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Kryptowährungen
Steigende Akzeptanz
Aus Angst vor ausufernder Inflation und einem Mangel an alternativen Investmentmöglichkeiten finden immer mehr digitale Assets ihren Weg in die Bilanzen namhafter Unternehmen. Ist Bitcoin das neue Gold?
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MORITZ SCHUH
Zur Diversifizierung: Bitcoins werden zunehmend von institutionellen Investoren nachgefragt.
Benjie Thomas, Managing Partner bei KPMG
Bitcoin hat seit dem Ausbruch der Corona-Krise nicht nur seinen Weg in die Portfolios zahlreicher Kleinanleger gefunden, sondern zieht auch zunehmend das Interesse institutioneller Investoren auf sich. So gab erst im Februar KPMG bekannt, dass seine kanadische Niederlassung Ethereum und Bitcoin für sein Corporate Treasury erworben habe. Benjie Thomas, Managing Partner bei KPMG, betonte dabei, dass Hedgefonds, Family Offices, Versicherer und Pensionsfonds zunehmend in Kryptowährungen investieren und fügte hinzu, dass dieser Schritt die Überzeugung des Unternehmens widerspiegle, dass die institutionelle Nutzung von Kryptowährungen weiter zunehmen und zu einem festen Bestandteil des Asset-Mixes werden wird.
Gegen Finanzkatastrophen
Auch der berühmte Value-Investor Bill Miller, Gründer von Miller Value Partners, meinte kurz darauf: „... dass wir in diesem Jahr eine große Akzeptanz bei Stiftungen und Institutionen sehen werden, die sich weiter fortsetzen dürfte.“ Miller selbst hatte im selben Interview verraten, dass er schon vor langer Zeit ein paar Prozent seines Portfolios in die Kryptowährung investiert hatte, die im November zwischenzeitlich auf die Hälfte seines Nettovermögens angewachsen war. Er sieht Bitcoin wie eine Versicherungspolice: „Versicherungspolicen haben keinen intrinsischen Wert. Sie wollen zwar nicht, dass Ihr Haus abbrennt, aber Sie zahlen dennoch jedes Jahr für eine Versicherung, für den Fall, dass das passiert: Bitcoin ist eine Versicherung gegen finanzielle Katastrophen.“ Eine Absicherung, die sich für eine wachsende Zahl von Investoren und in einem Umfeld rapide steigender Verbraucherpreise zu einer ernstzunehmenden, langfristigen Alternative zu anderen „safe haven assets“ entwickelte.
Das neue Gold?
Zwar haben die jüngsten Berichte über Rekordteuerung in der Eurozone, ein 40-Jahres-Inflationshoch in den USA und die Angst vor einer strafferen Geldpolitik auch den Kryptomarkt im Jänner erschüttert, doch viele Anleger gehen trotzdem davon aus, dass es sich dabei um einen zyklischen Faktor handelt, der nur von kurzfristigen Liquiditätsabflüssen angetrieben wird. Bitcoin steckt immer noch in den Kinderschuhen und genau diese Volatilität und Boom- und Bust-Zyklen sind es, die nach Ansicht der Strategen von JPMorgan die größte Herausforderung für die weitere institutionelle Akzeptanz darstellen. Zeitgleich prognostizieren sie aber auch ein theoretisches Kursziel von 150.000 US-Dollar, sollte diese abnehmen und der Gesamtmarktwert auf jenen des privat gehaltenen Golds ansteigen. Aufgrund der viermal höheren Volatilität ge-
genüber Gold, sehen die Strategen den fairen Wert derzeit noch bei 38.000 US-Dollar.
Abnehmende Volatilität
Laut des Bloomberg Crypto-Outlook von Februar könnte es aber gerade der Weg in den Mainstream sein, der sich bald auf die Preisvolatilität auswirkt. Die kürzliche Einführung des amerikanischen Bitcoin-Futures ETF wird darin als erster Schritt der Aufsichtsbehörden gesehen, der schon bald in weiteren ETFs gipfeln könnte, die „tatsächliche“ Bitcoin abbilden. In einer Grafik weisen sie auf den Aufwärtstrend des „open interest“ an Bitcoin-Futures im Vergleich zum Abwärtstrend der Krypto-Volatilität verglichen mit dem Aktienmarkt hin. Demnach ist die 260-Tage BTC-Volatilität heute nur mehr dreimal so hoch wie die des Nasdaq 100 – verglichen mit dem 8-fachen, als Bitcoin-Futures im Jahr 2017 eingeführt wurden. Steigende Nachfrage, Akzeptanz und Markttiefe sollten diese Volatilität weiter sinken lassen, so die Analysten.
Institutioneller Bitcoin-Hunger
Trotz dieser Schwankungen hat eine aktuelle Studie von Fidelity Digital Assets herausgefunden, dass sieben von zehn befragten institutionellen Anlegern planen, in den nächsten fünf Jahren in digitale Vermögenswerte zu investieren. Die Studie bestätigt auch, dass 52 Prozent der befragten Unternehmen in Europa, Asien und den USA derzeit in digitale Vermögenswerte investieren. Weitere Unternehmen dürften diesem Beispiel folgen und digitale Vermögenswerte als Möglichkeit zur geografischen Diversifizierung von Investitionen, als Teil einer zukunftsorientierten Strategie, Vorbereitung auf die Akzeptanz von Bitcoin als Zahlungsmittel und zum Schutz des Kapitals vor einer möglichen zukünftigen Währungsabwertung nutzen. Viele Jahre galt die Idee, dass börsennotierte Unternehmen Bitcoin für ihre Rücklagen kaufen könnten, als lächerlich, doch heute haben etwa 20 börsennotierte Unternehmen mit einer Marktkapitalisierung von mehr als 1 Billion Dollar bereits in Bitcoin investiert.
Beginn der Krypto-Treasuries
Den Ausgang dieses Trends markierte der 11. August 2020, als das Business Intelligence-Unternehmen MicroStrategy als erstes börsennotiertes Unternehmen Bitcoin kaufte. Heute besitzt das Unternehmen etwa 125.051 Bitcoin, die zu einem Durchschnittspreis von 30.200 US-Dollar erworben wurden und rund 75 Prozent der Reserven in seiner Bilanz entsprechen. Für Anleger, die nicht bereit sind, Bitcoin selbst zu kaufen, hat sich der Kauf von MicroStrategyAnteilen als Investitions-Möglichkeit erwiesen, ohne sich selbst um die Verwahrung kümmern zu müssen. Manche sind sogar der Meinung, dass der Umfang der Bitcoin-Käufe das Unternehmen de facto zu einem BitcoinETF gemacht hat. Seit MicroStrategys Vorpreschen haben sich eine Reihe weiterer bekannter Unternehmen in die Riege der Bitcoin-Holder eingereiht. Dazu zählen etwa Tesla und Block, Inc., die Payment-Firma des Twittergründers Jack Dorsey.
Zukunftspotential
Gerüchte über BlackRocks Krypto-Maßnahmen heizten die Spekulationen über eine neue Welle institutioneller Anleger kürzlich weiter an. Ein Krypto-Handelsdienst über die Asset Management Plattform (Aladdin) des größten Vermögensverwalters der Welt könnte Bitcoin auf einen Schlag für viele Investment-Schwergewichte verfügbar machen. Zu Blackrocks Kunden zählen unter anderem Vanguard und State Street Global Advisors, die Hälfte der zehn größten Versicherer, sowie Japans staatlicher Pensionsfonds, Apple, Microsoft und Alphabet. Noch sind die Bedenken rund um finanzielle Risiken, Sorgen über die Tiefe und Liquidität des Marktes, sowie die regulatorische Ungewissheit groß, doch es gibt zahlreiche Gründe für Unternehmen, digitale Vermögenswerte in ihre Bilanzen aufzunehmen. BITCOIN-PREIS KONSOLIDIERT
USD 70.000 60.000 50.000 40.000 30.000
20.000 15.000
10.000 8.000 6.000
4.000
2019 2020 2021
Positiver Preistrend, zunehmendes „open interest“ und abnehmende Volatilität: Bitcoin Futures sind mittlerweile fester Bestandteil der wachsenden „Mainstream Adoption“ der digitalen Assetklasse.
INVESTMENTS VON UNTERNEHMEN IN BITCOIN UNTERNEHMEN BITCOIN KAUFWERT AKT. WERT MicroStrategy 125.051 3.776 Mio$ 5.489 Mio$ Tesla 43.200 1.500 Mio$ 1.896 Mio$ Galaxy Digital Holdings 16.402 134 Mio$ 728 Mio$ Marathon Digital 8.595 kA. 378 Mio$ Block Inc. 8.027 220 Mio$ 356 Mio$ Hut 8 Mining 4.724 k.A. 210 Mio$ Coinbase 4.483 130,1 Mio$ 199 Mio$ NEXON 1.717 100 Mio$ 76 Mio$ Voyager Digital 1.239 7,9 Mio$ 55 Mio$ Riot Blockchain 1.175 7,2 Mio$ 52 Mio$