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Nachhaltigkeit mit ELTIFs
Schub für Infrastruktur
Langfristige Nachhaltigkeits-Projekte sollen die Energiewende unterstützen. ELTIF ist dabei ein von der EU favorisiertes Instrument. Nur, warum hört man in der Investmentszene davon gar so wenig?
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HARALD KOLERUS
Schon einmal etwas von ELTIF gehört? Vermutlich nicht, obwohl der „European Long-Term Investment Fund“ bereits 2015 von der EU aus der Taufe gehoben wurde. Mit ELTIFs sollen illiquide Kapitalanlagen leichter zugänglich werden: Etwa Investments in Infrastruktur oder Windkraftanlagen, um so nicht zuletzt den Weg zu einer „grünen Wirtschaft“ zu erleichtern. Also prinzipiell eine gute Sache, derzeit gibt es aber laut FMA in Österreich keine ELTIF-Produkte. Warum eigentlich?
Hohe Einstiegssumme
Das ist vor allem auf die Konstruktion von ELTIF zurückzuführen. Wegen der langfristigen Ausrichtung der Fonds müssen mindestens 10.000 Euro pro Anleger aufgewendet werden und die Investmentsumme darf höchsten zehn Prozent des Vermögens des Anlegers ausmachen. Das kann natürlich durchaus abschreckend wirken, weshalb die EU auch an „weicheren Kriterien“ arbeitet (siehe Bericht ganz rechts).
Erneuerbare Energie und mehr
Wie ELTIF nun konkret anlegen, lässt sich gut an einem praktischen Beispiel erklären. Die Commerzbank-Tochter Commerz Real hat im Herbst 2020 einen ELTIF aufgelegt: Den „klimaVest“, der in Luxemburg und Deutschland vertrieben wird. Ein Start in Österreich und der Schweiz ist möglich, einen konkreten Zeitplan kann das Unternehmen dabei allerdings noch nicht nennen. Timo Werner, Fondsmanager klimaVest, Commerz Real, zeigt sich jedenfalls mit der bisherigen Entwicklung höchst zufrieden: „Begonnen hat unser offener Impact-Fonds mit einem Volumen von rund 60 Millionen Euro, nach knapp einem Jahr weist der Fonds ein Volumen von 630 Millionen Euro
auf. Anvisiert werden zehn Milliarden Euro, wobei das natürlich nicht von heute auf morgen erfolgen wird.“ Dabei liegt der Fokus des Produkts eindeutig auf Privatanlegern, aber auch Institutionelle Investoren können einsteigen. Dieser ELTIF investiert aktuell primär in Erneuerbare-EnergienProjekte wie zum Beispiel Photovoltaik und Windkraft (on- und offshore). Mit zunehmendem Fondswachstum sollen nachhaltige Infrastruktur (etwa Stromnetze), Mobilität und Forstwirtschaft hinzukommen. Werner: „Es handelt sich um einen Sachwerte-Fonds, mit der Besonderheit, dass er täglich handelbar ist. Hintergrund: Es werden auch Tagesgeldanlagen im Rahmen des Liquid-Managements verfolgt. Somit unterscheiden wir uns deutlich von geschlossenen ELTIF-Produkten, in denen Anleger für 10 oder 20 Jahre gefangen sind.“ Besonderen Wert legt „klimaVest“ auf planbare Erträge, deshalb wird bei den Investments auf Faktoren wie Einspeisvergütung und Stromabnahmeverträge geachtet. Eine Rendite von drei bis vier Prozent jährlich soll dabei unterm Strich herauskommen.
Keine Atomkraft
Apropos Projektauswahl: Bekanntlich hat die EU-Kommission Kernkraft als nachhaltig deklariert. Werden AKWs somit für ELTIF investierbar? Nicht bei „klimaVest“. Werner erklärt: „Die EU-Taxonomie stellt einen Mindeststandard dar. Der klimaVest geht über diesen hinaus, mit dem Ziel einen positiven und messbaren Beitrag zum Klimaschutz bzw. zur Abschwächung des Klimawandels zu leisten. Dabei wird im Rahmen einer Impact-Due Diligence über die gesamte Wertschöpfungskette auch darauf geachtet, dass die getätigten Investments die Umwelt nicht erheblich beeinträchtigen. Bei Kernenergie besteht weiterhin das Problem mit der Entsorgung des radioaktiven Abfalls, der die Umwelt belastet, sodass Atomkraft auch mit Einstufung der EUKommission als nachhaltiges Investment keine Option für den klimaVest darstellt.“ Tobias Huzarski, Head of Impact Investment, Commerz Real, fügt hinzu: „Außerdem ist es keine ausgemachte Sache, dass die CO2-Bilanz von Atomenergie so gut ausfällt, wie das gerne dargestellt wird. Etwa, wenn man den CO2-intensiven Bau der AKWs miteinrechnet. Bei uns steht bei jeder Veranlagung die CO2-Reduktion im Fokus, wir investieren nur in Anlagen, die maximal 100 Gramm CO2 pro Kilowattstunde erzeugen. Das ist ein klares Kriterium, somit kommen für uns auch keine Investments mit fossilen Brennstoffen in Frage, weil sie unseren Grenzwert überschreiten.“ Fazit: ELTIF im Auge behalten, vielleicht kommen sie auch bald nach Österreich.
ELTIF: Enges Korsett bremst Entwicklung
Quelle: Überblick über registrierte ELTIFs der EMSA (Stand Sept. 2021) 18 16 14 12 10 8 6 4 2 0 Anzahl registrierter ELTIFs
Einführung ELTIF-Regime Anzahl der Anbieter
2015 2016 2017 2018 2019 2020 YTD 2021
Seit der Einführung von ELTIFs in Europa ist die Entwicklung eher schleppend verlaufen. Das kann sich verbessern, wenn die EU das strenge Korsett bei den Mindestinvestments (von derzeit 10.000 Euro pro Anleger) etwas aufschnürt.
„Wir legen Wert auf stabile Investments und eine planbare Rendite.“
Timo Werner, Fondsmanager des klimaVest, Commerzreal
So funktioniert ELTIF
ELTIF steht für European Long Term Investment Fund (Europäischer langfristiger Investmentfonds). Er dient der Förderung langfristiger europäischer Veranlagungen in die Realwirtschaft und soll dafür besonders auch Finanzmittel von Privatpersonen aktivieren und die grüne Energiewende unterstützen.
Strenge Regeln
ELTIFs sind somit alternative Finanzvehikel, die langfristig in Sachwerte, Infrastruktur oder mittelständische Unternehmen investieren. Diese Instrumente sind breit diversifiziert und zum Schutz von Privatanlegern erst ab einem Vermögen von 100.000 Euro zugänglich. Mindestinvestment: 10.000 Euro. Weil sich die Entwicklung von ELTIF bisher eher schleppend bewegte, will die EU die Einstiegssumme reduzieren, vielleicht schon 2022.