Ausgabe 2/2015
Unterwegs mit dem Kanu
Urwaldgefühle an der Donau
Fundstücke im Riffmuseum
Auf Korallen gebaut Frische Forellen
Vom Teich auf den Tisch In guter Tradition
Ein Unterhemd macht Karriere Die ten s n ö sch am e z t ä Pl er s s a W Heft 2/2015 EURO 4,–
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92 Älbler
Macher und Originale
Landpartie
Ausflüge und Aktivitäten
Herbert Kloker ist wieder zurück im Heimathafen – samt Andenken
16 Wasserwandern durch die Wildnis
38 Die Aufsteigerinnen
Mit dem Kanu unterwegs im Naturschutzgebiet Donauwiesen
Zwei Schwestern schreinern Holzleitern für den Obstbau
24 Tauchen im Trockenen
44 Eine folgenreiche Verbindung
Im Riffmuseum in Gerstetten erfährt man, wie Korallen auf die Alb kommen
32 Die schönsten Plätze am Wasser
Wo man sich in Bädern, Flüssen und Seen der Region erfrischen kann
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34 Der schwäbische Seebär
Flurstück
Feld, Wald, Wiese
60 Optimisten am Bermudadreieck Ein Segelclub und sein Revier am Bucher Stausee
66 Im steinernen Sieb
Der Schlauchverbinder hat den Hersteller Gardena bekannt gemacht
Ein Wanderweg führt dorthin, wo die Donau im Boden verschwindet
50 Hippe Hemden
72 Jurassic Alb
In Albstadt werden hochwertige Shirts nach altem Vorbild gefertigt
Wer in Holzmaden auf Fossiliensuche geht, wird garantiert fündig
Die sten n ö h sc am e z t ä Pl er s s a W
60 Tafelrunde
Schauplatz
78 Fisch verliebt
98 Fabelhafte Flosse
Im Forellenhof Rössle kommt der Fisch vom Teich auf den Tisch
Eine hauptberufliche Meerjungfrau bringt anderen das Schwimmen bei
86 „Herrschaft Sechser, isch der guat!“
100 Der Krupp von Königsbronn
Ein Gespräch mit dem Mostfan und Küchenmeister August Kottmann
Das „Ruhrgebiet des Mittelalters“ und seine technischen Wunderwerke
90 Kuchs köstliche Kuchen
106 Die Verwandlung
Die Konditorin vom Sulzberghof und ihr Beerentraum
Zu Besuch bei der Kostümschneiderin des Freilichttheaters Hayingen
92 Respekt!
112 Ahoi auf der Alb
Ein Besuch bei den Pionieren der neuen Fleischesslust am Hof und Herd
Fernab vom Meer singt ein Shanty-Chor in Ebingen seine Lieder
Essen, trinken, feiern
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78 Kultur und Leben
Aushäusig Tipps und Termine
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Vom Sommertheater bis zum Wasserumzug, vom Marathon bis zum Musikfest: Die wichtigsten Veranstaltungen im Überblick
Rubriken 22 30 58 84 116 128
Land erleben: Tipps für Trips Wer hat’s erfunden? Fundstücke: Schönes von der Alb Tipps von der Landfrau Lesezeichen: Neue Bücher Impressum
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Landpartie
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Wasserwandern durch die Wildnis Zwischen Riedlingen und Zwiefalten zeigt die Donau eine ganz urwüchsige Seite. Wer sie erleben will, muss rauf aufs Wasser – und kann dort Welsen, Eisvögeln und sogar Schlangen begegnen.
Das, was da vorne schwimmt, ist viel zu lang und viel zu dünn für einen Fisch. Das, was da schwimmt, ist eine Schlange! Sogar eine Kreuzotter! Besser auf Abstand gehen. Wir halten das Paddel hinterm Boot ins Wasser, unser Kajak zieht sofort zur Seite. Wenige Meter weiter müssen wir wieder ausweichen: Ein Baum liegt im Fluss, seine Äste kämmen das Wasser. Das faucht an dem Hindernis, verwirbelt sich dahinter und stößt unser Kajak mit kabbeligen Wellen weiter. Da hängt auch schon der nächste Baum vom Ufer herab, der uns zum Ausweichen zwingt. Rings um uns herum bilden Büsche und Bäume eine grüne Mauer und das Laubdach lässt das Licht nur gedämpft durch.
sie auch hier zwei Mentalitäten: Nach Norden hin beginnt die Alb, mit ihren Felsen schon landschaftlich eine Bastion, aber auch von den Menschen her etwas zurückhaltender. Zum Süden hin öffnet sich Oberschwaben, eine Region, der man mehr Offenheit und Lebensfreude nachsagt. Allein diese 16 von den insgesamt 2 857 Flusskilometern der Donau sind so abwechslungsreich, dass sich Franz Haag, der sie schon zigmal befahren hat, immer
Der Fluss trennt zwei Mentalitäten
Einfach mal treiben lassen: Die Donau ist abwechslungsreich und nicht immer so beschaulich.
Urwald-Gefühle mitten in Schwaben. Genau deshalb mag Franz Haag die Donau so sehr: „Sie ist weltweit der Fluss, der durch die meisten Kulturen, Naturräume und Länder fließt. So international, so vielseitig – das gibt es sonst nirgends.“ Sogar dann, wenn wir uns nur im Ländle bewegen. Schon diese 16 Flusskilometer von Riedlingen bis Rechtenstein zeigen die vielen Gesichter der Donau. So trennt
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Flurst端ck
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Jurassic Alb Die Schwäbische Alb ist ein riesiger Friedhof: Das Jurameer hat hier einst seine Bewohner begraben. In einem Schieferbruch bei Holzmaden darf jeder auf Fossiliensuche gehen – mit Erfolgsgarantie!
Lilli kauert auf dem Meeresboden und hält eine Schnecke fest in ihrer kleinen Hand. „Ein Geschenk für Mama“, sagt sie. Die Dreijährige, die mit ihren Großeltern hier ist, trägt dabei weder eine Badehose noch Schwimmflügel, denn das Wasser hat sich bereits vor ziemlich langer Zeit zurückgezogen. Während des Erdmittelalters, dem Zeitalter der großen Saurier, genauer in der Epoche des Schwarzen Jura vor 200 bis 178 Millionen Jahren, soll es bis 150 Meter tief, subtropische 25 Grad warm und voller Leben gewesen sein. Dieses Jurameer formte durch Ablagerungen auch die Schwäbische Alb, die bekannt ist für ihren Reichtum an maritimen Fossilien. Riesige Ammoniten, Fischsaurier, Meereskrokodile und Seelilienkolonien hat man aus dem Boden geborgen. Tiere wie Lillis Schnecke, die gar
keine Schnecke ist, sondern der Abdruck eines Ammoniten, eines Kopffüßers, ähnlich dem Nautilus, der heute noch in unseren Ozeanen lebt.
Im Schiefer schlummern Versteinerungen Auf der Alb gibt es hier und da Fenster, durch die man direkt auf den Meeresboden des Erdmittelalters schauen kann. Besser noch, man kann ihn berühren, in Jahrmillionen Erdgeschichte herumwühlen. Zum Beispiel im Öl- oder Posidonienschieferbruch der Familie Kromer bei Ohmden unweit vom Urweltmuseum Hauff in Holzmaden. Auf den ersten Blick ist die asphaltschwarze Steinhalde wüst und leer wie eine Mondlandschaft. Doch in den Schieferplatten
schlummern unzählige Versteinerungen. Und jeder darf dort gegen eine kleine Gebühr mit Hammer und Meißel auf Fossiliensuche gehen. Hammer und Meißel sind ratsam, um die Steinplatten zu spalten. Und Handschuhe, denn der Schiefer ist scharfkantig. Dann geht es kinderleicht, und die Ausbeute ist sensationell. Zack, ein Ammonit, klack, noch einer. Und sieht das nicht aus wie versteinertes Holz? Wer unsicher ist oder fachliche Fragen hat, kann sich an Ralf Kromer oder seinen Vater Kurt wenden, die meist irgendwo im Steinbruch zugange und längst halbe Paläontologen sind. Für Kinder ist diese Schatzsuche mit Erfolgsgarantie ein Riesenspaß. Die sind meist auch nicht wählerisch, wenn ein Fundstück angeknackst ist. Alle sind schön, und so
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Tafelrunde
Fisch verliebt Foto: Fotolia - K.-U. Häßler
Schon der Ururgroßvater hat die Forellenzucht auf die Alb
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geholt. Bis heute dreht sich im Forellenhof Rössle in Honau unterhalb von Schloss Lichtenstein alles um den frischen Fisch. Das weiß auch die jüngste Generation im Familienbetrieb, die zugleich frischen Wind in die Küche bringt.
Das Wasser in den Teichen ist glasklar. Darin schwimmen sie, die vielen Forellen, die vom Rand aus betrachtet tiefschwarz aussehen. Über den Teichen thront oben am Albtrauf Schloss Lichtenstein. Gerhard Gumpper führt den Käscher ins Wasser. Der 50-Jährige hat ein Auge dafür, wann der beste Zeitpunkt ist und ihm möglichst viele Fische ins Netz gehen. Es sind gut 20 Fische, die er aus dem Teich in einen mit Wasser gefüllten Blechzuber wuchtet. Jetzt sieht man sie in der Sonne farbenfroh leuchten, die Schuppen glitzern und es wird klar, woher die Regenbogenforelle ihren Namen hat.
Aus Amerika kamen die Forellen auf die Alb
schriftlichen Zeugnisse keine Auskunft. Doch eines ist gewiss: Stefan Tröster hat dort auch Regenbogenforellen gesehen und probiert. So kam er auf die Idee, sie auf der Schwäbischen Alb zu züchten, und sich dazu Eier schickenlassen. „Die ersten Erfolge waren bescheiden“, sagt Gumpper, „aber es hat irgendwann doch geklappt.“ Im Jahr 1885 wurde der erste Teich unweit der Echazquelle angelegt. „Das war der Startschuss für die Honauer Forelle“, so Gumpper. Sie waren damit die Ersten im Land, die sich an der Forellenzucht versuchten. Bis heute ist der Forellenhof Rössle bekannt für seine frischen Fische
– aber auch für seine Rahmkartoffeln. Sie sind eine Spezialität, die vor gut 80 Jahren hier erfunden wurde. Noch heute werden sie nach altem Rezept zubereitet. Die Nachfrage ist groß. So groß, dass jeden Herbst gut 30 Tonnen Kartoffeln eingekellert werden. Für die legendären Rahmkartoffeln werden die Knollen dann über Feuer drei Stunden gekocht, und dann von Oma Lore Gumpper und ihren Mädels geschält und gerieben. „Der Rest ist Familiengeheimnis“, sagt Küchenchef Michael Stoll und grinst. Heraus kommen deftige, leckere Rahmkartoffeln, die ein guter Gegenpol zum doch eher leichten Fisch sind. „Den Fisch und die Rahmkar-
Es kommt dem Fischzüchter aus dem Echaztal gelegen, dass die Menschen regionaler und nachhaltiger denken. „Die Kunden möchten heute wissen, woher der Fisch kommt und wie er groß gezogen wurde“, erklärt Gumpper. Wie aber kam die Regenbogenforelle auf die Schwäbische Alb? Die Erklärung führt bis nach Amerika. Dorthin reiste Gumppers Ururgroßvater Stefan Tröster um 1870, um mehr übers Bierbrauen zu erfahren. Warum er das Handwerk ausgerechnet in Amerika lernen wollte, darüber geben die wenigen
An der Quelle: Frisches Wasser ist das Wichtigste für die Forellenzucht.
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Älbler
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Hippe Hemden Ein Hemd, gefertigt wie vor 100 Jahren, macht Karriere in Berlin und New York. Verantwortlich dafür sind der Designer Peter Plotnicki, der es auf einem Flohmarkt in Berlin entdeckt hat. Und Rudi Loder aus Albstadt, der den Stoff dafür auf museumsreifen Maschinen wirkt.
Alt und modisch: Rudi Loder zeigt das Hemd aus den 1920er-Jahren, mit dem alles angefangen hat.
Brad Pitt trägt es und auch Wolfgang Joop: das Retro-Shirt mit Knopfleiste, gefertigt in Albstadt auf uralten Wirkmaschinen nach der Vorbild eines Arbeiterhemdes aus den 1920er-Jahren. Dass es dieses Hemd gibt, ist einem Zufall zu verdanken. Wobei Peter Plotnicki nicht von Zufall sprechen will: „Hier kamen so viele Dinge zusammen, dass ich das Gefühl hatte, es musste einfach so sein.“ Der 54-Jährige hat nach einer Herrenschneiderlehre Modedesign studiert und mit seiner Frau Gitta in Berlin für verschiedene Hersteller Kleider entworfen. Weil er aber auch ein Faible für Hosen und Oberteile aus vergangenen Zeiten hat, stöbert er gerne auf Flohmärkten. So stieß er vor fünf Jahren in Berlin auf ein Hemd, das ihn faszinierte. Von den Flachstrickbündchen über die Wäscheknöpfe und die schön verarbeitete Knopfleiste bis hin zum besonderen Naturton. Plotnicki wollte herausfinden, woher es stammt. Die Spur führte ihn hunderte Kilometer weiter südlich nach Albstadt und zu Rudi Loder, dem Textilhersteller, der alte Strick- und Wirkmaschinen sammelt. Im Keller der Firma „Merz beim Schwanen“ hatte er die
Arbeiterhemden gefunden und einem Händler übergeben, weil er hier keine Verkaufschancen sah. Beide Männer eint ein Faible für die Techniken vergangener Zeiten. Ansonsten unterscheidet sich Loder nicht nur äußerlich von seinem Geschäftspartner in Berlin. Während Plotnicki ruhig und ernst wirkt und über Antworten sinniert, sprudelt aus Loder die Begeisterung für das, was in seinem Haus geschieht. Dabei kennt er auch andere Zeiten. „Hier war in jedem zweiten Haus die Textilindustrie zuhause“, sagt Loder auf dem Weg zu seinem Betrieb in Tailfingen, einem Teilort von Albstadt. Als die Krise in den 1990er-Jahren über die Branche hereinbrach, musste einer nach dem
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Vorschau
Impressum Redaktion Chefredakteurin Claudia List
Die nächste Ausgabe von Alblust mit dem Titelthema
Texte Wolfgang Albers, Wolfgang Alber, Annette Clauß, Dorothee Fauth, Claudia List, Jürgen Löhle, Ulrike Oelkuch, Marion Schrade, Andreas Steidel, Anja Wasserbäch
„Wohlige Wärme“ erscheint am 4. November 2015. Film und Feuer Ellwangen ist in der „Feuerzangenbowle“ mit Heinz Rühmann zu sehen – allerdings wurde nie dort gedreht.
Fotos Günther Bayerl, Joachim Bräuninger, Andreas Fink, Manfred Grohe, Stefan Hartmaier, Heinz Heiss, Claudia List, Patricia Neligan, Eva-Maria Pulvermüller, Steffen Schmid, Benny Ulmer, Thomas Warnack
Hard Rock statt Entspannungsmusik Mit ungewöhnlichen Sauna-Events heizen das Badkap in Albstadt und andere Thermen der Region ihren Besuchern ein.
Titelfoto Thomas Warnack
Après-Ski auf der Alb
Redaktionsanschrift Gaußstraße 74b, 70193 Stuttgart E-Mail: redaktion@alblust.de Telefon 07 11 / 91 45 40 58
In Holzelfingen kommt Hüttenfeeling auf wie in den Alpen.
Heilkraft aus dem Schiefer
Verlag
Bad Boll nutzt in seinem Kurhaus die Wärme des Jurafangos.
Verleger Valdo Lehari jr. E-Mail: verlag@alblust.de
Foto: Andreas Fink
Projektleiter Joachim Bräuninger Herausgeber GEA-Publishing und Media Services GmbH & Co. KG Persönlich haftende Gesellschafterin GEA-Publishing und Media Services Verwaltung GmbH, Burgplatz 5, 72764 Reutlingen
Foto: Thomas Warnack
Foto: Gunther Bayerl
Geschäftsführer Michael Eyckeler, Stephan Körting Idee Joachim Bräuninger und Stefan Hartmaier Anzeigen Stephan Körting (verant.), Joachim Bräuninger, Sabrina Glück, Iris Goldack, Patricia Kozjek
Anzeigenanschrift Alblust, Burgplatz 5, 72764 Reutlingen E-Mail: anzeigen@alblust.de Gestaltung Achim Goller, Silvia Kloker, Felix Michel Druck Bechtle Druck & Service/Esslingen a. N. Vertrieb vertrieb@alblust.de 0 71 21/3 02-5 39 Auflage 25 000
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