frischkäse genießen
Die Kuh der kleinen Leute
wollen. Beim Fototermin auf dem Landgut taucht plötzlich eine Bus-
Als sie den Ziegenhof vor sieben Jahren pachteten, war für die beiden
ladung voller Landfrauen aus der Region auf, um aus erster Hand zu
der richtige Zeitpunkt gekommen, sich sesshaft zu machen. Dass es
erfahren, wie es sich in dem außergewöhnlich schön gelegenen Bio-
ein Ziegenhof sein sollte, hatte praktische und finanzielle Gründe.
Gehöft lebt und arbeitet.
Nicht umsonst galt die Ziege früher einmal als Kuh der kleinen Leute.
Gunhild Borghoff (45) und Achim Schäfer (52) teilen sich die Arbeit
»Wir mögen auch Kühe. Aber Ziegen sind handlicher und alles ist eine
im Ziegenhof: Er ist für die Tiere und das Futter zuständig, sie für die
Nummer kleiner: der Stall, der Hof, die Anbauflächen, die Maschinen –
Käseherstellung. Der Landwirt und die Ethnologin lernten sich beim
und eben auch der Käse.« Ziegenhaltung habe es schon immer gegeben
Studium kennen und beschlossen, gemeinsam Landwirtschaft zu
auf der Schwäbischen Alb, sagt die gebürtige Nordrhein-Westfälin. Aber
betreiben. In den Semesterferien bewirtschafteten sie Höfe in den
erst in den vergangenen zehn Jahren sei die Nachfrage an Ziegenkäse
Alpen und machten erste Käsekurse, später arbeiteten sie im Allgäu, in
deutlich gestiegen, sodass es jetzt immer mehr Ziegenbetriebe gebe.
natürlich heimat
So schmeckt die Heimat Regional und nachhaltig, frisch und transparent: Lebensmittel »von hier« sind en vogue. Kurze Transportwege sind günstig für die Klimabilanz, Anbauund Tierhaltungsmethoden lassen sich leicht nachvollziehen. Etliche Erzeugergemeinschaften, Verbraucher-Märkte, Events und Regional-Marken widmen sich dem Geschmack der Heimat. Eine Auswahl:
Neigschmeckt-Markt Es ist einer der größten Regionalmärkte in Baden-Württemberg: In der Planie und dem Reutlinger Stadtgarten bauen 160 Händler aus der Region am Sonntag, 22. Juli, ihre Stände auf. Geöffnet von 11 bis 19 Uhr. Das Hauptaugenmerk liegt auf dem Kulinarischen: von A wie Alblinsen bis Z wie Ziegenkäse. Eintritt: 2 Euro. www.kunstundfeinkost.de
Fischerfest Pfullingen Es gibt sie gebacken oder geräuchert: Die Forelle ist Star des Fischerfests in Pfullingen. In diesem Jahr baut die Fischerkameradschaft ihr Festzelt an der Fischerhütte am Wochenende vom 21. und 22. Juli auf. Die Forellen, die
»Heute sind die Menschen offener gegenüber anderen Geschmäcken«,
serviert werden, stammen zwar nicht aus eigener Zucht, aber es sind trotzdem
hat Gunhild Borghoff festgestellt. Auch die gute Verträglichkeit
echte Echaz-Fische – aus Honau. Das Mischungsverhältnis des Gewürzes, mit
von Ziegenmilch im Vergleich mit Kuhmilch habe zur wachsenden
dem sie eingerieben werden, ist ein gut gehütetes Geheimnis.
Beliebtheit beigetragen. Da Ziegenmilch recht empfindlich sei, was
Hofläden
Umweltgerüche und mechanische Behandlung wie das Pumpen anbelangt, muss die Käserin besonders vorsichtig vorgehen. Am Nachmittag
Direkter geht’s nicht: Rund 70 Betriebe in der Region vermarkten ihre
holt Achim Schäfer, der ursprünglich aus Gomadingen stammt, die
Produkte im eigenen Hofladen – Eier, Nudeln, Kartoffeln, Mehl, Fleisch und
rund 50 Muttertiere von der Weide und führt sie durch ein kleines
Linsen, Obst, Salat, Gemüse, Essig und Öle, Weine und Schnäpse. Wer etwas
Wäldchen in den luftigen, lichtdurchfluteten Stall. Die rund 80 Ziegen-
Bestimmtes sucht oder einen Betrieb in der Nähe des Wohnorts, wird auf der
lämmer sind in einem separaten Offen-Stall untergebracht, sie werden
Website des Reutlinger Landratsamts in der Rubrik »Service & Verwaltung«
ein paar Wochen nach der Geburt von der Muttermilch entwöhnt und
fündig. Dort sind die Direktvermarkter und Hofläden aufgelistet.
auf Bio-Kuhmilch umgestellt. Dann beginnt die Käseherstellung.
www.kreis-reutlingen.de
Biosphärengastgeber
Milch frisch vom Euter
Man erkennt sie an dem grünen Punkt: Viele Gastronomen der Region
Gunhild Borghoff verwendet nur frische, schonend pasteurisierte
haben sich zu Biosphärengastgebern zusammengeschlossen. Wie Heimat
Milch vom selben Tag für ihren Käse: »Das macht ihn besonders mild.«
schmeckt, interpretiert jedes der rund 25 Lokale anders. Eines haben sie
Bei der Zubereitung orientiert sie sich an französischen Traditionen.
gemeinsam: Auf der Karte befinden sich Gerichte, die typische Albprodukte
24 Stunden braucht die Milch zum Säuern und Dickwerden, bevor sie
wie Dinkel, Linsen, Streuobstsäfte, Lammfleisch enthalten.
von Hand mit der Kelle in Förmchen geschöpft wird. Aus einem Liter
www.biosphaerengebiet-alb.de
Milch entsteht so nach mehrfachem Wenden von Hand ein 140 Gramm
Albgemacht
schwerer Frischkäse – natur oder paniert mit Kräutern der Provence, schwarzem Pfeffer, Paprika oder Blüten. Das Schöne: Dieser Käse ver-
Die neue Dachmarke für Produkte aus dem Biosphärengebiet signalisiert:
dirbt nicht. Im Kühlschrank reift er nach, wenn er nicht rasch verzehrt
Hier ist ein regionaler Erzeuger am Werk. Initiator des Labels ist ein Verein,
wird – erst zu einer Art Camembert, dann zu einem pikanten Hartkäse.
der nicht nur die Vermarktung, sondern auch den Naturschutz, eine artge-
Am feinsten ist er allerdings, wenn man ihn ganz frisch und nicht zu
rechte Tierhaltung und die Förderung der Artenvielfalt im Blick hat. Und was
kalt genießt.
gibt’s unter dem Albgemacht-Etikett? Milch, Lamm, Fleisch und Maultaschen, Wein, Mehl und Joghurt. In den Lebensmittelhandel kommt die Regio-Marke Text und Fotos: ele
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heimat natürlich Vorreiter bei Albkorn: Landwirt Helmut Holzschuh zeigt Müller Erwin Luz und Bäcker Edmund Sautter (v. l.), wie sein Weizen wächst.
Wert und Werte Auf der Suche nach Nachhaltigkeit werden Ernährungswissenschaftler bei der Erzeugergemeinschaft Albkorn fündig
H
andwerk heißt, dass wir den Teig in die Hand
Akteure, aber auch die Überzeugung, direkt vor Ort im und am Bio-
nehmen«, erklärt der Bäckermeister mit dem
sphärengebiet auf transparente Weise gute und gesunde Lebensmittel
Albkorn-Logo auf der weißen Schirmmütze. Ein
herstellen zu können – und dass diese Heimatverbundenheit auch als
Tisch in der Backstube wird freigeräumt, die
wirtschaftliches Konzept trägt.
Besucher müssen erst Hände waschen und dann
selbst ran an den Teig: Brezel schlingen steht auf dem Programm.
Wertschöpfung und Wertschätzung
Das schwäbische Gebäck, durch das die Sonne drei Mal scheint und
Als »Pioniere der regionalen Wertschöpfung« hat Landrat Thomas
um dessen Ursprung mehrere Orte konkurrieren, besteht bei Michael
Reumann die Albkorn-Gründer bei der Feier zum 20-jährigen Bestehen
Haug in Genkingen aus einem besonderen Teig: Ausschließlich Mehl
bezeichnet. Michael Haug ergänzt das gerne um den Aspekt der »regio-
von der Schwäbischen Alb kommt hinein, unter der Marke »Albkorn«
nalen Wertschätzung«, die in beide Richtungen wirkt. Der Genkinger
angebaut von 23 Landwirten zwischen Engstingen und Ehingen,
Bäckermeister in vierter Generation ist von der Albkorn-Idee sogar so
zwischen Münsingen und Zwiefalten.
überzeugt, dass er jetzt seit drei Jahren Sprecher der Erzeugergemein-
Gemahlen von der Getreidemühle Luz in Buttenhausen, gehen drei
schaft ist.
Viertel des Albkorn-Mehls an zehn Bäckereien auf der Alb und im Vor-
»Es ist gut zu sehen, wie hier alles von Hand gemacht wird, und man
land – allesamt traditionelle Handwerksbäcker wie Haug, mit wenigen
weiß, wo die Rohstoffe herkommen«, sagt eine Studentin, »anders als
Filialen, wenn überhaupt, und einer langen Familientradition, die
bei Backautomaten, wo man gar keinen Einblick hat.« Die Gäste in der
sich als Mitglieder der Erzeugergemeinschaft verpflichtet haben, aus-
Haug’schen Backstube an diesem frühen, sonnigen Juni-Morgen gehören
schließlich das regionale Mehl zu verwenden. Die Gründungsmitglieder
zu einer 32-köpfigen Gruppe der Universität Gießen. »Nachhaltige
unter ihnen machen das bereits seit 23 Jahren. »Was uns verbindet«,
Lebensmittelproduktion« heißt das Modul, das die Arbeitsgruppe
sagt Haug, »sind gemeinsame Werte.« Natürlich das Bekenntnis zum
Ernährungsökologie in Form einer Rundreise zu 13 Betrieben organisiert.
Handwerk, zum Können und zur Rechtschaffenheit der beteiligten
Wer hier teilnimmt, studiert Ernährungs- oder Agrarwissenschaften,
Ihr Albkorn-Bäcker und Nahversorger auf der Alb
50
Kilometer vom Acker zum Bäcker. Höchstens. w w w. a l b k o r n . d e
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natürlich heimat
11
Darum Durum Hartweizen von der Alb Goldgelb wiegen die feinen Härchen des Durums im Wind. Rudi Grunwald prüft die Qualität des Hartweizens. Der Techniker und Spezialist für die Nudel- und Spätzleherstellung bei Alb-Gold in Trochtelfingen widmet sich dem Hartweizenanbau als Nebenerwerbslandwirt. Auf einer Höhe von knapp 750 Metern ist er damit vermutlich der Erste. Im vergangenen Jahr erntete Grunwald auf 1,5 Hektar
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»Hartweizen ist keine einfache Frucht in unseren geografischen Lagen. Genau das reizt mich«, betont er. Seine nächste Ernte steht kurz bevor. »Durch die kurzen Transportwege können viele Tonnen CO2 eingespart werden. Der Großteil des Nudelweizens kommt derzeit nämlich aus Übersee«, erklärt Matthias Klumpp, der Marketingleiter von Alb-Gold.
Ökotrophologie oder Umweltmanagement.
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Der interdisziplinäre Ansatz ist Programm: »Anders kann man beim Thema Nachhaltigkeit kaum etwas erreichen«, erklärt Dr. Eleonore Heil, die die bundesweit einzigartige Arbeitsgruppe leitet. Bei der Erzeugergemeinschaft Albkorn nehmen die Studis an zwei Tagen die Bäckerei Haug, die Getreidemühle Luz und die Berg-Brauerei unter die Lupe, übernachtet wird im Pfadfinderzentrum auf dem Schachen bei Buttenhausen, wo ringsum das Albkorn-Getreide von Gründungsmitglied Helmut Holzschuh knistert. Weizen und Braugerste wachsen hier dieses Jahr, zu einem kleineren Teil erzeugt Albkorn auch Roggen und Dinkel. Näher als Holzschuh hat es niemand bis zur Mühle Luz gleich unten im Tal – auch diese ein Familienbetrieb an einem traditionellen Mühlenstandort, wo noch heute die Wasserkraft der Großen Lauter zur Energiegewinnung genutzt wird. Müllermeister Erwin Luz berichtet vom Vorteil der Marke Albkorn im Wettbewerb und wie er es schafft, den Vertragslandwirten für das qualitativ hochwertigere Getreide auch höhere Preise zu zahlen – und davon, dass die kurzen Wege nicht nur für Umwelt und Qualität von Vorteil sind, sondern auch für den Geldbeutel: »Der Vertrieb über weite Strecken kostet einfach zu viel Geld.« Regional wird da plötzlich wieder günstig. 50 Kilometer sind es bei Albkorn höchstens vom Feld in die Mühle und dann zum Bäcker, oft deutlich weniger. »Wir leben hier in einer Ecke, in der das Haushaltsbacken und der Einkauf beim Bäcker des Vertrauens stark verbreitet sind«, erklärt Luz – lauter Vorteile für eine regionale Mehl-Marke. »Onser Alb, onser Korn – mei Brot!« hat sich die Gemeinschaft 2007 als Slogan gegeben, um die Verwurzelung in ihrer schwäbischen Heimatregion zu unterstreichen. 2008 wurde er erweitert um den Zusatz »mei Bier!«, als die Berg-Brauerei aus EhingenBerg Mitglied wurde.
Text: Gerhard Schindler, Fotos: Rainer Fieselmann, gs
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heimat lebendig
Wenn Fremde zu Freunden werden Reutlingen pflegt sieben Städtepartnerschaften – und Klaus Digel seit 50 Jahren Freundschaft zur Familie Pierce in Ellesmere Port
E
s war der erste Schüleraustausch mit Ellesmere Port: 1968 reiste Klaus Digel als Gymnasiast nach England, um vor dem Abitur seine Sprachkenntnisse aufzubessern. 22 Stunden dauerte die Reise damals mit Zug, Bus und Fähre. Das Konzept funktionierte: »Wir
mussten uns ohne Wörterbuch durchschlagen. Das hilft wahnsinnig«, sagt der heute 68-Jährige im Rückblick. Dem Besuch in der Reutlinger Partnerstadt folgten noch viele Begegnungen. Eine intensive Familienfreundschaft mit einer gemeinsamen Geschichte ist daraus entstanden: Wenn die Digels aus Ohmenhausen und die Familie Pierce aus Ellesmere Port Anfang August ihr 50-jähriges Jubiläum in England feiern, sitzen vier Generationen am Tisch. »Meine Tochter sagt heute Opa zu meinem damaligen Gastgeber«, berichtet Klaus Digel. Es sind Beziehungen wie diese, die die Idee der Städtepartnerschaften mit Leben füllen. »Der Erfolg von Austauschen steht und fällt mit den Menschen, die sie betreiben. Häufig sind es persönliche Freundschaften, die die Beteiligten motivieren, eine Verbindung lebendig zu gestalten«, betont Margit Fausel, die im Kulturamt der Stadt
Zur Feier der 50-jährigen Freundschaft mit der Familie Pierce dokumentiert Klaus Digel die gemeinsame Geschichte in einem Fotobuch.
Reutlingen die Abteilung Städtepartnerschaften leitet. Sieben solcher Partnerschaften pflegt Reutlingen mit Städten in aller Welt. Entstanden sind die ersten Städtepartnerschaften nach dem Ende des
Weltoffenheit demonstrieren
Zweiten Weltkriegs zwischen deutschen und französischen Orten, mit
Mit der Begründung der Städtepartnerschaft mit Roanne im Jahr
dem Ziel, die ehemaligen Kriegsgegner zu versöhnen, das Verständnis
1958 war Reutlingen unter den ersten deutsch-französischen Städte-
für einander zu fördern und zum Aufbau eines dauerhaften Friedens in
partnerschaften. In den 1960er-Jahren folgten die deutsch-britischen
Europa beizutragen. »In Anbetracht der Identitätskrise, in der sich die
Verbindungen. Im Zuge des Mauerfalls und des Zerfalls der Sowjetunion
EU aktuell befindet, leisten die Städtepartnerschaften weiterhin einen
kamen die Partnerschaften mit Szolnok (Ungarn) und Duschanbe
wertvollen Beitrag für ein vereintes Europa«, erklärt Fausel.
(Tadschikistan) sowie die Städtefreundschaft mit Pirna/Sachsen hinzu. Die Beziehung Reutlingens zu Bouaké kam über die unternehmerische
Beitrag für ein vereintes Europa
Tätigkeit der Furnierwerke Danzer an der Elfenbeinküste zustande.
Klaus Digel geht es nicht um Europa. »Unsere Freundschaft mit
Zu Aarau (Schweiz) und Reading (USA) stellt unter anderem der in
der Familie Pierce hat nichts mit Kulturaustausch oder Weltoffenheit
Reutlingen geborene Wirtschaftstheoretiker und Eisenbahnpionier
zu tun. Sie ist einfach so entstanden aus der ungeheuer großen Gast-
Friedrich List ein verbindendes Element dar. Mit jährlich 1.000 bis
freundschaft und Offenheit, mit der mich Spencer (»Spenc«) Pierce,
1.300 Teilnehmern an Begegnungsprogrammen ist die Zahl der Aktiven
seine Frau Margret und die Kinder Janet und Stephen damals aufge-
seit etwa zehn Jahren stabil. Städte wie Reutlingen, die weltweit Städte-
nommen haben.« Sogar der Familienhund habe auf Anhieb begriffen,
partnerschaften pflegen, demonstrieren nach Ansicht von Margit Fausel
dass der junge Deutsche ab jetzt zur Familie gehört. Klaus Digel bekam
damit auch Weltoffenheit.
einen Hausschlüssel und durfte das Auto benutzen: »Spenc hat mir
Klaus Digel bereitet seinen Besuch bei Familie Pierce mit der
sofort vertraut.« Ein Jahr später fuhr Klaus Digel auf eigene Faust
Gestaltung eines Fotobuchs vor: Hochzeiten, Urlaube, Geburten und
nach Ellesmere Port, 1970 besuchten ihn die Engländer im Elternhaus.
ganz normaler Alltag spiegeln sich dort wider. Szenen aus fünf Jahr-
»Wären sie im Krieg aufeinandergetroffen, hätten Spenc und mein
zehnten gemeinsamen Familienlebens.
Vater aufeinander schießen müssen. Doch Politik war überhaupt kein Thema. Es ging immer nur um das Menschliche«, beschreibt Digel.
Text: ele, Foto: Privat
lebendig heimat
Die letzten Ledermacher Die Metzinger Familie Schmid pflegt eine jahrhundertealte Handwerkstradition
D
ie kleine Gerberei liegt nur einen Steinwurf ent-
bis zur Veredlung sind es über 20 Arbeitsschritte. Vieles wird so
fernt von den Metzinger Outlets. Aber krasser
gemacht wie früher – »nur besser«, sagt Schmid. Bis aus einem frisch
könnte der Unterschied zwischen diesen beiden
abgezogenen Fell ein feines Leder wird, vergehen drei Wochen. Im Ein-
Orten nicht ausfallen. Wer die glänzenden Fassa-
satz sind Maschinen, die teilweise so alt sind wie der Firmenchef selbst,
den der Konsumtempel, die Parfümwolken, die
der mit seinen 67 Jahren tatkräftig mit anpackt. Sogar die 1898 gebaute
geschäftige Hektik hinter sich lässt, betritt eine andere Welt. In die
Voith-Francesturbine am Mühlbach wird noch genutzt und liefert
Mühlstraße verirrt sich kaum einmal ein Schnäppchenjäger. Das rot
Strom für die Produktion.
gestrichene Holztor mit dem unscheinbaren Firmenschild »Gerberei
Schmid ist stolz auf sein gut eingespieltes Team. Ehefrau Isolde
David Schmid« steht offen. Von drinnen ist leise das Brummen eines
kümmert sich ums Büro. Die Brüder Michael und Pawel Szulc halten
Motors zu vernehmen. Es riecht nach Leder – ein durchdringender, ein
die Produktion am Laufen. Und die fünfte Generation der Gerber-
herber aber nicht unangenehmer, ein ehrlicher Geruch. Der Duft aus
familie ist auch an Bord: Tochter Judith will den Betrieb später einmal
einer anderen Zeit.
übernehmen. Die 32-Jährige hat ihre Ausbildung zur Ledertechnikerin an der Reutlinger Gerberschule gemacht und danach Praktika in
Gerbstoff aus Baumrinden
Holland und in Brasilien absolviert. Seit 2010 ist sie Assistentin der
»Zu Hochzeiten hat es in Metzingen 52 Gerbereien gegeben, unsere
Geschäftsführung im elterlichen Betrieb. Sie blickt optimistisch in die
ist die letzte, die übrig geblieben ist«, erzählt Titus Schmid, der das im
Zukunft: »Wir setzen auf Nischenprodukte und hochwertige Qualität,
Jahr 1888 gegründete Familienunternehmen heute in vierter Genera-
damit haben wir in Deutschland keine Konkurrenz.«
tion leitet. Sein Erfolgsrezept: »Wir sind bodenständig geblieben und nicht größenwahnsinnig geworden.«
Text: Joachim Baier, Fotos: Patrik Graf
Auf dem weitläufigen Firmengelände gibt es viele Zeugnisse der Metzinger Gerbertradition zu sehen. Im Jahr 1839 hatten die Lederhersteller eine eigene Lohmühle-Genossenschaft gegründet. In der Lohmühle am Mühlkanal wurden die Fichten- und Eichenrinden gemahlen, aus denen der Gerbstoff gewonnen wurde. Der alte Rindenschuppen steht immer noch. Und hier hat Titus Schmid ebenfalls sein Lager: Maschinen, Rohhäute, gegerbte Ware, palettenweise Säcke mit Rindenextrakt. »Wir verwenden ausschließlich pflanzliche Gerbstoffe wie früher«, betont der Chef.
Wie früher – nur besser Die Schmids beziehen ihre Rohhäute aus Süddeutschland, teilweise sogar aus der Region. Pro Monat stellen sie etwa 1.000 Quadratmeter Lederhäute her. Geliefert wird an Gürtelfabriken – auch die Metzinger Firma Bazlen ist ein guter Kunde –, an Trachtenhersteller, Kunsthandwerker und an diverse mittelständische Betriebe. Ab und zu flattert ein exklusiver Auftrag ins Haus: So produzieren die Metzinger etwa besonders stabile Lederhäute, aus denen Zehnspänner-Fahrgeschirre für den Sultan von Oman angefertigt wurden. Auch heute noch ist das Gerben ein hartes, körperlich anstrengendes Geschäft. Vom Walken übers Spalten des Leders, von der Trocknung
Machen vieles so wie früher – nur besser: Michael und Pawel Szulc sind für die Produktion zuständig. Judith Schmid (oben rechts) will den Betrieb später einmal übernehmen.
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heimat lebendig
Ehrfurcht, Stolz und Lagerfeuer
A
Geschichte zum Anfassen: Alb-Guide Wolf-Dietrich Herder lässt bei der Tour im Heidengraben bei Hülben die Vergangenheit lebendig werden
m Tor zur einstigen Keltenstadt packt Wolf-Dietrich Herder ein stilechtes Ledersäckchen aus. Repliken alter Münzen klimpern auf seine Handfläche. Die gibt der Alb-Guide – im Gegensatz zu anderen Anschauungsobjekten, die er zur der Führung über den Heiden-
graben mitgebracht hat – nur ungern heraus. Ansonsten will er eben genau dies vermitteln: die Geschichte der Kelten zum Anfassen. Vor dem geistigen Auge der rund 20 Teilnehmer lässt der Führer auf dem Gelände zwischen Erkenbrechtsweiler, Grabenstetten und Hülben Befestigungswälle und dahinter eine quirlige Stadt entstehen. Bauern, Krieger, Künstler, Händler und Handwerker tummelten sich im 1. Jahrhundert v. Chr. dort, wo heute nur noch einige grasbewachsene Hügel auf die Keltensiedlung hindeuten. Ansonsten: Wald, Äcker. Und hin und wieder eine Schautafel am Wegesrand mit Erklärungen zur archäologisch bedeutsamen Stätte.
Museum und Erlebnispfad Das ungeübte Auge erkennt nicht, dass der Heidengraben mit 1.662 Hektar Fläche eine der größten bekannten keltischen Befestigungsanlagen Europas war. Die Archäologen und auch die Gemeinden und Touristiker der Region sind sich der kulturellen Bedeutung und des touristischen Potenzials ihrer Heimatgeschichte allerdings sehr wohl bewusst. »Mit den Erkenntnissen über diese einstige Weltmetropole wächst die Ehrfurcht. Und der Stolz auf unsere Heimat«, formuliert es Hülbens Bürgermeister Siegmund Ganser. Heute ist das Areal Teil des Biosphärengebietes Schwäbische Alb. Mit Hilfe von öffentlichen Zuschüssen und Sponsoren planen die drei beteiligten Albgemeinden ein Heidengrabenzentrum inklusive Hightech-Museum und interaktiven Erlebnispfaden. Kostenpunkt: 4,5 bis fünf Millionen Euro.
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Wolf-Dietrich Herder ist als Heidengraben-Guide voll in seinem Element: Nicht nur für sein Gefolge schlüpft er beim Spaziergang durchs Kultur-
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film entsprungen sein könnte. Denn »Divico« hat an diesem Tag Verstärkung bekommen von Mitgliedern einer befreundeten Keltengruppe. Die Heidengraben-Tour ist nur wenige Kilometer lang.
denkmal in eine keltische Tracht. Auch sonst ist ihm die Rolle
Dennoch dauert sie gut vier Stunden: Herder ist ein
von »Divico, dem Tiruginer«, wie auf den Leib ge-
wandelndes Lexikon, was die Geschichte seiner
schneidert. Wenn er nicht gerade arbeitet oder als
Stammesbrüder anbelangt. Er berichtet von
Alb-Guide zu Geschichte und Natur der Region
den Ess- und Trinkgewohnheiten in den
referiert, geht ein Gutteil seiner Zeit für die Mitwirkung in einer Keltengruppe drauf.
Jahrhunderten vor der Zeitenwende, vom
»Geschichte hat mich schon immer faszi-
regen Handel, dem Schmuck und der
niert«, erklärt der Bad Cannstatter. Das
Keramik, die in der 10.000-Einwohner-
Mittelalter sei ihm als Spielwiese »zu aus-
Stadt in Mode waren. Seine Kette aus
gelutscht«, sagt er.
Knochen hat er selbst fabriziert. Auch die Gewänder sind handgemacht. Wäh-
Wenn er mit seinen Keltenfreunden
rend er von der Kriegskunst der Kelten
im Sommerlager am Feuer sitzt, stellt er
erzählt, zieht er sein selbst geschmiedetes
sich vor, »wie es gewesen sein könnte zu
Schwert. Outfit und Output haben Hand und
der Zeit«. Das Smartphone bleibt bei solchen
Fuß, betont der Geschichtsfan: »Wenn ich mir
Gelegenheiten zu Hause. »Manchmal fällt es mir
bei Details zur Keltenzeit und zum Heidengraben
schwer, aus der Vergangenheit wieder ins 21. Jahr-
einmal unsicher bin, konsultiere ich einen befreundeten
hundert zurück zu finden«, gesteht »Divico«. »Bei nichts
Archäologen.«
anderem kann ich so gut entschleunigen, als wenn ich in die Kelten-
Immer wieder fördern die Experten neue Erkenntnisse zu Tage. Bei einer
tracht schlüpfe«, verrät eine Frau, die mit ihrer langen Kutte einem Historien-
Lehrgrabung der Universität Tübingen fanden die Archäologen vor wenigen Jahren heraus, dass das Feld mit den rund 40 bislang bekannten Grabhügeln
Alb-Guide-Touren
beim Burrenhof vermutlich über einen Zeitraum von 1.000 Jahren genutzt
Die Alb-Guide-Touren sind ein Projekt des Naturschutzbund Deutsch-
das ein ritueller Opferplatz? Versammelten sich die Kelten dort? Die Archäo-
lands (NABU). Sie werden von zertifizierten Kultur- und Landschafts-
logen erwarten, dass weitere Grabungen noch mehr außerordentliche Funde
führern durchgeführt. Die nächste Tour der Alb-Guides zu den »Kelten
und Einblicke bringen.
wurde. In einer Grube entdeckten die Forscher eine Feuerstelle und Knochenreste. Außerdem Tongefäße, Objekte aus Eisen und eine Silbermünze. War
und Höhlen« bei Erkenbrechtsweiler startet am Sonntag, 15. Juli, unter Leitung von Andreas Jannek. Wer dabei sein will, sollte sich anmelden.
Besucherzentrum kommt voran
Der Heidengraben-Guide Wolf-Dietrich Herder schlüpft am Sonntag,
Künftig soll all das Wissen in ein dreiteiliges Besucherzentrum einflie-
21. Oktober, wieder in seine Kluft, um Besucher auf dem Astropfad mit
ßen. Das Planungsbüro Hartmaier & Ege hat bereits vor Jahren einen halb
in die Vergangenheit zu nehmen. Website: www.alb-guide.de
unterirdischen Informations- und Ausstellungsraum entworfen, das den Hügelgräbern nachempfunden ist und in einem 60 Meter langen Panorama den Heidengraben aus dem 7. Jahrhundert v. Chr. zeigt. Ein Amphitheater soll einst zum Rasten einladen und Vorträgen und Events Raum geben, eine wassergefüllte Hüle an die natürlichen Zisternen-Teiche auf der Albhochfläche erinnern. Auch ein Erlebnispfad hätte eigentlich schon umgesetzt sein sollen. Aktuell ist Bewegung in die Realisierung des Projekts gekommen: Die Räte der drei beteiligten Gemeinden haben Ende Juni dem Planungsentwurf des Berliner Studio KLV zugestimmt, am 20. Juli wird das Museums-Projekt bei einer Einwohnerversammlung in Erkenbrechtsweiler der Öffentlichkeit vorgestellt. »Danach werden wir weiter in den aktiven Dialog mit dem Land zur Umsetzung eintreten«, sagt Hülbens Bürgermeister.
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heimat lebendig
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»Ein ganz besonderer Lebensstil« Wertschätzung und Verständnis wecken: Auf den Albhoftouren kriegen Besucher einen Einblick in viele Facetten der heimischen Landwirtschaft
W
as der Bauer nicht kennt, frisst er nicht«, lautet ein grobes Sprichwort. Soll heißen: Was Menschen nicht kennen, lehnen sie häufig ab. Aus Vorsicht oder Unkenntnis. Vielleicht dachten Pia Münch, Andrea
Traub und Elsbeth Laux an diese Redensart, als in ihren Köpfen die Idee der Albhoftour Gestalt annahm. Die im Landfrauenverband Kreis Reutlingen engagierten Bäuerinnen riefen das Projekt Anfang der 2000erJahre ins Leben. Die Zielsetzung ist bis heute dieselbe: »Wir wollten Einblick in die Arbeit auf dem Bauernhof geben, Verständnis wecken und gleichzeitig etwas für die Vermarktung regionaler Produkte tun«, beschreibt Pia Münch die erste Stunde des touristischen Konzepts. Als Vorsitzende des Landfrauenverbands liegen ihr das Image und die Akzeptanz der heimischen Landwirtschaft besonders am Herzen. Kinderhände streicheln sanft über das gekräuselte Fell des Kälbchens, der mit seinen vier Wochen jüngste Kollege im Kuhstall der Münchs. Wie rau seine Zunge sich anfühlt! Im Stall nebenan strecken zehn rosa Schweinchen den Besuchern neugierig ihre Rüssel entgegen. Ob's da noch extra was zu fressen gibt? Eine Bilderbuchidylle – auf den ersten Blick. Auf den zweiten tauchen Fragen auf, die Pia Münch geduldig beantwortet: Wieso dürfen die Milchkühe nicht auf die Weide wie ihre männlichen Artgenossen? Wie lange leben die Schweine, bevor sie geschlachtet werden? Und wer räumt eigentlich jeden Tag den Mist im Stall weg?
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Albhoftouren Die Landschaft genießen, regionale Spezialitäten schlemmen, im Stall mitarbeiten und die Facetten der Landwirtschaft in der Region kennenlernen: All das ermöglichen die Albhoftouren zu Acker- und Milchbauern, Viehzüchtern, Schäfereien und Pferdebetrieben. Viele der Betriebe vertreiben ihre Produkte direkt im eigenen Hofladen. Infos zu den Touren und Höfen gibt es im Internet unter www.albhoftour.de. Oder in Buchform mit Rad- und Wanderkarten unter dem Titel »Albhoftour – Fahrrad- und Wandertouren von Bauernhof zu Bauernhof auf der Schwäbischen Alb«. (ISBN 978-3-88627-280-8, erschienen bei Oertel + Spörer, 9,95 Euro.) Tipp: Man kann Touren mit Übernachtung und Essen buchen oder auf eigene Faust losziehen. Wer ohne Buchung einen Hof besucht, sollte sich vorher anmelden, um einen besseren Einblick zu erhalten. Unangemeldete Besucher müssen sich eventuell mit einem Flyer und einem Rastplatz begnügen.
»Man wird dreckig, hat wenig bis keinen Urlaub und jede Menge
Das Hofsterben geht weiter
Arbeit«: Pia Münch nimmt kein Blatt vor den Mund, wenn sie über das
Ob Schlachtung, Transport oder Haltungsmethoden – die mediale
Dasein als Landwirtin erzählt. »Das Leben auf einem Bauernhof ist
Präsenz zu kritischen Themen ist groß. »Gleichzeitig sind Lebensmittel
schon ein besonderer Lebensstil«, fährt sie fort. Ihr Arbeitstag dauert oft
in Deutschland so billig wie nie«, gibt Pia Münch zu bedenken. Die An-
zwölf Stunden – die Verbandsarbeit noch nicht mitgerechnet. Ihr Hof
bindehaltung sei in der Region zwar noch verbreitet, aber zweifellos ein
in Hochberg bei Zwiefalten ist einer von 16 Betrieben auf der Schwäbi-
Auslaufmodell. »Wir würden unseren Stall auch gerne modernisieren.
schen Alb, die Urlaubern und Ausflüglern im Rahmen der Albhoftouren
Aber ohne zu vergrößern, kriegt man keine Zuschüsse. Und einen Riesen-
die Tore öffnen. Es sind kleine und große Betriebe, mit Ackerbau und
kredit möchte ich mir nicht ans Bein binden«, erklärt sie das Dilemma.
Viehzucht, Pferdehöfe und Schäfereien, Ausbildungsbetriebe, konven-
Die Folgen all der Probleme: Strukturwandel. Oder anders gesagt: Das
tionelle und biologisch wirtschaftende Höfe dabei. »Landwirtschaft hat
Hofsterben geht weiter. Von 1979 bis 2016 sank die Zahl der Betriebe mit
so viele Facetten. Wir möchten, dass unsere Gäste verstehen, warum
Rinderhaltung von 2.459 auf 348 – das entspricht einem Rückgang von
die Betriebe so wirtschaften wie sie wirtschaften«, erklärt die Landfrau.
86 Prozent. Die Zahl der Milchkuhhalter ging nach Angaben des Kreisbauernverbands Reutlingen im selben Zeitraum sogar um 92 Prozent
Den Wert der Arbeit verstehen
zurück. Bei den Münchs steht die nächste Generation dagegen schon
Sie findet es gut, dass die Verbraucher artgerechte Tierhaltung,
in den Startlöchern: Der Sohn ist im Endspurt zum Landwirtschafts-
Felder ohne Umweltgifte und Fleisch ohne Hormonbelastung fordern.
techniker. Die Arbeit mit den Tieren und die Landwirtschaft sind genau
Was ihr nicht in den Kopf will, ist die geringe Wertschätzung ihrer
sein Ding.
Arbeit. »Eine nachhaltige Entwicklung der Landwirtschaft ist möglich,
Pia Münch gibt nicht vor, dass auf ihrem Hof alles perfekt ist. »Den-
wenn sie finanziell entsprechend honoriert wird«, sagt die Betriebs-
noch finden viele Besucher, dass wir einen Bilderbuchbetrieb haben.«
chefin. Doch die Wirklichkeit sehe anders aus: »Meine Kollegen sind
Manche sagen, dass sie jetzt mit anderen Augen im Supermarkt einkaufen.
heute sehr gut ausgebildet, sie verfügen oft über mehrere Generationen
»Dann haben wir das Ziel unserer Albhoftouren erreicht«, sagt die
Wissen, haben unkalkulierbare Risiken wie das Wetter und tragen eine
Landfrau.
hohe Verantwortung – und dennoch ist unsere Arbeit im Vergleich zu anderen Berufssparten wie dem Handwerk deutlich weniger wert.«
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Höhepunkte jenseits der Berge Das Albvorland ist reich an Kulturschätzen und Naturschönheiten. Nur weiß es kaum jemand. 10 Geheimtipps
W
3. Burgen und Ruinen – Wildenau im Neckartal Von den fast 200 Rittersitzen zwischen Ammerbuch und Zwiefalten liegt nur die Hälfte auf den Höhen. Die Burgstelle Wildenau ist eine der wenigen Ruinen im Flachland. Sie sicherte im 13./14. Jahrhundert den Zugang zum Schönbuch an einer alten Neckarfurt bei Altenburg. Eine aus römischer Zeit stammende Wegtrasse, die die Burg passiert und hinauf zum Sportplatz Rübgarten führt, ist als gepflasterte Steige im Wald erhalten. Die Spornburg wurde 1402 zerstört; der Weiler Wildenau am Fuße der Burg verlassen. (Anfahrt: Direkt am Wanderparkplatz an der Abzweigung von Altenburg/Rübgarten.)
4. Erlebnisstätte – Seerosengarten Engstlatt Traumland Bärenhöhle? Nichts für Nostalgiker:
er Besuchern die Schönheiten der Region zeigen will, fährt mit ihren meistens »auf die Alb«. Doch auch das Albvorland hat viele Kulturschätze und Naturschönheiten zu bieten – abseits des Klosters Bebenhausen, der Wurmlinger Kapelle und den schicken Altstädten. Eine Auswahl zu
treffen von zehn Höhepunkten, die jenseits der Berge liegen, war gar nicht so leicht. Text/Fotos: Jürgen Meyer
Der Klassiker der Erlebnisstätten liegt bei Balingen. Der Alpen- und Seerosengarten Engstlatt ist so herrlich kitschig, dass ihn eigentlich nur Kinder ins Herz schließen werden – aber auch alle, die die Freizeitanlage für eine coole 60er-Jahre-Retroschau halten. Tatsächlich stammt ein Großteil des Spiele-Parks von damals: Eine Alpenminiaturwelt mit unzähligen Figuren; über den Seerosenteich mit Tretbooten gondelt seit jeher eine Seilbahn. Und das ist längst noch nicht alles. (Anfahrt Engstlatt
1. Aussicht – Floriansberg bei Metzingen Es gibt Hunderte Aussichtspunkte am Albtrauf, im Vorland jedoch nur einen Hügel, von dem aus alle fünf Hochadelsburgen zwischen Teck
Ortsmitte ortsauswärts Richtung Freibad. Von dort nach 1 km zum Parkplatz. Donnerstag bis Sonntag von 10 bis 22 Uhr geöffnet.)
und Hohenzollern zu sehen sind: der 522 Meter hohe Floriansberg bei Metzingen. Besucher stehen auf dem Vulkanschlot in der Mitte der rund 200 Kilometer langen Nordfront der Alb. (Anfahrt: L 210 von Metzingen nach Kohlberg. Parkplatz 900 Meter nach der letzten Kehre. Nach 1,6 km durch ein Arboretum zum Gipfelplateau. Oder vom Metzinger Bahnhof 4,5 km über den Gustav-Strömfeld-Weg.)
5. Gedenkstätte – Jüdischer Friedhof Mühringen Den ältesten Friedhof der Region findet man versteckt im Wald am Eyachtal bei Mühringen. Es ist zudem mit 65 Ar und 828 Bestattungen der größte jüdische Friedhof. Bereits um 1570 angelegt war er lange Zeit überregionale Grabstätte. Der älteste noch lesbare Grabstein ist von 1697. Die Tradition endete 1941 mit der Ermordung der letzten 14 jüdischen Bürger durch die Nazis. (Anfahrt: Von Mühringen auf der L 395 Richtung Horb. In der ersten Kehre Waldweg nach 800 m zum Friedhof, gegebenenfalls Schlüssel bei der Ortsverwaltung.)
2. Archäologie – Keltischer Fürstensitz in Dußlingen Das Zentrum der Kelten auf der Alb bildete vor 2.500 Jahren der antike Stadtstaat Pyrene (Heuneburg). Aber auch die »Fürstensitze« im Vorland beeindrucken heute noch mit großen Grabhügeln: Scheibengipfel (Achalm), der Baisinger Bühl – und der »Eichenbuckel« in Dußlingen. Der Hügel am nordöstlichen Ortsrand wurde um 550 vor Christus aufgeschüttet. 1896 wurden sechs Bestattungen eines Kriegerhäuptlings
mit
reichem
Bronze-Schmuck
aufgedeckt: Sensationell war der Fund eines 150 Gramm schweren goldenen Halsrings. (Anfahrt: Große Freifläche zwischen
Lehlestraße
Vollmer-Weg.)
und
Martin-
6. Wasser – Ammerquelle bei Herrenberg Wie lauschig ist es am Quelltopf der Ammer südwestlich von Herrenberg in einer Wiesenmulde! Das Flüsschen mündet nach 22 km in den Lustnauer Neckar. Die Ammer hat vier miteinander verbundene Quelltöpfe. Das im Muschelkalk austretende Grundwasser fließt an zwei Mühlen über eine Fischtreppe am untergegangenen Dorf Mühlhausen vorbei nach Gültstein. (Anfahrt: Ein 6 km langer kulturhistorischer Rundweg beginnt am Marktplatz. Oder: Von Gültstein Richtung Haslach, 1,5 km vor dem Friedhof, rechts abwärts über das Sträßchen »Im Talhof« nach 300 m zur Quelle.)
lebendig heimat
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7. Abenteuer – Sieben-Täler-Höhle bei Rottenburg Über 3.000 Kalksteinhöhlen gibt’s auf der Alb. Der Landkreis Tübingen hält mit seiner einzigen Muschelkalkhöhle locker mit: Die Sieben-Täler-Höhle im Katzenbachtal zwischen Rottenburg-Weiler und Bad Niedernau ist 270 enge Meter lang. Die ersten 80 Meter sind gut begehbar, Wasserpfützen sollte man nicht scheuen. Für das Abenteuer Unterwelt braucht es in der vor 215 Millionen Jahren entstandenen Höhle eine Taschenlampe. Zwischen Mitte April und November ist die Höhle zum Schutz der Fledermäuse geschlossen. (Anfahrt: Von Hirrlingen nach Weiler. Am Ortseingang links abwärts zum Wanderparkplatz Ziegelhütte im Katzenbachtal. Dann rund 400 m talabwärts. Rechts, 10 m vom Wanderweg erhöht, liegt der Eingang.)
8. Kultur – Freiherren-Sitz Wachendorf Ein Juwel für Kunstfreunde ist Wachendorf in Starzach. Am
SternschnuppenNächte
10. + 1 1. AUGUST 2018
Eine spezielle Licht-Kunst wird den Burghof sphärisch illuminieren. Dazu gibt es chillige Sounds, ein magisches Begleitprogramm mit Kleinkunst, coole Cocktails, leckere Snacks und jede Menge Sternschnuppen. Die Schauräume der Burg sind bis 23 Uhr geöffnet. Einlass ab 20.00 Licht-Kunst ab ca. 22.00 Eintritt: 14.-/12.-/7.inkl. Pendelbus (bis 1.30) Infos: www.burg-hohenzollern.com | T. 07471.2428
Stammsitz der Freiherrenfamilie von Ow beeindruckt das Schloss von 1555 in der Ortsmitte, nebst der uralten Dorfkirche St. Petrus und Paulus. Außerdem die Friedhofskapelle (1733) mit Familiengruft an der Straße nach Bieringen. Im reich verzierten Inneren
ANGEBOT DER WOCHE
erinnert eine Tafel an die Gefallenen, die 1812 mit Napoleon nach Russland gezogen waren. Sehenswert die Burgkapelle mit Familiengräbern in der Ruine über dem Starzeltal. (Anfahrt: Wachendorf L 392 Richtung Frommenhausen, vor der Abfahrt ins Starzeltal am Waldanfang rechts nach 600 m zur Burg.)
9. Naturschutz – Kochhartgraben in Reusten 60 Naturschutzgebiete schmücken das Reutlinger und Tübinger Kreisgebiet. 20 liegen im Vorland, darunter der 107 Hektar große Kochhartgraben. Westlich von Reusten bilden aufgelassene Steinbrüche und steile Muschelkalkhänge mit Streuobstwiesen und Weinbauterrassen
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ins Tal.)
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10. Geologie – Das Röcheln der Vulkane in Börstingen
Samstag
7.30 - 14.00 Uhr
Vor elf Millionen Jahre versiegten die Schlote der Albvulkane. Im Neckartal unter der Weitenburg röcheln sie weiter. Aus einer Tiefe von 50 Kilometern dringt kohlendioxidhaltiges Wasser an die Oberfläche. Das Gas entweicht im Unterholz und bringt das Quellwasser zum Blubbern, kurzzeitig entsteht gefährliche Kohlensäure. Viele Kleintiere sind schon erstickt. 100 Jahre lang, bis 1994, wurde das Gas für die Getränkeindustrie abgefüllt. Ein Schluck des Wassers ist aber unaufbereitet nicht empfehlenswert. (Anfahrt: Von Börstingen Richtung Bierlingen. Nach der Neckarbrücke/Lohmühle links die Straße entlang der Bahnlinie circa 1,2 km laufen, bis ein Weg rechts in ein lichtes Wäldchen abzweigt. Nach 300 m links ins Quellgebiet.)
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Mehr als Bits und Bytes Was ist Heimat in Zeiten der Digitalisierung? Thorsten Schwäger und Christoph Heise von der IHK Reutlingen spüren für uns dieser Frage nach
B
raucht das Zeitalter der Digitalisierung noch Heimat?
gibt einige Weiterbildungsangebote, die genau diesen Bedarf abdecken.
Der Begriff Digitalisierung klingt zunächst einmal über-
Hier sei exemplarisch die IHK-Akademie IT und Digitalisierung genannt.
haupt nicht nach Herkunft oder Zuhause. Digitalisierung,
Mit ihr entwickelt die heimische Wirtschaft selber die passenden Weiter-
das ist doch nur ein anderer Ausdruck für Wirtschaft
bildungsangebote, um das Wissen der eigenen Beschäftigten auf den
zwischen null und eins. Der Computer, der Maschinen
nötigen Stand zu bringen.
ansteuert oder Kundenbestellungen verarbeitet, kann letztlich überall auf der Welt stehen. In dieser Denke ist Digitalisierung der Inbegriff von Heimatlosigkeit.
Klingt nach Raumschiff Enterprise Schließlich müssen die bestehenden Geschäftsmodelle auf den Prüf-
Stimmt jedoch so nicht. Digitalisierung ist mehr als Bits und Bytes.
stand. Der Erfolg von heute darf Betriebe nicht dazu verleiten, behäbig zu
Sie ist das nächste Kapitel der immer weiter fortschreitenden Industriali-
werden. Die Digitalisierung verlangt das Gegenteil. Dazu kann auch gehören,
sierung und lebt von neuen Ideen und Innovationen. In dieser Hinsicht
sich von bestehenden Geschäftsfeldern zu trennen – und genau das wird
hat Digitalisierung bei uns ihre Heimat – unbedingt sogar. Es braucht die
passieren. Wir gehen davon aus, dass wir in den kommenden Jahren regio-
findige Unternehmerin und den Unternehmer, die erkennen, wie sich
nal erneut einen umfassenden Strukturwandel erleben werden. Die Region
bestehende Geschäftsmodelle digitalisieren und neue entwickeln lassen.
wird nach wie vor wirtschaftlich leistungsstark sein, aber sie wird anders
In der Region Neckar-Alb haben wir seit bald 200 Jahren genau solche
aussehen, weil Industrie 4.0 und künstliche Intelligenz morgen Innova-
Köpfe, die die wirtschaftliche Entwicklung immer wieder vorangetrieben
tionen ermöglichen, die für uns heute noch nach Raumschiff Enterprise
haben und dabei ihre Wurzeln genau kennen. Globalisierung und Außen-
klingen.
handelsorientierung haben auch schon lange bei uns Einzug gehalten – die
Gerade kleine Unternehmen werden sich schwertun, neue Wege zu
regionale Exportquote liegt heute bei über 50 Prozent – und trotzdem sind
beschreiten. Ihnen hilft regional der »Digital Hub Neckar-Alb«. Die Anlauf-
viele unserer Weltmarktführer fester denn je in der Region verankert.
stelle für digitale Innovationen und Transformation wird in den kommenden drei Jahren aufgebaut. Firmen und Gründer unterschiedlichster Branchen
Infrastruktur fehlt noch Das »Aber« folgt. Für die Digitalisierung brauchen wir Menschen, die die
sollen Wissen teilen, voneinander lernen und für sich neue Potenziale freisetzen. Das wird unser regionales Zukunftslabor für kleine Betriebe.
Entwicklung handeln können, eine Infrastruktur, mit der sich tatsächlich
Was bleibt? Heimat ist Digitalisierungs-kompatibel, wenn die Heimat
digitalisiert arbeiten und entwickeln lässt, und Geschäftsmodelle, die in
sich auf die Digitalisierung und ihre Anforderungen einstellt. Einige Auf-
die digitale Welt passen. Bei der Infrastruktur mangelt es noch an einigen
gaben sind dafür zu erledigen. Doch wir sollten optimistisch bleiben: Die
Stellen in der Region, weil ein umfassender Ausbau mit Breitband weiter
erste Dampfmaschine hat die Region fundamental verändert und zu neuen
auf sich warten lässt. Auch wenn Politik und Verwaltung in den Ausbau
Höhen geführt, die ersten Computer taten das gleiche und die Digitalisie-
investiert haben: Derzeit laufen die technischen Entwicklungen schneller
rung bietet uns die gleiche Chance.
als die öffentliche Hand mit dem Breitband-Ausbau nachkommt. Ein Problem für die Digitalisierung kann künftig auch die Verfügbar-
Die Autoren: Christoph Heise ist Pressesprecher der IHK Reutlingen.
keit von Fachkräften werden. Viele Betriebe suchen. Laut IHK-Umfrage
Thorsten Schwäger ist in der Hauptgeschäftsführung für Infrastruktur und
ist der Personalbedarf aktuell das größte Risiko für die wirtschaftliche
Medienpolitik zuständig.
Entwicklung in der Region. Mehr als jedes zweite Unternehmen nennt den Fachkräftemangel als das größte wirtschaftliche Risiko. Immerhin: Es
Foto: Fotolia
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Seele im Sand Zwischen den Welten: Die Reutlinger Sozialpädagogin Mitra Shirazi berät Flßchtlinge und Familien in Krisensituationen
H
err S.* zĂśgert. Dann streichelt er ganz sanft und
Migration definiert Shirazi als Trennung und Ankommen. AblĂśse
liebevoll den Sand im Kasten vor sich glatt. Links
und Identitätsbildung. Die Sehnsucht nach Vertrautem und das Ver-
oben ins Eck setzt er verschiedene Figuren –
langen nach Veränderung. Etwa vergleichbar mit der Adoleszenz: In
Menschen, einen Baum, ein Haus und einen Skor-
beiden Fällen sind die Gefßhle ambivalent. Die Auseinandersetzung
pion – und gestaltet eine Landschaft mit Bergen
mit der alten Heimat und dem Fremden spielt dabei im Allgemeinen
und einem Fluss. Das Bild soll seine Heimat darstellen. Er erzählt, dass er
eine entscheidende Rolle, so ihre Beobachtung. Sie selbst sei davon
sein Leben im Gebirge und die Stille dort sehr geliebt hat. Die Männlein
Ăźberzeugt, Âťdass die Heimat alles ist, was wir mit unseren Sinnen auf-
im Sandkasten sind seine Freunde. Sie sitzen da und essen Melone.
nehmen. Sie duftet nach dem Rosengarten der Eltern und schmeckt
Die Erinnerung an ein friedliches und frĂśhliches Leben. Der Mann aus
nach dem Kuchen der Oma. Sie fĂźhlt sich an wie eine Brise in warmer
Afghanistan beginnt zu weinen.
Sommernacht. Wir tragen sie in uns.ÂŤ Auch Herr Herr S. hat in der
ÂťDurch die Sandspieltherapie gelang es Herrn S. Ăźber sein Heim-
Erinnerung an seine Wurzeln Kraft gefunden: ÂťEs hat gut getan Ăźber
weh zu reden, erklärt Mitra Shirazi die Szene aus ihrer Praxis. Die
mein Zuhause zu reden. Bis heute war nur mein KĂśrper da. Jetzt ist
Diplom-Sozialpädagogin und Familientherapeutin kßmmert sich
auch die Seele nachgekommen.ÂŤ
um Menschen, die sich in Familienkrisen befinden. Viele FlĂźchtlinge Text und Fotos: ele
gehÜren dazu. Was passiert, wenn jemand seine Heimat und das Vertraute verlassen muss und sich plÜtzlich in einer vÜllig fremden Welt zurechtfinden soll? Mitra Shirazi hat sich viel mit dieser Frage beschäftigt – und ganz unterschiedliche Reaktionen und Bewältigungsstrategien beobachtet. Von der totalen Anpassung ßber eine Art Schwebezustand zwischen den Welten und eine starke Skepsis gegenßber allem Neuen. Fßr den einen sei es traumatisch, sich in einem neuen Umfeld orientieren zu mßssen, ein anderer erlebt einen Schub in der Entwicklung.
Unbewusste Ressourcen mobilisieren Wie es sich in der Fremde anfĂźhlt, weiĂ&#x; die 55-Jährige aus eigener Erfahrung: Mit 23 Jahren musste sie den Iran verlassen. ÂťZu dieser Zeit herrschte dort Krieg. Ich war politisch engagiert und fĂźrchtete um mein Leben.ÂŤ Die Sandspieltherapie wendet die Therapeutin seit 2004 an und hat damit gute Erfahrungen gemacht. ÂťAnscheinend verloren gegangene Ressourcen kĂśnnen den Menschen im kreativen Spiel wieder bewusst werden. Die Methode ist hervorragend fĂźr die Begleitung
* aus Grßnden des Datenschutzes ist der beschriebene Fall fiktiv.
von FlĂźchtlingen geeignetÂŤ, ist sie Ăźberzeugt.
Er kĂśnnte sich aber genau so abgespielt haben.
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Ein Gefühl von Nach-Hause-Kommen Der Tübinger Singer-Songwriter Vona über Fernweh und Heimathäfen
E
r stammt aus Tübingen, er lebt in Stuttgart – und als es so richtig losging mit der Pop-Karriere, hat Vona mit einem Umzug nach Berlin geliebäugelt. Stattdessen hat der 25-Jährige nun wieder die Heimatstadt ins Auge gefasst. In Tübingen ist er aufgewachsen, hat hier schon als Jugend-
licher Musik gemacht – und Fußball gespielt. Eine Karriere als Kicker schien vorgezeichnet, eine Verletzung beendete die Sport-Ambitionen. Fortan setzte Vona auf die Musik. Ein erstes Album hat er herausgebracht, mit Cro war er als Vorband auf Tour. In Stuttgart hat er sich langsam eingelebt; doch in der Heimatstadt Tübingen möchte er sich nun ein eigenes Studio aufbauen. Armin Knauer hat mit ihm über die heimische Verwurzelung und die weite Welt gesprochen.
Haben Sie schon mal daran gedacht, nach Berlin zu gehen, so wie es ja viele Leute im Popgeschäft tun? Vona: Klar, auf jeden Fall. Ich kann mir vorstellen, dass viele in meinem Alter mit dem Gedanken spielen, in eine Großstadt zu ziehen, vielleicht auch nach Berlin. Für einen Musiker ist die Anziehungskraft noch mal stärker, weil in Berlin im Musikbereich sehr viel passiert. Und weil man dort viele Leute aus diesem Bereich kennenlernen kann; das Networking funktioniert einfacher als hier im Schwabenland. Aber bisher habe ich dann doch zu viel geschätzt an der Gegend hier. Ich glaube daher nicht, dass ich dorthin ziehe.
In Tübingen möchten Sie sich ein Studio einrichten. Was zieht Sie dorthin zurück? Viel Schönheit, die ich jetzt, da ich ein paar Jahre lang draußen bin aus Tübin-
Gibt’s auch in Stuttgart dennoch Ecken, in denen man es sich kuschelig
gen, erst richtig schätzen kann. Die Stadt, die Häuser, die Gassen, das finde
machen kann?
ich einfach megaschön. Vor allem aber auch die Menschen. In Tübingen ist es
Ja, durchaus. Der Marienplatz zum Beispiel, in dessen Nähe ich wohne: Wenn
doch noch mal deutlich familiärer als in Stuttgart.
man da im Sommer morgens einen Kaffee trinken geht, ist es schon sehr schön und entspannt. Da herrscht dann auch so ein bisschen Multikulti-Flair, was so
Inwieweit ist Stuttgart für Sie Heimat geworden?
eine Großstadt eben mit sich bringt, davon bin ich ein Fan. Und das kulinarische
Vor allem durch meine WG. Ich wohne dort mit Leuten, mit denen ich schon
Angebot ist in so einer Großstadt natürlich auch ziemlich gut.
sehr lange befreundet bin. Heimat ist ja auch immer dort, wo man seine Liebsten um sich hat. Ansonsten bin ich noch nicht so richtig ganz angekommen in
Wie hat es sich angefühlt, als Sie Anfang Mai ein Konzert in Tübingen gaben?
Stuttgart. Es fängt eigentlich erst jetzt an, dass ich mich hier richtig wohlfühle.
Eigentlich haben wir auch schon den Auftritt in Stuttgart als Heimspiel
Das hat sich erst in den letzten Monaten so eingependelt, dass ich mit dem
empfunden. Aber als wir dann am Tag des Konzerts aufs Tübinger Sudhaus
Longboard durch die Stadt fahre und das auch richtig genießen kann.
zufuhren, war das schon noch mal mehr ein Nach-Hause-Kommen. Im Publikum waren da auch ein paar alte Kumpels, das hat sich schon schön angefühlt.
Können Sie beschreiben, wie sich das Leben in Stuttgart anfühlt im Vergleich
Gleichzeitig war ich auch aufgeregter als sonst. Vor Menschen, die man kennt,
zu Tübingen?
ist es immer schwieriger, aufzutreten. Meine Familie war ja auch da, meine
Mein Gefühl ist, dass in Stuttgart jeder sein Ding macht, jeder hat auch den
Eltern und meine Schwester. Auch Kindergartenfreunde waren im Saal. Einen
Kopf so ein bisschen gesenkt, man schaut nicht so umher und beachtet sich
von ihnen, mit dem ich dann auch Abi gemacht habe, hab’ ich auf die Bühne
gegenseitig nicht so. Wenn man sich in Tübingen auf dem Gehsteig begegnet,
geholt und zu meinem Kameramann gemacht.
dann signalisiert man, dass man sich wahrgenommen hat, man grüßt sich oder nickt sich zu. In Stuttgart ist das anders, da reagiert man erst einmal sehr
Was sind Ihre prägenden Erinnerungen an die Kindheit in Tübingen?
distanziert auf Menschen, die man nicht kennt; es ist erst einmal eine gewisse
Ich war als Kind immer viel draußen unterwegs, zusammen mit Freunden,
Abwehrhaltung da. Vielleicht liegt es daran, dass es Großstadt ist, vielleicht ist
mit dem Fußball oder mit dem Fahrrad. Als wir noch sehr jung waren, fanden
auch die Mentalität eine andere.
wir es megaspannend, die Stadt zu erkunden. Wir sind überall in der Altstadt
erfolgreich heimat
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herumgeklettert, durch die Innenhöfe gestreift, durch all diese versteckten Gassen und Durchgänge zwischen den Häusern, das hat uns total Spaß gemacht.
Viele Größen aus der Popszene sind mit bestimmten Städten verbunden – Xavier Naidoo mit Mannheim, die Fanta 4 mit Stuttgart. Wie wichtig ist so eine lokale Verankerung im Popgeschäft? Ich bin mir nicht sicher, ob das professionell betrachtet wichtig ist, also dass es einem was in der Karriere bringt. Ich denke, das gibt einem eher persönlich was, wenn man das Gefühl hat, so eine Heimat zu haben, so eine Art Hafen, wo man weiß, da finde ich immer meinen Platz.
Bringt Ihnen das etwas für Ihre Inspiration, in so einem Heimathafen geborgen zu sein? Ja, aber man ist natürlich auch nicht nur geborgen. Die Heimat ist auch ein Ort, der mich für eine gewisse Zeit eher melancholisch gestimmt hat. Weil es ein Ort von damals war und weil es eben nun nicht mehr so war wie damals, mit all den Kumpels, mit denen man die Stadt erobert hat. Aber die studierten nun alle im Osten oder im Norden. Deswegen war Tübingen für mich eine Weile lang so ein Ort, der nicht mehr das war, was er für mich einmal gewesen ist. Aber gerade diese Gefühle in Songs zu verarbeiten, fand ich auf eine gewisse Art wieder sehr inspirierend. Mittlerweile finde ich es wieder sehr schön. Wenn zum Beispiel an Weihnachten alle Kumpels wieder da sind, kann ich das noch mal ganz anders genießen.
Kommt nicht irgendwann doch der Punkt, wo es einen wieder hinausdrängt in die Welt? Ja, das kann ich mir gut vorstellen. Es steht bei mir ja auch noch kein Umzug nach Tübingen an, ich spiele nur mit dem Gedanken. Vielleicht ziehe ich auch noch mal innerhalb von Stuttgart um. Dass ich mir in Tübingen ein Studio aufbaue, ist zumindest ein klares Zugeständnis, dass ich in der Nähe von Tübingen bleiben will. Und dass ich auch meine Eltern öfter besuchen will.
Würden Sie ausschließen, dass Sie in zehn Jahren doch in Berlin landen? Was das Fernweh betrifft: In meinem Beruf fährt man so oft durch Deutsch-
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land, auf Tour oder auch bei der Plattenproduktion, da sind wir dann auch mal mehrere Monate in Berlin. Wenn ich ein, zwei Monate im Jahr in Berlin bin, dann genieße ich das, das ist cool und ich mag Berlin total. Aber ich habe dann auch nicht das Gefühl, dass ich den Rest des Jahres dort etwas verpasse. Klar, es wäre schon spannend, dorthin zu ziehen, aber letztlich glaube ich nicht, dass es passieren wird.
Text: Armin Knauer, Foto: pr
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Steckbrief Vona Vona wurde 1992 als Dominik Vona in Tübingen geboren, wo er auch aufgewachsen ist. Als Jugendlicher spielte er Fußball beim SSV Reutlingen, von der C-Jugend an beim VfB Stuttgart. Ein Kreuzbandriss in der B-Jugend beendete seine Fußballkarriere. Erste Lieder schrieb er bereits mit 15. Nach dem Abi fuhr er mit Freunden im VW-Bus durch Europa und machte Straßenmusik. 2013 bot ihm die Stuttgarter Plattenfirma Chimperator die Produktion eines Albums an, das 2017 herauskam. 2016 waren Vona und Band als
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Höhen und Tiefen Die Region Neckar-Alb in Zahlen
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Ab wann ist ein Mensch alt? Wenn er älter ist, als die meisten anderen um ihn herum? Dann gehört man in der Region Neckar-Alb ab dem 44. Geburtstag zum alten Eisen. Denn das Durchschnittsalter liegt hier bei 43 Jahren. Die geburtenstarken 60er-Jahrgänge
150.000
nähern sich inzwischen dem Rentenalter: Mehr als ein Drittel der Menschen in der Region sind zwischen 40 und 65 Jahre alt. Die Generation Ü-65 ist mit 19 Prozent stärker vertreten als die unter 18-Jährigen (17 Prozent). Aber zum Glück ist man ja sowieso nur so alt, wie man sich fühlt.
Auch der Wandel zur Dienstleistungsgesellschaft lässt
sich in Zahlen festmachen: Zirka 150.000 Arbeitnehmer der Region sind nach Informationen der IHK Reutlingen in diesem Sektor beschäftigt – Mitte der
15 %
70er-Jahre waren es nur 65.000. Und von den damals 150.000 Stellen im produzierenden Gewerbe sind heute noch rund 95.000 übrig geblieben.
Die Heimat wird immer beliebter in aller Welt: Das sieht man unter anderem am Anteil der ausländischen Gäste im Tourismus. Zirka 15 Prozent der Übernachtungsgäste der Tourismusregion Schwäbische Alb kommen aus dem Ausland. Tendenz steigend seit 2003. Da waren es noch 9,4 Prozent. Insgesamt verzeichnen die Herbergen auf der Alb pro Jahr rund 1,8 Millionen Übernachtungen.
11
881
»Älbler, zwecks em Überblick« heißt ein beliebter Slogan manches Albbewohners. Besonders
Im Vergleich zu anderen Großstädten mögen Reutlingen und Tübingen
gut trifft das auf die Willmandinger zu.
recht beschaulich wirken. Doch die Lage zwischen der Landeshaupt-
Wer dort den Bolberg erklimmt, ist auf
stadt und der Schwäbischen Alb hat viele Vorteile. Auch, wenn man
881 Meter Höhe ganz oben, auf dem
mal eben eine kleine Auszeit braucht: In andere Gefilde ist es nur ein
höchsten Punkt der Schwäbischen Alb.
Katzensprung. Der Stuttgarter Flughafen ist keine halbe Autostunde
Zu dem am tiefsten gelegenen Ort in der
entfernt. Fast 11 Millionen Passagiere nutzten den Airport im ver-
Region immerhin ein Unterschied von
gangenen Jahr als Tor zur Welt – oder als Tor zur Heimatregion der
knapp 600 Metern: Mittelstadt liegt auf
GEA-Leser. 11.000 Menschen sind dort beschäftigt. Im Sommer
290 Metern über dem Meeresspiegel und
2018 bringen 51 Airlines die Reisenden regelmäßig zu 124 Ziel-
damit sogar noch tiefer als der Kirchen-
gebieten in 36 Ländern. Das Flugangebot ist damit größer als je zuvor.
tellinsfurter Baggersee (301 Meter).
Was ist uns unsere Heimat wert? Wir verbacken ausschließlich Bioland-Mehl und Getreide. Dadurch »ersparen« wir unserer Umwelt pro Jahr ca. 16 Tonnen Stickstoffdünger und 500 kg Spritzmittel. Wenn Bio, dann zur Biobäckerei Berger
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