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No Risk, no fun!“? Klinisches Risikomanagement bei Operationen

„No Risk, no fun!“?

Klinisches Risikomanagement bei Operationen.

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„No Risk, no fun!“ Ein Spruch, der vielleicht im Extremsport gilt, bei den deutschlandweit etwa 16 Millionen Operationen jährlich jedoch sicher nichts zu suchen hat – im Gegenteil! Im Jahr 2008 startete deshalb die WHO-Kampagne „Sichere Chirurgie rettet Leben“. Teil der Kampagne ist unter anderem eine standardisierte OP-Checkliste, wie sie auch im Leopoldina-Krankenhaus zum Einsatz kommt.

Weniger Komplikationen, mehr Sicherheit

Die Zahlen sprechen für sich: Studien haben ergeben, dass durch die Anwendung einer Checkliste ca. 1/3 der Komplikationen einer OP vermieden werden kann. Die Patientensicherheit konnte so signifikant gesteigert werden. „Aber auch für die OP-Mitarbeiter hat sich durch ein standardisiertes Vorgehen einiges vereinfacht“, berichtet Alexander Ertl, seit 18 Monaten OP-Manager am Leopoldina-Krankenhaus und damit verantwortlich für das Risikomanagement. Von Vorteil sei zudem, dass durch die Standardisierung der Arbeitsabläufe und die genaue Dokumentation die Klinik jederzeit einen korrekten Ablauf der Behandlung im OP belegen kann – auch für externe Anspruchsgruppen wie beispielsweise Versicherungen oder Patientenanwälte. Ein gutes Risikomanagement ist also für alle ein Gewinn.

Sicher ist besser

Risikomanagement – das klingt zunächst abstrakt und nach jeder Menge Papierkram. „Klar“, lacht Ertl, „ohne Papier oder ein digital geführtes Äquivalent geht es nicht. Viele Mitarbeiter waren deshalb bei der Einführung zunächst skeptisch, ob das Ganze nicht einfach nur Mehrarbeit für sie bedeutet. Aber mittlerweile haben sich die Prozesse gut etabliert und die Abarbeitung der Checklisten ist allen zur Routine geworden.“ Neben der Risikoidentifikation, der Analyse und Risikosteuerung sind der Wille zur ständigen Verbesserung und die Bereitschaft zur übergreifenden, konstruktiven Kommunikation existenziell für ein funktionierendes Risikomanagement. Ziel ist stets, potentielle Gefahren und Sicherheitsrisiken im OP zu minimieren, Risiken schnell zu erkennen und gezielt gegenzusteuern. Das Leopoldina arbeitet hier nach dem CIRS-System, also dem Critical Incident Reporting System. Es ist ein Beinahefehlerberichts- und Lernsystem nach dem Motto: „Aus (Fast-) Fehlern wird man klug!“. Dort können entsprechende Vorkommnisse anonym gemeldet werden, was die Hemmschwelle senkt und sicher stellt, dass ein potentielles Risiko gemeldet wird.

Und was bekommt der Patient vom Risikomanagement mit?

Vor allem das Abarbeiten der Sicherheitschecklisten, die ihn von der Station bis

zum Verlassen des OPs begleitet. Solche Checklisten werden in der Luftfahrt seit langem als Kontrollinstrument eingesetzt, um die Flugsicherheit zu erhöhen. Ähnlich wie im Cockpit werden die Listen auch im OP-Saal verwendet. Vor, während und nach

Bei allen Operationen im Leopoldina-Krankenhaus kommt ein effizientes Risikomanagement mit sehr detaillierten OP-Checklisten zum Einsatz. Es bietet Patienten die größtmögliche Sicherheit und allen Beteiligten die Gewissheit, Komplikationen soweit wie möglich zu vermeiden.

einem Eingriff werden alle wichtigen Punkte standardmäßig überprüft. Es beginnt bereits auf der Station mit einem Identitätscheck. Seit Beginn der Corona-Pandemie sind beispielsweise Fragen nach typischen Covid-19 Symptomen Standard. Alle Checks werden dokumentiert und per Unterschrift bestätigt. Vor dem Einschleusen in den OP wird erneut die Identität geprüft. Dann werden der Eingriffsort, die Art des Eingriffes und die Patientenzustimmung kontrolliert. Außerdem, ob der Eingriffsort richtig markiert wurde und ob alle Vorbereitungen für die Anästhesie ordnungsgemäß durchgeführt wurden. Risiken, die während der OP zu erwarten sind, werden dokumentiert,

etwa vorliegende Allergien, ob der Patient nüchtern ist oder ob das Risiko eines hohen Blutverlustes besteht. Ebenso, ob Laborberichte vorliegen oder ob eine AntibiotikaProphylaxe verabreicht wurde.

Sicherheit für alle Beteiligten

Bevor der erste Schnitt gesetzt werden kann, steht jedoch noch mehr an: Alle Mitglieder des OP-Teams stellen sich mit Namen und Funktion vor. Operateur, Anästhesist und Pflegepersonen bestätigen erneut die Identität des Patienten, die OP-Lokalisation, den geplanten Eingriff sowie die korrekte Lagerung; der Operateur informiert über kritische Schritte, voraussichtliche Dauer der Operation und zu erwartenden Blutverlust, der Anästhesist definiert patientenspezifische Bedenken und die OP-Pflege kontrolliert Sterilisations-Indikatoren, Instrumentarium und Geräte. Schließlich wird geprüft, ob alle notwendigen Unterlagen und Röntgenbilder etc. vorliegen und auf Identität geprüft sind. Selbstredend wird all dies dokumentiert. Während der OP wird die Verwendung jedes einzelnen Tupfers notiert und in diversen Zählkontrollen vor Beendigung der OP wird die Vollständigkeit der verwendeten Instrumente, Tupfer, Bauchtücher, etc. im Vieraugen-Prinzip bestätigt. Auch die korrekte Beschriftung von Gefäßen mit entnommenen Proben zur pathologischen Untersuchung wird sichergestellt. Das OP-Team hält außerdem fest, ob es in der Aufwachphase und der postoperativen Versorgung des Patienten etwas zu beachten gibt. Wenn schließlich alle Punkt sauber abgearbeitet sind, heißt es ganz wie im Flugzeug: Safety Check Completed!

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