Artinside Sommer 2010

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Ausstellungen in der Region Basel Ausgabe Sommer 2010

Roboterträume 09.06.2010 – 12.09.2010 Museum Tinguely, Basel Basquiat 09.05.2010 – 05.09.2010 Fondation Beyeler, Riehen Gabriel Orozco 18.04.2010 – 08.08.2010 Kunstmuseum Basel Matthew Barney Prayer Sheet with the Wound and the Nail 12.06.2010 – 03.10.2010 Schaulager, Münchenstein Strange Comfort 12.06.2010 – 22.08.2010 Moyra Davey 17.06.2010 – 29.08.2010 Kunsthalle Basel Leopold Kessler | Agnieszka Brzezanska | Keren Cytter | Karin Suter 19.05.2010 – 04.07.2010 Kunsthaus Baselland, Muttenz Patrick Rohner 01.05.2010 – 21.10.2010 Kloster Schoenthal, Langenbruck/BL Die Essenz der Dinge 20.03.2010 – 19.09.2010 Vitra Design Museum, Weil am Rhein/D Von Degas bis Picasso Die Kollektion Jean Planque 30.05.2010 – 24.10.2010 Museé Fernet Branca, Saint-Louis/F Miró Die Farben der Poesie 02.07.2010 – 14.11.2010 Museum Frieder Burda Baden-Baden/D Jon Kessler, Kessler’s Circus, 2008



Roland WetzelRoland Wetzel

Der Lauf der Dinge

editorial

Unser Alltag ist geprägt von Diskontinuitäten, mit denen wir einen ganz selbstverständlichen Umgang pflegen, obwohl sie ständiges Umdenken erfordern. Dies betonte kürzlich bei einem Atelierbesuch der Künstler Robert Breer, während wir seine die Grenzen der retinalen und logischen Wahrnehmung strapazierenden Highspeed-Filme anschauten. Es gibt in unserem Alltag aber auch schöne Kontinuitäten, so die ART Basel, die sich seit 40 Jahren als führende Messe für die Kunst der Klassischen Moderne und der Gegenwartskunst profiliert. Sie ist DAS wiederkehrende Ereignis im Basler Kunstjahr. Entsprechend nutzen die hiesigen Kunst-Institutionen dieses internationale Schaufenster, um sich mit ihren Ausstellungen in bestem Licht zu zeigen. Und so erhöht sich die Kadenz der Vernissagen in der Zeit vor der dritten Juni-Woche – dieses Jahr fast ausschliesslich mit Ausstellungen jüngerer KünstlerInnen. Bereits im April hat das Kunstmuseum die Überblicksausstellung des mexikanischen Künstlers Gabriel Orozco eröffnet, welche das poetische Vokabular seiner künstlerischen Denkens ausbreitet und mit seinen vom Museum kürzlich erworbenen working tables Keimzellen seines skulpturalen Denkens zeigt. Im Mai folgte die Fondation Beyeler mit einer grossen Retrospektive des früh verstorbenen Jean-Michel Basquiat, der mit seiner expressiven Malerei schon als 20-jähriger weltberühmt wurde und mit Andy Warhol zu den «Celebrities» der Szene gehörte. Dieses Jahr wäre Basquiat 50 Jahre alt geworden. Das Museum Tinguely eröffnet am 8. Juni Roboterträume, eine Gruppenausstellung, in deren Zentrum neu in Auftrag gegebene Werke junger KünstlerInnen stehen, die sich auf höchst kreative und vielfältige Weise den Themen der Robotik und künstlichen Intelligenz angenommen haben. Im Kontext von «Klassikern» wie Nam June Paik oder Stelarc entwickelt sich ein abwechslungsreicher Parcours, der Themen wie sprachliche oder emotionale Intelligenz, (mentale) Fernsteuerung, die Faszination von Roboterfilmen, mechanische Körpererweiterungen, oder Schwarmroboter in interaktiven Installationen vorstellt. Am 11. Juni erfolgt im Schaulager der Auftakt zu Matthew Barney. Ausgehend von performativen Aktionen entfaltet er eine grundlegende Auseinandersetzung mit den Elementen schöpferischen Handelns, die im Archiv der Performance-Reihe Drawing Restraint dokumentiert ist. Einen Tag später eröffnet Strange Comfort in der Kunsthalle Basel. Der Reigen setzt sich am selben Abend mit der Vernissage Rodney Graham: Through the Forest im Museum für Gegenwartskunst fort und nimmt seinen kurzfristigen Abschluss mitten in der ART-Woche am 16. Juni mit der Eröffnung von Moyra Davey in der Kunsthalle Basel. Dies ist nur eine kleine Auswahl. Tatsächlich gibt es in und um Basel noch viel mehr zu sehen, wie Sie vorliegendem Artinside entnehmen können. Übrigens – eine der neu entwickelten künstlerischen Arbeiten von Roboterträume stellt sich die Aufgabe, einen «Anti-Roboter» zu charakterisieren. Vielleicht zeichnet diesen genau die Fähigkeit aus, über die binäre Programmierung hinaus mit Diskontinuitäten umgehen zu können. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen schöne Museumserlebnisse und viele positive Irritationen.

Ihr

Roland Wetzel, Direktor Museum Tinguely Artinside


6 Roboterträume im Museum Tinguely

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«Der Mensch ist die erfolgreichste Maschine auf der Welt ... vom Hals aufwärts ist er toll, vom Hals abwärts kann er anderen Maschinen das Wasser nicht reichen», so Edwin Johnson 1968. Aus der Verbindung der besten Eigenschaften sowohl des Menschen wie auch der Maschine resultiert «die ideale Maschine». Künstler-Vorreiter wie beispielsweise Stelarc versuchten, diese Vorstellung wortwörtlich umzusetzen. Die Idee der künstliche Intelligenz geht noch weiter: Sie will auch das menschliche Denken mit einer Maschine reproduzieren. Die Ausstellung geht der künstlerischen Auseinandersetzung mit dem Verhältnis von Mensch und Maschine nach.

Richard Kriesche, Ein Weltmodell, 1986 Matthew Barney, DRAWING RESTRAINT 9, 2005, Produktionsaufnahme Jean-Michel Basquiat, Untitled, 1982

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Keren Cytter im Kunsthaus Baselland

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Matthew Barney im Schaulager

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Sommer hoch 3 im Vitra Design Museum.

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Basquiat in der Fondation Beyeler

Das Kunsthaus Baselland zeigt in seiner neuen Ausstellung Repulsion, Werke der jungen israelischen Videokünstlerin Keren Cytter.

Die Trägerstiftung des Schaulagers, die Laurenz-Stiftung erwirbt gemeinsam mit dem Museum of Modern Art, New York, Matthew Barneys Archiv der Performance Reihe Drawing Restraint. Die aussergewöhnlichen Ausstellung stellt Matthew Barneys Arbeiten in Dialog mit Bildern und Stichen der Alten Meister, wie Hans Baldung, Lukas Cranach und weitere.

In Weil erwartet die Besucher 3 verschiedene Ausstellungen: Die Essenz der Dinge, Heimliche Helden und zu Gast: das Corning Museum of Glass.

Zum 50. Geburtstag des amerikanischen Künstlerstars Jean-Michel Basquiat (1960– 1988) präsentiert die Fondation Beyeler eine grosse Retrospektive. Der aus dem New Yorker Underground stammende Künstler wurde für seine expressive Malerei bereits als 20-Jähriger weltberühmt. Seine Freundschaften mit Madonna, Andy Warhol und Keith Haring sind legendär. Bis zu seinem dramatischen frühen Tod schuf er ein leidenschaftliches Werk an Gemälden, Zeichnungen und Objekten. Für seine kraftvollen Kompositionen, inspiriert durch Musik, Comic und Sport, verband er Elemente der Alltagskultur und der Kulturgeschichte.


26 Joan Miró im Museum Frieder Burda, Baden-Baden

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Unter dem Titel Miró. Die Farben der Poesie zeigt das Museum in seiner grossen Sommerausstellung rund 100 Werke des berühmtesten katalanischen Malers.

20 Patrick Rohner im Kloster Schönthal

Das visuelle Rohmaterial für seine geschichteten Gemälde findet der Künstler auf Begehungen in der Natur. Ungewöhnliche Farbkontraste sowie durch geologische Prozesse hervorgerufene Veränderungen des Landschaftsbildes werden in die Farbmaterie der Arbeiten übertragen.

30 Gabriel Orozco im Kunstmuseum

In einer grossen Überblicksausstellung zeigt das Kunstmuseum Basel Installationen, Skulpturen, Fotografien, Malereien und Zeichnungen des 1962 geborenen Mexikaners Gabriel Orozco. Er gilt als einer der wichtigsten Künstler der Gegenwart und pendelt zwischen New York, Paris und Mexiko City. Dieses für seine Generation typische Unterwegssein, das konstante Bewegungsprinzip, findet auf vielfältigste Weise Niederschlag in seinem Werk. Dabei reicht die Spannweite von einer fotografisch festgehaltenen Atemspur auf einem Piano bis zum der Länge nach zerschnittenen und einplätzig wieder zusammengefügten Citroen DS. Die Ausstellung ist vorgängig im Museum of Modern Art, New York zu sehen und reist anschliessend ins Centre Pompidou, Paris und Tate Modern, London.

36 Moyra Davey in der Kunsthalle Basel

Die kanadische Künstlerin Moyra Davey im Gespräch mit dem Basler Kunsthalle-Direktor Adam Szymczyk über ihre neue Ausstellung Speaker Receiver.

38 Kunstsammler Jean Planque in Saint-Louis

Das Museé Fernet Branca zeigt die beeindruckende Sammlung des Kunstliebhabers Jean Planque.

40 Adressen, Öffnungszeiten, Eintritte 42 Vorschau auf die nächste Ausgabe

Joan Miró, Femmes et oiseau dans la nuit, 1947 Gabriel Orozco, La DS. 1993, Modified Citroën DS


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Franรงois Roche, Une architecture des humeurs, 2010


Roboterträume Eine Ausstellung des Museum Tinguely in Zusammenarbeit mit dem Kunsthaus Graz von Andres Pardey*

Roboterträume 09.06.2010 – 12.09.2010 Museum Tinguely www.tinguely.ch

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er Mensch ist die erfolgreichste Maschine auf der Welt ... vom Hals aufwärts ist er toll, vom Hals abwärts kann er anderen Maschinen das Wasser nicht reichen», so Edwin Johnson 1968. Unser nächster Evolutionsschritt wäre demnach vorgezeichnet durch die Verbindung der besten Eigenschaften von Mensch und Maschine. Während sich heute viele brauchbare Ergebnisse der Forschung auf Prothetik und Industrie beschränken, läuft der Cyborg der nächs­ ten Generation vielleicht schon bald dem Hund den Status als«bester Freund des Menschen» ab – emotional intelligent, selbstlos fürsorglich, hilfreich und – bis auf die tägliche Dosis Strom aus der Steckdose – gänzlich anspruchslos. In der Altenpflege ist der Einsatz von Robotern bereits zur Realität geworden. So werden in japanischen und bereits auch in deutschen Altersheimen und Pflegeeinrichtungen die Roboterrobben «Paro» eingesetzt, die mittels Licht-, Temperatur- und Berührungssensoren, Mikrofonen und Bewegungsmöglichkeiten den Anwendern das Verhalten eines zuwendungsbedürftigen Jungtieres vorgaukeln. Ähnlich wie die «Tamagotchis» der Neunzigerjahre fordern sie vom Menschen eine fast dauernde Beschäftigung und werden so zum Bestandteil des sozialen Umfeldes des Anwenders. Die künstliche Robbe simuliert soziEin Roboter darf kein ales Verhalten, und sie möchte geliebt wermenschliches Wesen den. (wissentlich) verletzen Der alchemistische oder durch Untätigkeit Traum der idealen « Man-Machine» gestatten, dass einem Interaktion beflügelt menschlichen Wesen Forschung und Fan(wissentlich) Schaden tasie gleichermassen. Von der nicht blockiezugefügt wird. renden Bremse bis zur Reise zu den Sternen erleichtern künstliche Helfer unser Leben – im Alltag sind wir heute schon von der künstlichen Intelligenz allgegenwärtiger Rechner abhängig. Und seit 100 Jahren führen uns ScienceFiction-Filme vor Augen, wie das Böse (und natürlich auch das Gute) – meist in humanoider Form – mit der Kraft der Maschine potenziert wird. Von Metropolis bis I, Robot erschauern wir angesichts der Gefahr, dass der brave Roboter seinen eigenen Willen zur Macht entdecken könnte. Die Ausstellung, die vom Museum Tinguely und vom Kunsthaus Graz gemeinsam organisiert wurde, erhielt ihren Titel in Anlehnung an die gleichnamige, im Katalog abgedruckte Kurzgeschichte Roboterträume (1986) von Isaac Asimov. In dieser muss Roboter Elvex zerstört werden, da er träumend den Aufstand plant und die Drei Gesetze zu missachten beginnt, die ihn dem Menschen unauslöschlich

Untertan machen sollten. Isaac Asimov hatte 1942 die drei Gesetze der Robotik in seiner Kurzgeschichte Runaround 1942 als «Grundregeln des Roboterdienstes» erstmals formuliert. Sie lauten: Ein Roboter darf kein menschliches Wesen (wissentlich) verletzen oder durch Untätigkeit gestatten, dass einem menschlichen Wesen (wissentlich) Schaden zugefügt wird. Ein Roboter muss den ihm von einem Menschen gegebenen Befehlen gehorchen – es sei denn, ein solcher Befehl würde mit Regel eins kollidieren. Ein Roboter muss seine Existenz beschützen, solange dieser Schutz nicht mit Regel eins oder zwei kollidiert. Diese Gesetze sind hierarchisch aufgebaut und gehen von vollstän-

Nam June Paik, Andy Warhol Robot, 1994

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dig selbstständig handelnden Robotern aus – eine Vision, von der unsere Welt noch weit entfernt ist, eine Zukunft aber auch, die sich bereits aufgrund der Komplexität der zu formulierenden Gesetze nicht nur als positiv oder unbeschwert ankündigt. In der Ausstellung werden jedoch nicht primär Roboter- oder Wissenschaftlerträume vorgestellt, sondern sind junge KünstlerInnen eingeladen, mit neu entwickelten Projekten auf die Frage zu antworten, was die Kunst zum Verständnis der rasend schnell voranschreitenden Entwicklung in Forschung und Technik beizutragen hat. In weitgehender Freiheit entstanden Werke, die sich dem Thema aus unterschiedlichsten Blickwinkeln annähern. Der Besucher wird zum Teilnehmer an multimedialen Environments, welche Möglichkeiten und Grenzen der Interaktion vor Augen führen. Die historisch geprägte Filmarbeit von John Bock und die filmische Anthologie Virgil Widrichs beschäftigen sich mit der Entwicklung und Ästhetik der Roboterfilme und -literatur der letzten 100 Jahre. Mit ihrer von den japanischen Karakuri-Figuren beeinflussten Arbeit verbindet Kirsty Boyle zeitgenössische Forschung mit der grossen

Tradition japanischer Automaten. Sibylle Hauert und Daniel Reichmuth schaffen mit Spracherkennung eine interaktive Versuchsanordnung, die uns zweifeln lassen will, ob wir (noch) Mensch oder Maschine sind, während Jon Kessler in einer grossen, zirkulären, von Alexander Calder und Sisyphus inspirierten Installation die absurde Logik von Kriegshandlungen erklärt. Den Schwarmrobotern als dezentraler Organisationsform von künstlicher Intelligenz und deren Reaktionsfähigkeit auf den Menschen hat sich Niki Passath gewidmet. Der Architekt François Roche hingegen zeigt, wie das Bauen mithilfe selbsttätiger Robotik und neu zu entwickelnder Materialien wieder zurück zu bionischen Formen finden könnte. Thomas Baumann versucht ex negativo zu erforschen, um was es sich beim Anti-Roboter handeln könnte und findet dabei einiges heraus, was uns bei der Beschäftigung mit Robotern antreibt. Luc Mattenberger schliesslich thematisiert mit seinem Jet-Ski für Selbstmord­ attentäter den Menschen als (ideologisch) ferngesteuerten Roboter. Diese gerade realisierten Projekte werden zusammen mit weiteren künstlerischen Arbeiten Stelarc, Multiple Hands, Roppongi Studio, Tokyo 1983


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Jessica Field, Semiotic Investigation into Cybernetic Behaviour (SICB), 2004


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gezeigt, welche die grossen Themen der Robotik und künstlichen Intelligenz behandeln und von einigen beteiligten Künstlern als Inspirationsquellen für ihre neu geschaffenen Werke benannt worden sind. Hierzu gehören Arbeiten von Yan Duyvendak, Jessica Field, Ed Kienholz, Richard Kriesche, Nam June Paik, Walter Pichler, Christa Sommerer und Laurent Mignonneau sowie Stelarc. *Andres Pardey ist Vizedirektor des Museum Tinguely und mit Roland Wetzel Kurator der Ausstellung

Zur Ausstellung erscheint im Kehrer Verlag Heidelberg ein zweisprachiger Katalog in Deutsch und Englisch, mit einem Vorwort von Peter Pakesch und Roland Wetzel / Texten von Isaac Asimov, Wenzel Mærk, Lilian Pfaff, Joachim Schätz und Jutta Weber / Kurztexten zu allen ausgestellten Werken von Katrin Bucher, Manuela Kraft, Andres Pardey und Roland Wetzel (160 Seiten, farbig illustriert).

Begleitprogramm im Museum Tinguely, Basel Wochenend-Workshops an folgenden Daten: 13.06., 04.07., 25.07., 22.08., 05.09. Tinguely Tours: am 22.06.,10.08., 24.08. Jeweils halbstündige Mittagsführungen auf Deutsch (12.30 Uhr) und Englisch (13.00 Uhr). Details unter www. tinguely.ch

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Ed Kienholz, The Same Old Shoe, 1984

John Bock, Im Schatten der Made, 2010


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Robot Dreams. «Man is the most successful machine on earth …

from the neck up he is amazing, from the neck down he is no match for other machines”, said Edwin Johnson in 1968. A combination of the best characteristics of Man and the machine should produce “the ideal machine». Precursors such as the Australian artist Stelarc attempted to transpose this concept to the letter. The notion of artificial intelligence goes one step further: the wish to reproduce human thought by a machine. The exhibition traces the artistic debate around the relationship between Man and machine. The exhibition presents new projects by the artists Thomas Baumann, John Bock, Kirsty Boyle, Luc Mattenberger, Niki Passath, Daniel Reichmuth & Sibylle Hauert, François Roche, Virgil Widrich, and further works by Yan Duyvendak, Jessica Field, Paul van Hoeydonck, Wolfgang von Kempelen, Jon Kessler, Ed Kienholz, Richard Kriesche, Nam June Paik, Walter Pichler, Tom Sachs, Christa Sommerer & Luc Mignonneau, Stelarc.

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Tom Sachs, EMU Display, 2010



Keren Cytter: Repulsion Das Kunsthaus Baselland zeigt experimentelle Viodeoarbeiten der israelischen Künstlerin von Sabine Schaschl*

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ie Künstlerin Keren Cytter (*1977 in Tel Aviv) ist in der Schweiz keine Unbekannte mehr. Sie wird seit Jahren von der Zürcher Galerie Elisabeth Kaufmann (heute mit Christiane Büntgen) präsentiert, die Kunsthalle Zürich zeigte die erste Schweizer SoloAusstellung im Jahre 2005. Im Folgejahr gewann Cytter den Art Statement Preis an der Art Basel. Darüber hinaus waren ihre Werke in zahlreichen Einzel- und Gruppenpräsentationen weltweit zu sehen. Die Künstlerin war im letzten Jahr auch für den renommierten Preis der Nationalgalerie für junge Kunst in Berlin nominiert. Cytter ist vor allem bekannt für ihre experimentellen Video­ arbeiten, die Zwischenmenschliches und Privates beleuchten. Ihre

Arbeiten beruhen oft auf Vorlagen von literarischen oder filmischen Klassikern und reflektieren gleichzeitig den Einfluss der Medien. Die Künstlerin beschäftigt sich auch mit Zeichnung, Theaterinszenierung, Performance, Tanz und schreibt darüber hinaus Drehbücher und Novellen. Die Ausstellung Repulsion im Kunsthaus Baselland, benannt nach einer der gezeigten Arbeiten, präsentiert eine Auswahl von Videos, die bisher in der Schweiz nicht zu sehen waren. Zu den wiederkehrenden stilistischen Elementen in Cytters Videos zählen neben den umfangreichen Referenzen an Kino und Fernsehen die oft langen Monologe und zahlreichen Stimmüberlagerungen, die meist nicht mit der jeweils sprechenden Person oder ihrer schauspielerischen Aktion synchronisiert sind. Das Bild eines männlichen Schauspielers kann von einer weiblichen Stimme überlagert sein, der zeitgleiche Untertitel sich wiederum auf etwas anderes beziehen. Cytter, die alle Drehbücher selbst schreibt, verwendet Sprache entsprechend einer bestimmten Stimmung oder Atmosphäre, die sie erzeugen möchte: Französisch wird beispielsweise als Sprache der Liebe eingesetzt, Englisch als pragmatische Sprache. Zeitweise finden auch Anmerkungen zur jeweiligen filmischen Arbeit oder Regieanweisungen einen selbstreferentiellen Eingang in die gesprochene Sprache. Eine weitere, eigenständige Sprachebene bilden die UntertiKeren Cytter, Untitled, 2009

tel, die zeitgleich mit dem Gesprochenen auftauchen, aber inhaltlich davon abweichen können. Auch kürzere Loops und sowohl sprachliche wie visuelle Wiederholungen können innerhalb der meist nicht länger als zehn Minuten dauernden Filme vorkommen. Die Künstlerin zerlegt den Film in die Einzelteile, die ihn normalerweise bestimmen, und setzt diese unabhängig voneinander wieder zusammen: (Laien)Schauspieler, Rolle, Stimme, gesprochener Text, gehörter Text, Sprachwahl und Untertitel werden in einem ungewohnten Mix und meist asynchron zueinander gesetzt. Mit ihrer Strategie der Dekonstruktion hebt Cytter die Abhängigkeit unserer Wahrnehmung von bestimmten Sprach- und Bildstrukturen hervor und zeigt auf, dass es eine Art intentionales Wahrnehmen gibt, das über die «Zwischentöne» Inhalte vermittelt. Der für die Biennale von Venedig produzierte Film Untitled (2009) basiert auf der wahren Geschichte eines Jungen, der die Geliebte des Vaters aus Eifersucht erschoss. Cytter griff für die Umsetzung des Films sowohl auf professionelle (Bernhard Schütz, Carolin Peters) wie auch auf Laienschauspieler zurück. Der Film wurde am Berliner Hebbel-Theater vor Live-Publikum gedreht. Angeregt von dem Film Opening Night (1977) von John Cassavetes spielt eine Frau die Hauptrolle, die kurz davor ist, auf der Bühne zu spielen, und sich in diesem Moment ihr eigenes Leben und ihre eigene Identität vor Augen führt – sowohl das reale als auch das «gespielte». Die Ambiguität von Realität und Fiktion erhält vor dem Hintergrund der Theaterbühne und der Anwesenheit eines Publikums eine besonders starke Betonung. Mit den Kameraeinstellungen fokussiert Cytter auf die psychologischen Momente der Geschichte. Die Gefühle von Hass, Angst und Sorge sind stark ausgeprägt. Die verschiedenen Blickwinkel, die uns die Kamera ermöglicht, lassen in gewissen Momenten den Eindruck entstehen, wir bewegten uns selbst mit den Schauspielern. Manchmal wird uns wiederum das Beobachten selbst vor Augen geführt – vor allem dann, wenn das Live-Publikum zu unserem Spiegel wird.

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*Sabine Schaschl ist Kuratorin der Ausstellung und Direktorin des Kunsthaus Baselland

Keren Cytter Repulsion 19.05.2010 – 04.07.2010 Kunsthaus Baselland www.kunsthausbaselland.ch

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Prayer Sheet with the Wound and the Nail Die Trägerstiftung des Schaulagers, die Laurenz-Stiftung, erwirbt gemeinsam mit dem Museum of Modern Art, New York (MoMA) Matthew Barneys Archiv der Performance-Reihe Drawing Restraint. Dank des gemeinsamen Ankaufs kann das Archiv erstmals in seiner Gesamtheit der Öffentlichkeit präsentiert werden.

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m Schaulager ist das Archiv Ausgangspunkt einer bedeutend weiter gefassten Präsentation mit Werken aus dem Besitz der Emanuel Hoffmann-Stiftung und zusätzlichen Leihgaben. Diesen Werken Barneys sind ausgesuchte Kunstwerke der nördlichen Renaissance gegenübergestellt. Die aussergewöhnliche Ausstellung stellt so Matthew Barneys Arbeiten in Dialog mit Bildern, Stichen und Zeichnungen von Martin Schongauer, Albrecht Dürer, Hans Baldung, Lucas Cranach d.Ä. und weiteren mehr. «Die Form kann nur dann Gestalt annehmen, wenn sie gegen einen Widerstand kämpft», lautet die Grundposition von Drawing Restraint (sinngemäss etwa: «verhindertes Zeichnen» oder «Zeichnen unter erschwerten Bedingungen»). Diese von Matthew Barney bereits 1988 begonnene Reihe künstlerischer Aktionen war zunächst so angelegt, dass ihre Einrichtungen die Leichtigkeit des Zeichnens durchkreuzten. Die ersten Drawing Restraint-Performances bestanden aus Environments mit Rampen, Schrägen, elastischen Gurten und Hindernissen, die ausdrücklich dem Zwecke dienten, die Kunstfertigkeit des Künstlers einzuschränken. Im Verlauf der weiteren Entwicklung der Serie wurden das Setting der Performances dann immer ausgefeilter und die Erzählungen immer allegorischer. Aus den Performances entstammen Objekte, die als «sekundäre Formen» – Zeichnungen, Skulpturen, Vitrinen oder Fotografien – bestimmte Aspekte der Handlung verfestigen und die als narrative Skulpturen für die einmaligen Performances stehen. Zudem ist jede Aktion auf Video oder Film dokumentiert. Matthew Barney, DRAWING RESTRAINT 15, Dokumentationsfoto, 2007

Die Ausstellung gliedert sich im Schaulager in zwei Geschosse. Im Erdgeschoss wird das gesamte Drawing Restraint-Archiv ausgebreitet, kontrapunktiert von über 50 Holzschnitten, Stichen und Zeichnungen aus dem 16. und frühen 17. Jahrhundert. Im unteren Bereich werden drei zu Drawing Restraint 9 gehörende monumentale Skulpturen – Torii, Cetacea, Occidental Restraint – sowie eine neue Arbeit mit vier Gemälden der Alten Meister präsentiert. Bei der Gegenüberstellung von Werken der Alten Meister und des Drawing Restraint-­Archivs geht es aber nicht darum, eine Parallele zwischen der irdischen und der religiösen Bildtradition zu ziehen. Die Anordnung versteht sich vielmehr als Versuch, latente Bedeutungsinhalte im Werk von Matthew Barney sichtbar zu machen. Es sind dies Aspekte wie Kraftanstrengung, Überwindung von Widerständen, Aufstieg und Fall, die auch in den Bildfindungen der christlichen Ikonografie eine eigene Tradition entwickelt haben. Im Rahmen der Ausstellung wird auch das neu geschaffene Drawing Restraint 17 der Öffentlichkeit vorgestellt. Ausgehend von dem eindrücklichen Gemälde Hans Baldung Griens, Der Tod und die Frau, das in der Ausstellung zu sehen ist, entwickelte Matthew Barney die Idee zu einem Film, der die Grundelemente der Drawing RestraintSerie in der lokalen Basler Umgebung verankert. Der Film, der auf den LED-Wänden des Schaulagers als erstes Werk der Ausstellung zu sehen ist, wird im Untergeschoss mit seiner als «sekundäre Form» eingerichteten neuen Skulptur verankert. Die Ausstellung wird nur in Basel gezeigt. Kurator: Neville Wakefield Es erscheint eine Publikation in der Reihe der Schaulager-Hefte mit farbigen Abbildungen aller ausgestellten Werke, einem Einführungsessay von Neville Wakefield, einem ausführlichen Gespräch zwischen Matthew Barney und Adam Phillips und weiteren Texten. Herausgegeben von Schaulager und Schwabe Verlag, Basel. Preis CHF 35.– Matthew Barney, DRAWING RESTRAINT 9, Produktionsaufnahme, 2005


Während der Ausstellungszeit werden auch Drawing Restraint 9 und die Cremaster Reihe aufgeführt. Drawing Restraint 9 ist als Spielfilm angelegt und spielt auf dem japanischen Walfang-Fabrikschiff Nisshin Maru. Matthew Barney agiert hier erstmals mit seiner Lebensgefährtin Björk, die auch den Soundtrack komponierte; die Texte stammen von Björk und Barney. Die beiden spielen ein Liebespaar, das eine rätselhafte Reise auf einem japanischen Walfangschiff antritt. Die Cremaster Reihe bildet den wohl unkonventionellsten Filmzyklus des modernen Kinos. Die Arbeiten an diesem insgesamt 400 Minuten umfassenden Werk dauerten nahezu neun Jahre (1994–2002). Nicht in chronologischer Reihe entstanden, bilden die fünf Teile des Cremaster Cycle ein in sich geschlossenes ästhetisches Ganzes. Neben Barney selbst treten in diesem Werk namhafte Persönlichkeiten wie Norman Mailer, Ursula Andress, Aimee Mullins und viele andere auf.

Matthew Barney Prayer Sheet with the Wound and the Nail 12.06.2010 – 03.10.2010 Schaulager www.schaulager.org

Drawing Restraint 9: Spielfilm von Matthew Barney, Soundtrack komponiert von Björk. Darsteller: Matthew Barney, Björk, Mayumi Miyata, Shiro Nomu. Japan/USA 2005, 135 Minuten. Vorführung täglich ausser montags, 14 Uhr, Schaulager Auditorium. Cremaster 1. Vorführzyklus Cremaster 1 (40') & 4 (42'): Dienstag, 29. Juni, 18.30 Cremaster 2 (79'): Dienstag 6. Juli, 18.30 Cremaster 3 (181'): Dienstag 13. Juli, 18.30 Cremaster 5 (54'): Dienstag, 20. Juli, 18.30 Cremaster Marathon (396'): Samstag, 31. Juli ab 11 Uhr Alle Veranstaltungen: www.schaulager.org

Matthew Barney (geb. 1967) gehört zu den vielseitigsten Künstlern seiner Generation. Er studierte Kunst an der Yale University und ist Träger zahlreicher Auszeichnungen; so Europa 2000, Aperto Preis (1993, Biennale in Venedig), Hugo Boss Preis (Solomon R. Guggenheim Foundation, New York, 1996), Glen Dimplex Award (Dublin, 2001) und Goslarer Kaiserring (2007). Sein Werk wird in zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen auf der ganzen Welt gezeigt.

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Matthew Barney, DRAWING RESTRAINT 7, Produktionsaufnahme, 1993

Hans Baldung gen. Grien, Der Tod und die Frau, 16. Jh.


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Sommer hoch 3 im Vitra Design Museum Vielfalt in Weil am Rhein: Die Essenz der Dinge, Heimliche Helden und eine mobile Glaswerkstatt erwarten Sie auf dem Vitra Campus

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s liegt in der Natur des Menschen, stets nach der einfachsten Lösung zu suchen. Tatsächlich wurden edle «Einfalt und stille Grösse» nicht erst im Klassizismus idealisiert und das «Weniger ist Mehr» des modernen Designs wirkt als Leitgedanke über die Postmoderne hinaus bis in unsere Zeit. Die Ausstellung Die Essenz der Dinge. Design und die Kunst der Reduktion beleuchtet die Einflüsse und Motive eines Prinzips, das die Gestaltung raum- und zeitübergreifend geprägt hat. Die Vielfalt dieses Phänomens belegen Beispiele von Thonets legendärem Stuhl No. 14 über Möbel und Produktdesign von Gerrit Rietveld, Le Corbusier, den Eames, Max Bill, Dieter Rams, Shiro Kuramata oder Jasper Morrison bis hin zum iPod. Ergänzt werden sie um Fotos aus Architektur, Mode und Kunst. Bei aller Rationalisierung von Verfahren und Materialien, der Konzentration auf die Funktion und der Abstraktion von Formen zeigt sich, wie komplex das Prinzip der Einfachheit ist.

«Heimliche Helden. Das Genie alltäglicher Dinge», 20.08. – 19.09.2010 Die Ausstellung Heimliche Helden präsentiert eine Auswahl alltäglicher Industrieprodukte, in denen von anonymen Gestaltern auf vorbildliche Weise eines der Leitmotive der Moderne umgesetzt wurde: maximaler Nutzen bei minimalem (Material-)Aufwand. Ob Bleistift, Büroklammer oder Reissverschluss: Die Ausstellung dokumentiert die oft unbekannte Entstehungsgeschichte jener Alltagshelden, zeigt Filme und Exponate zum Herstellungsprozess und liefert aktuelle Zahlen zu deren weltweiter Verbreitung. Unterhaltsam und informativ lenkt die Schau den Blick auf jene ebenso schlichten wie genialen Produkte, die uns tagtäglich umgeben und die wir gerade deswegen selten bewusst wahrnehmen.

Das Corning Museum of Glass zu Besuch im Vitra Design Museum, 14.06. – 20.06.2010 Während der Art Basel wird das Corning Museum of Glass zu Gast auf dem Vitra Campus sein. Das GlassLab, eine mobile Glaswerkstatt, einzig in ihrer Art, reist aus den USA an, um während der Kunstmesse sein aussergewöhnliches Programm vorzustellen. Täglich um 14, 16 und 18 Uhr kann das Publikum auf der Outdoor-Bühne live verfolgen, wie internationale Designer Glasobjekte entwerfen, kreieren – und manchmal sogar wieder verwerfen, um aus dem heissen, flüssigen Material erneut Kunst entstehen zu lassen. «GlassLab bietet den Designern einen einzigartigen Zugang zum Herstellungsprozess und heissen Kunsthandwerk der Glasbläser. So können diese live erleben, wie ihr Produkt entsteht, und dabei das volle Potenzial von Glas als Grundstoff für ihre Designentwürfe ausschöpfen.» Rob Cassetti, Creative Director des Corning Museum of Glass. Der Eintritt ist frei. Die Performances dauern zwischen 1 – 1,5 h.

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oben: Ausseninstallation, Die Essenz der Dinge, Vitra Design Museum unten: The Corning Museum of Glass (Ausschnitt)



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Basquiat Artinside


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ÂŤJean-Michel lebte wie eine Flamme. Er brannte strahlend hell. Dann ging das Feuer aus. Doch die Glut ist noch nicht erloschen.Âť Fab 5 Freddy

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Ein international gefeierter Künstlerstar aus dem New Yorker Underground von Dieter Buchhart*

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ean-Michel Basquiats (1960–1988) Werke sind von eben jener Intensität und Energie geprägt, die auch sein kurzes Leben bestimmte. In nur acht Jahren gelang es Basquiat, vergleichbar Egon Schiele, ein umfassendes Œuvre zu schaffen. Basquiat wurde mit 21 Jahren als Jüngster Künstler zur Documenta eingeladen. Es folgte eine steile Karriere zum Kunststar in Europa, den USA, Japan und der Welt. Die umfassende Retrospektive in der Fondation Beyeler ist einer der schillerndsten Persönlichkeiten der Kunstgeschichte gewidmet. Seine frühe Werkphase beginnt mit seinen poetischen konzeptuellen Graffiti Ende der 1970er Jahre. In der Folge nahm Basquiat in Zeichnung, Malerei und Musik auf, was ihn unmittelbar umgab. Er malte und zeichnete auf ausrangierte Fenster und Türen, alte Bretter oder einen Kühlschrank – Dinge des Alltags. Er verwies auf das Leben auf der Strasse mit Worten, zeichnete und malte maskenhafte Gesichter ebenso wie Autos, Häuser, Polizisten, Kinderspiele oder Graffiti. In der New York/New Wave-Ausstellung im Februar 1981 zeigte Basquiat Gemälde und Zeichnungen, die von Unmittelbarkeit und Schnelligkeit geprägt Bezüge zu Jean Dubuffet und Cy Twombly er-

kennen lassen. Vom Herbst 1981 an malte er im Kellergeschoss seiner Galeristin Annina Nosei, ab Januar 1982 in seinem Atelierapartment in der Crosby Street hauptsächlich auf grossformatige Leinwände. In monumentalen Menschen- und Figurendarstellungen betonte er in einer Kombination von Acrylfarben und Ölkreiden zunehmend das Malerische. Mit seinem faszinierenden Wechselspiel aus Farbe, Form und Material schliesst er an Pablo Picasso ebenso wie William de Kooning und Georg Baselitz an. Er begann Farblage über Farblage zu legen, Bildelemente und Schriftzüge zu kreieren und wieder zum Teil auszulöschen. In seinen symbolgeladenen Bildern thematisierte er Kapitalismus, Ungleichheit und Rassismus. In seiner legendären Ausstellung in der New Yorker Fun Gallery im November 1982 stellte Basquiat neue von Rohheit getragene Werke vor, deren Leinwand er nicht auf Keilrahmen befestigte, sondern auf Holzpaletten und über aneinandergenagelte oder mit Schnüren zusammengebundene Kanthölzer und Holzleisten. Er collagierte Worte, Zeichen, Piktogramme und Bildelemente zusammen und gegeneinander. Im Frühjahr 1983 erreichten seine Werke ihre höchste Komplexität sowohl bezüglich der Bildthemen als auch seiner künstlerischen Strategien. Er setzte sich mit berühmten Jazzmusikern wie Jean-Michel Basquiat, Philistines, 1982


Basquiat 09.05.2010 – 05.09.2010 Fondation Beyeler, Riehen www.fondationbeyeler.ch Charlie Parker ebenso wie mit afroamerikanischen Boxern und Sportlerlegenden auseinander. Seine Referenzen an die afroamerikanische Kultur ist jedoch stets mit der US-amerikanischen Geschichte verwoben. 1984 begann Basquiats intensive Zusammenarbeit mit Andy Warhol. Von seinem europäischen Galeristen Bruno Bischofberger initiiert, entstanden nach Gemeinschaftsarbeiten von Basquiat, Warhol und Francesco Clemente ungefähr hundert weitere Werke in Kooperation mit Warhol. Basquiat akzentuierte und löschte nun Warhols Bildschöpfungen mit seinen eigenen Bildelementen. Er war zu diesem Zeitpunkt bereits ein international gefeierter Künstlerstar mit grosser medialer Öffentlichkeit und hohen Marktpreisen. 1985 erscheint er auf dem Cover der New York Times.

Basquiat war ein Revolutionär zwischen Alltag, Wissen und Mythos. Er war kein Street Art Künstler, kein Graffitikünstler, sondern einer der bedeutendsten Künstler der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Wie Martin Luther King, Charly Parker oder Michael Jackson steht er jedoch für eine historische Entwicklung, die die Wahl Barack Obamas zum 44. Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika ermöglich­ te und vielen Künstlern und Künstlerinnen erst das Interesse der Kunstgeschichte sicherte. Seine Kunst spiegelt die spannende Zeit der 1980er Jahre in Downtown New York ebenso wieder, wie sie auch heute zeitgenössisch und aktuell ist.

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*Dieter Buchhart ist Kurator der Ausstellung

Jean-Michel Basquiat (1960–1988) was one of the most fascinating and controversial personalities in the art world. After starting on the New York underground scene as a graffiti sprayer, musician and actor, he began to devote himself to painting at nineteen. His highly expressive, energetic work soon found wide admiration. Supported by Andy Warhol, he advanced to become an internationally acclaimed star. He was the youngest Documenta participant ever, and exhibited at Art Basel, the Venice Biennale, and various famous galleries. The son of immigrants from the Caribbean, Basquiat became the first black artist to make a highlevel breakthrough. He collaborated with Keith Haring, Francisco Clemente, Debbie Harry, and many other stars. In the space of only eight years, he created an extensive oeuvre of about 1000 paintings and as many drawings before his tragic death at the age of only twenty-seven. To mark his fiftieth birthday, the Fondation Beyeler is devoting a large retrospective to Jean-Michel Basquiat, comprising more than 100 paintings, works on paper, and objects from renowned museums and private collections around the world.

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Jean-Michel Basquiat, Untiitled, 1982


Basquiat & Friends von Dieter Buchhart

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ew York um 1980 war abgewirtschaftet, die Strassen gefährlich. Die folgenden Jahre waren vom Aufstieg der Graffitibewegung und der East Village-Kunstszene ebenso wie vom boomenden Kunstmarkt geprägt. In der Musik entwickelte sich dort der Hip Hop, der sich zu einer einflussreichen globalen Bewegung formieren sollte. Basquiat bewegte sich zwischen den Szenen. In der Kunst wurde der Malerei neue Bedeutung verliehen. Aus dem New Yorker Underground kommend, war Basquiat, der Sohn karibischstämmiger Eltern, als Kunstmaler, Musiker, Schauspieler, Poet, Graffitikünstler, Performer und DJ eine der Figuren, welche die kreative Szene im Downtown Manhattan der späten Siebziger- und Achtzigerjahre prägte. Seine Freundschaften zu Francesco Clemente, Fab 5 Freddy, Vincent Gallo, Keith Haring, Debbie Harry (Blondie), Madonna und Andy Warhol sind legendär. Der charismatische Basquiat war eine schillernde Künstlerpersönlichkeit. Jung entdeckt und von einflussreichen Galerien gefördert, gelang ihm in nur kürzester Zeit, was keinem anderen Schwarzen vor ihm gelungen war: Er schaffte den ganz grossen Durchbruch in der von Weissen dominierten Kunstwelt. Vergleichbar herausragenden Künstlerpersönlichkeiten wie James Dean, Jimi Hendrix oder Curt Cobain wurde auch Basquiats Leben vor dem Hintergrund seiner faszinierenden Kunst und seinem frühen Tod zum Mythos. Schon früh hatte sein Freund, der Hip-Hop-Pioneer und Graffiti-Künstler FAB 5 Freddy, Basquiat in Kontakt mit den Graffitisprayern und Rapkünstlern wie Rammelzee oder Toxic und dem Moderator und Produzenten Glenn O’Brien gebracht, der Basquiat zum ersten Mal bereits 1979 noch unter dessen Pseudonym SAMO© in seiner Sendung TV Party interviewte. Im Mudd Club hatte Basquiat Blondie, John Lurie, John Sex und Madonna kennen gelernt. Seine spätere Liaison mit Madonna dauerte nur ein paar Monate, beide gerade am Weg zum Weltruhm. Seine enge Freundschaft zu Keith Haring verband die Künstler ihr Leben lang, während jene zu Andy Warhol in eindrucksvollen gemeinsamen künstlerischen Arbeiten mündete. Basquiat war unermüdlich, stets voller Ideen. Nach seinem Tod hielt FAB 5 Freddy fest: «Jean-Michel lebte wie eine Flamme. Er brannte strahlend hell. Dann ging das Feuer aus. Doch die Glut ist noch nicht erloschen.» oben, Andy Warhol: Keith Haring und Jean-Michel Basquiat,New York, 1984 Mitte, Andy Warhol: Bryan Ferry, Francesco Clemente, Julian Schnabel, Jacqueline Schnabel, Alba Clemente, Jean-Michel Basquiat, John Lurie und andere, 1985 unten: Andy Warhol, Jean-Michel Basquiat, Bruno Bischofberger, Francesco Clemente, New York, 1984


Felix Gonzales-Torres von Michiko Kono*

Felix Gonzales-Torres 22.05.2010 – 29.08.2010 Fondation Beyeler, Riehen www.fondationbeyeler.ch

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ie Fondation Beyeler präsentiert einen Teilbereich einer grossen Wanderretrospektive des auf Kuba geborenen amerikanischen Künstlers Felix Gonzalez-Torres (1957–1996), der zu den einflussreichsten Künstlern seiner Generation zählt. Felix Gonzalez-Torres war ein engagierter gesellschaftlicher Aktivist und schuf in relativ kurzer Zeit ein ungemein einflussreiches Werk. Als Ausgangspunkt dienen oft Objekte des täglichen Lebens – Uhren, Spiegel, Leuchten. Zu seinen bekanntesten Kunstwerken gehören seine Bonbonhaufen und Papierstapel, denen die Besucher ein Bonbon oder ein Blatt Papier entnehmen dürfen. Mit diesen Werken wie auch mit seinen Girlanden aus Glühlampen, seinen wogenden Voile-Vorhängen, seinen Wort-«Porträts» – Zusammensetzungen aus historischen Ereignissen und persönlichen Daten, die im Lauf der Zeit immer wieder von ihren Besitzern ausgetauscht werden können – oder seinen tickenden Uhrenpaaren, die unweigerlich aus dem Gleichtakt geraten, erforschte Gonzalez-Torres die Zusammenhänge zwischen Zeit,

Autorität, Kunst und der menschlichen Existenz. Sobald die Hälfte ihrer Dauer erreicht ist, wird die Ausstellung an allen ihren Stationen von einem jeweils anderen Künstler neu installiert. Alle diese Künstler zählen das Werk von Gonzalez-Torres zu ihren Inspirationsquellen. In der Fondation Beyeler wird die New Yorker Künstlerin Carol Bove die Ausstellung ab Ende Juli neu installieren. Die beiden Versio­ nen der Ausstellung in der Fondation Beyeler werden sich sowohl über die unteren als auch über die oberen Säle erstrecken, in denen sich die permanente Sammlung befindet. Indem die Kunstwerke von Gonzalez-Torres in die aussergewöhnliche Sammlung von Meisterwerken der klassischen Moderne der Fondation Beyeler eingestreut werden, wird Gonzalez-Torres‘ komplexes Œuvre so präsentiert, wie der Künstler es oft selbst dargeboten hat: Es nimmt marginale Räume ein und zeigt sich dem Besucher immer wieder dort, wo er es nicht erwartet.

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*Michiko Kono ist Assistenzkuratorin der Fondation Beyeler

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Felix Gonzales Torres, «Ohne Titel» (Golden), 1995


Art City Basel Espace d’Art Contemporain Fernet Branca Saint-Louis/F From Degas to Picasso – Collection Jean Planque until October 24, 2010 June 16–20 | 10 am–11 pm

Fondation Beyeler BASQUIAT until September 5, 2010 Felix Gonzales-Torres until August 29, 2010 June 15–20 | 9 am–8 pm June 21 | 10 am–6 pm

2 rue du Ballon F-68300 Saint-Louis www.museefernetbranca.org

Baselstrasse 101, Riehen/Basel www.fondationbeyeler.ch

Forum Würth Arlesheim

Kunstmuseum Basel

Top 10 The Master Class Pupils of Karlsruhe Academy of Fine and Visual Arts June 11–September 12, 2010

Gabriel Orozco until August 8, 2010

June 15–20 | 11 am–5 pm

Rosemarie Trockel – Drawings, Collages, and Book Drafts until September 5, 2010 June 14–20 | 10 am–6 pm June 21 | closed

Dornwydenweg 11, CH-4144 Arlesheim www.forum-wuerth.ch

Schaulager Matthew Barney Prayer Sheet with the Wound and the Nail June 12–Octobre 3, 2010 June 14–15 | 10 am–6 pm June 16 | noon–6 pm June 17–20 | 10 am–6 pm June 21 | closed

St. Alban-Graben 16, Basel www.kunstmuseumbasel.ch

Kunstmuseum Basel, Museum für Gegenwartskunst Rodney Graham – Through the Forest June 13–September 26, 2010 June 14–20 | 10 am–6 pm June 21 | closed

Guided tours: June 14–20 | 2 pm Ruchfeldstr. 19, Münchenstein/Basel www.schaulager.org

St. Alban-Rheinweg 60, Basel www.kunstmuseumbasel.ch


Museums, Exhibitions and Fairs during Art 41 Basel June 14–20, 2010 www.museenbasel.ch

Design Miami/Basel

Art 41 Basel

The International Art Show

The global forum for collecting, exhibiting, discussing and creating design

June 16–20 | 11 am–7 pm Vernissage by invitation only: June 15 | 6–9 pm

June 15–19 | 11 am–7 pm Vernissage by invitation only: June 14 | 6–10 pm Nocturne by invitation only: June 17 | 7–9 pm Hall 5 Messe Basel www.designmiami.com

Messeplatz, Basel www.artbasel.com

Museum Tinguely

LISTE 15

Robot Dreams June 9–September 12, 2010

The Young Art Fair, a project in the workshop community Warteck pp

June 15–20 | 11 am–7 pm

June 15–19 | 1–9 pm June 20 | 1–7 pm Opening Reception: June 14 | 5–10 pm Party in the NT/Areal, Erlenstrasse 21/23: June 14 | 10 pm–4 am

Burgweg 15, Basel www.liste.ch

Paul Sacher-Anlage 1, Basel www.tinguely.ch

[plug.in] Eva and Franco Mattes aka 0100101110101101.ORG – AD/HD June 11 – September 19, 2010 June 14–20 | 10 am–6 pm [plug.in] is also special guest at LISTE 15 – The Young Art Fair

St. Alban-Rheinweg 64, Basel www.iplugin.org

Credits | Espace d’Art Contemporain Fernet Branca: Pablo Picasso, Femme au chapeau dans un fauteuil, 1939,© 2001, ProLitteris, Zurich | Fondation Beyeler: JeanMichel Basquiat, Untitled, 1981, The Eli and Edythe L. Broad Collection, Los Angeles © 2010, ProLitteris, Zurich | Forum Würth: Die Ästhetik der Pulslosigkeit, Natalie Ostermaier, 2009 | Kunstmuseum Basel: Gabriel Orozco, La DS, 1993, Fonds national d‘art contemporain (Cnap), Ministère de la culture et de la Communication, Paris (Fnac) | Kunstmuseum Basel, Museum für Gegenwartskunst: Hilary Lloyd, Untitled (Cut-Outs), 2006 (Detail) | Museum Tinguely: François Roche, Une architecture des humeurs, 2010, Collection François Roche, Commande et Production «Le Laboratoire de Paris», © R&Sie(n) with Stephan Henrich. Courtesy «Le Laboratoire de Paris», Photo: Matthieu Kavyrchine | [plug.in]: Eva and Franco Mattes aka 0100101110101101. ORG, No Fun, 2010, Online Performance | Schaulager: Matthew Barney DRAWING RESTRAINT 15, 2007, Documentary Photograph © Matthew Barney, Photo: Neville Wakefield | LISTE 15: Annex of LISTE, Architects: UNDEND Zurich | Design Miami/ Basel: Photo: Courtesy Galerie Patrick Seguin | Cover Picture: Kunstmuseum Basel, Gabriel Orozco, La DS, Photo: Matthias Geering Concept, Design, Production: Lauftext | Grafikatelier Sibylle Meier, Basel


Die Farben der Poesie Das Museum Frieder Burda zeigt eine grosse Miró-Ausstellung mit hochkarätigen Leihgaben aus aller Welt. Dabei konnten auch international bedeutende Privatsammler eingebunden werden.

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oan Miró ist nicht nur der bekannteste katalanische Maler, der die Kunst des 20. Jahrhunderts entscheidend geprägt hat, er ist sicherlich auch einer der farbenfrohsten. Die grosse Sommerausstellung im Museum Frieder Burda widmet sich vom 2. Juli 2010 bis zum 14. November 2010 diesem genialen Künstler. Unter dem Titel Miró. Die Farben der Poesie zeigt das Museum rund 100 Werke des Katalanen. Die Bilder decken sechs Jahrzehnte des Werks von Miró ab. Mehrere renommierte Privatsammler aus aller Welt schicken Bilder nach Baden-Baden. Es wird eine grössere Zahl an Kunstwerken direkt aus dem Besitz der Familie Miró zu sehen sein, was eine äusserste SelJoan Miró, Silence, 1968

tenheit ist. Auch die Fundació Joan Miró in Barcelona und Palma de Mallorca hat hochkarätige Werke für Baden-Baden zugesagt. Insgesamt sind über 30 internationale Leihgeber in die Miró-Schau eingebunden. Die Gemälde bilden den Schwerpunkt der Ausstellung und werden durch Papierarbeiten, Keramiken und Skulpturen ergänzt. Kuratiert wird die Ausstellung von Jean-Louis Prat. Er hat bereits zu Lebzeiten Mirós Ausstellungen für ihn organisiert und war gut mit ihm befreundet. «Miró malte nicht abstrakt oder figurativ, er verwendete eine sehr poetische Sprache in seinen Bildern», erklärt Jean-Louis Prat. Zeitgenossen Mirós hätten die Farbe aus ihren Bildern verbannt, für ihn sei sie jedoch immer von enormer Bedeutung gewesen. Entsprechend dominieren Farben wie Rot, Grün, Gelb und Blau die Gemälde, die in der Ausstellung zu sehen sind.


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Freiheit, Humor, Leichtigkeit, aber auch ästhetische Brüche prägen das Werk des 1893 in Barcelona geborenen Malers und Bildhauers Miró, der stets darum bemüht war, nicht in Stillstand zu verharren oder in der Vergangenheit zu leben. Der Katalane bewunderte die Natur, alltägliche Objekte und ihre Schönheit faszinierten und inspirierten ihn. Im Museum Frieder Burda werden auch die seltenen kleineren Formate aus den frühen Schaffensjahren Mirós gezeigt. Anhand dieser Werke lässt sich seine künstlerische Entwicklung nachvollziehen, von einer figürlichen Darstellung zu symbolhaften Bildmotiven und immer wiederkehrenden Zeichen. Diese geheimnisvollen Zeichen und Farbflecken auf der Leinwand, die einer Musikpartitur gleichen, aber doch aus einer Art Traumwelt zu stammen scheinen, sind typisch für die Gemälde Mirós. Sie finden sich auch in den Keramiken und Skulpturen wieder, die den Bildern gegenübergestellt sind. Die Ausstellung im Museum Frieder Burda hebt die Wendepunkte im Schaffen Mirós hervor. Joan Miró: «Die Menschen werden zunehmend besser verstehen, dass ich die Türen zu einer anderen Zukunft geöffnet habe, einer Zukunft ohne Irrlehren und Fanatismen.» Begleitende Wandtexte und historische Fotografien ermöglichen es den Besuchern, das Leben und Wirken Mirós nachzuvollziehen. Der Kurator der Ausstellung, Jean-Louis Prat, war mehr als 30 Jahre lang Direktor der renommierten Fondation Maeght im südfranzösischen St. Paul de Vence und gilt als weltweit beachteter Experte zum Thema Skulptur. Prat kuratierte bereits im Jahr 2006 die grosse Chagall-Ausstellung, die von über 190 000 Kunstinteressierten besucht wurde. «Die Bilder tun was mit mir...». Noch bis zum 20. Juni zeigt das Museum Frieder Burda unter dem Titel «Die Bilder tun was mit mir...» einen Einblick in die Sammlung Frieder Burda. Zu sehen sind über 100 Gemälde, Skulpturen, Zeichnungen, Fotografien und Rauminstallationen.

Miró Die Farben der Poesie 02.07.2010 – 14.11.2010 Museum Frieder Burda www.museum-frieder-burda.de

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oben: Joan Miró, Femme, 1981/83 unten: Joan Miró in seiner Werkstatt im Landhaus "Son Boter", 1968/69



Eine neue Erfahrung des Sehens. Kloster Schönthal Skulpturenpark

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Wiesen- und Waldwege von internationaler Skulpturenkunst gesäumt: Richard Long, Hans Josephsohn, Hamish Black, Peter Kamm, William Pye, David Nash, Erik Steinbrecher, Nives Widauer, Ian Hamilton Finlay, Ulrich Rückriem, Nicola Hicks, Walter Fähndrich, Ilan Averbuch, Erwin Wortelkamp, Kurt Sigrist, Nicola Hicks, Recovered Memory, Bronze 1997

Peter Nagel, Roman Signer, Miriam Cahn, Tony Cragg. Ab Sommer ein Projekt mit Gerda Steiner und Jörg Lenzlinger. Im Kirchenraum: Patrick Rohner, Malerei, Zeichnungen und Fotografie. Freitag 14 bis 17 Uhr, Sa/So 11 bis 18 Uhr. www. schoenthal.ch

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Gabriel Orozco von Bernhard Mendes Bürgi*

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In einer grossen Überblicksausstellung zeigt das Kunstmuseum Basel Installationen, Skulpturen, Fotografien, Malereien und Zeichnungen des 1962 geborenen Mexikaners Gabriel Orozco, die seit den frühen 1990er-Jahren bis heute entstanden sind. Orozco gilt als einer der wichtigsten Künstler der Gegenwart und pendelt zwischen New York, Paris und Mexiko-Stadt. Dieses für seine Generation typische Unterwegssein, das konstante Bewegungsprinzip, findet auf vielfältigste Weise Niederschlag in seinem Werk.

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ind die frühesten der gezeigten Arbeiten noch in Mexiko entstanden, wohin er regelmässig zurückkehrt, bilden ab 1992 insbesondere die Lebensräume Nordamerikas und Westeuropas mit ihrer beschleunigten Wegwerfkultur den Kontext, insbesondere New York und Paris. Die andersartigen Erfahrungsebenen der sozialen und visuellen Kultur weiss Orozco bruchlos und symbiotisch mit seinen lateinamerikanischen Wurzeln zu vereinen und zu nutzen. Er gewinnt mit Vorliebe dem Ephemeren künstlerische Aussagekraft ab, das er auf der Strasse, im Gang durch die Welt antrifft. Er richtet seinen Blick auf unscheinbare Situationen und Materialien, die er auf leichtfüssige und subtile Weise aufgreift, kombiniert oder bearbeitet und augenfällig in grössere Zusammenhänge führt. Das Nomadische ist prägend, das stete Offensein für den Augenblick, der zum Bild gerinnt. Dabei reicht die Spannweite von einer fotografisch festgehaltenen Atemspur auf einem Piano bis zum der Länge nach zerschnittenen und als Einsitzer wieder zusammengefügten Citroën DS. Gabriel Orozco, My Hands are My Heart, 1991

Orozco behandelt die Randzonen unserer Wahrnehmung, wechselt Blickpunkte und Standorte in der Kontinuität des steten Wandels. So treten bezeichnenderweise immer wieder Chiffren organischer Bewegung auf, so etwa in den Atomists, 1996, Konstellationen von Kreisfiguren und -segmenten, die explosiv verdichtete Szenen des Mannschaftssports aus Zeitungen zeichnerisch ins Kosmologische steigern. Dass das Formale nichts Verfügbares, Gemachtes, sondern eine Tätigkeit ist, kommt beispielhaft in den Working Tables (Mexico 1991– 2006), 2006, aus der Sammlung des Kunstmuseums Basel zum Ausdruck. Sie vereinen eine Vielzahl von in Mexiko-Stadt entstandenen kleinformatigen Objekten und Fundstücken. Zwischen 1991 und 2006 fertigte Orozco periodisch Kleinskulpturen wie Bälle aus Orangenhaut und Plastilin oder eine Kartonarchitektur, sammelte und bearbeitete aber vor allem Fundstücke wie das Innere eines Fussballs, rostige Eisenteile, Knochen eines Wals oder Plastikspiegeleier, deren künstlerisches Potenzial er aktivierte. Er hielt diese Objekte in seinem Haus in Mexiko-Stadt zurück als Keimzellen seines skulpturalen Denkens, einem Skizzenbuch ähnlich, das auf tastende Weise versucht, künstlerische Ideen zu materialisieren und deren Wirkungskraft auf unmittelbare Weise zu speichern. Erstmals wurde diese Sammlung auf vier grossen tischartigen Sockeln für die Öffentlichkeit inszeniert im Museo del Palacio de Bellas Artes in Mexiko-Stadt vom November 2006 bis Februar 2007 anlässlich einer grossen Einzelausstellung. Diese heterogenen Experimente mit Alltagsdingen und plastischen Prozessen siedeln sich zwischen Werkstatt und Weltbild an und zeugen von unzähligen Spielarten organischer Transformation und Vernetzung. Gabriel Orozco, Working Tables, 1991-2006


Gabriel Orozco bis 08.08.2010 Kunstmuseum Basel www.kunstmuseumbasel.ch Als schöpferische Auslegeordnung nehmen die Working Tables bewusst die Kernzone der Basler Ausstellung ein, finden aber eine andere Form, nämlich das Arrangement aller Dinge auf einer einzigen Plattform. Bildet diese zentrale installative Arbeit ein Speicher seiner Aktivitäten in Mexiko, befindet sich im Museum of Modern Art in New York sein vor allem in New York und Paris akkumuliertes Pendant. Die Vorläufer der frühesten Tische mit autonomem Werkcharakter wiederum, die sich im Musée national d’art moderne, Centre Georges Pompidou in Paris befinden, wurden zum ersten Mal 1996 für eine Einzelausstellung in der Kunsthalle Zürich konzipiert, die ich damals kuratiert hatte. Mein bleibender Eindruck liess den Wunsch reifen, in meinem neuen Arbeitsfeld des Kunstmuseums Basel der traditionsreichen Sammlung eines Tages solche Tische beizufügen. 2007 konnte dieses Bestreben dank der Karl und Margrith SchaubTschudin-Stiftung erfüllt werden, die die Mittel für diesen wichtigen Ankauf bereitstellte. Bereits 1994 beziehungsweise 1999 legte meine Vorgängerin Katharina Schmidt eine Gruppe von Fotografien an, darunter Sleeping Leaves, 1990, worin Bananenblätter in einem halb offenen Schlafsack

in den Farben Gold und Orange zur Ruhe gelegt sind. 2009 wurde die Werkgruppe Orozcos im Kunstmuseum Basel durch das Bildobjekt Fertile Structure, 2008, ergänzt, dies mit Mitteln der Petzold-MüllerStiftung. Es spiegelt seine relativ späte, aber wichtig werdende Auseinandersetzung mit dem Tafelbild und umspielt das Leitmotiv des Kreises in fragilen Grafitstrukturen auf Gipsgrund und Holzträger zwischen geometrischer Konstruktion und naturnahem Wachstum. Diese sammlerischen Initiativen münden nun in dieses grossartige Ausstellungsprojekt, das vom Museum of Modern Art, New York, organisiert wurde in Zusammenarbeit mit dem Kunstmuseum Basel, dem Musée national d’art moderne – Centre Georges Pompidou, Paris, und Tate Modern, London, wo die Ausstellung in jeweils anderer Form im Anschluss an die Basler Präsentation gezeigt werden wird. Das Projekt wird unterstützt durch The National Council for Culture and the Arts (CONACULTA) / Fundación Televisa, Mexico.

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*Bernhard Mendes Bürgi ist Direktor des Kunstmuseums Basel und Kurator der Ausstellung

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Rosemarie Trockel von Anita Haldemann*

Rosemarie Trockel Zeichnungen, Collagen und Buchentwürfe bis 05.09.2010 Kunstmuseum Basel www.kunstmuseumbasel.ch

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as Kupferstichkabinett des Kunstmuseums Basel zeigt mit über 200 Zeichnungen, Collagen und Buchentwürfen die bisher umfangreichste Ausstellung von Rosemarie Trockels Arbeiten auf Papier und ermöglicht einen spannenden Einblick in ihr vielseitiges zeichnerisches Schaffen von über 30 Jahren. Die in Köln lebende Künstlerin machte Mitte der 1980er-Jahre mit Zeichnungen, Skulpturen und besonders mit ihren berühmt gewordenen Strickbildern erstmals Furore. Mittlerweile gehört sie zu den bekanntesten Kunstschaffenden der Gegenwart. So vielfältig das Werk von Rosemarie Trockel mit Videos, Wollbildern, Keramiken und vielem anderem auch ist, so haben doch die Zeichnungen immer eine zentrale Konstante in ihrer Arbeit gebildet. Diese dienen ebenso dem Festhalten flüchtiger Gedanken, wie dem Ausarbeiten gereifter Überlegungen. Auf Papier lassensich all die inhaltlichen Ansätze finden, die sie in anderen Techniken weiterentwickelt. Die Hauptstrategie der Künstlerin besteht im ironisierenden Hinterfragen von gesellschaftlichen Gemeinplätzen und künstlerischen Normen über das Verhältnis Mann/Frau, Mensch/ Tier oder Politik/Kunst. Speziell in den Zeichnungen unterläuft sie besonders gern die Unterscheidung von Original und Kopie. Zeichnen findet bei Rosemarie Trockel in der Zurückgezogenheit statt, es bedingt eine gewisse Selbstvergessenheit, die auf Könnerschaft beruht. Die aber wird meist zugunsten einer vorgeschobenen Ungelenkigkeit, eines kontinuierlichen Ausweichens auf diverse Ausdrucksformen kaschiert, derer sie sich unbeschwert bedient. Gerade weil die Zeichnungen weniger von formalen als von inhaltlichen Fragen geleitet sind, merkt man ihnen die Lust am Experimentieren auf Papier an. Dies kommt besonders in den neusten Arbeiten mit Acryl und Graphit zum Ausdruck, die eigens im Hinblick auf diese Ausstellung entstanden sind. Die Buchentwürfe für nicht realisierte Vorhaben, die mit 85 Beispielen erstmals so umfangreich zu sehen sind, können als Ideenarchiv

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Rosemarie Trockel, Ohne Titel, 1983


Weitere Ausstellungen

verstanden werden. Sie versinnbildlichen das Potenzial von Projekten ebenso wie das Scheitern derselben. Neben den Zeichnungen und Buchentwürfen sind neue Collagen ausgestellt, die seit 2004 entstehen. Mit der Collage hat Trockel eine Form gefunden, ihre Zeichnungen und anderes Material aus verschiedensten Phasen ihrer Arbeit zusammenzufügen und damit unabhängig von einer Chronologie dauerhafte Konstellationen zu schaffen. Die Collagen verdeutlichen auf ungewöhnliche Art und Weise, dass die Zeichnungen trotz ihrer autonomen Qualität

vielfältig verschränkt sind mit Trockels anderen Tätigkeiten. 1991 hat Dieter Koepplin, damals Leiter des Basler Kupferstichkabinetts, mit 171 Papierarbeiten die erste umfangreiche Zeichnungsausstellung von Rosemarie Trockel organisiert und durch zahlreiche Ankäufe einen Sammlungsschwerpunkt mit Werken der Künstlerin begründet. Daher ist es kein Zufall, dass auch die aktuelle Ausstellung der Zeichnungen, Collagen und Buchentwürfe ihren Ausgangspunkt im Kunstmuseum Basel gefunden hat. Die Ausstellung wurde

Kunstmuseum Basel Matthäus Merian d.Ä. (1593–1650) bis 25.07.2010 Kunstmuseum, Grafikkabinette

gemeinsam vom Kunstmuseum Basel und dem Kunstmuseum Bonn organisiert. 2011 wird sie auch in der Talbot Rice Gallery, University of Edinburgh zu sehen sein.

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*Anita Haldemann ist Konservatorin am Kupferstichkabinett des Kunstmuseums Basel und Kuratorin der Ausstellung

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Rosemarie Trockel, Ohne Titel, 2000


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Rodney Graham: Through the Forest von Nikola Dietrich*

Die Ausstellung des kanadischen Künstlers Rodney Graham Through the Forest gibt Einblick in die Entwicklung seines umfassenden Werkkomplexes. Die Wurzeln von Grahams Arbeitsweise, die beeinflusst ist von der Konzeptkunst der 1970er-Jahre, und seine Art des Denkens begrün­den sich in der Adaption von literarischen Modellen.

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eine erste grosse fotografische Arbeit, 75 Polaroids, schuf Graham 1976. Die Serie von Schnapp­ schüssen wurde nachts während eines Spaziergangs in den Wäldern rund um Vancouver aufgenom­ men und in der Pender Gallery in Vancouver ausgestellt; dies war zugleich Grahams erste

Rodney Graham, Rheinmetall / Victoria-8, 2003

Einzelaus­stellung und markiert den Beginn seiner Karriere als Künstler. 75 Polaroids enthält Elemente, die essenziell für seine späteren Arbeiten sind. In ihnen zeigt sich seine Faszination für fotografische Prozesse, genauso wie die Idee, ver­schiedene Orte nachts mit einem Blitzlicht zu erleuchten. Im Anschluss an diese Arbeit experimentierte Graham mit einer Camera Obscura, die er selbst anfertigte und dazu benutzte, archäologische Fund­orte während seines Aufenthaltes in Rom zu fotografieren. 1984 wurde die bahnbrechende Ausseninstallation mit dem Titel Two Generators in Vancouver ausge­stellt. Mit zwei Dieselgeneratoren stellte Graham elektrisches Licht her, das ihm dazu diente, einen Fluss in der Nähe

des Universitätsgeländes zu erleuchten. Zwei Jahre später stiess er auf eine engli­sche Übersetzung der Novelle Lenz von Georg Büchner, dem deutschen Schriftsteller der Romantik. In dieser Übersetzung fand Graham eine Besonderheit im Layout: Die Worte «Through the forest» tauchen zweimal auf an Stellen, wo die Geschichte von einer Seite auf die nächste übergeht. Aufgrund dieser Wiederholung verstand Graham den Text als einen Loop – ein Begriff aus der Filmtechnologie, der später zum Schlüsselelement für seine Arbeiten werden sollte. Er konstruierte eine Lesemaschine, um das Experiment anschaulich zu machen. Die ersten fünf Seiten, auf denen er das Phänomen im Layout des Textes entdeckte, sind so arrangiert, dass der Effekt


Kunstmuseum Basel Museum für Gegenwartskunst Rodney Graham Through the Forest 13.06.2010 – 26.09.2010 www.kunstmuseumbasel.ch

des Umblätterns greifbar wird. Ein wesentlicher Teil der Ausstellung ist den frühen Arbeiten gewidmet und der Entwicklung seines Werkes. Aus diesem Grund wurde Yves Gevaert – ein belgischer Verleger, mit dem Rodney Graham viele seiner frühen Bücher publizierte – dazu eingeladen, erstmalig Einsicht in seine umfassende Mate­ rialsammlung an Büchern, Schriften, Fotografien und Entwurfzeichnungen zu geben, die es dem Be­sucher erlauben, Verbindungen zu Grahams Arbeitsmethode herzustellen. Eine Ansammlung von wei­ teren Materialien wurde ausserdem hinzugenommen, die wesentlich zum Verständnis von Rodney Grahams Denkweise beitragen. Die Buchbindungen und -einbände, die Graham selber entwarf, sind beispielsweise Vorläufer der späteren Judd-artigen Objekte. 1997 wurde Rodney Graham eingeladen, den kanadischen Pavillon auf der Venedig Biennale zu reprä­sentieren. Für diese Gelegenheit produzierte Graham den einflussreichen Film, Vexation Island – einen aufwen­ digen Kostümfilm in der Machart von Hollywoodfilmen über Robinson Crusoe, der auf einer Insel gestrandet ist. Der Film, in dem Graham die Hauptrolle spielt, verschaffte ihm sofortigen Ruhm in der Kunstwelt. Die Ausstellung befasst sich jedoch vielmehr mit seinen späteren Filmen, die die Tradition von konzeptuellen Textarbeiten und Phänomenen optischer Erscheinungen des Lichts im Hinblick auf Thema und Motiv weiterführen. Für den Film Coruscating Cinnamon Granules (1996) streute Graham Zimt auf eine Kochplatte in seiner Küche und filmte dann die glühenden Körnchen. Der Theaterraum, in welchem der Film gezeigt wird, hat die gleichen Ausmasse wie die Küche, in der er den Film drehte. Rheinmetall/ Victoria 8 (2003) ist ein «Dokumentarfilm», für den Graham eine fast unge­brauchte deutsche Schreibmaschine aus den 1930er-Jahren in einem Secondhand-Laden in Vancouver kaufte. Zunächst dokumentierte er das Objekt fotografisch im Stil der Neuen Sach-

lichkeit. Dann bestäubte er es mit Mehl und schuf damit ein scharfes Sinnbild für das Totschweigen von Ge­schichte. Torqued Chandelier Release (2005) steht wiederum in Beziehung zum Lichtphänomen, das in Coruscating Cinnamon Granules untersucht wurde, da beide mit Bildern arbeiten, die Lichteffekte ein­setzen und in dieser Hinsicht auf Fotografie auf jeweils andere Weise Bezug nehmen. Ein weiterer Teil der Ausstellung beschäftigt sich mit der Rolle des Künstlers. In der Videoarbeit Lob­bing Potatoes at a Gong, 1969 (2006) stellt Graham eine Szene nach, die auf eine Anekdote eines Pink-Floyd-Konzerts zurückgeht, bei dem ein Musiker Kartoffeln auf einen Gong warf. Ein Destillierge­rät, mit dem Graham aus den Kartoffeln, die den Gong getroffen haben, Wodka machen liess, und der Wodka selbst sind Teil der Installation. Schliesslich präsentiert sich Rodney Graham als ein Maler, der sich, im Gegensatz

zu The Gifted Ama­teur, der Stilrichtung der sogenannten École de Paris zuwendet, um abstrakte Gemälde im Stil dieser Periode zu produzieren. Die Ausstellung Through the Forest zeigt einen langen Weg auf, der bei der Adaption von literarischen Modellen und der Aneignung von entscheidenden Momenten der Kunstge­schichte beginnt, über beeindruckende Filmarbeiten führt und letztendlich beim klassischsten aller Me­dien endet, der Malerei.

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*Nikola Dietrich ist Kuratorin für Moderne und Zeitgenössische Kunst am Kunstmuseum Basel

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Rodney Graham, The Gifted Amateur, Nov. 10th, 1962, 2007


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Der Rahmen des Bildes, der Rahmen des Textes Adam Szymczyk, Direktor der Kunsthalle Basel, im Gespräch mit der Künstlerin Moyra Davey

Am 16. Juni 2010 eröffnet die Kunsthalle Basel die Ausstellung Speaker Receiver der kanadischen Künstlerin Moyra Davey. Ein Gespräch über die Faszination von Fotografie und Sprache. Adam Szymczyk: Für deine Ausstellung in der Kunsthalle Basel hast du den Titel Speaker Receiver gewählt – kein Komma, kein Strich. Man denkt dabei an geläufige Objekte, die in deinen Fotografien auftauchen: Lautsprecher und Verstärker, Platten und Plattenspieler. Aber er deutet auch auf eine wechselseitige Übertragung oder eine Austauschbarkeit der Rollen zwischen Sender und Empfänger hin.

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Moyra Davey: Speaker und Receiver sind Titel zwei meiner Fotografien (beide aus dem Jahr 2003), aber die wörtliche Bedeutung der Begriffe wird eigentlich

aufgehoben. Der Lautsprecher ist stumm – es ist nur der nicht angeschlossene Woofer auf einer Tischplatte im Sonnenlicht – und der Empfänger ist lebendig und glüht aus einer dunklen Ecke heraus: eine Maschine mit einer Seele. Bei der Wahl dieser Titel für die Ausstellung habe ich durchaus an die Analogie von Schreiber und Leser gedacht. An einen Leser, der durch den Akt des Lesens aktiv etwas produziert oder «schreibt». AS: Du scheinst fast wertlose Objekte als fotografische Motive zu bevorzugen. Während viele zeitgenössische Fotografen ihren Blick auf aufsehenerregende globale Spektakel werfen – Börsenhandel, Sportereignisse, Museen und öffentliche Menschenaufläufe – bleibst du nahe an einzelnen stofflichen Objekten, an diesen kleinsten Einheiten wie Knöpfen, Haushaltsgegenständen und Kupfermünzen. Solch billige Dinge zeigen Werteverschiebungen Moyra Davey, 2010


Moyra Davey Speaker Receiver 17.06.2010 – 29.08.2010 www.kunshallebasel.ch perfekt auf: Am 29. April 2010 lag zum Beispiel der Einschmelzwert für einen kupfernen amerikanischen Cent mit dem Konterfei von Abraham Lincoln bei 0,021 $ – nur knapp über zwei Cent. MD: All diese Dinge – Knöpfe, Pfennige, Staub, mit ihren schmutzigen Assoziationen, die uns zum Körper führen – sind ganz deutlich Memento mori. Es ist ein bekanntes Paradox, dass die Kamera ihre Transformation gerne am Abjekten (künstlerische Auseinandersetzung mit dem Phänomen Ekel, Anmerkung der Red.) ausübt – wie bei Irving Penns Zigarettenstummeln. Aber ich glaube nicht, dass das der Grund ist, warum ich zu diesen Gegenständen hingezogen werde. Es interessiert mich, was sich bei näherer Betrachtung über die Welt enthüllt. Ich betreibe dieses Makro-Sehen schon eine lange Zeit: In den 1980er-Jahren waren es Zehen und Frauengesichter auf Ferrotypien (fotografisches Direktpositiv-Verfahren) aus dem 19. Jahrhundert; in den 1990er Jahren Geld; und in letzter Zeit Namen und Titel auf Plattenrückseiten, der Bodensatz in Kaffeetassen und Metro-Tickets mit handgeschriebenen Notizen an die Toten. AS: Für die Ausstellung in Basel hast du mehr als 30 gefaltete Fotos an die Kunsthalle geschickt.

habe das Visuelle gewählt, weil ich verbal verkümmert war. Immer noch suche ich sehr oft nach Worten. Später wurde diese Unartikuliertheit die Motivation zum Schreiben. Es war ein Weg, die Dinge, die ich sagen wollte, auf meine eigene Art zu sagen. Aber zurück zur Entscheidung, Künstlerin zu sein, Fotografin: Als Teen­ager habe ich gezeichnet und gemalt und hatte eine Kamera. Als ich auf das College und an die Kunstschule kam, habe ich das Vertrauen verloren. Ich hörte nach zwei Jahren auf und kehrte ein Jahr später mit Fotografie als Hauptfach zurück. Ich war versessen darauf, zu fotografieren und nicht zu malen, was für mich irgendwie ausgezehrt war. Was Fotografie heute bietet? Über die Jahre habe ich mit der Fotografie verschiedene Sackgassen und Stillstände erreicht, aber jetzt fühle ich mich freier als je zuvor, das zu tun, was ich will. Und ich glaube, dass die Freiheit sich aus Worten ergeben hat: Schreiben hat die Fotografie für mich wieder zu einem gangbaren Weg gemacht.

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Das Gespräch ist ein Auszug aus einem Interview, das in der neuen Publikation von Moyra Davey erscheint, welche anlässlich der Ausstellung Speaker Receiver von der Kunsthalle Basel herausgegeben wird. Vernissage: Mittwoch, 16. Juni 2010, 19 Uhr

MD: Die Fotos zu falten und zu schicken ergab sich aus einer Zusammenarbeit im Jahr 2007 mit John Goodwin bei Goodwater, meiner Galerie in Toronto. Der Prozess hat mir sehr gut gefallen – das Foto als ein Stück Papier zu behandeln, das gefaltet wird, beschrieben und beklebt, im Gegensatz zu dieser Haltung, jeden Abzug mit Samthandschuhen anzufassen, weil er um jeden Preis unverletzt bleiben und in einen Rahmen kommen muss. Deshalb habe ich mich entschieden, damit weiterzumachen als ich in Paris war, und habe zuerst 2008 und 2009 Fotos zu Ausstellungen nach New York und Winnipeg geschickt und jetzt nach Basel. AS: Wie bist du dazu gekommen, Künstlerin und nicht Schriftstellerin zu werden, und vor allem Fotografin? Welche Möglichkeiten, die Welt zu verstehen, bietet die Fotografie im Gegensatz zu anderen Disziplinen im Moment noch? MD: Ich habe mich entschieden Künstlerin zu werden, als ich ungefähr zwölf Jahre alt war. Ich glaube, ich

Moyra Davey wurde 1958 in Kanada geboren und lebt und arbeitet in New York. Sie ist Absolventin der Concordia University von Montreal, Quebec, und der University of California, San Diego. 1989 besuchte sie das renommierte Whitney Independent Study Program in New York. Seither hat Davey an zahlreichen Ausstellungen in Amerika und Kanada teilgenommen, unter anderem 2009 mit einer Einzelausstellung bei Murray Guy, New York («My Necropolis») und 2008 im The Fogg Art Museum, Harvard University, Cambridge («Long Life Cool White»). 2010 sind Daveys Arbeiten neben der Einzelausstellung in der Kunsthalle in einer Gruppenausstellung mit dem Titel «Mixed Use» im Museo Nacional Centro de Arte Reina Sofia in Madrid zu sehen.

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Von Degas zu Picasso Die Kollektion Jean Planque 30.05.2010 – 24.10.2010 Musée Fernet Branca, Saint-Louis/F www.museefernetbranca.org

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Von Degas bis Picasso Das Musée Fernet Branca in Saint-Louis präsentiert die Sammlung Jean Planque

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ie im Musée Fernet Branca gezeigte Sammlung ist das Ergebnis der Leidenschaft, der Neugier und des enthusiastischen und durchdringenden Blicks eines Menschen auf die moderne Malerei: Jean Planque (1910–1998), Kunstliebhaber und Maler, erwirbt für sich und für Freunde in den 1940er-Jahren Gemälde von Meistern des 19. und 20. Jahrhunderts. So entsteht die schöne Geschichte eines solidarischen Bündnisses mit der Malerei. Es ist der Anfang einer langen Suche. Nichts hat Jean Planque für diese Rolle prädestiniert, weder seine Erziehung noch seine Ausbildung. Er verdankt seine Begegnung mit der Kunst nur dem Zufall. Einem Zufall, der ihn dazu brachte, Meisterwerke von Picasso, Klee, Dubuffet und De Staël zu sammeln. So sind die Werke des Sammlers auf subtile Weise miteinander verknüpft. Die von ihnen ausgehende Musik ist eine Symphonie der Farben, der Entwicklungen, des Widerscheins einer Epoche. Der eigene Charakter dieser Sammlung rührt nicht nur daher, dass sie aus Werken von einigen der bedeutendsten Künstler des Jahrhunderts besteht, sondern vor allem daher, dass sie eine besondere innere Kohärenz sämtlicher Werke aufweist. Sie ist das Ergebnis eines enthusiastischen Blicks auf die moderne Malerei, des Blicks eines Menschen, der eine Kunst begreifen will, in deren Zentrum seit einigen Jahrzehnten das Bemühen steht, die Sehgewohnheiten zu verändern und die herkömmlichen Normen aufzubrechen. Jean Planque wurde, nachdem einige Galeristen durch Zufall unter ungewöhnlichen Umständen auf ihn aufmerksam geworden waren,

Femme au chapeau dans un fauteuil, 1939,

der Ratgeber und Mitarbeiter von Beyeler. Er kaufte für ihn in Paris keine Neuentdeckungen ein, sondern Künstler, die bereits im Handel etabliert waren. Aufgrund seiner Neugierde und seines Enthusiasmus konnte er mit den grössten Künstlern seines Jahrhunderts Bekanntschaft schliessen, darunter vor allem Picasso, Giacometti und Dubuffet. Hinter jedem Bild der Sammlung verbirgt sich eine Geschichte, eine Anekdote. Wenn man die Sammlung vollständig durchgeht, ist man verblüfft von einer Art Spannung zwischen dem ersten Rang, der Dubuffet und in einem gewissen Masse Picasso eingeräumt wird, und der Auswahl von Bildern von Bonnard bis zu Nicolas de Staël, die in einiger Hinsicht privater ist. Die Sammlung von Jean Planque besteht aus etwa 130 Gemälden und Grafiken von fünfzig verschiedenen Künstlern – von Cézanne bis Picasso, von Degas bis Bonnard, von Dubuffet bis Kosta Alex – und hat eine besondere innere Kohärenz. Sie spiegelt den doppelten Anspruch dieses Mannes wider, der selbst auch Maler war. Sie bringt seine Achtung vor der konsequenten Komposition zum Ausdruck – Cézanne und seine Schüler, die Kubisten wie Gris, Braque, Léger, Delaunay, die Poeten der Form wie Klee und Bissière – , und kennzeichnet seine tiefe Verbundenheit mit bodenständigen Werten – Rouault, Tapiès, de Staël – oder auch die unwiderstehliche Anziehungskraft, die die erfinderische Freiheit eines Dubuffet auf ihn ausübt, dessen Vertrauter er lange Zeit war, aber auch diejenige seiner Waadtländer Freunde Auberjonois, Soutter oder auch Aloïse.



Fondation Beyeler

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Baselstrasse 101, CH-4125 Riehen Tel +41 61 645 97 00 Fax +41 61 645 97 19 www.fondationbeyeler.ch, fondation@fondationbeyeler.ch Öffnungszeiten. Mo–So 10–18 Uhr, Mi 10–20 Uhr. Während der ArtBasel: 15.–20. Juni | 9–20 Uhr Eintrittspreise. Erwachsene CHF 25.– IV/Gruppen ab 20 Pers. CHF 20.– Studenten bis 30 Jahre CHF 12.– Jugendliche 11–19 Jahre CHF 6.– Familienpass CHF 50.– Jeden Montag von 10 bis 18 Uhr und mittwochs von 17 bis 20 Uhr vergüns­tigte Eintrittspreise. Führungen. Täglich von Dienstag bis Sonntag Überblicksführung. Ein–zweimal pro Quartal sonntags Tour fixe Französisch, Englisch oder Italienisch. Art Club / Freunde. Für Mitglieder des «Art Clubs» und «Freunde» gelten Vorzugsbedingungen. Restaurant Berower Park. Täglich geöffnet 10–18 Uhr, Mittwoch abends geöffnet Tel +41 61 645 97 70 restaurant@fondationbeyeler.ch Artshop. Tel. +41 61 645 97 56 artshop@fondationbeyeler.ch Anreise. Mit Tram Nr. 6 (ab Innenstadt und Badischem Bahnhof ), Tram Nr. 2 (ab Bahnhof SBB) mit Umsteigen bei der Haltestelle «Messeplatz» auf Tram Nr. 6. Mit Bahn ab Basel SBB und Badischem Bahnhof nach Riehen.

Kunstmuseum Basel

St.Alban-Graben 16, CH-4010 Basel Tel +41 61 206 62 62 Fax +41 61 206 62 52 www.kunstmuseumbasel.ch Öffnungszeiten. Di–So 10–18 Uhr, Mo geschlossen Eintrittspreise. Ständige Sammlung CHF 15.– (Eintritt in das Kunstmuseum und das Museum für Gegenwartskunst, ausser Sonderausstellungen) Gabriel Orozco CHF 21.– (inkl. ständige Sammlung) Führungen. Tel. +41 61 206 63 00 Führungen Gabriel Orozco seit 18.04.2010 jeweils So 12 Uhr Sonderveranstaltungen. Tel +41 61 206 62 56 Kupferstichkabinett St.Alban-Graben 16, Basel Tel +41 61 206 62 72 Bibliothek St.Alban-Graben 10, Basel Tel +41 61 206 62 70 Buchhandlung / Shop St.Alban-Graben 16, Basel Tel +41 61 206 62 82 www.shop.kunstmuseumbasel.ch Bistro Kunstmuseum St.Alban-Graben 14, Basel Tel +41 61 2071 55 22 Museum für Gegenwartskunst St.Alban-Rheinweg 60, Basel Tel +41 61 206 62 62 Di–So 11–18 Uhr, Mo geschlossen.

Museum Tinguely

Paul Sacher-Anlage 1, CH-4002 Basel Tel +41 61 681 93 20 Fax +41 61 681 93 21 infos@tinguely.ch, www.tinguely.ch Öffnungszeiten. Di–So 11–19 Uhr, Mo geschlossen Eintrittspreise. Erwachsene CHF 15.– Schüler, Studenten, Lehrlinge, AHV, IV CHF 10.– Gruppen ab 20 Personen CHF 10.– Kinder /Jugendliche bis 16 Jahre in Begleitung eines Erwachsenen gratis Audioguide zur Sammlung D/F/E CHF 3.– Schulklassen. Schulklassen inkl. ­ 2 Begleitpersonen haben nach telefonischer Voranmeldung freien Eintritt: Tel +41 61 681 93 20 Führungen/Kunstvermittlung. Öffentliche Führungen in deutscher Sprache So, 11.30 Uhr. Private Führungen: Tel +41 61 681 93 20. Workshops und Kinderclub: Tel +41 61 688 92 70 Museumsbistro. Das Museums­ bistro «Chez Jeannot» liegt direkt an der Rheinpromenade. Öffnungszeiten: Di–So 10.30–19 Uhr Reservationen: Tel +41 61 688 94 58 Museumsshop. Der Museumsshop bietet Kataloge, Plakate und Geschenkartikel an. Anreise. Vom Bahnhof: Tram Nr. 2 bis Wettsteinplatz; Bus Nr. 31 oder 38 Richtung Habermatten. Vom Badischen Bahnhof: Bus Nr. 36. Autobahn: Ausfahrt Basel Wettstein.

Schaulager

Ruchfeldstrasse 19, CH-4142 Münchenstein Tel +41 61 335 32 23 info@schaulager.org www.schaulager.org Öffnungszeiten. Di, Mi, Fr 12–18 Uhr, Do 12–19 Uhr Sa/So 10–17 Uhr Mo geschlossen Während der Art Basel. Mo, 14. und Di, 15. Juni 10–18 Uhr Mi, 16. Juni 12–18 Uhr Do, 17. bis So, 20. Juni 10–18 Uhr Eintrittspreise. Erwachsene CHF 14.– Dauereintritt CHF 35.– Senioren, Behinderte, Gruppen ab 10 Personen CHF 12.– Dauereintritt CHF 30.– Jugendliche 11–18 Jahre und Auszubildende bis 30 CHF 8.– Dauereintritt CHF 20.– Öffentliche Führungen. Donnerstag 17.30 Uhr Sonntag 11 Uhr Gruppen- und Sonderführungen. ab CHF 300.– (pauschal). Anmeldung erforderlich Anreise. Mit Tram Nr. 11 Richtung Aesch (ab Innenstadt und Bahnhof SBB) bis zur Station Schaulager. Autobahn: N2/N3, ab Abzweigung Delémont/Muttenz/Dreispitz-Freilager ist die Anfahrt ausgeschildert (Schaulager).

Bildnachweis | Titelseite: Jon Kessler, Global Village Idiot, 2009, © 2010, Jon Kessler, Foto: Andrew Ohanesian | Bei einem Teil der Auflage: Jean-Michel Basquiat in seinem Studio an der Great Jones Street, New York, 1985| vor Untitled, 1985, Privatsammlung, Foto: Lizzie Himmel © 2010, ProLitteris, Zürich | S.5 Richard Kriesche, Ein Weltmodell, 1986, Hess Art Collection, Bern, © 2010, ProLitteris, Zürich, Foto: Paul Kirchner, USA | Matthew Barney, DRAWING RESTRAINT 9, 2005, Produktionsaufnahme, © Matthew Barney, Foto: Chris Winget | Jean-Michel Basquiat, Untitled, 1982, Privatsammlung, Courtesy Tony Shafrazi Gallery, New York, © 2010, ProLitteris, Zürich | Joan Miró, Femmes et Oiseaux dans la Nuit, 1947, Privatsammlung, Museum Frieder Burda, Baden-Baden, © Successió Miró / VG Bild-Kunst, Bonn 2010 | Gabriel Orozco, La DS. 1993, Modified Citroën DS, Fonds national d’art contemporain (Cnap), Ministère de la Culture et de la Communication, Paris, Fnac 94003, ©2010 Gabriel Orozco | S.6 François Roche, Une architecture des humeurs, 2010, Collection François Roche, Commande et Production «Le Laboratoire de Paris», © 2010, R&Sie(n) with Stephan Henrich, Courtesy «Le Laboratoire de Paris», Foto: Matthieu Kavyrchine | S.7 Nam June Paik, Andy Warhol Robot, 1994, Kunstmuseum Wolfsburg, © 2010, Kunstmuseum Wolfsburg, Foto: Helge Mundt, Hamburg | S.8 Stelarc, Multiple Hands, Roppongi Studio, Tokyo 1983, © 2010, StelarcFoto: Toshifumi Ike | S.9 Jessica Field, Semiotic Investigation into Cybernetic Behaviour (SICB), 2004, Collection of the Artist, © 2010, Jessica Field, Foto: Musée des Beaux-Arts du Montréal, Christine Guest 11/2007 | S.10 oben: John Bock, Im Schatten der Made, 2010, John Bock, Courtesy Klosterfelde, Berlin; Anton Kern, New York, © 2010, John Bock. All rights reserved, Foto: Jan Windszus, 2010 | S.10 unten Ed Kienholz, The Same Old Shoe, 1984, Galerie Klaus Benden, Köln, © 2010, Nancy Reddin Kienholz, Foto: Hannes Norberg, | S.11 Tom Sachs, EMU Display, 2010, Courtesy of the Artist, © 2010, Tom Sachs, Foto: Alex Chohlas-Wood | S.13 Keren Cytter, Untitled, 2009, Courtesy Schau Ort, Zürich, Galerie Christian Nagel, Köln; Pilar Corrias Gallery, London | S.14 links: Matthew Barney, DRAWING RESTRAINT 15, 2007, Produktionsaufnahme, © Matthew Barney, Foto: Neville Wakefield | S.14 rechts: Matthew Barney, DRAWING RESTRAINT 9, 2005, Produktionsaufnahme, © Matthew Barney, Foto: Chris Winget | S.15 links: Matthew Barney, DRAWING RESTRAINT 7, 1993, Produktionsaufnahme, © Matthew Barney, Foto: Michael James O’Brien | S.15 rechts Hans Baldung, gen. Grien, Der Tod und die Frau, 16. Jh., Kunstmuseum Basel, Foto: Kunstmuseum Basel, Martin P. Bühler, | S.16 v. oben n. unten: Ausseninstallation «Die Essenz der Dinge», Vitra Design Museum 2010 in Weil am Rhein © Vitra Design Museum 2010, Photo: Thomas Dix | Das Corning Museum of Glass zu Besuch im Vitra Design Museum © The Corning Museum of Glass | S.18/19 Jean-Michel Basquiat, Boy and Dog in a Johnnypump, 1982 Courtesy, The Brant Foundation, Vereinigte Staaten, © 2010, ProLitteris, Zürich, | S.20 Jean-Michel Basquiat, Philistines, 1982,Sammlung von Irma und Norman Braman, © 2010, ProLitteris, Zürich | S.21 Jean-Michel Basquiat, Untitled, 1982, Privatsammlungen / New York, Courtesy of Meridian Gallery, © 2010, ProLitteris, Zürich | S.22 v.oben n. unten:Andy Warhol, «Keith Haring and Jean-Michel Basquiat», 1984, Courtesy Galerie Bruno Bischofberger, Zürich, © 2010 The Andy Warhol Foundation for the Visual, Arts. Inc., New York/ProLitteris, Zürich | Andy Warhol, «Bryan Ferry, Francesco Clemente, Julian Schnabel, Jacqueline Schnabel, Alba Clemente, Jean-Michel Basquiat, John Lurie und andere» 1985, Courtesy Galerie Bruno Bischofberger, Zürich © 2010 The Andy Warhol Foundation for the Visual, Arts. Inc., New York/ProLitteris, Zürich | Andy Warhol, Jean-Michel Basquiat, Bruno Bischofberger und Francesco Clemente, New York, 1984, Courtesy: Galerie Bruno Bischofberger, Zürich, Foto: © Beth Philipps | S.23 «Ohne Titel» (Golden), 1995, Perlenschnüre und Hängevorrichtung, Installationsansicht von «Felix Gonzalez-Torres: 2 Installationen» in der Neuen Gesellschaft für Bildende Kunst, Berlin, 1996, Foto: Thorsten Monschein, ©The Felix Gonzalez-Torres Foundation, Courtesy of Andrea Rosen Gallery, New York, | S.26 Joan Miró, Silence, 1968, Centre Pompidou, Paris, Museum Frieder Burda, Baden-Baden, © Successió Miró / VG Bild-Kunst, Bonn 2010, Foto: bpk / CNAC-MNAM / Jean-François Tomasian | S.27 oben: Joan Miró: Femme, 1981/83, Museum Frieder Burda, Baden-Baden, © Successió Miró / VG Bild-Kunst, Bonn 2010, | S.27 unten: Joan Miró in seiner Werkstatt im Landhaus «Son Boter», 1968/1969, Foto: Planas Montanyà, © Successió Miró / VG Bild-Kunst, Bonn 2010 | S.29 Nicola Hicks, Recovered Memory, Bronze 1997, Skulpturenpark Kloster Schönthal © Kloster Schönthal, Photo: Heiner Grieder | S.30 Gabriel Orozco, My Hands Are My Heart. 1991, Courtesy of Marian Goodman Gallery, New York, © 2010 Gabriel Orozco | S.31 Gabriel Orozco, Working Tables, 1991-2006, Kunstmuseum Basel, ©2010 Gabriel Orozco | S.32 Geschenk Dieter Koepplin, Basel 2001, Photo: Kunstmuseum Basel, Martin P. Bühler, Rosemarie Trockel,Ohne Titel, 1983. Kunstmuseum Basel, Kupferstichkabinett, Geschenk Jakob und Theresa Tschopp-Janssen, Basel 1991, Photo: Kunstmuseum Basel, Martin P. Bühler | S.33 Rosemarie Trockel, Ohne Titel, 2000, Kunstmuseum Basel, Kupferstichkabinett | S.34 Rodney Graham, Rheinmetall / Victoria-8, 2003, 35-mm Film, Courtesy Privatsammlung, Schweiz,| S.35 Rodney Graham, The Gifted Amateur, Nov. 10th, 1962, 2007, Privatsammlung, Courtesy of Hauser & Wirth, Zürich, London | S.36 Moyra Davey, 2010. Courtesy die Künstlerin & Murray Guy, New York | S.38 Foto Schaulager: Roger Frei, Zürich. | S.40 Pablo Picasso, Femme au chapeau dans un fauteuil, 1939, © 2001, ProLitteris, Zürich | S.42 v. oben n. unten: Andy Warhol, Silver Liz, 1963, © Sammlung Froehlich, Stuttgart | Gustav Klimt, Judith II, 1909, Fondazione Musei Civici di Venezia, Galleria Internazionale d'Arte Moderna di Ca' Pesaro | Arcangelo Sassolino, untitled, 2008, Galerie Nicola von Senger Zürich, © 2010, Arcangelo Sassolino |


Kunsthalle Basel

Steinenberg 7 CH-4051 Basel Tel. +41 61 206 99 00 info@kunsthallebasel.ch www.kunsthallebasel.ch Öffnungszeiten. Di/Mi/Fr 11–18 Uhr Do 11–20.30 Uhr Sa/So 11–17 Uhr Eintrittspreis. CHF. 10.–/6.– inkl. SAM Schweizerisches Architekturmuseum Führungen. Jeden Sonntag 12 Uhr und jeden zweiten Donnerstag 18.30 Uhr

Espace d'Art Contemporain, Fernet Branca, Saint-Louis/F

2, rue du Ballon F-68300 Saint-Louis Tel. +33 38 969 10 77 musee-fernet-branca@wanadoo.fr www.museefernetbranca.org Öffnungszeiten. Mi–So 14–19 Uhr. Mo–Di geschlossen. Eintrittspreis. Euro 6.–/5.–, Kinder unter 12 Jahren gratis Führungen. Französisch und Deutsch auf Anfrage

Kunsthaus Baselland

St. Jakobs-Strasse 170 CH-4132 Muttenz/Basel beim Fussballstadion St. Jakob. Tel. +41 61 312 83 88 Fax +41 61 312 83 89 office@kunsthausbaselland.ch www.kunsthausbaselland.ch Öffnungszeiten. Di/Do–So 11–17 Uhr | Mi 14–20 Uhr Mo geschlossen Eintrittspreis. CHF. 7.–/5.– Führungen. Auf Anfrage Anreise. Mit Tram Nr. 14 bis Haltestelle Schänzli. Mit Bus Nr. 36 bis St. Jakob.

Vitra Design Museum, Weil am Rhein/D

Charles-Eames-Str. 1, D-79576 Weil am Rhein Tel +49 76 21 702 32 00 info@design-museum.de www.design-museum.de Öffnungszeiten. täglich 10–18 Uhr, während der Art Basel: 14–16 Juni | 10–18 Uhr 17–20 Juni | 09–21 Uhr. Corning Museum of Glass: 14–15 Juni | 12, 14 und 16 Uhr 16–20 Juni | 14, 16 und 18 Uhr Eintrittspreis. Euro 8.–/6.50 Führungen. Führungen durch die Ausstellung: Sa/So um 11 Uhr. Architekturführungen täglich 11, 13 und 15 Uhr Ein Blick in die Sammlung des Vitra Design Museums: So 12 Uhr

Kloster Schönthal, Langenbruck/CH

CH-4438 Langenbruck Tel +41 61 706 76 76 mail@schoenthal.ch www.schoenthal.ch Öffnungszeiten. Fr 14–17 Uhr, Sa/So 11–18 Uhr Eintrittspreise. Erwachsene CHF 10.– Studenten/Künstler CHF 8.– Familien CHF 20.– Gruppen ab 6 CHF 8.– Die private Stiftung unterhält das Baudenkmal und die Landschaft ohne Subventionen.

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Museum Frieder Burda, Baden-Baden/D

Lichtentaler Allee 8b D-76530 Baden-Baden Tel +49 07221/39898-0 office@museum-frieder-burda.de www.museum-frieder-burda.de Öffnungszeiten. Di bis So 10–18 Uhr, Montag geschlossen. Eintrittspreis. Euro 9.– Führungen. Mi 16 Uhr | Sa 11.30 und 15 Uhr | So 11.30, und 15 Uhr

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Das nächste Artinside erscheint am 22. September 2010 mit diesen Themen

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Kunstmuseum Basel, 05.09.2010 – 23.01.2011 Andy Warhol. The Early Sixties. Paintings and Drawings 1961–1964

Nach einer erfolgreichen Karriere als Werbegrafiker entschloss sich Andy Warhol in den frühen 1960er Jahren zur freien künstlerischen Tätigkeit. Sein Fokus blieb dabei die Welt des Konsums und der Massenindustrie. Die Ausstellung beleuchtet die entscheidenden Anfangsjahre des Malers und Zeichners Andy Warhol von 1961–1964. In diesen Jahren ersetzte Warhol schrittweise eine individuelle Bildsprache durch bereits mediatisiertes, und damit kollektives Bildmaterial sowie mechanische Bildverfahren. Diese malerische Erneuerung erweiterte grundlegend das Feld künstlerischer Ausdrucksmöglichkeiten und wirkt bis heute nach. Es werden rund 70 Gemälde und Zeichnungen zu sehen sein, darunter bedeutende Werke aus dem Besitz des Kunstmuseums Basel und des Kupferstichkabinetts.

Fondation Beyeler, 26.09.2010 – 16.01.2011 Wien 1900, Klimt, Schiele und ihre Zeit

Wien um 1900 gehört mit der Wiener Secession und der Wiener Werkstätte zu den Geburtsstädten der Moderne. Im Zentrum der grossen Themenausstellung zur Wiener Moderne (1890-1910) stehen berühmte ornamentale Werke von Gustav Klimt, erotische Körperdarstellungen von Egon Schiele und dem jungen Oskar Kokoschka sowie Arbeiten anderer Künstler, Architekten, Möbeldesigner und Kunstgewerbler der Wiener Secession und der Wiener Werkstätte. Die enge Zusammenarbeit dieser Künstler umfasste einen neuen Kunstbegriff des Gesamtkunstwerks, der sich später im Bauhaus und in der DeStijl-Bewegung weiterentwickelte.

Museum Tinguely, 15.10.2010 – 23.01.2011 Under Destruction.

Under Destruction ist eine Gruppenausstellung, die mit Arbeiten von rund 20 internationalen Künstlerinnen und Künstlern der Frage nach der Verwendung und der Rolle von Zerstörung in der zeitgenössischen Kunst nachgehen will. Mit dem bewussten Timing auf den 50. Jahrestag von Jean Tinguelys historischer Homage to New York (1960) zeigt die Ausstellung in respektvoller Annäherung eine Anzahl von Alternativen zum spektakulären, protestorientierten Einsatz von Zerstörung in den 1950er- und 1960erJahren, wie dies in den Arbeiten von Tinguely, Gustav Metzger und anderen zu sehen war.

Andy Warhol, Silver Liz, 1963 Gustav Klimt, Judith II, 1909 Arcangelo Sassolino, untitled, 2008

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Impressum. Artinside – Das Museumsmagazin der Region Basel in Zusammenarbeit mit Fondation Beyeler, Kunstmuseum Basel und Museum Tinguely | Herausgeber: Matthias Geering | Gestaltung/Produktion: Lauftext Basel, Grafikatelier Sibylle Meier | Bildbearbeitung/Druck: Vogt-Schild Druck, Derendingen | Schriften: Auto 3 und Dolly Book | Auflage 170 000 Exemplare | Ausgabe Sommer 2010 | Erscheint drei Mal jährlich | Die nächste Ausgabe erscheint am 2­­ 2. September 2010 | Ein Teil der Auflage ist der Basler Zeitung vom 9. Juni 2010 beigelegt | Kontakt: Artinside, Lauftext Meier Geering, Oberwilerstrasse 69, CH-4054 Basel, artinside@baz.ch | Jahresabo Schweiz: CHF 15.–, Jahresabo EU: Euro 15.- ISSN 1660-7287




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