Artinside – Fall 2023

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Artinside Das Museumsmagazin | Ausgabe Herbst 2023

Fondation Beyeler

Niko Pirosmani



20

Arti Jahre nsid e

Sibylle Meier

über 90% sind mit Artinside sehr zufrieden

2229

Leserinnen und Leser haben die Umfrage beantwortet

84%

behalten das Magazin über einen längeren Zeitraum auf

Liebe Kunstfreundinnen und Kunstfreunde Artinside feiert in diesem Jahr sein zwanzigjähriges Bestehen. Dieses Jubiläum haben wir zum Anlass genommen, eine Umfrage zur Nutzung unseres Magazins zu machen. Das Echo auf den detaillierten Fragebogen war beeindruckend! Gut 2200 Rückmeldungen haben wir erhalten, eine überwältigende Zahl hat sich sehr wohlwollend zu unserem Angebot geäussert. Für diese Treue und Wertschätzung möchten wir uns herzlich bei Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, bedanken. Ihre Zustimmung ist uns Ansporn, weiterhin das Interesse an den kommenden Ausstellungen in der Region Basel mit fundierter Hintergrundinformation zu wecken. Ein Feedback, das uns erreicht hat, war der Wunsch einiger Eltern und Grosseltern, mehr über die Angebote für Kinder zu erfahren. Diese Anregung haben wir gerne aufgenommen. Gemeinsam mit unseren Partnermuseen haben wir auf den Seiten 36 und 37 ein vielfältiges Angebot für die jüngeren Museumsgäste zusammengestellt. Das Kunstmuseum Basel etwa macht an ausgewählten Sonntagen Platz für junge Interessierte, auf dem Erzählteppich in der Fondation Beyeler erfahren Kinder packende (Kunst-)Geschichten oder sie lassen sich vom Zufall durch das Museum Tinguely treiben. Wir wünschen Ihnen nun viel Spass bei der Lektüre von Artinside und hoffen, dass wir mit diesem Heft Gross und Klein auf einen anregenden Kunstherbst mit vielen spannenden Entdeckungen einstimmen können. Mit herzlichem Gruss

Sibylle Meier, Chefredaktion und Produktion, Artinside

Fondation Beyeler: Niko Pirosmani, Giraffe

Kunstmuseum Basel: André Derain, La femme en chemise, 1906 Pirosmanis vermenschlichende Art der Tierdarstellung erinnert an die Gemälde seines französischen Zeitgenossen Henri Rousseau. Wie dieser ist Pirosmani vielen der aussereuropäischen Tiere aus seinen Bildern kaum in der Realität begegnet. Die Giraffe kannte er wohl aus Bildern oder Schilderungen.

La femme en chemise von André Derain ist Fauvismus auf dem Höhepunkt. 1906, kurz bevor André Derain Pablo Picasso kennenlernte und neue künstlerische Wege ging, kündigt sich in diesem Bild schon etwas Neues an. Die Farben sind nicht mehr leuchtend und grell, wie von den Fauves bevorzugt, sondern pastellig, statt einem spontanen malerischen Ausdruck werden Form und Komposition wieder wichtig. 1908 ist die Bewegung, die 1904 ihren Anfang nahm, schon wieder vorbei.

Artinside | 3 | Herbst 2023

Museum Tinguely: Delphine Reist, Cartouches, 2020 In den Werken der Genfer Künstlerin sind es die Dinge selbst, die ein Eigenleben entwickeln und uns ihre Diagnosen zu Bewegung und Rhythmus von Produktion liefern oder von Effizienz und Erschöpfung sprechen: spontan lärmende Bohrmaschinen, leckende Drucker oder per Geisterhand gesteuerte Rollos.


Inhalt

Jasper Johns, 2023

10

16

Delphine Reist, Huiles (Detail), 2022

14 Iwan Baan, Baku, Aserbaidschan, 2021

06 Matisse, Derain und ihre Freunde Kunstmuseum Basel

Die Sonderausstellung widmet sich der ersten Avantgarde-Bewegung des 20. Jahrhunderts: den Fauves.

10 Jasper Johns – Der Künstler als Sammler

Das Kunstmuseum Basel zeigt exklusiv eine Auswahl von Zeichnungen aus der Sammlung des US-amerikanischen Künstlers Jasper Johns.

14 Iwan Baan Momente der Architektur Vitra Design Museum

Die erste grosse Retrospektive des niederländischen Fotografen widmet sich seinen Fotografien über das Wachstum von globalen Megastädten. Baans lebendiger Realismus stellt dabei den Menschen und seine Beziehung zur gebauten Umwelt in den Mittelpunkt.

12 Carrie Mae Weems

16 Delphine Reist ÖL [oil, olio, huile] Museum Tinguely

Die Ausstellung zeigt Arbeiten, die sich auf Öl als Energieträger, Malmittel, Schmierstoff oder auf dessen materielle, fluide Eigenschaften beziehen.

18 Temitayo Ogunbiyi

Die in Nigeria lebende Künstlerin erkundet das Potenzial spielerischer Interaktion, um Themen wie Migration, materielle und soziale Kulturen zu erforschen.

20 Roger Ballen. Call of the Void

Die US-amerikanische Künstlerin Carrie Mae Weems lädt zur Erkundung blinder Flecken der (Zeit-)Geschichte ein.

21 The Last Reality Show. Boris Nikitin Artinside | 4 | Herbst 2023


32 Kulturstiftung Basel H. Geiger, Ingo Niermann x Alex Jordan, Detail Welcome to my World, 2023

34

22

Ausstellungsansicht OUT OF THE BOX, Schaulager, 2023

24 Niko Pirosmani, Reh vor einer Landschaft, 1913

Ulrich Rückriem im Kloster Schönthal

35 Markus Raetz, Form im Raum, 1991

24 Niko Pirosmani Fondation Beyeler

Mit dem georgischen Maler Niko Pirosmani (1862–1918) präsentiert die Fondation Beyeler einen rätselhaften Einzelgänger und zugleich einflussreichen Vorboten der modernen Kunst. Wie kaum ein anderer hat er es vermocht, in seiner Kunst Tradition, Volkskultur, Spiritualität und moderne Bildgestaltung zu verbinden.

22 OUT OF THE BOX Schaulager Basel

Das Schaulager feiert sein 20-jähriges Bestehen mit der umfangreichen Gruppenausstellung OUT OF THE BOX.

32 Experimental Ecology Kulturstiftung Basel H. Geiger Das Projekt Experimental Ecology bietet eine zeitgenössische Plattform für die transdisziplinäre Zusammenarbeit von fünf Künstler:innen und fünf Wissenschaftler:innen im Bereich der Ökologie.

Artinside | 5 | Herbst 2023

34 Ulrich Rückriem Kloster Schönthal 35 Zu Gast in Artinside: Markus Raetz Kunstmuseum Bern 36 Angebote für Kinder und Familien 38 Weitere Ausstellungen


Henri Matisse, Intérieur à Collioure, 1905

Kunstmuseum Basel | Neubau

Matisse, Derain und ihre Freunde 02.09.2023 – 21.01.2024

Artinside | 6 | Herbst 2023


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ie grosse Sonderausstellung Matisse, Derain und ihre Freunde im Kunstmuseum Basel | Neubau widmet sich der ersten Avantgarde-Bewegung des 20. Jahrhunderts: den Fauves. Anhand von rund 160 hochkarätigen Werken, von denen etliche noch nie in der Schweiz zu sehen waren, richtet sie den Fokus auf die Farbexperimente von Henri Matisse, André Derain, Georges Braque, Maurice de Vlaminck und anderen in den Jahren 1904 bis 1908. Der Fauvismus prägte die Malereidiskurse der Moderne und darüber hinaus. Der Begriff Fauves (Raubkatzen, wilde Tiere) stammt aus einer Ausstellungsrezension des Salon d'Automne 1905 des Kunstkritikers Louis Vauxcelles. Er bezog sich auf den expressiven Farbauftrag und die ungewöhnlichen Farbkombinationen, die auf revolutionäre Weise gegen die damaligen Konventionen der Malerei verstiessen.

Für das zeitgenössische Publikum wirkten die Bilder grell und schockierend. Die lose Künstlergruppierung um Matisse und Derain machte sich die despektierliche Bezeichnung umgehend zu eigen und schlug aus dem Skandaleffekt Kapital. Die Ausstellung Matisse, Derain und ihre Freunde zeigt auf, wie die Etablierung der Fauves in der sich damals stark wandelnden Kunstwelt vonstattenging. Die Maler verfügten über keine klare ästhetische Agenda in Form von Programmschriften oder Manifesten, und sie stammten aus heterogenen sozialen und künstlerischen Milieus. Ihr gemeinsames Interesse war die Malerei der Post- und Neo-Impressionisten, von Georges Seurat, Vincent van Gogh, Paul Cezanne und Paul Gauguin.

Katalog

Zur Ausstellung erscheint eine umfangreiche illustrierte Publikation mit Beiträgen von Elena Degen, Arthur Fink, Claudine Grammont, Josef Helfenstein, Gabrielle Houbre, Béatrice Joyeux-Prunel, Peter Kropmanns, Maureen Murphy und Pascal Rousseau.

Begleitprogramm Belle Époque Drei Kammermusikabende im Rahmen von Matisse, Derain und ihre Freunde Belle Époque 1: «Chausson & Debussy» Yulia Kopylova (Solovioline), Musiker:innen des Sinfonieorchesters Basel Fr, 27.10.2023, Kunstmuseum Basel | Neubau

Henri Matisse, Intérieur avec une jeune fille, 1905–1906 Entgegen ihrem Ruf als «junge Wilde» haben die Maler viele Familienszenen und Stillleben geschaffen. Unter den Bildern finden sich einige Porträts von Kindern und Jugendlichen. An ihren Gesichtern lassen sich die revolutionären Farbgebungen exemplarisch ablesen. Die Fauves hatten ein grosses Interesse an den Erfahrungsräumen von Kindern, an deren Zeichnungen und ihrem unkonventionellen, offenen Erleben der Welt.

Belle Époque 2: «Harfe & Cello» Aurélie Noll (Harfe), Yolena Orea Sánchez (Violoncello) Werke von Gabriel Fauré, Camille Saint-Saëns, Manuel de Falla u.a. Fr, 24.11.2023, Kunstmuseum Basel | Neubau Belle Époque 3: «La dernière valse» Christina Landshamer (Sopran), Musiker:innen des Sinfonieorchesters Basel Werke von Eric Satie, Reynaldo Hahn, George Gershwin u.a. Fr, 8.12.2023, Kunstmuseum Basel | Neubau Jeweils 19 h, CHF 65/25 Tickets: shop.kunstmuseumbasel.ch

Artinside | 7 | Herbst 2023


Kunstmuseum Basel Matisse, Derain und ihre Freunde

Émilie Charmy, Berthe Weill, 1910–1914 Der viril konnotierte Begriff der Fauves suggeriert den Ausschluss von Künstlerinnen. Die Ausstellung Matisse, Derain und ihre Freunde macht aber jene Frauen sichtbar, die im Fauvismus eine wichtige, jedoch selten thematisierte Rolle spielten. Dazu gehören Amélie Parayre-Matisse, die durch ihre Textil-Designs die ökonomische Grundlage für die Kunst ihres Ehemannes schuf, sowie die Kunsthändlerin Berthe Weill, welche die Fauves in ihren Anfängen substanziell unterstützte und kurz nach dem Salonskandal im Oktober 1905 eine wichtige Ausstellung organisierte. Weill war zudem eine der wenigen, die auch Künstlerinnen förderte und schon früh Werke von Émilie Charmy und Marie Laurencin ausstellte, die ebenfalls beide mit der Kunst des Fauvismus assoziiert werden können.

Kees van Dongen, Modjesko, sopraniste, 1908 Viele Bilder der Fauves entstanden im Montmartre, das sowohl ein Künstler:innen-Viertel als auch das Zentrum des Pariser Nachtlebens und der Prostitution war. Charles Camoin, André Derain und Kees van Dongen hatten ihre Ateliers in der Nähe der berühmten Konzertsäle, Variétés und Tanzlokale. Die Fauves haben zahlreiche Porträts von Sexarbeiter:innen, Sänger:innen und Tänzer:innen gemalt. Die Werke zeugen von asymmetrischen Machtbeziehungen und sind von einer sexualisierten Perspektive auf den weiblichen Körper geprägt. Van Dongen porträtierte beispielsweise Claude Modjesko: Die Dragperformerin feierte Anfang des 20. Jahrhunderts grosse Erfolge in Paris, war aber des Öfteren rassistischen und heteronormativen Vorurteilen des Publikums ausgesetzt.

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André Derain, Le port de Collioure, 1905 1900 freundeten sich André Derain und Maurice de Vlaminck an und mieteten bald darauf ein gemeinsames Atelier im Pariser Vorort Chatou, wo beide aufgewachsen waren. Gemeinsam unternahmen sie ausgedehnte Exkursionen ins Umland: Die Künstler erprobten an den Ufern der Seine neue Möglichkeiten der Farbgebung. Im Winter 1904 besuchte Henri Matisse die beiden in Chatou und stellte fest, dass sie ähnliche bildnerische Strategien wie er verfolgten. Im darauffolgenden Sommer reiste die Familie Matisse in das abgelegene südfranzösische Fischerdorf Collioure nahe der spanischen Grenze. Derain schloss sich an und arbeitete mit Matisse Seite an Seite. Hier entwickelten sie eine neue Bildsprache, die um die Darstellung des mediterranen Lichts kreiste und Schatten verneinte. Die dort entstandenen Landschaftsbilder waren wegweisend für die weitere Entwicklung des Fauvismus und führten zum Salonskandal von 1905, der den Fauves ihren Namen gab.

Artinside | 8 | Herbst 2023


Kunstmuseum Basel Matisse, Derain und ihre Freunde

Georges Braque, Le Golfe des Lecques, 1907 Nach dem Salonskandal suchten Kunstschaffende aus Le Havre die Nähe zu den Fauves, namentlich Georges Braque, Raoul Dufy und Othon Friesz. Die jungen Maler unternahmen – oft zu zweit – Exkursionen und nutzten dafür das in der Belle Époque sich ausweitende Eisenbahnnetz. Sie suchten Orte auf, die bereits von den Impressionisten gemalt wurden, sei es im Pariser Umland, in der Normandie oder im Süden Frankreichs. So reisten Derain, Braque und Friesz wiederholt nach L’Estaque, einem Dorf in der Nähe von Marseille, das eng mit Paul Cezanne verbunden ist. Die dabei entstandenen Gemälde zeugen vom engen Austausch unter den Kunstschaffenden.

André Derain, La Danse, 1906 Die Gemälde der Fauves sind durchzogen von kulturellen Appropriationen. Sie zeugen von einem Eskapismus, der mittels einnehmender Farben Assoziationen von fernen Orten hervorruft, sowohl zeitlich als auch geografisch. Wichtige künstlerische Vorbilder der Fauves waren Henri Rousseau und Paul Gauguin. Die exotistischen Bezüge sind Teil der kolonialen Ideologie und Infrastruktur Frankreichs zur Zeit der Jahrhundertwende – die Fauves gelten als die ersten Maler, die afrikanische Masken kauften. Artinside | 9 | Herbst 2023


Kunstmuseum Basel | Neubau

Jasper Johns – Der Künstler als Sammler 30.09.2023 – 04.02.2024

J

asper Johns (*1930) gehört zu den bedeutendsten US-amerikanischen Künstlern des 20. Jahrhunderts. In den 1950er-Jahren revolutionierte er die Malerei mit seinen Bildern der amerikanischen Flagge und von Zielscheiben. Seine Werke wurden zum Vorläufer der Pop-Art. Weit weniger bekannt ist Johns’ Tätigkeit als Sammler, vor allem von Zeichnungen. Das Kunstmuseum Basel gewährt nun erstmals und exklusiv einen tiefen Einblick in diese einzigartige Künstlersammlung. Die Sammlung von Jasper Johns veranschaulicht seine Leidenschaft für das Medium der Zeichnung in all seinen Facetten. Mit der Neugier des Künstlers und dem Gespür eines Connaisseurs hat Johns über Jahrzehnte herausragende und besondere Zeichnungen erworben. In seiner Sammlung findet das anonyme Selbstporträt eines Jungen, entstanden Mitte des 20. Jahrhunderts in den USA, einen überraschenden Nachbarn in einem Selbstbildnis von Paul Cezanne, einem der einflussreichsten französischen Künstler des späten 19. Jahrhunderts. Handstudien von Käthe Kollwitz finden ein Echo über mehrere Epochen in Zeichnungen von Johann Heinrich Füssli und Bartolomeo Passarotti und in einem Handabdruck von Marcel Duchamp.

«Ich würde nicht von Sammeln sprechen, aber selbstverständlich besitze ich Werke von anderen Künstlern». Jasper Johns1

Die Sammlung ist Ausdruck von Jasper Johns’ Blick auf die Kunstgeschichte und seines ganz eigenen Gespürs für künstlerische Verwandtschaften über die Jahrhunderte hinweg. Schwerpunkte bilden dabei französische Zeichnungen des ausgehenden 19. und frühen 20. Jahrhunderts sowie US-amerikanische Positionen der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Paul Cezanne, Pablo Picasso und Willem de Kooning stehen stellvertretend für Künstler, von denen Johns besonders umfangreiche Konvolute zusammentragen konnte. 1Jasper Johns in Johns/Shiff 2006, S. 279.

Paul Cezanne, Baigneur descendant dans l'eau, 1885 Artinside | 10 | Herbst 2023


Zugleich ist Johns’ Sammlung das Porträt des sozialen Gefüges eines langen Künstlerlebens: Der grösste Teil der Werke kam durch Geschenke und den Tausch mit befreundeten Künstler:innen in seinen Besitz. Dies sind vorab Robert Rauschenberg, John Cage und Merce Cunningham, aber auch Künstler:innen einer älteren Generation wie Louise Nevelson, Barnett Newman und Franz Kline. Hinter vielen Werken stecken Geschichten von persönlichen Begegnungen, Allianzen, Wertschätzung und familiären Momenten wie Geburtstage oder Weihnachten. Das bezeugen die auf zahlreichen Blättern vorhandenen Widmungen. Der menschliche Körper im Fokus Die Ausstellung im Kunstmuseum Basel | Neubau zeigt eine fokussierte Auswahl von 103 Zeichnungen von 47 Künstler:innen aus der Sammlung von Jasper Johns. Als Ausgangspunkt dient das Thema des menschlichen Körpers, dem sich ein Grossteil der Werke widmet, mit einem besonderen Schwerpunkt auf Porträts. Bei vielen Leihgaben liegt die Aufmerksamkeit zudem auf dem künstlerischen Arbeitsprozess. Insgesamt versammelt die Ausstellung eine grosse Vielfalt an zeichnerischen Ausdrucksmöglichkeiten vom 16. bis 21. Jahrhundert. Dazu gehören Collagen, Skizzen, beiläufig wirkende Kritzeleien, ausgereifte Studien und malerische Kompositionen, aber auch Musiknotationen.

«Im Vergleich mit Gemälden sind die besten Zeichnungen tendenziell prägnanter, nüchterner, schematischer, nackter, näher am Gedanken, näher an der treibenden Kraft, aus der sie hervorgehen.» Jasper Johns2

Dass diese Ausstellung in Basel stattfindet, ist der langen und engen Beziehung des Künstlers zum Kunstmuseum Basel zu verdanken. Seit 1968 haben Kuratoren wie Carlo Huber, die Direktoren Franz Meyer und Christian Geelhaar sowie Dieter Koepplin als Leiter des Kupferstichkabinetts intensiv mit Johns zusammengearbeitet und eine eindrückliche Sammlung seines Werkes aufgebaut. Auch den heutigen Direktor Josef Helfenstein verbindet seit seiner Tätigkeit in den USA eine langjährige Freundschaft mit dem Künstler. ◀

2 Jasper Johns in Hindry 1989, hier zit. nach Varnedoe 1996, S. 234

Eric Fischl, Untitled (Bather with Sunglasses), 1984 Artinside | 11 | Herbst 2023


Kunstmuseum Basel | Gegenwart

Carrie Mae Weems The Evidence of Things Not Seen 26.10.2023 – 17.03.2024

Carrie Mae Weems, The Louvre, The Museums Series, 2006 Artinside | 12 | Herbst 2023


F

otografieren heisst, Wahrnehmung zu rahmen. Im Betrachten von fotografischen Bildern stellt sich zudem die Frage, wessen Blick repräsentiert wird. Carrie Mae Weems (*1953), eine der einflussreichsten US-amerikanischen Künstlerinnen, verhandelt Fragen in Bezug auf diese Blickbeziehung vor dem kulturellen und sozialen Hintergrund ihres Herkunftslandes und dessen Geschichte. Seit der Kitchen Table Series, die Weems in den 1990erJahren zu grosser Bekanntheit verhalf, ist die Künstlerin oft selbst Modell ihrer Fotografien. Häuslich anmutende Szenen an einem von einer Hängelampe beleuchteten Holztisch zeigen sie, wie sie abwechselnd als Mutter, Tochter und Liebhaberin mit anderen Personen interagiert. Weems’ Bilder dürfen aber nicht nur als Ausdruck feministischer Kritik an traditionellen weiblichen Rollenbildern verstanden werden. Sie zeigen auch eine Lücke auf, die die Künstlerin stets beschäftigt: BIPoC– Black, Indigenous, and other People of Color– werden historisch betrachtet in für gewöhnlich negativ aufgeladenen Kontexten bildwürdig. Dies führt dazu, dass sich nicht weisse Menschen mit den Kunstwerken nicht gleichermassen identifizieren können, weil sie sich selbst und ihre Erfahrungen nicht darin erkennen. In Museen in und ausserhalb den USA sind Schwarze Künstler:innen ausserdem unterrepräsentiert. So drängt sich in Weems’ Werken auch immer wieder die Frage nach der Rolle des Museums als öffentliche Institution auf: Welche Öffentlichkeit wird im Ausstellungsraum angesprochen?

tigte Weems sich für The Louisiana Project (2003), einer Serie, bestehend aus Foto- und Videoarbeiten. In der dazu gehörigen Serie Missing Link trägt sie Anzüge und Tiermasken, die im 19. Jahrhundert an der Mardi-Gras-Parade in Louisiana als animalistische Karikaturen der Schwarzen lokalen Bevölkerung die Überlegenheit der weissen Elite manifestieren sollten. Weems' eigene Identität und Hautfarbe bleiben dabei verborgen, die weissen Handschuhe maskieren auch das letzte Stück ihres Körpers. Im Kampf gegen Diskriminierung spielen kulturelle Teilhabe und Bildung eine zentrale Rolle. Weems vermittelt dies in Land of Broken Dreams: A Case Study (2021): Ein Wohnzimmer voller Devotionalien erinnert an den militanten Arm des Civil Rights Movement in den 1960er-Jahren. Damals bot ein Community-Projekt Kindern im segregierten Chicago neben kostenlosen Mahlzeiten auch kulturelle und akademische Alternativen zu den einseitigen Curricula. Gehen die Ausstellungsbesucher:innen der Einladung nach, auf den Möbeln Platz zu nehmen, denken sie dabei vielleicht auch über den Raum des Kunstmuseums nach, das als öffentliche Institution vom Kanton einen Bildungsauftrag hat. ◀ Aïcha Revellat ist Kunsthistorikerin und Doktorandin bei eikones – Zentrum für die Theorie und Geschichte des Bildes in Basel.

In der Serie Museums (2006 bis heute) besucht Weems Orte, an denen Kunst präsentiert wird, die das grösste Publikum erreicht: das Philadelphia Museum of Art, die Tate Modern in London, der Louvre in Paris. Sie bleibt jeweils vor dem Gebäude stehen, sodass die emblematischen Architekturen der Museumsgebäude auf den grossformatigen Schwarz-Weiss-Fotografien wie monumentale Bühnenbilder wirken, die eher bedrohlich als einladend wirken. Die dramatisch in Schwarz gehüllte Silhouette, von der wir nur die Rückenansicht sehen, steht wie ein Fremdkörper in der Landschaft und erinnert daran, dass die meinungsmachenden Institutionen nicht alle Körper gleichermassen aufnehmen. Ein weiterer Strang, der sich durch Weems’ Schaffen zieht, ist die Auseinandersetzung mit historischen Fotografien. Für The Hampton Project rekontextualisierte Weems Aufnahmen der Fotografin Frances B. Johnston, die im Hampton Institute entstanden sind, der ersten Schule für die Schwarze und indigene Bevölkerung in den USA. Zeigen die Originalaufnahmen die nach weisser Mode zurechtgemachten Schüler:innen in gekünstelt wirkenden Posen, wird in Weems’ Installation das gewaltvolle Ausmass der assimilationistischen Mission dieses Projekts betont. Mit der Geschichte von Aneignung, Verdrängung und der Ausweitung der Sklaverei in Nordamerika beschäf-

Carrie Mae Weems, Untitled (Woman Brushing Hair), 1990/1999 Artinside | 13 | Herbst 2023


Vitra Design Museum

Iwan Baan Momente der Architektur 21.10.2023 – 03.03.2024

Iwan Baan, Museum M+, Hong Kong, China, 2022, Architektur: Herzog & de Meuron

I

wan Baan gilt als einer der bedeutendsten Fotografen unserer Zeit für Architektur und die gebaute Welt. In eindrücklichen Bildern dokumentiert er das Wachstum globaler Megacities ebenso wie traditionelle oder informelle Bauten und die Werke bekannter zeitgenössischer ArchitektInnen, darunter Rem Koolhaas, Herzog & de Meuron, Kazuyo Sejima und Tatiana Bilbao. Ab dem 21. Oktober 2023 widmet das Vitra Design Museum dem niederländischen Fotografen die erste umfassende Retrospektive. Die Ausstellung zeigt mit dem breit

angelegten Werk des Fotografen ein Panorama der Architektur des frühen 21. Jahrhunderts in ihren urbanen und sozialen Zusammenhängen. Über die letzten 30 Jahre hat die rasante Verbreitung der digitalen Medien die Welt der Fotografie und Architektur von Grund auf verändert. Bilder neuer Gebäude werden heute in Echtzeit übermittelt, begleiten den Aufstieg von ArchitektInnen, beeinflussen den gestalterischen Prozess und machen Architektur – zumindest

Artinside | 14 | Herbst 2023


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Zur Ausstellung erscheint eine umfangreiche Publikation. 600 Seiten, ca. 680 Bilder, 59.00 € | www.design-museum.de/shop

design-museum.de

Iwan Baan, Torre de David, Caracas, Venezuela, 2011

visuell – überall und jederzeit verfügbar. Baan weiss Gebäude perfekt ins Bild zu setzen, fängt aber auch die Momente ein, in denen Architektur lebendig wird – wenn aus Plänen Gebäude werden, wenn die Bauarbeiter eine Pause machen, wenn Menschen ein- oder ausziehen. Durch Baans dokumentarischen Blick sind viele ikonische Bilder der letzten 20 Jahre entstanden – von den «offiziellen» Porträts architektonischer Wahrzeichen bis hin zu Fotos eines durch den Wirbelsturm Sandy ins Dunkel getauchten Manhattan.

Die Ausstellung zeigt Beispiele aus allen Bereichen von Baans Schaffen, darunter auch Filmmaterial und wenig bekannte Bilder informeller Bauten in aller Welt, vom chinesischen Runddorf bis zur äthiopischen Felsenkirche, von im Eigenbau entstandenen Etagenhäusern in Kairo bis hin zum Torre de David in Caracas. «Wichtig ist das Erzählen», sagt Iwan Baan. «Und das ist sehr intuitiv und fliessend. Mir geht es weniger um zeitlose Bilder grosser Architektur als um den spezifischen Zeitpunkt, um den Ort und die Menschen dort.» ◀

Artinside | 15 | Herbst 2023


Delphine Reist, Rouleau, 2017 Artinside | 16 | Herbst 2023


Museum Tinguely

Delphine Reist ÖL [oil, olio, huile] 18.10.2023 – 14.01.2024

A

rbeit strukturiert das Leben des Einzelnen wie die Gesellschaft als Ganzes. In den Werken der Genfer Künstlerin sind es die Dinge selbst, die ein Eigenleben entwickeln und uns ihre Diagnosen zu Bewegung und Rhythmus von Produktion liefern oder von Effizienz und Erschöpfung sprechen: spontan lärmende Bohrmaschinen, leckende Drucker oder per Geisterhand gesteuerte Rollos. Im Museum Tinguely präsentiert Delphine Reist auch mehrere Arbeiten, die im engeren oder weiteren Sinne Öl als Energieträger, Malmittel, Schmierstoff oder dessen materielle, fluide Eigenschaften aufgreifen. Die Künstlerin bezieht sich mit Werken, die Autoreifen, Werkzeuge und Produktionseinheiten von Eimern umfassen, auf Handwerk und Industriearbeit – Letztere einst zunehmend ins (Niedriglohn-)Ausland verlagert, bekommt aktuell im Rahmen von Diskussionen um nationale Abhängigkeiten in einigen Ländern heute wieder eine höhere Relevanz zugesprochen. In ihrem Video Averse fallen in einem leeren Industrieraum sukzessive die Neonröhren von der Decke. Bildlich wie metaphorisch geht hier das Licht aus.

Andere Werke beziehen sich auf Büroarbeit. Hier sind es die materiellen Infrastrukturobjekte wie Farbdrucker, sich scheinbar zufällig und fortwährend bewegende Rollos oder Spuren von Bürostühlen in endloser Kreisbewegung, die Formen von physisch wie geistig entfremdeter Arbeit kritisch reflektieren. Reists atmende Sporttaschen erinnern uns: Auch der Ausgleichssport oder «SelfCare» und «Wellbeing» wurde von der neoliberal-kapitalistischen Arbeitswelt als probates Mittel zu weiterer Effizienzsteigerung und als Resilienz vor Burn-outs inkorporiert. Mit ihrer im letzten Jahr entstandenen Installation Huiles befragt Reist die Basis all unseres Schaffens und ökonomischen Strebens. Zahlreiche rote Ölfässer stehen stramm in Reih und Glied. Dicht sind sie jedoch nicht. Tropfen für Tropfen ziehen sich Rinnsale von Kraftstoff, Motor- und Pflanzenöl über die weisse Wand. ◀ Dr. Sandra Beate Reimann ist Kuratorin der Ausstellung

Delphine Reist, Huiles, 2022

Jean Tinguely, Éloge de la Folie, 1966 Artinside | 17 | Herbst 2023


Museum Tinguely

Temitayo Ogunbiyi You will follow the Rhein and compose play 18.10.2023 – 14.01.2024

Temitayo Ogunbiyi, You will follow the Rhein and compose play, 2023

U

nter dem Titel You will follow the Rhein and compose play präsentiert die in Lagos, Nigeria, lebende Künstlerin Temitayo Ogunbiyi (*1984) erstmals in der Schweiz ein zweiteiliges Ausstellungsprojekt: Bereits seit Mai lädt eine Spielstruktur im Solitude-Park zum Klettern ein. Die umwickelten Stahlstangen erinnern an Gewächsstrukturen und komplexe Frisuren der nigerianischen Haarkultur, ihre Formen zeichnen wiederum verschiedene Routen zwischen Basel und Lagos nach. So dient die offene Versuchsanordnung des Spielplatzes

nicht nur dazu, neue Erfahrungen sozialer Interaktion zu sammeln, sondern regt auch zur Reflexion über weltweite Bewegungsströme von Menschen und Waren an. Ogunbiyi erkundet das Potenzial spielerischer Interaktion, um Themen rund um Migration und kulturellen Austausch zu erforschen. Sie entwickelt ihre Arbeit entlang von Denkmodellen, die sich mit Umwelt, Herkunft und Repräsentationsformen beschäftigen, wodurch sich Dialoge zwischen globalem Zeitgeschehen, anthropologischer

Artinside | 18 | Herbst 2023


Temitayo Ogunbiyi, You will build new rhythms from seemingly disconnected fragments, Instrument A, Artist Sketch, 2023

Temitayo Ogunbiyi, You will peel in patience and indulge in the sweetest bursts and seedlings, 2022

Geschichte und botanischen Kulturen eröffnen. Ab Oktober werden in einer multimedialen Ausstellung Gemälde, Zeichnungen und Designelemente gezeigt, die Aufschluss über Ogunbiyis Vorgehensweise bei der Entwicklung ihrer Playgrounds geben oder poetische Zeugnisse ihrer Erforschung der örtlichen Vegetation in Lagos und Basel sind. Ein neu entwickeltes Musikinstrument soll den Besucher:innen ermöglichen, mit unterschiedlichen Formen der Klangerzeugung zu experimentieren: Zusammengesetzt aus gebogenen Messingstäben und in Basel beschafften Küchenutensilien untersucht das Instrument Anknüpfungspunkte und Vernetzung verschiedener Kulturen in Basel, die sich in Esskultur und musikalischen Tendenzen manifestieren. ◀ Die Ausstellung wird kuratiert von Roland Wetzel, assistiert von Tabea Panizzi, und entsteht in Kooperation mit dem Festival Culturescapes. Planen Sie Ihren Besuch

tinguely.ch Artinside | 19 | Herbst 2023


Museum Tinguely

Roger Ballen. Call of the Void Bis 29.10.2023 die Menschen, die in seinen Fotografien eine Rolle spielen, wohnen. In derartigen Hütten entstanden die in der Ausstellung gezeigten Fotoserien, Asylum of the Birds und die Serie der Ratten, aufgenommen an Orten, an denen Ballen teilweise jahrelang arbeitete und mit den Bewohner:innen ein gegenseitiges Vertrauensverhältnis aufbaute. Er gestaltete mit ihnen die Räume, in denen er dann die Fotos machte. Es waren und sind lange Prozesse, die schliesslich mit viel Geduld und Ausdauer zu den Bildern führen.

Roger Ballen, Shack, 2023, Innensicht

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in Staubsauger, der seine beste Zeit wohl vor fünfzig Jahren hatte, liegt auf dem Boden, hinter ihm ist eine Puppe auf einer Holzkiste platziert. Das Rohr des Staubsaugers führt in ihren Kopf, der in der Mitte aufgerissen ist. Aus ihrem Bauch quellen Drähte, rot und schwarz, die in eine an der Wand befestigte Vase führen. Über einem Paravent hängen Unterwäscheteile, die von einer eleganten Frau getragen wurden. Der Paravent ist mit Blumen bemalt – ein Fundstück. Das Fenster ist mit einem Vorhang verschlossen, der Durchblick ist nur durch einen kleinen Spalt möglich. Eine Lampe mit einem textilen Schirm hängt von der Decke. Ein Mann steht auf einer Kettenleiter und blickt durch ein Loch in der Decke. Die Figur wirkt – wie alles hier – leblos. Die Szenerie wirkt verloren, trotz der Präsenz der Figur eigenartig menschenleer, verlassen, aufgegeben. Es ist dunkel, das bisschen Licht der

Lampe mag den Raum nicht erhellen – und das Gemüt schon gar nicht. Der Boden, die Wände und die Decke der Hütte, in der wir uns befinden, sind schmutzig und geflickt. Die Oberflächen sind bedeckt mit Zeichnungen und Malereien, Kreide, Kohle, mit dem Stift aufgetragen, oft verwischt, die Spuren der malenden Hände und Finger sind sichtbar. Die Zeichnungen zeigen Gesichter, frontal, Köpfe mit Punktaugen, Linienzopffrisuren, Figuren mit Strichfingern und Strichkörpern. Sie starren, mit halboffenem zahnbewehrtem Mund. Man könnte fast ein wenig Angst bekommen. Die Holzplatten der Wand sind über- und untereinander geschichtet, es ist eine sehr gebastelte Konstruktion, eine Behausung, die in keiner Weise Wohnlichkeit oder Geborgenheit ausstrahlt. Es ist eine Konstruktion, wie sie Roger Ballen während seiner Arbeit als Fotograf in Südafrika immer wieder antrifft: einfache, ja schäbige Behausungen, in denen Artinside | 20 | Herbst 2023

Die Karriere von Roger Ballen, der 1950 in New York City geboren wurde, und der seit 1982 in Johannesburg, Südafrika lebt, hat ihre Anfänge in Porträts des weissen Prekariats des südafrikanischen Hinterlandes. Schon bei diesen ersten Arbeiten, die in den späten 1980ern und den 1990erJahren entstanden waren, war es nicht das Schöne, Ausgeglichene, das ihn interessierte, sondern das Verstörende, das Nonkonforme. Waren es damals die Lebensgeschichten, die in diesen Gesichtern und Körpern eingeschrieben sind, so sind es bei den späteren Bildern die Beziehungen zwischen den Objekten, die eine sehr eigene Stimmung schaffen, die der Fotograf heute mit dem Begriff des Ballenesquen umschreibt. Erst vor ein paar Jahren hat sich der Fotograf einen Ort geschaffen, der ihm als Studio dient, in dem er die Stimmung und die Szenerien schaffen kann, die für seine Bilder so wichtig sind. Immer noch arbeitet er mit Menschen, die in benachbarten Hüttensiedlungen in Johannesburg leben und die nicht nur regelmässig nach seinen Tieren schauen und ihm und seiner künstlerischen Direktorin Marguerite Rossouw beim Fotografieren assistieren, sondern deren Hände, Füsse und Körper immer wieder in den Bildern erscheinen. Die Stimmung in der Hütte, die wir im beschaulichen Basel wohl eher furchterregend oder unheimlich bezeichnen würden, erscheint ihnen wohl eher vertraut und wohlbekannt. Es ist die Stimmung ihres Daheims … ◀ Andres Pardey ist Vize-Direktor des Museum Tinguely und Kurator der Ausstellung


Boris Nikitin, The Last Reality Show, Aussenansicht Container, 2023

Museum Tinguely

The Last Reality Show. Boris Nikitin 06.12.2023 – 21.01.2024

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r ist die erste Social-Media-Maschine des 21. Jahrhunderts: der «BigBrother»- Container aus dem Jahr 2000. «BigBrother» war die erste Reality-Show, die gleichzeitig im Fernsehen und im Internet zu sehen war. Es war das letzte Mal, dass Menschen die Realität unschuldig betreten haben. Eine Handvoll unbekannter Menschen ohne besondere Fähigkeiten zogen darin für hundert Tage zusammen, um sich rund um die Uhr von der Bevölkerung bei ihren alltäglichen Verrichtungen beobachten zu lassen: Zähneputzen, Kartenspielen, Schlafen, Duschen, Smalltalk, Essen, Sex. Alle Tätigkeiten wurden rund um die Uhr von Kameras gefilmt und ins Internet übertragen. Ihr einziger Kanal zur Welt war eine Videokamera, über die sie einmal täglich ihre intimsten Gedanken und Gefühle mit der Öffentlichkeit teilten. Der Container war demokratische Utopie, Dystopie und populäre Konzeptkunst in einem: ein Selbst-Überwachungsapparat, ein sich permanent selbst aktualisierendes Ready-made, eine paradoxe Authentizitäts-

maschine. Die vierte Wand zwischen Privatsphäre und Öffentlichkeit war damit endgültig durchbrochen. Von nun an würden wir alle Performer:innen sein. Der Basler Künstler und Theaterregisseur Boris Nikitin hat für das 20-Jahr-Jubiläum der ersten Staffel ein nahezu exaktes Replikat dieses Ur-Containers nachgebaut. Die Dimensionen sind leicht verschoben, ein Raum fehlt, der Container ist nicht aus echtem Metall, sondern aus weiss lackiertem Holz: die Imitation eines Gebäudes, das selbst bereits ein Simulakrum war und mit dem das Zeitalter der digitalen Sichtbarkeit eingeläutet wurde. Der Container ist leer, seine Bewohner haben ihn längst verlassen. Als historisches Artefakt steht er wie eine einsame Reliquie im Raum. ◀ Roland Wetzel ist Direktor des Museum Tinguely und Kurator der Ausstellung

Boris Nikitin, The Last Reality Show, Küche und Esszimmer, 2023 Artinside | 21 | Herbst 2023

Konzept: Boris Nikitin Leitung Ausstellung, Konzeptionelle Mitarbeit: Johannes Maas Licht, Motorik, Konzeptionelle Mitarbeit: Kerim El-Mokdad Bühnenbild original: David Hohmann Produktionsleitung: Annett Hardegen


OUT OF THE BOX 20 Jahre Schaulager Bis 19.11.2023

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nlässlich seines 20-jährigen Bestehens präsentiert das Schaulager in diesem Jahr mit OUT OF THE BOX eine Ausstellung, die das Konzept und die Ursprungsidee der renommierten Institution treffend auf den Punkt bringt: Kunstwerke aus den sonst üblichen Lagerboxen zu befreien und sichtbar aufzubewahren. Der Ausstellungstitel OUT OF THE BOX ist aber auch ein Hinweis auf die sogenannten zeitbasierten Medienwerke, die in eigenen Projektionsboxen gezeigt werden. Neben Film- und Videoinstallationen sind Gemälde, Zeichnungen, Skulpturen und Fotografien von rund 25 Künstlern und Künstlerinnen vertreten, darunter David Claerbout, Tacita Dean, Thomas Demand, Gina Fischli, Peter Fischli, Katharina Fritsch, Robert Gober, Rodney Graham, Gary Hill, Martin Honert, Klara Lidén, Dieter Roth, Thomas Ruff, Anri Sala, Jean-Frédéric Schnyder, Dayanita Singh, Monika Sosnowska, Jane & Louise Wilson und weiteren. Viele Werke wurden weitgehend in den letzten Jahren für die Sammlung erworben und beziehen sich zum Teil mit einem Augenzwinkern auf den

Ausstellungstitel. Die umfangreiche Gruppenausstellung erstreckt sich über die zwei grossen Ausstellungsebenen.

Wittgenstein komponiert, der als Folge einer Kriegsverletzung im Ersten Weltkrieg seinen rechten Arm verloren hatte.

Jedes Werk der Ausstellung ist einzigartig und hat seine eigene Geschichte innerhalb der Sammlung der Emanuel Hoffmann-Stiftung, aber besonders hervorzuheben ist etwa die komplexe Audio- und Videoinstallation Ravel Ravel (2013) des albanischen Künstlers Anri Sala, die nach der Uraufführung des Werks an der Biennale Venedig 2013 erworben wurde. Für OUT OF THE BOX hat Sala entschieden, die Installation in der Version Ravel Ravel Interval (2017) zu präsentieren. Eigens dafür konzipierte er einen sechs Meter hohen Raum, in dem nahezu kein Schall reflektiert wird. Dadurch fehlen die Schwingungen, um das räumliche Umfeld abzustecken und sich selber zu verorten. Entsprechend verändert sich auch die Wahrnehmung des eigenen Körpers auf interessante Weise. Inhaltlich beschäftigt sich das Werk mit Maurice Ravels Musikkomposition Concerto pour la main gauche (1921–1931). Ravel hatte das Stück im Auftrag von Paul

Tipp: Am Donnerstag, 26. Oktober um 18.30 h spricht Fabienne Liptay (Professorin für Filmwissenschaft, Universität Zürich) in einem Abendvortrag über Anri Salas Ravel Ravel Interval, 2017 im Auditorium des Schaulagers.

Ausstellungsansicht: Anri Sala, Ravel Ravel Interval, 2017

Artinside | 22 | Herbst 2023

Gekonnt konfrontiert David Claerbout das Publikum mit einer Illusion. In der Videoprojektion Wildfire (meditation on fire) (2019–2022) des belgischen Künstlers ist ein Waldbrand zu sehen. Die Katastrophe ist präzis aufgebaut, der Ablauf wird als Endlosschlaufe zwischen Idyll und Inferno präsentiert. Zu Beginn bietet eine Waldwiese mit Vogelgezwitscher den Anblick von Ruhe und Vertrautheit, bevor die Stimmung umschlägt. Tipp: Artist's Talk: David Claerbout spricht am Sonntag, 12. November im Schaulager über seine Arbeit.


Von der britischen Künstlerin Tacita Dean wird die grosse Wandtafelzeichnung Inferno (2019), die übermal­ te Fotografie Purgatory (Threshold) (2020) und der 35-mm-Film Paradise (2021) gezeigt. Die drei Werke sind im Rahmen von «The Dante Project» (2021) entstanden, einer Ballettinszenie­ rung zu Dantes Göttlicher Komödie (1307–1321). Tacita Dean hat hier Bühnenbild und Kostüme beigetragen. Die Künstlerin stellt die drei Bereiche von Dantes Reise durch die Hölle, das Fegefeuer und das Paradies mit den Medien dar, die sie meisterhaft beherrscht: Zeichnung (Inferno), Fotografie (Purgatory) und Film (Paradise). ◀

Ausstellungsansicht, David Claerbout, Wildfire (meditation on fire), 2019–2022

Einer der neusten Zugänge in die Sammlung der Emanuel Hoffmann-Stiftung ist eine Werkgruppe der schwedischen Künstlerin Klara Lidén. Der Raum und die Positionierung des eigenen Körpers in der Umgebung sind wichtige Themen in ihren Arbeiten: In der Medieninstallation Closer now (2022) etwa zeigt sich die Künstlerin selbst in einem Video, wie sie mit Purzelbäumen eine enge Seitenstrasse hinunterkugelt. Im Video You’re all places that leave me breathless (2020) dagegen klettert Lidén wie schwerelos über ein Baugerüst, das um sie selbst zu drehen scheint. Tipp: Am Donnerstag, 5. Oktober um 18.30 h spricht Simon Baier (Laurenz-Professor für zeitgenössische Kunst, Universität Basel) in einem Werkgespräch über Klara Lidéns Werke. Ausstellungsansicht: Klara Lidén, Warm-up, 2014

Tacita Dean, Purgatory (Threshold), 2020

20 Jahre Schaulager 2023 ist für das Schaulager ein ausserordentliches Jahr. Vor 20 Jahren konnte das Gebäude als Zuhause für die Kunstsammlung der Emanuel Hoffmann-Stiftung und als damals völlig neuartige und innovative Institution eröffnet werden. Seither werden die Werke der Sammlung, wenn sie nicht gerade im Kunstmuseum Basel oder in Ausstellungshäusern weltweit zu sehen sind, hier fachgerecht gelagert, gepflegt, erforscht und für Schulklassen und Universitätsgruppen zugänglich gemacht. Heute hat das Schaulager nicht nur viele andere Institutionen mit dieser visionären Idee inspiriert, sondern auch international seinen Platz als Forschungsinstitution, Lager- und Ausstellungsraum etabliert.


Niko Pirosmani, Fischer in rotem Hemd Artinside | 24 | Herbst 2023


Fondation Beyeler

Niko Pirosmani 17.09.2023 – 28.01.2024

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ls Abschluss und Höhepunkt des Jahres präsentiert die Fondation Beyeler eine Ausstellung des legendären georgischen Malers Niko Pirosmani (1862–1918), eines rätselhaften Einzelgängers und zugleich einflussreichen Vorboten der modernen Kunst. Obwohl unter Kunstliebhaber:innen fast schon kultisch verehrt wie auch in seinem Heimatland als Volksheld gefeiert, wartet Pirosmani noch darauf, von einer breiten Öffentlichkeit entdeckt zu werden. Mit rund 50 Hauptwerken ist dies die bisher bedeutendste internationale Pirosmani-Ausstellung. Pirosmanis Bilder vermögen Alltägliches in Aussergewöhnliches zu verwandeln. Sie sind ebenso direkt wie faszinierend und geheimnisvoll. Meist sind sie mit präzisen Pinselstrichen in leuchtenden Farben auf schwarzes Wachstuch gemalt, das ihm gleichzeitig als Hintergrund und Vordergrund diente. Sowohl Pirosmanis Maltechnik und Malstil als auch seine Farbpalette und die Motive sind in der modernen Kunst in ihrer Kombination einzigartig. Pirosmani malte meist Tiere oder aber Menschen aus dem Volk, etwa eine Mutter mit Kindern, einen Fischer oder einen Koch. Manchmal handelt es sich um Porträts konkreter Personen wie bei jenem der Schau-

spielerin Marguerite de Sèvres. Daneben gibt es epische, multiperspektivische Landschaften mit simultanen Darstellungen zeitversetzter Ereignisse wie Trinkgelagen, Jagden und Prozessionen. Stillleben mit kulinarischen Köstlichkeiten entstanden oft im Auftrag, unter anderem für Tavernen. Darüber hinaus finden sich Bilder von Feierlichkeiten und Festen, die in der georgischen Kultur eine besondere Bedeutung haben. Bei all ihrer Alltäglichkeit haftet vielen der Werke doch auch etwas Gleichnishaftes an, indem sie auf Grundsätzliches und Allgemeingültiges verweisen. Pirosmanis Kunst ist immer auch von Spiritualität getragen und gleichzeitig legt sie auch dokumentarisches Zeugnis ab von einem Land zwischen Westen und Orient und von der Stadt, Tbilissi, die als das «Paris des Ostens» galt. Die menschlichen wie die tierischen Akteure sind liebe- und würdevoll dargestellt. So auch die Giraffe. Die Proportionen sind falsch, wie auch die Farbe des Fells. Dafür scheint jedoch ihr Wesen erfasst. Der Blick mit geneigtem Kopf wirkt sanftmütig. Sie ist gross, aber nicht monumental dargestellt, mit ihren zarten Hufen wirkt sie elegant und eher scheu. Setzte Pirosmani gar eine Träne in den Winkel ihres Auges?

Artinside | 25 | Herbst 2023


Fondation Beyeler Niko Pirosmani

«Niko Pirosmani [ruft] ‹Liebe› hervor, sobald seine Bilder zum ersten Mal betrachtet werden – Liebe auf den ‹ersten Blick›.» Ilja Kabakov, Maler und Konzeptkünstler

Niko Pirosmani, Gelage der fünf Fürsten, 1906

Niko Pirosmani, The Kakhetian Train Artinside | 26 | Herbst 2023


Fondation Beyeler Niko Pirosmani

Dank dieser grossen Empfindsamkeit gelangen Pirosmani ikonische Bilder von eigentümlicher Ausdruckskraft. Dabei erweist sich der Künstler als Meister der Reduktion auf das Wesentliche, denn seine Malerei ist von brillanter Einfachheit und bestechender Direktheit. In einem zeitlos anmutenden Raum entfalten sie eine packende Präsenz und harmonische Ruhe, die die spirituelle Dimension unterstreicht. In der von Wandel geprägten Zeit um 1900 schuf Pirosmani Bilder, in denen seine Landsleute ihre gewohnte Lebenswelt wiedererkennen konnten, während die Avantgarde in ihnen eine radikale Malerei entdeckte. Es gibt unzählige fantastische Geschichten über den Menschen und Künstler Niko Pirosmani, umso wichtiger ist es,

Artinside | 27 | Herbst 2023


Fondation Beyeler Niko Pirosmani

Niko Pirosmani, Bär in mondheller Nacht Artinside | 28 | Herbst 2023


Fondation Beyeler Niko Pirosmani

bei den gesicherten Fakten zu bleiben. Der früh verwaiste Bauernsohn aus der Provinz Kachetien kommt 1870 in die Hauptstadt Tbilissi, wo er bei einer wohlhabenden Familie lebt und Bildung erhält. Das Malen bringt er sich selbst bei, er erlernt den Beruf eines Schriftsetzers, arbeitet für die Transkaukasische Eisenbahn, betreibt einen Milchladen und fertigt Schilder und Porträts im Auftrag. 1912/13 werden die Bilder von Pirosmani in den Tavernen von Tbilissi, die damals Zentren des kulturellen Lebens sind, entdeckt, und einige Mäzene beginnen sie zu sammeln sowie den autodidaktischen Maler zu fördern. Pirosmanis Bilder werden daraufhin in der einflussreichen Ausstellung «Zielscheibe» in Moskau gemeinsam mit jenen von Marc Chagall und Kasimir Malewitsch gezeigt. Obwohl er keine Kunstakademie absolviert hat, wird er 1916 zum Beitritt in die Gesellschaft der georgischen Künstler eingeladen, der er jedoch bald schon wieder den Rücken kehrt. Er lebt als vagabundischer Bohemien in den Tavernen von Tbilissi und kann oder will sich in nicht in der Gesellschaft einordnen. 1918 stirbt Niko Pirosmani in grosser Armut.

Eine Ausstellung seiner Werke in der Kunstweltstadt Paris fällt dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs zum Opfer und wird erst 1969 nachgeholt. 1972 fertigt Pablo Picasso eine Radierung anlässlich einer Publikation zu Pirosmani. Heute ist Pirosmani der populärste Künstler Georgiens und hat in Kunstkreisen weltweit leidenschaftliche Verehrer:innen. Zahlreich sind die begeisterten Äusserungen über seine Kunst: Stellvertretend sei hier der kürzlich verstorbene Künstler Ilja Kabakov genannt, der sagte: «Niko Pirosmani [ruft] ‹Liebe› hervor, sobald seine Bilder zum ersten Mal betrachtet werden – Liebe auf den ‹ersten Blick›.» ◀ Regula Moser ist Associate Curator an der Fondation Beyeler Planen Sie Ihren Besuch

fondationbeyeler/besuch.ch

Niko Pirosmani, Still Life

Niko Pirosmani, Stillleben Artinside | 29 | Herbst 2023


Fondation Beyeler

Friday Beyeler

Zum Start des Wochenendes ins Museum

«Friday Beyeler» lädt nicht nur zum Museumsbesuch nach Feierabend ein, sondern sorgt auch für einen entspannten Start ins Wochenende. Die ideale Möglichkeit also, einen Ausstellungsbesuch mit Freund:innen mit einem Apéro oder einem gemeinsamen Abendessen im «Beyeler Restaurant im Park» zu verbinden und so die Woche ausklingen zu lassen. Anlässlich der Pirosmani-Ausstellung umfasst das Angebot von «Friday Beyeler» neben dem Ausstellungsbesuch auch zahlreiche Rundgänge, Workshops, Zeichenabende, sowie Vorführungen georgischer Filmklassiker und eine Degustation georgischer Weine.

Das Museum bleibt an den Freitagabenden jeweils bis 21 Uhr geöffnet*; das Restaurant bis 22 Uhr. «Friday Beyeler» ist im Museumseintritt inbegriffen. Für «Friday Beyeler» nimmt das Restaurant Reservationen ab 18 Uhr entgegen. Ab einem Mindestverzehr von 25 CHF p. P. im Restaurant ist der Eintritt ins Museum am selben Abend gratis. Gültig freitags im Zeitraum von 18–21 Uhr. *Am 15. September 2023 findet «Friday Beyeler» nicht statt.

An den Freitagabenden bietet das Restaurant der Fondation Beyeler unter dem Motto «sharing is caring» liebevoll zusammengestellte Gerichte an, die zum Ausprobieren und gemeinsamen Geniessen einladen. Die saisonal ausgerichtete Küche serviert Speisen und hausgemachte Getränke mit besonderem Fokus auf regionale Produkte. Zum gesamten Programm:

Artinside | 30 | Herbst 2023


Museum Ausstellung

Claudia Comte in ihrem Atelier, 2023

Zu Gast in Artinside

«Mathematik ist eine universelle Sprache» Die Schweizer Designfirma USM setzt sich gemeinsam mit THE SKATEROOM für sozialen Wandel ein. Dazu haben sie die renommierte Schweizer Künstlerin Claudia Comte eingeladen, eine limitierte Möbelkollektion und eine Skateboard-Kunst-Edition zu gestalten. Ein Teil des Ertrags wird zur Unterstützung Jugendlicher in Jordanien eingesetzt. Frau Comte, wie ist es zu dieser Kollaboration mit USM gekommen? Claudia Comte: Zeitlose Formen und Modularität sind Eigenschaften, die ich in meiner künstlerischen Herangehensweise mit dem USM-Möbelsystem teile, deswegen habe ich mich sehr gefreut, als ich von USM für eine Zusammenarbeit angefragt wurde. Ich durfte drei Möbel auswählen, um damit zu arbeiten. Besonders gut gefällt mir das Pflanzenmöbel, weil das Aufeinandertreffen von organischen und geometrischen Formen meine Arbeit sehr gut widerspiegelt. Ich beobachte die Natur sehr genau und übersetze ihre Morphologie und Muster in meine eigene visuelle Sprache. Damit gestalte ich Umgebungen im Sinne eines Gesamtkunstwerks. Was bedeutet das Zickzackmuster? Das Zickzackmuster ist typisch für meine Arbeit. Eine Linie wird gebrochen und deutet in zwei Richtungen. Sie verweist sowohl auf die Vergangenheit als auch in die Zukunft. Das Design ist auch eine Abstraktion von maschinellen Aufzeichnungen, wie etwa Herzfrequenzen. Das Zickzackmuster spiegelt aber auch organische For-

men aus der Natur wider – zum Beispiel die Nervatur eines Blattes.

Eine andere Disziplin, die Sie fasziniert, ist die Mathematik. Was ist an dieser so spannend? In vielen Werken beschäftige ich mich damit, die Perfektion der Natur in Geometrie oder Mathematik zu übersetzen. Mich beschäftigt die Frage nach den Ursprüngen der Mathematik in der Natur und was wir daraus lernen können. Sie ist eine universelle Sprache wie Musik oder Philosophie. Als Menschen haben wir eine natürliche Verbindung zu Harmonie und Balance. Die magischen Proportionen der Natur zu erforschen und in Linienmustern zu repräsentieren, ist Kern meiner Arbeit. Wenn nämlich die treffende Form einer Skulptur oder eines Linienmusters erst gefunden ist, so geschieht auch etwas in den Betrachtenden: Sie erkennen sich darin wieder, verstehen diese Sprache – und daraus entsteht Empathie mit meinen Werken. Diese Verbindung herauszuschälen – das treibt mich an! Sie arbeiten nicht nur grafisch, sondern auch mit Holz und Marmor. Was interessiert Sie an diesen Materialien? Ich bin in unmittelbarer Nähe eines Waldes gross geworden, das spielt sicher eine Rolle für meine Faszination für Bäume und für das Material Holz. Für meine Holzskulpturen verwende ich nur Bäume, die aufgrund von Krankheit oder Gefährdung sowieso gefällt werden mussten. Die grobe Form schneide ich mit der Kettensäge aus Artinside | 31 | Herbst 2023

dem Stamm. Ich benutze diese Maschine wie einen Zeichenstift. Mit der anschliessenden zeitaufwendigen Arbeit des Polierens möchte ich das Innenleben herausschälen: die Einschlüsse und Adern, die davon zeugen, dass wir es hier mit lebendigem Material zu tun haben. Marmor ist verglichen mit Holz ein eher kaltes und hartes Material. Der weisse Carrara-Marmor, den ich verwende, ist hunderte Millionen Jahre alt. Er enthält unter anderem zerriebene Muscheln vom Meeresgrund und ist damit fast eine Art animalisches Material. Marmor ist im Gegensatz zu Holz enorm stabil und daher sehr gut geeignet für Skulpturen im Aussenraum. Die glatten Oberflächen und die meist zugänglichen Formen verleihen meinen Skulpturen etwas Anziehendes und Unwiderstehliches. Das ist mir wichtig – auch um darauf hinzuweisen, dass wir sorgfältig mit der Natur umgehen müssen. Denn schliesslich produzieren die Bäume die Hälfte unseres Sauerstoffes, die andere Hälfte kommt von den Ozeanen. ◀ Interview Sibylle Meier Weitere Informationen

zigzag.usm.com


Kulturstiftung Basel H. Geiger | KBH.G

Experimental Ecology – Kunst × Wissenschaft im Dialog Bis 29.10.2023

Ausstellungsansicht EXPERIMENTAL ECOLOGY – Kunst x Wissenschaft im Dialog, Zheng Bo x Matthias Rillig, The Political Life of Plants 2, 2023

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unst weit über die schönen Künste hinaus, Wissenschaft jenseits aller grauen Theorie, so das Konzept der Kurator:innen Martina Huber, Gründerin WE ARE AIA, und Gianni Jetzer, Direktor Kunstmuseum St. Gallen, für EXPERIMENTAL ECOLOGY – Kunst × Wissenschaft im Dialog. In fünf thematisch unterschiedlichen Projekten dokumentiert die Ausstellung in der Kulturstiftung Basel H. Geiger | KBH.G die Auseinandersetzung transdisziplinärer Teams mit aktuellen und drängenden Fragen der Ökologie, Biologie und Klimaforschung. Mal visuell und spielerisch, durch überraschende Perspektivenwechsel, als interaktives Theaterspektakel oder als herausforderndes Geruchsexperiment, immer begleitet von spezifischen Workshops im Rahmen des Public Program. In Anlehnung an Experiments in Art and Technology (E.A.T.), eine Initiative, die 1967 in New York zur Förderung der Zusammenarbeit zwischen Kunst und neuer

Technologie gegründet wurde, haben Martina Huber und Gianni Jetzer das Projekt EXPERIMENTAL ECOLOGY 2022 als Plattform für Künstler:innen und Wissenschaftler:innen im Bereich Ökologie ins Leben gerufen. Ausgewählt wurden internationale Vertreter:innen beider Disziplinen, die bereits über Kollaborationserfahrung verfügten und gemeinsam experimentell an innovativen Konzepten zu Umwelt und Ökologie arbeiten wollten. Die Initiative will einen aktiven Dialog zwischen den Disziplinen fördern und in die breite Öffentlichkeit tragen. Autor Ingo Niermann und Biologe Alex Jordan schaffen über einen eigens gestalteten Fisch-Avatar ein Szenario, in dem Besucher:innen im Spiel mit dem virtuellen Fisch Empathie und Gefühle für die eher unscheinbaren Meereskreaturen entwickeln können. Denn fürNiermann steht fest, «dass das Meer die grösste Herausforderung für die Ausweitung der menschlichen Liebe ist».

Artinside | 32 | Herbst 2023


Künstlerin und Geruch-Researcherin Sissel Tolaas und Biologin und Künstlerin Christina Agapakis beschäftigen sich mit der Wahrnehmung und Akzeptanz von Geruch «in einer Welt der totalen Antisepsis und einer kontinuierlichen umfassenden Deodorisierung». Gemeinsam erforschen sie die mikrobiellen Elemente des menschlichen Körpergeruchs, der einen ganz ähnlichen Ursprung hat wie der Geruch von Käse. Für die Ausstellung experimentieren sie mit der Herstellung von Käse unter Verwendung von Starterkulturen, gesammelt auf menschlicher Haut – in diesem Fall von verschiedenen Schweizer Prominenten. Meeres- und Fischbiologin Karin Pittman und Künstlerin Michelle-Marie Letelier gehen gemeinsam der Frage nach, inwieweit fehlende Empathie dem erfolgreichen Kampf gegen den Klimawandel im Wege steht, und befassen sich im interaktiven Theaterstück Salm Ethos mit «den geopolitischen Auswirkungen, die der Lachs – eine sogenannt natürliche Ressource – als neokoloniales Instrument hat, das von Menschen aus dem globalen Norden im globalen Süden eingesetzt wird». «Wie verändern sich Pflanzen durch den Klimawandel, wie passen sie sich an, und wie können wir Menschen ihre Perspektive einnehmen?» Künstler Zheng Bo und Biologe Matthias C. Rillig diskutieren über die Beziehung zwischen Menschen und Pflanzen. Dazu beziehen sie die Biologie, die Ökonomie sowie die Politik der Pflanzen genauso mit ein wie die Anhäufung von Plastik in Böden und der Wasserwelt. «Die Bodenöko-

logie ist von entscheidender Bedeutung für die Bereitstellung einer Vielzahl von Ökosystemen, die dem Menschen dienen, sowie für die Eindämmung des Klimawandels.» «Welche Rolle spielt Plankton im marinen Ökosystem und in der Regulierung des Erdklimas?» Mit dieser Fragestellung lassen die Künstlerin Riikka Tauriainen und die Klimaforscherin sowie Meeresökologin Meike Vogt in die imaginäre Welt des Planktons eintauchen. «Plankton reagiert empfindlich auf Umweltveränderungen, und sein Zustand korrespondiert mit dem Wohlergehen des gesamten Meereslebens. Die Tatsache, dass das Phytoplankton, angetrieben durch die Fotosynthese, bis zu 50 Prozent unseres Sauerstoffvorrats liefert und grosse Mengen an Kohlendioxid bindet, ist ein Dienst, für den wir alle dankbar sein sollten.» ◀

Eintritt und Ausstellungskatalog sind wie bei jeder Ausstellung der KBH.G kostenlos. Details zum umfassenden Public Program inklusive Workshops und Curator’s Talk auf kbhg.ch Weitere Informationen

kbhg.ch

Ausstellungsansicht EXPERIMENTAL ECOLOGY – Kunst x Wissenschaft im Dialog, Michelle-Marie Letelier x Karin Pittman, Salm Ethos, 2023 Artinside | 33 | Herbst 2023


Ulrich Rückriem, Ohne Titel, 1987

Kloster Schönthal

Ulrich Rückriem. Im Kloster Schönthal. Bis 29.10.2023

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n der Kirche und im Hof werden Arbeiten aus der über fünfzigjähren Schaffensphase des bedeutenden Bildhauers Ulrich Rückriem gezeigt. Rückriems Schaffen ist geprägt von der Frage nach Volumen einer Skulptur, ihren Proportionen und ihrer Beziehung zum Raum. Neben charakteristischen Steinskulpturen wird auch eine Auswahl an Werkzeichnungen präsentiert.

Planen Sie Ihren Besuch

Grosse Skulpturenkunst nicht nur in und um die Kirche, sondern auch an den Wegen und Pfaden im Skulpturenpark. Der Skulpturenpark ist immer geöffnet, mehr Infos unter www.schoenthal.ch Artinside | 34 | Herbst 2023

schoenthal.ch


Zu Gast in Artinside: Kunstmuseum Bern

MARKUS RAETZ. oui non si no yes no 08.09.2023 – 25.02.2024

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arkus Raetz war Meister der Andeutungen und entdeckte im Alltäglichen immer neue Bildwelten und Gedankenspiele. Das Kunstmuseum Bern widmet dem 2020 verstorbenen Künstler die erste grosse posthume Retrospektive. Markus Raetz hat die Schweizer Kunstszene der letzten Jahrzehnte mit seinem feinen, poetischen und verspielten Werk geprägt. Er gehört zu der Generation von Künstler:innen, die sich Ende der 1960er-Jahre nicht mehr auf ein künstlerisches Medium beschränkten, sondern mit grosser Selbstverständlichkeit Zeichnung, Malerei, Skulptur, Objektkunst und Installationen verbanden. Die meiste Zeit seines Lebens arbeitete und lebte der Künstler in Bern. Im dortigen Kunstmuseum konzentriert sich die Ausstellung MARKUS RAETZ. oui non si no yes no erstmals auf dreidimensionale Arbeiten des Künstlers und bietet einen spezifischen Blick auf sein Gesamtkunstwerk. Die Karriere von Markus Raetz begann in den 1960er-Jahren mit Zeichnungen. Sie blieben während seiner ganzen Schaffensphase das Fundament für seine künstlerischen Prozesse. Im Verlaufe der 1970er-Jahre fand Raetz zu einer charakteristischen Arbeitsweise, um seine zeichnerischen Elemente in den Raum zu übersetzen. In Notizbüchern und frühen Wandinstallationen vereint die Ausstellung zahlreiche Motive, die sich in Raetz’ dreidimensionalen Objekten wiedererkennen lassen. Ab den späten 1980er-Jahren bestimmte das Thema der Metamorphose Raetz’ dreidimensionales Werk. Es handelt sich dabei oft um Plastiken, die je nach Standpunkt ein anderes Bild offenbaren. Ein Beispiel dafür sind die bekannten OUINON-Skulpturen, die der Ausstellung ihren Namen geben. Die Plastiken dieser Werkgruppe lesen wir, je nachdem, wo im Raum wir stehen, als OUI/SI/YES oder als NON/NO/NO. Die Ausstellung zeigt verschiedene Stationen der künstlerischen Entwicklung Raetz’: von seinen frühen Zeichnungen und Reliefarbeiten über die berühmten metamorphischen Objekte bis hin zu den Installationen und Mobiles der letzten Jahre. Der thematische Aufbau der Ausstellung eröffnet zugleich zahlreiche Querbezüge, die das vielschichtige Werk des Künstlers prägten. ◀ Planen Sie Ihren Besuch

kunstmuseumbern.ch

Ensemble der OUINON-Modelle (1996–1999) im Atelier von Markus Raetz, Anfang 2019 Artinside | 35 | Herbst 2023


Angebote für Kinder und Familien Das Angebot an Aktivitäten für die jungen Gäste im Kunstmuseum Basel, der Fondation Beyeler und dem Museum Tinguely ist fast so vielfältig wie das Ausstellungsprogramm. Vom Bastelbogen über Mitmach-Workshops bis zu Bildergeschichten auf Teppichen und Kindervernissagen. Hier ein kleiner Überblick:

Workshops Im Kinderworkshop des Kunstmuseums Basel können Kinder mit Techniken, Farben und Materialien experimentieren. Sie machen sich mit Künstler:innen und ihren Werken vertraut und lernen das Museum mit seiner Sammlung immer wieder aus einem neuen Blickwinkel kennen. Jeden letzten Samstag im Monat | 14–16.30 h Nur mit Anmeldung; Kosten: 15.– CHF (mit Familienpass 10.- CHF) Im Kinderclub im Museum Tinguely wird jeweils ein Werk genauer angeschaut. Dazu bauen, gestalten und forschen die Kinder dann im Atelier mit den verschiedensten Materialien. Beim Kinderclub TV werden die Kleinsten gar zu Reporter:in, Dokumentarfilmer:in und Schauspieler:in. Was den Kindern für ihre eigene Arbeit besonders wichtig ist, entscheiden sie selber. Mittwoch 14–17 h (ausser in den Schulferien) Ab 8 Jahren | max. 10 Kinder Kosten: CHF 5.–, Zvieri bitte mitbringen Nach der Entdeckungsreise durch die Fondation Beyeler und die Ausstellung Niko Pirosmani können Kinder und ihre erwachsenen Begleitpersonen im Atelier selbst kreativ werden. Das eigene Werk kann mit nach Hause genommen werden. Sonntag, 15.10., 12.11.2023, 21.1.2024 | 14–16.30 h Kinder von 6 bis 10 Jahren Kosten: Eintritt + CHF 10.– inkl. Material

Erzählteppich in der Fondation Beyeler

Kunst macht auch Spass: Entdecke das vielfältige Angebot der Kunstmuseen in Basel

Familienrundgänge Das Museum Tinguely bietet jeden letzten Samstag im Monat eine öffentliche Führung speziell für Familien an. Mit dieser kann die ganze Familienbande inklusive Freund:innen die Sammlung Jean Tinguely entdecken. Jeden letzten Samstag im Monat | 14-15 h Kosten: Museumseintritt | ohne Anmeldung

Kinder zwischen 3 und 6 Jahren sind herzlich eingeladen, auf einem bunten Teppich vor ausgewählten Werken der Ausstellung Niko Pirosmani Platz zu nehmen, spannenden Anekdoten zu lauschen und eigene Geschichten zu spinnen.

Der nächste Familienrundgang in der Fondation Beyeler widmet sich den Menschen, Tieren und der Natur in den Bildwelten des georgischen Künstlers Niko Pirosmani. Sonntag, 24.9., 29.10., 26.11.2023 | 11–12 h Kinder von 6 bis 10 Jahren in Begleitung Kosten: bis 10 Jahre CHF 7.– | Erwachsene Museumseintritt Artinside | 36 | Herbst 2023

Erzählteppich «Niko Pirosmani» Sonntag, 8.10., 5./19.11., 3.12./17.12.2023 | 14./28.1.2024 11–12 h Kosten: Kinder frei, Erwachsene Museumseintritt


Zufallsparcours im Museum Tinguely

Auf die Hand Im Kunstmuseum Basel gibt es sonntags Handlungsanweisungen. Die Kärtchen fordern etwa auf, das kleinste Werk der Sammlung zu suchen und sich zu überlegen, ob und wo man es daheim aufhängen würde. Dazu gibt es die Mitmachzeitung «Guck! Kunst!», mit der man auf einer Entdeckungstour durch das Museum mysteriöse Fälle aufdeckt und verdächtiges Verhalten vor Kunstwerken beobachten kann.

Würfeln, Karte ziehen, Münze werfen – vom Zufall geführt kann Jung (und Alt) die Kunstwerke der Sammlung Tinguely selbstständig auf spielerische Art erkunden. Das liebevoll illustrierte Faltblatt Per Zufall Tinguely entdecken inspiriert zu unerwarteten Entdeckungen und liefert Denkanstösse für angeregte Gespräche. Wie in der Kunst gibt es kein Richtig oder Falsch, nur frische Ideen, um die Werke Tinguelys neu zu betrachten.

Das Mitmachheft der Fondation Beyeler zur Ausstellung Niko Pirosmani können Kinder und Familien kostenfrei am Eingang der Ausstellung beziehen. Mit neun bis zehn spielerischen Annäherungen lernen Kinder damit auf interaktive Art und Weise die Kunstwerke kennen und können, mit Bleistift ausgerüstet, beobachtend und zeichnend die Ausstellung entdecken.

Macht Platz! im Kunstmuseum Basel

Parcours-Kit an der Museumskasse erhältlich Kosten: Museumseintritt

Kindertage Zu allen grösseren Sonderausstellungen gibt es im Museum Tinguely einen Familiensonntag mit speziellem Programm zur jeweiligen Thematik. Zu Janet Cardiff & George Bures Miller. Dream Machines können Kinder und andere kreative Menschen in einem Drop-inWorkshop ihr eigenes Traumtagebuch gestalten. Familientag «Janet Cardiff & George Bures Miller. Dream Machines» Sonntag, 10.9.2023 | 11.30-17 h Die Familiensonntage sind inklusive Veranstaltungen Kosten: Museumseintritt Am Familientag in der Fondation Beyeler können Kinder und Eltern auf besondere Art Kunst erfahren: Die Jüngsten können auf dem Erzählteppich reisen oder mit Eichhörnchen Fred das Museum erkunden. Es gibt ein Mitmachheft, Workshops, Rundgänge und Museumsspiele. Familientag «Niko Pirosmani», Sonntag, 22.10.2023 | 10–18 h Kosten: Museumseintritt (inkl. Veranstaltungen am Familientag)

Das Kunstmuseum macht Platz – für dich: Stöbere in unseren Pop-up-Bibliotheken, richte dich ein, um zu lesen oder werde kreativ – allein oder zusammen mit anderen. An unterschiedlichen Orten tauchen immer wieder neue offene Mitmach-Angebote auf, damit du das Museum in deinem Rhythmus erkunden kannst. Komm vorbei zum Verweilen und Entdecken.

Am ersten Sonntag im November verwandelt sich das Kunstmuseum Basel in einen grossen Parcours für Kinder und Familien. Lass dich und deine Liebsten zeichnen und male im Atelier auf Wände und Böden! Lerne Zaubertricks, höre Geschichten und Geheimnisse zu den Werken im Museum. Sonntag, 5.11.2023 | 10–17 h Kostenloses Angebot Artinside | 37 | Herbst 2023

An ausgewählten Sonntagen Kunstmuseum Basel | Hauptbau Kostenloses Angebot

Weiterführende Infos zu den Veranstaltungsprogrammen der Museen finden Sie über die abgebildeten QR-Codes. Fragen Sie an der Kasse oder am Infoschalter nochmals nach.


Impressum. Artinside – Das Museumsmagazin Herausgeber: Matthias Geering Chefredaktion | Art Direction | Produktion: Sibylle Meier Lauftext Meier Geering | Oberwilerstrasse 69 | CH-4054 Basel info@artinside.ch | www.artinside.ch Korrektorat: Lesley Paganetti, Basel Druck: Swissprinters AG, Zofingen Bildbearbeitung: LAC AG Basel | Jean-Jacques Nobs, Nicole Hübner Ausgabe Herbst 2023 | Erscheint zwei Mal jährlich | Die nächste Ausgabe erscheint im Frühjahr 2024 | Auflage 150 000 Exemplare Ein Teil der Auflage ist am 9. September der Basler Zeitung, der Schweiz am Wochenende (Ausgabe Region Basel), einer Teilauflage der Badischen Zeitung sowie einer Teilauflage des Südkuriers beigelegt.

Alberto Giacometti vor dem Haus von Antonio und Evelina Giacometti in Rom, Juni 1921

Bündner Kunstmuseum Chur www.buendner-kunstmuseum.ch

Jahresabo CH: CHF 17.– | Jahresabo EU: € 17.– | ISSN 1660-7287

Alberto Giacometti. Porträt des Künstlers als junger Mann | 19.08.2023 – 19.11.2023

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Eine Ausstellung in Erinnerung an Eberhard W. Kornfeld (1923–2023) Das Bündner Kunstmuseum widmet Alberto Giacometti eine Ausstellung, die sich ganz auf seine frühen Jahre konzentriert. Die Ausstellung will aufzeigen, woran sich der junge Künstler in seiner Entwicklung orientierte, wie eng er zusammen mit dem Vater Giovanni Giacometti arbeitete und sich allmählich von ihm löste, aber auch wie er sein persönliches Umfeld zeichnete und malte. Nicht zuletzt beginnt in dieser Zeit auch eine intensive Auseinandersetzung mit Werken der Kunstgeschichte. Alberto Giacometti wird sich seiner Rolle als Künstler bewusst. Er macht das in eindrücklichen Selbstbildnissen bereits ab 1916 deutlich, als er erst 15-jährig ist. Die Ausstellung setzt mit Werken des 12-jährigen ein und zieht sich bis in seine ersten Jahre in Paris, als sich Alberto Giacometti mit kubistischen Bildwelten beschäftigte und erste Ausstellungen realisierte.

Seit 2022 verschickt Artinside allen Interessierten monatlich einen kostenlosen Newsletter – über tausend Kunstinteressierte nutzen seither diesen Informationskanal. • Berichte über die neu eröffneten Ausstellungen in der Region Basel • Hinweise auf Vernissagen, Veranstaltungen und besondere Events in den Museen der Region Basel • Video-Interviews mit Kuratorinnen und Kuratoren Credits – Titelseiten Fondation Beyeler Niko Pirosmani, Giraffe, The Collection of Shalva Amiranashvili Museum of Fine Arts of Georgia © Infinitart Foundation, Foto: Roberto Bigano | Kunstmuseum Basel André Derain, La danseuse, 1906, © 2023, ProLitteris, Zurich, SMK, National Gallery of Denmark, Photo: SMK Photo/Jakob Skou-Hansen | Museum Tinguely Delphine Reist, Cartouches, 2020, Multiple, édition Lapin Canard © Delphine Reist, Foto: Stefan Rohner. Inhaltsverzeichnis Kunstmuseum Basel Porträt Jasper Johns © 2023, Pro Litteris, Zurich, Foto: John Lund | Vitra Design Museum Iwan Baan, Baku, Aserbaidschan, 2021 © Iwan Baan | Museum Tinguely Delphine Reist, Huiles (Detail), 2022, Installationsansicht aus der Ausstellung VRAC MULTIVRAC, Frac Grand Large – Hauts-de-France, Dunkerque, Frankreich, 2022 © Delphine Reist, Foto: Aurélien Mole | Fondation Beyeler Niko Pirosmani, Reh vor einer Landschaft, 1913, The Collection of Shalva Amiranashvili Museum of Fine Arts of Georgia © Infinitart Foundation | Schaulager Klara Lidén, Warm-up: State Hermitage Museum Theater, 2014, Emanuel Hoffmann-Stiftung, Depositum in der Öffentlichen Kunstsammlung Basel, Foto: Tom Bisig, Basel © Klara Lidén | Kunstmuseum Bern Markus Raetz, Form im Raum, 1991, Privatbesitz, Foto: SIK-ISEA, Zürich (Philipp Hitz) © 2023, ProLitteris, Zurich | Kloster Schönthal Ulrich Rückriem, Ohne Titel, 1990, Foto Heiner Grieder | Kulturstiftung Basel H. Geiger | KBH.G Ingo Niermann x Alex Jordan, Detail Welcome to my World, 2023. Inhalt S.6 Henri Matisse, Intérieur à Collioure, La Sieste, 1905 © Succession H. Matisse / 2023, ProLitteris, Zurich, Sammlung Gabriele und Werner Merzbacher, Dauerleihgabe im Kunsthaus Zürich, Zürich | S.7 Henri Matisse, Intérieur avec une jeune fille, Fille lisant, 1905–1906 © Succession H. Matisse / 2023, ProLitteris, Zurich, The Museum of Modern Art, New York. Gift of Mr. and Mrs. David Rockefeller, 1991, Foto: Digital image, The Museum of Modern Art, New York/Scala, Florence | S.8 links Kees van Dongen, Modjesko, sopraniste, 1908 © 2023, ProLitteris, Zurich, The Museum of Modern Art, New York. Gift of Mr. and Mrs. Peter A. Rübel, 1955, Foto: Digital image, The Museum of Modern Art, New York/Scala, Florence | S.8 oben Émilie Charmy, Berthe Weill, 1910 – 1914, Galerie Bernard Bouche, Paris | S.8 unten André Derain, Le Port de Collioure, 1905 © 2023, ProLitteris, Zurich, Staatsgalerie Stuttgart, erworben mit Lotto-Mitteln 1966, Photo: bpk / Staatsgalerie Stuttgart | S.9 oben Georges Braque, Le Golfe des Lecques, Herbst 1907 © 2023, ProLitteris, Zurich, Centre Pompidou, Paris, Musée national d'art moderne – Centre de création industrielle, Photo: Centre Pompidou, MNAM-CCI, Dist. RMN-Grand Palais / Bertrand Prévost | S.9 unten André Derain, La Danse, 1906 © 2023, ProLitteris, Zurich, Privatsammlung | S.10 Paul Cezanne, Baigneur descendant dans l'eau, Verso: Baigneur debout, ca. 1885, Collection of Jasper Johns, Foto: Jerry L. Thompson | S.11 Eric Fischl, Untitled (Bather with Sunglasses), 1984 © 2023, ProLitteris, Zurich, Collection of Jasper JohnsPhoto: Jerry L. Thompson | S.12 Carrie Mae Weems, The Louvre, The Museums Series, 2006 © bei der Künstlerin / the artist © Carrie Mae Weems. Courtesy of the artist, Jack Shainman Gallery, New York / Galerie Barbara Thumm, Berlin | S.13 Carrie Mae Weems, Untitled (Woman Bru-shing Hair), The Kitchen Table Series, 1990/1999 © bei der Künstlerin / the artist © Carrie Mae Weems. Courtesy of the artist, Jack Shainman Gallery, New York / Galerie Barbara Thumm, Berlin | S.14 Iwan Baan, Museum M+, Hong Kong, China, 2022, Architektur: Herzog & de Meuron © Iwan Baan | S.15 Iwan Baan, Torre David, Caracas, Venezuela, 2011 © Iwan Baan | S.16 Delphine Reist, Rouleau, 2017, Installationsansicht in der Galerie TRIPLE V, Paris, Frankreich, 2017 © Delphine Reist, Foto : André Morin | S.17 Delphine Reist, Huiles, 2022, Installationsansicht aus der Ausstellung VRAC MULTIVRAC, Frac Grand Large – Hauts-de-France, Dunkerque, Frankreich, 2022 © Delphine Reist, Foto: Olivier Christinat | S.18 Temitayo Ogunbiyi, You will follow the Rhein and compose play, 2023, Commissioned by Museum Tinguely, Basel, Foto: Matthias Willi | S.19 oben Temitayo Ogunbiyi, You will peel in patience and indulge in the sweetest bursts and seedlings, 2022, Acrylic and pencil on herbarium paper, 16.5x11.5in, © Cour-

tesy the artist | S.19 unten Temitayo Ogunbiyi, You will build new rhythms from seemingly disconnected fragments, Instrument A, Artist Sketch, 2023, Pencil and Japanese ink on Herbarium paper, 41 x 29cm © Courtesy the artist | S.20 Roger Ballen, Shack, 2023, Innensicht © courtesy Roger Ballen, 2023 Museum Tinguely, Basel; Foto: Daniel Spehr | S.21 oben Boris Nikitin, The Last Reality Show, Aussenansicht Container, 2023 © Boris Nikitin, Foto: Boris Nikitin | S.21 unten Boris Nikitin, The Last Reality Show, Küche und Esszimmer, 2023 © Boris Nikitin, Foto: Boris Nikitin | S.22 Ausstellungsansicht: Anri Sala, Ravel Ravel Interval, 2017, OUT OF THE BOX, Schaulager® Münchenstein/Basel, Courtesy the artist © 2023, ProLitteris, Zurich, Foto: Gina Folly, Basel | S.23 oben links Ausstellungsansicht David Claerbout, Wildfire (meditation on fire), 2019–2020, Emanuel Hoffmann-Stiftung, Depositum in der Öffentlichen Kunstsammlung Basel © 2023, ProLitteris, Zurich | S.23 oben rechts Tacita Dean, Purgatory (Threshold), 2020, Emanuel Hoffmann-Stiftung, Depositum in der Öffentlichen Kunstsammlung Basel, Foto: Stephen White and Co, Courtesy the artist and Frith Street Gallery © Tacita Dean | S.23 unten links Klara Lidén, Warm-up: State Hermitage Museum Theater, 2014, Emanuel Hoffmann-Stiftung, Depositum in der Öffentlichen Kunstsammlung Basel, Foto: Tom Bisig, Basel © Klara Lidén | S.23 unten rechts Schaulager, Schaulager® Münchenstein/Basel, Foto: Pati Grabowicz, Basel | S.24 Niko Pirosmani, Fischer in rotem Hemd, The Collection of Shalva Amiranashvili Museum of Fine Arts of Georgia © Infinitart Foundation | S.26–27 Niko Pirosmani, Gelage der fünf Fürsten, 1906, The Collection of Shalva Amiranashvili Museum of Fine Arts of Georgia © Infinitart Foundation | S.28 Niko Pirosmani, Bär in mondheller Nacht, The Collection of Shalva Amiranashvili Museum of Fine Arts of Georgia © Infinitart Foundation | S.29 Niko Pirosmani, Stillleben, The Collection of Shalva Amiranashvili Museum of Fine Arts of Georgia © Infinitart Foundation | S.30 oben Fondation Beyeler, Foto: Mathias Mangold | S.30 unten Beyeler Restaurant im Park, Foto: Niels Franke | S.31 2023, Claudia Comte x USM x THE SKATEROOM_Studio Claudia Comte Foto: Maris Mezulis | S.32 Ausstellungsansicht 2023, EXPERIMENTAL ECOLOGY – Kunst x Wissenschaft im Dialog, Zheng Bo x Matthias Rillig, The Political Life of Plants 2, Kulturstiftung Basel H. Geiger | KBH.G, Foto: Kulturstiftung Basel H. Geiger | KBH.G | S.33 Ausstellungsansicht 2023, EXPERIMENTAL ECOLOGY – Kunst x Wissenschaft im Dialog, Michelle-Marie Letelier x Karin Pittman, Salm Ethos, Kulturstiftung Basel H. Geiger | KBH.G, Foto: Kulturstiftung Basel H. Geiger | KBH.G | S.34 Ulrich Rückriem, Ohne Titel, 1990, Foto Heiner Grieder | S.35 Ensemble der OUINON-Modelle (1996–1999) im Atelier von Markus Raetz, Anfang 2019, Foto: SIK-ISEA, Zürich (Alexander Jaquemet). Serviceseiten Museum Frieder Burda Nicolas Party, Swamp, 2022, Nicolas Party; Foto: Adam Reich | Kunstmuseum Thun Francisco Sierra, Francisco Sierra, Clown II (aus: Facebook), 2008, Sammlung, Stiftung GegenwART | Zentrum Paul Klee, Bern Paul Klee (1879−1940), mit der sinkenden Sonne, 1919, 247, Privatbesitz Schweiz, Depositum im Zentrum Paul Klee, Bern | Forum Würth Arlesheim Grossglockner Österreich 2013, Foto: Florian Selig, Berlin | Museum der Kulturen Basel Abel Rodríguez, Territorio indígena la sabana, Kolumbien, 2021 © Museum der Kulturen Basel, Fotograf: Omar Lemke | Bündner Kunstmuseum Chur Alberto Giacometti vor dem Haus von Antonio und Evelina Giacometti in Rom, Juni 1921, Archiv: Familie Berthoud | Kunst Raum Riehen Gustav Stettler, Gemäldegalerie II, 1963–1964, Kunstmuseum Thun. Foto: Christian Helmle | HeK Dotcom Seance: cashwars.com (1999–2001) reimagined by Guile Twardowski, with Simon Denny and Cosmographia (presented with Folia.app), 2021, ERC-721 tokens, jpgs | Kunsthalle Basel Phung-Tien Phan, Kartoffel, Kunsthalle Basel, 2023, Ausstellungsansicht, Foto: Philipp Hänger / Kunsthalle Basel Vorschau Fondation Beyeler Jeff Wall, Milk, 1984, FRAC Champagne-Ardenne, Reims © Jeff Wall | Museum Tinguely Otto Piene, Inflation trial for OLYMPIC RAINBOW, 1972, St. Paul, MN, USA, August 1, 1972 © 2023/2024 Pro Litteris, Zürich; Otto Piene Estate, Foto: Jean Nelson, Otto Piene Archive | Kunstmuseum Basel Dan Flavin, Pink fluorescent light, 1963, Objekt-ID: 74855 © Stephen Flavin / 2023, ProLitteris, Zurich.

Artinside | 38 | Herbst 2023


Paul Klee, mit der sinkenden Sonne, 1919

Francisco Sierra, Clown II (aus: Facebook), 2008

Zentrum Paul Klee, Bern

Kunstmuseum Thun

Kosmos Klee. Die Sammlung FOKUS: Klees Engel | 07.10.23 – 21.01.24

NOT MY CIRCUS, NOT MY MONKEYS. DAS MOTIV DES ZIRKUS IN DER ZEITGENÖSSISCHEN KUNST | 16.09.2023 – 03.12.2023

www.zpk.org

www.kunstmuseumthun.ch

Erforschen Sie Paul Klees Welt! Rund 80 Werke aus der Sammlung, ergänzt durch Fotografien, Wandtexte, Schätze aus dem Archiv wie Klees Schallplattensammlung und Filme, geben einen Überblick von Klees Leben und Werk. Im FOKUS können Sie ausgewählte Aspekte aus Paul Klees Werk oder andere Kunstschaffende aus der ganzen Welt entdecken, die mit Klee verwandt sind. Die Serie beginnt mit einem Fokus auf Klees berühmte Engeldarstellungen. Seine Engel sind keine perfekten Himmelsboten. Sie sind Wesen zwischen Diesseits und Jenseits mit sehr menschlichen Charakterzügen: Sie sind vergesslich und noch hässlich, kindlich oder auch mal teuflisch.

Hannah Höch. Montierte Welten | 10.11.2023 – 25.02.2024

Gegen Ende des 18. Jahrhunderts in London entstanden, fasziniert der Zirkus seit Langem. Heute erscheint uns dieser magische Ort eher wie ein Relikt aus einer vergangenen Zeit. Dennoch hat die bewusste Inszenierung von schönem Schein, hartem Kampf, Erfolg und Scheitern als Teil der menschlichen Existenz viel mit unserer eigenen Realität gemeinsam. Die internationale Gruppenausstellung präsentiert zeitgenössische Künstler:innen, die sich dem Motiv des Zirkus bedienen, um aktuelle gesellschaftliche Themen zu untersuchen und kulturelle wie politische Strukturen zu hinterfragen. Künstler:innen: Kathryn Andrews, Miriam Bäckström, Istvan Balogh, Beni Bischof, Barbara Breitenfellner, Mona Broschàr, Michael Dannenmann, Latifa Echakhch, Nicola Hicks, Zilla Leutenegger, Taus Makhacheva, Dieter Meier, Yves Netzhammer, Tal R, Augustin Rebetez & Martin Zimmermann, Boris Rebetez, Ugo Rondinone, Niklaus Rüegg, Francisco Sierra, Norbert Tadeusz, William Wegman.

Nicolas Party, Swamp, 2022

Grossglockner Österreich, 2013

Museum Frieder Burda

Forum Würth Arlesheim

Nicolas Party. When Tomorrow Comes | 04.11.2023 – 18.02.2024

Zwischen Pathos und Pastos – Christopher Lehmpfuhl. Sammlung Würth | Verlängert bis 25.02.2024

www.museum-frieder-burda.de

www.kunst.wuerth-ag.ch

Der Schweizer Künstler Nicolas Party bewegt sich im Spektrum der Malerei konsequent zwischen den Extremen. Auf der einen Seite ist er in seinen Gemälden und Pastellzeichnungen ausschliesslich den klassischen Genres Stillleben, Landschaft und Porträt verbunden. Diesen stehen seine monumentalen und immersiven Wandmalereien gegenüber, die er ortsspezifisch direkt auf die Wände malt und die so immer nur für die Dauer ihrer Ausstellung existieren. Die Sujets seiner Bilderwelten verbergen dabei nicht ihre kunsthistorischen Einflüsse, vom Mittelalter über die italienische Pastellmalerei bis hin zu malerischen Positionen des 19. und 20. Jahrhunderts.Für die Ausstellung im Museum Frieder Burda wird der Künstler alle Räume des Museum Frieder Burda mit farbigen und illusionistischen Wandmalereien ausmalen. Die Architektur von Richard Meier, ansonsten geprägt durch ihre weissen Flächen und klaren geometrischen Formen, verwandelt sich in ein farbintensives atmosphärisches Raumerlebnis.

Der Berliner Künstler Christopher Lehmpfuhl (*1972) gilt als Shootingstar des zeitgenössischen Realismus. Ungewöhnlich für einen heutigen Künstler malt er im Freien. Bei Wind und Wetter trägt er dicke Schichten Ölfarbe direkt mit den Händen auf die Leinwand auf und erschafft dabei plastische Stadt- und Naturlandschaften voller Licht und Atmosphäre. Die Ausstellung im Forum Würth Arlesheim zeigt rund 35 Werke der Sammlung Würth, ergänzt um einige Leihgaben aus dem Atelier des Künstlers. Persönliche Arbeitsobjekte Lehmpfuhls und drei Dokumentarfilme geben zudem Einblick in die Arbeitsweise und den kreativen Schaffensprozess dieses Ausnahmekünstlers. Öffentliche Führung: So, 11.30 Uhr | CHF 8.–/Person | Ohne Voranmeldung Weitere Begleitprogramminhalte entnehmen Sie unserer Webseite.

Artinside | 39 | Herbst 2023


Simon Denny & Guile Twardowski: Dotcom Seance, 2022

Phung-Tien Phan, Kartoffel, Kunsthalle Basel, 2023, Ausstellungsansicht

HEK

Kunsthalle Basel

Exploring the Decentralized Web - Kunst auf der Blockchain | Bis 12.11.2023

Phung-Tien Phan | Kartoffel | Bis 12.11.2023

www.hek.ch

www.kunsthallebasel.ch

Die internationale Gruppenausstellung Exploring the Decentralized Web – Kunst auf der Blockchain gewährt Einblicke in die jüngsten Entwicklungen von Blockchain und Web3 aus künstlerischer Perspektive. Mit dieser Ausstellung wendet sich das HEK an ein Publikum mit Interesse an künstlerischen Produktionen, die Blockchain-Technologien kreativ nutzen oder die Möglichkeiten der Smart Contracts erfindungsreich auszuschöpfen wissen. Die hier versammelten Werke laden nicht nur zum Nachdenken darüber ein, wie sich Politik und die ökonomischen Strukturen der Kryptowährungen gegenseitig beeinflussen, sondern die Besucher:innen finden sich mit einer Reihe weiterer Fragen konfrontiert; etwa wie diese Technologien unsere OnlineInteraktionen bestimmen und welche Auswirkungen sie auf Wirtschaftssysteme und Gesellschaften generell haben.

Diego Marcon | Have You Checked the Children 27.10.2023–21.01.2024 | Vernissage, 26.10.2023 Nolan Oswald Dennis | Rückwand-Projekt | 01.10.2023–11.08.2024 Vernissage, 30.09.2023 Das Rückwand-Projekt der Kunsthalle Basel wird in Kooperation mit Culturescapes 2023 Sahara (01.10.– 30.11.2023) präsentiert.

Neu: Digitaler Freundeskreis «Friends of HeK»

Neue Wege der Museumsmitgliedschaft, digitale Partizipation und freier Eintritt.

Abel Rodríguez, Territorio indígena la sabana, Kolumbien, 2021, Detail

Gustav Stettler, Gemäldegalerie II, 1963-1964

Museum der Kulturen Basel

Kunst Raum Riehen

www.mkb.ch

www.kunstraumriehen.ch

Alles lebt – mehr als menschliche Welten Dauerausstellung ab 08.09.2023 Was passiert, wenn wir Menschen Berge, Flüsse, Bäume, Tiere, Pilze und Geistwesen als gleichberechtigte Bewohner*innen der Erde behandeln? Könnten wir die Welt aus der von uns verursachten Krise holen? Die Ausstellung Alles lebt – mehr als menschliche Welten im Museum der Kulturen Basel zeigt mittels Werken aus der eigenen Sammlung und Beispielen indigener Gemeinschaften, dass ein anderes Miteinander auf der Erde möglich ist. Besonders eindrücklich festgehalten sind diese Verflechtungen, Kooperationen und Bündnisse zwischen Menschen und Mitwelt in Bildern. Für indigene Lebensweisen setzt sich Abel Rodríguez aus Kolumbien ein. Seine Werke sind wichtige zeitgenössische Stimmen im Kampf für die Rechte und Territorien der Indigenen in Amazonien. Seine Aquarelle in der Ausstellung verweisen auf die grundlegende Bedeutung der Mitwelt für indigene Gemeinschaften und deren enge Beziehung zum Wald und den Wesen, die ihn bewohnen.

Ma vie, les autres: der Maler Gustav Stettler (1913–2005) 12.09.2023–05.11.2023 Konzipiert von Jean-Claude Freymond-Guth und Isabel Zürcher

Gustav Stettler (1913-2005) etabliert sich früh als ernste Stimme in der jungen Schweizer Malerei. Der Berner Künstler orientiert sich nicht an der Metropole seiner Zeit: Sein Paris ist Basel, wo Wohn- und Nutzbauten ebenso wie der nahe Krieg ihre Schatten über Lebensräume werfen. Die Ausstellung im Kunst Raum Riehen zeigt, wie sich das Selbstverständnis des Malers bis in die 1980er-Jahre verändert: Der mahnende Beobachter wird zum Chronisten einer Gesellschaft im Wandel. Das Projekt entsteht in Kooperation mit dem Kunstmuseum Thun, wo von Februar bis April 2024 eine Ausstellung zu Gustav Stettler im Dialog mit der Sammlung zu sehen sein wird.

Regionale 24 | 25.11.2023 – 19.01.2024

Artinside | 40 | Herbst 2023


10 Tram 󶀸, Bus 󶀵󶀵 ab Claraplatz

Bad. Bahnhof

Basel City

Messeplatz Tram 󶀶 ab City, Claraplatz, Messeplatz

8

Claraplatz

DEUTSCHLAND Wettsteinplatz Marktplatz 7

11 S-Bahn Riehen

2

Münsterplatz

Barfüsserplatz 6

1

5

Badischer Bahnhof

4

3

Basel City Aeschenplatz

8 Kulturstiftung Basel H. Geiger | KBH.G 9 HEK – Haus der Elektronischen Künste Basel 10 Vitra Design Museum/D 11 Kunst Raum Riehen 12 Kloster Schönthal, Langenbruck/CH 13 Forum Würth Arlesheim

S-Bahn Dreispitz

9

Tram 󶀱󶀰 & 󶀱󶀱

13

12

1 Fondation Beyeler, Riehen/Basel 2 Museum Tinguely 3 Kunstmuseum Basel | Hauptbau | Neubau 4 Kunstmuseum Basel | Gegenwart 5 Kunsthalle Basel 6 Historisches Museum Basel 7 Museum der Kulturen Basel

Geodaten Kanton Basel-Stadt, 11.12.2012

Bahnhof SBB / SNCF

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S PA L E N B E R G 2 6 S T. J O H A N N S V O R S TA D T 4 7 B A S L E R L E C K E R LY. C H

Maitha Abdalla, Between Daydreams and Nightmares, 2020 Artinside | 41 | Herbst 2023


Die nächste Ausgabe von Artinside erscheint im Frühjahr 2024 Fondation Beyeler

Jeff Wall 28.01.2024 – 21.04.2024 Die Fondation Beyeler widmet zu Beginn des kommenden Jahres dem kanadischen Künstler Jeff Wall (*1946) eine umfangreiche Einzelausstellung. Es handelt sich dabei um die erste Werkschau des Künstlers in der Schweiz seit zwei Jahrzehnten. Wall, der seit den späten 1970erJahren massgeblich zur Etablierung der Fotografie als eigenständiges Bildmedium beigetragen hat, gilt als Begründer der «inszenierten Fotografie». Er generiert zumeist grossformatige, aus einer Vielzahl von Einzelaufnahmen vielschichtig und subtil komponierte Fotografien, die oftmals durch Vorbilder aus der Kunstgeschichte angeregt sind. Unter den mehr als fünfzig in der Ausstellung der Fondation Beyeler versammelten Werken finden sich Grossbilddiapositive in Leuchtkästen, sowie Schwarz-Weiss-Fotografien und farbige Fotodrucke. Mehrere neue Arbeiten werden in der Fondation Beyeler erstmals überhaupt öffentlich zu sehen sein.

Jeff Wall, Milk, 1984

Museum Tinguely

Otto Piene. Wege zum Paradies 07.02.2024 – 12.05.2024 Otto Piene (1928−2014) verfolgte mit seiner Kunst hochgesteckte Ziele: Nicht nur erweiterte er seinen künstlerischen Schaffensbereich mit schwebender Sky Art und medialen Projektionen buchstäblich bis in den Himmel, auch sollten seine Werke einen Beitrag zu einer harmonischeren, friedlicheren und nachhaltigeren Welt leisten. Thematisch strukturiert zeichnet die monografische Ausstellung die Vision des Künstlers entlang der wichtigsten Projekte und Werkserien seines Œuvres nach. Dabei stehen Werke unterschiedlicher medialer Gattungen miteinander und insbesondere mit seiner stetigen Praxis des Skizzierens und Zeichnens im Dialog.

Otto Piene, Inflation trial for OLYMPIC RAINBOW, 1972, St. Paul, MN, USA, August 1, 1972

Kunstmuseum Basel | Neubau

Dan Flavin 02.03.2024 – 18.08.2024

Als Dan Flavin 1963 eine einzige Leuchtstoffröhre in einem 60-Grad-Winkel an der Wand seines Studios anbrachte, war dies radikal. Die Verwendung von handelsüblichen Produkten war innerhalb der damals aufkommenden Minimal Art ein beliebtes Mittel. Flavin wollte dieser Kunstströmung zwar nie so recht angehören, avancierte aber buchstäblich zu deren leuchtendstem Vertreter. Seine Arbeiten erzählen oft von konkreten Ereignissen oder Personen. Doch man kann sie auch verstehen, wenn man die Geschichten dahinter nicht kennt. Die grosse Sonderausstellung im Kunstmuseum Basel nimmt diese Erzählstrategien anhand von Werken und Serien aus dem gesamten Schaffen Flavins unter die Lupe.

Dan Flavin, pink out of a corner (to Jasper Johns),1963 Artinside | 42 | Herbst 2023


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