LUIS Männermagazin 2015

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ZIEMLICH BESTE FREUNDE

Geschichte – Männer und Taschenmesser bilden seit Urzeiten ein festes Gespann. Von der Erfolgsgeschichte des Schweizer Taschenmessers »Victorinox«. Seite 24

FAHRBERICHT – BMW X6 XDRIVE Der BMW X6 xDrive 30d chauffiert mit Chic und Geländetauglichkeit.

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DIE NEUEN OUTFITS FÜR DEN MODISCHEN MANN In Sachen Haar-Kreationen tragen ganz Mutige sogar einen »Dutt«. LUIS – Das Männermagazin für den Reutlinger General-Anzeiger

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EDITORIAL Liebe Männer, Mannsbilder, ganze Kerle, Womanizer, Romantiker, Draufgänger…

INHALT Editorial

Sie hören ganz recht. Hier spielt der Mann die erste Geige. Er fristet kein Schattendasein hinter den oft so glamourös in den Hochglanzgazetten dargestellten weiblichen »Hauptdarstellerinnen«. In unserem Männermagazin »Luis« bringen wir Themen für den Mann.

Ist die Geschlechtsrolle (gender role) heute noch von solcher Bedeutung, dass man tatsächlich für Männer anders schreiben muss als für Frauen? In diesem Magazin steuern wir das mit System! Freilich entstehen so auch Beiträge, die zwangsläufig Klischees bedienen: Männer lieben schnelle, große Autos, finden archaisch anmutende Vollbärte doch irgendwie cool, stehen auf Abenteuer, Fußball und auch auf feinste Taschenmesser mit x Funktionen. »Ein richtiger Mann trägt immer ein Taschenmesser bei sich«, heißt es im Volksmund.

Liebe Männer, dies und vieles mehr erwartet Sie/Euch in unserem Magazin. Natürlich darf darüber gerne mit »ihr« gefachsimpelt werden, denn letzten Endes ist der Austausch unter den Geschlechtern doch irgendwie das Reizvolle und Spannende an der Kommunikation überhaupt.

Viel Freude beim Lesen, Betrachten und Verinnerlichen! Ihre Redaktion

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KUSCHELIGE STOFFE, AUCH FÜR GANZ TAFFE

MÄNNER-DUTT EINE HAARIGE ANGELEGENHEIT Seite 20

Kommunikation – Fast alles ist miteinander vernetzt

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Audi TT Roadster Ein Sommertagstraum

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PLATZ DA, JETZT KOMMT DER BMW X6 X DRIVE!

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Gin – Im Ländle hergestellt und immer beliebter

TASCHENMESSER – ERKLÄRTE MÄNNERSACHE! Seite 26

Unverzichtbarer Allrounder Das Schweizer Taschenmesser Victorinox

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Luft-Taxi Lasst uns einen Jet mieten!

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Allein unter Frauen Männer und Yoga

IMPRESSUM Sonderausgabe Oktober 2015 Verlag GEA Publishing und Media Services GmbH + Co. KG | Verleger Valdo Lehari jr. Redaktion Christine Knauer (verantw., Reutlinger General-Anzeiger), Iris Kreppenhofer, Vera Hiller, Stephan Zenke Anzeigen Stephan Körting (verantw.), David Beck, Stephan Schweikert Layout & Gestaltung Mark Reich (Reutlinger General-Anzeiger) | Titelfoto ©Nejron Photo-Fotolia.com Druck Bechtle Druck & Service, Esslingen | Auflage 44 500 Exemplare Für den Inhalt der Anzeigen sind die Auftraggeber verantwortlich.

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MÄNNER, ENTSPANNT EUCH! Die Herrenmode im Herbst und Winter sorgt für Behaglichkeit

Der Sport dominiert die Männermode im Herbst und Winter. Allerdings dürfen es modebewusste Männer ruhig etwas entspannter angehen lassen: Unter die schlanken Schnitte mischen sich weiche Formen und Stoffe. »Wer eine Jogginghose trägt, hat die Kontrolle über sein Leben verloren,« sagt der in diesem Jahr 80 gewordene Karl Lagerfeld. Hätte er recht, müsste man sich heute um den Zustand vieler Menschen Sorgen machen: Jogginghosen erobern die Straßen und sogar die Laufstege. Sie sind längst salonfähig. Zudem sind sie Symbol dafür, wie sich Männer diesen Herbst kleiden: entspannt und sportlich.

SPORTLICHKEIT IST TRUMPF »Die ganze Welle von Gesundheit, von Fitness, Sport und ewiger Jugend hat seit einigen Jahren einen unglaublichen Einfluss auf die Mode«, erklärt Michael Werner von der Fachzeitschrift »Textilwirtschaft«. »Alles soll nach ein bisschen mehr Dynamik und Drive aussehen.« Die Dynamik in der Mode lässt sich unter anderem daran er-

kennen, dass auch in diesem Winter die Schnitte und Passformen eng am Körper anliegen. Der sogenannte Slim-Fit hat sich als beliebteste Passform fest etabliert, sagt Werner. Astrid Werle, Maßschneiderin aus Düsseldorf, erkennt auf ihrem Spezialgebiet eine ganz ähnliche Tendenz: »Bei den Sakkos bleibt es auch im Herbst schmal und tailliert, aber nicht mehr so extrem kurz wie in den vergangenen Jahren«. Der Trend bei Anzügen gehe grundsätzlich hin zu einer klaren, reduzierten Optik, oft in dunklen Farben. Ähnliches gelte für Hemden: Der Schnitt bleibt schlank. Ebenso wird weniger auf auffällige Details wie etwa bunte Knopflöcher gesetzt, dafür treten die Stoffe an sich in den Vordergrund. Häufig sieht man Microprints, also kleine Drucke und Karos auf den Hemden, die immer zurückhaltend, niemals laut wirken. Auch Werle beobachtet viele Impulse aus der Sportswear, die die klassische Herrenmode bereichern. »Bei den Hosen etwa passiert einiges. Man sieht sowohl Trackpants mit Tunnelzug als auch schlanke

Cargohosen in Wollstoffqualitäten. Sport trifft da klassisches Tailoring oder auch umgekehrt.«

LÄSSIGE ELEGANZ Das Deutsche Mode Institut (DMI) in Köln spricht in seinem Trendbericht für die Herbstsaison passend dazu von lässiger Eleganz, gepaart mit urbaner Sportlichkeit als zwei der zentralen Strömungen. Häufig verschmelzen diese Impulse in den Kollektionen zu Mischformen, zu »Casual Hybriden«. »Der hybride Charakter der Mode rührt auch daher, dass wir uns in unserem Lifestyle zwischen den Welten bewegen«, sagt Gerd Müller-Thomkins, Präsident des DMI. Man sehe inzwischen nicht mehr nur Funktionsjacken in dem einen und parallel dazu smarte Sakkos in dem anderen Geschäft. Plötzlich gibt es konfektionierte Outdoor-Sakkos aus Funktionsmaterial. Klassische Budapesterschuhe aus Leder bekommen eine sportliche Sneakersohle verpasst. »Viel dreht sich in der Männer mode um Sportlichkeit, Leichtig-

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keit und Funktionalität«, erklärt Müller-Thomkins. Da folgen Markt und Mode dem Zeitgeist. Moderne Mode muss demnach vor allem tragbar sein, gleichzeitig individuell und flexibel. Auch die Maßschneiderin Astrid Werle bemerkt einen stetig wachsenden Trend zur Individualität. Immer mehr Kunden seien sehr gut informiert und kämen mit ganz genauen Vorstellungen in ihr Geschäft. »Herrenmode öffnet sich, das heißt, man sieht mehr Mut zum Styling, zu Stoffen und Formen.«

COMEBACK DES WOLLMANTELS Eine der auffälligsten Entwicklungen des Herbstes ist für die Maßschneiderin das Comeback des Wollmantels. Zuletzt waren besonders Daunenjacken und Parkas gefragt. Werle sieht vor allem Blazer-Mäntel, Cabanjacken und klassische Dufflecoats im Kommen – in Dunkelblau, Camel- oder Khakitönen. Dazu trägt man wieder große Schals aus Wolle oder Kaschmir. »Blau ist generell ein ganz starker Grundton im Sommer wie im Winter«, fügt Michael Werner hinzu. Allgemein gehe die Farbigkeit im Herbst etwas zurück, zugunsten dunklerer Töne wie Bordeaux sowie den Klassikern Grau und Schwarz, die in der dunklen Jahreszeit traditionell Konjunktur haben. Laut Werner setze sich die Vorliebe für Wolle auch in anderen Bereichen der Herbstmode fort, etwa in Form von groben Strickjacken, die auch im Outdoorbereich eine große Rolle spielen und teils die Daunenjacken ersetzen. »Es gibt eine gewisse Sehnsucht nach Behaglichkeit, nach bequemen Stoffen, nach etwas mehr Tiefe, Wärme und Charakter«, sagt Werner. »Der Look wird insgesamt ein bisschen wolliger, stofflicher.« Männer haben diesen Herbst also mehr denn je große Freiheit, was die Kreation ihres eigenen Stils angeht. Viel ist möglich, sogar Joggingpants zum Jersey Sakko – Hauptsache relaxt.

Text: tmn Bilder: Tom Tailor

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AUDI TT ROADSTER Wenn man sich schon morgens aufs Autofahren freut

Der Audi TT als Roadster hat in der neuen, mittlerweile dritten Generation optisch an Substanz zugelegt. Er wirkt weniger verspielt, nicht mehr »nur rund«, sondern wie ein zubeißender Sportflitzer, Open-AirFeeling inklusive. Und dies, obwohl er kürzer als sein Vorgänger ist. In unserer S-line-Version mit DSG-Schaltgetriebe sind wir vom Feinsten unterwegs, wie sich später in der Fahrpraxis zeigen wird. Doch schon beim Einsteigen und ersten Mustern gibt es viele Aha- oder »Oha«-Momente: Rot-braune Ledersitze, wunderschön abgesteppt, Mucke aus Bang & Olufsen-Verstärkern, silberne Applikationen sowie ein geschmeidig in der Hand liegendes, kleines Lederlenkrad heißen den Insassen willkommen.

schon das Coupé vorweist. Dieses neuartige Cockpit ist mit einem Multifunktions-Display statt der klassischen Analoguhren ausgestattet.

Kofferraum – sitzt, ist ungewöhnlich. Deshalb sollte sie nicht nennenswert ausgasen oder bei einem Unfall auslaufen.

Den TT gibt es auch als 1,8-Liter-Benziner mit 180 PS, als Quattro (nur der größere Motor) sowie in Kombination mit einem 184 PS starken TDI-Motor. Die TTS Roadster gehen rauf bis zu einer Leistung von 310 PS und spielen wieder in einer anderen Liga. Solch ein Auto kostet dann mal schnell mehr als 50 000 Euro.

EIN SCHÖNES KAPITEL

Mit der S tronic kostet der TT Roadster in der von uns gefahrenen 2.0-TFSI-Version 40 050 Euro. Der Einstiegspreis für den Openair-TT liegt bei 34 500 Euro. So steht der 1,8 TFSI mit manueller Sechsgangschaltung und 180 PS in der Liste.

Womit wir uns nicht auf Anhieb anfreunden können, sind die kreisrunden Luftauslässe beziehungsweise Bedienknöpfe für Klimaautomatik und deren Automatikmodus: Daran dreht und kurbelt man sich irgendwie die Finger wund, bis man ein Feeling dafür bekommt. Die Ablagemöglichkeiten sind begrenzt, was bei einem Roadster aber auch nicht weiter verwunderlich ist. Es gibt einen bescheidenen Becherhalter, die Sonnenblenden sind winzig und selbst das Lederlenkrad ist eher klein dimensioniert. Letzteres passt aber gut zum Wagen insgesamt. Dass die Batterie im Innenraum – respektive im

ELEKTRONISCHER GUCKKASTEN Der TT Roadster 2.0 TFSI hat technisch gesehen nur das Beste vom VW-Konzern mitbekommen: Einen 230 Benziner-PS-Motor aus dem Golf GTI, das fein arbeitende Doppelkupplungsgetriebe sowie den ungewöhnlichen elektronischen Guckkasten (Virtual Cockpit), den auch

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Serie sind im aktuellen TT Roadster das in zehn Sekunden elektrisch öffnende Dach, Xenonlicht, LED-Rückleuchten und Sportsitze. Für knapp 500 Euro extra fährt auch das Windschott elektrisch hoch.

Ein schön zu beschreibendes Kapitel ist das des Sounds. Im Auspuff (Doppelendrohre) öffnet sich ab etwa 3 500 Touren eine Klappe, um das Röhren zu verstärken. Das maximale Drehmoment des Sportflitzers liegt bei 370 Nm bei 1 600 – 4300 Umdrehungen pro Minute. Unser Testwagen ist so eingestellt, dass er beim Ausmachen und Abstellen einen akustischen Paukenschlag von sich gibt. Da sind auch Spätheimkehrer wieder wach. Dank hervorragender Karosseriesteifigkeit und des sorgfältig gedämmten Akustikverdecks fährt sich der Roadster fast so präzise und leise wie das Coupé. Es macht einfach nur Spaß, mit dem gut verarbeiteten, wie eine Flunder auf der Straße liegenden Ingolstädter unterwegs zu sein und Kurven zu fressen. Der Komfort lässt dabei nie zu wünschen übrig. Wenn man sich morgens schon aufs Auto freut, kann das eigentlich kein größeres Kompliment für den fahrbaren Untersatz sein.

Text: Christine Knauer Bild: Audi


Audi TT Roadster 2.0 TFSI Motorbauart: Reihen-Vierzylinder-Ottomotor mit Benzindirekteinspritzung, Abgasturboaufladung mit Ladeluftkühlung, Vierventil-Technik, zwei oben liegende Nockenwellen (DOHC), Start-StoppSystem Leistung: Hubraum 1 984 cm3 Max. Leistung: 169 kW (230 PS) Max. Drehmoment: 370/1 600 – 4 300 Nm bei min -1 Getriebeart: 6-Gang S tronic

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LUXUSLIMOUSINE FÜR ECHTE KERLE BMW X6 xDrive 30d chauffiert mit Chic und Geländetauglichkeit Mächtig steht er da – und elegant zugleich. Der neue BMW X6 macht Männerträume wahr. Muskelbepackt und korpulent, ist das Sports Utility Vehicle ein Fall für große Auftritte. Besonders vor Straßencafés machen Muckies und schickes Styling Eindruck. Noch mehr als im Gelände, denn beim Kraxeln über Stock und Stein ist schnell der Lack ab. Allerdings, ein paar Kratzer stören echte Kerle ja nicht wirklich, was zählt, sind Spaß und Power. Mit 258 Pferdestärken prescht der X6 xDrive 30d durch dick und dünn. Und wenn’s mal steil bergab geht, kann Mann (heimlich) die Sache dem Wagen überlassen, denn die Bergabfahrkontrolle bringt einen automatisch bei sieben km/h sachte hinunter. Dienstbare Geister gibt’s noch mehr an Bord. So ist die Automatic Hold beim Anfahren am Berg nützlich: Der Wagen hält kurz im Stand – Zeit genug, um Gas zu geben und nicht rückwärts abzudriften. Auf Teer lässt der Allrader auch nichts anbrennen. Dynamisch packt er kurvige Bergstrecken – im Sportmodus, versteht sich. Dabei erstaunt die fast fünf Meter lange Limousine mit einem agilen Handling. Eine rasante Fahrt mit dem Dreiliter-Turbodiesel ist Fun pur, kraftvoll bringt das Schwergewicht voran. Trotz seiner gut 2,2 Tonnen sind in 6,7 Sekunden aus dem Stand 100 km/h zu schaffen. Dabei wechseln die acht Gänge des Sportgetriebes automatisch – oder Mann nimmt die Sache selbst in die Hand und wippt am Multifunktionslenk-

rad rauf und runter. Dabei sieht er sein Tempo als Projektion auf der Windschutzscheibe – wenn ein Head-Up-Display an Bord ist. Das System zeigt auch Tempolimits und Überholverbote an – in Form von Schildern, die auf die Frontscheibe projiziert werden.

DIENSTBARE GEISTER Luxus macht Laune in diesem BMW X6 der zweiten Generation. Edle Oberflächen und handschmeichelnde Materialien vermitteln die Wertigkeit der Oberklasse. Seine hohe Sitzposition gibt ihm das Gefühl, alles im Griff zu haben. Der Schein trügt, der Überblick über die Ausmaße des Wagens rundum ist eher mäßig. Doch dafür gibt’s ja Assistenten wie die Park-Distance-Control. Diese Einparkhilfe mit Rückfahrkamera zeigt auf dem mittigen Display eine unglaubliche Perspektive: So wirkt das Auto beim Fahren durch eine einspurige, enge Häuserschlucht wie von oben gefilmt. Die schematische Darstellung errechnet das System aus den Abständen der Hindernisse zum Fahrzeug – über Ultraschallsensoren an Front und Heck. Dazu kann man(n) einen Parkassistenten ordern, der bei der Suche nach der Lücke hilft. Spaßig wird’s, wenn sich der Wagen automatisch selbst rein bugsiert. Technische Finessen erleichtern eben das (Männer-)Leben. Auf Langstrecken macht der Spurwechsel-Assistent Sinn, schließ-

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lich hauen monotone Autofahrten selbst den stärksten Kerl um. Eine feine Sache ist auch das PanoramaSide-View: Kameras vorn und hinten erfassen, was seitlich neben dem Wagen los ist. Hilfreich ist noch der Stau-Assistent: Er bremst und gibt automatisch Gas entsprechend des voreingestellten Tempos und dem daraus sich ergebenden Abstand zum Vordermann. Die Auffahrwarnung mit City-Anbremsfunktion erkennt über eine Kamera im Rückspiegel, wenn’s vorne eng wird – signalisiert dies massiv und bremst bei Nichtreagieren des Fahrers automatisch ab. Das funktioniert bei etwa 5 bis 60 km/h.

NIGHT-VISION Zu einem BMW-Luxusgefährt gehört Night Vision: Das optionale System erkennt bei Nacht Personen bis zu 100 Meter und Tiere, die bis etwa 150 Meter entfernt sind. Allerdings nur bei gutem Wetter, denn die Infrarot-Wärmebildkamera ist im Frontgrill platziert. Wenn’s Katzen hagelt, darf sich der Fahrer halt nicht von seiner Mieze ablenken lassen. Sollten mehrere Begleiterinnen auf längerer Strecke mitfahren wollen, könnte der relativ kleine Kofferraum zum Problem werden. Ansonsten gilt: Echte Kerle brauchen nur wenig Gepäck auf Reisen. Der Durst des Kraftpakets hängt natürlich von der Fahrweise ab. Sechs Liter Diesel im Schnitt sollen laut Hersteller möglich sein, wir benötigten rund elf. So trifft der Schluckspecht immer wieder auf umweltbewusste und diskutierfreudige Beifahrer – besonders, wenn sich das mächtige SUV durch den Dschungel verstopfter Innenstädte kämpfen muss und Parkplatzfreundlichkeit anders aussieht. Mitreisende wie Fahrer schwanken dann oft zwischen Vernunft und Verzückung über diesen neuen X6. Text: Iris Kreppenhofer Bilder: BMW

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BMW X6 xDrive 30d Karosserie: Geländewagen, 5 Türen, 5-Sitzer Länge/Breite/Höhe: 4 909/1 989/1 702 mm Motor: 6-Zylinder-Reihendieselmotor, Abgasturbolader, 4 Ventile/Zylinder Hubraum: 2 993 ccm Leistung: 190 kW/258 PS Maximales Drehmoment: 560 Nm (bei 1 500 U/min) Getriebe: 8-Gang-Automatik (Steptronic mit Schaltwippen am Lenkrad), Sportgetriebe; Allradantrieb (xDrive) Bremsen (vo./hi.): Scheiben Sicherheitstechnik: ABS, Bremsassistent, Dynam. Stabilitätskontrolle (DSC), Dynam. Traktionskontrolle (DTC), Bergabfahrkontrolle (HDC), Airbags (Front, Seiten, Kopf), Fußgängerschutzsystem, Intelligent Safety System Kofferraum: 580 – 1 525 Liter Leer-/Gesamtgewicht: 2 245/2 780 kg Anhänger (gebremst/ungebremst): 2 700/750 kg Bereifung: 255/50 R19 0–100 km/h: 6,7 sec Höchstgeschwindigkeit: 230 km/h Böschungswinkel hinten/vorn: 23/25 Grad Bodenfreiheit: 212 mm Verbrauch: 6,0 Liter Diesel (Test ca. 11) Tankinhalt: 85 Liter CO2-Emission: 159 g/km Grundpreis: 65 900 Euro Versicherungs-Typklassen HP/VK/TK: 24/30/31 Jahressteuer/Abgasnorm: 409 Euro/EU 6 (Effizienzklasse A)

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GIN MADE IM LÄNDLE

Früher war die Welt noch geordnet: Da kam Whisky aus Schottland und Gin aus Großbritannien. Seit Barkeeper von Berlin bis New York sich für Gin begeistern, hat sich das gründlich geändert. Um die Wacholderspirituose hat sich ein regelrechter Hype entwickelt: »Pro Woche kommt ein neuer Gin dazu«, sagt Ralph Knyrim, Inhaber der Alten Tabakstube am Schillerplatz in Stuttgart. Dort führt er zwei Eigenmarken und rund 80 weitere Gin-Sorten, vom Tanqueray No. Ten aus Schottland, auf den viele Barkeeper schwören, über Gilpin’s Westmorland aus London, Ungava Canadian Dry Gin aus einer Destillerie bei Montreal und Saffron Gin aus Dijon bis zu Gin 27 aus Appenzell. Experimentierlustige probieren also mal Gin deutscher Herkunft: Gin Sul in weißen Tonflaschen kommt aus Hamburg-Altona, Windspiel aus der Vulkaneifel und Ferdinand’s Saar Dry Gin trägt die Herkunft gleich im Namen. Bekanntheit erlangte vor allem der Monkey 47 aus dem Schwarzwald, der 2011 zum weltweit besten Gin gewählt wurde. Weil er mit den 47 Botanicals von Angelikawurzel bis Zitronenmelisse in seiner Rezeptur recht komplex »komponiert« ist, sollte er eher pur getrunken werden als mit Tonic.

Infos: Alte Tabakstube | www.altetabakstube.de Destillerie Rieger & Hofmeister | www.rieger-hofmeister.de Destillerie Kohler | www.destilleriekohler.de Black Forest Distillers | www.monkey47.de Brennerei Gruel | www.manufaktur-gruel.de Infos im Internet: www.ginspiration.de www.gin-nerds.de

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Die zahlreichen Whisky-Brennereien in Owen stellen teils ebenfalls Gin her. In Fellbach brennt Marcus Hofmeister schon seit Jahren schwäbischen Whisky und Gin, doch weit umfangreicher ist sein Sortiment an feinen Obst- und Tresterbränden. Auch in Heumaden pflegt Lars Erdmann in der von seinem Großvater begründeten Destillerie Kohler die Tradition in Form edler Obstbrände. Weil ihn aber große Experimentierlust antreibt, hat er Gin schon seit 2006 im Angebot, noch bevor der Wacholderschnaps zum neuen In-Getränk wurde. Eine Vielzahl an Ingredienzien hält er eher für eine Art »Kopierschutz«. Seine Philosophie: »Was reinkommt, soll man schmecken«. Er beschränkt sich bewusst auf wenige Zutaten, damit

diese sich gegenseitig unterstützen: »Unser Gin ist direkt, kräftig, anders: Wacholder, Hagebutten, Wurzeln«. Anfangs hat er noch Schlehen von der Schwäbischen Alb dafür verwendet, inzwischen sind Hagebutten aus Stuttgart die Hauptzutat. Zitrusfrüchte enthält sein Gin nicht, auch wenn ihm viele Verkoster Zitrusaromen bescheinigen (sie verdanken sich den qualitativ hochwertigen Wurzeln).

BOOM NIMMT KEIN ENDE Aus Sicht der Obstbrenner haben Ginproduzenten »mit Destillierkunst nichts am Hut. Sie müssen keine Maische ansetzen, nicht so genau auf die Früchte achten und nicht so sorgfältig abtrennen«. Eben weil man bei Gin nicht viel falsch machen kann und der Boom kein Ende nimmt, sprießen Gin-Hersteller wie Pilze aus dem Boden. Für die einfachste Qualität muss nicht mal destilliert werden: So ein »Gin« besteht dann aus Neutralalkohol und zugefügten Essenzen. Oberste Qualität ist der »London Dry Gin«, der nicht aus London kommen muss, aber neben pflanzlichen Stoffen keine anderen Zutaten außer Wasser enthalten darf. Das, was destilliert wird, ergibt das Produkt. Dieses ist immer »dry« (enthält also keinen Zuckerzusatz beziehungsweise maximal 0,1 Gramm pro Liter). Nicht ganz so streng sind die Regeln beim »Destilled Gin«, dem natürliche (Botanicals) und künstliche Farbund Aromastoffe auch nach der Destillation zugefügt werden dürfen und der somit wesentlich preiswerter in der Herstellung ist. Gin-Puristen mögen sich mit Grausen abwenden, doch die Idee, Gin aus regionalen Zutaten herzustellen, wird inzwischen von Berlin (Gurke und Waldmeister) bis nach München (Hopfen und Malz) in die Tat umgesetzt. Wirklich verbindlich ist nur, dass der Wacholder geschmacklich dominiert. Text: Bild:

Dr. Gabriele Kalmbach ©BillionPhotos.com-Fotolia.com


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MANN, MÄNNLICHER, MÄNNER-DUTT? Erstmals tauchten sie 2013 auf den Roten Teppichen von Hollywood auf, dann in den hippen US-Städten New York, San Francisco und Chicago: die Rede ist von den Männer-Dutts oder – international – »man buns«. Heute gehören man buns in europäischen TrendMetropolen wie London, Berlin oder Kopenhagen ebenso zum gewohnten Straßenbild wie in den östlichen Pendants Tokio, Shanghai oder Mumbai. Dabei gab es jahrzehntelang so gut wie nichts, was den Oma-Look stärker unterstrichen hätte als ein Dutt. Es dauerte lange, ehe dem Dutt in der weiblichen Frisurenwelt diesseits der 60 der Durchbruch gelang. Und jetzt hat er sogar die Männerwelt erobert.

KRAFT DER HAARE Andererseits sind lange Haare bei Männern kein Phänomen, das erst mit der Hippiewelle aufkam. Bereits die Bibel berichtet davon, dass Samsons Kraft in seiner langen Mähne steckte, die schwand, als ihm Delilah seine Locken abschnitt. An die Kraft in ihren Haaren glaub-

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ten auch die Merowinger, die nach Auskunft ihrer Biografen vom 5. bis zum 8. Jahrhundert mit langen Haaren auf dem Königsthron saßen – übrigens demselben, den später Karl der Große innehatte. Und ob die kaiserliche Terrakotta-Armee aus Zentralchina oder die Verfilmung »Shogun« mit Richard Chamberlain: Beides sind Zeugen, dass asiatische Krieger ehemals stolz und selbstbewusst Dutt trugen. Logisch, denn es wäre ja lebensgefährlich, raubten einem beim Zweikampf mit dem Schwert lange Zotteln die Sicht. Dabei ist schon die Grundvoraussetzung angesprochen, die ein Dutt benötigt: lange Haare. Diese trugen erstmalig nach Jahrzehnten akkuraten Herrenhaarschnitts die Hippie-Rebellen. Und zwar offen und ungezähmt, wobei in den Siebzigerjahren gerne auch noch der Agro-Ausdruck im Gesicht dazukam, der besagte: »Wag‘ es ja nicht, etwas über meine langen Haare zu sagen!«. Inzwischen steuern die Altachtundsechziger selbst auf die 68 zu und lange Haare sind bei Männern längst kein Aufreger mehr.

Ebenso wenig wie das Haargel, das seit »Miami Vice«-Zeiten in keinem Bad mit männlichen Nutzern mehr fehlen darf. Mit dem Pferdeschwanz drang der Männerkopf noch weiter in die einst rein weibliche Hairstylingliga vor. Neuerdings untermauert der man bun, dass die holde Weiblichkeit kein Alleinverfügungsrecht mehr über Haargels, Haarschaum oder Haar-

FRAGWÜRDIGES BEIWERK: DER ZAUSELBART gummis hat. Auf der nach eigenen Angaben »offiziellen Internet-Seite für man buns und lange Haare« taucht gebetsmühlenartig der Hinweis auf, dies sei »ein sehr einfacher Haarstil«. Seitenlang geht der Autor – selbst ein »man bunner« und Barbier – auf alle Finessen der Haartracht ein: »Was ist ein man bun undercut (Antwort: Ein halber Dutt, weil Seiten- und Nackenhaare kurz sind)? Kann ich auch einen Dutt tragen, wenn ich schon älter bin (Antwort: Ja, solange du genug Haare dafür hast)?« Als wichtiges Must-have zum man bun gilt übrigens der Zausel-

vollbart – wohl, damit das Ganze nicht zu feminin wirkt. Wobei an dieser Stelle in Erinnerung gebracht werden sollte, dass viele Frauen Männer mit Vollbärten ungefähr genauso gern küssen wie ihre Schuhputzbürste. Singles mit Dutt- und Beziehungsambitionen gleichermaßen sollten sich also lieber auf andere maskuline Attribute besinnen – beispielsweise trainierte Bizepse – oder Waschbrettbauch. Übrigens – und das könnte ein Hinweis auf einen kommenden Trend sein – taucht dabei auch die Frage auf: »Kann ich mein Haar bei einem man bun auch flechten?« Die positive Ermutigung wird mit einem Bildbeispiel ergänzt. Der nächste Schritt wäre dann logischerweise der trendbewusste Mann mit Heidi-Zöpfen, möglicherweise zum Kranz rings um den Kopf gesteckt wie bei den Madeln auf einer bayerischen Kirchweih. Eine aparte Vorstellung! Sollten wir Frauen uns mental schon mal darauf vorbereiten? www.manbunhairstyle.net Text: Bild:

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UNTERHALTUNG UND KOMMUNIKATION Ob Smartphone oder Streamingplayer – fast alles ist miteinander vernetzt

Es geht nicht ohne Fernseher, große Fernseher versteht sich. Doch die Elektronikmesse IFA im vergangenen Monat zeigte sich so vielfältig, dass man sieht, wie breit das Thema Unterhaltung mittlerweile aufgestellt ist. Egal ob Smartphone oder Streamingplayer – fast alles ist miteinander vernetzt. Fünf wichtige Trends: Flat-TVs: Groß, ultrahochauflösend, gebogen und natürlich smart lauten die TV-Trends. Im Vorjahr waren zur Messe noch viele Fragen rund um Standards und Anschlüsse für Ultra-HD-Auflösung (UHD) offen. Das hat sich nun geändert, wie die Gesellschaft für Unterhaltungs- und Kommunikationselektronik (gfu) erklärt: »Die Neuheiten der führenden Hersteller unterstützen den jüngsten, besonders effizienten Video-Kompressionsstandard HEVC (H.265), haben HDMI-Anschlüsse für hohe UHD-Datenraten und entsprechen den Kopierschutzanforderungen künftiger UHD-Medien.« Außerdem wurden auf der Messe die UHD-Blu-ray-Disc samt Player vorgestellt. Einige Top-TVs unterstützen schon einen erhöhten Kontrastumfang (HDR), der gerade erst in die Kinos kommt. Beim Smart-TV stehen die Betriebssysteme wie Android, Tizen oder WebOS im Fokus, die Streaming oder Apps erst möglich

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machen. »Der Einsatz bereits etablierter und weit verbreiteter Betriebssysteme erleichtert auch die Vernetzung der Fernseher mit Tablets, Smartphones und modernen Hausgeräten«, erklärt die gfu, die die IFA veranstaltet. Smartphones: Im Trend liegen derzeit vor allem große Smartphones mit mindestens fünf Zoll Displaydiagonale und LTE – beides ehemalige Premium-Merkmale, die nun schon in der Mittelklasse zu finden sind, sagt Arndt Polifke, Global Director für Telekommunikation beim Marktforscher GfK. »Die Herausforderung für die Hersteller besteht darin, Kaufanreize durch immer neue technische Spezifikationen zu bieten bei einem weitgehend gesättigten Markt in Deutschland und Europa.« Oberklasse-Modelle kommen deshalb etwa in innovativen Formfaktoren, Metallgehäusen, mit besseren Kameras, 4K-Videofunktion, Highend-CPUs, drahtloser Ladefunktion oder hochwertigen Displays. Dabei beobachtet der Experte eine Polarisierung der Käufergruppen und des Angebots: »Preisbewusste und junge Kunden bekommen für 150 bis 200 Euro viel bessere Geräte als noch vor ein oder zwei Jahren.« Viele Verbraucher leisteten sich aber nach wie vor die Flaggschiffe – auch wegen des Images und der Re-


putation. Generell machen die immer größeren Smartphones den Tablets Konkurrenz. »Da gibt es tatsächlich eine gewisse Substitution«, sagt Polifke. »Das Wachstum bei Tablets ist global deutlich abgeflaut, und inzwischen ist die Nachfrage je nach Region sogar leicht rückläufig.« Wearables: Eine neue Entwicklung sieht GfK-Experte Polifke in der Konvergenz der Wearable-Typen Fitnesstracker, Smartwatch und Sportuhr: »Es entsteht eine breitere, universellere Mitte.« So bekommen etwa Tracker Benachrichtigungsfunktionen, Sportuhren lernen das Messaging, und Smartwatches erhalten das im Sportbereich übliche GPS-Modul und werden klassischen Armbanduhren ähnlicher – etwa durch runde Gehäuse und Displays. »Trotz überlappender Funktionen gibt es aber nach wie vor eine Nachfrage nach spezialisierten Produkten für einzelne Anwendungsbereiche«, sagt Polifke.

Allseen, Qivicon oder Thread Group, die Protokolle, Schnittstellen und Apps für Thermostate, Schalter, Einbruchsmelder, Steckdosen und Licht, aber auch für Weiße Ware und Unterhaltungselektronik vereinheitlichen. »Damit gewinnt das Ganze an Reiz«, sagt Polifke. Denn innerhalb einer Allianz hat es der Verbraucher nicht nur einfacher, er erhält auch Zukunftssicherheit: »Man ist nicht gezwungen, alles auf einen Schlag zu erneuern.«

Drahtloses Audio: Per Bluetooth oder WLAN angebundene Lautsprecher und Kopfhörer bleiben ebenso gefragt wie Streamingplayer oder netzwerkfähige Anlagen: Jeder Vierte (24 Prozent) denkt laut einer gfu-Studie über den Kauf eines Gerätes für Musikstreaming nach. Ein weiterer Kinotrend für daheim: AV-Receiver unterstützen nun oft auch 3D-Tonformate wie Dolby Atmos, Auro 3D oder DTS:X. Dabei erweitern Decken-Effektlautsprecher Smart Home: Bisher lieferten den Mehrkanalsound um die viele Hersteller unterschiedli- Höhendimension. che Steuerlösungen und Apps für viele einzelne Geräte. Nun Text: tmn gibt es mehrere Allianzen wie Bilder: tmn

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ZIEMLICH BESTE FREUNDE Männer und Taschenmesser bilden seit Urzeiten ein festes Gespann

Der Hammer senkt sich auf den rot glühenden Stahl, wieder und wieder. Der Talheimer Schmied Andreas Schweikert, der sich als einer der letzten seiner Zunft auf die traditionelle Messerherstellung spezialisiert hat, schwingt ihn in der historischen Messerschmiede in Mössingen. Die Schmiede ist ein kleiner, gedrungener Raum im Gebäude Hirschgasse 13. Eine Wendeltreppe, die keiner DIN-Vorschrift von heute genügen würde, führt hinab in die Werkstatt im Untergeschoss, die mit einem riesigen Blasebalg und einem Amboss in der Raummitte ausgestattet ist. Männer und Messer – das ist eine Beziehung, die fast so alt ist wie die Menschheitsgeschichte selbst. Bereits Steinklingen dienten dazu, erbeutete Tiere zu zerlegen. Als Bronze und Eisen erfunden wurden, gehörten Messerklingen zu den ersten Gegenständen, die daraus gefertigt wurden.

SCHON DIE ALTEN RÖMER TRUGEN KLAPPMESSER BEI SICH Selbst mit dem »Messer to go«, dem Klappmesser, waren schon in der Antike die Römer unterwegs. Dabei verband ein einfacher Stift die Klinge mit dem Griff. Doch diese Erfindung geriet im Laufe der Jahrhunderte in Vergessenheit.

Die Funken sprühen, wenn an der altertümlichen Schleifmaschine in Mössingen das Messer gewetzt wird.

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Ein Stockwerk über der Schmiede hat Hans Streib inzwischen die altertümliche Messerschleifmaschine in Gang gesetzt und produziert Funkenflug. Jeder Physiklehrer wäre stolz, könnte er seinen Schülern so anschaulich die Übertragung von Kräften vorführen. Ehe 1910 ein Elektromotor installiert wurde, war die treibende Kraft des Handwerksbetriebs die Ehefrau. Hielt sie nicht das Schwungrad in Gang, stand die Maschine still. Ein kräftezehrender Job – neben der Landwirtschaft, dem


Haushalt und der Kindererziehung, die ebenfalls in ihr Ressort fielen.

Taschenmessersammlung des Mössingers Dieter Lasar zeigt im ehemaligen Verkaufsraum der historischen Mössinger Messerschmiede Nill zeigt. Denn das größte Messer ist ein korsisches Vendetta-Messer (Blutrache), das in seiner Länge modernen Fleischermessern in nichts nachsteht – aber sehr viel schmaler ist.

Einfacher hat es da heute der Werkzeugmacher Streib, der Besuchern nicht nur sehr anschaulich das Messermuseum erklärt, sondern ihnen auch so manchen guten Tipp zur Messerpflege mit auf den Weg gibt. Erst im 17. Jahrhundert gab es eine Renaissance des Taschenmessers – und was für eine! Dank der Erfindung der Feder blieb die Klinge nun sowohl in geschlossenem als auch offenem Zustand stabil. Als auch noch Taschen in Herrenkleidung in Mode kamen, wurden Männer und Taschenmesser zu ziemlich besten Freunden. Eine Freundschaft mit ziemlich viel Entwicklungspotenzial. Denn Zusatzklingen verwandelten das reine Messer in eine leicht zu transportierende Mini- Werkzeugbox mit ausklappbaren Scheren und Klingen zum Anspitzen der Schreibfedern. Für Reisende, für Handwerker, aber auch für Bauern wurde das Taschenmesser zum unentbehrlichen Utensil. Denn mit

Größtes Ungetüm in der Mössinger Sammlung: das Vendetta-Messer aus Korsika.

ihm ließen sich kleine Unzulänglichkeiten der Quartiere genauso beheben wie plötzliche Pannen auf der Kutschfahrt. Und auf dem Feld war das Messer dazu da, das Vesper in mundgerechte Stücke zu zerteilen. Nicht immer dienten Messer nur friedlichen Zwecken, wie ein kleiner Auszug aus der umfangreichen

Die Industrialisierung brachte der Messerbranche dann Segen und Fluch zugleich. Einerseits machte sie das Taschenmesser für jedermann erschwinglich, andererseits flutete sie den Markt auch mit minderwertige Produkte in Umlauf. Bis heute klafft die Schere zwischen den Billigprodukten, die sich schon beim ersten Einsatz verbiegen sowie den hochwertigen und entsprechend hochpreisigen Taschenmessern, die zu ziemlich besten Freunden für ein ganzes (Männer-) Leben werden können.

Text: Vera Hiller Bilder: Angela Hammer

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ANDOCKMANÖVER IM WELTALL Sogar Astronauten vertrauen dem Schweizer Taschenmesser Victorinox

Wie viel Überzeugung gehört dazu, ein Unternehmen ausgerechnet in einer Zeit zu gründen, in der andere Dorfbewohner wegen Armut auswandern! Der Schweizer Karl Elsener eröffnete 1884 in Ibach-Schwyz eine Messerschmiede. Mit Erfolg. Im 130. Jahr des Bestehens beschäftigte seine Firma 2 000 Mitarbeiter und verbuchte einen Jahresumsatz von 500 Millionen Schweizer Franken. Ihr Name Victorinox gilt weltweit als Synonym für verlässliche Taschenmesser schlechthin. Das Lob eines Amerikaners: »A friend, not a knife« (»ein Freund, kein Messer«) wird zum geflügelten Begriff. »Freund Victorinox« war bei vielen Abenteuern an Bord. Etwa 1999, als Bertrand Piccard und Brian Jones in knapp 20 Tagen im Ballon die Welt umrundeten. Oder bei unzähligen Himalaya-Expeditionen, wo das Messer vereiste Sauerstoffsysteme wieder freilegt. Oder 1976, als eine Nordpol-Expedition unter Charles Burton gegen Temperaturen von 50 Grad minus ankämpft. Konservendosen werden damit geöffnet und nasse Kleidung aufgeschnitten, nachdem ein Teammitglied ins Eis eingebrochen ist: »Ohne dieses schnelle Handeln und ohne Ihr Messer hätte akute Lebensgefahr bestanden«, schreibt Burton ein Dankeschön an Victorinox. Nur was gut ist, wird auch kopiert. Mit dem fragwürdigen Kompliment

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der Markenpiraterie muss sich auch Victorinox immer wieder beschäftigen. Carl Elsener, der heute in vierter Generation das Unternehmen leitet, sagt dazu: »Wir betreiben einen enormen Aufwand, um unsere Produkte zu schützen«. Spüren professionelle Ermittler – etwa auf Messen – Produktpiraten auf, wird ihr Stand geräumt, und es erfolgt eine Anzeige.

»EIN FREUND, KEIN MESSER« Zum unfreiwilligen Warentest geriet 1977 ein Abenteuer, bei dem eine Gruppe tollkühner Männer in Kajaks unter anderem Kap Hoorn umrundete. »Viele Messer, welche als rostfrei angepriesen werden, rosten im entscheidenden Einsatz eben doch. Nicht so die Victorinox-Messer «, schrieb der Expeditionsleiter. Ein gutes Messer setzt gutes Material voraus. Die Victorinox-Schneideklingen bestehen aus rostfreiem Spezialmesserstahl, der mit Chrom und Molybdän legiert ist. Die Metallsäge und Metallfeile sind einsatzgehärtet und hartverchromt, so dass sich damit selbst Eisen und Stahl bearbeiten lassen. Belegt sind weltweit mehrere chirurgische Eingriffe, die dank eines Victorinox-Messers glücken. In einem Flugzeug wird ein indischer Junge, der an einem verschluckten Bonbon zu ersticken droht, durch

einen Luftröhrenschnitt gerettet. Ein irischer Junge wird nach einem Fahrradunfall am Straßenrand notoperiert. Und in Uganda kommt das Sägeblatt dieses Taschenmessers ein halbes Jahr lang als reguläres chirurgisches Klinikinstrument zum Einsatz. Ein kanadischer Arzt muss bei mindestens sechs lebensrettenden Arm und Beinamputationen zu dieser Notlösung greifen. Und meldet zurück, dass wegen des ständigen Auskochens die Griffschalen zwar ihre Farbe einbüßten, »sonst aber arbeitete das Instrument tadellos«. Die schwere Kunst der Leichtigkeit: Über zwölf Funktionen hat schon das Standardmodell »Spartan«. Das Topmodell ist der »Swiss-Champ« mit 33 Funktionen. 450 Arbeitsschritte sind nötig, um es herzustellen. Doch trotz seiner 64 Einzelteile und seinem Gesamtfederdruck von rund 300 Kilogramm wiegt das Messer gerade mal 185 Gramm. Das ist eine Leichtigkeit, die auch bei Weltraummissionen geschätzt wird. Der Astronaut Chris Hadfield setzt sein Messer ein, um an die russische Raumstation Mir anzudocken. Der deutsche Astronaut Ulf Merbold führt bei der Space-Shuttle-Mission 1983 millionenteure Versuche durch – »nur mit seinem Schweizer Taschenmesser und seiner angeborenen deutschen Gründlichkeit«, wie eine Illustrierte berichtet.


Welche Firmengeschichte kennt keine Rückschläge? Schon Firmengründer Karl Elsener verliert sein gesamtes Vermögen beim Versuch, sich mit 27 Kollegen für die Herstellung des Schweizer Armeemessers zu bewerben – zunächst vergeblich; erst ab 1891 darf Victorinox das Soldatenmesser der Schweizer Armee herstellen. Verwandte helfen Elsener damals in höchster Not und können einen Konkurs abwenden. »9/11 war der härteste Schlag in der jüngeren Geschichte von Victorinox«, bekennt Carl Elsener. Als in der Folge Taschenmesser aus dem Flugzeug-Handgepäck verbannt werden, bricht der Umsatz um über 30 Prozent ein. Victorinox merkt, wie gefährlich es ist, von einer Produktgruppe abhängig zu sein. Deshalb stellt sich das Unternehmen breiter auf und bietet heute auch Uhren, Reisegepäck und sogar Parfums an. Sind Taschenmesser reine Männersache? Victorinox-Pressesprecher

Hans Schorno widerspricht: Als eine bekannte französische Schauspielerin einmal ihre Handtasche für eine neugierige Kameraaufnahme öffnete, befand sich darin prompt auch ein Victorinox. »Das hat uns natürlich gefreut.« Auch Victoria Elsener, die Mutter des Firmengründers, hat keine Berührungsängste: Sie verkauft die ersten Messer sogar in ihrem Hutladen und unterstützt ihren Sohn tatkräftig. Karl Elsener bedankt sich auf seine Weise: Als 1921 der rostfreie Stahl – international Inox – aufkommt, entsteht daraus und aus dem mütterlichen Vornamen der Firmenname Victorinox. Lebensrettend erweist sich das Messer auch in der Veterinärmedizin. Auf der Insel Mainau hat ein Pferd gerade sein Fohlen geboren. Doch das kommt nicht auf die Beine, weil es noch in der Nachgeburt gefangen ist. Ein Tierpfleger löst mit einer Nylonschnur und einem

Taschenmesser das Problem und verhilft zu einem ungetrübten tierischen Mutter-Kind-Glück. Tradition und Moderne treffen am Firmenhauptsitz in Brunnen am Vierwaldstättersee zusammen. Das Swiss Knife Valley Visitor Center ist ein Brand-Store mit angeschlossenem Museum, in dem Besucher in Ausstellungen, einer Multimediashow und Führungen 131 Jahre Messergeschichte nachvollziehen können. Wer will, kann unter fachlicher Anleitung ein Taschenmesser selbst anfertigen und mit einer Gravur versehen. Stichwort Museum: Das Victorinox ist auch unter künstlerischem Aspekt wertvoll: Seit 1977 gehört das Schweizer Taschenmesser zu den Design-Exponaten im New Yorker Museum of Modern Art.

Text: Vera Hiller Bild: Victorinox/Photopress

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WENN DIE SCHUHSCHACHTEL »SOLO« IM PRIVATJET FLIEGT Luft-Taxi für Gutbetuchte und eilige Fracht

Zu fliegen, ist für viele Zeitgenossen fast so selbstverständlich wie Busfahren. Doch bei näherem Hinschauen gibt es über die klassischen Linien- oder Charterflüge großer Airlines hinaus noch einiges »Kurioses«, das in »geheimer Mission« da oben am Himmel unterwegs ist. Basis – respektive Head Office – Filderstadt, direkt gegenüber dem Flughafen Stuttgart-Echterdingen. Dort ist der Sitz der Proair-Charter-Transport GmbH. Die Firma besteht seit fast 20 Jahren, beschäftigt 55 Mitarbeiter und hat in dieser Zeit schon so viel bewegt – immer in der Luft versteht sich –, dass man fast jeden Tag einen spannenden Tagebucheintrag hätte vornehmen können. Wir sind mit Markus Ciravegna, Business Development Manager bei Proair, verabredet. Mädchen für alles – sorry Junge für alles – und regelrecht in seinen Beruf verliebt. Beim Erzählen gibt er Gas wie ein Turboprop und gerät ins Schwärmen.

SPEZIELLE SONDERAUFTRÄGE Proair ist ein sogenannter Airbroker. Es werden keine Flüge von der Stange vermittelt, sondern meist handelt es sich um ganz spezielle Sonderaufträge. Flexibel und schnell müssen die Broker sein. Und dies 24 Stunden am Tag, auf Rufbereitschaft. Geflogen wird mit einem kleinen Teil eigener Maschinen sowie mit einer größeren Anzahl kurzfristig angemieteter Flugzeuge. Schon deren Namen klingen nach Luxus und Lifestyle: Learjet, Bombardier Challenger,

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Cessna Citation Sovereign oder Gulfstream, um nur einige Flugzeugtypen zu nennen. Vom Business-Jet oder dem Großraumflugzeug bis hin zum Helikopter – beschafft werden Fluggeräte in jeder gewünschten Größe. Doch was haben die Kunden, die gut betucht sein müssen, damit vor? Vonseiten des Dienstleisters ist fast alles möglich: Vom Frachtcharter bis hin zum kompletten Aircraft Management. Und im Schwabenland wird ja zu gerne nach dem Preis gefragt. Das haben wir natürlich auch getan. Hier zwei Beispiele: Stuttgart – Mailand Linate – Stuttgart, morgens hin, abends zurück, mit einem fünfsitzigen Citation Jet kostet 4 900 Euro. Dasselbe Preisbeispiel gilt für Lyon. Nach Toulouse und zurück (1,25 Stunden Flugzeit) liegt man bei einem solchen Jet bei circa 7 600 Euro. Als alleiniger Passagier muss man gutbetucht sein. Der clevere Schwabe nimmt vier Kollegen mit und liegt bei rund 1 000 Euro pro Mitarbeiter. Eine Sammlung der ungewöhnlichsten Transport-Aktionen – sei es nun mit besonderen Passagieren oder mit ungewöhnlicher Fracht – kann Markus Ciravegna aus dem Stegreif wiedergeben. Da bleibt einem schon mal die Spucke weg, was da alles in die Luft geht: Weil David Beckham in Madrid bei einer Pressekonferenz spezielle Adidas-Schuhe eben des Herstellers aus Herzogenaurach tragen sollte

und die Zeit knapp bemessen war, flog eine Maschine – nur mit einer Schuhschachtel mit Kickstiefeln bestückt – die Strecke von hier bis Spanien.

GORILLABABYS HEBEN AB Es gibt auch Transaktionen mit deutlich (all-)gemeinnützigerem Ansatz: Hundestaffeln werden in Krisengebiete geflogen, ebenso Feldpost. Und um bei den tierischen Passagieren zu bleiben, auch schon Gorillababys aus der Wilhelma in Stuttgart kamen in den Genuss eines Privatflugs nach Großbritannien, in ihre künftige Heimat. Ansonsten sind es Promis, Vorstände großer Unternehmen und Fußballer, die zu den besten Kunden zählen. Aus der Musikwelt sind es angesagte Größen wie ein französischer Top-DJ, der im Sommer ständig Auftritte auf Ibiza zu bestreiten hatte und den Transfer per »eigenem« Jet regelmäßig genutzt hat. An Bord begrüßte Proair auch schon die amerikanische MetalBand Metallica, deutsche Schlager- und Popsängerinnen, die inkognito bleiben möchten sowie namhafte Klassik-Orchester. Das Musical ABBA bescherte den Stuttgarter Brokern unter anderem Björn Ulvaeus, Kopf der weltbekannten schwedischen Gruppe, als Fluggast. Ungewöhnlich auch die Sonderflüge eines Butter-Fabrikanten, der in Nöte kam, weil er an einem Tag bei mehreren Weihnachtsfeiern – unter anderem in Osteuropa – persönlich

anwesend sein musste. Ob Autoteile aus Spanien, die sofort benötigt werden, Fußballer wie Per Mertesacker oder Sami Khedira , die nach dem Spiel abends um 23 Uhr im aktuellen Sportstudio des ZDF sitzen sollen, obwohl sie am anderen Ende der Republik oder gar in London gekickt haben, werden mit dem Luft-Taxi chauffiert. Logischerweise sind es meist die Aufsteiger, die Flüge dieser Art buchen. Sie sind am meisten gefragt – ob als Klub oder Einzelspieler. Auch die Fußballweltmeisterschaft 2014 in Brasilien wurde mehrfach gebucht. Mit Beginn der Ski-Saison ist ein umgebauter Learjet tagein, tagaus auf der Strecke nach Innsbruck unterwegs, um verunglückte Wintersportler in spezielle Kliniken zu bringen. »Gipsbomber« heißt der Flieger hausintern. Auch wenn es makaber klingt – diese Deals mit Versicherungen respektive Kassen – sind ein verlässliches Geschäft. Was der gar nicht alltägliche Flug-Alltag sonst bringt, wissen die Anbieter selbst nie – und das macht die Arbeit so spannend: Wenn heute ein Scheich anruft, der spontan und äußerst komfortabel von A nach B geflogen werden möchte, dann hebt er am nächsten Tag ganz sicher wie gewünscht ab. Nach dem Firmenmotto »You fly, we care«. »Sie fliegen, wir kümmern uns um alles.«

Text: Christine Knauer Bilder: privat

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MÄNNER UND YOGA – ALLEIN UNTER FRAUEN Nicht lachen, sondern machen. Wer als Mann einen Yoga-Kurs besucht, ist zwar klar in der Minderheit, hat aber der Mehrheit einiges voraus. Denn Yoga ist ein Erlebnis für Körper und Geist. Auf dem Weg zur inneren Mitte liegen zwischen Anspannung und Entspannung viele Erkenntnisse und Überraschungen. Yoga gibt‘s wie Sand am Meer. Allein die Volkshochschule Reutlingen bietet dieses Jahr in verschiedenen philosophischen Geschmacksrichtungen 79 Yogakurse: Fitness-Yoga, Hatha-Yoga, Sanftes Yoga, Yoga light, meditatives Yoga, und auch Yoga für Männer. Von den über 800 Menschen, die in Reutlingen mitmachen, sind gerade mal 12 Prozent männlich. Der Mann ist bei den meisten Kursen allein unter Frauen. Auch laut der Untersuchung »Yoga in Zahlen« der GfK im Auftrag des Berufsverbandes der Yogalehrer in Deutschland »ist der Anteil der Yoga-Praktizierenden unter den Frauen mit sechs Prozent deutlich höher als unter den Männern mit nur einem Prozent«. Das hat beispielsweise im Reutlinger Spitalhof komische Konsequenzen. Wo ist die Umkleideraum für Männer? Anfänger platzen am ers-

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ten Tag achtlos in das, was so aussieht, aber nur für Frauen gedacht ist. Dabei gibt ein Schild neben der Eingangstüre Auskunft: »Für unsere männlichen Kursbesucher haben wir in der Männertoilette Raum 2.04 eine Umkleidemöglichkeit geschaffen. Bitte nutzen sie diese. Wir danken für ihr Verständnis«. Gerne! Der Schlüssel hängt – kein Scherz – in der Umkleide der Teilnehmerinnen. So lernt Mann vom ersten Tag an, dass dezent achtsames Klopfen an der Tür irgendwie auch Yoga ist. Irgendwann reift die endgültige Gewissheit, dass Frauen sich schneller umziehen können, als Mann es je gedacht hätte. Viele kommen ganz knapp vor Kursbeginn, sitzen aber nach gefühlten Sekundenbruchteilen fertig auf der Lammfellmatte. Ähnlich schnell sind die Damen nach Ende der Lektionen dann auch wieder verschwunden. In den meditativen Minuten dazwischen sieht Yoga anders aus, als es Bildbände oder Fernsehserien voller jugendlicher Models in hautengen Turnanzügen vermitteln. Hier trifft sich ein Querschnitt der Gesellschaft, darf auch Mann einfach so sein wie er ist. Es gibt Junge und Alte, sehr Erfahrende

und Neulinge, ganz Sportliche sowie eher Gemütliche. Modische Leggins oder schicke Tops sind Nebensache. Niemand achtet auf Äußerlichkeiten. Es mag irre wirken, aber nur wer wirklich auf seinen Körper konzentriert dabei ist, steht beispielsweise gut auf einem Bein. Zwischen Anspannung und Entspannung entsteht bei jedem ein einzigartiges Körpergefühl. Das kann sich nur vorstellen, wer‘s mal ausprobiert hat. Kein Wunder, dass die meisten Menschen auch laut der Untersuchung »Yoga in Zahlen« langfristig mitmachen im Durchschnitt immerhin 48 Monate. Eine Zeit, in der Mann auch sich selbst besser kennenlernt. Wer denkt, er sei gut trainiert, erfährt im Stehen und Liegen aus wie vielen Muskeln so ein Körper tatsächlich besteht. Auf einmal zwickt‘s hier, zieht es dort, zittert es an anderer Stelle. Kein Problem, denn Yoga ist auch der gelebte Abschied von der Leistungsgesellschaft vor der Türe. Nichts muss gemacht werden, wenn es nicht geht.

Text: Stephan Zenke Bild: ©AntonioDiaz-Fotolia.com


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