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Technologie
Neue Rekorde
In der Corona-Pandemie wurden viele Technologietitel hochgejubelt, in der folgenden Rotation stürzten sie wieder ab. 2021 ist der Hightechbranche wieder ein Comeback gelungen, der Nasdaq 100 erreichte ein Rekordhoch.
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WOLFGANG REGNER
„Viele verschobene Hightech-Projekte werden nun wieder aus der Schublade hervorgeholt.“
Hyun Ho Sohn, Fondsmanager des Fidelity Global Technology 2 020 war ein Jahr der Anomalie: Wenige Unternehmen schafften ein Wachstum. „Dieses Jahr sieht anders aus, und wir sind bereit, für Geschäftsmodelle mit Nachhaltigkeit auch etwas mehr zu bezahlen,“ sagt Lei Qui, Portfolio Managerin des AB International Technology Portfolio bei Alliance Bernstein (AB). AB hat für den Auswahlprozess einen Ansatz entwickelt, den Fondsexperten als das ABC der Innovation (KI = AI, Big Data und Cloud Computing) bezeichnen. Künstliche Intelligenz (KI) profitiert vom exponentiellen Datenwachstum und dem massiven Ausbau der Computerkapazitäten. Maschinen beginnen selbstständig zu denken und sind in einer Architektur konstruiert, die dem menschlichen Gehirn nachempfunden ist. KI wird auf Jahre hinaus die Effizienz und Produktivität der globalen Wirtschaft erhöhen. KI hängt aber von einem riesigen Datenangebot ab. Diese „Big Data“ aus Bereichen wie Konsumentenverhalten ermöglichen Unternehmen, die Tools zur effektiveren Sammlung, Verarbeitung und Analyse dieser Daten anbieten, große Wachstumschancen. Aber KI und auch Big Data wären unmöglich ohne Cloud Computing. Anbieter von Cloudbasierter Infrastruktur und Services sind die neuen, digitalen Versorger.
Tech-Megatrends
Qui setzt auf innovative Unternehmen, die den Wandel vorantreiben und ehemals etablierte Industrien und Lifestyles völlig umkrempeln („Disruptoren“). „Wir sind aktive GrowthManager und investieren vor allem in disruptive Innovation und meiden Unternehmen in reiferen WachstumsZyklen. Wir
suchen nach forschungsintensiven Firmen mit großen, adressierbaren Märkten, starkem nachhaltigem Wachstum, hohen Kapitalrenditen und attraktiver Bewertung“, so Lei Qui. Die großen Profiteure des Netzwerkeffekts, nämlich die riesigen Plattformanbieter wie Amazon, Apple, Google oder Facebook, und deren strukturell hohe Gewinnmargen, haben staatliche Regulierungsbehörden auf den Plan gerufen. Der Druck richtet sich auf Themen wie Datensammlung und verwertung, sowie Datenschutz und die Kontrolle digitaler Inhalte. Die genannten Internetriesen werden immer weniger durch Übernahmen wachsen können und müssen sich daher auf organisches Wachstum dank eigener Innovationen konzentrieren. Das wird zu höheren operativen Kosten führen sowie das weitere Wachstum der Gewinnmargen beschränken. Growth wird also teurer. Teilweise wird die angedachte striktere Regulierung aber bereits durch den harten Wettbewerb und die Innovation herbeigeführt. Gegensatzpaare wären etwa Apple und Google (Betriebssystem iOS bzw. Android), oder Google gegen Facebook und Amazon in der digitalen Werbung, sowie Microsoft (Azure) und Amazon (AWS) im Bereich Cloud Computing.
Unterschätztes Potenzial
Alison Porter, Portfoliomanagerin im Janus Henderson Global Technology Leaders Team, räumt mit einer Fehleinschätzung vieler Investoren auf. „Es ist ein Mythos, zu behaupten, alle TechnologieUnternehmen hätten von der CoronaPandemie profitiert. Wir halten die strukturellen Wachstumsgewinner weiterhin, haben jedoch auch in TechSegmente investiert, die zyklischer ausgerichtet sind, wie die InternetWerbung und Halbleiter. Zu beachten ist dabei, dass etwa die Marktpenetration des OnlineAdvertisings schon recht weit vorangeschritten und damit zyklischer geworden ist. Bei den Chips sind es die Rückverlagerung der Lieferketten und der erhöhte Lageraufbau, der die Effizienz schmälert, Halbleiterproduzenten jedoch zugutekommt. Sie können ihre Preismacht ausspielen und so höhere Gewinnmargen erzielen“, meint Porter. Das Henderson Technologieteam hat festgestellt, dass die Börse oft das längerfristige Wachstumspotenzial neuer Technologien unterschätzt und die Wettbewerbsvorteile der alten Platzhirsche als nachhaltiger einschätzt, als sie es tatsächlich sind. „Wir streben danach, Letzteren aus dem Weg zu gehen und in zukünftige Gewinner zu investieren. Corona hat zu einer rasanten digitalen Transformation unseres Lebens geführt. Weitere Investitionen in den Ausbau digitaler Strukturen sind erforderlich“, ist Porter überzeugt.
Strukturelle Gewinner
Hyun Ho Sohn, Fondsmanager des Fidelity Global Technology Fund, konzentriert sich auf langfristige Investmentchancen bei strukturellen Gewinnern der Techbranche, vor allem aus den Bereichen ECommerce, EEntertainment wie Streaming und OnlineComputerspiele, aber auch Cloud Computing und UnternehmensITService. Das „Smart Manufacturing“ (Automatisierung und Digitalisierung der Produktion) ist aussichtsreich. „Der 5GRollout birgt Wachstumschancen für Telekomausrüster und für Anbieter von Konsumentenservices und 5GEndgeräten für Privatkunden. Er ist ein Wachstumstreiber für die Halbleiterbranche. Neue Mobilfunkchips müssen schneller laufen und weniger Wärme erzeugen als die frühere Generation bei 4G. Die gesamte EMobilitätsWertschöpfungskette bietet Anlagemöglichkeiten. Auch KI spielt eine immer größere Rolle. Aufgebaut wurden Positionen bei Softwarefirmen, die Unternehmen bei Digitalisierungsprojekten unterstützen. Viele dieser Werte waren keine PandemieGewinner, profitieren nun aber davon, dass sich der coronabedingte Nachfragestau wieder auflöst“, schließt Sohn. Die besten Fonds zur Technologiebranche finden Sie auf den Seiten 54 und 55.
INTERVIEW
Jonathan Curtis, Fondsmanager des Franklin Technology Fund
Wo sehen Sie Top-Chancen?
Wir erachten die digitale Transformation als beständig. Bereiche wie SoftwareApplikationen, Halbleiter und Systemsoftware, die säkulare Wachstumschancen im Zusammenhang mit der digitalen Transformation haben, durch Bereitstellung von Werkzeugen und Dienstleistungen, die Unternehmen benötigen, um ihre Produkte und Prozesse auf ein datenintensiveres, digitales Format umzustellen, gefallen uns besonders.
Wie funktioniert Ihre „BarbellStrategie“?
Die 25 größten Positionen, rund 61 Prozent des Portfolios, sind etablierte Marktführer. Über 50 Positionen, rund 37 Prozent des Portfolios, dagegen sind aufstrebende Marktführer. Dank dieser Strategie können wir Disruptionen vor unseren Wettbewerbern erkennen und Alpha in einem schwer zugänglichen Bereich generieren.
Wie stark gefährden steigende Zinsen den Tech-Sektor?
Wenn die Zinsen aus den ‚richtigen Gründen‘ – dank einer Verbesserung des wirtschaftlichen Umfelds – steigen, dürften sie Investitionen in Technologien von Unternehmen verheißen, deren Geschäftsaussichten sich verbessern. Zudem weist der ITSektor einen positiven NettoCashflow auf. Er dürfte anders als Sektoren, die ihre Schulden refinanzieren müssen, nicht durch den Zinsaufwand belastet werden. Die TechProduktion ist wenig kapitalintensiv und wächst stärker als die Inflation.