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Kurzmeldungen

Lieferengpässe: Margen schrumpfen

Fette Jahre vorüber? Die Gewinnsaison für das dritte Quartal beginnt in Bälde. Wir werden dann zweifellos Berichte über Unternehmen hören, die ihre Umsatzziele nicht erreichen und Lieferkettenbeschränkungen dafür verantwortlich machen. Betroffen sind dabei in erster Linie Unternehmen, die nicht in der Lage sind, Kostensteigerungen an ihre Verbraucher und Endabnehmer Karolina Noculak, Investment weiterzugeben. „Engpässe in der Lieferkette verDirector bei abrdn ursachen derzeit einen erheblichen Kostendruck für globale Player, wobei einige Unternehmen stärker betroffen sind als andere“, kommentiert Karolina Noculak, Investment Director bei abrdn (vormals Aberdeen), die aktuelle Entwicklung. Das hat nicht unerhebliche Konsequenzen für Investoren: Denn diese Entwicklungen bedeuten, dass wir wahrscheinlich den größten Teil der Margenausweitung in diesem Zyklus hinter uns haben und dass das künftige Gewinnwachstum weitgehend von den Nachfrageaussichten und der Preisgestaltungsmacht abhängt. Die „fetten Jahre“ könnten also vorbei sein. Umfragen unter US-Konzernen bestätigen diesen Trend. „Wir beobachten, dass die Anzahl der Unternehmen, die Preiserhöhungen zum Ausgleich des Kostendrucks planen, auf dem höchsten Stand der letzten zehn Jahre sind“, fügt die Expertin hinzu.

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DIE ZAHL DES MONATS

1 Billion

Fluch oder Segen. Die Meldung von Aktienrückkäufen im Volumen von einer Billion Dollar am US-Markt in 2021 markiert einen neuen Rekordstand. Im langfristigen Vergleich zum Jahr 2000 entspricht dies immerhin einer Verfünffachung des Volumens. Kein Wunder, denn der Aktienrückkauf kann für Investoren sehr vorteilhaft sein: „Werden die Papiere zurückerworben und eingezogen, verringert sich die ausstehende Aktienanzahl und der Gewinn pro Aktie steigt“, so der Vermögensverwalter Gane. Darüber hinaus hat ein solcher Rückkauf immer auch einen kursstützenden und kurspflegenden Charakter, ob gewollt oder ungewollt. Entscheidend für die Beurteilung, ob Fluch oder Segen, ist allerdings immer die Frage nach der Höhe des Rückkaufpreises und den alternativen Investitionsmöglichkeiten. Ein exemplarisch guter Rückkäufer ist Berkshire Hathaway. Die Beteiligungsgesellschaft von Börsen-Guru Warren Buffett tritt seit nunmehr zehn Jahren immer nur dann als Käufer eigener Aktien auf, wenn das entsprechende Unternehmen unterbewertet ist.

„MÄRKTE IM TREIBSAND“ Inflationsrisiko hält an

Aktien neutral. Ob man es will oder nicht, die aktuelle Konstellation hinsichtlich der Inflation wird noch eine Weile so fortbestehen. Der Oktober brachte die Bestätigung, dass die Teuerung dauerhafter ist als erwartet: Der IWF erklärte offiziell, dass wir in eine Phase der Inflationsgefahr eintreten, und die Zentralbanken räumten teilweise ein, dass die Inflation hartnäckiger ist als erwartet. „Aus unserer Sicht verleiht dies der Einschätzung, dass sich die Märkte im Treibsand bewegen, eine zusätzliche Dimension, und das permanente Narrativ der Inflation gewinnt an Fahrt“, so Pascal Blanqué, Group Chief Investment Officer bei Amundi. Bei Aktien sollte man laut seiner Einschätzung neutral bleiben und nach günstigen Einstiegsmöglichkeiten Ausschau halten, sich aber der Risiken bewusst sein und in Phasen höherer Volatilität Absicherungen beibehalten, falls sich das Wachstum verschlechtert.

Nachhaltigkeit: Langfristiger Horizont

Gefahr der „Kurzsichtigkeit“. Für Investoren und Unternehmen wurde Nachhaltigkeit in den letzten Jahren bekanntlich immer wichtiger. Vielleicht hat das auch damit zu tun, dass die Anlagehorizonte in der Vergangenheit zu kurz geworden sind: In den 1960erJahren betrug die durchschnittliche Barnaby Wiener, Haltedauer der an der New Yorker BörNachhaltigkeitsexperte bei MFS Investment Management se notierten Aktien immerhin sieben Jahre. Jetzt werden sie schon nach etwa sechs Monaten wieder verkauft! „Oft scheint es nichts Wichtigeres zu geben als die neuesten Quartalszahlen. Aber ob eine Anlage nachhaltig ist, hat mit der Unternehmensentwicklung im letzten Vierteljahr eigentlich nicht viel zu tun. Nachhaltigkeit ist immer ein langfristiges Thema“, erläutert Barnaby Wiener, Head of Sustainability von MFS Investment Management. Zunehmend fürchtet man laut dem Experten, dass auch die Unternehmen selbst zu kurzfristig denken. Denn Kurzsichtigkeit kann soziale oder ökologische Probleme verursachen (oder zumindest verschärfen), die letztlich das gesamte Wirtschaftssystem infrage stellen. Nachhaltigkeit ist daher kein reiner Altruismus, sondern etwas durchaus Eigennütziges.

Rohstoffkrise: Old Economy reloaded

Für langjährige Marktbeobachter kam die jüngste Rallye bei Rohstoffen und insbesondere bei den Energiepreisen nicht überraschend. Die Gaspreise sind sprichwörtlich explodiert.

Gerade bei den Gaspreisen spielen geopolitische Faktoren eine große Rolle. Russland etwa setzt seine Marktmacht gegenüber Europa spürbar ein. Da die Ölpreise ebenfalls durch Gas beeinflusst werden, ziehen auch diese deutlich an. Diese Entwicklung trifft auf eine wiedereröffnete Wirtschaft, die nach Energie hungert, und verschärft somit das derzeit herrschende Ungleichgewicht von Angebot und Nachfrage zugunsten der Produzenten.

Sind es aber wirklich nur die unmittelbaren Folgen der Pandemie, wie starke Aufholeffekte bei der Nachfrage, und ein stark reduziertes Angebot aufgrund angeschlagener Lieferketten, die die dramatische Situation allein erklären können? Das allein wäre zu einfach. Das Problem geht tiefer und reicht weiter zurück.

Kurz zusammengefasst: Die Old Economy wurde lange Zeit vernachlässigt! Es fehlt nicht nur an Energie. Die Autoindustrie etwa beklagt einen Mangel an Aluminium, die Hersteller von Stahl brauchen mehr Magnesium und die Elektrobranche leidet unter einer Kupferknappheit. In Österreich ist der Holzpreis im Sommer um bis zu 300 Prozent gestiegen. Viele dieser Rohstoffe sind nicht von Natur aus knapp. Der Mangel ist vielmehr das Ergebnis zu geringer Investitionen.

Übergangene Old Economy

Tatsächlich hat die Weltwirtschaft seit der Finanzkrise die Old Economy und damit auch den Rohstoffsektor sträflich übergangen. Investitionen gingen zurück und führten zu einer Überalterung der Infrastruktur. Auch die Kapitalmärkte hatten ihren Anteil an dieser Entwicklung. Aus nachvollziehbaren Gründen konzentrierten sich Investoren lieber auf Big Tech. Die Renditen waren deutlich höher – die Verschuldung der Unternehmen ebenso wie die Umweltbelastung durch den Sektor waren dafür geringer. Der Rückgang der Finanzströme für den RohstoffSektor hat nun Auswirkungen, die die Weltwirtschaft in der Aufschwungphase nach der Pandemie deutlich zu spüren bekommt. Jetzt trifft eine erhöhte Nachfrage auf eine mangelnde Infrastruktur, die man nicht auf Knopfdruck modernisieren kann. Die Versorgungsengpässe sind somit eine Folge der Vernachlässigung der Old Economy in den letzten 10-20 Jahren.

Während aus politischen Gründen herbeigeführte Lieferengpässe zwar nicht unbedingt leichter, aber bei gutem Willen zumindest schneller behoben werden können, sind die strukturellen Gründe für die Rohstoffknappheit schwieriger zu lösen. Hierfür braucht es den politischen Konsens, die Rohstoffproduktion insgesamt resilienter zu gestalten, und massive Investitionen in die Infrastruktur. Es wird auch etwas kosten, wenn Europa auch die Abhängigkeit von einzelnen Staaten reduzieren möchte.

Die jetzige Situation führt uns schmerzlich vor Augen, was die jahrelange Vernachlässigung eines Wirtschaftssektors für Folgen haben kann. Wer als Investor langfristig denkt, sollte dem Rohstoffsektor jedenfalls mehr Beachtung schenken. Hier scheint ein positiver Zyklus mehr als wahrscheinlich zu sein. Die Lösungen, wie man ein Investment in Rohstoffe mit ESG-Richtlinien in Einklang bringen kann und soll, sind vorhanden. Die Old Economy muss zweifelsohne grüner werden. Sie auszuhungern, ist keine Lösung.

www.fidelity.at

Carsten Roemheld, Kapitalmarkstratege bei Fidelity International

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