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Kryptowährungen
In die Schranken gewiesen
Lange galt die Gesetzgebung für Kryptowährungen und digitale Assets als undurchsichtig, doch mit neuen Initiativen vieler Regierungen scheint sich die Unklarheit im Regulierungsdschungel nun etwas zu lichten.
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MORITZ SCHUH
„Das Grundproblem bei konventioneller Währung ist all das Vertrauen, das erforderlich ist, damit sie funktioniert. Man muss der Zentralbank vertrauen, dass sie die Währung nicht entwertet, aber die Geschichte der FiatWährungen ist voll von Vertrauensbrüchen.“ Satoshi Nakamoto, Bitcoin-Erfinder
Dafür, dass Krypto-Assets und bestehendes Recht noch für längere Zeit in Konflikt geraten dürften, sorgt alleine schon ihr inhärent regulierungsresistentes Design. Was will man erwarten von einer Technologie wie Blockchain, deren größte Errungenschaft es ist, Vertrauen durch Code und nicht durch Gesetze oder Institutionen zu etablieren. Einer der Gründe für die Entwicklung von Bitcoin war es doch, eine Währung zu schaffen, die von Regierungen und Banken unabhängig ist. Es ist also nur naheliegend, dass Behörden ihre Schwierigkeiten haben, diesen neuen Markt mit alten Strukturen in Einklang zu bringen und es alles andere als klar, wie ein Produkt reguliert werden soll, das sich eigentlich der Kontrolle durch die nationalen Behörden entziehen will.
Rechtliche Grauzone
Und trotzdem: Mit der breiteren Akzeptanz wachsen auch die Versuche öffentlicher Kontrolle, wobei insbesondere China den Druck auf Krypto-Loyalisten in den vergangenen Wochen immens erhöhte. Auch in den USA untersuchen Beamte verschiedener Behörden derzeit die Möglichkeiten, Krypto zu zähmen und in der Europäischen Union arbeitet man an einem einheitlichen Regulierungsrahmen für Krypto-Assets. Leider befindet sich die Regulierung überall noch in der Grauzone. Angesichts der Herausforderung, Innovation nicht mit Überregulierung zu ersticken, ist es leicht zu verstehen, warum das gesetzliche Umfeld als so undurchsichtig und inkonsistent angesehen wird.
Unklare Zuständigkeiten
In den USA forderte die Steuerbehörde IRS den Gesetzgeber im Juni dazu auf, ihr mehr Befugnisse und Mittel zur Regulierung der Kryptobranche zu geben. Primär geht es darum, Steuerschulden und mutmaßlichen Betrug zu bekämpfen. Konkret strebt der IRS Mittel in Höhe von 32 Millionen Dollar an, um Operationen im Zusammenhang mit digitalen Assets durchzusetzen. Die Forderung kommt fast zur gleichen Zeit, als die BidenAdministration anklingen ließ, dass die Branche mit strengeren Regulierungen rechnen solle. Diverse Regierungsbeamte verschiedener Behörden begannen in den letzten Monaten zu erläutern, wie sie Krypto-Assets und ihre Vorschriften betrachten. Das Finanzministerium etwa, hat bekanntgegeben, dass alle Kryptowährungstransfers von mehr als 10.000 Dollar gemeldet werden müssen. Auch die Federal Deposit Insurance Corporation hat ein Auskunftsersuchen darüber veröffentlicht, wie Banken digitale Vermögenswerte derzeit verwenden und was die Behörde tun könnte, um Unternehmen dabei zu unterstützen. Auch die Börsenaufsicht SEC dürfte bald wieder eine ak-
„Wenn etwas groß genug wird, kommen Verbraucherinteressen und Geldwäsche ins Spiel. Es gibt also gute Gründe zu glauben, dass Regulierung passieren wird.“
Stefan Ingves, Riksbank-Gouverneur „Es wird unweigerlich einige enttäuschte Ambitionen in diesem Prozess geben, aber ich denke, dass daraus eine robuste Form der Innovation entstehen wird.“
Andrew Bailey, Governor der Bank of England „Wenn man Institutionen dazu bringen will, sich der Revolution anzuschließen, braucht man eine gewisse Regulierung.“
Mike Novogratz, Gründer und CEO von Galaxy Digital
tivere Rolle bei der Regulierung von Kryptowährungen einnehmen. Wie ihr Vorsitzender Gary Gensler Anfang Juni in einem Interview bemerkte, würden Kryptowährungen keinen ausreichenden Anlegerschutz bieten und eine spekulative Anlageklasse darstellen. Über diese sollte seine Behörde Befugnis haben, Regeln aufzustellen und zum Schutz von Investoren zur Regulierung von Krypto-Börsen beitragen.
Einheitliche europäische Lösung?
Die EU erarbeitete vergangenen September einen Vorschlag für eine erste supranationale Regulierung von Krypto-Assets, die Europe’s Markets in Crypto-Assets Regulation (MiCA). Ergänzend dazu wurde eine Verordnung über ein Pilotregime für Marktinfrastrukturen angekündigt, das gewissermaßen eine paneuropäische Sandbox darstellt, die darauf abzielt, einen regulatorisch sicheren Raum für Unternehmen zu schaffen und den Regulierungsbehörden mehr Einblick in die Marktrealität von kryptobasierten Produkten zu bieten. Die Teilnehmer werden von bestimmten, in MiCA eingeführten Anforderungen befreit. Eine kürzliche Aktualisierung zeigte etwa, dass Bankinstitute, die kryptowährungsbasierte Dienste anbieten, keine weiteren Anforderungen erfüllen müssen, denen sie nicht jetzt schon durch ihr Kerngeschäft nachkommen. Broker und Investmentgesellschaften hingegen müssen neuen Vorschriften gerecht werden. Außerdem müssen Unternehmen, die KryptoDienstleistungen für Europäer anbieten, auch in der Region ansässig sein, um zu verhindern, dass diese sich dem europäischen Zuständigkeitsbereich entziehen. MiCA dürfte endgültig nächstes Jahr ratifiziert werden und bestehende nationale Gesetze ersetzen.
Chinas eiserne Faust
Weniger jovial gehen die chinesischen Behörden derzeit in Bezug auf Kryptowährungen und die Industrie vor. Erst vor einigen Wochen wurden die Gesetze verschärft, die Finanzinstituten und Zahlungsdienstleistern die Bereitstellung von Services im Zusammenhang mit Kryptowährungen verbieten. Im Vergleich zu einem früheren Verbot aus 2017 erweiterten die neuen Regeln den Umfang der untersagten Dienste erheblich und untermauern den Regierungsstandpunkt, kompromisslos gegen den Markt vorzugehen. Neben einem Komplettverbot, Krypto in jedweder Form zu akzeptieren, in sie zu investieren oder sie als Zahlungs- bzw. Abwicklungsmittel zu verwenden, werden Banken und Zahlungsunternehmen dazu aufgefordert, die Überwachung der Geldflüsse punkto Kryptowährungen zu verstärken und sich bei der Identifizierung solcher Risiken enger abzustimmen.
Regulierung von Vorteil
Trotz all der neuen Verbote und Einschränkungen könnte die aktuelle Regulierungswelle der Industrie letzten Endes zugutekommen, indem sie mehr Anlegern aus unterschiedlichen Bereichen Investitionen ermöglicht und höhere Sicherheit gewährleistet. So unliebsam es auch sein mag, doch alleine eine transparente steuerliche Behandlung könnte eine gewisse Klarheit liefern und zum weiteren Wachstum der Branche beitragen. Wie Mike Novogratz, Gründer von Galaxy Digital erst kürzlich klarstellte: „Wir brauchen eine Regulierung, das mag in KryptoKreisen eine unpopuläre Meinung sein, aber wenn man Institutionen dazu bringen will, sich der Revolution anzuschließen, braucht man eine gewisse Regulierung.“
Schreckgespenst FATF
Kürzlich schloss die Financial Action Task Force (FATF), ein supranationales Gremium zur Bekämpfung von Geldwäsche, ihre zweite jährliche Überprüfung der Fortschritte bei der Umsetzung eines Rahmens für Kryptowährungen ab und sorgte damit für Unsicherheit in der Branche. Laut FATF hat die Mehrheit die Anforderungen noch nicht umgesetzt und die Nachzügler wurden somit aufgeforderert, dem nachzukommen. FATF hatte vor zwei Jahren empfohlen, Kryptowährungsunternehmen, sogenannte Virtual Asset Service Provider oder auch VASPs, in ihren regulatorischen Rahmen einzubeziehen. Dies hat damals die Branche vor Herausforderungen gestellt, insbesondere in Bereichen wie der „Travel Rule“, einer Vorgabe, die VASPs dazu auffordert, personenbezogene Daten ihrer Kunden zu erheben und bei Transaktionen gewisser Höhe zu teilen. Nicht unbedingt einfacher gestaltete sich die Umsetzung der Vorschriften mit dem Aufkommen der sich immer schneller entwickelnden Bereiche von Decentral Finance (DeFi) und Stablecoins. Der Vorwurf der Branche auf den letzten Leitlinienentwurf der FATF, dass die Regulierungsbehörden einen zu breiten Ansatz verfolgen würden und so Innovationen verhindern, führte dazu, dass die Organisation nun die VASP-Regeln erst bei ihrer nächsten Plenarsitzung im Oktober endgültig machen will.