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Coinbase
Sprung an die Börse
Das Nasdaq-Listing katapultierte Coinbase, eines der renommiertesten Kryptounternehmen, mitten auf die Wall Street. Was bedeutet nun das Public Offering für die junge Industrie – und macht ein Investment noch Sinn?
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MORITZ SCHUH
Brian Armstrong, CEO von Coinbase
Coinbase hat eine ehrgeizige Mission: die wirtschaftliche Freiheit in der Welt zu erhöhen.
Mit Aufmerksamkeit verfolgte die Finanzwelt am 14. April, wie die amerikanische Krypto-Exchange Coinbase ihr traditionelles Börsendebüt hinlegte und damit der bisher wahrscheinlich größte Schritt in Richtung einer breiteren Akzeptanz von digitalen Assets gemacht wurde. Angesichts bemerkenswerter Quartalsergebnisse war beinahe garantiert, dass die Nasdaq-Notierung eine für die Geschichtsbücher werden wird. Nach der Eröffnung mit einem Preis von 250 Dollar stieg die Aktie innerhalb weniger Minuten um fast 72 Prozent auf 429,54 Dollar, bevor sie ihren ersten Handelstag bei 328,28 Dollar schloss. Ein Plus von immerhin 31,3 Prozent, die Coinbase eine Bewertung von stolzen 87,3 Milliarden Dollar verlieh-. Zahlen, die veranschaulichen, warum der Börsengang für viele Beobachter einen Wendepunkt der Industrie und ein Krypto-Stimmungsbarometer des traditionellen Finanzsektors darstellt.
Historisches Listing
Die Notierung des einstigen Start-ups aus San Francisco und seine Bewertung, die mit dem Börsengang von AirBnB und Facebook konkurriert, ist definitiv ein Meilenstein, den noch vor einem Jahr wenige erwartet hätten. Coinbases Listing bietet MainstreamAnlegern, die möglicherweise davor zurückschreckten, Kryptoassets direkt zu kaufen, die Möglichkeit, in Aktien eines regulierten Unternehmens zu investieren, dessen Gewinne ausschließlich im Kryptospace generiert werden. Und diese können sich sehen lassen: Coinbase mit 1700 Mitarbeitern und 56 Millionen registrierten Benutzern erzielte in den ersten drei Monaten des Jahres Umsätze in Höhe von 1,8 Milliarden Dollar und einen geschätzten Nettogewinn von 730 bis 800 Millionen Dollar.
Klein angefangen!
Vor knapp neun Jahren, im Sommer 2012, hatte Coinbase-CEO Brian Armstrong die Idee, eine Wallet für Bitcoin zu entwickeln, die jedem erlauben würde, die damals einzige Kryptowährung zu handeln. Als Software-Entwickler bei AirBnB brachte er dafür das notwendige technische Know-how mit, doch es fehlte ihm an Geschäfts- und Finanzerfahrung. Auf Reddit stieß er dann auf Fred Ehrsam, der zur damaligen Zeit als Trader bei Goldman Sachs tätig war, und holte ihn als Mitgründer ins Boot. Zusammen schafften sie es, ihr Projekt in ein Programm des renommierten Start-up-Inkubators Y Combinator zu bringen und eine Investition in Höhe von 150.000 Dollar abzustauben.
Sicherheit geht vor
Ein Grund für den großen Erfolg von Coinbase ist sein früher Fokus auf Sicherheit und Gesetzeskonformität, der das Vertrauen von Investoren, Kunden und Aufsichtsbehörden stärkte. Zu einer Zeit, als Schlagzeilen über Darknet-Marktplätze für den Handel von Drogen und Waffen mit Bitcoin oder der „Exit-Scam“ der damals größten Krypto-Börse Mt. Gox die junge Industrie überschatteten, war Armstrong einer der wenigen in der Branche, der bereit war, die früher oder später unvermeidbaren regulatorischen Vorschriften auch einzuhalten.
Wie verdient Coinbase sein Geld?
Mit seinem derzeitigen Kerngeschäft erlaubt Coinbase als größte US-amerikanische Kryptobörse seinen Kunden den Handel mit rund 50 Kryptowährungen. Dabei erhebt Coinbase
Gebühren für die Einzahlung von Geldern und den Handel selbst. Bis 2020 stammten rund 90 Prozent des Umsatzes des Unternehmens aus Transaktionsgebühren und Dienstleistungen wie Verwahrung. Dementsprechend ist das Geschäft stark abhängig von den allgemeinen Entwicklungen am Kryptomarkt. Ein starker Preisverfall könnte seine User etwa schnell wieder in die Flucht schlagen. In seinem Finanzprospekt warnte Coinbase deshalb davor, dass seine Geschäftsergebnisse mit der Volatilität von Krypto-Assets schwanken würden und von Entwicklungen abhängen, von denen viele unvorhersehbar sind und in bestimmten Fällen außerhalb ihrer Kontrolle liegen. Und dann wäre da noch die, auf den ersten Blick widersprüchlich erscheinende, Gefahr von fortschreitender Dezentralisierung.
Risiko DeFi
Viele glauben, dass Kryptowährungen und Blockchain ein dezentrales Finanzsystem ohne Regierungen oder Banken hervorbringen könnten. Auch dieses Risiko deklarierte Coinbase in seinen Prospekt und identifizierte DeFi und dezentrale Börsen (DEX) als potenzielle Bedrohungen. In einer Zukunft, in der alle Einnahmen und Ausgaben in Krypto beglichen werden könnten, würde niemand eine zentrale Börse wie Coinbase brauchen, um wieder zu Fiat-Geld zu gelangen. Es steht außer Frage, dass der dezentrale Handel massiv wachsen wird, doch es wird vermutlich noch Jahrzehnte dauern, bis es zentrale Lösungen weitgehend ersetzt. Viel eher werden zentrale und dezentrale Lösungen noch länger koexistieren. Nicht jeder kann oder will etwa seine eigenen Private Keys verwahren. Und auch aus regulatorischer Sicht ist das On- und Off-Ramping aus Fiat-Money der einzig mögliche Punkt für Aufsichtsbehörden und Finanzministerien, Überprüfungen anzustellen. Sollten sich DeFi-Protokolle wirklich durchsetzen, stehen regulierte Unternehmen wie Coinbase mit ihren KYC-Prozessen (Know Your Customer) dafür zur Stelle. Eine viel größere und akutere Gefahr geht dabei schon eher von traditionellen Finanzinstituten aus. Sollten Banken ihren Kunden in naher Zukunft Kryptowährungshandel über ihre Girokonten erlauben, gäbe es keinen wirklichen Bedarf für Coinbase mehr.
Zurück in die Gegenwart
Fest steht jedoch, Coinbase ist gegenwärtig nicht nur Zugang für neue Retailinvestoren, sondern auch für institutionelle Anleger, die sich keine Gedanken über technische Details der Verwahrung machen möchten. Zusätzlich dringt man auch rasch in weitere Geschäftsbereiche vor. Im Zulassungsantrag ist etwa vermerkt, dass man sich vorbehält, weitere Stammaktien auszugeben – auch in Form von Blockchain-basierten Token. Durch seinen Risikokapitalarm Coinbase Ventures ist das Unternehmen auch bereits an mehreren Plattformen und Emittenten für Security Token beteiligt. Ohne weitere Abstimmung der Aktionäre und größeren Aufwand wäre Coinbase damit in der Lage, Security Token auszugeben, die auf seiner eigenen Plattform gehandelt werden und somit effektiv einen parallelen Wertpapiermarkt zu jenem aufbauen, der Coinbase gerade erst sein Listing ermöglichte.
Das Coinbase IPO hat endgültig bewiesen, dass die Kryptoindustrie hier ist, um zu bleiben. Jetzt geht es darum, zu liefern und den Erwartungen gerecht zu werden.
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