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Ökologie

Die Klima-Retter

Nach dem erfolgreich bestanden Stresstest der Corona-Krise an den Finanzmärkten konnten Klima- und Ökologiefonds 2020 hohe zweistellige Renditen einfahren. Doch 2021 ist zunehmend Sand ins Getriebe gekommen.

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WOLFGANG REGNER

„Wir sehen einen Megatrend beim Umstieg von physischer Produktion auf immaterielle Güter.“

Jennifer Boscardin-Ching, Produktspezialistin bei Pictet 2 020 bekamen die Investoren einen klimafreundlichen Cocktail verabreicht. So hat sich der neue US-Präsident Joe Biden als Verfechter der grünen Technologie für mehr Klimaschutz positioniert. Dazu kamen weitere Green Deals in den weltweit wichtigsten Wirtschaftsregionen. Unternehmen, die einen positiven Beitrag zum Klimaschutz leisten, wurden mit einer hohen Performance belohnt. So vor allem solche aus den Bereichen der erneuerbaren Energien und IT mit den Sub-Segmenten Home-Office und Home-Schooling. Doch seit Anfang 2021 ist die gute Stimmung gekippt. „Steigende Zinsen bzw. Anleiherenditen und die starke Konjunkturerholung veranlasste die Marktakteure dazu, zurückgebliebene Werte aus den Bereichen Tourismus und Freizeit, Banken und Versicherungen, Rohstoffe und zyklische Industrie zu favorisieren und sich im Gegenzug von den hoch notierten und scheinbar teuren Klima-Werten zu trennen“, weiß Alexander Funk, Leadmanager des Fonds OEkoworld Klima. Auch er hat zum Teil Gewinne mitgenommen. „Geringer positioniert haben wir Anbieter aus dem Bereich der erneuerbaren Energien wie Betreiber von Solar- und Windkraftwerken, Hersteller von Windturbinen, Solarmodulen oder Wechselrichterproduzenten. Aufgestockt wurden die Investments in nachhaltigen Unternehmen aus dem zyklischen Industriesektor. Treibende Branchen sind Recyclingunternehmen, Wasserversorger, Hersteller von Wärmepumpen, energieeffiziente Isolierungen, Eisenbahnbetreiber oder innovative Reedereien“, so Funk.

Teure Rohstoffe

Auch Jennifer Boscardin-Ching, die als Produktspezialistin für den Pictet Global Environmental Opportunities mitverantwortlich

ist, hat einiges zu berichten. „Im bisherigen Jahresverlauf haben wir das Energie-Effizienz-Segment unseres Anlageuniversums ausgebaut. Dazu gehört auch der Bereich E-Mobilität. Wir sehen weltweit ein Anziehen der Investitionen in die Automation/Robotics sowie Smart Building-Lösungen. Ebenso stieg unser Engagement in den Bereichen Müllbeseitigung und nachhaltige Verpackungslösungen, die großen Bedarf vonseiten des E-Commerce (Paketlawine) und durch den sukzessiven Umstieg von Plastik- auf alternative Verpackungen verzeichnen. Bei erneuerbaren Energien haben wir dagegen einige Gewinne mitgenommen, da dieser Bereich trotz langfristiger attraktiver Fundamentaldaten kurzfristige Herausforderungen zu meistern hat, wie Logistikprobleme, Mangel an nicht austauschbaren Komponenten und Rohstoffpreiserhöhungen. Dazu nimmt die Konkurrenz etwa bei Offshore-Windparks deutlich zu“, erklärt Boscardin-Ching. Positiv hebt sie die sinkenden Kosten bzw. die steigende Effizienz bei den meisten favorisierten Umwelttechnologien, wie E-Batterien, Wasserstoffherstellung und -speicherung sowie Photovoltaikanlagen hervor. „Die Elektrifizierung und Digitalisierung ganzer Wirtschaftssektoren wie des Transportwesens, der Industrieproduktion, bei Gebäuden und anderen Infrastrukturen wird vor allem Unternehmen beflügeln, die hier nachhaltige sowie disruptive Lösungen anzubieten haben, etwa bei der Energieeffizienz und Abgaskontrolle. Unsere Investmentstrategie bleibt auf Lösungsanbieter für Umwelt- und Ökologieprobleme fokussiert“, so die Pictet-Expertin.

Gebäudeeffizienz im Fokus

Adrien Bommelaer, Portfoliomanager des Echiquier Climate Impact Europe, sieht besonders attraktive Chancen in Segmenten wie z.B. Werkstoffe und Versorger. „Ein gutes Beispiel innerhalb des Materialsektors ist der Bereich Dämmung, insbesondere mit dem deutschen Unternehmen STO, dessen Produkte zur Fassadendämmung den Energieverbrauch von Gebäuden und damit den Ausstoß von indirekten Treibhausgasen drastisch reduzieren. Der Versorgungssektor ist unter anderem deshalb so stark im Fonds vertreten, weil die Präsenz von Produzenten erneuerbarer Energien wie EDPR oder SCATEC zu Lösungen für den Wegfall von fossilen Brennstoffen führt, die für mehr als 30 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich sind.“ Der Echiquier Climate Impact Europe investiert in drei Arten von Unternehmen: Lösungsanbieter wie den Windparkbetreiber EDPR oder Unternehmen, die Halbleiter herstellen, die in Elektrofahrzeuge eingebaut werden, wie Infineon. Zweitens sind auch Pioniere im Bereich des Klimawandels im Portfolio vertreten, deren Klimareife-Score sehr hoch ist und deren Klimaschutzverpflichtungen sehr ambitioniert sind. „Schließlich investieren wir auch in Unternehmen, die sich im Wandel befinden. Das sind Unternehmen, die klimabezogene Überlegungen in ihre Strategie einbeziehen, auch wenn es noch viel zu verbessern gibt. Wie etwa der Öl- und Treibstofferzeuger Neste, der sein Geschäftsmodell auf erneuerbare Energien wie Biodiesel umstellt“, so Bommelaer.

Ausblick positiv

Die USA möchten bis 2050 eine Klimaneutralität erreichen, die Stromproduktion bis 2030 soll komplett ohne Öl, Gas oder Kohle auskommen. Die Europäische Union plant eine Reduktion des CO2-Ausstoßes von 55 Prozent bis 2050 und strebt ebenfalls eine Klimaneutralität bis 2050 an. China möchte zumindestens bis 2060 klimaneutral sein. All dies wird eine gewaltige Investitionswelle auslösen, deren erste Vorboten bereits sichtbar sind. Die besten Fonds zum Thema Ökologie finden Sie auf Seite 54.

Alexander Funk, Leadmanager des Fonds OEkoworld Klima . INTERVIEW

„Höhere Rohstoffpreise machen Unternehmen aus dem Sektor der energiearmen Materialproduktion attraktiv.“

Warum läuft es dieses Jahr bisher eher enttäuschend für die Ökologiebranche?

Alexander Funk: 2020 war ein herausragend positives Jahr für den Sektor. Die Aktienkurse vieler Umwelt-Unternehmen erzielten neue Allzeithochs. Maßgeblich dafür waren einerseits die rosigen Zukunftsaussichten der betreffenden Firmen und andererseits ein rekordhohes Anlegerinteresse – ausgedrückt durch nie dagewesene Mittelzuflüsse für unsere Investmentthemen. Diese Euphorie hielt in den ersten Wochen des noch jungen Jahres 2021 an, bis es Ende Februar zu einer teils deutlichen Korrektur bei vielen „Highflyern“ kam. Hintergründe waren einerseits eine höhere Inflationserwartung in den USA, sowie die Hoffnung auf eine Wiedereröffnung nach dem Lock Down.

Wie haben Sie darauf reagiert?

Wir haben bei einigen attraktiven Werten nachgekauft bzw. eine erste Position eröffnet: Das Geschäft lief also im üblichen Rahmen. Die Identifikation der künftigen Ergebnistreiber – das Zustandekommen des künftigen Umsatz- und Ergebniswachstums – sind für uns der Kernpunkt der Finanzanalyse. Daher sind wir im IT-Sektor nach wie vor stark gewichtet. Vor allem Hersteller von energiesparsamen Chips (Zulieferer im Bluetooth- und Grafikartenbereich) und Unternehmen aus dem Bereich Digitalisierung sowie Internetsicherheitsanbieter bleiben in unserem Fokus.

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