2 minute read

Immaterielles Kulturerbe: Deutsche Friedhöfe

UNESCO: Lebendige Ausdruckformen, die von Können und Wissen getragen sind

Die Friedhofskultur in Deutschland ist immaterielles Kulturerbe. Auf Empfehlung der Deutschen UNESCO-Kommisssion hat im März 2020 die Kultusministerkonferenz die Aufnahme in das bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes beschlossen.

NORDHORN Dieses immaterielle Erbe umfasst nicht die Friedhöfe an sich, sondern die „lebendigen Ausdrucksformen, die von menschlichem Wissen und Können getragen, von Generation zu Generation weitervermittelt und stetig neu geschaffen und verändert werden“ , wie es die deutsche UNESCO-Kommission formuliert. In Bezug auf die Friedhofskultur betrifft dies zwei große Themenfelder: Zum einen geht es darum, was wir auf dem Friedhof tun: trauern, erinnern und gedenken sowie gestalten, pflegen und bewahren. Zum anderen würdigt die Ernennung zum Erbe den vielfältigen Wert der Friedhofskultur für unsere Gesellschaft: kulturell, sozial oder historisch, aber auch in Bezug auf Klimaund Naturschutz, gesellschaftliche Integration oder nationale Identität.

Unsere Friedhofskultur schreibt Tag für Tag die Geschichte der Dörfer, Städte und des Landes fort. Sie lässt sich als lebendiges Geschichtsbuch betrachten, in dem täglich neue Seiten aufgeblättert werden. Die Friedhofskultur in Deutschland macht beispielsweise den Wandel von Gestaltungsvorlieben in den vergangenen Jahrhunderten sichtbar oder wirft Schlaglichter auf Veränderungen in der Bevölkerungsstruktur. Was im Großen für die Gesellschaft als Ganzes gilt, hat im Kleinen für jeden Bestand: Viele Menschen können auf den Der jüdische Friedhof in Hamburg-Altona steht auf der Liste des UNESCO-Weltkulturerbes.

Foto: dpa

Friedhöfen ihrer Heimatstädte die eigene Lebenslinie nachzeichnen. Die Grabstätten von Nachbarn oder Lehrern, von Wegbegleitern oder Freunden wecken Erinnerungen an Lebensphasen und die eigene Entwicklung.

Pflege ist Teil des

Denkmalschutzes

Viele alte Friedhöfe sind historisch bedeutsam. Ihre Pflege ist Teil eines aktiven Denkmalschutzes und somit auch historisch werterhaltend. Für die Friedhofskultur in Deutschland übernehmen somit auch Denkmalschützer und -pfleger Verantwortung. Friedhofskultur überwindet trennende Grenzen der Religionsgemeinschaften. Auch wenn die Rituale im Umgang mit dem Tod unterschiedlich sind – auf vielen kommunalen Friedhöfen befinden sich die Grabfelder unterschiedlichster Religionen in friedlicher Nachbarschaft. Unsere Friedhofskultur erweist sich so auch als integrierende Gemeinschaft. Die Grabstelle hat sich zum Ort der Erinnerung entwickelt, der oft gemeinschaftlich aufgesucht und gepflegt wird. Die Friedhofkultur in Deutschland erweist sich auf diese Weise auch als sozialer Begegnungsrahmen, der Kommunikation fördert und der Vereinsamung Alleinstehender entgegenwirkt. Grabbesuche mit Kindern und Jugendlichen sind oft mit der Weitergabe von Wissen über das Leben und Wirken der Vorfahrinnen und Vorfahren verbunden. Die Rituale auf dem Friedhof fördern die aktive Auseinandersetzung mit Kernfragen nach dem Sinn des Lebens. Menschen erfahren Friedhöfe als sichtbaren, sich stets fortschreibenden Ausdruck der deutschen Erinnerungskultur – als Geschichtsbücher des Landes, der Städte und Dörfer. Nicht zuletzt mahnen Soldatenfriedhöfe zu Frieden und Völkerverständigung. In Nordhorn wurde im Rahmen des Tages des Friedhofes im September auf die UNESCO-Auszeichnung hingewiesen. dpa/epd

This article is from: