kult! 10 (2/14)

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kult! 60er · 70er · 80er

www.goodtimes-magazin.de

D: € 6,50

Österreich € 7,50 Luxemburg € 7,50 Schweiz CHF 12,70 Ausgabe 2/2014 (Nr. 10)

Story &

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Poster

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POLIZEIRUF

0 Jahre

C -K

lasse

unterm

Riesenrad R iesenrad

ZDF Hitparade · Musikfilme · Flammendes Inferno · Brehms Tierleben · Valerian & Veronique · NAD 3020


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Discographien zu: Alice Cooper, David Bowie, Cluster, Deep Purple, Eloy, Frijid Pink, Hawkwind, Jigsaw, Kraftwerk, Udo Lindenberg, Lords, Mud, Novalis, Pink Floyd, Runaways, Shocking Blue, Slade, String Driven Thing, Uriah Heep sowie Label-Discographien von CCA (Metronome), Pilz (BASF) und Ohr (Metronome)

* nur direkt über den Verlag erhältlich – zu bestellen unter:

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IMPRESSUM Anschrift: NikMa Verlag Fabian Leibfried Eberdinger Straße 37 71665 Vaihingen/Enz Tel.: 0 70 42/37660-160 Fax: 0 70 42/37660-188 E-Mail: goodtimes@nikma.de www.goodtimes-magazin.de www.facebook.com/goodtimeskult

Herausgeber und Chefredakteur: Fabian Leibfried

Mitarbeiter: Jens-Uwe Berndt, Horst Berner, Kathrin Bonacker, Kirsten Borchardt, Lothar Brandt, Michael Fuchs-Gamböck, Hans-Jürgen Günther, Peter Henning, Christian Hentschel, Teddy Hoersch, Hugo Kastner, Andreas Kötter, Frank Küster, Bernd Matheja, Kati Naumann, Helmut Ölschlegel, Thorsten Pöttger, Alexander Querengässer, Sven Rachner, Philipp Roser, Roland Schäfli, Oliver Schuh, Ulrich Schwartz, Eckhard Schwettmann, Christian Simon, Alan Tepper, Jörg Trüdinger, Claudia Tupeit, Uli Twelker, Peter Verhoff, Thomas Wachter, Jürgen Wolff

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Druckerei: Dierichs Druck + Media GmbH & Co. KG Frankfurter Str. 168 34121 Kassel

Erscheinungsweise: 2x jährlich

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Story &

Poster

kult!

Willkommen bei

Sie halten die mittlerweile zehnte Ausgabe von kult! in Händen – und die Themen gehen nicht aus! Einmal mehr können Sie im umfassenden Tagebuch" eines Jahres schmökern – diesmal von " 1964, dem Höhepunkt des Baby Booms – und an Dinge zurückungen Älterer ken denken, die Sie vielleicht selbst miterlebt haben oder aus Erzählungen kennen. Genau zehn Jahre später räumten Abba dann beim Grand Prix Eurovision de la Chanson im englischen Brighton ab, Grund genug, weshalb wir Ihnen das Jubiläum zusammen mit dem damaligen Augenzeugen Wolfgang Bubi" Heilemann ins " Gedächtnis rufen. Die Schwerpunktthemen Musik, Fußball – wir widmen uns dieses Mal ausführlich dem FC Schalke 04 –, Film (Kino wie Fernsehen) und Autos liefern wieder exquisites Reminiszenzen-Lesefutter, mit dem wir uns gemeinsam mit Ihnen auf eine nostalgische, aber keineswegs verklärende Reise in die Vergangenheit begeben wollen. Und: Kultiges wurde einst nicht nur im deutschen Westen geschaffen. Auch in der DDR entstand ab Mitte des vergangenen Jahrhunderts vieles, was bis heute nachwirkt und inzwischen längst einen ganz eigenen Kult-Charakter entwickelt hat: Sei es die bis heute laufende TV-Serie Polizeiruf 110", sei es Spielzeug, das einst vom VEB " Kombinat Spielwaren Sonneberg kreiert wurde – beiden widmen wir uns in dieser Ausgabe ausführlich.

Abonnement: siehe Seite 83

Anzeigen: Für gewerbliche Anzeigen bitte Preisliste Nr. 01 (inkl. Mediadaten) anfordern.

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Wer übrigens Teil 3 unserer Mode-Serie vermisst, der braucht sich keine Sorgen zu machen. In der kommenden Ausgabe 11 von kult! geht es mit den 70er Jahren weiter. Bleiben mir wieder einmal drei Bitten an Sie: Lassen Sie uns wissen, wie Ihnen diese kult!-Ausgabe gefallen hat, erzählen Sie ruhig in Ihrem Bekannten- und Freundeskreis von unserem Magazin – und schreiben Sie uns, über welche zum Kult gewordenen Themen Sie in einer unserer nächsten Ausgaben gerne etwas lesen würden ...

Titelfoto: Twiggy: © Interfoto/Mary Evans Adams Picture Library Der Verlag hat sich bemüht, alle Rechteinhaber der abgedruckten Fotos zu erreichen. Leider ist dies nicht in allen Fällen gelungen. Ggf. möchten bisher unbekannte Urheber ihre Ansprüche geltend machen. GoodTimes kult! ist auf umweltfreundlichem, chlorfrei gebleichtem Papier gedruckt! Weiterverwendung aller in GoodTimes kult! erschienenen Artikel, Interviews, Fotos, Rezensionen etc. nur mit der Zustimmung des Herausgebers gestattet. Gerichtsstand: Stuttgart

Fabian Leibfried -Herausgeber/Chefredakteur-

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PS: Ab sofort ist kult! auch mit einer eigenen Seite bei facebook vertreten. Dort haben Sie die Möglichkeit, sich mit uns, aber vor allem auch mit anderen kult!-Lesern auszutauschen. Wir sind gespannt, was sich künftig daraus entwickeln wird, und freuen uns auf Ihre Postings.

kult! Nr. 11 erscheint am 17.10.2014 GoodTimes

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kult! 60er · 70er · 80er

Ausgabe April 2014 2/2014 (Nr. 10)

INHALT RUBR IKE N 3 Editorial/Impressum 4 Inhaltsverzeichnis 5 Top 5: Sportler

Seite 16

Mitarbeiter & Prominenz

6 News from the past Altes neu ausgepackt

15 kult! Verlosung 33 kult! Shop 83 kult! Abo-Bestellschein 47 Schalke 04/Abba Riesenposter

Seite 20

95 Leserbriefe

Seite 222

16 Mercedes-Benz 30 Jahre C-Klasse

20 Boule & Bill Auf den Hund gekommen

22 Zigaretten-Reklame der 70er Jahre Von Weltenbummlern und Lebenskünstlern

26 40 Jahre Playmobil 2,7 Milliarden Franken erobern die Kinderzimmer

29 Sugus

Seite 26

Leckere Reise in die Kindheit

30 Hard Rock Cafe Mit Eric Claptons Gitarre fing alles an

66 Flammendes des Inferno

32 Dem Täter auf der Spur

Wie ein Katastrophenfilm die Kinozuschauer in Angst und Schrecken versetzte

Mörderjagd als Ratequiz

34 Gesprengte Ketten

68 Polizeiruf 110

Hollywood in Deutschland – Spurensuche vor Ort

unterm

37 Jürgen von Manger

Riesenrad

Adolf Tegtmeiers Sicht der Dinge

38 Kultbücher

Seite 46

Seite 29

Geschätzt, geliebt, gelobt

40 Genre Musikfilm

Tatort"-Konkurrenz aus dem Osten "

70 Brehms Tierleben

Alfred Brehm und seine sprachgewaltigen Tierporträts

72 Twiggy Das ikonografische Gesicht der Sixties

Der Sound der prägenden Jahre: Easy Rider" & Co. "

74 Der NAD 3020

Seite 56

44 Abba – 40 Jahre "Waterloo"

Ein HiFi-Verstärker mischt den Markt auf und wird zur Legende

Mit dem Grand Prix fing alles an

76 Das Jahr 1964

46 Spuk unterm Riesenrad

Beat boomt, Bier fließt, Sepp geht

Kult-DDR-Fernsehserie der 70er Jahre

80 Steiff – Knopf im Ohr

56 Yamaha XT 500

Der Siegeszug der Stofftiere

Die Mutter aller Enduros

82 Schnitzler gegen Löwenthal

58 VEB Kombinat – Spielwaren Sonneberg o onneberg

Der Kalte Krieg auf der Mattscheibe

Der ewige Traum der kleinen Mädchen M

84 ZDF Hitparade

62 Schalkes 72er-Elf

110

Junge Wilde" in Königsblau

"

63 Erwin Kremers

POLIZEIRUF P L

Interview

Seite 68 S

Uwe Hübner erinnert sich an die spannenden Neunziger

86 Lederhosen-Filme Als die Alm ein Sündenpfuhl war

88 Josef Göhlen Biene Maja", Captain Future", "Timm Thaler""& Co. "

90 Klaus Dill

Der Mann, der die legendären Bessy"" Titelbilder schuf

Seite 72

92 Pin-ups heben die Moral Über eine oft totgesagte Kunstform, die in den letzten Jahren ein Revival erlebt

96 Der Rote Kosar

Seite 96

Unter der Totenkopf-Flagge über die Weltmeere

98 Valerian & Veronique

Seite 58

Reisen in neue Dimensionen

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GoodTimes GoodT

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kult! Spor t le r

1. Gerd Müller (Fußball) 2. Mark Spitz (Schwimmen) 3. Klaus Fischer (Fußball) 4. Egon Müller (Speedway) 5. Kremers-Zwillinge (Fußball) 1. Alberto Juantorena (Leichtathletik) 2. Meinhard Nehmer (Bobsport) 3. Teófilo Cubillas (Fußball) 4. Hans-Joachim Hartnick (Radsport) 5. Günter Netzer (Fußball) 1. Petar Radenkovic (Fußball) 2. Muhammad Ali (Boxen) 3. Eddy Merckx (Radsport) 4. Martina Navrátilová (Tennis) 5. Sergei Makarow (Eishockey) 1. Natalja Bestemjanowa / Andrei Bukin (Eiskunstlauf) 2. Scott Hamilton (Eiskunstlauf) 3. Paul Breitner (Fußball) 4. Günter Netzer (Fußball) 5. Steffi Graf (Tennis) 1. Zinédine Zidane (Fußball) 2. Pelé (Fußball) 3. Jesse Owens (Leichtathletik) 4. Eddy Merckx (Radsport) 5. Hope Solo (Fußball) 1. Wolfgang Graf Berghe von Trips (Motorsport) 2. Michael Schumacher (Motorsport) 3. Muhammad Ali (Boxen) 4. Franz Beckenbauer (Fußball) 5. Michael Edwards »Eddie The Eagle« (Skispringen) 1. Die elf 1972 in München ermordeten israelischen Athleten 2. Jacky Icks (Motorsport) 3. Joachim Deckarm (Handball) 4. George Foreman (Boxen) 5. Edwin Moses (Leichtathletik) 1. Hans Günter Winkler (Springreiten) 2. Steffi Graf (Tennis) 3. Katarina Witt (Eiskunstlauf) 4. Franziska van Almsick (Schwimmen) 5. Rosi Mittermeier (Skisport) 1. Martin Naumann (Radsport) 2. Muhammad Ali (Boxen) 3. Steffi Graf (Tennis) 4. Katarina Witt (Eiskunstlauf) 5. Mark Spitz (Schwimmen) 1. Claus-Dieter Wollitz (Fußball) 2. Rein van Duijnhoven (Fußball) 3. Michael Edwards »Eddie The Eagle« (Skispringen) 4. Henri Leconte (Tennis) 5. Jan Åge Fjørtoft (Fußball)

Fabian Leibfried

Jens-Uwe Berndt

Horst Berner

Kathrin Bonacker

Lothar Brandt

Teddy Hoersch

Andreas Kötter

Andrea Leibfried

Kati Naumann

Thorsten Pöttger

GoodTimes

1. 2. 3. 4. 5.

Michael Edwards »Eddie The Eagle« (Skispringen) Bob-Team Jamaika (1988) (Bobsport) Sepp Maier (Fußball) Ulrike Meyfarth (Leichtathletik) Michael Groß (Schwimmen)

Sven Rachner

1. Sepp Maier (Fußball) 2. Max Morlock (Fußball) 3. Joachim Deckarm (Handball) 4. Heide Rosendahl (Leichtathletik) 5. Erhard Keller (Eisschnelllauf)

Philipp Roser

1. Lou Gehrig (Basketball) 2. Muhammad Ali (Boxen) 3. Pelé (Fußball) 4. Magic Johnson (Basketball) 5. Arnold Schwarzenegger (Bodybuilding)

Roland Schäfli

1. Günter Netzer (Fußball) 2. Heide Rosendahl (Leichtathletik) 3. Joachim Deckarm (Handball) 4. John McEnroe (Tennis) 5. Michael Edwards »Eddie The Eagle« (Skispringen)

Oliver Schuh

1. John Akii-Bua (Leichtathletik) 2. Gabriela Sabatini (Tennis) 3. Abdel-Kader Zaaf (Radsport) 4. Fausto Coppi (Radsport) 5. Jim Clark (Motorsport)

Ulrich Schwartz

1. Franz Beckenbauer (Fußball) 2. Steffi Graf (Tennis) 3. Uwe Seeler (Fußball) 4. Christina Obergföll (Leichtathletik) 5. Jens Lehmann (Fußball)

Christian Simon

1. Muhammad Ali (Boxen) 2. Michael Edwards »Eddie The Eagle« (Skispringen) 3. Mark Spitz (Schwimmen) 4. Paul Breitner (Fußball) 5. Günter Netzer (Fußball)

Alan Tepper

1. Steffi Graf (Tennis) 2. Karl-Heinz Förster (Fußball) 3. Michael Schumacher (Motorsport) 4. Carl Lewis (Leichtathletik) 5. Muhammad Ali (Boxen)

Jörg Trüdinger

1. Jochen Rindt (Motorsport) 2. Mark Spitz (Schwimmen) 3. Jackie Stewart (Motorsport) 4. Paul Breitner (Fußball) 5. Muhammad Ali (Boxen)

Jürgen Wolff

1. Joe Montana (Football) 2. Muhammad Ali (Boxen) 3. Jackie Stewart (Radsport) 4. Bernhard Langer (Golf) 5. Rudi Altig (Radsport)

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Rainer Bonhof

Fotos: © Horstmueller

TOP 5


from the past DVDs + BLU-RAYs 20.000 MEILEN UNTER DEM MEER Mit dieser Veröffentlichung erlebt der Stummfilmklassiker aus dem Jahr 1916 seine deutsch synchronisierte Weltpremiere. Zur Zeit seiner Entstehung gehörte dieser Film mit seinen zahlreichen Spezialeffekten zu den ersten Highlights, präsentierte Universal Studios dem Kinopublikum schier unglaubliche Bilder. Die Story: Ein Team von Wissenschaftlern untersucht eine Reihe von Störungen im Meer, von ddenen man glaubt, l b dass sie ein See-Ungeheuer ausgelöst haben soll. Doch bald finden sie heraus, dass es sich bei der Ursache für diese Phänomene nicht um eine Kreatur, sondern um das Unterseeboot des hasserfüllten Kapitäns Nemo handelt. Klasse Service: Neben der deutschen Synchronfassung kann man 20.000 Meilen unter dem Meer" auch " in der originalen Stummfilmfassung genießen. (Starmovie/edel, 2 x 100 Min.)

ROOM 237 Warum trägt der kleine Danny in Stanley Kubricks The Shining" (1980) einen Apollo" 11-Pullover? Warum sind ständig Backpulverdosen mit einem auffälligen Indianerkopf im Bild? Was geschah wirklich in Zimmer Nummer 237 des eingeschneiten m Berghotels? Die geheimB nnisvolle Verfilmung von Stephen Kings gleichnaS migem Horrorroman (mit m JJack Nicholson, Shelley Duval u.a.), hat einen HauD ffen interpretationswütiger Bilderdeuter, Cineasten und auf den Plan d Verschwörungstheoretiker V h gerufen. Einige von ihnen kommen in der mit vielen Preisen ausgezeichneten und von Kritikern hoch gelobten Doku Room 237" (Regie: " Rodney Ascher) zu Wort. Wer bisher meinte, den Kultklassiker gut zu kennen, wird einiges Erhellendes sehen oder auf wunderbare Art noch mehr verwirrt werden. Rapid Eye Movies bringt die Doku nun auf DVD heraus. (Alive, 99 Min.)

ZWEI WIE PECH UND SCHWEFEL Mit Zwei wie Pech und Schwefel" gibt es nun " einen der besten Bud-Spencer/Terence-HillFilme auch als Blu-ray in restaurierter HDQualität. In diesem Kinofilm zeigen die beiden Schauspieler einmal mehr, warum sie in den 70er Jahren das Maß der Dinge waren, wenn es

um Actionkomödien ging. Zusammen mit TopSchauspieler Manuel de Blas (als Berufskiller Paganini) und unterlegt mit einem genialen Soundtrack von Oliver Onions gibt es jede Menge knochentrockene Prügeleien, coole Sprüche und verrückte Actionszenen. Die Story um die es dabei geht, ist relativ banal: Die beiden Haudegen Ben und Kid kommen bei einem Crash-CarRennen gleichzeitig ins Ziel und sollen den Gewinn eines Strandbuggys durch ein Wettessen mit Würstchen und Bier klären. Als dann aber die Schläger eines Möchtegern-Ganoven (John Sharp) das Vehikel verschrotten, haben diese ihre Rechnung ohne Ben und Kid gemacht, die nur eines wollen: einen Buggy, rot mit gelbem Häubchen! (3L-homevideo, 101 Min.)

TOMS ABENTEUER Tom Sawyer ist bekanntermaßen für jeden Streich zu haben – wenn er seiner Tante Polly und ihren Standpauken entwischen kann. Und da geteilter Spaß bekanntlich doppelter Spaß ist, kommen ihm die besten Ideen dann i in i den Kopf, wenn er zusammen mit seinem Freund s Huckleberry Finn unterwegs H ist. Aber natürlich haben i die d beiden Lausbuben nicht dauernd Blödsinn im Kopf; d wenn es sein muss, zeigen sie auch bei ernsten Themen, dass man sich auf sie verlassen kann. 1937 wurde dieser sympathische Film im kalifornischen Culver City gedreht, hatte in den USA 1938 Premiere und kam 1954 in die deutschen und österreichischen Kinos. (Inter-Pathe/edel, 86 Min.)

THE GREAT AMERICAN WEST OF JOHN FORD Mit Hauptdarstellern wie John Wayne, Henry Fonda, Lee Marvin, James Stewart oder Richard Widmark, mit Filmen wie Früchte " des Zorns", Rio Grande", Der schwarze Fal" " ke", Der Mann der Liberty Wallace erschoss" " und Das war der Wilde " Westen" wurde der 1973 verstorbene amerikanische Filmregisseur John Ford schon zu Lebzeiten zur Legende. Zahlreiche Schauspielerkollegen und Produzenten äußern sich in der 1971 entstandenen Doku The Great American West Of John Ford" zu " seinem Lebenswerk, die einen höchst interessanten Einblick in Fords Arbeitsweise ermögSeite

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licht und damit auch hinter die Kulissen seiner Westernklassiker blicken lässt. (Starmovie/edel, 52 Min., dt. und engl.)

CLAN DER SIZILIANER + CAPONE Mit diesen beiden Filmen gibt es nun zwei der bekanntesten Gangsterklassiker erstmals in High Definition als Blu-ray. Im Der Clan der Sizi" lianer" von Henri Verneuils aus dem Jahr 1969 spielt Jean Gabin einen einflussreichen Mafiaboss, den es zurück zu seiner Familie nach Sizilien zieht. In seinem Schlepptau der zum Tode verurteilte Killer Roger Sartet (Alain Delon), den der Mafiaboss mit Hilfe seiner beiden Söhne aus dem Gefängnis befreit hat. Kommissar Le Goff (Lino Ventura) nimmt die Verfolgung der Verbrecher auf, bis es zzum Showdown kommt. Ein Film, der immer noch durch F sseine hervorragende Besetzzung und seine klasse Storry begeistert. Sechs Jahre sspäter, 1975, widmeten sich Produzent Roger Corman P uund Regisseur Steve Carver mit Al Capone einem der legendären Verbrecher der amerikanischen Geschichte. Ben Gazarra spielt den skrupellosen Boss, der sich, unterstützt vom Italo-Amerikaner Frank Nitti (Sylvester Stallone), an die Spitze der Chicagoer Unterwelt ballert, wo er zum uneingeschränkten Herrscher über Prostitution, Glücksspiel und Alkoholschmuggel wird – bis er die erste Schwäche zeigt ... (Twentieth Century Fox, 125 + 101 Min.)

SHERLOCK HOLMES DAS ZEICHEN DER VIER & DER HUND VON BASKERVILLE Seit mehr als einem Jahrhundert fasziniert Sherlock Holmes Krimifans in aller Welt. Zusammen mit seinem Assistenten Dr. Watson jagt der eigenwillige Detektiv mit Pfeife und Tweedmütze Ganoven, Betrüger g und Mörder, knackt Codes, kombiniert, hinterfragt und vverfolgt auch jede noch so kkleine Spur. Die britischen Verfilmungen der beiden EpiV ssoden Das Zeichen der Vier" " und u Der Hund von Basker" v ville" mit Ian Richardson und David Healy in den HauptD rollen gehören zu Recht zu den gelungensten Verfilmungen von Sherlock-Holmes-Fällen. Nach der 2009er DVD-Veröffentlichung dieses Doppelpacks erscheinen die beiden spannenden Kriminalfälle nun erstmals als Full-HD Blu-ray. (Starmovie/edel, 200 Min.)


SHARK ATTACK Schier unerschöpflich ist die Flut der Hai" Filme", die, inspiriert von Steven Spielbergs Der weiße Hai" ( Jaws", 1975), über Kinos " " und Videotheken hereinbrach. Gigantisch auch die qualitative Spannweite dieser Streifen, von billigen B-Movies über halb-dokumentarische Machwerke bis zu ernsthaften Herausforderern; zu Letzteren gehört der 1999 entstandene Film Shark " Attack". Darin erhält der Meeresbiologe Steve McKray die Nachricht, dass sein Freund Mark DeSantis Opfer eines Hais wurde. Um sich i h Klarheit l h i zu verschaffen, reist McKray ins afrikanische Port Amanzi, begleitet von DeSantis hübscher Schwester Corinne. In der Küstenstadt erfahren die beiden, dass sich dort in letzter Zeit grausige Hai-Angriffe häufen. Doch bald stellt sich auch heraus, dass dort nicht nur die Haie gefährlich sind, ein paar Ganoven richten mit Chemikalien und Korruption großes Unheil an. (Paragon Movies, 92 Min.)

IM LAND DER SIOUX Zwei Western dieser Dreier-Box stammen aus den 50er Jahren, einer aus den 70ern: 1954 entstand ohne großes Staraufgebot o Die Rache des Sitting Bull", " dessen Titel zwischenzeitd lich in Die letzte Schlacht l " der d Sioux" geändert wurde, da d dieser wohl besser zum Inhalt passt, der legendären I Schlacht zwischen Colonel Custer und der Sioux am Little i l Big i Horn. Ein i Jahr später entstand Die vier " Gesetzlosen", eine klassische Banditengeschichte um die vier Brüder Frank, John, Clint und Bill (u.a. dargestellt von Randolph Scott und Forrest Tucker), die nicht nur Eisenbahnen und Banken ausrauben sondern auch noch die Bewohner ihrer kleinen Heimatstadt terrorisieren – bis der Geheimagent James Barlow ihrem Treiben ein Ende macht. 1973 entstand mit Burt Lancaster in der Hauptrolle der Italowestern Spiel mir das " Lied der Rache", in dem er als (typisch guter) Adoptivsohn eines Ranchers immer wieder auf die Probe gestellt wird und sich gegen die hinterlistigen Fallen des (typisch bösen) leiblichen Sohnes beweisen muss ... (Starmovie/edel, 258 Min.)

MARYLIN MONROE COLLECTOR'S EDITION Kurz vor ihrem Durchbruch, 1951, spielte Marylin Monroe eine kleine Rolle im amerikanischen Low-Budget-Drama Home-Town-Story". Die" ser Film – in den Hauptrollen Jeffrey Lynn und

Alan Hale Jr. – ist ebenso A Bestandteil dieser DVDB Box B wie die beiden Dokumentationen The Story Of m " Marylin Monroe" und Die M " ersten Jahre der Monroe". In e 25 2 bzw. knapp 20 Minuten kkonzentrieren sich diese beiden Dokus vor allem auf die frühen Jahre der Schauspielerin, zeigen Bilder aus ihrem Privatleben, ihren Filmen und von ihren Auftritten bei zahlreichen gesellschaftlichen Anlässen. (Inter Pathe/edel, 160 Min.)

SAHARA Dieses Wüstenabenteuer spielt in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts. Dales (gespielt von Brooke Shields) Vater stirbt bei einer Testfahrt mit seinem selbst gebauten Rennwagen, mit dem er am härtesten Autorennen der Welt teilnehmen wollte. Dale beschließt, den Lebenstraum ihres Vaters zu Ende zu bringen, da Frauen aber die Teilnahme an diesem Rennen verboten ist, nimmt sie als Mann verkleidet daran teil. Aus heutiger Sicht wirkt die 80er-Jahre-Darstellung des gnadenlosen Konkurrenzkampfes der Teams, der Hitze, der Sandstürme sowie des Kriegs der verfeindeten Wüstenstämme fast unfreiwillig komisch, andererseits sind es ja genau diese (Hollywood-)Überzeichnungen, die solch einen Film zum Kultobjekt machen. Neben Brooke Shields sind in Sahara" noch " John Rhys-Davies, Horst Buchholz und Lambert Wilson (als Scheich) zu sehen, für die Filmmusik war kein Geringerer als Ennio Morricone verantwortlich. (Breu Media, 106 Min.)

POPEYE DER SEEMANN & SEINE FREUNDE Popeye, dieser sympathisch bescheidene Held mit einem Faible für Spinat aus der Dose, wurde schon 1929 in die Welt gesetzt und gehört bis heute zu den weltweit beliebtesten Comicfiguren. Der kantige Seemann ist ein Underdog mit ebenso niedriger Reizschwelle wie starkem Gefühl für Gerechtigkeit und Fairplay. Über vier Stunden lang zeigt die Zeichentrickserie Popeye der Seemann " & seine Freunde", wie er sich für seine Freundin Olivia einsetzt, wie er zusammen mit Kameraden Bluto, Swee' Pea und i seinen i J. Wellington so manches actionreiche Abenteuer überstehen muss. (Starmovie/edel, 283 Min.) GoodTimes

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OLIVER TWIST Mit Stummfilm-Stars wie Dickie Moore ( Die " kleinen Strolche") und Clyde Cook ( Dick " und Doof") verfilmte William J. Cowen 1933 in den USA den CharlesDickens-Klassiker Oliver " Twist". Erzählt wird dabei die Geschichte des Waisenkindes Oliver, der als billige Arbeitskraft zu einer Familie geschickt wird. Schnell flüchtet er von dort und macht sich auf den Weg nach London. Dort macht er auf der Straße die Bekanntschaft von The Artful Dodger, der ihn zu Fagins Bande bringt. Der Junge fühlt sich schnell heimisch, zum ersten Mal in seinem Leben kümmern sich Menschen um ihn. Fagin führt ihn in die Kunst des Taschendiebstahls ein, für Oliver ist es nicht mehr als ein lustiges Spiel. Bei einem Diebstahlszug mit der Bande durch die Stadt wird Oliver dann von Mr. Brownlow erwischt. Der nette Herr nimmt Oliver, statt ihn der Polizei zu übergeben, mit zu sich nach Hause, wo er sich zusammen mit seiner Nichte Rose rührend um ihn kümmert. Doch Oliver wird bald von seiner Vergangenheit eingeholt, und Fagins Diebesbande benutzt ihn, um bei Mr. Brownlow einzubrechen. Oliver wird in den Wirren des Einbruchs angeschossen und muss um sein Leben bangen, doch am Ende landet die Bande im Gefängnis. Oliver besucht dort Fagin ein letztes Mal, kurz vor dessen Hinrichtung. Ein Film, der nicht nur Dickens' Geschichte klasse erzählt, sondern der auch mit seiner nostalgischen Atmosphäre überzeugen kann. (Inter-Pathe/edel, 65 Min.)

POMPEI – DER UNTERGANG Tragische Geschichten über Liebe, Krieg, Morde und Verschwörungen vor der Kulisse des d drohenden Vulkanausbruchs des Vesuv – der b italienische Regisseur (und i Spezialist für HistorienS filme) Giulio Base packte 2008 allerlei Erzählstränge 2 in i seinen Film Pompei – " Der Untergang". Neben D Maurizio Aiello, Fabrizio M Bucci und Maria Grazia Cucinotta gibt es dabei auch ein Wiedersehen mit Giuliano Gemma, dem legendären italienischen Schauspieler, der zu seinen Glanzzeiten in den 70er Jahren ( Auch die Engel essen Bohnen") mit einem " einzigen Blick aus seinen stahlblauen Augen ein ganzes Kinopublikum in seinen Bann schlagen konnte und im Oktober letzten Jahres nach einem Autounfall in seiner italienischen Heimat verstorben ist. (Paragon Movies, 186 Min.)


from the past GENIE DES BÖSEN THE MOST DANGEROUS GAME Bis heute gilt dieser 1932 entstandene Film mit dem Originaltitel The Most Dangerous Game" " als eines der gruseligsten und spannendsten p Frühwerke des Kinos. Endlich gibt es Genie des Bö" sen", so der deutsche Titel (mit der Filmlegende Fay Wray aus King Kong" " in einer Hauptrolle) auch in der US Special Edition mit viel Bonus-Material. Die Story: Dem russischen Sportjäger Graf Zaroff tappen auff seiner eini i samen Insel ahnungslose Überlebende eines Schiffbruchs in die Falle. Da der Graf schrecklich gelangweilt davon ist, immer nur auf Tiere zu schießen, eröffnet er aus Spaß am Töten die Jagd auf die Gestrandeten. In diesem wahnsinnigen Spiel fällt seine erste Wahl auf Robert Rainsford und Eve Trowbridge. Die Gestrandeten sind auf der mysteriösen Insel auf sich alleingestellt und müssen von nun an einen Weg finden, den wahnsinnigen Grafen in diesem lebensgefährlichen Spiel auszutricksen. Die Hetzjagd durch die Nacht nimmt ihren unheilvollen Lauf! Also genau das Richtige für Fans von Filmen wie Theater des Grauens", Fleisch" oder " " Auf der Jagd". Enthält zwei DVDs, auf der es " neben dem Originalfilm (erstmals in Farbe und in deutscher Sprache) auch noch massig BonusMaterial gibt, darunter eine restaurierte S/WVersion mit Audiokommentar, eine Trailershow, Bildergalerie und Interviews mit Tricktechniker Ray Harryhausen sowie den Schauspielern John Morgan und James D'Arc. (Starmovie/edel, 2 DVDs 253 Min.)

SESAMSTRASSE CLASSICS DIE 80er JAHRE Seit 1973 begeistert die Sesamstraße" Jung " und Alt, längst ist der Pionier unter den Kindersendungen Kult geworden. Zu Beginn wurden die halbstündigen Folgen aus den USA übernommen und für die deutsche Ausstrahlung lediglich synchronisiert. Ab Januar 1978 startete dann eine eigene deutsche Sesamstraße" als " Rahmenhandlung, die das Studio Hamburg des NDR in Wandsbek produzierte. Bei dieser neuen Kulisse handelte es sich aber – im Gegensatz zum US-Original – weniger um eine Wohnstraße als vielmehr um eine Art offenes Haus. Der Mittelpunkt war dabei eine Küche mit Theke und Hockern davor. Auch die Hauptdarsteller änderten sich, von nun an waren es zwei Menschen und zwei Puppen. Bei den Menschen handelte es sich um Schauspieler, die meist mit ihren

wirklichen Vornamen auftraten. Zunächst übernahmen Henning Venske und Liselotte (Lilo) Pulver diesen Part, später folgten unter anderem Ilse Biberti, Gernot Endemann (Schorsch), Manfred Krug, Uwe Friedrichsen, Hildegard Krekel (Bettina), Ute Willing und Horst Janson. Für die beiden Puppen entstanden die Charaktere Samson und Tiffy – bis 1983 gespielt und geprägt von Peter Röders und Kerstin Siebmann-Röders. Weiterhin dabei waren natürlich auch die Einspielfilme mit (den US-Figuren) Erni und Bert, Graf Zahl, Grobi, Kermit, Lulatsch, Mumpitz, Oscar, Robert und Schlemihl, als rein deutsche Puppen kamen nach und nach Herr von Bödefeld, Finchen und Rumpel hinzu. Ein fester Bestandteil des Konzeptes war es, die Zuschauer hinter die Kulissen des Fernsehens blicken zu lassen, also die Regie- und Kamera-Arbeit sowie die (damaligen) Möglichkeiten visueller Trickverfahren aufzuzeigen und ins Geschehen einzubinden. So konnten die Sesamstraßen-Stars zum Beispiel trockenen Fußes auf eine Südseeinsel wandern und erst danach die Regie bitten, jetzt das Wasser einzublenden. Auf zwei DVDs präsentiert Sesamstraße Classics – Die 80er Jahre" " nun drei Stunden lang das Beste aus den Jahren 1980 bis 1989, zusätzlich zu den zahllosen Episoden gibt es noch digital restaurierte Originalfolgen in ganzer Länge zu sehen. Ein absolutes Highlight-Programm mit vielen Klassikern von Ernie, Bert, Samson, Tiffy, Oscar, Grobi, Krümelmonster und Co., das dicke Booklet liefert die Hintergrundinformationen dazu. (Studio Hamburg Entertainment/edel, 180 Min.)

DIE TODESGRUFT DES DR. JEKYLL In diesem Low-Budget-Horrorstreifen aus dem Jahr 1957 vermischt sich die klassische Dr. Jekyll/Mr. Hyde-Story mit allerlei Themen aus anderen Gruselgeschichten, von Werwölfen über einen mysteriösen Fluch bis zu Vollmond-Alpträumen (inklusive blutverschmiertem Nachthemd!). Ganz klar kann man solche Filme heutzutage nicht mehr so ernst wie zu ihrer Entstehungszeit nehmen, doch gerade diese unfreiwillige Komik, diese Art, das Böse auf eine heute nicht mehr übliche Art und Weise darzustellen, macht das Besondere dieser Produktionen aus, und dafür ist Die Todesgruft des Dr. Jekyll" eines der " besten Beispiele. Die aktuelle DVD liefert die deutsche Kinofassung erstmals komplett restauriert und bietet mit Kinotrailer, Fotogalerie und Filmprogammheft auch zusätzliches Material. (Inter-Pathe/edel, 85 Min.) Seite

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VATER WIRD ES RICHTEN Elizabeth Taylor, Spencer Tracy, Joan Bennett und Don Taylor spielen die Hauptrollen in dieser amerikanischen Kinokomödie aus dem Jahr 1951, die ursprünglich unter dem Titel Ein Geschenk des Himmels" in die " ddeutschen Kinos kam und eine e Fortsetzung der höchst erfolgreichen Komödie e Vater der Braut" war. Die " nun n veröffentlichte DVDVersion heißt Vater wird V " es e richten", und das ist auch das Motto des Großvaters in spe (Paraderolle v für f Spencer Tracy), dem weder die Liebeswahl seiner Tochter (Liz Taylor) noch seine künftige familiäre Position zusagt. Während alle anderen sehnsüchtig der Ankunft des neuen Erdenbürgers entgegensehen, muss er sich mit dem Älterwerden auseinandersetzen. Doch nach der Geburt – und nach einem unbeabsichtigten Ausflug von Opa und Enkel zur Polizei – ist das Eis gebrochen, nimmt der Familienpatriarch seine neue Rolle an. Und richtig glücklich ist er, als er erfährt, dass der junge Stammhalter sogar seinen Vornamen tragen soll! Leicht verspielte Komödie in der " Nähe des Schwankhaften, glänzend gespielt und inszeniert", so urteilt das Lexikon des " internationalen Films". (Starmovie/edel, 78 Min.)

ESTHER ONE NIGHT WITH THE KING Aus dem Jahr 2006 stammt diese indischamerikanische Produktion, in der ein wahres Staraufgebot die biblische Geschichte um Königin Esther darstellt. Omar Sharif, Peter O'Toole, John-Rhys Davies, Luke Goss, John Noble und Tiffany Dupont sind die Hauptpersonen dieser opulenten Verfilmung, in der sich Königin Waschti weigert, ihrem Mann, dem persischen König Xerxes, zu gehorchen. Sie wird daraufhin vom Hof verbannt, und König Xeres sucht im persischen Reich nach einer Frau, die Waschtis Stelle als Königin einnehmen soll. Er findet sie in der Waise Hadassa, die von ihrem Onkel erzogen wird. Hadassa fürchtet sich, als Jüdin diskriminiert zu werden, und nennt sich von nun an Esther. Im Palast erfährt sie, dass der Hauptkämmerer des Königs plant, alle Juden im persischen Reich zu töten. Doch mit ihrem Charme und ihrem ganzen Mut gelingt es ihr, den Plan aufzudecken. Um dieses Ereignisses zu gedenken, feiern die Juden auch heute noch alljährlich das Purimfest. (Starmovie/edel, 118 Min.)


MA BARKER'S KEINE BANK WAR VOR IHR SICHER Mit neuem DVD-Titel wird der von Regisseur Bill Karn 1960 in Szene gesetzte Gangsterfilm Ma Barker's Killer Brood" nun neu veröffent" licht. Zuvor war der Schwarz/Weiß-Kultstreifen, in dem Ma Barker (Lurene Tuttle) und ihre vier Söhne in den 30er Jahren mit Kidnapping, Morden und Überfällen den Süden und den Mittleren Westen der Vereinigten Staaten unsicher machten, unter dem s deutschen Titel Die gnad " denlosen Killer" bekannt. d Ein E Film, der sich frei am Leben der realen Ma Barker L orientiert, die gemeinsam o mit m ihrer Familie ab 1930 für zahlreiche Verbrechen verantwortlich war und 19355 zusammen mit ihrem Sohn Freddie bei einem 45-minütigen Schusswechsel in Florida getötet wurde. Für den jungen FBI-Direktor J. Edgar Hoover damals ein wichtiger Erfolg, nach eigenen Worten hatte das FBI noch nie so gefährliche Verbrecher wie die Barker-Bande gejagt ... (Starmovie/edel, 90 Min.)

JAMES STEWART COLLECTION Prall gefüllt mit über dreieinhalb Stunden Laufzeit kommt die James Stewart Collec" tion" daher. Zu sehen gibt es drei Filme des amerikanischen Schauspielers, Ein ideales Paar" (1939), " Die goldene Stunde" " (1941) sowie Herrscher " über deine Flügel" (1942). Der erste Film zeigt Stewart als jungen, ambitionierten Rechtsanwalt in New York. Frisch verheiratet, hoch verschuldet, dazu noch der Einzug der Schwiegermutter und eine geplatzte Beförderung: das alles sorgt für Dauerärger, der sich dann noch verschärft, als nach der Geburt des ersten Sohnes seine Frau gezwungen ist, zur Arbeit zu gehen. Doch James Stewart wäre nicht James Stewart, wenn er da nicht herauskäme. Auch im zweiten Film zeigt er sein Talent für leichte, romantische Rollen, im dritten Streifen kann man ihn dabei erleben, wie er Nachwuchs für die Army rekrutiert. (Inter Pathe/edel, 215 Min.)

ELMO

ddie beliebte Figur aus der Sesamstraße" den Mount " E Everest, bereist als Cowbboy den Wilden Westen ooder sucht als Kapitän eines Segelschiffes den rosafarbbenen Wal Moby Pink" " auf den Weltmeeren. Wie es sich für ein richtiges Musical gehört, ist das Ganze untermalt von toller Musik, die zum Mitsingen, Mittanzen und Mitmachen animiert. Zehn Folgen der aus dem Kinderkanal bekannten Serie gibt es zu sehen, darunter Der Bergsteiger und der Yeti", " Das Flugzeug zum Südpol", Pizza zum Mars", " " Cowboy im Wilden Westen", Der Prinz und der " " Drache" sowie Elmos Zirkustraum". " (Studio Hamburg Entertainment/edel, 125 Min.)

DAS KOM(M)ÖDCHEN DIE ÄRA KAY UND LORE LORENTZ Das Düsseldorfer Kom(m)ödchen gehört ohne Zweifel zu den renommiertesten Kabarettbühnen Deutschlands. Seit 1947 deckt die freche Literatenbühne mit analytischem Spott den Opportunismus der deutschen Nachkriegsgegg sellschaft auf. Hochkarätige Autoren und Kabarettisten plädieren für Toleranz und demokratische Werte, parodieren engstirnige Politiker ebenso wie Wohlstands-berauschte Wirtschaftswunder-Bürger. Diese 6-DVD-Edition zeigt Höhepunkte aus der Ära Ä Kay und Lore Lorentz aus den Jahren 1960 bis 1989. Und man glaubt es kaum: Die historischen Programme erscheinen heute aktueller denn je; was immer das Kom(m)ödchen aufs Korn nahm – seine Kritik an Fehlentwicklungen, Irrwegen und populistischer Anbiederung trifft heute immer noch zu. Denn Rüstungswahnsinn, Kriminalität, Neo-Nazis, Umweltverschmutzung, ungerechte Vermögensverteilung, krankes Gesundheitswesen und vieles andere mehr sind uns über all die Jahre erhalten geblieben! Über 17 Stunden erstklassiges Kabarett mit Lachgarantie und dazu noch ein freudiges Wiedersehen mit legendären Kabarettisten wie Lore Lorentz, Ernst H. Hilbich, Thomas Freitag und Harald Schmidt. Als Extra gibt es ein 40-seitiges Booklet mit ausführlichen Informationen zu den politischen Hintergründen der Programme, gewürzt mit zahlreichen Szenenfotos. (Tacker Film/Alive, 6 DVDs, 1062 Min.)

DAS MUSICAL Was wäre, wenn Elmo ein Flugzeugpilot, ein Bergsteiger oder ein Cowboy wäre? Er probiert es aus. In der Serie Elmo – das Musical" schlüpft " er in die unterschiedlichsten Rollen und erlebt in jeder Folge ein tolles Abenteuer. Dabei besteigt

DICK & DOOF MEGABOX LACHPARADE XXL Ohne neues Material, dafür aber mit rund 20,– € unschlagbar günstig, so präsentiert sich diese voluminöse 11-DVD-Megabox. Dick & " GoodTimes

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Doof", unter diesem Namen kennt man das USamerikanische Komiker-Duo Stan Laurel und Oliver Hardy. Zwischen 1926 und 1951 drehten sie zusammen über hundert Filme. Während Oliver Hardy sich hauptsächlich als Schauspieler in die gemeinsame Arbeit einbrachte, galt Stan Laurel als der kreative Kopf des Duos. Er entwickelte nicht nur zahlreiche der legendären Gags und Drehbüd cher, sondern führte bei den c meisten Filmen auch Regie m uund arbeitete am Schnitt. Die dominierenden StilD mittel ihrer Komik sind das m vvorhersehbare Scheitern an zumeist lösbaren Aufgaben sowie die physische Zerstörung von Inventar. Typisch ist hierbei auch, dass sich die beiden Protagonisten gegenseitig großen Schaden zufügen und dieses jeweils mit stoischer Fassung über sich ergehen lassen. Mit dem Tod von Oliver Hardy 1957 endete die Karriere des erfolgreichen Duos. Stan Laurel wurde 1960, fünf Jahre vor seinem Tod, mit einem Ehren-Oscar ausgezeichnet. Auf vier DVDs ( Die Schatztruhe", Rari" " täten", Frühe Kunstwerke" und Verborgene " " Perlen") gibt es zahlreiche Kurzfilme zu sehen, dazu die Langfilme Der Zauberer von " Oz", Der Westen von Hot Dog", Robinson" " Crusoe-Land", Fliegende Teufelsbrüder" und " "Rache im Wunderland". Zusätzlich sind mit der Laurel/Hardy-Biografie und Als die Bilder " laufen lernten" noch zwei interessante Dokumentationen enthalten. (Starmovie/edel, 1000 Min.)

DIE ERSCHAFFUNG DER WELT Gott, ein liebenswürdiger alter Mann, entschließt sich dazu, aus dem absoluten Nichts innerhalb von sechs Tagen etwas zu erschaffen. Mit himmlischer Inspiration und unterstützt von drei Engeln erschafft er das All, den Himmel und die Erde, das Wasser, die Sonne, den Mond und die Sterne, erfindet Pflanzen, Tiere und schließlich den Menschen: Adam und Eva – und das alles gegen den Widerstand der listigen kleinen roten Teufelchen, die nichts unversucht lassen, um Gottes Werk zu sabotieren. Doch der liebe Gott lässt sich bei seiner Arbeit nicht beirren und vollendet seine Schöpfung wie geplant, so dass er sich am siebten Tag erschöpft in die Sonntagsruhe zurückziehen kann. Vier Jahre lang arbeitete Anfang der 50er der 1982 verstorbene französische Autor und Karikaturist Jean Effel zusammen mit den Trickfilmstudios Prag an dieser heiter-ironischen Schöpfungs-


from the past geschichte, der die Jury des Dokumentar- und Kurzfilm-Festivals Venedig 1958 einen Sonderpreis verlieh, wobei ihn päpstliche Beobachter in besonderem Maße gotteslästerlich" nannten " und in ihm viel eher eine groteske Verhöh" nung der Heiligen Schrift" sahen – heutzutage kann man dies natürlich weit entspannter sehen. Da vor kurzem die lange verschollene DDR-Fassung wieder aufgetaucht ist, kann man sich Die Erschaffung der Welt" in zwei " unterschiedlichen Versionen ansehen: entweder mit der originalen, tschechischen Tonspur oder in der deutschen Defa-Synchronisation. (Universal, 83 Min., Deutsch und Tschechisch)

CLASSIC WESTERN Riesig ist der Fundus, in dem sich immer wieder DVD-Neuveröffentlichungen finden lassen. Häuptling der Apachen" (1957, 73 Min.) " kam 1958 (noch mit dem Titel Rebell der roten " Berge") erstmals in die deutschen Kinos, mit Lex Barker wartet dieser Film mit einem prominenten Hauptdarsteller auf, der kurz darauf in den KarlMay-Filmen Old Shatterhand spielte. Nachdem die Originalsynchronisation 1965 bei einem Brand vernichtet wurde, existierten nur noch die TV-Tonspuren. Mit Hilfe verschiedener Kinokopien konnte nun allerdings fast der komplette Film restauriert werden, so dass er jetzt erstmals in der Kino-Synchronisation von 1958 erscheint. Joel McCrea spielt in Duell in Dodge City" " (1959, 78 Min.) einen Revolvermann, der durch den Tod seines Bruders – der kurzzeitig den Job des Sheriffs in Dodge City innehatte – geläutert wird und alles daran setzt, dem gesetzlosen und gewalttätigen Treiben in dieser Stadt ein Ende zu machen. Als DVD/Blu-ray-Doppelpack sind nun in der gleichen Reihe zwei Filme mit Lee Van Cleef erschienen. Von Mann zu " Mann" (1967, ( 7, 110 Min.) zeigt ihn als Rachebesessenen Revolverheld, b der d in der Jugend durch eein Massaker seine gessamte Familie verloren hhat. Zusammen mit einem Leidensgenossen macht er L ssich auf die Suche nach den Mördern, die mittlerweile zu reichen und mächtigen Bürgern aufstrebender Städte geworden sind. Auch wenn die beiden darum konkurrieren, wer seine Rache zuerst ausleben darf, im ent-

scheidenden Moment halten sie zusammen. Der wohl bekannteste dieser vier Filme dürfte Sabata" ((1969,, 102 Min.) sein, in dem Lee " V Van Cleef von Kollegen w wie William Berger, Peddro Sanchez, Nick Jordan uund Linda Veras unterstützt wird. (Italo-)klassisch der w Plot, bei dem ein geheimP nnisvoller Fremder (... der zu viel weiß") in der Stadt " auftaucht. Natürlich wollen ihn di die nach ih h außen ß hin unbescholtenen Bürger zum Schweigen bringen, allerdings haben sie die Rechnung ohne seinen schnellen Colt gemacht. Die Macher dieses Films genießen ihre " eigene Gerissenheit, ein Genuss, den sie auf ihren Titelhelden und damit schließlich auch auf das Publikum übertragen. Das Rezept, einen Hauch von Irrealität über den Film zu legen, indem man alles auf die Spitze treibt, wird hier mit gutem Erfolg angewendet", schreibt Joe Hembus in seinem Westernlexikon – dem ist nichts hinzuzufügen. (Explosive Media/Alive, 4 DVDs)

RICHARD LÖWENHERZ Auf zwei DVDs liefert Richard Löwenherz" " sämtliche 13 (von insgesamt) 39 Folgen der britischen TV-Serie Richard The Lionheart", " die Anfang der 60er Jahre im deutschen Fernsehen liefen. Sie spielen in England im zwölften Jahrhundert, wo schon wenige Tage nach seiner Krönung der mutige Richard Löwenherz – rechtmäßiger Thronfolger seines verstorbenen Vaters König Henry – damit beginnt, zahlreiche Missstände in seinem Königreich zu beseitigen. Doch unter der Führung von Sir Bertram haben sich einige heruntergekommene Landbarone, die hauptsächlich von Plünderung und Straßenraub leben, zu einer Verschwörung zusammengeschlossen. Sie wollen den neuen König beseitigen, da er ihnen mit seinen Bestrebungen, Recht und Ordnung im Lande wiederherzustellen, ein Dorn im Auge ist. Doch auch sein Bruder, der intrigante Prinz John, trachtet Richard nach dem Leben, ebenso wie König Philip von Frankreich und Leopold von Österreich. Ebenso herrliche wie nostalgische Serienunterhaltung, deren 60er-Jahre-Schwarz/Weiß-Charme hier W iß Ch hi so richtig zum Tragen kommt, noch dazu ein Wiedersehen mit Schauspielern wie Dermot Walsh (als Richard), Trader Faulkner (als sein Bruder John bzw. Philip von Frankreich), Sheila Whittingham (Lady Berengaria) und Francis De Wolff (Leopold von Österreich). (Studio Hamburg Enterprises/Alive, 325 Min.) Seite

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ÜBER SIEBEN BRÜCKEN MUSST DU GEHN Über sieben Brücken musst du gehn", fast jeder " kennt diesen Song von Peter Maffay. Dass dieser im Original von der Band Karat stammt, das dürfte sich mittlerweile herumgesprochen haben, doch dass dieses Lied der Titelsong eines DDR-Fernsehfilmes aus dem Jahr 1978 war, dürfte für viele bisher unbekannt gewesen sein. Helmut Richter schrieb Mitte der 70er Jahre die tragische Liebesgeschichte über den Polen Jerzy, der in der DDR nicht nur Kühltürme baut, sondern sich auch in die Kraftwerkslaborantin verborantin Gitta ver liebt. Zunächst scheint auch alles problemlos zu laufen, doch dann kommt die deutsch-polnische Vergangenheit ins Spiel, werden alte Wunden neu aufgerissen. Regisseur Hans Werner schlug für die Filmmusik den Keyboarder und Hauptkomponisten von Karat, Ulrich Swillms, vor, der Gittas inneren Kampf, ihre Zerrissenheit zwischen Kummer und Hoffnung in die mittlerweile legendären Textzeilen umsetzte. Die gehen auf eine alte polnische Legende zurück, in der geschildert wird, dass eine Mutter ihr krankes Kind über sieben Brücken tragen muss, damit es wieder gesund wird. (Studio Hamburg Enterprises/Alive, 80 Min.)

BUD SPENCER DIE KULT BOX Wenn einem Schauspieler schon eine so voluminöse Kult Box" gewidmet wird, " dann muss diese natürlich in kult! kurz vorgestellt werden. Dass der 1929 in Neapel geborene Schauspieler Bud Spencerr unter seinem bürgerlichen Namen Carlo Pedersoli 1952 als Schwimmer an den Olympischen Spielen teilgenommen hatte, sah man ihm im Laufe seiner Filmkarriere nicht mehr an, vielmehr war er geradezu dazu prädestiniert, in zahlreichen ItaloWestern und (oft zusammen mit Terence Hill) in W jeder Menge Actionkomödien den ebenso dickj köpfi k gen wie gutmütigen Charakter darzustellen, der den Großteil seiner Probleme schlagkräftig" " löst. Die 10-DVD-Kult-Box beinhaltet zehn BudSpencer-Filme aus den 70er/80er Jahren, von Ba" nana Joe" (1981) über Bud der Ganovenschreck" " (1982) und vier Filme seiner Der Dicke ..."-Rei" he bis zu Wenn man vom Teufel spricht (1991). " Sechs der zehn Filme wurden extra für diese Box neu digital remastert, dazu gibt es noch auf jeder DVD das Bonus-Material der jeweiligen Einzelveröffentlichung. Ideal also, um Sammlungslücken zu füllen, zumal man mit deutlich unter fünf Euro pro DVD dabei ist. (3L Film GmbH, 10 DVDs, 950 Min.)


Bücher + Comics 1001 FILME, DIE SIE SEHEN SOLLTEN, BEVOR DAS LEBEN VORBEI IST Von Steven Jay Schneider 2013, Edition Olms ISBN 978-3-28301-161-1 960 Seiten; 29,95 Ð

In der beliebten 1001"-Reihe, in der auch das " empfehlenswerte 1001 Alben" erschienen ist, " wurde nun die mittlerweile zehnte und aktualisierte Auflage der 1001 Filme" publiziert. " Der prächtige Band richtet sich sowohl an den Filmkenner als auch an den Laien, der sein Wissen anreichern möchte. Von der Steinzeit ( Die " Reise zum Mond", 1902) bis hin zu aktuellen Blockbustern wie Django Unchained" (2012) " oder Lincoln" erfährt man nicht nur wichtige " Daten (unter anderem Produzent, Drehbuch, Musik Darsteller), sondern erhält auch eine kritische Zusammenfassung, die den jeweiligen Streifen gerecht wird, ohne dabei in intellektuelle Gefilde zu entschwinden. Hunderte von Abbildungen der Schauspieler oder von Plakaten unterstreichen die Aussagen und visualisieren die verschiedensten Genres wie den Historienfilm, den Krimi, Science Fiction oder den Liebesfilm. Ein Buch mit einem unschlagbaren Preis/Leistungsverhältnis.

1001 AUTOS, VON DENEN SIE TRÄUMEN SOLLTEN, BEVOR DAS LEBEN VORBEI IST Von Simon Heptinstall 2013, Edition Olms ISBN 978-3-28301-159-8 960 Seiten; 29,95 Ð

Nach einem Vorwort des Pink-Floyd-Drummers Nick Mason darf der Leser sich auf eine Reise in die faszinierende Welt der fahrbaren " Untersätze" begeben. Neben den wichtigsten technischen Details ergänzen fast immer Fotos der Modelle den Text und gelegentlich historisches Bildmaterial wie r kultige Anzeigen oder k Fotos aus der freien F " Wildbahn". Eines wird W sschnell klar: Nach den eersten, noch eher unbehholfenen Versuchen um circa 1900 punkteten Design und Praktikabilität schon li h ab b dden 20er Jahren. Ein Bugato Typ 50, der Alfa Romeo 8C 2900B, ein Studebaker Speedster oder der unvergessliche Eldorado

Cadillac haben alle das Prädikat sexy verdient. Doch vergleichbare Prachtexemplare wurden auch noch bis Mitte der Neunziger produziert wie zum Beispiel der DeLorean DMC-12 mit Flügeltüren oder der nur in kleinen Stückzahlen gefertigte Figaro von Nissan. Wer nach der Lektüre dieses informativen und zugleich nostalgischen Bandes moderne Autos nicht mit einem abgeklärt-spöttischen Gesichtsausdruck honoriert, hat keinerlei Gespür für Klasse und Design! Was gab es schon für leidenschaftlich entworfene und schicke Automobile – herrlich!

WIR KINDER DER 80er PORTRÄT EINER UNTERSCHÄTZTEN GENERATION Von Christoph Quarch & Evelin König 2013, Riemann Verlag, München ISBN 978-3-57050-154-2 256 Seiten; 19,99 Ð

Was ist ein Münztelefon? Wie bedient man einen Plattenspieler? Weckt der Anblick einer Bravo" nostalgische Gefühle? Wenn man diese " Fragen alle mit Ja" beantworten kann, dann " gehört man zu der Generation, die zwischen 1960 und 1974 geboren wurde und immer noch rätselt, was sie tatsächlich ausmacht. Denn als die Kinder der 80er" " erwachsen wurden, waren die revolutionären Zeiten der 68er längst vorbei, und die nachfolgende Generation der Digital Natives" lag " noch schreiend in den Windeln. Ihre Jugend war die Zeit von Punks und Poppern, Müslis (wahlweise Ökos), von Cliquen, WGs und Interrail, von Neuer Deutscher Welle, Synthie-Pop und Kuschel-Rock, von Friedensbewegung, Tschernobyl ( Atomkraft – Nein Danke!") und " autofreien Sonntagen. Wir Kinder der 80er" " beleuchtet historische Ereignisse genauso wie private Begebenheiten, nimmt die Leser mit auf die Zeitreise in ein – aus heutiger Sicht – fern scheinendes Jahrzehnt. Mit Hilfe zahlreicher Spezialisten ( Expertenhearing") zeichnen " Christoph Quarch und Evelin König ein Psychogramm ihrer eigenen Generation, erinnern an ihre Musik, ihre Filme, ihr Lebensgefühl, aber auch an die historischen Ereignisse, die sie in dieser Zeit prägten. Mit vielen Abbildungen und Fotos, mit einem Lexikon für Nachgebore" ne", Prominenten-Fragebögen (u.a. beantwortet von Moderatorin Stefanie Tücking und Sängerin Nicole) sowie mit Gastbeiträgen von Zeitzeugen wie Frank Elstner, Christian SchwarzSchilling und Frank Laufenberg entsteht so ein Bild, das klarmacht, dass diese Generation weit mehr zu bieten hat, als sie selbst glaubt. Hier kann man dies schwarz auf Weiß nachlesen ... GoodTimes

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STUKENBROK HAUPTKATALOG 1912 & 1926 Olms Verlag, Hildesheim ISBN 3-48708-047-8 & 3-48708-078-8 237 Seiten & 176 Seiten; jeweils 15,80 Ð

Aus seiner 1890 in Einbeck eröffneten Fahrradhandlung entwickelte August Stukenbrok relativ schnell ein weltweit agierendes Unternehmen mit rund 100 Beschäftigten, das schon um die letzte Jahrhundertwende erstmalig den Gedanken des Versandgeschäftes in Deutschland im großen Stil verwirklichte. Werbung machte das junge Unternehmen vor allem durch seine Kataloge, deren enorme Auflage von rund einer Million Exemplare kostenlos in ganz Deutschland verteilt wurde. Anfangs bestand der Katalog nur aus wenigen Seiten, doch jedes Jahr nahm Stukenbrok weitere Artikel auf, zunächst nur Rad" fahrer-Bedarfs-Artikel", dann aber auch Scheren, Taschenmesser, Pfeifen, elektrische Klingelanlagen, Bürobedarfsartikel, Waschmaschinen, Gartenschläuche, Leiter- und Kastenwagen, Fußball- und Tennisartikel, alle Arten von Uhren, Schmuck, Besteck, Bierkrüge, Grammofone und Schallplatten, Musikinstrumente, Schusswaffen und Munition oder Fotographische Artikel" (also " Kameras und Fotoapparate). Immer wieder beeindruckend, mit welcher Detailgenauigkeit die einzelnen Artikel in den Katalogen abgebildet und beschrieben sind; sehr zu empfehlen ist auch das Studieren des Kleingedruckten, damals Liefe" rungsbedingungen und geschäftlicher Verkehr" genannt, in denen sich Stukenbrok verpflichtet, nicht gefallene Ware innerhalb von 14 Tagen eventuell" (!) umzutauschen. "

ABBA BACKSTAGE Von Ingmarie Halling 2014, Heel Verlag, Königswinter ISBN 978-3-86852-878-7 80 Seiten; 40,00 Ð

Abba – auf kaum eine Popgruppe trifft die Bezeichnung Kultband" so sehr zu, wie auf das " schwedische Quartett aus Anni-Frid, Benny, Björn und Agnetha. Seit dem sensationellen Sieg ihres Songs "Waterloo" beim Eurovision Song Contest in Brighton 1974 begeistert ihre Musik ganze Generationen – und das weltweit. "Mamma Mia", "Dancing Queen", "Thank You For The Music" oder "Super Trouper", das sind nur einige einig der Welthits, deren unverwechselbarer Sound Abba unsterblich werden ließ. Ingemarie Halling, l Kuratorin des StockholK mer m Abba-Museums, hat die d Band ab 1977 als Kos-


from the past tümbildnerin auf ihren Welttourneen begleitet und ist bis heute mit allen vier Abba-Mitgliedern befreundet. Ergänzt durch Anni-Frids, Bennys, Björns und Agnethas persönliche Erinnerungen und Anmerkungen erzählt sie spannende Anekdoten rund um die Plattenaufnahmen, über Kostüme, Reisen und Live-Auftritte von den Anfängen der Band bis zu den heutigen Film- und Musicalerfolgen von Mamma Mia!". Mit zahlreichen exklu" siven Privatfotos, herausnehmbaren Reprints von handgeschriebenen Notizen, Briefen, Songlisten und Kalendern sowie der 1977er Tour-Bibel" " mit allen Namen, Titeln und Auftrittsorten. Dazu, fein säuberlich in große Umschläge verpackt, gibt es Nachdrucke von Backstage-Pässen, Gepäckanhänger, Bühnenskripten, Eintrittskarten, Verträgen und Lohnabsprachen, Ersatzteillisten und und und ... Definitiv eine ebenso einzigartige wie höchst interessante Sammlung für alle Pop-Fans!

DIE BESTEN FILME, DIE SIE NIE SEHEN WERDEN Von Simon Brand 2014, Edition Olms, Zürich ISBN 978-3-28301-174-1 256 Seiten; 29,95 Ð

Ob von Hitchcock, Kubrick, Peckinpah, Spielberg oder Fellini, die Filmgeschichte ist voll von Meisterwerken, die nie das Licht des Vorführraums erblickten. Die besten Filme, die " Sie nie sehen werden" erzählt von den faszinierenden Hintergründen, die dafür verantwortlich sind. Von den Anfängen des zeitgenössischen Kinos mit Charlie Chaplins Return From St. He" lena" bis zum Aus für Tony Scotts Potsdamer " Platz" nach dem Selbstmord des Regisseurs im August 2012, blickt dieses Kompendium hinter die Kulissen von über 50 verlorenen" Filmen, " um nachvollziehbar zu machen, warum sie es nie bis zum Final Cut" geschafft haben. Beeindru" ckend zu lesen, wie akribisch Ray Harryhausens War Of The World" oder Stanley Kubricks Na" " poleon" vorbereitet waren, nicht minder interessant, warum Brazzaville" – die Fortsetzung von " Casablanca" – und Steven Spielbergs Science" Fiction-Gruselfilm Night Skies" auf der Strecke " blieben. Wie eng Glück und Pech beieinander liegen, zeigen nicht nur die Autorenfilmer Tim Burton und Joel & Ethan Coen; auch wenn man wie Paul Verhoeven beim Kreuzzug-Epos Crusa" de" eigentlich alles richtig macht, ist damit noch lange nicht klar, ob man diesen Film je offiziell zu sehen bekommt. Illustriert werden die Geschichten von mitleidlosen Filmstudios, fragwürdigen Plots und vorzeitigem Ableben der Stars mit einer Unmenge von Fotos, Plakaten und Skizzen, dazu kommen Drehbuchauszüge, Storyboards sowie je ein fiktives, von modernen Grafikdesignern entworfenes Filmplakat. Ein Muss für Kinofreaks!

DIE TITANIC BIBEL SEGEN, SÜNDEN, SAUEREIEN Von Leo Fischer 2013, Rowohlt ISBN 978-3-87134-766-5 320 Seiten; 25,00 Ð

Für gläubige Leser, die auf religiöse Themen mit einer bestimmten Empfindsamkeit reagieren, ist dieses Buch Blasphemie pur. Andere wiederum werden die gesammelten Beiträge aus über 30 Jahren Titanic" (und neue Texte) als berechtigte, sati" rische und treffende Kirchenkritik auslegen. Von Seitenhieben auf Papst Benedikt XVI. (Beispiel: Der Skandal um die Ausgabe Die undichte " Stelle ist gefunden") über bitterbös aufbereitete Themen wie Missbrauch, religiöse Geschichtsverklärung oder Beschneidung reicht die Palette der Texte mit den dementsprechenden Illustrationen, die mit dem für die Titanic" authentischen " Stil garniert werden. Umwerfend – wie alle Sonderbände des Magazins! Autoren wie Wiglaf Droste, Eckhard Henscheid oder Hans Zippert garantieren die hohe Qualität der Artikel und sahen sich nach Erscheinen des Buchs von einigen bereits in die Hölle verdammt – und das spricht wiederum für die Brisanz des Themas.

GENERATION POP! ... HEAR ME, FEEL ME, LOVE ME! Von Meinrad Maria Grewenig 2013, Edition Völklinger Hütte, Verlag Das Wunderhorn, Heidelberg ISBN 978-3-88423-450-1 196 Seiten; 19,70 Ð

Mit rund 1500 Exponaten, Mitmach-Objekten und Multimedia-Zeugnissen ist Generation Pop" " das bedeutendste Ausstellungsprojekt der Gegenwart zum Phänomen Pop. Sechs Themenräume zur Popkultur der 50er, 60er, 70er bis hin zum 21. Jahrhundert lassen das Lebensgefühl der PopGeneration erlebbar werden. Für Kult-Objekte von Künstlern wie Elvis Presley, Elton John, Michael Jackson oder Eminem bietet die alte Gebläsehalle des Weltkulturerbes Völklinger Hütte es W ddas ideale Ambiente, lässt diese nnoch bis zum 15. Juni 2014 anddauernde Ausstellung eine der wichtigsten Umbruchphasen w uunserer Zeit lebendig werden. Auf fast 200 Seiten bietet das A großformatige Begleitbuch g dieser Ausstellung einen ebend so bunten wie tiefen Blick auf das Pop, renommierte Autoren wie d Phänomen Ph P Ernst Hofacker und Roland Helm sorgen für authentische Essays, von Edison ist schuld. Und " Elvis lebt." über Die E-Gitarre – Rakete zum " Flug in den Pop-Olymp" bis zu Post-Pop und " Cyberspace". Daneben laden Zeitschienen, geSeite

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sellschaftspolitische Exkurse und Vorstellungen der Ikonen jedes Jahrzehntes zum ziellosen Blättern ein. Fazit: ein herrliches Buch, bei dem sich thematischer Anspruch, hochklassiger Inhalt und wunderschöne Gestaltung die Waage halten. Allerhöchste Empfehlung!

DAS IST LEGENDÄR! DIE 66 BESTEN TV-SERIEN Von Valerie Höhne & Oliver Hüttmann 2014, Knaur ISBN 978-3-42678-622-2 320 Seiten; 9,99 Ð

Wer erinnert sich nicht gerne an die alten Serien, die ab den 50er Jahren über die Mattscheibe flimmerten? Von Perry Mason" über Si" " mon Templar", Flipper", Daktari" bis hin zu " " den drolligen Tony Randall" " und Jack Klugman in Män" nerwirtschaft", Die Muppet " Show" oder Die Profis" reicht " der Reigen der von den beiden Autoren liebevoll zusammengestellten Übersicht. Neben einer Kurzbeschreibung fast aller relevanten Serien werden zahlreiche Streifen auch näher unter die Lupe genommen wie zum Beispiel Drei Engel für Charlie", Raumschiff Enter" " prise" oder Quincy". Darüber hinaus gibt es " am Ende des Buches ein amüsantes Ranking, bei dem unter anderem Die cleversten Detek" tive" und Die schönsten Kurven" etc. gewählt " wurden. Positiv ist anzumerken, dass auch die Neuzeit mit Dr. House" oder Alias" vertreten " " ist. Klasse Buch, durch das der Leser einen unschätzbaren und humorvoll verpackten Informationsfundus erhält.

WIE ES EINST WAR Von Thomas Blubacher 2013, Insel ISBN 978-3-45835-972-2 236 Seiten; 14,99 Ð

Thomas Blubacher präsentiert in seinem Lexikon längst vergessene und aus heutiger Sicht manchmal skurril anmutende Gegenstände oder auch Sachverhalte aus der jüngeren Vergangenheit. Der Untertitel Schönes und Nützliches aus " Großmutters Zeiten" ist hier Programm. Neben der obligatorischen Schellackplatte, der Kaffeemühle (natürlich mit Kurbel), dem Donnerbalken, den Gamaschen oder der Hutnadel werden auch Berufe genannt (Besenbinder, Stellmacher), Lehrbücher zum Musizieren (Zupfgeigenhansel) und ehemals populäre Persönlichkeiten (Henny Porten, Hedwig Courths-Mahler). Leider sind nur wenige Illustrationen berücksichtigt worden. An die-


ser Stelle hätte sich der Leser mehr gewünscht, doch insgesamt kann der Band überzeugen, und zudem passt er gut in den Affen". (Der Leser " kann sich im Buch informieren, was es denn nun mit den Affen" auf sich hat. Tipp: Er wurde von " den Wandervögeln genutzt.)

DER TATORT UND DIE PHILOSOPHIE

dass sich ein Pferd die Hufe selbst beschlägt. So werden die Geschichten von Lucky Kid zur humorvollen Lehrzeit über die Sitten und Gebräuche des Wilden Westens lebendig, erklärt dieser Band anschaulich viele der Gepflogenheiten der stolzen Pioniere, lässt aber auch genügend Raum für die Abenteuer des jungen Lucky Kid mit seinen zahlreichen Freunden.

Von Wolfram Eilenberger (Hrsg.)

ENDYMION

2014, Tropen, Stuttgart ISBN 978-3-60850-327-2 220 Seiten; 17,95 Ð

Von Dan Simmons

Neun Millionen Zuschauer sehen regelmäßig den Tatort", der sich seit dem Beginn in den " Siebzigern zu einer medialen Konstante entwickelt hat. Nun beleuchten Wolfram Eilenberger, Herausgeber des Philosophie Magazins", und " einige Kollegen die Reihe unter verschiedensten Gesichtspunkten. Das ist manchmal recht harter Stoff, bietet aber dafür interessante Denkansätze. Da werden die Titelmelodie unter die Lupe genommen, die Ermittler und deren Charakterzüge in einen gesamtgesellschaftlichen Zusammenhang gesetzt oder der kreative Prozess des Lösens eines Falls philosophisch thematisiert. Fragen über den Ursprung des Bösen und die Entwicklung eines normalen" Bürgers zu einem Täter oder die alles " entscheidende Frage Warum Tatort" werden in " dem Band erschöpfend behandelt und eröffnen Perspektiven. Fazit: Philosophie kann auch unterhaltsam sein und muss sich nicht im AkademikerFabulieren verlieren.

2014, Heyne, München ISBN 978-3-45331-517-4 1406 Seiten; 21,99 Ð

MODE-KATALOG

Der voluminöse Band ähnelt nicht nur vom Umfang her der Foundation"-Trilogy " von Isaac Asimov, sondern ist auch ähnlich weitgreifend angelegt. Er enthält die beiden Einzelromane Pforten der Zeit" und Die " " Auferstehung", also die beiden Werke, die die so genannte Hyperion-Saga fortführen. In ihnen beschreibt Simmons, einer der Hoffnungsträger der neuen Science Fiction, die Entwicklung der Menschheit, die sich einer Religion unterwirft. Aenea, die das Menschliche und ein neues Zeitalter symbolisiert, und ihr Beschützer Raul Endymion werden verfolgt und müssen fliehen. Es ist der Beginn einer Galaxien umspannenden Reise, die von Simmons packend und akribisch ausgearbeitet geschildert wird. Krankten viele der so genannten Space Operas der letzten Jahre unter den übermäßig dargestellten technologischen Aspekten, werden hier psychologische Dimensionen ausgeleuchtet. Endymion" hat " das Prädikat Moderner Kultklassiker" in allen " Bereichen verdient.

Olms Verlag, Hildesheim ISBN 3-487-08196-2 184 Seiten; 13,80 Ð

WARENHAUS A. WERTHEIM 1903/1904

LUCKY LUKE EIN STARKER WURF

1000 FUSSBALLTRIKOTS

Von Achdé

2013, edel Germany, Hamburg ISBN 978-3-84190-227-6 208 Seiten; 14,95 Ð

2014, Egmont Ehapa Verlag, Berlin ISBN 978-3-77043-765-8 46 Seiten; 12,00 Ð

Lucky Luke, der glorreiche Westernheld, der schneller zieht als sein Schatten! Siegreich in zahllosen Duellen. Beschützer hilfsbedürftiger Ladys. Schrecken aller Viehdiebe und Falschspieler. Die gefährlichsten Killer bekommen weiche Knie, wenn dieser Mustercowboy zur Kanone ... pardon ... zur Schleuder greift. Zur Schleuder? Ja, denn mit Band 91, Ein starker Wurf", geht Zeichner und " Texter Achdé zurück in die Kindheit von Lucky Luke, erzählt in kurzen Episoden wie Hufeisen zu Zahnschmerzen führen können, dass coole Raucher durchaus heiße Präriebrände verursachen, sich ein Hase auch mal als Bär entpuppt, Indianer mit Geigen auf die Jagd gehen und

ändern musste, wofür die Flammen im Emblem des Trikots des FC Liverpool stehen. Klasse Geschichten um die Stoffe, aus denen Fußballträume gemacht sind, vom langärmeligen, rosafarbenen Fußball-Hemd" mit Krawatte (Juventus " Turin, 1898) bis zum Hightechfaser-Shirt mit Zebramuster (Sporting Charleroi, 2013) gibt es hier 1000 der berühmtesten, schrägsten, interessantesten und kultigsten Trikots aus über 100 Jahren und 150 Ländern zu sehen. Wow!

SCHAUPLATZ TATORT

Da gibt es gar kein großes Drumherum-Gerede: Dieses farbenprächtige Buch ist Pflicht für Fußballfans! Denn es sind nicht nur die unzähligen Abbildungen unterschiedlicher Vereins- und Nationaltrikots aus allen möglichen Ländern (Finnland!, Malaysia!!, China!!!, Usbekistan!!!!), nein, neben dem unglaublichen Augenschmaus liefert 1000 Fußballtrikots" auch die Storys dahinter,, " warum die deutsche Nationalmannschaft in schlichtem Schwarz/Weiß spielt, was die vier Sterne auf dem Trikot des FC Bayern München bedeuten, warum Real Madrid das Kreuz aus seinem Wappen getilgt hat, warum die Italiener blaue Trikots tragen, warum die brasilianische Nationalmannschaft nach 30 Jahren ihre Trikotfarben GoodTimes

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Neben der in dieser Rubrik vorgestellten Firma Stukenbrok gab es natürlich noch mehr Händler, die sich vor über 100 Jahren im damals noch in den Kinderschuhen steckenden Versandbetrieb tummelten. In den (baulich überaus repräsentativen) Warenhäusern des Wertheim-Konzerns gab es die ausgefallensten Accessoires sowie die modischen Extravaganzen jener Zeit. Darüber hinaus bot Wertheim in seinen Versandkatalogen aber auch zahlreiche Dinge des täglichen Lebens an, hatte also neben allen Arten von Damen- und Herrenbekleidung auch Tischtücher, Bettgestelle, Gardinen, Möbel, Geschirr und Glaswaren, Lampen, Bücher, Portemonnaies, Hand- und Gürteltaschen, Kunstartikel, Puppen samt Zubehör, Spiel-Eisenbahnen, Zinnfiguren und Gesellschaftsspiele im Programm. So ist dieser Katalog nicht nur eine Reise in die Vergangenheit, viele Jugendstil-Sammler dürften durch ihn auch wichtige Aufschlüsse über die Datierung von so manchem Sammelstück erhalten.

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DIE ARCHITEKTUR, DER FILM UND DER TOD Von Udo Wachtveitl, Alexander Gutzmer, Guido Walter und Oliver Elser 2013, Callwey Verlag, München ISBN 978-3-76672-052-8 192 Seiten; 39,95 Ð

Protzige Villen, düstere Tunnel, verwahrloste Hafengegenden, triste Wohnsilos: Kaum eine andere Krimireihe spielt so raffiniert mit Formen der räumlichen Darstellung wie der Tat" ort". Dieses großformatige Buch zeigt, wie die Kultreihe Architektur und Urbanität nicht nur verarbeitet, sondern oft auch zum Hauptdarsteller macht. Die vier Autoren (darunter mit Udo Wachtveitl auch der Tatort"-Kriminalhaupt" kommissar Franz Leitmayr) begeben sich auf die architektonische Spurensuche der erfolgreichsten deutschen Krimiserie. In spannenden Vor-


from the past Ort-Reportagen, fundierten Interviews (u.a. mit Architekt Stefan Behnisch sowie Regisseur Dominik Graf) und großen m Bildstrecken decken sie B auf, au welche Rolle Stadt, Gebäude und InnenG räume für Schimanski, rä Odenthal, Borowski O und u Co. schon immer spielten und bis heute sp spielen. Dazu noch Obsp servationen über die Arb Arbeits- und Wohnsituationen der aktuellen Tatort"-Kommissare sowie " interessantes Insiderwissen der Filmemacher und wie für sie Architektur zum filmischen Stilmittel wird. Mal ein ganz anderer Blick auf den Tatort"! "

80 JAHRE DONALD DUCK SONDEREDITION 1– 4 Von Walt Disney 2014, Egmont Ehapa Verlag, Berlin jeweils 304 Seiten; 8,00 Ð

80 Jahre Donald Duck! Keine Frage, das klingt nach einer fantastischen Feier. Denn seit mehr als acht Jahrzehnten sorgt der sympathische Enterich im Verbund mit seiner Verwandtschaft und zahlreichen Freunden mit seinen Abenteuern für humorvolle Unterhaltung. Mit blauem Hut und Matrosenjäckchen ist er der Mittelpunkt von Entenhausen, liebevoll unterstützt von seinen drei Neffen Tick, Trick und Track. Was sie in dieser langen Zeit alles an Abenteuern erlebt hhaben, lässt sich natürlich nnicht komplett in die vier Taschenbücher packen, die der Egmont Ehapa Verlag jetzt E zzur Feier dieses Jubiläums als Sonderausgabe veröffentlicht hhat. Dafür wurden zahlreiche dder besten Geschichten für die vvier einzeln erhältlichen Bände au aausgewählt, nehmen Donald Duck & Co. ihre großen und kleinen Leser mit auf Reisen – und haben für diesen besonderen Anlass sogar noch die eine oder andere deutsche Erstveröffentlichung mit im Gepäck!

Zidane im WM-Finale 2006. Oder Maradonas Hand Gottes" 1986, Frank Rijkaards Spuckat" " tacke" auf Rudi Völler 1990, die Frankfurter Wasserschlacht" gegen Polen bei der WM '74. " Pünktlich zur diesjährigen Weltmeisterschaft in Brasilien gewährt World Cup 1930–2014" einen " ganz neuen und vor allem humorvollen Rück- und Ausblick auf diese und viele weitere Szenen aus 84 Jahren Fußball-WM. Der Karikaturist German Aczel hat die entscheidenden Ac Ereignissen und Akteure von Er der ersten Weltmeisterschaft de 1930 in Uruguay bis heute in 19 detailreichen, witzigen Comicde Bildern festgehalten. SagenB hafte Spielzüge werden da als ha action-reiche Bilderfolgen aufac skizziert, Torschützenkönige, sk WM-Gewinner-Teams und W legendäre Stars als klasse Karilegen vorgestellt. Dazu gibt es unterhaltsame katuren vorgestellt Texte mit viel Wissenswertem zu den einzelnen Austragungsländern, den Rekorden und herausragenden Spielern – also das perfekte Buch für Groß und Klein, um sich die Wartezeit auf Brasilien 2014 so kurzweilig wie möglich zu verkürzen!

CDs MICHAEL SCHANZE HELL WIE EIN DIAMANT Brandneu ist diese Wiederveröffentlichung einer Michael-Schanze-LP aus dem Jahr 1975. Mit dem Titeltrack und "Du hast geweint" wurden damals zwei Titel als Single ausgekoppelt, die jetzige, im Originalaussehen daherkommende Neuauflage bietet neben remastertem Klang auch noch drei Polydor-Singles aus den Jahren 1968/69: "Ich bin kein Lord", "Wer wird denn am Sonntag weinen" sowie "Keiner weiß, wie ich dich liebe", jeweils mit der damaligen B-Seite als Bonus-Track. (Electrola/Universal)

WORLD CUP 1930–2014

GITTE

Von Aczel

ICH BIN KEIN KIND VON TRAURIGKEIT

2014, edel Germany, Hamburg ISBN 978-3-84190-275-7 240 Seiten; 14,95 Ð

Es gibt Ereignisse der WM-Geschichte, die sich ins kollektive Gedächtnis ganzer Fußballnationen eingebrannt haben und bei denen die Fans bis heute wahlweise Gänsehaut und/oder feuchte Augen bekommen. Unvergessen bleiben zum Beispiel die Stimme des Radiomoderators Herbert Zimmermann, der 1954 den Sieg der deutschen Mannschaft in Bern verkündete, das umstrittene Wem" bley-Tor" 1966 oder der Kopfstoß von Zinedine

Aktuell immer noch aktiv ist die dänische Sängerin Gitte Haenning-Johannsson, spätestens seit 11963, mit ihrem Nummer11-Hit "Ich will 'nen Cowbboy als Mann", unter ihrem V Vornamen jedem deutschen Schlagerfan ein Begriff. Ob S als a Duo zusammen mit Rex Gildo, ob 1973 als deutsche Vertreterin beim Eurovision Song Contest ("Junger Tag", Platz 8) oder mit der eigenen TVSeite

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Show: Es gab (und gibt) nur wenige Künstlerinnen, die ihre Ausnahmeklasse in so enormer Bandbreite wie Gitte beweisen konnten. 1975 veröffentlichte sie mit ICH BIN KEIN KIND VON TRAURIGKEIT eine LP, aus der mit dem Titelstück sowie mit "Ich hab die Liebe verspielt in Monte Carlo", "Wie du mir, so ich dir" und "So schön kann doch kein Mann sein" gleich vier Singles ausgekoppelt wurden. Neben einer NonAlbum-Single gibt es noch (als CD-Erstveröffentlichung) ein "Begegnung-mit-Gitte-Medley" aus sechs Songs, teilweise in Deutsch, Dänisch und Englisch gesungen. (Electrola/Universal)

FREDDY QUINN DU HAST MEIN WORT 1980, als sich Freddy Quinns ganz große Zeit schon langsam dem Ende näherte, nahm der chaha rismatische Sänger mit DU HAST MEIN WORT noch einmal ein richtig starkes Album auf. Leo Leandros, der neben seiner Tochter Vicky auch seine eigene Band The Five Tops ("Rag Doll") zu Erfolgen führte, sorgte nicht nur für eine klasse Produktion, sondern auch für den Großteil der Kompositionen. Im Originaloutfit erscheint die damalige LP nun als (digital remasterte) CD-Premiere, angereichert mit vier Bonus-Tracks: zwei Singles, aus dem Jahr 1979 stammt "Loreen" (mit der B-Seite "Montag"), 1981 entstand "Der Groschen fällt manchmal spät", auf der B-Seite das von Freddy Quinn geschriebene "Es gibt eine Ewigkeit". (Electrola/Universal)

KATJA EBSTEIN WILDE ROSEN UND ANDERE TRÄUME Im Leben, im Leben geht mancher Schuss " daneben", diese Textzeile Katja Ebsteins wurde Mitte der 70er Jahre zum geflügelten Wort, nicht zuletzt deshalb, weil das Lied "Es war einmal ein Jäger", aus dem dieses Zitat stammt, bis auf Platz 4 in den Verkaufs-Charts und in der ZDF-Hitparade" sogar " bis auf Platz 1 kletterte. Da auch der Rest des 1974er Albums WILDE ROSEN UND ANDERE TRÄUME aus starken Songs (größtenteils Kooperationen von Christian Bruhn und Michael Kunze) besteht, dürfte diese digital remasterte CD-Erstveröffentlichung nicht nur bei Katja-Ebstein-Fans bestens ankommen. Zwei Bonus-Tracks sind auch dabei, die 1978er Single "Es war beinah so wie ein Lied" sowie mit "Willkommen wieder zu Hause" die dazugehörige B-Seite. (Electrola/Universal)


MARIANNE ROSENBERG ICH BRAUCHE DICH ... Auf dieser 1981 veröffentlichten Platte von Marianne Rosenberg gibt es mit "Ich hab auf Liebe gesetzt" und "Nur L Sieger steh'n im Licht" zwei S deutsche Versionen von ind ternationalen Top-Hits zu t hören: Einmal war "Woh man m In Love" von Barbra Streisand, einmal Abbas S "The Winner Takes It All" die Vorlage. Beide Titel sind als alternative Fassungen ("Ich hab auf Liebe gesetzt" als bisher unveröffentlichte Extended-Version, "Nur Sieger ..." als Singleversion) als Bonus-Tracks dazugekommen, der Rest von ICH BRAUCHE DICH ... wurde wie in der Electrola-Originale-Reihe üblich fein säuberlich digital remastert, dazu wurde das Aussehen der damaligen LP liebevoll auf das CD-Format verkleinert, im herausnehmbaren Booklet finden sich alle notwendigen Produktionsinfos sowie die eine oder andere Single-Coverabbildung. (Electrola/Universal)

ADAM & EVE WIR BEIDE Nachdem sich Eve Ende der 60er von ihrem ersten Adam (John Christian Dee, †2004) getrennt hatte, kam mit Adam Nummer 2 der Erfolg. Hartmut Schairer hieß der neue, bl blonde d Gesangspartner von Eva Bartova, die 1938 in Böhmen geboren wurde und im September 1989 in ihrer späteren Heimat Chicago verstorben ist.

Anfang der 70er zog mit einem neuen Plattenvertrag auch das private Glück für Adam & Eve ein, 1972 heirateten sie und wurden zu einem der bekanntesten Schlagerduos Deutschlands. 1975 nahmen sie mit WIR BEIDE eine LP auf, die mit "Du gehst fort" (... der deutschen Version des französischen Top-Hits "Tu t'en vas") eine der erfolgreichsten und mit "Lena (Steig in den Sattel der Liebe") gleichzeitig eine der skurrilsten Singles des Duos enthält. Drei Bonus-Tracks begleiten die neu aufgelegte CD-Premiere, "Darling du" (B-Seite von "Lena ...") sowie mit "Ein Stern geht auf" und "Das letzte Glas" sowohl A- als auch B-Seite einer 1974er Non-Album-Single. (Electrola/Universal)

FIFA WORLD CUP BRAZIL 2014

Sammelalben FUSSBALL KLASSIKER 2013, Panini 42 Seiten; 1,95 Ð

Das gute alte Panini-Sammmelalbum wird hoffenttlich nie aussterben! Noch h bis Ende Mai im Handel (danach dann über das Internet) gibt es mit dem 11 Freunde"-Sonderheft " Sammelalbum Fußball Klassiker" assiker" " eine tolle Zusammenstellung aus den vielen, vielen Ausgaben zahlreicher Panini-Jahre. Das Klebe-Album voller listiger Abwehrspieler und tollkühner Stürmer, voller Fußballtempel, Legenden und notorischer Spaßvögel vereint all das, was man am Fußball so liebt. Wer sich an ehrwürdige Stadien wie den Mönchengladbacher

GoodTimes kult! verlost unter allen Teilnehmern

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3x DVD 3x DVD-Box

a " Notruf California"

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10x Starterset Sammelalbum*

Ende März hat Panini den Countdown für die WM in Brasilien gestartet und Deutschlands Einzelhändler mit der neuesten Stickerkollektioon beliefert. Für zwei Euro gibt es das 80-seitige Album, das Platz für 640 Sticker bietet. Auf den A eeinzelnen Klebebildern sind erstmals bei einer WM-Kollektion von Panini die Spielerdaten wie W Name, Verein, Geburtsdatum, Größe, Gewicht N uund Position direkt aufgedruckt. Für 60 Cent gibt ees eine Stickertüte mit fünf Sammelbildern, wer ddie Komplettedition auf einen Schlag g erwerben möchte, der sollte sich m iim Versandhandel umsehen. Wie gewohnt dürften auch wieder Promosticker in einschlägigen Zeitschriften, in Supermärkten oder bei Veranstaltungen auftauchen – also Augen auf!

Unsere Gewinner der Verlosung aus kult! Heft 9 – 1/2014:

VERLOSUNG

3x CoverArt-Mappe

Stichwort: S St ichw ic hwor hw o t:: kult!-Verlosung

(gerne zusätzlich mit Angabe des gewünschten Artikels)

3x Staffeln 1–6

Bökelberg, das Münchner Stadion Grünwalder Straße oder den Aachener Tivoli erinnert, wer Ausnahmespieler wie Fritz Walter, Uwe Seeler und Horst Hrubesch würdigt, wer über all die Brüderpaare staunen kann, die in der Bundesliga aufliefen, für den ist dieses Sammelalbum genau das Richtige, um mal wieder in die kultige Welt des (Bundesliga-)Fußballs einzutauchen. Kleiner Tipp: Um sich das Tauschen der doppelten Karten auf dem heimischen Pausenhof zu ersparen, gibt es im einschlägig bekannten Versandhandel (für läppische 24,95 €) das komplette Paket an Klebebildern dazu – einkleben darf man Netzer, Maier, Magath und Co. dann selbst!

Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Einsendeschluss ist der 15. Juli 2014 Einsendeschluss Sammelalbum ist der *15. Mai 2014

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NikMa Verlag Eberdinger Str. 37 · 71665 Vaihingen/Enz GoodTimes 2/2014 Seite 15 Fax: 0 70 42/37660-188 · email: goodtimes@nikma.de ■

Stichwort "kult!-Verlosung"

Josef Schug, Detzem Marc Rosenau, Tübingen Günther Winkler, Hergisdorf Gerda Brinkrolf, Greven Christoph Gilles, Raubach Klaus Kocherscheidt, Recklinghausen Hans-Jürgen Kewitz, Berlin Thorsten Kleinwort, Pinneberg Gerald Schlinke, Pinneberg Marianne Oetjen, Lüneburg Waltraud Sonnenschein, Meldungen Birgit Behrendt, Werdau Egon Hagel, Äpfingen Kurt Meyer, Schwäbisch Hall Robert Kemle, Ulm Bernhard Weindauer, München Mathias Landau, Seelbach Klaus Zander, Schwedt

– André Lingenbach, Bonn – Markus Durrer, Hergiswil (Schweiz) – Reinhold Fricke, Braunschweig – Manfred Stein, Saulheim – Carsten Heßler, Bremerhaven – Helmut Tonk, Marl – Werner Stein, Ludwigshafen – Stefan Schmidt, Dresden – Michael Gatzhammer, Schnufenhofen – Hans König, Berlin – Wilhelm Karg, Rosenheim – Roland Kosiol, Berlin – Anton Müller, München – Ludwig Haller, Pforzheim – Claus Walther, Hamburg – Peter Koch, Bingen – Albert Birke, Koblenz – Albrecht Maier, Brandenburg


30 Jahre C-Klasse

Gewusst wie: Aus der Not wird eine Tugend

Die Amis sind an allem schuld. Auch an der C-Klasse von Mercedes! Denn die Schwaben waren lange Jahrzehnte durchaus zufrieden mit dem Selbstverständnis, eine feine, aber kleine Auswahl an Luxusautos weltweit teuer zu verkaufen. Unter dem guten Stern von Sindelfingen ging es üppig zu, edel und vor allem durstig. a wirbelte die erste und folgenreichste Ölkrise im Herbst 1973 die Konzernbilanzen umso heftiger durcheinander. Die Organisation der Erdöl exportierenden Länder (Opec) drosselte bewusst die Fördermengen, und im Oktober 1973 stieg der Ölpreis von rund drei US-Dollar pro Barrel (159 Liter) auf über fünf Dollar – ein Plus von etwa 70 Im Maßstab 1:5 werden Prozent. Ein Jahr später lag der Barrel- die zur Wahl stehenden Preis weltweit gar bei über zwölf Entwürfe aus Plastilin modelliert Dollar. Dazu kamen ein erwachendes Umweltbewusstsein und eine einfache Gleichung: hoher Benzinverbrauch plus keine Abgasreinigung gleich reichlich Dreck aus dem Auspuff.

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o war der kleine Benz nicht unbedingt ein Kind der Liebe, sondern schlicht ein Produkt der wirtschaftlichen Notwendigkeiten. In den USA, auch damals schon einer der Hauptmärkte von Mercedes-Benz, wurden unter Jimmy Carter mit dem „Clean Air Act" neue und deutlich niedrigere Grenzwerte für den Verbrauch eingeführt – und die Idee des „Flottenverbrauchs". Der über alle Modellreihen berechnete maximal zulässige Verbrauch von umgerechnet rund 8,5 Liter auf 100 Kilometer war für Mercedes-Benz mit der S-Klasse und dem Vorläufer der heutigen E-Klasse allerdings nicht zu schaffen. Um Seite

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Von Jürgen Wolff weiter in Nordamerika Autos verkaufen zu dürfen, musste also eine kleinere Modellreihe her, deren vergleichsweise niedriger Verbrauch den Durchschnitt unter die neue Grenze trieb. Im Januar 1974 fiel denn auch aus dieser Not heraus die Entscheidung, die spätere Baureihe „W 201" zu entwickeln, aus der noch später dann die C-Klasse hervorging.

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ine Herausforderung nicht nur für den damaligen Chefdesigner Bruno Sacco, sondern vor allem auch für den schwäbischen Tüftlergeist der Ingenieure. Die dann in Bremen und Sindelfingen produzierte Kompaktklasse machte eine ganze Reihe von technischen Entwicklungen nötig, um nicht nur sparsamer mit dem Sprit umzugehen, sondern auch wirtschaftlich bauen zu können.

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o setzten die Techniker etwa auf Leichtbau aus hochfesten Stahlblechen. Um die Ansprüche an die passive Sicherheit zu erfüllen, sorgt unter anderem die Gabelträgerstruktur des Vorderwagens trotz der kompakten Außenmaße für ein Crashverhalten auf dem Niveau der damaligen S-Klasse. Für das Fahrwerk wurde mit der patentierten Raumlenkerachse eigens eine neue Hinterachskonstruktion entwickelt – „Auto, Motor und Sport" nannte das Konstrukt damals „TraumlenkerAchse". Jedes Hinterrad wird dabei von fünf unabhängigen Lenkern geführt. Das sorgt nicht nur für eine präzise und kontrollierte Radführung, sondern auch für ein deutlich niedrigeres Gewicht und einen geringeren Platzbedarf in der kompakten Limousine. Die Raumlenker-Hinterachse wird übrigens bis heute in der C-Klasse verbaut. Vorne arbeiten die Ingenieure mit einer an einzelnen Dreiecks-Querlenkern geführten Dämpferbein-Achse.

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ie flexibel das Konstrukt im Grunde war, zeigen nicht zuletzt diverse Prototypen, die allerdings nie in Serie gingen. So entstanden zum Beispiel ein durchaus elegantes Cabrio Cabriolet mit vier Sitzen oder ein besonders kompakDie "kleine C-Klasse" wurde nie gebaut ... ter Stadtwagen, der dem VW Golf ähnelt. Selbst eine Version mit zwei 22-PS-Elektro motoren an den Hinterrädern und NatriumNickelchlorid-Batterien steht in den Archiven des Mercedes-Benz Museums. Die einzige weitere Karosserieform, die es während der ersten Baureihe in die Serienfertigung schaffte, war das T-Modell, der ... ebenso wenig wie diese Cabrio-Studie Kombi.

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ls die Stuttgarter den kompakten W 201 nach acht Jahren Entwicklung im November 1982 im spanischen Sevilla vorstellten, gab es nicht nur Lob, sondern auch viel Skepsis. Die neue Baureihe bekam von Anfang an den wenig schmeichelhaften Beinamen „Baby-Benz" verpasst. Die vom Team des damaligen Chefdesigners Sacco gezeichneten Typen 190 und 190 E stießen auf viel Zweifel: kompakte Autos

rem Hubraum, um die Leistungsverluste durch den Einbau einer Abgasrückführungsanlage im Diesel und eines Katalysators im Benziner zu kompensieren.

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rotz aller Innovationen, die Daimlers Ingenieure für den kleinen Benz entwickelten: Viele trauten dem Kleinen zu Anfang nicht zu, wirklich die Qualität und Leistung zu bringen, die von Mercedes versprochen versproche wurde. Mitte August 1983 machte sich Mercedes-Benz auf der Hochgeschwindigkeitsstrecke im süditalienischen Nardò jedoch daran, die Skeptiker zu überzeugen (siehe Seite 16). Nach 201 Stunden, 39 Minuten und 43 Sekunden Vollgas auf der 12,6 Kilometer langen Kreisbahn hatte das erste der drei Teams die 50.000 Kilometer hinter sich gebracht. Weltrekord! g In einer Fahrmaschine wurden Achskonstruktionen getestet

– können die Luxusbauer aus Schwaben so etwas überhaupt?

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0 Jahre später steht nun die mittlerweile fünfte Generation der C-Klasse vor den Toren. Und die Skeptiker von einst sind längst auch durch die Zahlen widerlegt worden: Allein von der noch aktuellen

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ie konnten. Als der neue Benz auf den Markt kam, wurde er zunächst mit zwei Ottomotoren angeboten, die jeweils 1997 ccm Hubraum mitbringen. Der Grundmotor im 190 leistet dabei 66 kW/90 PS, der 190 E mit seiner Einspritzanlage KE-Jetronic von Bosch kommt auf 90 kW/122 PS. In den Jahren danach folgten ein neu entwickelter Vierzylinder-Diesel mit 53 kW/72 PS, der dank seiner Geräuschkapselung und Laufruhe nur halb so laut ist wie vergleichbare Antriebe und so den Spitznamen „Flüsterdiesel" abbekam. Im 190 E 2.3-16 schließlich arbeitet ein 136 kW/185 PS starker Vierzylinder mit 2299 ccm Hubraum und Vierventiltechnik. Allein schon der üppige Flügelspoiler auf dem Heck, von respektlosen Zeitgenossen als „Frittentheke" belächelt, hätte noch zehn Jahre zuvor so manch bravem Mercedes-Designer Herzrhythmusstörungen verursacht. Speziell für den nordamerikanischen Markt entstanden 1983 zwei Modelle mit größe-

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Baureihe W 204 wurden mehr als 2,3 Millionen Limousinen, T-Modelle und Coupés ve r k a u f t . Insgesamt sind seit der Premiere des W 201 im

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Das Armaturenbrett des Mercedes-Benz 190 E der Baureihe W 201

Jahre 1982 rund 8,5 Millionen Fahrzeuge produziert worden. Ziemlich viel für ein Auto, das einst aus der Not heraus entwickelt wurde.


C-Klasse-Rekordfahrt

Im Kreisverkehr zum Erfolg anchmal sind es die kleinen Dinge, die das Image aufpolieren und für großes Aufsehen sorgen. Bei der C-Klasse von Mercedes war es gar nur ein Päckchen Zigaretten ... Gut Ding will Größe haben. Und solide, erprobte Technik. Für beides stand Mercedes-Benz über viele Jahrzehnte. Fette Limousinen, fette Preise – wer den Stern vor sich herfuhr, der hatte es geschafft. Da passte der kompakte „Baby-Benz" der neuen Baureihe W 201 nicht so recht ins Bild. Trotz aller Innovationen, die Daimlers Ingenieure für den kleinen Benz entwickelten – viele trauten dem Kleinen nicht zu, wirklich die Qualität und Leistung zu bringen, die von Mercedes-Benz versprochen worden waren. Die Weltrekordfahrt von drei identischen Mercedes-Benz 190 2.316, angetrieben von den damals neuen M 102-Vierventilmotoren, sollte Mitte August im süditalienischen Nardo zeigen, dass die Schwaben sehr wohl konnten. Vier Wochen nach dem Rekord auf dem Rundkurs sollten sie auf der IAA in Frankfurtt erstmals öffentlich präsentiert werden. Der einfacheren heren Unterscheidung wegen hatte man die Wagen gen mit großen farbigen Punkten im hinteren n Seitenfenster kenntlich gemacht und diee Teams jeweils nach der Farbe getauft: Rot, Weiß und Grün. Die technischen und optischen Spezifikationen der Nardò-Autos entspra-chen weitgehend der geplanten Serienversion on – inklusive der Motorleistung von 185 PS: 2299 Kubikmeter Hubraum, eine Beschleunigung g von 0 auf 100 km/h binnen 7,5 Sekunden. Nur die möglichee Höchstgeschwindigkeit lag deutlich über den 230 km/h derr ersten Serienversionen. Die meisten optischen und technischen Veränderungen waren eher marginal. Um die Insekten von den Lüftungen n fernzuhalten, wurde zum Beispiel der komplette Kühlergrill mit Fliegengitter verkleidet, und auf den Kühllüfter hatte man n ganz verzichtet, da bei den hohen Geschwindigkeiten der normale Fahrtwind für die Kühlung des Motors ausreichte. Die Scheinwerfer waren tagsüber abgedeckt und die Außenspiegel der besseren Aerodynamik wegen musste man auf dem 12,6 Kilometer abmontiert – auf Verkehr von hinten mus Die Daten wurden live ausgewertet langen Rundkurs eh nicht achten. Und da man auf der kreisrunden Bahn auch nicht groß zu lenken brauchte, war statt einer Servo- eine mechanische Lenkung eingebaut.

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Nach 201 Stunden, 39 Minuten und 43 Sekunden Kreisverkehr war der Weltrekord geschafft – bei Temperaturen von tagsüber 40 Grad Celsius außen und mehr als 50 Grad Celsius im Inneren der Fahrzeuge. g So ganz nebenbei fielen unterwegs auch noch die Weltrekorde über 25.000 Kilometer und über 25.000 Meilen sowie neun Klassenrekorde. Die Durchschnittsgeschwindigkeit des Siegerteams: sagenhafte 247,939 km/h! Dank der permanent gefahrenen Höchstgeschwindigkeit bei Motordrehzahlen um Höc H h h i di k i b Die Rekord6000 U/min. lag der Verbrauch knapp über 22 60 fahrzeuge LLiter auf 100 Kilometer. waren Nacheinander rasten alle drei Teamfahrzeuge vollgestopft durchs Ziel – der „Baby-Benz" hatte gezeigt, mit Messd dass er auch unter extremen Fahrbedingungen instrumenten du durchhielt wie ein Großer. U Und kein einziger Ausfall trübte das Bild. Womit wir wieder bei der Zigarettenschachtel wären. Denn fast h hätte es doch noch einen Schönheitsfehler gegeben: Im „grünen" 190er brach kurz vor Schluss der Rekordfahrt der V Verteilerfinger, erinnert sich der damalige Mercedes-Chef Werner Breitschwerdt: „ein Teil, das praktisch nie kaputtgeht W und das wir deshalb auch nicht als Ersatzteil an Bord hatten." Repariert werden durfte nach den Regeln der FIA aber Re nur mit Werkzeug und Material, das im Auto selbst mitgeführt wurde. Der rettende Einfall: Da der Fahrer des Wagens Raucher war und ein Päckchen Zigaretten mit auf die Strecke g genommen hatte,, wurde der Verteilerfinger mit Rekord: 50.000 Kilometer sind geschafft dem Alupapier aus der Zigarettenpackung notdürftig geflickt – und der Mercedes schaffte so auch noch die letzten paar hundert Meter bis über die Ziellinie.

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Die Kunst der Mimikry D

as passte: Als im Mai 1984 der neue Grand-Prix-Kurs auf dem Nürburgring eröffnet wurde, hatte in diesem Rahmen auch die Mercedes C-Klasse ihre Renn-Premiere. 20 identische 190 E 2.3-16 gingen auf den Rundkurs. Am Steuer das internationale „Who's who" der damaligen Motorsportwelt. Sieger wurde damals Ayrton Senna, gefolgt von Niki Lauda und Carlos Reutemann. Dabei waren es anfangs vor allem noch private Teams, die den 190er schnell als Rennmaschine entdeckten. In Frankreich etwa beteiligte sich der Snobeck Racing Service (SRS), unterstützt von Mercedes-Benz France, 1985 an der französischen Tourenwagenmeisterschaft – und schaffte auf Anhieb den zweiten Platz. Ein Jahr später wurde Volker Weidler auch in der DTM Vizemeister. Grund genug, dass die Stuttgarter aus, haben aber weder in auch ganz offiziell die Chancen nutzten, die sich da fürs Image des der Motor- noch in der kleinen Benz auftaten: Mit Edzard Reuter, Werner Niefer und Jürgen Fahrwerk skonstruktion Hubbert trafen sich Ende 1987 denn gleich drei Vorstandsmitglieder zur große Gemeinsamkeiten mehrtägigen Klausur in Sachen Motorsport. Einen Monat später war der mit einem SerientourenBeschluss auch formal gefasst: Mercedes-Benz mischt künftig offiziell bei wagen. Die 6-Zylinderden Touren- und den Rennsportwagen mit! Und noch im selben Motoren mussJahr gingen mit AMG, BMK und IPS drei Die Evolution der ten nur noch Teams mit Werksunterstützung in h von C-Klasse in der DTM einem mindestens die Rennen. 2500 Mal verbauHeute tun DTMten Serienmodell Rennwagen allenfalls noch des Herstellers optisch so, „abgeleitet" sein. Für den DTMals hätten sie Einsatz wurden dem mit normalen AMG-Mercedes 190 E 2.5-16 Evolution II von 1992 Serien-V8 zwei Serienfahrzeugen Zylinder abgeschnitten, und etwas zu tun: Unter der Leichtbauhülle allerdings steckt reinste das Ganze ist dann auf bis Renntechnik. Mitte der 1980er Jahre allerdings sahen die Rennwagen in zu 470 PS getrimmt worden. der DTM nicht nur aus wie aufgebrezelte Serienfahrzeuge – sie waren es Getriebe und Lichtmaschine auch noch in weiten Teilen. Um 1989 den 190 E 2.5-16 Evolution so zu wurden, der besseren modifizieren, dass er fit zum Siegen war, mussten nach dem Reglement Gewichtsverteilung wegen, weitere 500 Fahrzeuge mit den gleichen Änderungen gebaut werden ins Fahrzeugheck verlegt. – auf Wunsch gab es ihn sogar mit dem Luxus einer Klimaanlage. Das Offenbar mit Erfolg: Auch war die Geburtsstunde des „Evo": größere Bereifung, weiter ausgestellte in den Folgejahren räumten Radhäuser, größere Bremsscheiben, die eigentlich aus dem SL stammten, Mercedes und seine Fahrer die DTM-Titel ab. Bis 1995. Da war dann erst dazu ausladende Spoiler an Bug und Heck, ab 1990 sogar Renn-ABS. einmal Schluss mit der DTM. Die Kosten waren explodiert, immer weniger Auch der Motor musste modifiziert werden, um die Drehzahl von 10.000 Teams konnten sich die Teilnahme leisten. Eine Denkpause war angesagt. U/min. zu überstehen. Als die DTM unter dem Namen „Deutsche Tourenwagen Masters" im Jahr 2000 wiederbelebt wurde, hatten die Autos mit Serienmodellen nur noch ein paar äußere Merkmale gemein. Technisch sind sie reine Sportwagen-Prototypen. Wie wichtig die Mimikry allerdings für die Markenpflege ist, zeigte sich schnell. Ursprünglich imitierten die „Silhouette Cars" zweitürige Coupés einer Modellreihe – etwas schwierig zu erklären, wenn den potenziellen Kunden dort eigentlich vor allem viertürige Limousinen präsent sind wie bei der C-Klasse. Also vollzog die DTM 2004 den Schwenk: Als Basis dienten nun viertürige Limousinen. Erst seit 2012 ist man wieder in zweitürigen Coupés unterwegs. Dafür stecken heute unter der Markenhaut bei allen drei DTMHerstellern Mercedes-Benz, Audi und BMW viele Gleichteile: Kohlefaser1992 war es dann geschafft: Mit 16 Siegen entschied die „C-Klasse" Einheitsmonocoque mit Crashboxen vorne, hinten und an beiden Seiten, in der DTM sowohl die Team- als auch die Markenwertung für sich; Klaus Frontsplitter, Heckflügel, Getriebe und Kardanwelle. In der DTM gilt also Ludwig gewann den Meistertitel. Zum letzten Mal ins Rennen ging der 190 längst: Nicht alles, was nach C-Klasse aussieht, ist auch C-Klasse. Und E in der DTM-Saison 1993. Danach brach die Ära der „Silhouette Cars" an. Sie sehen zwar – schon allein aus Marketinggründen – wie Tourenwagen mitunter nicht einmal Mercedes ... GoodTimes

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Die Familiensaga

Seit bald 55 Jahren bringt die Reihe Boule & Bill" mit ihrem verschmitzten " Humor junge wie alte Leser zum Schmunzeln. Von Jean Roba im Jahr 1959 auf dem Papier zum Leben erweckt, wird die Gute-Laune-Serie heute von dessen ehemaligem Assistenten Laurent Verron fortgeführt. Boule & " Bill" – ursprünglich in deutscher Fassung als Schnieff und Schnuff" bekannt geworden, mittlerweile längst" aber auch bei uns unter dem Originaltitel veröffentlicht – ist ein Klassiker der franko-belgischen Comic-Literatur, dem auch hier zu Lande das Publikum treu geblieben ist.

Auf den

Hund

gekommen

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eit über 1400 Geschichten, wovon die meisten eine witzige Handlung in vier Streifen auf jeweils einer Seite in Szene setzen, haben der temperamentvolle Cocker er Bill und sein Herrchen, der kleine Junge Boule, bereits erlebt. Im französischen Sprachraum liegen die gesammelten Episoden in nicht weniger als 34 Alben vor, die ein Bestseller des Genres sind. So wurde der letzte Band „Un amour de Cocker" 2013 vom französischen Verlag Dargaud mit der beeindruckenden Startauflage von 180.000 Exemplaren in den Handel gebracht. Seinen ersten Auftritt hatte das quietschfidele Duo in der Nummer 1132 des belgischen Comicmagazins „Spirou" vom 24. Dezember 1959, und zwar in einem der legendären „Mini-Récits". Das waren zugeheftete Beilagen, die gefaltet ein kleinformatiges 48-seitiges Heftchen ergaben. „Boule contre les mini-requins" hieß die von Maurice Rosy (1927–2013) getextete und von Jean Roba gezeichnete Erzählung, die als „Boule gegen die Mini-Haifische" erst knapp fünff Jahrzehnte später ihre deutschsprachige Premiere im ersten Band B d der d vom Eckart Schott Verlag veröffentlichten Albumreihe „Boule & Bill" erlebte.

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ean Roba, am 28. Juli 1930 in Schaerbeek bei Brüssel geboren, B zählt zusammen mit André Franquin („Gaston"), Morris („Lucky Luke"), Peyo („Les Schtroumpfs"/ „Die Schlümpfe") Seite

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und etlichen anderen zur Generation der stilbildenden Künstler bei „Spirou". Ihre Comics, die der so genannten École Marcinelle werden, sind Teil einer glanzvollen Vergangenheit, die zugeordnet wer allerdings bis in die Gegenwart nichts von ihrer Strahlkraft verloren hat. Speziell „Boule & Bill", als Serie über Jahrzehnte te regelmäßig im Heft präsent, machte Roba in der Gunst der Leser zu einem der beliebtesten Autoren. Seine klar gestalteten Bildfolgen zu alltäglichen Themen, in denen sich alle wiedererkennen können, vereint mit einem Gespür für originelle Gags, machen den besonderen R Reiz der sympathischen d i d Familiensaga aus.

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n deren Mittelpunkt stehen neben den Titelhelden die Eltern von Boule. Der Vater, mit einem Hang zum Werken und Basteln, ist mehr Freund als strenger Erzieher, während die Mutter das Idealbild einer Hausfrau abgibt und fast beiläufig den Haushalt schmeißt. Dazu gesellen sich eine Reihe von weiteren kuriosen Figuren wie die ebenso zum Haushalt zählende Schildkröte Caroline (in der deutschen Fassung: Fräulein Klara), Boules Kumpel Plouf (Pit), der Polizist an der Ecke oder die schneidige Nachbarin mit der kecken Katze Caporal (Capo). Das Besondere an den quirligen Abenteuern, die meist in und rund um das traute Heim sowie im Viertel der Stadt spielen, ist, dass die Herausforderungen des Lebens aus der Perspektive eines

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kleinen Jungen und eines Hundes erzählt werden. Während für Boule die Freizeitbeschäftigung g g mit den Freunden das Wichtigste ist, W dreht sich bei Bill fast alles ums leibliche Wohl. Klar, dass der Metzger zu seinen besten Freunden zählt. Und wenn die ganze Familie mal in Urlaub fährt – oft die B Berge, meist aber ans fäh f iin di Meer –, geschieht das bis auf den heutigen Tag im kultigen roten 2 CV.

am 25. Mai 1962 in Grenoble geborenen Laurent Verron hat er einen Assistenten eingearbeitet, der seit Band 29 („So ein Zirkus!") als sein Nachfolger tätig ist. Verron gelingt es nicht nur, den Charme V des beliebten Funny-Klassikers zu erhalten, er hält ihn mit Themen unserer Tage Die Nr. 3561 von

„Spirou" vom 12. Juli " 2006 ist dem verstorbenen Jean Roba gewidmet.

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Abbildungen: © Studio Boule & Bill 2014 / Eckart Schott Verlag 2014

iesigen Lesern erschloss sich die Welt von „Boule & Bill" zunächst ab 1964 diversen Heftreihen, die iin di H f ih di der Verleger Rolf Kauka herausgab, darunter „Lupo modern" oder „Fix und Foxi". Freilich hießen da die beiden noch „Schnieff und Schnuff". Unter demselben Titel startete 1979 Todos den Versuch, das Material e ial in Form von Alben am Markt zu etablieren. z Offenkundig ohne Erfolg, denn nach nur zwei Bänden kkam das frühe Aus. Größeren Zuspruch fand die Serie, als der Delta Verlag 1987 ihre Geschicke in die Hand nahm und unter dem u Originaltitel bis ins Jahr 1996 17 Alben publizierte. Aktueller Stand in dieser bis dahin etwas verworrenen Editionsgeschichte ist: Seit 2003 legt der Eckart Schott Verlag die deutschsprachige Ausgabe von „Boule & Bill" auf. Hervorstechendes Merkmal dabei ist der erstmalige Abdruck der Geschichten in der Chronologie ihres Entstehens, was die Lizenzgeber durch eine Neuordnung des gesamten Materialbestandes ermöglicht haben. In die Wege geleitet wurde das nicht zuletzt durch den Verlagswechsel von Roba im

Jean Roba (1930–-–2006)

Die Nr. 3741 von

„Spirou" vom 23. Dezember 2009 erscheint als " Sonderausgabe zum 50. Geburtstag der Serie „ Boule & Bill". "

auch weiter auf Erfolgskurs. Jean Roba, im Alter von 75 Jahren am 14. Juni 2006 verstorben, weiß seine Figuren in guten Händen. Horst Berner Am 27. Februar 2013 kommt der von Alexandre Charlot und Franck Magnier realisierte

Realf ifilm

„ Boule & Bill" in die " Kinos, der in Deutschland

aber keinen Verleih fififindet.

"

Boule & Bill" im Eckart Schott Verlag: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 28. 29. 30. 31. 32. 33. 34.

Laurent Verron (++**1962)

Jahr 1987 und die Tatsache, dass im Original Band 1 bis 24 von Dupuis in Belgien, die Titel ab Band 25 von Dargaud in Frankreich veröffentlicht wurden.

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ean Roba, der Zeit seines Lebens „Boule & Bill" quasi im Alleingang gestaltete, hat bereits früh entschieden, dass die Serie auch nach seinem Tod weitergeführt werden soll. Mit dem GoodTimes

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Boule & Bill 1 Boule & Bill 2 Boule & Bill 3 Boule & Bill 4 Boule & Bill 5 Boule & Bill 6 Boule & Bill 7 (erscheint 2014) Die vier Jahreszeiten So ein Zirkus! Bills Bande Volle Kanne! Mein bester Freund Klar zum Entern!! – Ein Schatz von einem Cocker (erscheint 2014) – Sonderband: Boule & Bill: Das Familienalbum

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Zigaretten-Reklame der 70er Jahre:

Von Weltenbummlern und Lebenskünstlern Von Kathrin Bonacker

In den 60er Jahren rauchte man starkes Zeug, je kräftiger, desto besser, desto männlicher. Wenige Jahre später aber waren Reyno- und R6-Zigaretten plötzlich so leicht, dass sogar die Augen davon heller wurden! Jedenfalls könnte sich dieser Eindruck einstellen, wenn man die attraktiven Helden in den Anzeigen sieht, die weiche, himmelblaue Blicke in die Kamera werfen. So zeigt sich der kulturelle Wertewandel der 70er Jahre auch in der Werbung ...

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eine Rede davon, dass Raucher vor die Tür mussten, damals. Geraucht wurde bei Partys, im Büro, zu Hause, in Fernsehsendungen aller Art und natürlich auch im Restaurant. Nichtraucher pafften notfalls „zur Gesellschaft" eine mit, wer nicht wollte, konnte ja an die frische Luft gehen. Aschenbecher in allen Preisklassen waren das klassische Geschenk für jede Altersgruppe, Kinder töpferten sie gar für ihre Eltern, Onkel und Tanten im Werkunterricht, da alle rauchten. So war der Zigarettenmarkt heiß umkämpft, und für die Werbewelt stellten „Tabakwaren" eine solide Einkommensquelle dar: Die prominentesten (und teuersten) Seiten des „Spiegel" – wie die Rückseite und oft auch die Innenseite des Covers – waren über Jahre fest für Zigarettenwerbung gebucht. Stuyvesant machte sogar in einem Slogan das Viel-Rauchen zum Ziel. „Frankfurt Tokyo, 21

S Stuyvesant" titelten die Werber 1971: „Die erste noch in Frankfurt. Eine zweite zünden wir schon n in der Luft. Die vierte hinter Hamburg. Zur achten sind wir bereits über dem Nordpol (…) So messen si wir Raucher die Welt (…)" Mit dem „Duft der w g großen weiten Welt" hatte die Marke ihr Image als Zigarette für Weltenbummler gefunden, ein al Image, das mit der boomenden Tourismusbranche Im der 70er Jahre vortrefflich einherging. Grenzenlose d Mobilität und der Wunsch nach Erlebnissen stanM den d im Mittelpunkt der Sehnsüchte; die heimlichen ch Unworte dieser Jahre hießen „Stubenhocker" und u „Miesepeter"!

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ereits seit 1954 gab es den „MarlboroMann" als Teil eines zunächst amerikanischen, später weltweiten Werbekonzepts der n Seite

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legendären Chicagoer Agentur Leo Burnett Burnett. Er hat bis heute Kultstatus. Der einsame Cowboy ritt und rauchte, zähmte Pferde und lehnte lässig ssig an Zäunen, Zäunen um ihn herum nur Landschaft und Feuer ... Der „Marlboro-Mann", nie ohne Hut und Stiefel, ist der Prototyp einer geglückten Image-Kampagne, allerdings erst seit 1971 auch in Deutschland (wo bis dahin wilde HippieCollagen die Reklame für Zigaretten bestimmten). 1972 war Marlboro übrigens die meistverkaufte Zigarette der Welt.

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er Slogan „Ich geh' meilenweit für eine Camel" (im Original „I'd walk a mile for a Camel") wurde sogar schon seit 1921 benutzt und war ebenfalls sehr erfolgreich. Der „Camel-Mann" ist dagegen verhältnismäßig jung (die Zigarette, obwohl seit 1913 auf dem amerikanischen Markt, wurde hier zu Lande erst 1968 eingeführt). Den entsprechenden Werbetext kombinierte man mit durchgelaufenen Schuhen, die der sympathische Typ dem Betrachter quasi als Beweis für seine Obsession entgegenstreckte: Die in der Regel heißgeliebten hellbraunen Camel-Schuhe, die (noch ohne Löcher in den Sohlen) seit Ende der 70er Jahre auch in den Schuhgeschäften zu erwerben waren, bildeten das Tüpfelchen auf dem i für die Raucher der Zigaretten mit dem symbolischen Dromedar, das „Kamel" genannt wurde. In den Anzeigen trugen zunächst verschiedene Männer die kaputten Treter und erkundeten damit fremde Länder, erst ab 1975 wurde der lockige Schnauzbart Bob Beck das Sch Gesicht der Kampagne und Ges blieb blie es bis 1985.

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amel und Marlboro beherrschten nebeneinander Anzeigen-, Plakatund Kinowerbung der Pla 70er 70 Jahre in ähnlich offensichtlicher Konkurrenz wie Adidas und lic Puma: Man musste sich zwiPu schen den beiden entscheiden, sch oder od man rauchte ganz andere Sorten. Viele von diesen waren So Eintagsfl iegen und überlebEi ten te ihr Einführungsjahr nicht, ihre ih Namen sind längst vergessen. Im Ausstellungskatalog se „Werbewelten made in Hamburg. „W 100 1 Jahre Reemtsma" heißt es: „Zwischen fast 160 neue Marken auf Z i h 1967 und d 1979 brachte b ht Reemtsma R den Markt und versuchte, neue Zielgruppen zu erreichen. Damit reagierte das Unternehmen auch auf die zunehmende Individualisierung und das Entstehen unterschiedlicher Lebensstile, Milieus und Alltagskulturen nach der 68er-Bewegung. Unter den Neuentwicklungen waren ,Silva' für die moderne Frau, ,Leo' für den studentischen Lebenskünstler oder ,Morgan' in der wetterfesten Kunststoffbox für den Naturliebhaber als direkte Konkurrenz zur erfolgreichen ,Camel'." GoodTimes

uch die moderne Raucherin war inzwi inzwischen eine feste Größe unter den Zielgruppen: In den 70er Jahren habe das Rauchen von Frauen den „verruchten Charakter" verloren und sei in der Reklame zu einem „äußeren Signal der Emanzipation stilisiert" worden, erläutern die Herausgeber der Untersuchung „1945 bis 1995. 50 Jahre Werbung in Deutschland". Sie zeigen dazu eine Anzeige für die Zigarette Kim, die „schlank und rassig" Frauen ansprechen soll: „Für Männerhände viel zu chic!", erklärt die Kampagne von 1972 dazu. Vergleichbar waren p auch Candida oder Eve: Bei beiden war a die d Packung (bei Eve sogar die Zigarette selbst) mit bunten Regenbogen- bzw. se Blümchen-Motiven B dekoriert –, offenb dachten die Macher, man müsse bar eeine Frauenzigarette unbedingt romantisieren und mit einem Frauennamen ti belegen, weil das bei den Groschenb Romanen so gut funktionierte ... R

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ie größte Errungenschaft der 70er Jahre waren bei den Zigaretten interessanterweise die „Leichten" oder in „Milden". In den Sechzigern war die Kritik „M aus dem Gesundheitsbereich aufgrund a neuer Studien so laut geworden, dass die n Tabakwarenindustrie reagieren musste (ab T 1974 galt ein erstes Tabak-Werbeverbot 1 für fü Radio R di und d Fernsehen). F h ) Zu Z den prominentesten Nikotingegnern gehörte die Deutsche Krebshilfe, die die Ärztin Mildred Scheel 1974 gegründet hat. Ihr Mann Walter bekleidete von 1974 bis 1979 das Amt des Bundespräsidenten, und das Paar war – außer bei B.A.T., Reemtsma, Reynolds, Haus Neuerburg und Co. – sehr beliebt. Zunächst mit Filterzigaretten und dann mit reduzierten Teerwerten in den „Light"-Zigaretten gaben sich die Firmen den Anschein, tatsächlich gesundheitsbewusster zu denken; faktisch hatte das Ganze aber sogar eine Ausweitung des Marktes zur Folge, und die Reklame zeigte skurrile Auswüchse: Für Astor special erfand man 1970 tatsächlich eine „Airmix-Zone" und titelte frech: „Die Cigarette, die atmet"!

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erade für die als „stark" bekannten Sorten wie Roth-Händle war es jedoch zunächst ein großer Schritt. Da hieß es noch 1969 beschwörend über die neue Zigarette: „Sie hat das Filtermundstück bekommen und den Roth-Händle-Tabak behalten", weil die alte Kundschaft nicht vergrault werden sollte. Gauloises dagegen gab es jahrelang mit und ohne Filter. Und viele andere boten ebenfalls

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ihre Ware so oder so und später als „Lights" an und konnten damit ihr Angebot effektiv erweitern.

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enthol wiederum erreichte als aromatisierende Beigabe, dass der Rauch beim Einatmen milder wirkte. Die Menthol-Zigaretten der 70er Jahre, allen voran Reyno, setzten in der Werbung auf „Erfrischung", auf den Reklamebildern assoziativ mit Wasser, Kühle oder grünen Pflanzen verbunden. Auch erste Reflexionen der „Zurück zur Natur"-Bewegung waren zu erkennen. Tom Selleck saß in Jeans im Gras und rauchte Reyno (zum Serienstar Thomas Magnum wurde er erst später), und die Helden der Gauloises-Kampagne, die immer etwas Verrücktes anstellten, dümpelten mit irgendwelchen Gefährten auf dem Wasser oder machten Picknicks im Grünen.

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egen Ende der Dekade boomten dann die Selbstgedrehten, schließlich war Handarbeiten ohnehin groß in Mode: Die einen machten Makramee oder Ikebana, die anderen rollten ihre Kippen, so ließ sich das Rauchen in den Hobby-Sektor integrieren ... Hier gab es Bison, Samson, Javaanse, Roth-Händles Schwarze Hand oder Drum, sämtlich vor allem mit jungen Leuten als Zielgruppe. Natürlich war der Tabak ebenfalls für den Bau von Joints beliebt, aber das durfte aus naheliegenden Gründen in der Reklame auf gar keinen Fall zur Sprache kommen, auch wenn das Drogen-Mekka Holland als Ursprungsland besonders gerne betont wurde. Die jungen Männer und Frauen uen wurden meist in der Gruppe oder als Pärchen gezeigt, redend, politisierend und rauchend, oft mit Gitarre oder Büchern, immer zwanglos in Jeans und rauchend. In einer DrumAnzeige hängt sogar ein Plakat an der Wand der Redaktions-Szenerie, das verdächtig nach dem Vietnam-Revolutionär Ho Chi Minh aussieht, die Studentenbewegung hinterließ hier ihre Spuren. Für Samson warb dann auch der eine oder andere Promi: Sowohl Didi Hallervorden als auch Paul Breitner zierten die Anzeigen, und ihre frechen Wuschelköpfe suggerierten den erstrebenswert unbeugsamen Geist.

1971 noch im Text dazu hieß: „Es war schon immer etwas teurer, einen besonderen Geschmack zu haben", war klar: Einig im Geschmack sind sie sich sowieso! Auch wenn ihre Einkäufe und ihre Zigaretten teuer sind ... Es war die „schöne neue Welt des Genießens" (so der Slogan von 1973). Erst gegen Ende der Dekade wurde das geschmackvolle Paar dann durch eine lockere Gruppe abgelöst. Jetzt hieß der Slogan: „Wir lieben's leicht."

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ie Luxus-Schiene war bei anderen Sorten allerdings noch ausgeprägter: „Erste Sorte" umgab den Raucher in Rolli und Lederweste mit poliertem Holz, Stuck und Marmor – hier hieß „Stil" dann selbstverständlich „le style"! Benson & Hedges oder Dunhill setzten ebenfalls auf altmodische Kostbarkeiten. Erstere kooperierten dazu sogar mit British Leylands Jaguar und feierten beides, Auto und Zigarette, als „British European Style". Dunhill präsentierte sich auf edlem roten Leder mit goldenem Feuerzeug oder ausgesuchtem Schreibgerät ganz hochherrschaftlich. Die Philipp-Morris-Kampagne allerdings zeigte die Packung gleich in Kombination mit Austern,, Champagner, Goldmünzen, Diamanten oder p g gar g der Blauen Mauritius. Hier wurde die Assoziation „Luxus" w quasi mit dem Holzhammer verq mittelt. m

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ohn Player Special (JPS) dagegen bot dekadenten Lebensstil mit sexueller te Komponente: Eine schwarzK weiß fotografierte Fotoserie w zeigte in der Regel eine attrakz tive ti Frau von hinten, so dass ihr ih Po (gerne in knallengen Lederhosen oder Hotpants) mit L einer anzüglichen Bemerkung e dabei zum Bildmittelpunkt d wurde: „Lernen Sie jemanden w kennen, der John Player Special k raucht. Vielleicht bleibt sie nicht ra standhaft", war zum Beispiel zu st einer Skaterin getextet, deren e Unterwäsche im Gegenlicht U lockend durch ein transparentes Kleidchen schien .... K

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it Blick auf die Werbekonzepte lief besonders eine Serie ausgesprochen lange: Das „HB-Männchen" war abgelöst worden von einer Gruppe fröhlicher junger Menschen, die in den 70er Jahren gemeinsam ihren Hobbys nachgingen und ihre Freizeit (natürlich HB rauchend) miteinander verbrachten. Da ist dann alles im Einsatz: das Tandem, der Hopseball, Wurfspiele oder ein Riesenschachspiel. Die unbekümmerte Gruppe und ihre kindlichen Accessoires sind in einem gelben Rahmen vor einen weißen Hintergrund gesetzt, im Vordergrund ist immer die HB-Schachtel mit ihrem gekrönten rot-gelben Logo in Zeltform zu sehen, als Signatur im Rahmen findet sich außerdem das alte „Haus Bergmann"(= HB)-Logo.

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ie seit dem Ende der 60er Jahre gelaufene Gauloises-Reihe trumpfte auf G eeine ganz andere Art mit möglilichst humorvollen, unkonventionellen Motiven auf, die den ti Individualismus des FrankreichIn FFans unterstreichen sollte, und die direkte Konkurrenz, Gitanes, d machte sich die Popularität von m Naiver Kunst zunutze. Beide N

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ine andere Serie mit ebenso hohem Wiedererkennungswert war die Atika-Reihe, in der jeweils ein Paar bummeln geht (heute hieße es „shoppen") und alle möglichen Gegenstände gemeinsam aussucht: Sie kaufen Spiegel, Koffer oder orientalische Laternen, sind im Lampengeschäft oder wählen Schuhe aus. Und obwohl es Seite

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er noch mehr Aufmerksamkeit erheischen wollte, musste e etwas bieten. Gewinnspiele e eigneten sich ideal zur e Kundenbindung, und K Preisausschreiben sowie P bestellbare Werbeprodukte b gab es von vielen Marken. g Typisch waren dabei Autos T (w (wie der Gauloises-R4) oder R Reisen, Küchenutensilien und Spiele. Krone gab sogar u im honorigen Hoffmann & Campe-Verlag ein Buch mit Spielanleitungen für m heraus, bei der Firma ASS Erwachsene her E (Altenburg-Stralsunder Spielkartenfabriken) (A eerschienen sowohl das Krone-Spiel „Coup" als aauch „Battel", „Würfeljoker" oder „Zock". Für HB warb die ganze Reihe der HB-Bildatlanten H (und machte mit aktuellen Karten und Fotos (u den bis dato konkurrenzlosen „Merian"d Heften das Leben schwer), Kartenspiele gab H ees von ganz vielen Marken.

vermittelten Frankreich als Land des G Genusses enusses und des Savoir vivre.

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tuyvesant bot 1971 bis 1973 wiederum etwas ganz Neues: eine Unikat-Kampagne, wie sie später auch Jägermeister mit seinen Porträts startete. Durchnummerierte Fotos von Landschaften eröffneten einen Blick auf die durch den vereinfachten Flugverkehr endlich erreichbare ganze Welt aus Sicht der Fernreisenden. Die Bilder verbanden so die Marke mit der Reise an sich, ohne dass der Flugkapitän noch – wie zu Beginn der 70er Jahre – unbedingt gezeigt werden musste.

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uf der Nostalgiewelle schwammen dazu die „Barspiegel"; Bierdeckel und „B Aschenbecher als Klassiker des A Z Zubehörs zierten die Tische: W Wer sich an eine typische Kneipeneinrichtung der 70er K JJahre erinnert, hat diese Details vielleicht nur unbewusst wahrgenommen. Immer aber stand u irgendwo das Gerät zum Ziehen der Kippen, ir für das extra die „Automatenpackung" fü geschaffen worden war, wie man sie heute g kennt. 20 Stück für zwei Mark kann sich k allerdings a g wohl keiner mehr vorstellen!

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arallel zur Fotoserie behielt Stuyvesant übrigens auch traditionelle Werbegrafik im Programm, mit der Reval und Lord Extra so erfolgreich waren. Für Reval gestaltete der Grafiker Gerd Grimm die Anzeigen 1961–1971 und 1975, An indem er ausgesprochen farbige in Figuren oder Porträts von Rauchern Fi und un Raucherinnen vor einen blauen oder orange-gelben Hintergrund setzte. Grimm war gelernter Modezeichner, H und sein unverwechselbarer Stil als Künstler hob die u Kampagne Kam mpag aus der übrigen Reklame hervor.

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inerseits waren in ästhetischer Hinsicht die meisten Anzeigen, in den typischen 70erFarben gehalten, ein Augenschmaus in Braun-Grün Fa und vor allem sonnigem Orange, andererseits genoss un man die relativ junge Möglichkeit des Farbfotodrucks ma und gerade die Reiseserie von Stuyvesant erinnerte – u doch sehr an die zeitgenössischen Endlos-Dia-Abende mit „Mutti vor Sonnenuntergang".

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leichzeitig gab es eine Nostalgiewelle: Beliebt waren gestalterische Anklänge an die Jahrhundertwende wie bei RothHändle, zumal eben diese 1970 ihren hundertjährigen Geburtstag feiern konnten. Die verschnörkelten Grafiken ken in Pink vor schwarzem Hintergrund (höchstens gelegent(hö ntlich mit royal-blauen lic Elementen) wirkten Ele durch den starken du Kontrast gleichzeitig Ko altmodisch und frech alt und konnten so das un alte Firmen-Emblem, al die Hand, in etwas di Zeitgemäßes inteZ grieren. gr GoodTimes

Literatur: 1945 bis 1995. 50 Jahre Werbung in Deutschland" "Joachim Kellner, Ulrich Kurth, Werner Lippert (Hg.) Ingelheim (Westermann), 1995 Werbewelten made in Hamburg. "100 Jahre Reemtsma, Hamburg" Stefan Rahner / Museum der Arbeit (Hg.) Junius Verlag, 2010 2/2014

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40 Jahre 2,7 Milliarden Franken erobern die Kinderzimmer

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ls die ersten Playmobil-Figuren 1974 die Verkaufsregale der Spielwarengeschäfte erreichten, konnte ihr Hersteller „geobra Brandstätter" bereits auf eine fast hundertjährige Firmengeschichte zurückblicken. Der Schlosser Andreas Brandstätter hatte sich 1876 in Fürth selbstständig gemacht und stellte in der nach ihm benannten Firma mit einigen Mitarbeitern Schatullenbeschläge und -schlösser schlösser her. 1908

Die ersten Playmobil-Figuren 1974.

wurde das Unternehmen in „Metallfabrik Georg Brandstätter" umbenannt. Georg war der Sohn des Firmengründers. Er hatte den Betrieb übernommen und zog 1921 ins etwa fünf Kilometer entfernte Zirndorf, wo noch heute die Zentrale ihren Sitz hat. Damals stellte man bereits neben Metallwaren auch Spielzeuge her, etwa Utensilien für Kaufmannsläden, Spielzeugtelefone und Spardosen. (Brandstätter war übrigens nicht der erste Spielzeugfabrikant Zirndorfs, schon Spielzeugfabrik 1880 war hier die Firma Firm Lorenz Bolz – die Erfinder des Brummkreisels (1913) – an den f Brummkrei Start gegangen.) 1952 begann dann der heutige d Firmenchef Horst Brandstätter B mit der Ausbildung zum Formenbauer seine Familienunternehmen Laufbahn im Fa Brandstätter", wie die Firma seit „geobra Brandstätte Beginn der 1930er Jahre hieß. In den spezialisierte man sich auf Fünfzigern spezial zum Ende Spielzeug aus Kunststoff, K Jahrzehnts gelang mit der des Jahrze Herstellung von HulaH Hoop-Reifen ein H

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Noch weit weg vom Playmobil-Männchen: eine der ersten Skizzen von Hans Beck.

großer Coup: „geobra Brandstätter" wurde zum europäischen Marktführer der wieder in Mode gekommenen Reifen. Breit aufgestellt mit einer umfangreichen Produktpalette vom Wasserski bis zum Plattenspieler manövrierte man sich erfolgreich durch die Sechziger. Doch die Nase vorn zu behalten, wurde ein immer schwierigeres Unterfangen, nicht zuletzt angesichts des Kostendrucks aus Niedrigpreisländern. „geobra" trat also die


Flucht nach vorn an, 1969 wurdee im 25 Kilometer entfernten Dietenhofen ofen ein neues Fabrikgebäude gebaut, ut, zwei Jahre später auf Malta gar die erste Auslandsproduktion begründet. Die Produktpalettee sollte auf Deckenpaneelen und Kunststoffmöbel ausgeweitet werden, doch die aufkom-mende Ölkrise und der damit it verbundene Rohstoffmangel ließen den einstigen HulaHoop-Marktführer in die roten Zahlen schlittern. Wenn man so will, haben wir Playmobil der Ölkrise zu verdanken! Erfunden wurden die

70er Jahre

Nasen, Nase die dann aber ersatzlos gestrichen und letztlic auch von niemandem lich ve vermisst wurden. Beck w wirkten seine Figuren m Nase zu clownesk. mit 1972 wurde schließ1 lich das Patent angemeldet. In der ursprünglichen Konstruktionszeichnung Konstruktionszeichnun hat das PlaymobilMännchen noch gegenbewegliche Beine, doch in der Praxis zeigte es sich, dass die Standfestigkeit nicht die beste war. Also wurde dieser Ansatz wieder verworfen, denn bis heute hat die Funktionalität oberste

80er Jahre

90er Jahre

kleinen Figuren mit den beweglichen Armen und Beinen vom gelernten Tischler Hans Beck aus Greiz. 1958 hatte der Thüringer, der

Priorität: Kinder sollen beim Spielen mit Playmobil nicht gefrustet werden. Das Patent tent ist übrigens schon 1990 erloschen, doch niePlaymobil-Chef Horst Brandstätter und sein die Figuren genieweiterhin n Mustermacher" Hans Beck Mitte der Siebziger ßen " beim Fachsimpeln über ein Kultspielzeug Plagiatsschutz. Sie sind nämwerk lich als Kunstwerk anerkannt, und somit greift das Urheberrecht bis 70 Jahre nach dem em Tod des Schöpfers. ers. Hans Beck verstarb tarb 2009, zweifelsohne ohne lebt er jedoch in seinen Figuren weiter. Für die Nürnberger Spielwarenmesse im Frühling 1974 stellte Beck die erste einige Jahre zuvor nach Franken übergesieMusterkollektion her. Mal abgesehen von delt war, sich bei „geobra" als Entwickler einem Großauftrag aus den Niederlanden – damals hieß es noch Mustermacher war die stermacher d Reaktion des Handels auf das erste Sortiment mit 19 verschiedenen Artikeln Sortim – beworben. Ausschlaggebend für seine aber nicht unbedingt euphorisch. Anders Anstellung soll sein Faible für ür den die Reaktion der Konsumenten: Ende Modellbau gewesen sein. Zwölf des Jahre später stellte der Vater der d Jahres waren schon drei Millionen D-Mark umgesetzt. Passend zu den Playmobil-Figuren, wie Beck von D den Medien genannt wird, seinem einem Chef die ersten Prototypen vor: einen Ritter, einen Indianer und einen Bauarbeiter. Brandstätter er ließ Beck machen, denn es war klar, dass ass ein Spielzeug, das gut in eine Kinderhand erhand passt, in der Herstellung weniger Rohstoffe benötigt. In der ersten Skizze von Hans Beck hatten die Figuren n noch

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Figuren entstanden entsprechende Welten. Waren es im Startjahr nur Pferde, einige Verkehrsschilder und ein Tipi, zogen Ritter alsbald in Burgen sowie Cowboys in den Saloon ein, und Polizisten verfügten fortan über einen Fuhrpark. Obwohl Playmobil schon damals seinen bis heute anhaltenden Siegeszug antrat, war insbesondere in den Siebzigern noch eine Hürde zu nehmen. Im benachbarten Fürth begann 1975 die BIG Spielwarenfabrik die Produktion eines verblüffend ähnlichen Systemspielzeugs. Unter dem Claim Play-Big entstanden vergleichbare Figuren, die nur geringfügig größer waren und auch mal ernst oder traurig

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2000er Jahre

schauten. „geobra" zog Geric vor Gericht, doch der ger Bundesgerichtshof wollte Plagia den Plagiatsvorwurf nicht bestätigen Im abschliebestätigen. ßende Urteil zugunsßenden te ten der Firma B BIG hieß es, d dass „Play-BigFigu Figuren den Eindruck ein eines selbstbew wussten, sportlich chen, aggressiven Ma Mannes vermitteln, wohingegen das PlaymobilMännchen die Wirkung von einem Kind, nett und noch unsicher auf den Beinen", habe. Der jahrelange Zwist wurde schließlich von den Käufern entschieden, Play-Big konnte sich am Markt nicht etablieren, 1979 wurde die Produktion der Play-Welten wieder eingestellt. Um die Fürther Spielwarenfabrik braucht man sich dennoch keine Sorgen zu machen, mit dem heute legendären BobbyCar gelang ihr schon 1972 ein großer Wurf. 1976 gab es die ersten weiblichen PlaymobilFiguren in bewährter Größe (noch ohne Busen, aber mit flottem Minikleid), und fünf Jahre später folgte der erste Nachwuchs:


Serie für die Kleinsten – ein weiterer erfolgreicher Schachzug des fränkischen Unternehmens. Seit 2011 gibt es darüber hinaus als „Fi?ures" noch nicht montierte Sammelfiguren in Überraschungstüten. Playmobil-Welten Die Playmobil-Welt sind meistens eein Realität. Abbild der Realit beispielsSo haben beispie die weise unlängst d ihren Polizeifiguren f ihr gewechFarbcode gewec selt, als fast aalle Bundesländer im Bund Zuge einer Z europäischen Harmonisierung H blau-silberne bzw. blaub weiße Autos und Uniformen einführten. © Historisches Museum der Pfalz Speyer

Dieses überdimensionale PlaymobilSchiff steht derzeit im Historischen Museum der Pfalz in Speyer.

Mit dieser Zeichnung wurde 1972 das PlaymobilPatent angemeldet.

Nun werden die bunten Spielfiguren, denen 1974 keine große Zukunft vor-ausgesagt wurde, 40 Jahre alt und haben an Attraktivität nichtss eingebüßt. Im Gegenteil: Erstmals ls in der 40-jährigen Geschichte konnte nnte ein n 532 weltweiter Jahresumsatz von n. Die Millionen Euro erzielt werden. kt sogar komplette Brandstätter-Gruppe kknackte erstmals die 600-Millionen-Euro-Marke, denn mit Fertigung und Vertrieb der LechuzaPflanzsysteme hat der mittlerweile 80-jährige Alleininhaber Horst Brandstätter einen weiteren Trumpf im Ärmel. Neben der Zentrale in Zirndorf, die 1990 neu errichtet wurde und an die sich seit 2000 der große PlaymobilFunPark anschließt, und dem Hauptwerk in Dietenhofen gibt es eine weitere Fabrik in Selb; im fränkischen Herrieden wird derweil ein neues Logistikzentrum gebaut. Zudem verfügt „geobra" über Auslandsfertigungen

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auf Malta, in Tschechien und nd Spanien. Im Festjahr wird es 147 Neuheiten en geben, darunter Sets mit einem m so genannten Jubiläumsbonus. s. Highlights werden ein kompletter Freizeitpark mit beleuchtetem Kettenkarussell und Riesenrad rad sowie die erste Playmobil-Kita sein. n. Einen interessanten Rückblickk auf die letzten vier Dekaden bie-Museum derr tet das Historische Histo Pfalz in Speyer. Noch Pf bis zum 22. Junii b 2014 werden auf etwa 2 wa 2000 Quadratmetern 2 ern Ausstellungsfläche detailreiche, zum Teil d raumfüllende Installationen r zu z historischen und aktuellen Themenwelten zu sehen sein. Th So gibt es eine DinosaurierFo Forschungsstation, ein Ozeaneum sowie den Zug i d Z zum Hambacher Schloss 1832. Damals pilgerten etwa 30.000 Pfälzer zur als Volksfest getarnten Protestkundgebung, Sinnbild früher Demokratiebemühungen in Deutschland. Eine der interessantesten Figuren aus den letzten Jahren ist dort aber nicht zu sehen. Als Horst Seehofer einmal „Playmobil" besuchte, machte man ihm spontan eine Figur zurecht, die als Angela Merkel durchgehen konnte. Ob er die Merkel-Figur an exponierter Stelle aufbewahrt oder wutentbrannt weggeworfen hat, ist indes nicht bekannt ... Christian Hentschel

Fotos: © Geobra Brandstädter/Playmobil

Mädchen- und Jungenfiguren mit 5,5 Zentimetern Länge. 1984 kamen Babys mit beachtlichen 3,5 Zentimetern hinzu. Zu dieser Zeit gab es längst auch austauschbare Brillen und Bärte, 1986 die ersten dicken Männer (der Piratenkapitän), wenig später Frauen mit Brüsten und seit 2012 gar die schw schwangere Playmobil-Figur. Die Vielseitigkeitt scheint seit End der Achtziger ziger unerEnde sch schöpfl ich. Es gibt nackte Füße, verschiedene erschiedene Schuhe, unterschiedSc terschiedliche Rocklängen, li ängen, Jacken, Westen, J en, Mützen, langee M Haare, kurze Ha Haare ... 2006 Haa kamen Fußballer kam ller aus a unzähligen en Nationen mit eigenem m m Stadion auf den Markt, ein Jahr später äter sogar Damenteams (übrigens hieß das as Stadion des realen Zweitligisten SpVgg Greuther Fürth von 1997 bis 2010 Playmobil-Stadion). 2010 folgten die ersten Figuren in Bikini und Badehose. Eine absolute Innovation im letzten Jahr war das Shopping Center, denn die Shopping-Figuren lassen sich an-, aus- und umziehen. Parallel dazu entstanden immer weitere Spielwelten: Gebäude, Autos, Tiere ... Ein wahres Highlight war 1978 das erste Piratenschiff, innerhalb eines Jahres enterten 100.000 Exemplare die Badewannen. Im selben Jahr entstand auch „Playmobil Color" – Figurensets zum Selbstanmalen, eine Idee, der man bis 1993 nachging. Die Weltraum- und KosmonautenKollektionen bekamen in den Achtzigern einen eigenen Begriff sowie ein Sonderlogo verpasst: Playmo Space. Mi Mittlerweile sind sämtlich Packungen wieder liche ein einheitlich blau und mi weißem Schriftzug mit ve versehen. Lediglich ei paar Artikel aus ein d in erster Linie für den M Mädchen gedachten P Puppenhausund Schlösser-Linien befinden sich in rosa b Schachteln, und in S gelben Kartons kommt g die Reihe „Playmobil d 1.2.3." daher. Weil sich 1 das d Spielzeug aufgrund vieler Kleinteile erst v an a eine Zielgruppe ab vier vi Jahre wandte, entschloss man sich 1990 sc für eine zusätzliche fü


Von Sven Rachner

Leckere Reise in die Kindheit Es muss Ende der 70er Jahre gewesen sein: Da gab es diese unverschämt gut schmeckenden Kaubonbons. Sie waren klein, quadratisch und klebten immer am Gaumen – und sie hatten einen wahnsinnig fruchtigen Geschmack. Es gab sie in vier verschiedenen Geschmacksrichtungen: Ananas, Himbeere, Orange und Zitrone – Sugus" von " Suchard. Zugegeben: Wir haben damals so einiges an Süßigkeiten verschlungen, von Esspapier bis hin zu Schleckmuscheln, aber Sugus" waren ein" fach anders. Und das hatte seinen Grund …

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ugus" entwickelte ntwickelte „ sich zum absoluten Liebling der Schweizer, hweizer, so dass 1945 erstmalig tmalig der Export in verschiedeschiedene Länder Afrikas, rikas, Asiens und d Südamerikas erfolgte. Ab 1960 eroberte „Sugus" nach und nach auch mehrere europäische Länder, darunter Deutschland. 1991 wurde Suchard dann von Kraft Foods übernommen, und zwei Jahre später erfolgten die ersten Änderungen: GoodTimes

Die Produktion wurde von der Schweiz nach Frankreich verlagert, die Geschmacksrichtung Himbeere durch Erdbeere ersetzt und schließlich auch die Rezeptur noch leicht verändert, so dass die „Sugus" etwas härter und nicht mehr so klebrig waren. Inzwischen gehört „Sugus" dem Weltkonzern Wrigley, der die Marke im Jahr 2005 kaufte und ein Jahr später – zum 75-jährigen Jubiläum – schließlich auch noch die Form der „Sugus" veränderte und seitdem insgesamt elf weitere Geschmacksrichtungen auf den Markt brachte.

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o sehr mich persönlich auch die erfolgten Änderungen treffen, so wenig haben sie anscheinend Auswirkungen auf die Erfolgsgeschichte von „Sugus": Einer Umfrage zufolge gehört „Sugus" zu den 20 beliebtesten Marken der Schweiz, und täglich werden über 300.000 „Sugus" alleine in der Schweiz verzehrt. Kein Wunder, dass „S Wrigley daher weiterhin auf die Traditionsmarke setzt. Neben W einem Onlineshop (Lieferung leider nur innerhalb der Schweiz ein und nach Liechtenstein) und einer eigenen Facebook-Seite u gibt es zwischenzeitlich sogar g oga auch ein „Sugus"-Spiel fürss iPhone ... iP

Neue Verpackung, neues Maskottchen, gleicher Inhalt 2/2014

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© Wrigley

inem gewissen Monsieur Hans-Conrad Lichti habe ich, zusammen mit vielen anderen, wohl einen Teil dieser unvergesslichen Kindheitserinnerungen zu verdanken. Der Generaldirektor der Schokoladenfabrik Suchard machte sich im Jahr 1929 auf die Suche nach Alternativen zu Kakao und Schokolade. Hintergrund war der damals desolate Zustand der Schweizer Wirtschaft, was derartige Konsumgüter rar und nahezu unerschwinglich machte. Fündig wurde Lichti schließlich in der polnischen Niederlassung von Suchard in Krakau. Dort stellte man ein für damaliste ge Zeiten völlig neuartiges weiches Kaubonbon her. Er we erwarb die Herstellungslizenz erw und kehrte mit der Rezeptur un in der Tasche zurück in die Schweiz. Da die Produktion Sc der Kaubonbons im Vergleich d zzur Schokoladenherstellung deutlich günstiger war und d ssie zudem im Sommer keine Sugus" Sugus"" Verpackung 1931 Kühlung benötigten, konnte er den Verwaltungsrat von Suchard schließlich davon überzeugen. So wurde ab dem Jahr 1931 im Winter vorrangig Schokolade produziert – und in den Sommermonaten erstmals die neuen euen Kaubonbons mit dem Namen n „Sugus".


MIT ERIC CLAPTONS GITARRE FING ALLES AN Was machen zwei Amerikaner in London, wenn sie vergeblich nach ihrem Lieblingsessen suchen? Sie eröffnen ein Restaurant und braten die Burger selbst. Als so simpel entpuppt sich letztlich die Gründungsgeschichte der Hard-Rock-Cafe-Kette, als 1971 in der Old Park Lane das erste Bier über den Tresen ging. Mittlerweile ist das Unternehmen in der ganzen Welt präsent: In über 55 Ländern gibt es an die 175 Lokale und fast 20 Hotels. Und überall regiert der Rock’n’Roll. ard Rock Cafes sind ein n Abenteuer. Zumindest für Rockfans. Egal, wo auf der Welt man eine der Lokalitäten mit dem schlichten, aberr auffälligen Logo ansteuert – es erwarwar-tet einen eine Reise durch die Welt lt der populären Musik. Ein Motorrad von n Elvis Elvis Presley, eine handgeschriebene Setlist von Jerry García (Grateful Dead), ein Tickett für jenes Led-Zeppelin-Konzert, das es wegen des plötzlichen Todes von John Bonham nie gegeben hat, oderr John Lennons Brille – kein Rock’n’Rolln’RollMuseum der Welt kann mit derart rt vielen und einzigartigen Zeugnissen der Rockhistorie aufwarten. Manchmal steehen Besucher staunend vor den Vitrinen en und fragen sich ungläubig flüsternd, nd, d ob das da wohl alles echt sei. Und nicht jeder traut sich gleich, neugierig g jeden Winkel zu erkunden, sich dabeii womöglich zwischen Tische zu zw drängeln und andere Gäste u beim Essen zu stören …

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Vor allem die Cafes a in den USA sind d wahre Fundgruben. Wenngleich hier eigentWenng lich nicht von Cafes n gesprochen werden kann – der gesp Begriff Beg „Hallen" würde allemal besser passen. Und trotz dieser zum Teil T atemberaubenden Ausmaße ist i an den Wänden manchmal m kein Platz mehr: Neben einer signierten Gene-Simmonsei Axt hängt eine Goldene der Rolling h Stones, Stones neben einem Jerry-Lee-LewisHem sind Sticks von Keith Moon Hemd

f en unter finde zu finden, L der Lederjacke von Bruce Dickinson (Iron Maiden) wurde eine O r i g i n aall k l a m p f e von Steve Vai Das "Mutterhaus" aller Hard Rock Cafes steht in London an der Old Park Lane. platziert. Memphis, punktet plat hi Tennessee, T kt t G h äh d sie i im i Reiseführer R i füh blättert blätt t Gesehenes, während mit Memorabilia vom King, erinnert oder in der Getränkekarte. Ein Stück weiter an die großen Zeiten der Sun-Studios ist die Stimmung ausgelassener, sitzen fünf und un des Hauses Stax; New Orleans, angeduselte Mittdreißiger in der Runde, haben Louisiana, lässt die Jazzfans staunen; L keinen blassen Schimmer, was da alles über die in Mattscheiben flimmert, wackeln trotzdem bei i Nashville, Tennessee, und Atlanta, Georgia, können Countryjeder Nummer im Rhythmus und singen bei G g y und AC/DC laut und falsch mit.

Hard-Rock-Fans Hard Rock Fans schwelgen. sch elgen Große und kleine Bildschirme servieren in einer Dauerschleife Clips und Live-Aufnahmen von n Anthrax bis ZZ Top, von Bill Haley bis zu u den Kings Of Leon. Nicht selten ersterben rben da an einigen Tischen die Gespräche äche ch zwischen ihr und ihm. Er lässt sich er in die Bilder saugen, reagiert voller Begeisterung auf ihm unbekannte Videos, freut sich über lange nicht Seite

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Das Personal weiß indes mit allen umzugehen. Ob etwas zurückhaltender (eher selten) oder leutselig (häufiger) – die Kellner geben jedem Gast das Gefühl, dass sie ihm eine ganz spezielle Fürsorge angedeihen lassen. Da wird sofort der Dialog gesucht, gefragt, erzählt, gefoppt. Wer ein intimes Plätzchen für stille Zweisamkeit j sucht,, wird es jenseits des Atlantiks in einem Hard Rock Cafe nich nicht leichthaben. Da ist doch eher ein dickes Fell angebracht. Gelangweilt geben sich die Mannschaften deutH scher Hard Rock Cafes allerdings auch nicht gerade, vor allem Münc München kommt dem, was man aus Übersee und London kennt, doch ziemlich k nahe. Jedoch bricht ausn


gerechnet das Berliner Haus etwas aus. us. Während die meisten Hard Rock Cafes fes gerade auch wegen ihrer rustikalen en Einrichtung und des Chics vergangeener Jahrzehnte so besonders sind, ist st Berlin ziemlich modern ausgestat-tet. Zudem sind die hellen Farben n untypisch für die Kette. Mit Verweiss auf eine signierte Uwe-HassbeckerGitarre (Silly) ist schon einer der wertvollsten Gegenstände benannt, und die Clips rutschen häufig eher in die Top100-Charts ab. Wer’s mag … Ein großer Teil der Ein-nahmen der Restaurant-Kette wird über die Merchandise-Flotte eingefahren. T-Shirts, Hemden, Caps, Gläser, Buttons, Sticker, Kühlschrankmagnete, e, Jacken, Kindersachen,, Schmuck, Accessoires und d und und. Alles ist für Sammler er ss dahingehend interessant, dass es in jeder Stadt spezielle D Designs i gibt. ibt Der D Clou sind die Specials mit it bestimmten Künstlern. Derzeit liegt ein starkes Eric-Clapton-T-Shirt gut im Rennen. Und ganz neu kam ein Kiss-Motiv in den n Shop, das einige offizielle Designs aus der D i d Merchandising-Maschinerie der US-HeavyRocker abhängt. The Who sind längst ausverkauft, John Lennon, Willie Nelson, Jimi Hendrix oder ode Elvis Presley aber noch zu kriegen. Kleine Bühnen sind kein Standard, Büh aber in den größeren Cafes vorhanden. Und wo w es sie gibt, gehören abendliche Konzerte natürlich zum Tagsüber dient zurückgeAngebot. T Billig-Equipment den Gästen lassenes Bill als Requisit Requisite für Erinnerungsfotos. Mädchen Mädchencliquen posen dann genauso als imaginäre Band wie Gruppen Gruppe gestandener Herren. Richtig cool wird es allerR dings in den Hard Rock d Hotels. Die sind natürlich H gehobene Preisklasse und g

aabsolut auf dem neuestten Stand. Lediglich die Ausstellungsstücke, A überdimensionale LLeuchtreklame-Gitarren aan der Straße und Flying-V-Klampfen als F Griffe an den großen G Eingangstüren (Biloxi, E Mississippi), stellen die M Verbindung zur CafeV Kette her. Größere Säle K ermöglichen deme entsprechend größere e Konzerte. In Las Vegas, K Nevada, zeichneten N erst vergangenes Jahr im dortie gen g Hard Rock Hotel Def Leppard ei eine Live-DVD auf, für die sie ihr er erfolgreichstes Album, HYSTERIA, in voller Länge präsentierten. Wie de dem auch sei: Jährlich gehen an die 15. 15.000 Gigs über die Bühnen der Har Hard-Rock-Häuser. Als Isaac Tigrett und Peter Morton am 14. Juni 1971 das erste Cafe eröffneten, hätten sie sicher geschmeichelt, aber ungläubig g g durch den Hasch-Rauch gegrinst, wenn ihnen ge jemand diesen Erfolg jem vorausgesagt hätte. vo Geschäftstüchtig waren G die beiden Herren aber d vvon Anfang an, denn schon h beim Logo überließen sie b nichts dem Zufall. Nicht n nur, dass man das Design n der Chevrolet-Blechmarke de nachempfand, man holte na sich sogar Alan Aldridge ins sic B t der d bereits b it für die Beatles Aufträge Boot, dü erledigt hatte. Allerdings dürfte es wiederum ge dann doch eher Zufall gewesen sein, dass au ausgerechnet ein B Beatle 1973 das London Cafe bestritt: erste Konzert im Londoner sei e e Wings W gs testeteste Paul McCartney und seine t ih Programm P fü die die ten ihr für anstehende UK-Tour. Ein Jahr später begann derr Siegeszug der Hard-RockCafe-T-Shirts: Tigrett und Morton sponserten ein Londoner Fußballteam und ließen ihr Logo auf diee Spielerbekleidung drucken. Da nicht alle Hemden benötigt wurden, gingen n einige zurück an die Spender, die di diese di wiederi d um an ein paar Kunden verteilten. Und schon wollte jeder, der keins hatte, eines haben. So einfach war es in den 70er Jahren manchmal, das große Geld zu machen! Kein Deut weniger unterhaltsam ist der Beginn der Memorabilia-Ausstellung: Eric Clapton hängte 1979 eine seiner Gitarren über einen Stuhl im Londoner Mutter-Cafe, um seinen Stammplatz zu markieren und andere Gäste GoodTimes

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h l von d diesem ffernzuhalten. Nur kknapp eine Woche später schickte dann Pete Townshend einen seiner Sechssaiter ein und vermerkte auf einem Zettel: „Meine ist so gut wie seine!" Heute hat die Kette über 74.000 Raritäten im Bestand. Das eigentlich uramerikanische Konzept der Restauration kam erstaunlicherweise aber erst 1982 in den Vereinigten g Staaten an.

D t Cafe C f öffnete öff t in i Los Los Das erste ette Angeles. Mittlerweile ist die Kette neben den USA, Großbritannien und Kanada auch in Asien, in Süd- und n Mittelamerika, in der Karibik, in Afrika, im Mittleren Osten sowie in Ost- und Westeuropa vertreten. Es gibt Hard Rock Casinos, Hard-Rock-Live-Venues und Freizeitparks … Schlagzeilen machte die Kette,, die über die Jahre eine Reihe von Besitzern sa , zuletzt u et t damit, da sah, dass sie von den Seminolen aufg aufgekauft wurde. Der Stamm, der sich korrekterweise Seminole Tribe Of Florida nennt und als der angepasste Teil der Seminolen-Nation pa gilt, gil akzeptierte bereits 1979 Gl Glücksspiel in seinem Reservat un wurde damit reich. 2006 und k kauften die Seminolen für 727 M Millionen Euro die Hard-RockC Cafe-Kette, verstärkten die karit tativen Aktivitäten und setzten b i den d Z t t bei Zutaten der Gerichte noch stärker auf Bio. Die Indianer vermieden es wohlweislich, der Kette einen folkloristischen Touch zu verleihen und womöglich indianische Elemente zu integrieren. Und das Geschäft brummt … Jens-Uwe Berndt


DEM TÄTER AUF DER SPUR

Mörderjagd als Ratequiz

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Aber ja! So muss es gewesen sein!" – Also, für Sie ist der Fall …" – " " „… klar! Und für Sie?" Nicht, dass der mürrisch-todernste Kommissar Bernard in diesem Moment seinen skurrilen und stets sardonisch grinsenden Kollegen Inspektor Janot ansah – nein, er wandte sich an das TV-Publikum und an die im Studio versammelten prominenten Gäste. Und die konnten sich wirklich sehen lassen: Inge Meysel, Uschi Glas, Hans Rosenthal, Bibi Johns, Helga Feddersen und sogar Bundesinnenminister Hans-Dietrich Genscher saßen brav in der Raterunde und versuchten jeder für sich zu ergründen, wer den zuvor gesehenen Mord begangen haben könnte.

? ? ? ?? ? Birgit Schanzen, Jürgen Roland und Ulrich Wickert (v.l.) sind dem Täter auf der Spur.

ren und den Fall anhand von Indizien zu lösen. Dann begann die „Whodunit"-Phase: Ein Mord wird entdeckt, und die Ermittler nehmen ihre Arbeit auf. Hin und wieder wendet sich Bernard direkt an die Zuschauer, stellt eine These auf und lässt die TV-Gemeinde an Von Oliver Schuh se seinen Gedankengängen teilhaben – das a alles muss aber nicht zwingend stimmen. em Täter auf der Spur" war von U plötzlich, wenn man glaubte, alles sei Und „ 1967 bis 1973 um 20.15 Uhr im völlig verfahren, kam der Gedankenblitz v Samstagabend-Programm der ARD auf a Kommissar Bernard nieder, und die zu sehen und erfreute sich schnell anfangs genannten Worte fielen. Nun a einer wachsenden Fangemeinde. war w es an den Zuschauern zu knobeln, Die jeweiligen Ausstrahlungen der und die prominenten Gäste mussten u 17 Folgen waren zwischen 30 und ihr ih Urteil präsentieren und begründen. 100 Minuten lang und stammten Danach ging es zurück zu Kommissar D aus dem reichhaltigen Ideenfundus Bernard, der aus einem Mix von scheinB von Jürgen Roland („Stahlnetz", bar b unbedeutenden Bemerkungen und „Tatort", „Großstadtrevier"), der flüchtigen hier Drehbücher meist französischer BeobachDem Täter auf der Spur: Der Tod in der Maske" (1972) Autoren verwendete. tungen ein tu " mit Horst Frank und Monika Gabriel Ergebnis präsentierte, dass zu manchem „Ach!" und Warum Roland W „Ja, klar!" führte. die recht komd plizierten Geschichten Günther Neutze als eben dieser seines Krimis Kommissar war ein fabelhafter Grummler quiz' in Frankq und Karl Lieffen als tölpelhafter Janot reich beließ, re ein kongenialer Partner. Und erst die ist is nicht ganz Schauspielerriege! Hier hatte man es klar. Vielleicht nicht einfach nur mit fünfmal Margot k wollte er die Trooger oder Horst Frank zu tun, die w zu der Zeit ja ohnehin omnipräsent Günther Neutze (l.) und Karl Lieffen R Rategemeinde in Das Fenster zum Garten" im Fernsehen waren. Man sah Will mit m den vielen " Quadfl ieg, Günter Lüders, Uwe Q Zu Gast bei Jürgen Roland: Sabine Christiansen und Werner Friedrichsen, Heinz Schubert und F Baecker – Dem Täter auf der Spur: Frau gesucht …" (1970) und und. Viel Personal, das in den u " folgenden Jahren auch bei „Derrick" französischen Rollennamen nur zusätzlich verfo auftauchte. wirren, die in deutschen Ohren recht ähnlich a Aber das – mit Verlaub – waren klangen. So konnte es im Studio schon mal zu A dann ganz andere Geschichten. einer Prominentenaussage wie „Na ja, ich denke, d es war dieser Chauchot oder Chazeux" kommen. Und darauf gab es nicht mal hämische Lacher im Studiopublikum, sondern pures Verständnis.

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Der Aufbau der Sendung war stets der gleiche: Jürgen Roland bereitete das Publikum und seine Gäste auf den nun folgenden Fall vor, bat darum, genauestens zu beobachten und zuzuhö-

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Dem Täter auf der Spur: Das Fenster zum Garten", 1969, mit Heiner Schmidt und Günther Neutze.

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Gesprengte Ketten Von Roland Schäfli

Hollywood in Deutschland – Spurensuche vor Ort

amüsiert den Kopf. Dass die Faszination so lange anhält, verblüfft selbst ihn als Augenzeugen: Als zehnjähriger beobachtete er die Filmleute und sah, wie wochenlang die Klappe für den nunmehr legendären Stacheldrahtsprung fiel: „Der Stuntman ist immer wieder reingefallen in den Draht, aber da das alles aus Balsaholz war, hat’s ihm nix ausgemacht." Den vielleicht längsten Stahldraht der Filmgeschichte haben die Bauern später dann übrigens ganz unsentimental weiterverwendet, um ihre Kuhweiden einzuzäunen. „100 Mark haben wir für die Miete der Wiese gekriegt. Das war damals ein Heidengeld", erinnert er sich zum Abschied noch.

Das Schloss Neuschwanstein im Allgäu garantiert Füssen den Tourismus, ohne dass die Füssener viel über das Wie und Was nachzudenken bräuchten. Es hat dementsprechend 50 Jahre gedauert, bis ihnen einfiel, dass der Klassiker "The Great Escape" (deutscher Titel: "Gesprengte Ketten") über den Ausbruch aus einem deutschen Kriegsgefangenenlager während des Zweiten Weltkriegs einst direkt vor ihrer Tür gedreht wurde. Steve McQueen, der King Of Cool, ist nun mal fast so populär wie König Ludwig.

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s begann vor einigen Jahren: Besucher aus dem Ausland zeigten plötzlich keinerlei Interesse mehr an KönigLudwig-Kitschsouvenirs, sondern verhörten die Einheimischen, wo denn die Szenen aus „Gesprengte Ketten" auf Zelluloid gebannt worden seien. Dass der Film 1963 in der Region Füssen entstanden war, wusste man. Der Drehort war in Biografien und der Filmliteratur immer wieder erwähnt worden. Aber wo genau fanden die Dreharbeiten statt, wo hielten sich die Stars während ihrer Zeit in Bayern auf?! Das galt es vor Ort herauszufinden ...

Ein ultimativer Moment der 60er

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er Bauer stützt sich auf seine Mistgabel. Sein Gesichtsausdruck sagt alles: schon wieder einer! Er deutet auf die hügelige Wiese hinter sich, ohne selbst hinsehen zu müssen. Da drüben war's. Genau da, wo der Elektromast heute steht. Man kann die

dramatische Szene vor sich sehen: Hilflos hängt Captain Virgil Hilts, der Flüchtling, im Stacheldraht im Niemandsland fest, die zerschundene Hand nach den grünen Wiesen dahinter ausstreckend. Noch am Grenzbaum haben sie ihn geschnappt: Steve McQueens Motorradflucht ist spektakulär gescheitert. Während dieses kinematografischen Höhepunkts flattert die Schweizer Fahne gleichgültig im Wind. Obwohl das Fluchtziel, die echte Schweizer Grenze, rund zweieinhalb Fahrstunden vom Drehort entfernt liegt. Wenn James Garner im Flugzeug ausgerechnet das Schloss Neuschwanstein überfliegt und erklärt, er sehe schon „die Schweizer Alpen", ist das also schon mehr als ein geografischer Irrtum.

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rst vor einem Jahr erschien zur Überraschung des Landwirts ein Motorradfahrer vor Ort, in Wehrmachtskluft. „Die stellten für ein englisches MotorradMagazin alles genau nach", schüttelt er Seite

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s dauerte eine ganze Weile, bis Füssen sich daran erinnert hat, dass mit den „Gesprengten Ketten" Geld zu machen ist. Zum 50. Jubiläum der Dreharbeiten wurde ein Buch mit Schnappschüssen veröffentlicht, und im Stadtmuseum Füssen war in einer vielbeachteten Ausstellung unter anderem McQueens Motorrad zu sehen – dasjenige, das als Ersatz bereitstehen musste, wenn der Stuntman mal wieder den Absprung verpasste ...


In den Betten der Stars

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leich mehrere Hotels werben heute mit dem „Great Escape"-Erlebnis: „Der wurde gleich hier gedreht", schreibt ein Hotelier auf Anfrage. Was natürlich geflunkert ist. Die bekannteren Stars logierten im Appartementhaus Pergola in Hopfen am See. Der Betreiber lässt es uns in Augenschein nehmen. Was Filmnarren freut, dürfte reguläre Gäste abschrecken: Die Hotelzimmer sehen noch immer aus wie 1963!

Und James Coburn schenkte ihm sogar seine Mütze aus dem Film. „Die hab' ich aber irgendwann im Gepäcknetz eines Flugzeugs vergessen."

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rgendwie hat Füssen dann aber den ganzen Film für Die Altstadt von Füssen: An dieser Stelle wird Gordon Jacksons Flucht lange Jahre vergessen. von einem zufällig ins Bild fahrenden Radfahrer jäh gestoppt. Vielleicht war es einfach unangenehm, Schauplatz e i n e s Streifens zu sein, in dem die Nazis 50 M e ns c h e n an die Hier schlief James Coburn: Der Hotelier in Hopfen am See erinnert sich, Wand stellen. Damals hingenoch immer aufgebracht, dass alle Mädchen dass für den langbeinigen Star zwei Betten gen bewarb sich die deutsche der Stadt „ums Hotel rumscharwenzelten". In zusammengeschoben wurden. Filmindustrie, nach dem Krieg Füssens Betten war Charles Bronson besonders aktiv: Während der Dreharbeiten machte er nie mehr so recht auf die Füße Co-Star David McCallum dessen damalige Frau gekommen, regelrecht um den ie Stars schrieJill Ireland abspenstig. Es kam zur Scheidung, Auftrag. Statt der üblichen 40 ben übrigens Bronson heiratete Ireland später und verschaffte Dollar Tagesgage für Statisten gab überraschend perihr in vielen seiner Filme die Hauptrolle. man sich beispielsweise mit 15 sönliche Widmungen zufrieden, um Produktionen anzuins Gästebuch. Steve locken ...

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In Füssen ausgestellt: McQueens Baseball und das Motorrad, das für den waghalsigen Sprung über den Stacheldraht als Ersatz bereitstehen musste.

McQueen hinterließ dem Gastwirt zudem den Baseball, den er im Film immer dann hervorholt, wenn er die Langeweile seiner Aufenthalte in Einzelhaft überspielen muss.

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ir checken im Hotel Hirsch ein, in dessen Räumlichkeiten Stuntman Bud Ekins also seine Wunden leckte, wenn er mal wieder ins Balsaholz gebrettert war. Nein, den Film habe sie noch nie gesehen, erklärt die Rezeptionistin, aber sie hat auswendig gelernt, wo Charles Bronson bei der Pokerrunde immer saß, im Bierstüberl nämlich. Doch genau auf Bronsons Stammplatz thront heute ein betagter Allgäuer, der uns partout nicht am Stammtisch sitzen lassen will. Fünf Jahrzehnte später ist er

McQueen: 40 deutsche Strafzettel

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teve McQueen wiederum ließ es sich nicht nehmen, die Strecke zum Drehort auf dem Motorrad zurückzulegen. Eines Tages, er trug eine deutsche Uniform (die er im Film einem deutschen Soldaten abnimmt), verfuhr er sich. Die seltsame Erscheinung sorgte für einen Menschenauflauf, und McQueen, des Deutschen nicht mächtig, musste sich pantomimisch nach dem Weg erkundigen. Auf der Flucht vor der deutschen Polizei war er

ÜBER SIEBEN BRÜCKEN MUSST DU GEHN Der Film, der den Kult-Song berühmt machte!

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im Übrigen nicht nur im Film: Die Beamten verfolgten ihn bei seinen rasanten Ausflügen – allerdings meist erfolglos – und verpassten ihm insgesamt 40 Strafzettel wegen Geschwindigkeitsüberschreitung. Mehr als einmal schrottete der Star mit Benzin im Blut den Wagen, den ihm die Produktionsfirma gestellt hatte. Produzent Robert Relyea saß einmal auf dem Beifahrersitz, als McQueen

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leich in der Nähe der Szenerie, wo McQueens rasante Flucht in Szene gesetzt wurde, findet sich der Barbier von Weißbach. Hier darf man sich auf den Stuhl setzen, auf

Die Altstadt von Füssen: An dieser Stelle wird Gordon Jacksons Flucht von einem zufällig ins Bild fahrenden Radfahrer jäh gestoppt. Bald nicht mehr so zu sehen wie im Film: Der Bahnhof von Füssen, Kulisse der dramatischen Todesszene von David McCallum, soll umgebaut werden.

Auf dem "Brotmarkt" von Füssen wurde ein emotionaler Höhepunkt auf Film gebannt: Beim Einsteigen in einen Bus verrät sich ein entflohener Kriegsgefangener, indem er den Gruß eines Gestapo-Agenten auf Englisch erwidert.

in seinem Mercedes einen deutschen Bauern überholen wollte. Als die Hupe nicht half, kurvte er kurzerhand über ein Feld, doch ein Baum stoppte sein Überholmanöver. Obwohl er nicht verletzt wurde, hätte er beinahe um den demolierten Mercedes geweint, erinnerte sich Relyea später. Als der Hauptdarsteller schließlich vor Gericht erscheinen musste, konnte er nur die Kopie seines Führerscheins vorweisen – das Original hatte er verloren. Die Anwälte der Filmproduktion mussten den Star rauspauken.

dem Steve McQueen sich den Bart vom am Lederriemen geschärften Rasiermesser schaben ließ. Ein älterer Herr kommt auf die Veranda, als ein Fremder auf Spurensuche über sein Grundstück marschiert. „Geht’s um ,Gesprengte Ketten'?", fragt er nur, um dann nickend (oder ist es kopfschüttelnd?) dem Fan seinen Willen zu lassen. So geht es manchem Allgäuer. Sie wären ungestört geblieben, hätte nicht vor 50 Jahren Produzent Robert Relyea kurzfristig eine Entscheidung getroffen: Denn eigentlich war bereits beschlossen, den Film statt im Allgäu in den San Jacinto Bergen zu drehen, wo kalifornische Pinien fast genauso aussehen wie deutsche Bäume – ganz nach der bewährten Hollywood-Maxime: „A tree is a tree." Nachdem Relyea aber mögliche alternative Locations Nichts deutet heute darauf hin, dass an dieser Kreuzung Steve ausgekundschafMcQueens Motorradflucht begann, einer der erinnerungstet hatte, rief er würdigsten Kinomomente der 60er Jahre. Regisseur John Sturges an: „Guess what? Germany looks like Germany, not California." Wovon man sich heute noch überzeugen kann ... Seite

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Reisetipps Im Hotel Hirsch in Füssen wohnten Stars wie David McCallum, und im Bierstüberl spielte Charles Bronson Poker: www.hotelfuessen.de Das Appartementhaus Pergola, wo Steve McQueen, James Coburn, James Garner und Regisseur John Sturges während der sechswöchigen Außenaufnahmen wohnten, heißt heute Alpina, Enzensbergerstraße 6, Hopfen am See. Füssen wurde im Film international" genutzt: Der " Schwanseepark am Stadtrand stellte im Film das Grenzgebiet zu Spanien dar, und der Platz direkt an der Brücke über den Lech wurde in ein französisches Café verwandelt. Nebst der historischen Altstadt von Füssen sind Orte der unmittelbaren Umgebung im Film zu sehen: S Spa Spandau, Zell, Weißbach, Hopfen am See Ein Verehrer des Films hat sich See. die Mühe gemacht, alle Locations die abz abzubilden, und erleichtert damit die Suc immens: Suche www.thegreatescapelocations.com w w IIn n Spandau, wo James Coburn ein FFahrrad a stiehlt, empfiehlt sich das B Bier ie des Brauhauses: w www.brauhaus-spandau.de w D Das Tiroler Filmarchiv gibt zum 5 50. 0 Jubiläum der Dreharbeiten ein B Buch u mit Schnappschüssen des K Kameramanns Walter Riml heraus, ffür ü 33 Euro zu bestellen bei: office@ ttiroler-filmarchiv.at i


Jürgen von Manger

Adolf Tegtmeiers Sicht der Dinge Von Oliver Schuh

"Zitat is, wat man sich nich traut zu sagen, und dann erzählt, wat so'n Toter mal gesacht hat." Das ist eine der zahllosen Lebensweisheiten, die Jürgen von Manger in seiner Rolle als Adolf Tegtmeier geprägt hat. Allein "Chemie is Natur zu stark herabgesetzten Preisen" oder "Literatur is, wat so inne Bücher steht, wo zum Herzeigen da sind" sind es wert, an ein Ruhrpott-Original zu erinnern, das eigentlich aus Koblenz stammte. er unvergleichliche Humor des Jürgen von Manger prägt – ohne dass es heute noch vielen Zuschauern bewusst ist – auch jetzt noch die Kabarettisten und Comedians in Deutschland. Seine satirischen Techniken verwenden auch seine beruflichen Enkel noch gerne, seien es Dieter Nuhr oder Georg Schramm, und auch Erwin Pelzig oder gar Hape Kerkeling dürfen sich einreihen. Dumme Fragen stellen kann jeder, mit eben diesen aber und den selbst gegebenen, häufig absurden Antworten menschliche Schwächen bloßzulegen, ist ein Verdienst der Kunstfigur Adolf Tegtmeier. Sie demaskierte „die da oben" genauso wie „die da unten". Geboren 1923 als Hans Jürgen Julius Emil Fritz König (Vater Staatsanwalt, Mutter eine Adelige von Manger), begann Jürgen von Manger seine Schauspielkarriere gleich nach dem Zweiten Weltkrieg. 17 Jahre lang besetzte er Rollen im komischen Charakterfach am Schauspielhaus Bochum und in Gelsenkirchen. Der Aufenthalt in diesen Städten prägte seinen Hang zum Kohlenpott-Slang. Die Figur des Kleinbürgers Adolf Tegtmeier hatte von Manger ursprünglich für den Hörfunk entwickelt und auch erfolgreich auf Schallplatte gebannt. Daneben stand er weiterhin auf der Bühne, zwar nicht als Tegtmeier Tegtmeier, aber zum Beispiel 1964 an der Deutschen Oper am Rhein in der Rolle des Frosches in der Operette „Die Fledermaus". Regie führte Helmut Käutner. Nur wenige Humoristen konnten die menschlichen Unzulänglichkeiten so herzerwärmend auf den Punkt bringen wie Jürgen von Manger. Besonders angetan hatten es ihm die kleinen Leute, wenn sie in die Mühlen des Gesetzes gerieten. Vom naiven, aber doch durchaus berechnenden Schwiegermuttermörder (ein Paradestück) bis zum Gefängniswärter, vom teils unfassbar debilen Fahrschüler bis zum fröhlichen Henker reichte sein Repertoire. Jürgen von Manger hatte tatsächlich auch einige Jahre Jura studiert, und diese Erfahrung hat deutlich manchee unvergessliche Nummer vor Gericht inspiriert. sichtbar so manc

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Am 14. Juli 1972 wurde die erste Folge von „Tegtmeiers Reisen" ausgestrahlt. Von Manger legte seine Figur als voreingenommenen und etwas schlichten Pauschaltouristen an, der zwar keine Ahnung vom jeweiligen Reiseziel – ob Schottland oder Thailand –, aber zu allem eine Meinung hat. Unvergessen seine Einschätzung zur möglichen psychischen Belastbarkeit der Venezianer: „Tolle Mensch’n – de ganze Stadt unter Wasser, aber de Leute singen." Solche entlarvenden Kulturbetrachtungen eines sichtu und hörbar Bildungsfernen, wie es heute so schön h heißt, seine unnachahmlichen Tischreden, deren Peinlichkeit einem die Tränen in die Augen trieb, P sowie seine Gerichtspossen, bei denen man sich so schier wegschmeißen konnte, dürfen getrost als sc seine Hinterlassenschaft bezeichnet werden. se Geschrieben wurden die Texte von Regisseur G und Drehbuchautor Joachim Röhring. Dieses u gilt ebenso für die nachfolgenden Sendungen g „Tegtmeier klärt auf" (1981–1983; Bonmot: „T „„Stehkneipen sind ja so beliebt, weil der Alkohol hier dat beste Gefälle hat") und „Tegtmeier" h (1984/85). (1 Natürlich ist dies alles eine Frage des Geschmacks, N aaber die Art und Weise, wie Tegtmeier die Sätze verdrehte und „zusammenknusen zusam tat", so dass man trotzdem auch heute noch versteht, was er meinte, ist einmalig und von kaum einem anderen Humoristen danach erreicht worden. Somit darf Jürgen von Manger eingereiht werden in die Riege berühmter deutscher Komiker wie Loriot und Heinz Erhardt. Während der Produktion der zuletzt genannten Sendung „Tegtmeier" erlitt Jürgen von Manger einen Schlaganfall, der auch sein Sprachzentrum in Mitleidenschaft zog. Daraufhin war er kaum noch in der Öffentlichkeit zu sehen, außer bei einem Auftritt im März 1988 anlässlich seines 65. Geburtstages, als er vor die Kamera trat, um sich für die Unterstützung seiner Fans zu bedanken. Jürgen von Manger starb im Jahr 1994 im Alter von 71 Jahren. E Es ist zu dumm, aber auch bezeichnend für die deutsche FFernsehlandschaft, d dass sich kein P Programmgestalter b bemüßigt sieht, ihn m mal wieder auf die M Mattscheibe zu bring gen. 2/2014

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kult! Von Alan Tepper

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Bücher

Kultbücher – Geschätzt, geliebt, gelobt

n den letzten Jahren verstärkt sich der Trend zur kurzweiligen, aber gleichzeitig oberflächlichen Literatur. Marktanalysen, die den vermeintlichen Geschmack der Leser ergründen sollen, nötigen Autoren, Fließbandarbeit zu leisten, schnell auf Trends aufzuspringen und Themengebiete innerhalb kürzester Zeit abzugrasen. Glücklicherweise gibt es heute wie auch

schon vor Jahren Gegenströmungen, Individualisten, denen das geschriebene Wort viel bedeutet. Visionäre Werke wie Sylvias Plaths Die Glasglocke" oder Zeit" dokumente wie Tom Wolfes – Der Electric Kool-Aid " Acid Test" haben den vielbeschworenen Test der Zeit makellos überstanden und werden sicherlich von neuen Büchern gefolgt ...

Preston & Child – unsichtbarer Feind" "Attack: it dem aktuellen Roman des Autorenteams,

Terry Pratchett – Vollständiger und unentbehrlicher Stadtführer"von Ankh-Morpork"

Albert Camus – Dramen" "Sämtliche as Werk von Albert Camus (7. November 1931– 4. Januar 1960)

Tom Wolfe – Electric Kool-Aid Acid Test" "Der om Wolfe (geb. 2. März 1931) ist in Deutschland vor allem für sein

in den ausklingenden Fünfzigern, aber erfreute sich speziell spez auch den beiden darauffolgenden Dekaden a großer Beliebtheit. Neben den Klassikern wie g „Der Mythos des Sisyphos", „Die Pest" oder „ „Der Fremde" zähen die Dramen zu den „ wichtigen Schriften, denn hier setzt sich der w Existenzialist und Humanist mit den grundE legenden menschlichen Konflikten und deren l Tragweite auseinander. Die aktuelle Sammlung T enthält alle Dramen e i in vorbildlicher Übersetzung. Die Ü Tragödie „Caligula" T direkter Angriff iistt ein i di kt A iff auf die Machtgier der Herrschenden, wohingegen „Die Besessenen" von Dostojewskis „Die Dämonen" inspiriert wurde und die Figur eines Revolutionärs intensiv ausleuchtet. Erstmalig auf Deutsch erschienen ist der Text „Das Impromptu der Philosophen" (von Camus unter einem Pseudonym verfasst), in dem er seinen Kollegen Jean-Paul Sartre satirisch aufs Korn nimmt. Provozierend, aufrüttelnd, beeindruckend und für neue Denkanstöße geeignet – Camus lohnt sich!

Buch „Fegefeuer der Eitelkeiten" bekannt. Mit seinem „Der Electric „ g Kool-Aid Acid Test" aus dem Jahr 1968 hat er K jedoch eine klassischen Kultroman verfasst, der j sicherlich Vergleiche mit „Unterwegs" von Jack s Kerouac oder dem lyrischen Werk von Allen K Ginsberg nicht zu scheuen braucht (die natürG lich auch hier auftauchen). Der Text wird dem l so s genannten New Journalism zugerechnet, einer damals neuen Herangehensweise, bei der e Fakten mit möglichst zutreffenden emotionaF len Eindrücken l angereichert werden. Wolfe w beschreibt Reise von b h ibt die di durchgeknallte d h k Ken Kesey, selbst Autor des populären „Einer flog über das Kuckucksnest", und seiner Merry Pranksters, die in einem Bus durch die USA fahren und an jedem sich nur bietenden Ort den Willigen und Neugierigen LSD-Selbsterfahrungs-Trips anbieten. Nicht nur die vielen komischen und bizarren Passagen faszinieren, sondern das authentische Stimmungsbild der Sixties und der sich damals bietenden Möglichkeiten.

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das für spannende Wissenschaftsthriller beliebt ist, betreten Douglas Preston und Wissenschaftsth Lincoln Child eher konventionelles Territorium, L denn hier handelt es sich um einen kunstvoll d aausgearbeiteten Krimi, in dessen Mittelpunkt der beliebte FBI-Agent Pendergast steht. Die junge b Corrie Swanson, die von Pendergast bei ihrer C Ausbildung als Kriminologin unterstützt wird, geht A in i dem exklusiven Wintersportgebiet W Roaring Fork R einer Reihe unere klärlicher Morde klä li h M d nach, die allerdings schon über 100 Jahre zurückliegen. Sie entdeckt Widersprüche, die Grauenhaftes vermuten lassen. Erst als sich Pendergast einschaltet, lichtet sich das Dunkel, denn die noch nie veröffentlichte Sherlock-Holmes-Geschichte „Das Abenteuer von Aspern Hall" – erstklassig erzählt – birgt den Schlüssel zu den Taten. Die verschiedenen, kunstvoll ineinander geflochtenen Handlungsstränge und der, verglichen mit den letzten Romanen, deutlich höhere Realitätsbezug garantieren spannendes Lesevergnügen.

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er britische Autor Terry Pratchett (geb. 28. April 1948) sorgt seinen „Scheibenwelt"-Romanen für Furore, denn besonders mit sei die d Mischung aus Fantasy mit einem Hauch von Science Fiction, veredelt durch nicht zu überS bietende Parodien, richtet sich an ein Publikum, b d der traditionellen Fantasy überdrüssig ist. das Eine detailliert ausgearbeitete Welt (die stänE dig ergänzt wird), Sprachwitz sowie messerd sscharfe und spitzfindige Anspielungen sumg mieren sich zu einem m kkreischend i h d grellen ll LLesevergnügen. Mit dem aktuell erschienenen Stadtführer des wichtigsten Handlungsorts dieses Universums AnkhMorpork hat sich Pratchett erneut übertroffen. Im Stil des Viktorianismus liebevoll illustriert, werden hier „Gesetze und Verordnungen", „Orte der Andacht" oder „Die unsichtbare Universität" dargestellt und erläutert. Einen großen Teil des Bandes nimmt ein „Branchenverzeichnis" ein, in dem die skurrilsten Dienstleistungen offeriert werden. Unübertrefflich! Als Bonus erscheint zusammen mit dem Buch eine riesige Straßenkarte!

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Sylvia Plath – Die Glasglocke" " ylvia Plath (27. Oktober 1932–11. Februar 1963) zählt zu den amerika-

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nischen Autorinnen, Autorinn deren wichtigste Werke erst posthum erschienen. Die zeitlebens unter schweren Depressionen leidende D SSchriftstellerin verfasste mit „Die Glasglocke" einen der wichtigsten feministischen Romane, der besonders d iin den ausklingenden Sechzigern und Siebzigern zu eeinem Kultbuch avancierte. Der Erfolg liegt in der hohen Authentizität begründet, denn die Erzählung h basiert auf autobiografischen Erlebnissen. Plath, die b ssich 1963 das Leben nahm, beschreibt die Geschichte der aus der Provinz stammenden Esther Greenwood, d die in New York eine Journalistenkarriere anstrebt d der ersten Person. Die Schnelligkeit der Großstadt, eine offenere und iin d t P männlich-aggressive Sexualität und das letztendliche Scheitern veranlassen Esther, wieder in die Heimat zurückzukehren. Dort wird sie von einem Schriftstellerseminar abgewiesen und scheitert an ihrer Abschlussarbeit für das College. Ängstlichkeit und Unruhe bestimmen ihr Leben, das immer weiter aus der Bahn gerät. Auch die Konsultation eines Psychiaters erweist sich als sinnlos, denn dieser versucht nicht, die Ursachen für die Depression zu ergründen. Nach einem misslungenen Selbstmordversuch wird sie in die Psychiatrie eingewiesen, wo sie von einer Frau behandelt wird, die deutlich mehr Mitgefühl zeigt. Der Roman endet mit einer Szene, in der die Protagonistin auf eine mögliche Entlassung hofft. Plath hat die Metapher der Glasglocke geschickt gewählt, denn sie beschreibt damit einen Menschen, der durch die Depression von seiner Umwelt getrennt ist und die damit verbundene emotionale Schwingungsunfähigkeit. Doch nicht nur das individuelle Schicksal einer Frau, sondern auch die Schwierigkeit, einen eigenen, selbst bestimmten Weg in einer von Männern dominierten Welt zu finden, machen die Qualität des Romans aus. Sylvia Plath war keine Moralistin mit erhobenem Zeigefinger, sondern ein hochsensibler Mensch – für ein neues Frauenund Menschenbild plädierend.

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Genre Musikfilm – Der Sound der prägenden Jahre:

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Easy Rider" & Co.

Foto: © Bildarchiv Hallhuber

Musikfilme sind so alt wie die Rockmusik selbst. Bill Haley rockte schon 1956 „ „Around The Clock ; Elvis, der King O f Rock’n’Roll, stand in Hollywood seinen Mann, und auch die Beatles nutzten schon ganz früh Reichweite und Magie der Silber-Leinwand. Inzwischen gibt es gefühlt Abertausende von Musikfilmen, die man in Konzertmitschnitte, Dokumentationen und Fiction mit deutlichem „ Musikbezug unterteilen kann. „Easy Rider , der 2014 sein 45. Jubiläum feiert, ist dabei eines der unbestrittenen Highlights des Genres.

Die Easy Rider Wyatt und Billy am Lagerfeuer, der Motelmanager wollte keine Langhaarigen

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on dem Überangebot, das es inzwischen in Form von MTV, Viva, YouTube, gigantischen OnlineVideotheken, DownloadPortalen, Blu-rays, Games usw. gibt, haben wir damals nicht einmal zu träumen gewagt. Wie gesagt: Das Freizeitangebot für die aufmüpfige, protestbewegte Jugend der späten Sechziger war karg. Man hörte RTL, BFBS

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Peter Fonda

Dennis Hopper

Fotos: © Bildarchiv Hallhuber

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atürlich hatten wir von dem Film gehört oder gelesen, auch wenn die Versorgung mit Nachrichten aus dem Pop- und Rockbereich sehr bescheiden war. Nur langsam (und in der Provinz noch viel langsamer) etablierten sich damals gerade Musikmagazine, Radiosendungen und Fernsehprogramme für die Jugend. Dass heute kein so genanntes People-Magazin, egal ob im Print- oder

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Foto: © Bildarchiv Hallhuber

ls der Kultstreifen in die deutschen Kinos kam, hatten diese noch so wunderbare Namen wie Corso oder Anker Theater, zumindest in dem Eifelstädtchen, in dem ich großgeworden bin. In einem dieser Kinos – ich glaube, es war das Corso mit seiner angeschlossenen, über eine Wendeltreppe erreichbaren Milchbar – haben wir damals, anno 1970, „Easy Rider" angeschaut, kaum dass das Filmplakat in den Infokästen hing: Peter Fonda auf seiner umgebauten Chopper, mit cooler Sonnenbrille auf der Nase, den Blick in die Ferne gerichtet, der in den Farben des „Star-Spangled Banner" gespritzte Helm auf der Gabel; dahinter der immer leicht schmuddelig wirkende Dennis Hopper mit seinem zerbeulten Cowboyhut über dem zerknautschten Gesicht. Zwei Desperados auf der Suche nach dem wahren Amerika, dem Land der Mutigen und Freien ...

TV-Bereich, TV-B Bereich, ohne Entertainment-Künstler Ent ntertainment-Künstler auskommt, Umkehrung der k t erscheint h i t wie i eine i U k h d damaligen Verhältnisse. Die Helden unserer Jugend waren für die Elterngeneration durchweg ungewaschene, die herrschende Ordnung gefährdende, Umsturz predigende Rabauken. Ständig verunglimpften sie unsere Idole als „langhaarige Affen", „dreckige Hippies" und „widerliche Typen". All die markigen Schimpfwörter klangen nach Nazi-Propaganda und machten Jagger, Richards, Dean & Co. nur noch interessanter für uns.


oder AFN unter der Bettdecke, kämpfte darum, den „Beat-Club" in der Flimmerkiste anschauen zu dürfen, und lechzte nach allem, was rockte, neu tönte, die Eltern ärgerte und unsere Sache voranbrachte.

fen wie ein Auftritt der Hauptdarsteller auf Jahrmärkten in der Rolle von Revolverheld Der Beifahrer mit dem goldenen Helm ist der junge Jack Nicholson

ber auch im Kino manifestierte sich mit Filmen wie „Easy Rider" oder „Woodstock" allmählich das neue rebellische Lebensgefühl. Vorbei war’s mit der herzigen, die „Bravo"-Gemeinde zu Tränen rührenden „Winnetou"Trilogie, vorbei mit seichten Filmchen wie „Conny und Peter machen Musik". „Easy E Rider" war da schon ganz andere Kost. Als wir aus dem Kino kamen, damals, waren wir ande-

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Billy Bill The Th Kid und d der d 40er-Jahre-Comicfigur 40 J h C i fi f Captain America als Motorradfahrer, zu viel Hollywood. Die Filmnamen der Hauptfiguren – Wyatt (Peter Fonda) und Billy (Dennis Hopper) – musste man (D erraten; lange habe ich geglaubt, e Fonda sei „Captain America". F In In Wahrheit heißt Wyatts Bike „„Captain America" und die andere Maschine „Billy’s bike". Die Reise, M die von Westen (Kalifornien) nach d Osten (Louisiana) und eben nicht O wie sonst, dem Pioniermythos „Go w Dennis Hopper mit Kameramann László Kovács w west, young man" von Ost nach am Set von Easy Rider” W West entsprechend führt, verläuft ” re Menschen. Immer wieder M h I i d rekapitulierten k it li t wir i h recht ht planlos. Nur die Exposition weist auch die Handlung des Films, spielten einige der erzählerisch Hollywood-Züge auf. Billy und Szenen nach oder lobten die „geile Mucke", die Wyatt schmuggeln Kokain von Mexiko in die Vereinigten Staaten, verkaufen die Drogen Peter Fonda für das epochale und stilbildenan einen Mittelsmann und verstecken die de Roadmovie ausgesucht hatte. Dass dieser zusammengerollten Dollars in Schläuchen, Independent-Film das Genre des Roadmovies die sie in die Tanks ihrer neuerworbenen und von New Hollywood mitbegründete, wussChopper-Maschinen versenken. Dann kommt ten wir damals nicht. Wir wussten nur: Das war es zu einer von uns damals lange diskutierten anders. Mutig. Jung. Provokativ. Schlüsselszene. Bevor die beiden ihre Reise antreten, wirft Wyatt seine Armbanduhr in den oger Corman, so etwas wie der Godfather Staub. Die Zeitrechnung des Establishments aller Independent-Filmer, war der zählt nicht mehr, nun beginnt die der Easy Geburtshelfer für „Easy Rider". Er hatte mit „The Wild Angels" das erste Biker-Movie Rider. Beim Wiedersehen nach 45 Jahren wirkt aufgelegt und 1967 mit „The Trip" (Buch: die Szene beinahe beiläufig inszeniert. Aber Jack Nicholson) einen Kultfilm über die drofür uns war es seinerzeit der bildgewordene genbeeinflusste, psychedelisch angehauchte Abgesang auf eine Leistungsgesellschaft, die Gegenkultur auf die Leinwand gebracht. Roger einer tumben Wachstumsideologie gehorchte. Corman sollte auch „Easy Rider" inszenieren, wurde aber angeblich vom Studio ausgebootet. b diesem Zeitpunkt also rollen die beiDennis Hopper übernahm dann seinen Part als den zu Klängen ausgesuchter Rockmusik durch ein von Kameramann László Kovács Regisseur. Mehrere Kollegen von „The Trip" wunderschön fotografiertes „Rural America". trafen sich am Set von „Easy Rider" wieder. Ziel ihres Trips: Sie wollen zum Karneval nach Hopper und Fonda hatten die Idee zum Film; New Orleans, zum Mardi Gras. Am Ende des Nicholson übernahm die Rolle des alkoholersten Tages erreichen sie Williams, Arizona. süchtigen Junganwalts George Hanson mit Die Sonne hat den Himmel in Brand gesetzt, seiner berühmten „Nicnicnic"-Szene („Toast an den Rändern dunkles Blau, am Horizont ein to ol’ D.H. Lawrence ... Nic Nic Nic Fut Fut Lodern aus Rot und Rosa. Das Motel, in dem Fut! … Indians!"), in der er durch eine grosie nach einem Zimmer („Hey man, you got a teske Armbewegung die Wirkung des ersten Schlucks Whiskey am Morgen darstellte. Eines room?") fragen, bleibt ihnen verschlossen. Der war allen Beteiligten klar: Man wollte nichts Besitzer will keine langhaarigen Biker. Billy/ Konventionelles; man wollte dem HollywoodDennis flucht. Sie rollen weiter und kampieren Betrieb eine lange Nase machen. Das ist der im Freien an einem Lagerfeuer, ziehen einen Fonda-Hopper-Crew gelungen. Drehbuch und Joint durch und legen sich schlafen. Wyatt Handlung waren kaum mehr als Vorlagen, die nutzt seinen in den Farben der US-Flagge lakwährend der Arbeit erst entwickelt wurden. kierten Helm als Kopfkissen. Cowboys auf ihren Dialoge, in Hollywood bis auf genaue Cues Stahlrössern. Geil! ausgestaltet, waren hier eher Improvisationen. er Soundtrack mit Songs von Steppenwolf, Auch der Handlung eignete etwas Zufälliges. The Byrds, The Band, Jimi Hendrix und Eine geplante, vom Hubschrauber aus gefilmanderen hat viel zum Mythos dieses Films te Verfolgungsjagd wurde ebenso verwor-

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beigetragen. Denn was heute gang und gäbe ist, nämlich zeitgenössische Rock- und Poptitel zur Untermalung oder gar als Stilmittel einzusetzen, war seinerzeit ein Novum. Normal war eine speziell für den jeweiligen Film komponierte Score-Musik, die in diesem Fall von Crosby, Stills & Nash nachgeliefert wer-

Steppenwolf den sollte. Für di die R Rohfassung wurde d llt Fü hf d anfangs f die damalige Playlist mit den Lieblingstiteln von Peter Fonda genutzt. Und das machte den CS&N-Soundtrack dann überflüssig. Denn die behelfsmäßige Vertonung entpuppte sich, ebenso wie vieles andere bei dieser Unternehmung, als rechter Glücksfall. Wenn die Zweirad-Desperados zum griffig-riffigen „Born To Be Wild" von Steppenwolf die HarleyMotoren heulen lassen oder zu dem von Goffin/King stammenden, im hochgestimmten Byrds-Stil zwitschernden „I Wasn’t Born To Follow" durch die Landschaft gleiten, dann begreift man, warum „Easy Rider" im Ruf steht, der Ästhetik der späteren Videoclip-Ära Vorschub geleistet zu haben. Das Originalsoundtrack-Album von 1969 listete die Titel in der Reihenfolge, in der sie im Film auftauchen, und wurde, lange vor „Pretty Woman", die erste sich wirklich gut verkaufende Soundtrack-Kompilation der Rockgeschichte. Nur einen Monat nach Veröffentlichung erreichte die „Easy Rider"-LP Platz sechs der Billboard-Charts und erhielt im Januar 1970 Goldstatus, was seinerzeit noch gute Verkaufszahlen bedeutete. Und Crosby, Stills & Nash erwiesen sich als faire Verlierer. Sie hätten, so sollen sie nach Ansicht der Rohfassung gesagt haben, diesen Job nicht besser machen können. inen hervorragenden Job machte auch der aus Ungarn stammende László Kovács, der g auch dank „Easy Rider" a zu z einem der gefragtesten Cinematografen t Hollywoods wurde. H Durch seine Aufnahmen D wurde die amerikaw nische Landschaft so n eetwas wie ein zusätzliccher Mitspieler bei „Easy László Kovács Rider". Death Valley, R Canyons, Wüsteneien, Wälder, ganze Passagen C Wü t i W der historischen Route 66 setzte Kovács gekonnt in Szene. Wer genau wissen will, welche Route die Asphalt-Cowboys 1969 nahmen, stößt

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bei Google unter www.mrzip66.com auf den gleichnamigen Blogger und Harley-DavidsonEnthusiasten, der eine amüsante „Führung" von Ballarat, Kalifornien, dem Ausgangspunkt, bis zur Levee Road in Louisiana, dem Endpunkt der Easy-Rider-Reise, gibt. Und dieser MotorradKerouac hat seine Lektion gelernt. Eingangszitat: „If you do this trip, do it right. A couple of tips: First off, don’t sell coke to finance your trip. If you do, don’t tell anyone. Definitely don’t put coke money in your gas tank, because it’ll lower your gas mileage ..." Und es geht so humorvoll weiter … bis zu den verhängnisvollen Schüssen der Rednecks, die den Traum von Wyatt, Amerika, das Land der Freiheit, zu finden, auf blutige Weise beenden. ie Ausgangssituation für das Team Hopper/ Fonda war folgende: Die „Golden Age"Ära war vorüber; die Traumfabrik im Leerlauf; tumbe, stets dem Happy End zustrebende Kitschschinken wollte das Publikum nicht mehr sehen. Realität war angesagt. Mit einem selbst für damalige Verhältnisse schmalen Budget von 325.000 (manche Quellen sprechen von 400.000) Dollar realisierte Hopper sein unabhängiges Roadmovie, das Hollywood aufhorchen ließ und im Rückblick als stilbildend und epochal bezeichnet wird. Story, Fotografie, Inszenierung, die Anti-EstablishmentHaltung, die offene Gesellschaftskritik, die Darstellung von Drogenkonsum, Sex und Gewalt, das Fehlen eines Happy Ends in diesem experimentellen Autorenfilm – alles war ein einziger Verstoß gegen die Regeln des alten Hollywood-Systems. Und gerade deshalb sprach „Easy Rider" die aufkommende „Woodstock"-Generation an und spülte 20 Millionen Dollar in die Kasse. In der Folge erhielten damals junge, bilderstürmende Autorenfilmer wie Martin Scorsese, George Lucas, Peter Bogdanovich, Robert Altman, Hal Ashby, William Friedkin und Francis Ford Coppola die Möglichkeit, ihr Können unter Beweis zu stellen. Sie bildeten die Sturmspitze dessen, was man heute unter dem Begriff New Hollywood zusammenfasst. Die Nähe zur gesellschaftlichen Wirklichkeit, Storys über reale Menschen mit realen Problemen, ätzende Systemkritik, die Nutzung populärer Musik, die Umsetzung der seinerzeit angesagten AntiKriegs- und Protestthemen, die Vivisektion des amerikanischen Traums und seiner HollywoodAusformung gehörten zum Grundbesteck dieser Filmemacher. In ihren Filmen wurden Chaos als Chaos, Ungerechtigkeit als Ungerechtigkeit und die Machtspiele der Mächtigen als eben solche gezeigt und entlarvt, was sie waren.

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nd den ersten großen Erfolg dieses neuen Kinos markierte „Easy Rider", ein Film der aufgrund seines Erfolges bald von der Industrie aufgekauft wurde. Als wir in Mayen aus dem Kino kamen, waren wir wie betäubt und hatten das blutige Bad End und die Schüsse schon verdrängt. Wir wussten: Das war der Weg. Born to be wild. Uhren wegwerfen, Nicnicnic ... futfutfut ... Indians. Whiskey zum Frühstück, zwischen den Beinen eine brummelnde Chopper und vor einem die endlos sich hinziehende Straße.

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ut. Spulen wir vor ins Jahr 2000. 30 Jahre nach „Easy Rider" kam „Almost Famous – Fast berühmt" in die Kinos, eine höchst amüsante „Coming Of Age"-Komödie von Cameron Crowe, der darin biografische Erlebnisse seig ner ne TeenagerJahre zu einem Ja kurzweiligen ku Leinwanderlebnis vere er dichtet. Erzählt di wird die w Geschichte des G hochbegabten William t te Miller (wunM derbar lind kisch gespielt k von Patrick v Fugit), der F unter seiner dauerbesorgten Mama Mam (preiswürdig dargestellt von Frances McDormand) leidet

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und gerne Musikjournalist werden würde. Die Chance bietet sich ihm, als er den legendären „Pen Pusher" Lester Bangs (Philip Seymour Hoffman) kennenlernt. Die Redaktion des „Rolling Stone" wird auf das Talent aufmerksam und gibt ihm – ohne zu wissen, wie jung er ist, nämlich erst 15 – den Auftrag, die Band Stillwater auf ihrer Tournee zu begleiten und darüber zu berichten. Stillwater (man beachte den Namen) sind die Allman Brothers. Und was der Pubertierende bei jener legendär chaotischen Südstaatentruppe, in deren Tross Crowe wirklich mitreiste, erlebt, ist die wunderbare Welt des „Sex, Drugs & Rock’n’Roll". Er verliebt sich in Groupie Penny Lane (Name!) – zum Niederknien: Kate Hudson –, die mit dem Bandgitarristen (Billy Crudup als Russell Hammond) liiert ist. Der jedoch gibt seiner Gespielin den Laufpass, als seine Ehefrau ankündigt, in New York zur Entourage stoßen zu wollen. Penny versucht daraufhin, Selbstmord zu begehen ... Was sich in dürren Worten vielleicht etwas klischeehaft anhört, hat zahlreiche Zwischentöne und ist – ich kann das beurteilen – wirklich lebensnah und realistisch. Der besoffen gewagte Sprung in den Pool, das ständige Schwanken zwischen Party- und Katerstimmung, die Drogenexzesse, der Verlust der Naivität mit jedem Kilometer und jedem Karrieresprung. Ich will nicht zu viel verraten: William rettet Penny, nach langem Hin und Her erscheint seine „Rolling Stone"Titelstory, und der von Crowe-Ehefrau Nancy Wilson (Heart) zusammengestellte Soundtrack (The Who, Led Zeppelin, Lynyrd Skynyrd ...) hat wirklich Extraklasse. Seite

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enn ein Musikfilm im Übrigen das Beiwort Kult verdient, dann „This Is Spinal Tap". Das Filmdebüt von Rob Reiner aus dem Jahr 1984 kommt daher wie eine PseudoDokumentation und nimmt in seiner grotesken Überzeichnung den Rockbetrieb von vorn bis hinten auf die Schippe. Ironie: Der mangelnde Erfolg des Streifens im Kino wird der

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Tatsache zugeschrieben, dass er die Zuschauer verwirrte – ist das nun eine überdrehte Doku oder einfach nur eine fette Satire? Diese Verwirrung endete bei Veröffentlichung des Videos, das seinen Siegeszug um die Welt antrat. Die Band Spinal Tap war ursprünglich für eine TV-Show zusammengestellt worden und machte all das mit, was den Irrsinn einer Rockagenda ausmacht. Der Anfang in den Sechzigern als Beatband, die dann auf Flower-Power umsattelt und schließlich als enge Spandex-Hosen tragende Heavy-Metalgoes-Gothic-Combo endet. Running Gag: Alle Schlagzeuger kommen ums Leben, einer explodiert sogar. Die Promoterinnen sind dauerquasselnde, Kusshände verteilende scharfe Hühner, die A&R-Leute Schwätzer usw. „This Is Spinal Tap" ist eine brüllend komische, das Zwerchfell erschütternde, zum Niederknien witzige Satire – und doch oder gerade deshalb in vielerlei Hinsicht zutiefst wahr. Hut ab, Rob Reiner („Harry und Sally", „Wo die Liebe hinfällt"), und Extrapunkte für Fran Drescher, deren Rolle der Bobbi Flekman Jahre später in der Erfolgs-Sitcom „The Nanny" weitergeschrieben wurde. inen festen Platz in meiner ansonsten immer vorläufigen Top Ten der Musikfilme nehmen auch „Ray" (2004) und „Walk The Line" (2005) Lin ein. Kein ei Wunder, denn W diese beiden di Biopics über Bi das Leben von da Ray Charles R bzw. Johnny b Cash setzC ten in vielerte lei Hinsicht le Maßstäbe. Zuallererst ist Z da die schaud ssp i e l e r is c h e der H HauptNebendarsteller LLeistung it d t und d N b zu nennen, dann die intelligente Inszenierung, die sich auf die entscheidenden Jahre der zu erzählenden Biografien konzentriert, und zuletzt die in jeder Minute spürbare Liebe zur Musik, bei

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Foto: © Bildarchiv Hallhuber

deren Entstehung man zugegen sein darf. Der Reihe nach: Jamie Foxx als Ray Charles ist einfach brillant, und nicht von ungefähr hat er dafür 2005 den Oscar als „Bester Hauptdarsteller" H Ray be b kommen. Erzählt Charles wird w von Kindheit, Erblindung, Coming Out und C Starruhm der SoulS legende, die sich le musikalisch immer m weit hinauswagw te, t Gospel säkularisierte, Soul und ri Country vermählte C und d große ß Hits Hit hinterließ. hi t li ß Erinnerungswürdig, E wie zum einen der biografische Hintergrund von Klassikern wie "What’d I Say" oder "Hit The Road Jack" freigelegt und zum anderen die musikalische Entstehung der Songs seziert wird. Wunderbar auch die kleinen Nuancen – Ray, der das Gewicht seiner zahlreichen Gespielinnen herausfindet, indem er ihr Handgelenk umfasst, seine Zerrissenheit zwischen Familienglück und Vielweiberei, seine Heroinsucht. Der fast zweistündige Film von Taylor Hackford („Ein Offizier und Gentleman", „Gegen jede Chance") wurde zu großen Teilen von Ray Charles als Berater autorisiert. Kurz vor Ende der Dreharbeiten starb die Legende, von der man hier gut 20 Songs zu hören bekommt. Ein schöneres Denkmal konnte man Ray Charles Robinson nicht setzen. in Vermächtnis der besonderen Art ist auch „Walk The Line", der 2005 in die Kinos kam, auf zwei Cash-Biografien beruht und Reese Witherspoon als June Jun Carter einen Oscar bescherte. Os Der D Film, der eine De Zeit Ze von etwa 22 Jahren abdeckt, Ja beginnt am Ende. be Cash wartet hinC ter te der Bühne auf seinen Auftritt s im Folsom State Prison, jenem P Gefängnis, von G dem sein Song d "Folsom Prison " Blues" handelt. B Die Di Häftlinge Häfftlilinge klatschen und stampfen mit Hä den Füßen. Das Wasser im Glas vibriert im Takt. Es ist der 13. Januar 1968, und der „Man In Black", seine Band und June Carter werden von den Gefängnisinsassen frenetisch gefeiert. Dieser denkwürdige Knast-Gig bildet die inszenatorische Klammer für die Erzählung, die folgt. Rückblende. 1944: Der junge Johnny, damals noch J.R. genannt, hört das erste Mal June Carter; sein Bruder, Lieblingssohn des Vaters, kommt bei einem Unfall ums Johnny Cash

Foto: © Bildarchiv Hallhuber

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Leben, die Schuld daran bürdet der Vater J.R. auf. John beim Militär. In Landsberg am Lech, wo er stationiert ist, kauft er sich eine HöfnerGitarre und schreibt seine ersten Songs, u.a. den von einem Film inspirierten Folsom Prison Blues. Zurück in den Staaten heiratet er seine Jugendfreundin und erlebt den schmerzhaften Spagat zwischen Beruf (Handelsvertreter) und Berufung u (Musiker). Er (M nimmt für Sam n Philips von P Sun Records S eine Single auf, e g geht mit Jerry L Lee Lewis, Roy O Orbison, Carl P Perkins und Elvis P l auff Tour, T i d alkohollk h und tablettenPresley wird süchtig, trifft seine große Liebe June wieder, landet mit ihr im Bett, wird mit Drogen verhaftet und geschieden, haust mit Waylon Jennings in einer abgerockten Bude in Nashville, kauft ein Haus, kämpft um die Anerkennung des Vaters – und vermasselt wieder alles. Der Erzählfaden dieses amerikanischen Film noir wird 1968, eben bei dem legendären Gefängnisgig, wieder aufgenommen. June will ihn immer noch nicht heiraten. Erst als Cash ihr auf der Bühne vor Publikum einen Antrag macht, sagt sie Ja. Die „schwarze Seite des Glücks" („Süddeutsche Zeitung") hellt sich auf, das Happy End naht – mit fröhlichem Familienbeisammensein und einem Vater, der seinem Sohn endlich verziehen zu haben scheint. Großartiges, herzerweichendes Hollywood-Kino und ein Muss nicht nur für Countryfans. um Abschluss und in aller Kürze noch zwei Musikfilm-Komödien, die trotz einiger kleiner Fehler sehr unterhaltsam sind: „Radio Rock Revolution", im Original: „The Boat That Rocked", berichtet von der großen Zeit der Piratensender, die England und Europa zum Fingerschnippen brachten. Radio Caroline stand Pate für diesen Film mit skurrilen Typen, witzigen Geschichten und wundervollen Bestes en SSixties-Klassikern. ixties i Klassik ikern B estes Popcorn-Kino. Eine g grandiose „One Man p Show" von Jack Black Sh als al Dewey Finn wied derum ist „School Of Rock", eine Komödie, R die 2004 in die deutd sschen Kinos kam. Außenseiter Dewey A wird kurz vor der w „„Battle Of The Bands" vvon seinen Kollegen geschasst. Ständig in g finanziellen übernimmt er ffi i ll SSchwierigkeiten, h i i k den Aushilfslehrer-Job seines Freundes Ned und führt an der Schule das Fach Rockmusik ein. Die begabten Kids der Schulband lernen

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alles über The Who, Led Zep und Co., über den Windmühlen-Arm von Pete Townshend, das Geheimnis großer Solos, über Bühnenoutfit und Management. Mit ihnen will er an der „Battle Of The Bands" teilnehmen – und sich an seinen Kumpels rächen. Großartig Jack Black, der für seine Darstellung trotz Kritik an dem Viacom-Sender den MTV Movie Award erhielt. Großartiger Soundtrack, amüsante Story. ast but not least gehaltvollere Kost von Regisseur und Drehbuchautor Todd Haynes. „I’m Not There", benannt nach einem bis zum Film unveröffentlichten Dylan-Song, ist ein Episodenfilm, p , der in sechs Erzählungen A Aspekte aus des Maestros Leben, seiM nem Werdegang n und Werk aufgreift. u Verbürgtes und V Abstraktes mischen A sich mit Introspektion s und u Traumsequenzen. Cate Blanchett brilC liert als Dylan, Richard l Gere, Heath Ledger G (in seiner Christian Bale und seiiner letzten letzten Rolle), Rolle) l Ben Whishaw tun ein Übriges, um diesen Autorenfilm zu einem nachdenklichen Erlebnis zu machen. Teddy Hoersch

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Eigentlich sollte man davon ausgehen, dass Harley-Davidson die Dreharbeiten von Easy " Rider" freudig unterstützt hat. Mitnichten! Eine Anfrage der Produktion um Unterstützung und/ oder Stellung der notwendigen Maschinen wurde abschlägig beschieden. Peter Fonda ersteigerte daraufhin gebrauchte Polizeimaschinen (!) des Typs Panheads (benannt nach einem Motorentyp aus den Jahren 1948–1965) und ließ die Auslaufmodelle radikal modifizieren, choppen. Drei der vier Bikes wurden während der Dreharbeiten gestohlen und sind bis

heute nicht wieder aufgetaucht. Nachbauten stehen in einigen Museen. Inzwischen sind nach Kundenwünschen gestaltete maßgefertigte Bikes zu einem eigenständigen Wirtschaftszweig geworden. Seinerzeit rettete Easy Rider" die " kränkelnde Motorradschmiede aus Milwaukee vor dem Niedergang und begründete einen weiteren Mythos: den von der großen Freiheit im Sattel einer custom made" Harley-Chopper " mit langer Vorderradgabel, hohem Lenker (Apehanger) und vorverlegten Fußrasten. All das verschlechterte zwar das Fahrverhalten, sah dafür aber einfach scharf aus.


Von Philipp Roser A l s er 6. April 1974 war zwar nicht die Im Gespräch mit kult!-Mitarbeiter Philipp Roser Liederwettbewerb Geburtsstunde des schwedischen Quartetts lässt Heilemann, der später auch kurzzeitig als von Komponisten und SongAbba, doch an diesem Tag fiel gewisSat1-Programmdirektor tätig war, jenen legenschreibern ist der Grand Prix Eurovision sermaßen der Startschuss zur Eroberung der dären Abend noch einmal Revue passieren: de la Chanson 1956 einst von der Welt durch die beiden Sängerinnen Agnetha „Ich wurde öfter zum Grand Prix Eurovision Europäischen Rundfunkunion ins Leben gerufen worden und hat seither eine bewegte Geschichte Fältskog und Anni-Frid Lyngstadt sowie de la Chanson geschickt, wie er früher hinter sich gebracht. In den vergangenen knapp die beiden Songschmiede, Instrumentalisten hieß. Nicht, weil ,Bravo' da großartig dar60 Jahren brachte die Veranstaltung, die inzwischen und Sänger Björn Ulvaeus und Benny über berichten wollte, denn das war mit unter dem Label Eurovision Song Contest" firmiert, die Andersson. Letztere hatten das später zum all diesen Knödelbarden aus Frankreich, " Karriere zahlreicher Interpreten ins Rollen und erlebte eine Evergreen gewordene Siegerlied "Waterloo" Luxemburg, Monaco und Spanien eigentbeeindruckende Reihe von Comebackversuchen von komponiert, Stig Anderson steuerte den lich nicht so das richtige ,Bravo'-Thema. Künstlern, die in Vergessenheit geraten waren. Selten Text bei. (Übrigens war der Grand Prix in Aber allein schon wegen unserer deutschen jedoch hat eine Ausgabe dieser legendären Serie Brighton nicht nur für Abba der Auftakt Kandidaten Cindy & Bert – wenn die schon seit ihrer ersten Ausrichtung in Lugano derart einer Weltkarriere, auch Musik-Deutschland mal auf internationale Bühnen gingen, war tiefe Spuren in der Musikgeschichte hinterlassen wie an jenem Abend vor 40 bescherte er eine Premiere: Ralph Siegel, unser das damals natürlich ein Thema, auch für die Jahren im englischen Seebad späterer „Mr. Eurovision", hatte erstmals einen Titel ,Bravo'. Deswegen hat man mich hingeschickt Brighton. am Start: Das von Ireen Sheer vorgetragene "Bye Bye und gesagt: ‚Achte darauf, was da sonst noch pas-

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I Love You" belegte dann am Ende gemeinsam mit dem von Olivia Newton-John gesungenen Beitrag Englands, "Long Live Love", Platz vier. Die 14 Punkte hatten Siegel und sein Texter Michael Kunze allerdings für Luxemburg eingefahren, nicht für Deutschland. Dessen Vertreter Cindy & Bert wiederum kamen mit "Die Sommermelodie" mit mageren drei Zählern nur auf Rang 14, auf den letzten Platz, den man sich mit Norwegen, Portugal und der Schweiz teilte.) Augenzeuge der damaligen Geschehnisse in Brighton war Wolfgang „Bubi" Heilemann, der legendäre „Bravo"-Fotograf, der sich in der englischen Hafenstadt mit den vier Abba-Mitgliedern anfreundete, sie während ihrer vergleichsweise kurzen Karriere regelmäßig mit seiner Kamera begleitete, zu Hause besuchte und bis heute den Kontakt zu ihnen pflegt. Mit einer Multimedia-Show hält er die Erinnerung an Abba und ihre Musik wach, die bis heute Generationen von Pop-Fans in ihren Bann zieht. Seite

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siert! Fotografiere die Nasen, wo du meinst, dass die ein Thema sein könnten – nicht dass da einer gewinnt, der ganz toll ist, und wir keine Bilder haben'", erinnert sich Heilemann. Eine ganze Woche war der Fotograf dann vor Ort und verfolgte die Proben. „Es gab wirklich nichts Langweiligeres als diesen Grand Prix", fällt er im Rückblick immer noch ein vernichtendes Urteil. Zumal in Brighton aus Sicht seines Arbeitgebers kaum „Bravo"-Stars dabei waren, mit Ausnahme von Olivia Newton-John vielleicht. „Natürlich habe ich Cindy & Bert fotografiert, denn die waren schließlich unsere Lokalmatadoren. Dann waren da noch Gigliola Cinquetti aus Italien und dieses Duo aus Holland, Mouth & McNeal – die kamen eventuell für uns in Frage, und ich habe sie alle abgelichtet. Man saß in den Proben, hat sich die

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Das wussten sie durchaus, vor allem Künstler angeguckt, angehört. Es gab Björn. Aber auch Agnetha, die zuvor auch Wetten unter den Journalisten, Platten in Deutschland gemacht die in dem Saal saßen. Nachts wurde hatte und mit einem deutschen lange gefeiert, mit den Kollegen Produzenten verlobt war, außerdem in den Hotels gesoffen – und am auch Deutsch sprach. Björn, der nächsten Morgen saß ich da wieder. so etwas wie der Medienvertreter Ich habe mich am Morgen des Tages der Band war, hat immer sehr viel vor der eigentlichen Veranstaltung für mich ermöglicht, ohne dass ich hingeschleppt und zugehört, bin dann wirklich eingeschlafen, war mit dem Management hätte reden von der ganzen Nacht davor fertig, müssen." und diese Singerei war ja wirklich Der Rest ist Geschichte: Der furchtbar! Aber aufgewacht bin ich, so mitreißende Grand-Prixals sie auf der Bühne auf die Pauke Siegertitel "Waterloo" avancierte in Zuversichtliche Gesichter: am Tag der Grand-Prix-Entscheidung. gehauen haben. Da standen plötzlich Deutschland, Großbritannien und der ein paar Wirbelwinde auf der Bühne", erzählt Heilemann, als ob es gestern Schweiz zur Nummer 1, in Österreich reichte es bis zu Rang 2, und sogar gewesen wäre. Schließlich hat er die Geschichte schon häufig zum Besten in den USA eroberten Abba damit die Single-Charts, schafften es bis auf Position 6. In Frankreich allerdings blieb das schwedische Quartett selbst geben müssen, vor dem 40-jährigen "Waterloo"-Jubiläum ohnehin. mit einer französischsprachigen Version ohne besonderen Verkaufserfolg. „Bei den Journalisten setzte kaum jemand auf sie, es hieß: ‚Die könDas dazugehörige gleichnamige Album schoss in ihrer Heimat nen gar nicht gewinnen, denn die machen Popmusik – das passt hier gar Schweden auf 1, in Deutschland auf Platz 6, im UK reichte es immerhin nicht rein!' Selbst Abba haben so gedacht!" Doch dann kam alles ganz für Rang 28, während die Platte in den USA auf Position 145 hängenanders, was Heilemann so erklärt: „Gerade weil sie so anders waren, so blieb. Weitere-Top-Ten-Platzierungen waren ansonsten nur in Norwegen, einen Schwung drauf hatten, weil sie so tolle Kostüme vorführten, weil sie Finnland und Simbabwe zu verzeichnen. super Musik machten – das hat mich 2004 gab es eine „30th Anniversary Edition" mit zwei Bonusgeweckt, als ich bei Tracks und einer Zusatz-DVD (mit vier Videos). Deutlich üppiger der Probe vor der ausgefallen hingegen ist die „Deluxe Edition" zum 40-jähriBühne eingenickt gen Jubiläum, die zugleich als achter Teil die Abba-Deluxewar. Das war schon Editions-Serie abschließt. Acht Bonus-Tracks werden geliefert: Die die Kostüm- und Erfolgsnummer selbst gibt's zusätzlich auf Schwedisch, Französisch Generalprobe. Ich und Deutsch, dazu einen alternativen Mix des englischen Originals. bin anschließend Plus den Single-Remix der Nachfolge-45er "Ring Ring" (UK-Fassung) gleich zu ihnen hin und die "Waterloo"-Abmischung der US-Ausgabe des Albums. und habe gesagt: Hinzukommen noch eine spanische Fassung von "Hasta Mañana" ‚Ich bin von ,Bravo', und die schwedische Version von "Honey, Honey". Die ebenfalls wir müssen noch ein paar Fotos machen.' Die ,Bravo' war ihnen Über Nacht berühmt. durchaus ein Begriff. Und dann hatte ich auch Das erste Fotoshooting noch Glück, es war schönes Wetter, und ich nach dem Sieg sorgt habe sie draußen vor dem Dom fotografiert – so für großes hieß der Veranstaltungsort. Bei der Gelegenheit Presseinteresse. habe ich auch gesagt: ‚Ihr hab ha werdet das Ding gewinnen!' we ‚Never ever', antworteten sie, und ‚Ne wir haben um eine Flasche Champagner gewettet. Obendrein bin ich noch zu den Buchmachern tet gegangen, wo Abba auch ganz schlechte Quoten ge hatten. Ich habe trotzdem auf sie gesetzt, und hatte ha dann auch eine gute Gewinnquote, als sie siegten." da „Für mich war es optimal, weil ich so mehr hatte als das typische Siegerfoto, das in jeder h enthaltene DVD liefert 13 teilweise unveröffentlichte TV-Auftritten (u.a. T Tageszeitung zu sehen war. Die ,Bravo' hatte ja in „Musik aus Studio B", „Ein Kessel Buntes", „Disco" sowie diverse BBCzzwei wei Wochen Vorlaufzeit, Vorlaufze und da brauchten wir eben andere Bilder, und die hatte ich, wie sich dann herausstellen sollte, alle schon ordentlich Auftritte). Selbstverständlich ist auch der Erfolg in Brighton dokumentiert, im Kasten!" Doch damit ging die Geschichte für Heilemann erst richtig samt damaliger Interviews mit Frida und Manager Stig Anderson. los. Er brauchte sich nicht lange unter die Hunderte von Fotografen und Nebenbei bemerkt: Das Album WATERLOO war nicht gerade typisch Fernsehteams vor der Bühne zu quetschen. „Als sie siegten, zogen sie für das, was man von Abba vorher kannte oder auch später von der sich in eine Lounge zurück. Da stand ich dann Arme wirbelnd vor der Band serviert bekam. Die stilistische Bandbreite der Songs war bei Abba Tür, die Bodyguards hielten alle zurück – doch dann ging die Tür einen selten breiter angelegt als hier, umfasste Pop pur über Folk-Rockiges bis Spalt weit auf, Björn hat mich gesehen und gesagt: ‚Hey, da ist der Typ, hin zu Karibik-Anleihen. Typisch Abba war allerdings das Händchen von der den Sieg vorausgesagt hat!'" Und als Anderson und Ulvaeus für eingängige die Band sich dann auf der Bühne feiern Melodien. Bubi Heilemann ist übrigens nach ließ, „haben sie in einem kurzen Moment zweijähriger Vorbereitung in Sachen alle, auch der Manager und der Dirigent, Konzeption und Produktion mit seiner in meine Kamera geschaut, obwohl da so Multivisions-Show „Abba hautnah – Mein viele Fotografen waren", gerät er auch 40 Jahre später immer noch ins Schwärmen. Leben mit Abba" unterwegs. Der Abba„So bin ich irgendwie ein bisschen ihr Haus- und Hoffotograf lädt dabei zu einer Maskottchen geworden – natürlich auch, Zeitreise mit Fotos, TV-Ausschnitten und weil ,Bravo' damals eine Weltmacht war. Musik ein ... Abba mit "Bravo"-Redakteur Gerald Büchelmaier (2.v.l.) GoodTimes 2/2014 ■ Seite 45 und Fotograf Wolfgang Heilemann


unterm

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um Schluss war dann alles wieder im Lot! Die in ihrem tiefsten Inneren friedfertige Hexe und der ordentlich geläuterte Riese hielten jeweils als Zeichen ihrer Rehabilitierung einen Personalausweis der Deutschen Demokratischen Republik in Händen und waren fortan Teil der Gemeinschaft. Lediglich der Dritte im Bunde – das fiese Rumpelstilzchen – hatte die Kurve nicht gekriegt und wurde in die Geisterbahnpuppe, die er schon einmal gewesen war, zurückverwandelt. Bis es allerdings soweit war, vergingen sieben 35-minütige Folgen, die so spannend und gleichzeitig

witzig waren, wie es im DDR-Kinderfernsehen noch nicht allzu oft der Fall war. Der Plot, den der schon damals gefeierte Autor C.U. Wiesner nach einer Idee der Dramaturgin

Anne Goßens entwickelte, lieferte alles, was auch heute noch einen erfolgreichen Kinderfilm ausmacht: eine nicht allzu schwierige, aber dennoch fantasievolle Geschichte, in den Hauptrollen mehrere Sympathieträger mit Charme, Witz und immer einem lockeren Spruch auf den Lippen sowie ein glückliches Händchen bei der Auswahl der Drehorte. Alles beginnt im „Kulturpark Plänterwald", dem ostdeutschlandweit schönsten Rummel – liebevoll „Kulti" genannt –, der nach dem Ende der DDR zum „Spreepark Berlin" wurde und seit vielen Jahren brachliegt. Dort jedenfalls können die drei Kinder Keks, Umbo und Tammi (die Spitznamen hatte sich Wiesner bei den realen Kindern eines Theaterschauspielers auf Rügen entliehen) ihre Sommerferien verbringen, denn ihre Großeltern betreiben die Geisterbahn. Welches Kind würde sich das nicht wünschen? Übermütig bewerfen sich die Kids eines Tages mit angebranntem Grießbrei und treffen dabei versehentlich drei Geisterbahnfiguren, die es anschließend zu reinigen gilt. Bei der Waschung in der Spree werden diese dann aber zum Leben erweckt, und von nun an sind Hexe, Seite

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Riese und Rumpelstilzchen auf der Flucht. Verfolgt von den Kindern, deren Großeltern und den Genossen der Volkspolizei, fällt der Startschuss für einen turbulenten, actionreichen Familienspaß, der die Protagonisten vom heutigen Berliner Szenebezirk Friedrichshain und dem Alexanderplatz mit seinem großen Warenhaus direkt in den Harz, auf den Hexentanzplatz und zur Burg Falkenstein führt. Regisseur Günter Meyer, der zuvor meist an Dokumentarfilmen arbeitete, schuf ein echtes Juwel, das mittlerweile auch nachkommende Generationen begeistert. Meyer hatte ein genaues Gespür für das richtige Tempo sowie für reichlich Pointen und kleine Seitenhiebe auf den DDR-Alltag, etwa wenn das Geistertrio in Bananen mit Schale beißt oder ein Zivilist – offenbar ein Stasi-Mitarbeiter – auf dem Alexanderplatz Meldung macht.

© Szenen-Bilder: DRA

Die DDR-Fernsehserie aus den späten Siebzigern hat noch heute einen Platz in den Herzen ihrer Fans


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Abba

Foto: © Bubi Heilemann/www.rockfoto.de


Schalke 04

Saison ‘71/‘72 Hinten von links: Lichtenberg, Pabst, Huhse, Hoffmann, van den Berg, Rüßmann, Nigbur, Horvath Mitte: Holz, Sobieray, Fischer, Scheer, Fichtel, van Haaren Vorne: Pohlfuß, Lütkebohmert, Manns, Heßling, Beverungen, Libuda, H. Kremers, E. Kremers, Braun

Foto: © Horstmueller

kult!


Eine ganz andere Szene hätte um Haaresbreite jedoch die TV-Ausstrahlung fast noch verhindert: Die drei fantastischen Gestalten plündern nämlich das Kaufhaus. Neben dem geklauten Staubsauger, der als Flugbesen herhalten muss, deckt sich der Riese auch mit etlichen Würsten aus der Fleischtheke ein, von denen er dann auch noch einen Großteil verliert. Da die TV-Premiere der Serie im Januar 1979 erfolgte, zu einer Zeit, als in einigen Regionen der DDR ein Mangel an Fleisch- und Wurstwaren herrschte, waren herumkullernde Filmwürste zweifelsohne ein No-Go, weshalb die Szene kurzerhand herausgeschnitten wurde. In den vielen Wiederholungen und auch in der Kinofassung 1980 – hierbei wurde aus der TV-Serie ein zweiteiliger Spielfilm – war die Würstchenszene allerdings wieder drin. Ob sich die Fleischsituation zwischenzeitlich entspannt hatte oder die Zensoren einfach vergaßen, weiterhin einen geschärften Blick für allzu viele Lebensmittel in Kinderfilmen zu werfen, ist nicht überliefert. Als die Dreharbeiten begannen, trug die Serie noch den Arbeitstitel „Die Ausreißer" – für eine Serie, die es in einem Land, in dem es noch ganz andere Ausreißer gab, auf Anhieb ins nachmittägliche Samstagsfernsehprogramm schaffte, nicht die allerglücklichste Wahl. Und auch für Wiesner/ Meyer, das Dreamteam der DDRFernsehunterhaltung, wäre es ungünstig gewesen, denn bei den weiteren Familienserien, die sie noch drehen sollten, hätten sie dann keine Verweismöglichkeit auf den Erfolgserstling gehabt. So aber konnten sie dem „Spuk unterm Riesenrad" noch den

„Spuk im Hochhaus", den „Spuk von draußen" usw. folgen lassen. Die immer größer werdende Fangemeinde spricht daher liebevoll von den „Spuk-Serien". Nicht zuletzt waren es aber natürlich die Darsteller, die die Familienserie so sehenswert machen. Die kürzlich viel zu früh verstorbene

Katja Paryla etwa, die in ihrer Rolle als Hexe Charme und Respekt gleichermaßen ausstrahlt. Stefan Lisewski, ein gefragter BrechtSchauspieler am Berliner Ensemble, als tumber

und gefräßiger Riese. Und sogar noch überzeugender Siegfried Seibt als Rumpelstilzchen,

der seine Rolle förmlich lebte und auch beste Voraussetzungen dafür mitbrachte, denn schon 1960 war er in „Das Zaubermännchen", der Defa-Filmvariante des Grimm-Märchens, als Rumpelstilzchen zu sehen gewesen. Alte Theaterhasen wie die Bertolt-BrechtEntdeckung (und Geliebte) Käthe Reichel und Kurt Radeke vom Berliner Maxim-GorkiTheater begeisterten als Oma und Opa aus dem Plänterwald. Selbst die Kinderrollen waren großartig besetzt, die kleinen Großmäuler Umbo und Tammi mit ihrer rabaukenhaften Schnoddrigkeit – gespielt von Dima Gratschow und Henning Lehmbäcker – wirkten cool und clever. Und in die kleine Keks – verkörpert von Katrin Raukopf – hat sich damals jeder ostdeutsche Junge zwischen acht und zwölf ganz sicher verliebt. Die Schauspieler agierten mit vollem Körpereinsatz. Siegfried Seibt etwa brach sich zwei Rippen, Stefan Lisewski fiel eine GoodTimes

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Woche aus, weil er sich bei Aufnahmen einen Ast ins Gesicht rammte. Wiesner und Meyer nahmen den „Riesenradspuk"-Erfolg zum Anlass, anschließend ähnliche Serien zu konzipieren. Mitunter gab es hier auch ein Wiedersehen mit den Schauspielern aus der ersten Staffel. So spielten in „Spuk im Hochhaus" u.a. Katja Paryla, Siegfried Seibt (der während der Produktion im Januar 1982 einem Krebsleiden erlag), Käthe Reichel sowie die Kinderdarsteller Gratschow und Lehmbäcker – allerdings in ganz anderen Rollen. Riese Stefan Lisewski war allerdings der Einzige, der in beiden Folgeserien (nach dem „Hochhaus" folgte noch der „Spuk von draußen") zu erleben war. C.U. Wiesner und Günter Meyer waren diesmal übrigens ebenfalls zu sehen: Meyer als wartender Restaurantbesucher und Wiesner eine Serie später als Erzähler. Auch im vereinten Deutschland ging der Spuk dann weiter: 1997, zehn Jahre nach der letzten „Spuk-Serie", drehten Wiesner und Meyer für den Kindersender Kika „Spuk aus der Gruft", „Spuk im Reich der Schatten" und „Spuk am Tor der Zeit" mit Schauspielern wie Nina Hoger, Ilja Richter und Matthias Schweighöfer. Wenngleich keine der Staffeln floppte, so ist die erste doch die bis heute beliebteste. Der „Spuk unterm Riesenrad" schaffte es auch auf etlig ein che Theaterbühnen, und sogar Hörspiel – mit C.U. Wiesner als Erzähler – ist vor geraumer Zeit erschienen. Noch ganz neu ist die Veröffentlichung g auf Blu-ray. Dabei handelt es sich übrigens um die erste DDR-Fernsehserie in diesem Format. Die Kultserie geht in diei ser Hinsicht mit der Z Zeit. Christian Hentschel


Yamaha XT 500

Die Mutter aller Enduros Die XT 500, die erste großvolumige Viertakt-Enduro, vermittelte ab Mitte der 70er Jahre wie kein anderes Serienmotorrad den Geschmack von Freiheit und Abenteuer. Je steiniger der Weg, desto mehr wurde er mit der Yamaha zum Ziel. Von Andreas Kötter

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as genau aber verbarg sich hinter dem Erfolgsrezept des robust-rustikal-reduzierten Yamaha-Eintopfes in einer Zeit, in der Motorräder doch eigentlich technisch immer ausgereifter und vor allem immer leistungsstärker wurden? Wie erklären sich der legendäre Ruf und der Kult um dieses Motorrad, das mit nicht weniger legendären Bikes wie der Honda CB 750 Four oder Kawasaki Z 900 um die Gunst der Käufer konkurrieren musste, die viel eher dem zunehmenden „Höher, Schneller, Weiter" verpflichtet waren? Um diese Fragen beantworten zu können, ist ein Ausflug in die Geschichte geländegängiger Motorräder nötig.

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unächst war es wohl der typisch menschliche Wunsch, ausgetretene – Pardon – eingefahrene Pfade zu verlassen, sich einen Weg zu bahnen, wo eigentlich gar keiner war. „Über den Fluss und in die Wälder", das wurde Ende der 50er Jahre Wunsch und Motto nicht nur bei Ernest Hemingway, sondern auch bei vielen Motorradfahrern. Großen Anteil daran hatte der „King Of Cool", Hollywood-Ikone Steve McQueen, der 1963 im Weltkriegs-Klassiker „Gesprengte Ketten" als Straßenmaschine über Stock amerikanischer Kriegsgefangener mit einer Straßenmaschin Stein entkommen. Historisch und un d St Stei in versuchte, den Nazi-Schergen zu en entk tkom ommen. en. Hi istorisch kor-

Yamaha XT 500 1976

rekt hätte es sich um eine BMW handeln müssen. Die aber hätte die wilde Fahrt kaum ausgehalten, so dass man dem Kinopublikum eine modifizierte Triumph als BMW verkaufte. McQueen war es auch, der reine Geländemotorräder wie die Husqvarna 400 populär machte. Viele Hersteller begannen nun, zunächst vor allem für den US-Markt Straßenmaschinen auf Gelände-Look zu pimpen, indem einfach der Auspuff höhergelegt und grobstolligere Reifen verendet wurden. „Scrambler" nannte man diese Maschinen, deren Geländegängigkeit allerdings eher theoretischer Natur war. Damit waren die Scrambler (engl. scramble = klettern) die Urahnen der Enduros (span. duro = hart; engl. endurance = Ausdauer), die ab Mitte der 70er Jahre auftauchten. Die hatten den Vorteil, dass jetzt Wert auf echte Geländegängigkeit gelegt wurde. Neben den grobstolligen Reifen und der hochgelegten Auspuffanlage gab es widerstandsfähigere Kotflügel aus Kunststoff, einen Motorschutz gegen Steinschlag und vor allem größere Federwege.

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urück zur XT 500. Mit ihrer ersten Präsentation 1975 auf dem US-Markt in Las Vegas wurde der Begriff Enduro einer breiteren Öffentlichkeit bekannt. Und schon das Modell der XT, das 1976 nach Deutschland kam, trug den Schriftzug „Enduro" ganz selbstverständlich se elbstverständlich aauf dem Seitendeckel. Dass Yamaha Arbeit geleistet hatte, zeigte sich hier ganze Arb Das Sieger-Motorrad der ersten und umgehend: Da zweiten Rallye y Paris-Dakar war eine XT 500. Damit war klar, dass die XT nicht nur eine rrichtig gute Figur machte, sondern auch richtig gut war. Sie hatte eben au weit mehr drauf, als nur ein Showw Bike zu sein, mit dem man sich vor dem Straßencafé als vermeintlich tougher Kerl inszenieren konnte.

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irklich tough muss man tatsächlich bis heute sein, wenn man mit der XT zurechtkommen will. „Ein wahrer Mann muss in seinem Leben ein Haus bauen, einen Baum pflanzen und eine XT starten können", schrieb die Fachzeitschrift „Motorrad" 2002 in einer der vielen Würdigungen des geschichtsträchtigen Kult-Motorrads. Denn das Ankicken der XT hat beinahe schon rituellen Charakter. Elektrostarter waren Mitte der 70er Jahre – wenn überhaupt – nur an größeren Straßenmaschinen vorhanden. Der einzylindrige Motor der XT muss also ausschließlich per Muskelkraft gestartet werden. Und es gibt nicht wenige, die schon hier an der XT verzweifeln möchten oder sich gleich auch noch einen mächtigen Bluterguss in der Wade holen. Dann, wenn der Kickstarthebel buchstäblich unbarmherzig zurückschlägt. Was für eine ungeheure Prozedur es ist, eine XT zum Leben zu erwecken, das beschreibt wunderbar noch einmal „Motorrad": „,Langsam mit dem Kickstarter pumpen.' Der Verkäufer gibt sich 1983 selbstsicher, flößt mir Vertrauen ein. Was ich nicht weiß: Seine Erfahrung ist angelesen. ang n elesen Handbuch der XT 500. Kapitel Starten. ,Irgendwann merkst du einen leichten Widerstand', fährt er fort, und seine Augen folgen gebannt dem Auf und Ab meines Fußes. Fast so, als geschehe gleich ein Wunder. Der leichte Widerstand ist erreicht, mein rechter Fuß ruht auf dem stählernen Starter, der, so die Erzählungen, in der Lage ist, Muskeln zu zerreißen und Knochen zu zerbrechen wie Streichhölzer. Mein linker Zeigefinger zieht an einem Hebel. Dieser ist über einen Bowdenzug mit einem Mechanismus verbunden, der im Motor das Auslassventil leicht öffnet, die Kompression damit g gegen lässt. g Null schrumpfen p

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atte man dieses Prozedere aber erst einmal intus, dann wurde die XT ein vverlässlicher Begleiter wie kaum ein anderes Motorrad zu jener Zeit. Eine Freundin, mit M der man bis heute ebenso gut zur täglichen d Arbeit oder zum Brötchenholen fahren kann, A wie um den Erdball. Denn dank der XT (und w dank einer immer offeneren Gesellschaft) d entwickelt sich ab Mitte der 70er Jahre e auch ein reger Motorrad-Tourismus. Tiefstes a Afrika oder höchster Norden, Botswana oder A Nordkap – keine Region dieses Planeten, aus N der d Leser und Motorrad-Reisende damals Fotos ihrer XT-Abenteuer an die einschläF gigen Magazine schickten. Immer mehr g Z Zubehör für die große Fahrt gab es auch, von d entsprechenden Packvorrichtungen bis den zu z Tanks mit größerem Fassungsvermögen. Die D XT wurde Kult, beinahe möchte man sagen, schneller, als Yamaha sie produsa zieren konnte. Bis 1990 wurde sie gebaut z und überdauerte damit sogar ihre längst u auf a dem Markt angekommenen moderneren Werbung Nachfolgerinnen, die XT 550 und XT 600. N etwa 1977 Am A Ende wurden es insgesamt 127.446 Maschinen, Maschinen davon alleine in n Deutschland mehr als 25.000. Dank ihrer bewundernswerten Zuverlässigkeit und der kaum weniger entscheidenden Anspruchslosigkeit ist „der Dampfhammer", wie die XT ob ihrer hart, aber herzlichen Motor-Charakteristik auch liebevoll genannt wird, zum treuen Dauerbegleiter für viele Motorrad-Reisende gewortr d Und trat so eine Welle los. den.

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er große Erfolg rief auch andere Hersteller auf den Plan. So versuchte Honda mit der ähnlich konstruierten XL 500 ab 1979 wirtschaftlich durchaus erfolgreich ie XT 500 Paris – Dakar 1981

d i e s e n Erfolg zu wiederholen, ohne dass die H o n d a aber den Kultstatus der erlangte. Als man auch bei BMW erkannte, er Yamaha erlangte erkannte dass mit großvolumigen, alltags- und reisetauglichen Geländemotorrädern offensichtlich gutes Geld zu verdienen ist, setzte man mit der R 80 G/S ab 1980 als erster Hersteller überhaupt auf eine Enduro mit mehr als einem Zylinder. Ihre Nachfolgerin, die R 1200 GS, ist seit 2005 Jahr für Jahr das meistverkaufte Motorrad überhaupt in Deutschland. Eine E Enduro als absoluter Top-Seller – eine erstaunliEntwicklung. Aber eben auch eine, die es ohne die che E Pionierleistung der XT 500 so wohl nie gegeben hätte. Pionie XT war es, die buchstäblich den Weg geebnet hat für Die X Erfolg großvolumiger, geländegängiger Motorräder. den E Bis heute weiß jeder Motoradfan, was gemeint ist, wenn irgendwo wen dwo schlicht von der „XT" diee Rede ist. Bis heute gilt die Yamaha heu als Synonym nym für Freiheit Fre und Abenteuer. Keinem andeKe ren re Motorrad orrad ist is das in dieser Form gelungen. gelun

kleiner Kick, JJetzt t t nur noch h ein i kl i Ki k so zirka fünf Zentimeter nach unten, den Kolben dadurch über den oberen Totpunkt wuchten, schon kann man im Schauglas ein gelbes Zeichen erkennen. Vorausgesetzt, der Zündzeitpunkt stimmt und Benzin ist im Vergaser, wird der darauffolgende Kick mit einem sonoren dumpfen Klang aus dem Auspuff belohnt. Vorausgesetzt." usgesetzt " GoodTimes

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XT 500 1982


Der ewige Traum der kleinen Mädchen VEB Kombinat

Foto: © Martin Naumann

Spielwaren Sonneberg

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an hatte es nicht leicht, ht, wenn man wie ich in den en n 60er und 70er Jahren in n der Messestadt Leipzig zig g groß wurde und keine Westverwandtschaft n ndtschaft besaß – jedenfalls keine, die bedeutsame deutsame Pakete schickte. Es gab für mich allerdings ein d dings Trostpflaster: Meine Großeltern und d Tanten lebten in der traditionsreichen Spielzeugstadt e eugstadt Sonneberg, und somit saßen meine Schwester ch chwester und ich an der Quelle all der schönen nen n Dinge, Dinge von denen kleine Mädchen träumen. n. In Thüringen hat die Spielzeugherstellung ellung ung eine lange Tradition, es gab unzähzählige Fabriken, Kleinfirmen und nd Spielzeugmacher; ich selbst stamme aus einer Familie, die in Sonneberg eine Puppenfabrikk sten besaß. Ende der 50er Jahre mussten sich die Heimarbeiter und Hausiererr dann allerdings zur Produktionsgenossenschaft enschaft des Handels zusammenschließen, und d 1972 wurden schließlich die letzten privaten Spielzeughersteller zwangsweise verstaatp g licht und u zu einem Kombinat verbunden. In Sonneberg ver liefen von nun an lie alle Fäden der DDRa S p i e l w a re n i n d us t r i e zusammen. Zum VEB z Kombinat Spielwaren K

Sonneberg g gehörten g Mitte der 80er 80 Jahre 8 über 30 verschiedene ve Betriebe, Betriebee unter ihnen der Stammbetrieb Stam Sonni, außerdem die Piko, Biggi Sonn Waltershausen, Plasticart, Vero Wa Olbernhau, Anker-Mechanik, Plüti, O aaber auch Famos Leipzig oder die Berliner TT-Bahnen. Sie stellten B Plüschtiere, Puppen, Handpuppen, Plüs mechanisches Spielzeug, Spielzeug aus mecha Plastik (genanntt Plaste), Eisenbahnen, Autos und SSpiele, i l A Baukästen her. 86 Mal errangen sie dafür Messegold und bekamen 36 Auszeichnungen für gutes Design. Die höchste Ehrung für diese Spielwaren aber war, dass Seite

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wir Kinder sie alle liebten – und das auch noch heute tun, wo wir schon längst erwachsen sind. Nichts kommt an die Puppen und Kinderhaushaltsgeräte aus Sonneberg heran! Die berufstätigen Hausfrauen suchten damals im Elektroladen oft vergebens nach einer vernünftigen Küchenmaschine und ergatterten mit viel Glück am Ende nur ein hässliches, vergilbtes Ungetüm aus Kunststoff, das sie im Grunde ihres Herzens gar nicht haben wollten. Da sah es in den Puppenküchen ihrer Töchter doch ganz anders T aaus! Dort stand modernstte Qualitätstechnik in allen FFarben. Die Puppengeräte der Piko verfügten über d ssämtliche Funktionen der E r w a c hs e n e n a us g a b e n , ffunktionierten aber teilweisse besser und sahen noch dazu viel schicker aus. d


Puppenstube aus dem VEB Vero Olbernhau

I den In d Puppenhaushalten P haushalten h lt der DDR ging ess wie im richtigen Leben ben zu: Die Frauen en führten nicht nurr den Haushalt und erzogen die Kinder, sie waren auch berufstätig g und arbeiteten oft ft in Männerberufen. en. Im Zuge dieser Gleich -

berechtigung achteten die Verpackungsgestalter sorgsam darauf, dass auf den Chemie-, Elektrooder Metallbaukästen auch immer Mädchen abgebildet wurden. Es wäre nur gerecht gewesen, wenn im Gegenzug die Kinderhaushaltsgeräte auch für die Jungen angepriesen worden wären. Aber auf diesen Kartons warb man mit dem Slogan: „Für die Puppenmuttis" und zeigte wiederum Mädchen bei der Puppenhausarbeit. In meiner Erinnerung war demzufolge sämtliches Spielzeug, egal welcher Art, ganz besonders und speziell für Mädchen geeignet. Ich weiß nicht, wie sich diese Tatsache für die Jungen angehaben ffühlt mag, meine m SSchwester und iich fanden das jjedenfalls sehr iin Ordnung. unserem IIn Kinderzimmer K kurbelten wir also mit w an IInbrunst der Puppend

Küchenmaschine Piko5006 in pastelP Babyblau, lligem mit aausgestattet Rührschüssel und R Blenderaufsatz, und B zzauberten damit aus M Milch und SofixP Pulver köstlichen, kklumpigen Pudding. D Den servierten wir dann stilgerecht in d blauweißem Geschirr aus b i Hartplastik. Besonders gern H drehte ich meinen d en Puppen knallrotee aauch kn Plastikwickler in die Haare und fönte mitt sie dem batd tteriebetriebenen Puppen-Fön P -Fön „Nina" in angesag„ tem Hippie-Orange. te Unsere Uns Puppenwäsche rumpelte in der blaurumpe weißen Waschmaschine Picomatic aus Blech Plastik, bewegBl h und d Pl tik mit it b eglicher Trommel, die man über einen Aufstecktrichter hter mit Wasser und Waschpulver ulver befüllen konnte. Zum Entleeren wurde ein kleiner iner em Gummischlauch aus dem h Gehäuse gezogen, durch den das Wasser ablaufen konnte, ganz wie bei den g Waschmaschinen richtigen d damaligen Z it Z hl der Zeit. Zum SSchluss p plätteten wir die Wäsche m em mit einem Puppenbügeleisen, das e Stromzugang hatte und h nd tatsächlich warm wurde. w e. Gebacken haben wir im h m Puppenherd „Lucullus", der ebend falls mitt f Strom betrieben wurdee und einzeln zuschaltba-re Ober- und Unterhitzee hatte. Es gab sogar eine elektrische lektrische Kindernähmaschine namens „Michaela", ebenfalls voll funktionstüchtig, chtig, ausgestattet mit Nadelset, Schnittmusterbogen, ittmusterbogen, Nähgarn und Fußpedal. Offensichtlich fensichtlich hantierten wir ostdeutschen Mädchen voller Begeisterung mit Strom, spitzen Nadeln und heißen Herdplatten. Eine meiner Freundinnen besaß den Puppenplattenspieler „Juniorfon", um den ich sie glühend beneidet habe. Darauf lieGoodTimes

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ß ßen sich kleine bunte SSchallplatten abspiellen, mit Märchen, K Kinderoder V Volksliedern, und aauf einer kichertte die ganze Zeit ein LLachsack vor sich hin. Vorn am Gerät befand V ssich ein kleines Rad zzum Verändern der AbspielgeschwindigA Wir kkonnten den Lachsack ganz hoch kkeit. it Wi t d und hysterisch lachen lassen oder aber mit tiefer Gruselstimme. Dieses Rädchen D war das Beste w aam ganzen Pla Plattenspieler. Wäh Während wir in der Kinder- und Jugen Jugendmode mit ihren gedeckten Farben und langweiligen Schnittmustern vergeblich nach Jeans oder schicken Kleidern suchten, gab es für unsere Puppen ausgefallene Hippie-Kleidung in psychedelischen Farben. Diese Kleider, ebenfalls unter dem Dach des Kombinats gefert gefertigt, waren in Wirklichkeit alles W Einzelstücke, die bis zuletzt in Heimarbeit von Heim Thüringer Näherinnen Thürin ihren Wohnstuben in ihr auf ganz normalen Haushaltsnähmaschinen, oft noch mas ohne Elektroantrieb, ohn genäht wurgen den. D Dadurch hatten sie ganz andere d d h h tt i eine i Qualität als die Kinderkleidung, deren Säume sich oft schon beim ersten Trag Tragen auflösten. Ich besitze Puppenkleider, die heute noc genauso stabil sind wie noch vor 40 Jahren, als ich sie ges geschenkt bekam. Das Prinzip der Einheitsmode galt nicht für die Puppenindustrie: Es gab Puppen in allen Sc Schattierungen, was Haarf farbe, Hautfarbe und

betrraf, Augenfarbe betraf, und es gab sie in gen allen Ausführungen gen von der winzigen Puppenstubengröße bis hin zu den fast kindergroßen oßen Laufpuppen.


Die Sonni war der größte Hersteller von Puppen und Plüschtieren im gesamten Ostblock. Fast 70 Prozent der Produktion gingen in den Export, aber es verblieb immer ein bestimmtes Kontingent jedes Produkts im Land, und auch die einheimischen Läden wurden mit Sonni-Puppen versorgt. Jedes kleine Mädchen wünschte sich eine. Wir bekamen sie auch g sie ein kleialle,, aber ich kriegte

h h ! Meine M i T t arbeitete b itttete t nes bi bisschen eher! Tante ni. nämlich in der Buchhaltung der Sonni. Allen Mitarbeitern des Kombinats, diee Kinder in ihrer Verwandtschaft hatten, wurden Puppen zur Verfügung gestellt. Nicht irgendwelche Puppen n und auch nicht aus Großzügigkeit. Es waren Prototypen, die getestet werden en mussten. Diese Qualitätstests wurden mit einfachen und kostensparenden Mitteln n durchgeführt. Geprüft wurde alles, s, von der Verpackung bis zum Produktt selbst. Die Puppenkartons verlud man in n Lastkraftwagen und schickte sie auf eine ine Reise über die wildesten schlaglochgespickpickublik. ten Landstraßen quer durch die Republik. Das Ziel der Reise war – die Sonni. Alle urden Kartons kehrten wieder zu ihr zurück, wurden ausgepackt und kontrolliert, um zu sehen, ob die Puppen darin auch alles heil überstanden hatten. Die Puppen selbst wurden von denen geprüft, die sie am Ende benutzen sollten: von Kindern. Und das Beste daran war, diese Kinder durften die Puppen nach dem Probelauf behalten. Ich kann mit Stolz sagen, meine Schwester und ich gehörten zu den auserPuppentesterinnen: Wir testeten eine wählten Puppentesterinnen der eersten modischen Ankleidepuppen aus Ank D D R - P ro d u k t i o n u und auch den P Prototypen der sozialistischen

d im Inneren ihres Kopfes vom der Mund hinab in die Tiefe ihres M Körpers führte, stabil K abil befestigt. Das gab g später einen dicken Pluspunkt auf dem P Testbogen. Der Kopf T ließ sich dadurch nur l wenige Zentimeter w eter vom Körper abhev eben. Genug für b ür Neonreklame auf dem um zu m Stammbetrieb Sonni in Sonneberg mich, sehen, dass ihre s Augen hinten ein A Bleigewicht besaB ßen, was dafür sorgte, ß te, dass d sich die Augen schloschlossen, wenn man sie hins legte. Eine weitere spanl nende Entdeckung. Bis n Bi in i die di 80er Jahre wurden die Puppenaugen in der J Glasbläserei Lauscha aus mehrfarbigem G Glas mundgeblasen. Danach bestanG d die Augen aus Plastik, und die Iris den wurde nur noch aufgedruckt. w Die zweite Testpuppe war eine D Ankleidepuppe, von uns kurzerhand A Busenpuppe genannt. Sie hatte eine normale Pu Pullerpuppe! Wir Probanden Puppengröße von etwa 45 Zentimeter und w pp wurden vor der Übergabe u und in einigen Zeitabständen Puppen aus d danach eingehend befragt und der Sonni - mit se sehr ernstgenommen. Ich kann in Heimarbeit mic mich erinnern, dass alles aufgegenähten schri schrieben und protokolliert wurde Kleidern. und wie wichtig ich mich dabei fühlte. Noch heute bin ich sicher, fü dass es allein meinetwegen in da der Folgeproduktion männliche de Pullerpuppen gab. Hatte ich doch Pu auf die Frage meiner Tante, was bei einer Pullerpuppe besonders mir be wichtig sei, eine klare Antwort parat gehabt. Man musste doch schließwas davon haben! Ich bekam lich wa dann ttatsächlich eine Jungspuppe mit allem Drum und Dran und gesteppter Kurzhaarfrisur. Ich konnte sie mit Wasser aus einer Nuckelflasche für Puppen füttern, aber das Wasser lief nicht etwa einfach unten keine Wespentaille, Wespentaille sondern lediglich eine wieder heraus. Erst wenn ich den rechten gut p g entwickelte Oberweite. Vielleicht war sie Oberschenkel aus Weichplastik zusammender d Versuch einer Alternative zur drückte, pullerBarbie, die nicht den Normmaßen B te sie in dickem einer Genossin entsprochen haben e Strahl. dürfte. Sie trug ein schreiend d Mit meinen buntes Flower-Power-Kleid aus b Freundinnen habe Vliesett. Dieser Stoff aus Viskose-, V ich Tage damit Polyamidund Polyesterfaser war P zugebracht, diedamals sehr in Mode, und wir d sen spannennannten die Sachen aus diesem den Kreislauf n Stoff Papierkleider, denn genauso zu beobachten. S fühlte es sich an. Irgendwann hielt f ich es nicht mehr S Sowohl Ankleidepuppe als auch aus und riss ihr P Pullerpuppe bestanden aus den Kopf ab, um W Weichplastik, wodurch sich bei nachzusehen, wie Letzterer der Kopf ohne Probleme L diese Zauberei wieder aufstecken ließ. Meine w funktionierte. allererste Babypuppe aus der a Zum Glück Sonni hatte noch einen Kopf S war der dünne aus a Biskuitporzellan und aufgeGummischlauch, malte Haare gehabt. Ihr Körper m Seite

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aus Stoff war mit harter Holzwolle gefüllt, im Inneren rief eine Stimme „Mama". Meine Schwester und ich haben die arme Puppe stundenlang auf den Kopf und zurückgedreht, nur um den etwas kläglichen „Mama"-Schrei zu hören. Auf dem Puppenbauch konnte man im Inneren den Zylinder mit den Schalllöchern erfühlen, der das Geräusch hervorbrachte. Der Puppenkopf war fest mit dem Körper verschnürt und verknotet, so dass wir hier keine Chance hatten, den Entstehungsort dieser Stimme näher zu untersuchen. Später gab es auch Sprechpuppen. Sie hatten einen kleinen Plattenspieler im Körper, das so genannte Minifon, das aus Italien zugeliefert wurde. Vielleicht waren diese Puppen deshalb so rar. Die Schallplatten konnten über eine Klappe im Rücken gewechselt werden. Benutzt wurden die gleichen Platten wie für das Juniorfon, so dass die Puppe sprechen oder Die Autorin mit ihrer großen singen konnte. Ich kenne sie nur von meiner Schwester und einer Puppe aus dem Freundin, ich selbst habe keine besessen. Diese VEB Biggi Walthershausen Puppe sang immer mit Inbrunst: „Wenn Mutti den Armen und Beinen Scheibengelenke hatte. früh zur Arbeit geht ..." Später bekam ich noch eine andere Katze, die Meine Cousine besaß eine Laufpuppe, die mir mit Grisuten gefüllt war, dadurch fühlte sich der mit ihren mehr als 60 Zentimetern ungeheuer g groß vorkam. Diese Laufpuppen wurden in Plüschtiere aus der Sonni einem Dauertest unterzogen und der Sonni mussten dafür in einer Halle mindestens 72 Stunden auf einem Laufband vor sich hin stapfen, damit man herausfand, wie lange sie durchhielten. Die Mechanik für diese Puppen kam aus dem Eichsfeld. In der Sonni wurden auch die Handpuppen der beliebten Sandmännchen-Figuren hergestellt, die in jedem ostdeutschen Kinderzimmer zu finden waren. Meine Sandmännchen-Puppe stammte aus der Anfangszeit der Produktion und war noch aus Holz geschnitzt worden. Ihr Gesicht wirkte dadurch sehr ausdrucksstark, und der Kopf war stabil und schwer. Das bekam meine Schwester zu spüren, der ich Köper weicher an. B Besonders im Streit das Sandmännchen einmal an die Kö i h und d nachgiebiger h i bi d beliebt waren damals die Kuscheltiere mit Stirn schlug. Sie bekam eine große Beule – und ich gewaltigen Ärger. Später wurden die Plastikgesicht. Diese finden sich schon in Handpuppenköpfe aus Plastik hergestellt, und einem Werbeprospekt der Sonnii auch hier war ich der festen Überzeugung, berzeugung, von 1972, also zwei Jahre vorr dass dies allein meinetwegen und zum der Erfindung dess h. Monch Monchichis. Schutz älterer Schwestern geschah. och B Bei Biggi WaltersIm VEB Koppelhund wurde noch hausen, ebenfalls hausen eine andere Sorte von Spielzeug herzum Kombinat Sonni esaß, K gestellt, die jeder von uns besaß, gehörend, gehören wurden kleine ne die so genannten Blasenteddyss aus Plastik oßarPlast püppchen herrPlastik. Ali Baumgarten, ein großargestellt, die wirklich ge h tiger Puppen-Designer, hatte sie jedes Mädchen j entwickelt. Es gab sie in verschie-in i meiner Schule denen Größen und Farben, von besaß. Sie waren be winzig als Schlüsselanhänger bis ca. 20 Zentimeter n aber 2 groß wie ein Kuscheltier. Sie waren lang und wurden in u kein bisschen kuschelig, sondern statt Klarsichtzylindern verlasen Klarsic mit Fellhaaren mit harten Plastikblasen kauft. Die Püppchen besaßen keine übersät, denen sie ihren Volksnamen amen b ß k i Füße, sondern nur Beinstummel, auf verdankten. Der einzige Gewinn meines eines s die Weichplastikschuhe Lebens ist ein großer fleisch- Blasenteddy aus dem die d aufgesteckt werden mussten. farbener Blasenteddy geblieben, VEB Koppelhund Arme und Beine waren nicht beweglich. Der den ich auf einem Schulausflug in der zweiten Puppenkörper wurde für Trachten-, SouvenirKlasse an einer Losbude gewonnen habe. und ganz normale Puppen verwendet. Das Die Sonni stellte aber auch weiche, kuschelige Püppchen bekam einfach wechselnde Köpfe Plüschtiere her. Ich besaß eine schwarz-weiße und Kleidung verpasst, und schon wurde aus Katze, die mit Holzwolle gestopft war und in

d sorbischen Braut ein Messemännchen. Man der eerkannte die Herkunft der Puppen immer an den SStummelfüßen und der SchneewittchensargRöhre, in der sie steckten. R Im I Betriebsteil Waltershausen wurden jedoch auch Gesellschaftsspiele hergestellt. Neben a den normalen Brettspielen gab es außerd dem technisch raffinierte Spiele. Eines der d beliebtesten war das Frage- und Antwortspiel b „Gordon". In einem Kasten lagen vorge„ druckte Quizblätter, links die Fragen, rechts d die d Antworten. Man musste den beiliegenden d Magier in eine vorgesehene Öffnung im Zentrum des Fragenfeldes stecken und ihn auf Z eine beliebige Frage drehen. Im Antwortfeld e rechts klebte in der Mitte ein Spiegel. Setzte r man m den Magier nun darauf, drehte er sich wie w von Zauberhand und zeigte schließlich mit seinem Stab auf die richtige Antwort, wobei er s höchst bedeutsam mit seinem Turban wippte. h Dieses faszinierende Spiel war der Hit auf D allen Geburtstagfeiern. Ein ähnlich magisches a Spiel war „Das elektrische Rätselraten". Auf die S Platte mit Knopfkontakten wurde ein gelochter Papierbogen mit Fragen und Antworten gelegt. Einen Pol-Stab hielt man auf die Frage, den anderen auf die Antwort. Lag man a richtig, leuchtete die Lampe auf. Bei r beiden Spielen gab es Themenbögen b zu Technik, Kultur, Erdkunde, z Allgemeinwissen und Mathematik. A Außerdem existierte bereits 1971 der A Elektronikbaukasten „pikotron", der E wie w ein früher Computer anmutet. Bei B Famos in Leipzig wurden nicht n Stempelspiele, sondern auch die nur M Minipackungen für den Kaufladen h hergestellt. Der Kaufladen selbst kam a dem VEB Vero Olbernhau, wo aus auch Puppenhäuser, Puppenstuben a und Puppenstubenmöbel produu ziert wurden. Auf die dazugehöz rigen Puppenstubenpuppen hatte man sich i P in Lichte, ebenfalls Thüringen, spezialisiert. Noch heute wird bei uns einmal im Jahr zur Weihnachtszeit eine solche Puppenfamilie aus solc den Mittsechzigern vom Dachboden geholt, damit Dac wir sie in die Puppenstube setzen setz können ... Spielzeug aus dem VEB Spi Kombinat Spielwaren Kom Sonneberg gab es in allen Son DDR-Haushalten, aber DD auch in Kinderzimmern au au auf der ganzen Welt. Mit d Währungsunion brach der d dann allerdings der wicht tigste Handelspartner w weg, denn das sozialistische nicht in Devisen ti h Ausland A l d konnte k bezahlen. Kaum ein Betrieb des ehemaligen Kombinats hat überlebt, einige wurden neu gegründet, die Piko hat sich inzwischen auf Modellbahnen spezialisiert. Puppen vom Stammbetrieb Sonni kann man nur noch bei ebay finden – oder auf alten Fotos, auf denen wir sie im Arm halten. Kati Naumann


Schalkes 72er-Elf

Junge Wilde" " in Königsblau

Das Team der Saison 1971/72 gilt als die beste Mannschaft der Schalker Bundesliga-Geschichte Seit mehr als 56 Jahren wartet man beim FC Schalke 04 nun schon darauf, endlich wieder einmal eine deutsche Meisterschaft feiern zu können. Im Augenblick aber deutet rein gar nichts darauf hin, dass sich an der schon beängstigenden Dominanz des FC Bayern München auf absehbare Zeit etwas ändern könnte. Immerhin aber hat es für die Schalker in den vergangenen Jahrzehnten bisweilen wenigstens für die Vize-Meisterschaft gereicht, etwa 1977, 2005, 2007 und 2010. Und ein paarmal war man ganz nah dran am großen Coup: Am nächsten wohl 2002, als sich die später zum Meister der Herzen" " verklärte Elf in einem dramatischen Saisonfinale mit dem FC Bayern für vier Minuten tatsächlich als Champion fühlen durfte. 40 Jahre zuvor aber, im Sommer 1972, gab es schon einmal einen Kampf auf des Messers Schneide zwischen den Ka K "

Roten" aus München und den Königsblauen" aus R " Schalke. Und bis heute gilt die Elf der Saison 1971/72 als die wohl beste Schalker Bundesliga-Mannschaft aller Zeiten. b Seite

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war ziehen am Fußballhimmel über Gelsenkirchen längst erste Wolken auf, als die Spielzeit 1971/72 am 14. August eröffnet wird – sind doch längst Gerüchte im Umlauf, dass auch der FC Schalke 04 in den Bundesliga-Bestechungsskandal der Vorsaison verwickelt sein könnte –, aber zunächst lassen sich die Königsblauen davon nicht beirren. Das mit Spielern wie Keeper Norbert Nigbur, Libero Klaus Fichtel, Verteidiger Rolf Rüssmann oder den Stürmern Klaus Fischer und Reinhard „Stan" Libuda fußballerisch ohnehin schon begnadete Team des neuen Trainers Ivica Horvat (der bereits in den letzten Spielen der Saison 1970/71 übernommen hatte), ist von Präsident Günter Siebert noch einmal um die Kremers-Zwillinge Erwin und Helmut bereichert worden, die vom Absteiger aus Offenbach gekommen sind. Damit verfügt Schalke jetzt über eine Elf, die sich, was das Fußballspiel betrifft – die Betonung liegt auf „Spiel" –, auch hinter den Größen aus Mönchengladbach und München nicht verstecken muss. Oder wie Erwin Kremers im kult!-Interview schmunzelnd bemerkt: „Es Ivica Horvat hat noch niemandem geschadet, wenn er Fußball spielen kann!" i l k !" Und U tatsächlich geben diese „jungen Wilden", ergänzt um die Routiniers Libuda und Heinz van Haaren, schon beim 5:1-Auftaktsieg in Hannover das Versprechen auf eine große

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folgt: 0:7 aus Schalker Sicht heißt es am 23. Oktober nach 90 Minuten auf dem Mönchengladbacher Bökelberg. Und mit „nur" sieben Gegentreffern ist man noch gut bedient. Die Tabellenführung ist perdu, zudem ist nun auch noch die Gladbacher Borussia bis auf drei Punkte herangerückt an Schalke. Schon beim folgenden 3:0 gegen Kaiserslautern zeigt man sich dann aber gut erholt und wird in den kommenden Wochen nur noch beim 1:1 in Bielefeld einen Punkt abgeben. Als man schließlich Schalker Trainerbank mit Ivica Horvat (l.) am 17. Spieltag den FC Bayern in der und Reinhard Libuda (ganz rechts) Glückauf-Kampfbahn empfängt, hat von Herbert man Beckenbauer und Co. an der Tabellenspitze längst wieder abgelöst. Lütkebohmert Van Haaren schießt Königsblau zu einem knappen Sieg. Der aber reicht die Tabelallemal, so dass man mit drei Punkten Vorsprung p g auf den Vorjahresj lenführung Vizemeister aus FC Schalke 04 : FC Bayern München (11.12.1971): Begrüßung zurückerMünchen und der Kapitäne: Franz Beckenbauer und Reinhard Stan" Libuda " obert. So darf gar mit fünff es weitergeauf den noch hen! Und es amtierenden geht so weiMeister aus Mönchen gladter. Kremers-Zwillinge: Erwin (l.) und Helmut Kremers. bach in die Winterpause rst am 10. Spieltag, S i l beim b i 0:0 in i Braunschweig, B h i werden die geht. Schalke Knappen wieder einen Punkt abgeben. Die Tabellenspitze ist zum ersten hält man dennoch vor dem FC Bayern München, der mit vier Mal in seiner Verlustpunkten auf Rang zwei liegt. Eine Woche später schießt BundesligaFischer Rot-Weiß Oberhausen beim 4:0 mit drei Treffern beinahe Geschichte im Alleingang aus der Glückauf-Kampfbahn. Schalke ist obenauf. Herbstmeister! Umso unverständlicher das Desaster, das nur wenige Tage später © Pressefoto

Saison. Zwar liegt man zur Pause noch 0:1 hinten, dann aber drehen Fischer (insgesamt vier Tore) und Jürgen Sobieray die Partie. Nach vier Spielen liegt man mit 8:0 Punkten und 14:3 Toren bereits an der Tabellenspitze, gar mit 6:2 hat man an diesem vierten Spieltag den 1. FC Köln deklassiert. Ein paar Tage später setzt es beim 0:2 in Frankfurt die erste Pleite. Die aber ist schnell vergessen, weil man sich ausgerechnet gegen den Erzrivalen aus Dortmund durch einen Treffer

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Happy End im Pokal

Tag ein Herz für Schalke. Noch zweimal zeigt der Referee auf den Punkt, und beide Male er Auftakt der Rückrunde ähnelt dem Saisonstart: mit fünf trifft Helmut Kremers. 5:2! Verlängerung! 30 Treffern gegen Hannover 96. 5:0 heißt es diesmal gar! Und nicht Minuten und mehr, in denen der Wahnsinn wenige glauben jetzt daran, dass die Knappen tatsächlich auf Titelkurs seinen Lauf nimmt. Denn nun bekommen steuern. Daran ändert auch die 0:2-Niederlage beim MSV Duisburg die Kölner einen Strafstoß. Aber Werner eine Woche später nichts. Im Gegenteil: Als die Horvat-Elf den BVB Biskup scheitert an Norbert Nigbur. Und der am 23. Spieltag in dessen Rote-Erde-Stadion vorführt und mit 3:0 macht sich im anschließenden Elfmeterschießen gewinnt, scheint plötzlich alles möglich. Der Dämpfer g p aber folgt g auf endgültig unsterblich auf dem Fuß: 0:2 verliert Schalke. Zweimal pariert Nigbur, so dass es Schalke in Bremen, Borussia Dortmund : Schalke 04 vom 4.3.1972: Elfer durch Klaus Scheer nach insgesamt 21 Elfmetern 11:7 steht. die Bayern sind wieder Schalke steht im Finale! bis auf einen Punkt heran. Und noch einmal zwei Wochen spänd dort lassen die Königsblauen nichts ter, nach einem 0:3 mehr anbrennen. Alle Last scheint zuminin Berlin, muss man dest für den Augenblick abgefallen: Beim 5:0-Triumph sind die diesmal harmlosen die Münchner erstmals „Roten Teufel" kaum mehr als ein besseseit dem 12. Spieltag wieder vorbeiziehen rer Sparringspartner. Noch einmal hat die lassen. Bei nur einem 72er-Elf gezeigt, welch großes Potenzial in Punkt Rückstand ist ihr steckt. Wie wird Erwin Kremers mehr als aber noch nichts vervier Jahrzehnte später sagen? „Ich möchte loren, hofft man. Und die Erfolge g der damaligen Top-Klubs Bayern tatsächlich: Nach dem München und Borussia 29. Spieltag hat sich Mönchengladbach nicht die Situation noch einmall zugespitzt. Schalke kleinreden. Aber ich glaube, i S h lk spielt i l zwar nur 1:1 gegen Gladbach, die Bayern aber verlieren 0:3 in Duisburg. Bei einem dass wir ohne den Skandal Punkteverhältnis von 45:13 liegen die Kontrahenten nun gleichauf ebenfalls unseren Weg – wobei die Bayern allerdings wegen einer um 13 Treffer besseren gemacht hätten." Leider Tordifferenz Rang eins halten. blieb es aber bei diesem Konjunktiv. Denn schon in der folgenden Saison n den kommenden Wochen gelingt es Beckenbauer, Müller und 1972/73 holt der Skandal Co., sich wieder einen klitzekleinen Vorteil herauszuspielen, so Schalke ein, und der Zauber dass die Elf von Udo Lattek mit einem Punkt Vorsprung in die letzte ist verflogen. Libuda und Partie geht. So bleiben dem FC Schalke 04 noch alle Meisterchancen, als man am 28. Juni 1972 im Olympiastadion bei den Bayern antritt. van Haaren werden sofort Allerdings muss ein Sieg her, so dass der Druck von Beginn an auf gesperrt, Rüssmann, der jungen Horvat-Elf lastet. Ein Druck, dem sie nicht standhalLütkebohmert, Fischer ten kann. 5:1 siegt der FC Bayern schließlich, der so zum zweiten und Fichtel folgen schon Mal deutscher Meister wird; für den FC Schalke 04 bleibt nur bald. Aus der Vorsaison der undankbare zweisind neben Nigbur so binHeinz van Haaren und Herbert Lütkebohmert te Platz. Depression FC Schalke 04 DFB-Pokalsieger 1972 v.l.: Libuda, Nigbur, nen kurzem nur noch die Rüssmann, Scheer, Fischer, Huhse, Lütkebohmert, aber ist nicht das Kremers-Zwillinge mit dabei. Klein, Holz K Z illi Fichtel, van Haaren, E. Kremers, H.Kremers. Ding dieser jungen oder Braun heißen die Neuen. Gemeinsam Mannschaft. Darf es kämpft man jetzt beinahe bis zum letzten auch nicht sein. Denn Spieltag gegen den Abstieg. Am Ende schon drei Tage später reicht es gerade mal so für Platz 15. Aber wartet im Rahmen des Schalke wäre nicht Schalke, wenn die Fans DFB-Pokalfinales im den Kraftakt dieser Verlegenheitself nicht Niedersachsenstadion feiern würden. Und nur drei Jahre später von Hannover der wird erneut eine Schalker Elf um den Titel kämpfen und ganz knapp scheitern, dies1. FC Kaiserslautern. mal an Borussia Mönchengladbach. Das Und damit die Chance, aber ist eine andere Geschichte ... eine ohnehin famose Saison doch noch mit Andreas Kötter einem Titel zu krönen. Schon das Halbfinale, damals noch in Hin- und Rückspiel d R k i l ausgetragen, hat h alles, was das Fußballherz begehrt. Während Schalke im Hinspiel in Köln beim 1:4 gegen Overath, Cullmann und Co. noch chancenlos ist, gerät das Rückspiel zu einem wahren Krimi, der Fußballgeschichte schreibt. Zur Halbzeit haben Rüssmann, Fischer und Scheer die Kölner Führung aus dem Hinspiel längst egalisiert. Dann aber drehen die Domstädter auf au und kommen im Verlauf der zweiten Hälfte auf 2:3 heran. Es E sieht schlecht aus für Königsblau, das nun noch zwei Treffer benötigen würde, um wenigstens eine Verlängerung zu erreib ch chen. Als Klaus Beverungen in der 80. Minute auch noch einen Elf Elfmeter verschießt, scheint das Finale unerreichbar. Doch Empfang der DFB-Pokalsieger FC Schalke 04 am 2.7.1972 in d Fußballgott (und der Schiedsrichter) haben an diesem der

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Gelsenkirchen. Erwin Kremers mit Pokal. Seite

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Interview

Erwin Kremers „Ohne den Bundesliga-Skandal wäre diese Elf ein-, zweimal Meister geworden!“ Von Andreas Kötter Herr Kremers, war die Bundesliga-Saison 1971/72 mit der anschließenden Europameisterschaft und dem EM-Titel das Highlight Ihrer Karriere? Das kann man so sagen, auch wenn es durchaus noch einige weitere sehr schöne Momente gegeben hat. Etwa der Beginn meiner Karriere bei Borussia Mönchengladbach sowie auch die auf die 71/72er Spielzeit folgende Saison mit dem erkämpften Klassenerhalt von Schalke. Damals mussten wir wegen des Bundesliga-Skandals und der Sperre für viele Spieler mit einer völlig veränderten Truppe spielen, die nicht mehr viel mit der Pokalsieger-Elf gemeinsam hatte.

Was machte diese Elf so stark? Ich sage sehr gerne, dass es noch keinem geschadet hat, wenn er Fußball spielen kann, Betonung auf spielen (lacht). Wir hatten damals mit Ivica Horvat nicht nur einen sehr guten Trainer, sondern auch hervorragende Fußballer in unseren Reihen. Zudem hat sich diese Mannschaft durch sehr freundschaftliche Beziehungen untereinander ausgezeichnet. So habe ich bis heute ein sehr enges Verhältnis zur Familie von Rolf Rüssmann, der leider 2009 verstorben ist – was mich immer noch sehr schmerzt. Übrigens sind sich auch die Kinder unserer Familien heute g freundschaftlich verbunden. fre

Rüssmann R ü war in den 90er Jahren Manager von Borussia MönchengladM bach, die Sie 1969 verlassen haben. Hab ben be Sie diesen Schritt später bereut, als a die Borussia in den 70er Jahren fünfmal Meister wurde? fü B Borussias Erfolg trug damals einen Namen, den von Trainer Hennes Weisweiler, der d Singende Fußballer – in einen wunderbaren Fußball spielen ließ. den 70er Jahren durchaus Leider hatten mein Zwillingsbruder Helmut nicht ungewöhnlich! und ich mit dem damaligen Geschäftsführer der Borussia einige Schwierigkeiten, die schließlich zu unserem Weggang führten – was Weisweiler sehr bedauert hat. Er wollte uns später unbedingt aus Offenbach zurückholen, wir aber haben uns damals für Schalke entschieden. So ist das Leben! So oder so bin ich aber dankbar, eine solch tolle Zeit miterlebt zu haben. Und Wenn und Aber sollte es im Fußball ohnehin nicht geben.

Apropos Helmut: Ist es ein Vergnügen oder eher eine Zumutung, mit dem Zwillingsbruder in einer Profi-Mannschaft zu stehen? Das ist eine tolle Sache. Und wenn man heute von blindem Verständnis

© Horstmüller

Das möchte ich mir nicht anmaßen zu entscheiden. Ich glaube, dass alle drei Mannschaften Großes geleistet haben. Aber alle drei Teams haben es auch versäumt, endlich wieder einmal deutscher Meister zu werden. Das ist sehr schade. Wobei ich allerdings davon überzeugt bin, dass die 72er-Elf ohne den Bundesliga-Skandal ein-, zweimal Meister geworden wäre. Ich möchte die Erfolge der damaligen Top-Klubs Bayern München und Borussia Mönchengladbach nicht kleinreden. Aber ich glaube, dass wir ohne den Skandal ebenfalls unseren Weg gemacht hätten.

© Pressefoto

War die 72er-Elf trotz der Euro-Fighter von 1997 und der Vier-Minuten-Meister von 2001 die beste Schalker BundesligaElf aller Zeiten? spricht und von Laufwegen, die der eine vom anderen kennt, war das bei uns auch damals schon der Fall. Tatsache ist aber auch, dass oft nicht von Helmut oder Erwin gesprochen wurde, sondern immer nur von den Kremers. Man hat uns nun w mal meist als Zwillinge, nicht aber als Einzelpersonen wahrgem nommen. Das habe ich aber sehr gerne in Kauf genommen. Und Helmut auch!

Ihre schönste Erinnerung an diese Zeit?

I Ich glaube, die schönste Erinnerung ist die an unsere Gemeinschaft, an den Zusammenhalt. Ich weiß nicht, ob es das heute im Profi-Fußball noch gibt. Das war wirklich eine ganz tolle Zeit.

Heute heißt es oft, den Fußball von damals könne man nicht mit dem heutigen vergleichen, im Vergleich zu heute sei damals alles in Zeitlupe abgelaufen; teilen Sie diese Ansicht? Meine Freundin sagt, dass sogar die deutsche Frauen-Nationalmannschaft heute schnelleren Fußball spielt, als wir das damals getan haben. Diese provokative Behauptung zeigt aber schon, dass sie keine Fußballexpertin ist. Man muss doch sehen, dass Fußball heute taktisch ein völlig anderes Spiel ist. Umso mehr glaube ich aber, dass jedes Match damals für einen Stürmer katastrophal schwierig war. Man spielte noch mit Manndeckung, so dass ein Stürmer 90 Minuten lang einen Sheriff an seiner Seite hatte. Diese Sheriffs haben oft getreten wie die Kesselflicker. Und ich glaube, dass ich durchaus sagen darf, dass man mich damals buchstäblich kaputtgetreten hat – ohne dass die Schiedsrichter wirklich eingegriffen hätten. Da haben es die Stürmer heute besser. Aber ich sehe auch, dass der Fußball als Ganzes heute viel weiter ist als damals. Wenn ich nur betrachte, wie sich die Stadien und die Stimmung in diesen Arenen entwickelt haben, bin ich wirklich begeistert!

Zum Abschluss bitte noch eine Einschätzung zur aktuellen Schalker Elf? Ich bin davon überzeugt, dass Schalke auch in dieser Saison grundsätzlich eine sehr gute Mannschafft stellt. Wenn demnächst nach Huntelaar auch weitere verletzte Spieler wie Draxler, Höwedes oder Papadopoulos zurückkehren werden, bin ich überzeugt, dass Schalke noch eine sehr gute Meisterschaft spielen wird. Allerdings glaube ich auch, dass der Titel auf Jahre an die Bayern vergeben ist. Ich bejammere das aber nicht. Im Gegenteil: Die Bayern haben sich diese Klasse über Jahrzehnte erarbeitet und damit auch verdient. Und ich scheue mich auch nicht zu sagen, dass ich ein großer Fan von Bayern München bin.

Expertenfrage: Wer ist Erwin, wer ist Seite Helmut?! GoodTimes 2/2014 65 ■


Wie ein Katastrophenfilm die Kinozuschauer in Angst und Schrecken versetzte 1973 rollte im Film "Die Höllenfahrt der Poseidon" eine gewaltige Flutwelle über die Kinoleinwände und versenkte den gleichnamigen Luxusliner. Das Kreuzfahrtschiff erlitt auf spektakuläre Weise Schiffbruch, nicht aber das Produktionsstudio 20th Century Fox, das mit dem Überraschungshit nur knapp an der damals noch magischen Einnahmegrenze von 100 Millionen Dollar vorbeischrammte. Die Welle, die der Poseidon zum Verhängnis wurde, löste in Hollywood eine ganze Flut von Genrebeiträgen aus und läutete die Blütezeit des Katastrophenfilms ein.

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ür das folgende Jahr plante Fox dann aus naheliegenden Gründen einen ähnlichen Blockbuster. Das Studio hatte sich deshalb bereits die Rechte an dem kurz zuvor erschienenen Roman „The Glass Inferno" gesichert. Im Buch ging ein 66 Stockwerke hoher Wolkenkratzer in einer nicht näher benannten amerikanischen Stadt in Flammen auf – genau der Stoff, den das Studio suchte, denn die Story wies ein analoges Grundschema wie „Die Höllenfahrt der Poseidon" auf: Naturgewalten, diesmal Feuer statt Wasser, zerstören einen Superlativ menschlicher Ingenieurskunst, hier einen imposanten Wolkenkratzer.

gegenseitig Konkurrenz zu machen, einigten sich Fox und Warner schließlich auf eine Zusammenarbeit. Dies war die erste Kooperation dieser Art zwischen zwei großen Hollywoodstudios.

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rwin Allan, der als „Master Of Disaster" in die Filmgeschichte eingehen sollte, weil er für zahlreiche Katastrophenfilme verantwortlich zeichnete, produzierte das Projekt und beauftragte den Drehbuchautor Stirling Silliphant damit, die beiden Romanvorlagen llerdings schlief die Konkurrenz in Chief O'Halloran: Steve McQueens zu einem vernünftigen Skript auszuarbeiten. Silliphant Hollywood natürlich nicht und verheißeste" Rolle hatte bereits das Drehbuch für „Die Höllenfahrt der suchte ebenfalls, im neuentstandenen " Poseidon" geschrieben und war daher gut mit den Regeln des von Katastrophenfilm-Genre ordentlich Kasse zu machen. Warner Brothers ihm mitgeprägten neuen Genres vertraut. Das fertige Skript folgte hatte sich schon während der Dreharbeiten zu „Die Höllenfahrt der allerdings fast ausschließlich der Story aus „Glass Inferno". Silliphant Poseidon" die Rechte am Roman „The Tower" gesichert, der nahezu verlegte die Handlung nach San Francisco, wo im Film der neue 138 die gleiche Geschichte wie „Glass Inferno" erzählte. Um das Risiko zu vermeiden, sich mit zwei kostenintensiven, inhaltlich ähnlichen Projekten Stockwerke hohe Wolkenkratzer der Firma Duncan Enterprises gerade

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feierlich eingeweiht wird. Noch am selben Tag kommt es dann aber sowohl im Kontrollraum als auch in einem Zimmer des 81. Stockwerks zu Kabelbränden, die auf schlechtes Isoliermaterial zurückzuführen sind. Der Brand im Kontrollraum wird schnell entdeckt. Als Architekt Doug Roberts davon erfährt, stellt er Jim Duncan, den Besitzer des Gebäudes, sogleich zur Rede. Es kristallisiert sich heraus, dass dessen Schwiegersohn mit den Arbeiten an den elektrischen Leitungen beauftragt war und am Material gespart hat, um Geld in die eigene Tasche zu wirtschaften. Erschüttert von dieser Nachricht fordert Roberts, dass die Einweihungsfeierlichkeiten, zu denen der Bürgermeister und die Stadtprominenz in den 135. Stock geladen worden sind, unverzüglich abgesagt werden. Aber Duncan wischt die Einwände beiseite.

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wischenzeitlich breitet sich der Brand im 81. Stockwerk weiter unbemerkt aus und führt zur Katastrophe. Doch selbst als das Unglück entdeckt wird und die Feuerwehr bereits in das Gebäude einrückt, zeigt sich Duncan noch unbeeindruckt. Er fürchtet um das Ansehen seiner Firma und weigert sich, den Aufforderungen von Einsatzleiter O'Hallorhan Folge zu leisten. So kommt es, wie es kommen muss. Die Feuerwehr wird der Flammen nicht mehr Herr, und schließlich sind die Gäste im 135. Stockwerk eingeschlossen. Eine Reihe dramatischer Rettungsversuche beginnt ...

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as heute nach abgedroschenen Genreklischees klingen mag, war 1974 die Blaupause für alle Filme dieser Art: Die wichtigen Köpfe aus Wirtschaft oder Politik ignorieren die heraufziehende Gefahr, Geplatzte Träume: Architekt Duncan und seine Freundin Susann nach der Katastrophe bis es zu spät ist. Die anschließenden Rettungsversuche kosten dramatisch viele Opfer. Dieses Grundkonzept war seinerzeit ein erfrischend neues Mittel zum Spannungsaufbau.

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ber über dieses Starensemble hinaus sollte der Film vor allem durch seine spektakulären Rettungsszenen überzeugen. In einer Szene war geplant, die Partygäste über die an den Außenwänden des Turms angebrachten Fahrstuhlgondeln zu retten: Als eine dieser Gondeln aus ihrer Verankerung zu reißen droht, wird sie mit Hilfe eines Hubschraubers geborgen. Die gefährliche Aufgabe, das Drahtseil in mehreren hundert Metern Mit bösen Vorahnungen: Paul Newman als Architekt Doug Roberts Höhe an der Kabine zu befestigen, war natürlich eine Paradeszene für Actionstar McQueen! Tatsächlich gerettet wurde der gläserne Turm schließlich durch die Sprengung der auf dem Dach befindlichen Wassertanks, wodurch mehrere Millionen Liter Wasser die Flammen ersticken.

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rotz der aufwändigen Actionszenen dauerten die Dreharbeiten nur vier Monate. Die stargespickte Besetzung und die teure Tricktechnik verschlangen 20 Millionen US-Dollar. Am 10. Dezember 1974 feier-

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m den actionreichen Plot auch gut vermarkten zu können, casteten die beiden Studios ein gewaltiges Starensemble zusammen. Zwei sehr unterschiedliche Kassenmagneten, der smarte, elegante Frauenschwarm Paul Newman (als Architekt Doug Roberts) und „Mr. Cool" Steve McQueen (als Feuerwehrchef O'Hallorhan), sollten jeweils ihre Fangemeinden in die Kinos locken. Ursprünglich war zudem geplant, William Holden gleichberechtigt als dritten Superstar auflaufen zu lassen, doch da Warner und Fox glaubten, dass der Westernheld den Zenit seiner Karriere überschritten hatte, erhielten am Ende nur Newman und McQueen die TopGagen von einer Million Dollar und 7,5 Prozent der Einnahmen. Neben den beiden Superstars wurden noch weitere Hollywood-Größen verpflichtet: Faye Dunaway war die schöne Frau an Paul Newmans Seite. Robert Vaughn verkörperte einen Senator auf der Eröffnungsfeier von Jim Duncan, welcher wiederum schließlich von William Holden gespielt wurde. Der junge Richard Chamberlain erhielt die klassische Rolle des Fieslings Georg Simmons. Sein Part war etwas undankbar, denn bei ihm handelte es sich um den flachsten Charakter des ganzen Plots. Nicht nur, dass Simmons für die Kabelbrände verantwortlich war, er entpuppte sich anschließend auch noch als Feigling, der wegen seiner selbstsüchtigen Art die Rettungsarbeiten sabotierte. GoodTimes Goo Go G o oo odT Tiim T me es es

Elegeant, sexy, cool: Newman, Dunaway, McQueen

te der Film seine Premiere. in New York, wo erst ein Jahr zuvor die beiden Riesen des World Trade Centers fertiggestellt worden waren. Der Erfolg von „Flammendes Inferno" stellte den der „Poseidon" noch einmal deutlich in den Schatten. Weltweit spielte der Film 116 Millionen Dollar ein. Bei den Oscars des Jahres 1975 erhielt der Film die Goldjungen für die beste Kamera, den besten Schnitt und den besten Song. Einen Special-Effect-Oscar gab es zu dieser Zeit noch nicht.

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ie Story und vor allem auch die Spezialeffekte von „Flammendes Inferno" mögen heutzutage, nach Dutzenden von Blockbustern, die dem Schema dieses Films folgten und deren Macher später dann auf digitale Effekte zurückgreifen konnten, etwas angestaubt wirken. Trotzdem genießt er mittlerweile Klassikerstatus und gilt zu Recht als einer der Höhepunkte des Katastrophenfilm-Genres. Und die Eleganz eines Paul Newman und die Coolness eines Steve McQueen sind ohnehin zeitlos ... Alexander Querengässer 1/ 1 1/2014 /201 20 2 01 0 1 14 4

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Tatort"-Konkurrenz aus dem Osten "

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Foto: © DRA /Bernd Nickel

eigenen Bevölkerung. Für die Filmemacher 0.000 Ost-Mark sind aus dem Tresor war dies oft ein aufwändiger Spagat, reale eines Postamtes gestohlen worden, die Konflikte in einer vorgeblich konfliktfreiSchalterangestellte Lisa Murnau wurde bei dem Überfall lebensgefährlich veren Gesellschaft zu zeigen. Doch er gelang letzt – so präsentierte sich einst der erste Fall immer wieder, selbst tabuisierte Themen von Oberleutnant Fuchs, später gern auch wie Alkoholmissbrauch, Vergewaltigung, mal „der Maigret des Ostens" genannt, und Kindesmissbrauch und Mord fanden neben seiner charmanten Kollegin Leutnant Vera kleineren Delikten wie Einbruch, Betrug und Arndt, der ersten Ermittlerin im deutschen Jugendkriminalität Einzug in die einzelnen Fernsehen. „Der Fall Lisa Murnau" bildete den Episoden. Zugleich waren die „Polizeiruf"Startschuss für eine neue Peter Borgelt, der Chefermittler DDR-Krimiserie, die seit des Polizeirufs", in der ersten Folge Juni 1971 ausgestrahlt " Der Fall Lisa Murnau" (1971). wird – wenn man so will, " die ostdeutsche Antwort auf den ARD-„Tatort", der etwa ein halbes Jahr zuvor, im November 1970, seinen Siegeszug antrat. Schon in den 60er Jahren hatte das DDR-Fernsehen übrigens auf eine erfolgreiche Krimiserie aus dem Westen reagiert: „Blaulicht" hieß damals das ostdeutsche Pendant zu „Stahlnetz" und stellte ebenso authentische Kriminalfälle nach wie das Original. Der „Polizeiruf" hatte mit seinem Vorgänger allerdings nicht viel gemeinsam. Waren es in „Blaulicht" meist Fälle von westdeutschen Filme oftmals ein Abbild des wirklichen Lebens Agenten, Schmugglern und Schiebern, die der in der DDR. Sobald der moralische Zeigefinger noch jungen DDR Schaden zufügten, setzte weggelassen und der ostdeutsche Alltag die „Polizeiruf"-Serie auf Kriminalfälle in der sozialkritisch-genau wiedergegeben wurden, Seite

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erfreute sich die Serie größter Beliebtheit. Andere Folgen wiederum punkteten mit Ironie und Biss. Jedoch verzichtete man dabei meist auf reißerische Actionszenen. Souverän und sachlich, durchaus aber unterhaltsam ermittelte das Team um Oberleutnant – ab der 55. Folge Hauptmann – Fuchs, gespielt von Peter Borgelt. Zum Team des Chefermittlers zählten vor allem Leutnant Vera Arndt (Sigrid Göhler), Oberleutnant Jürgen Hübner (Jürgen Frohriep), Leutnant Thomas Grawe (Andreas Schmidt-Schaller) und Leutnant Subras (Alfred Rücker). Letzterer schaffte es in ganze 25 Folgen, er war der ewige Praktikant, der ständig gebeutelte und zugleich immer sympathische NachwuchsPolizist, der es schließlich zum Leutnant schaffte. In der Folge „Alibi für eine Nacht", ausgestrahlt im Sommer 1977, war er allerdings das letzte Mal dabei: Der Schauspieler Alfred Rücker hatte im Zuge der Ausbürgerung von Wolf Biermann einen Ausreiseantrag gestellt. Ab 1979 lebte der spätere NDR2-Sprecher in Hamburg. Der Ausstieg der ersten Ermittlerin im Ostwie West-Fernsehen, Leutnant Vera Arndt, nach 46 Einsätzen war dagegen von langer Hand geplant. In der 1983er-Folge „Es ist nicht immer Sonnenschein" wird sie am Ende des Films von Hauptmann Fuchs, mit Abschiedsgeschenken überhäuft, nach Hause


in den Westen flüchteten. Die Folge „Im Alter von ..." aus dem Jahr 1974, die den authentischen Fall des später hingerichteten Kindermörders Der Kreuzworträtselfall" (1988) erzählt die Erwin Hagedorn aus " auf Tatsachen beruhende Geschichte eines Eberswalde themaKindermordes. Dem Täter kam man durch Prüfung tisierte, erlebte wievon über 550.000 Schriftproben auf die Spur. derum eine späte und ungewöhnliche Premiere: Die verbotene Folge galt lange als verschollen, bis man vor wenigen Jahren ein Kamera-Negativ fand. Der Film wurde rekonstruiert sowie synchronisiert (es existierte keine Tonspur mehr) und 2011 erstmals in der ARD gezeigt. Unter den zahlreichen Folgen sind zwar auch einige wenige Langweiler (wie beim „Tatort" auch), aber es gibt ebenso ganz herausragende wie etwa oder Leipzig, ein anderes Mal in Rostock, „Der Kreuzworträtselfall", „Der Mann im Wismar, Erfurt oder in Halle an der Saale. In Baum" oder „Das Duell". In den dritten manchen Folgen wurde gar nicht erwähnt, Programmen laufen regelmäßig die alten in welcher Gegend der Episoden, außerdem gibt es mittlerweile 18 Während der Dreharbeiten zur 103. Folge Fall angesiedelt war, die DVD-Boxen mit jeweils acht Folgen. Und Ein großes Talent" im Jahr 1985. Drehorte wurden aber denes folgen immer wieder neue „Polizeiruf"" noch schnell erkannt. Filme nach, ausgestrahlt zur besten Sendezeit am Sonntag in S der ARD. Einige Folgen sind preisgekrönt, neben vielen weiteren Preisen gab es jeweils viermal den Grimme- und den Deutschen Fernsehpreis. Ermittelt wird heute in Brandenburg, Rostock, Magdeburg, aber auch in München mit Schauspielern wie Anneke Kim Sarnau, Charly Hübner, Sämtliche DDR-Stars spielten im Polizeiruf", " Matthias Brandt, Claudia hier Günter Schubert (links). Lutz Riemann und nicht zuletzt Günter Michelsen und Horst Krause. Naumann, einer der charismatischsten Im Zuge der Wiedervereinigung Deutschlands kam es zwischen Persönlichkeiten in der Krimireihe. „Polizeiruf" und „Tatort" übrigens Das „Polizeiruf 110"-Gesicht schlechthin zu einem gemeinsamen Krimi: In bleibt aber Peter Borgelt. Mit 84 Folgen „Unter Brüdern" aus dem Jahr als Peter Fuchs prägte er die Serie wie 1991 gehen Fuchs und Grawe kein anderer. Der Schauspieler war so mit Schimanski (Götz George) sehr mit seiner Rolle verwachsen, dass und Thanner (Eberhard Feick) ihn Zuschauer, die ihm zufällig im Alltag gemeinsam ans Werk. Ein Film begegneten, nicht mit seinem Namen, mit vielen Klischees und reichlich sondern mit „Hauptmann Fuchs" anspraAlkohol, aber dennoch herrlich chen. 1991 spielte Borgelt seinen letzten komisch. Thanner taucht im sel„Polizeiruf", drei Jahre später erlag er ben Jahr dann ein weiteres Mal einem Krebsleiden. Fuchs bzw. Borgelt als Chefermittler ist sozusagen die folgenim „Polizeiruf" auf. In „Thanners übergreifende Klammer, nicht zwangsläufig Bis zum Ende der DDR entstanden so über 150 neuer Job" ist der Beamte aus NRW der neue musste jeder Kollege seines Teams in jeder Folgen, wovon sechs zwar als „Polizeiruf"Vorgesetzte der ostdeutschen Kollegen. In Folge auftauchen. Ein logistischer Schachzug, Teile gedreht, aber schließlich als separate der Schlussszene nimmt Fuchs, mittlerweile Kriminalhauptkommissar, wortlos seine Jacke denn die meisten Schauspieler hatten neben Fernsehfilme gesendet wurden. Die Episode und geht. Sein Abschied aus der „Polizeiruf"ihren TV-Engagements Theaterverpflichtungen „Rosis Mann" aus dem Jahr 1984 jedoch Serie ... und standen somit nicht für jeden Dreh zur wurde nie gezeigt, da mehrere Hauptdarsteller Christian Hentschel Verfügung. Ebenso variierten die Schauplätze: noch vor der geplanten Erstausstrahlung Foto: © DRA/Wolfram Zeuch

Mal ermittelten Fuchs und seine Genossen von der Kriminalpolizei an der Ostsee, dann wieder im Erzgebirge, mal in Berlin, Karl-Marx-Stadt

Foto: © DRA/Christine Nerlich

Foto: © DRA/Thomas Jacob, Horst Klewe

gefahren: Sie soll einen Dozentenjob an der Polizeihochschule antreten und verschwindet deshalb aus der Serie. Nach dem Abgang ist es um die heute 71-jährige Schauspielerin Sigrid Göhler ruhig geworden, sporadisch sah man sie noch in Fernsehfilmen (darunter auch dem Jubiläums-„Polizeiruf" von 2001), ansonsten spielte sie in der ostdeutschen Provinz Theater. Inzwischen hat die Rentnerin ihre schauspielerische Laufbahn beendet. Jürgen Frohriep als Oberleutnant Hübner war neben Fuchs der aktivste Ermittler. Seinen ersten Einsatz erlebte er bereits in der siebten Folge der Serie, 1972. Und als man 1994 den „Polizeiruf" als gesamtdeutsche Fernsehserie wieder aufleben ließ, war Frohriep immer noch dabei. Allerdings sollte sein 64. Fall der letzte werden. Kurz nach den Dreharbeiten verstarb der Schauspieler mit 65 Jahren. Mit Leutnant Thomas Grawe, gespielt von Andreas Schmidt-Schaller, zog dann frischer Wind ein. Der Ermittler in Lederjacke war eine Art DDR-Schimanski. Nicht ganz so cool und ruppig wie das Duisburger Original, aber immerhin weniger steif als die dennoch sympathischen Fuchs und Hübner. SchmidtSchaller ist dem Fernsehkrimi übrigens bis heute treugeblieben, seit 2001 gehört er zum „Soko Leipzig"-Team. Weitere Ermittler waren u.a. die Schauspieler Jürgen Zartmann,

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Brehms Tierleben

Von Thorsten Pöttger

Alfred Brehm und seine sprachgewaltigen Tierporträts Vor dem Siegeszug der Kamera ra on waren auch Tierfans auf Berichte von en Augenzeugen angewiesen. In jenen d längst vergangenen Zeiten entstand k, ein mehrbändiges Nachschlagewerk, er das zu einem der größten Erfolge der Buchhandelsgeschichte wurde. Dass ess n, nicht nur in den Regalen von Experten, d sondern ebenso auch von Laien stand und steht (!), ist das Verdienst einess Forschers, der auszog, um der Welt sei-nen Blick auf die Tierwelt zu eröffnen.

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und veröffentlichte 1854/55 in drei Bänden seine „Reiseskizzen aus Nordostafrika", die ihm bei seinen Kommilitonen den Spitznamen „Pharao" und einen Doktortitel einbrachten. Auf diese Weise baute er sich eine eigene Forscherexistenz auf. s Dann kündigte sich ein neuer Lebensabschn Lebensabschnitt an: Der Sohn des Vogelpastors sic nach einem wandelte sich Umzug nach Leipzig vom Gymnasiallehrer für Geografie bzw. Naturgeschichte und Fachgeschic zeit schriftenredakteur zum schriftenreda Populärschriftsteller. Seine Tierschriftstell beschreibungen wurden sehr beliebt, da sie frischer und lebenfrisc diger als die älterer Autoren äl wirkten. In der vielgelesenen Zeitschrift „Gartenlaube" mit „Gar einer für damalige damal Verhältnisse sensationellen sensationelle Auflage von 275.000 Exemplaren fanEx den seine Erzählungen Gedichten, neben Biografien Biografi f e und anderen Aufsätzen eine geeigAufsätz Plattform für das nete Pl deutsc Bürgertum deutsche 19 Jahrhunderts. des 19. Na einer neuNach eerlichen Exkurssion nach A Afrika erhielt B Brehm ein A Angebot von He Hermann Julius Meyer, Sohn des Mey

Illustrationen: © Klaus Ensikat

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lfred Edmund Brehm kam am 2. Februar sollte entsprechend nicht nur zu ihrer 1829 als erstes Kind des Pastors Vergrößerung, sondern auch zur Vermehrung Pastorrs Vergrößerun Christian iihres Werts beitragen. Mit Hilfe Ludwig Brehm eeines wenige Jahre älteren Mäzens und seiner – der ihn allerdings während der zweiten, 23 Expedition im Stich ließ – brach E Jahre jüngeren der 18-jährige Alfred also im Juni d Ehefrau Bertha 1847 für insgesamt über fünf Jahre zur Welt. Sein iin Richtung Nil zu seiner ersten Talent wurde Auslandsreise A uslandsreise auf. Und das zu einer ihm praktisch in Zeit, Z it, als es die Ausnahme (und die Wiege gelegt: nicht n cht die Regel) war, dass Reisende Während seine vvon n dort überhaupt zurückkehrhochbegabte ten, t n, und Briefe zwischen Mutter ihn mit Deutschland Deutschland und Afrika den Klassikern Neun verschiedene Ausgaben von Brehms mehrere mehrere Monate unterTierleben aus den Jahren 1876 bis 1963. der Literatur verwegs egs waren. Die größten traut machte, war sein vogelkundiger Vater, Gefahren stellten llten damals wie heute jedoch der auch erfolgreich über sein Steckenpferd nicht etwa wilde Tiere, sondern Klima und publizierte, zu seinen Lebzeiten sogar noch Krankheiten dar. Auch Brehm überlebte eine bekannter als sein heute weit renommierterer Malaria-Infektion ktion nur mit viel Glück. Bis zu Sohn. Nicht von ungefähr war Alfreds perseinem Tod mit 55 Jahren litt er immer wieder sönliches Lieblingswerk denn auch nicht etwa an Fieberschüben üben und verstarb letztlich auch das „Tierleben", sondern – dem Andenken an den Spätfolgen olgen der Erkrankung. seines Vaters, des Vogelpastors, gewidmet und Zum Glück für die Nachwelt hatte er indes stark von diesem beeinflusst – „Das Leben der viele Niederschriften schriften dabei, als er mit 23 Vögel" (1861). Jahren – gerade rade rechtzeitig zur Teilnahme an einer Ornithologen-Versammlung nithologen-Versammlung – in Ursprünglich sollte Alfred Brehm nach einem dstadt Altenburg zurückkehrseine Jugendstadt berufsbezogenen Unterricht an einer Kunsteigeentlich ein Archi Arc tekturn n kleinen Zoo, verstaut in ne te, sowie einen und Handelsschule eigentlich 16 großen Kisten. studium in DresKisste t n. Dass der junge Brehm nach seinen Afri Afrika-Erlebnissen den aufd ika k -Erlebnissen nicht länger Architekt werden nehmen, n rden würde, wür ü de, war offensichtlich. Sein Vater beantragte doch sein d beaant n ragte deshalb mit Erfolg die Immatrikulation ForscherFo Immatriku kulation seines Sohnes herz siegte he es zum Studium Studiu um der Naturwissenschaften und verlangte v issenschaften in Jena. Alfred nach Neuem – so wie die ed begann, nebenbei für damals 7000 europäisc europäische Arten ür Fachzeitumfassende Vogelsammlung im Vogelsamm schriften zu Pfarrhaus Pfarrh rhaus des Vaters in Renthendorf Ren schreiben, im Südosten Südoste ten n Thüringens. Nordostafrika Nord


Gründers des Bibliografischen Instituts, zur Veröffentlichung eines mehrbändigen volkstümlichen Nachschlagewerks über die Tierwelt. Das war die Geburtsstunde des ersten Bandes von „Illustriertes Tierleben, eine allgemeine Kunde des Tierreiches", wie „Brehms Tierleben" ursprünglich hieß. Zwischen 1863 und 1869 erschienen insgesamt sechs Bände, die sich von bisherigen Tierbüchern stark unterschieden. Für die Illustrationen, in denen die Lebewesen nicht etwa ausgestopft und regungslos, sondern als „fühlende" Geschöpfe im Bewegungsablauf gezeigt wurden, konnte Brehm einen Reisegefährten namens Robert Kretschmer sowie den Leipziger Tiermaler Emil Schmidt gewinnen. Die Bilder harmonierten prächtig mit Alfreds Beschreibungen, weil er erstmalig wissenschaftliche Klassifizierungen mit Beobachtungen am „lebenden Tier" verband. Auf diese Weise wurden plastische Tierporträts geschaffen.

denen die wirbellosen Tiere abgehandelt wurden, verfasste er die insgesamt zehn Bände höchstpersönlich.

Das Pfarrhaus in Renthendorf mit BrehmGedächtnisstätte (Foto aus den 1980er Jahren)

den Entwürfen zu den Bänden drei und vier brütete, gab ihm letztlich aber Recht. 1863 erreichte Brehm dann ein weiteres Angebot, das ihm einen Wunschtraum erfüllte: Er wurde zum Leiter des damals in Neugestaltung befindlichen Zoologischen Gartens in Hamburg berufen (nicht zu verwechseln mit dem später gegründeten und noch heute bestehenden Tierpark Hagenbeck). Trotz florierender Besucherzahlen überwarf er sich drei Jahre später allerdings mit dem Verwaltungsrat, der ihm unter anderem wegen seiner allzu „menschlichen" Tierschilderungen Blasphemie und Populismus vorwarf, und wurde am Ende entlassen. Eine weitere Aufgabe ließ jedoch nicht lange auf sich warten: 1869 eröffnete das Berliner Aquarium, das letztlich aber eher einen überdachten Tiergarten darstellte, wie ihn Direktor Brehm angeregt hatte. Wassertiere allein hätten weder ihn zufriedengestellt noch zum Weltruf des Aquariums beim Publikum geführt. Die größten Schwierigkeiten beim Schreiben bestanden für Brehm darin, den Umfang nicht zu überschreiten, weshalb eine sorgfältige Auswahl getroffen werden musste. Zudem waren die verschiedenen Tierklassen bis dato sehr ungleichmäßig erforscht worden. Und trotz seines beträchtlichen Wissens war er auf Literatur anderer angewiesen, über deren Zuverlässigkeit sein Urteil entscheiden musste. Der weltweite Erfolg seines Werks, der sich bereits abzeichnete, während er noch über

Bauentwürfe zeigen, dass er sich danach ursprünglich in Wien ein weiteres Mal als „Tiergärtner" betätigen wollte. Doch die Pläne zerschlugen sich. Stattdessen kam es vor seinem Tod am 11. November 1884 zur Vollendung seines Lebenswerks: 1879 machte sich Brehm nach der Rückkehr von einer Spanien-Reise an den Abschluss der „zweiten, umgearbeiteten und vermehrten Auflage" des „Tierlebens". Mit Ausnahme zweier Bände, in GoodTimes

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Und was bleibt als Doktor Brehms Vermächtnis? Dass er Reptilien anhand von Bibelzitaten belegte, hielt dem Test der Zeit ebenso wenig stand wie seine mit Vorliebe vorgenommene Einteilung der Tierwelt in gut und böse oder in schön und hässlich. Seine Stärke, anhand einer präzisen Beobachtungsgabe persönlich gefärbte sprachgewaltige Charakterisierungen seiner Forschungsobjekte vorzunehmen, kann zugleich als Schwäche ausgelegt werden. Die Aktualität des „Tierlebens" wird allerdings dadurch bewahrt, dass seit seiner Erstveröffentlichung allein in Deutschland über 200 weitere Ausgaben erschienen sind. Forscher haben es laufend korrigiert und aktualisiert. Manche Tiere haben einen präziseren Namen erhalten (zum Beispiel „Pinguin" statt „Fettgans"), manche sind schlichtweg ausgestorben. Inzwischen liegt „Brehms Tierleben" digitalisiert, als Hörbuch, für Kinder bearbeitet und in weiteren Versionen vor. Wer sich für Tiere interessiert und die Natur für schützenswert hält, kommt an ihm weiterhin kaum vorbei.


Das ikonografische Gesicht der Sixties Erscheint ein Buch über die 60er Jahre, liegen die Auswahlmöglichkeiten für die auf dem Cover abgebildeten VIPs auf der Hand: Entweder sind die lächelnden Beatles zu sehen, die mürrisch dreinblickenden Rolling Stones – oder Twiggy. Sie verkörpert eine Epoche, und ihr Image wird unweigerlich mit den sozialen, kulturellen und modischen Umbrüchen des Jahrzehnts verknüpft. Die kleine Lesley Hornby aus einem winzigen Häuschen im unbedeutenden Londoner Vorort Neasden hat es weit gebracht ...

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eah Baby, groovy. Komm schon. Du bist wunderbar! Leg den Kopf zur „ Seite. Ja, super-duper. Genau richtig." Was wie ein Ausschnitt aus einem Austin-Powers-Film klingt, war in den Sechzigern der ganz normale Tonfall, mit dem Starfotografen ihre Supermodels zu Höchstleistungen anstachelten. Doch Moment mal! Supermodels? Die gab es eigentlich erst nach Twiggy, denn der Begriff wurde dank und mit ihr geboren. Natürlich hatten sich einige Models schon vorher einen guten Ruf in der Mode-Industrie erarbeitet und wurden häufig abgelichtet – wie zum Beispiel die

wunderschöne Jean Shrimpton, die Cover von „Vogue" oder „Vanity Fair" zierte. Sie stand für den Typ Frau, der nicht mehr mit dem Fünfziger-Ideal übereinstimmte, wo Wasserstoffblondinen, Atombusen und ausladende Becken die Blicke der Öffentlichkeit magisch auf sich zogen. Tja, die Tage von Jayne Mansfield, Rita Hayworth oder Jane Russell Jean gehörten der Vergangenheit an. Shrimpton Shrimpton hatte ein eher zierliches Erscheinungsbild, lange Beine, sie war schlank und symbolisierte den weiblichen Teenager, der sich durch den von der britischen Designerin Mary Quant popularisierten Minirock („Kürzer – Seite

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es geht kürzer – noch kürzer!"), Overknees und Strumpfhosen modisch ausdrückte. Twiggy, deren Name dann zum Inbegriff der Stilikone wurde, erblickte am 19. September 1949 als dritte Tochter des Tischlermeisters William Norman Hornby und seiner Frau Nellie Lydia unter dem bürgerlichen Namen Lesley Hornby das Licht der Welt. Als ihre Mutter sich des ungeplanten Familienzuwachses bewusst wurde – sie war 41, ein für die damalige Zeit


risikoreiches Alter für eine Schwangerschaft –, redete sie über eine Woche lang nicht mehr mit ihrem Mann. Der meinte daraufhin schmunzelnd: „Muttchen, dazu gehören immer zwei." Die Familie lebte in Neasden, einem damaligen Londoner Vorort. Das elterliche Haus am St. Raphael’s Way Nummer 93 wirkte wie ein überdimensioniertes Puppenhaus, was in der Zeit allerdings für viele Gebäude charakteristisch war. Die kleine Lesley wurde von der ganzen Familie verwöhnt und mit viel Zuneigung bedacht, was sich sicherlich auf das sonnige Gemüt der späteren Twiggy auswirkte. Schon in früher Jugend fiel sie durch ihren spindeldürren Körperbau auf, was Mama Hornby mit einer regelmäßig verabreichten Portion Lebertran kurieren wollte, doch ohne Erfolg. Twiggy war extrem dünn und blieb es auch. Zu Beginn der Sechziger dominierte zwar noch der Rock’n’Roll das Leben der Teenager, doch er wurde schon bald von der Beatlemania abgelöst. Neben Postern von Jean Shrimpton zierten Bilder der Fab Four die Wände von Twiggys Zimmer, die mit 13 Jahren begann, ihre eigenen Kleider zu nähen, ein Hobby, das sie bis heute noch pflegt. Auch sie wurde von der Welle der sozialen und kulturellen Umbrüche erfasst, schaute die Popsendung „Ready Steady Go!" und ließ sich zusammen mit ihren Freundinnen zu den ersten Konzerten und Partys treiben. Am wichtigsten für ihre Karriere war jedoch die Beziehung zu Nigel John Davis, ihrem künftigen Manager, Mentor und Freund, der sich den wohlklingenden Künstlernamen Justin de Villeneuve zulegte und sich wie ein klassischer Sixties-Dandy kleidete ... Lesley Hornbys ModelKarriere begann unerwartet. Durch Freunde knüpfte sie Kontakt zu dem exklusiven Star-Friseur Leonard, der den Salon House Of Leonard führte. Dieser benötigte eines Tages

neue Fotos für seine Ausstellung und Models, die einen Kurzhaarschnitt propagieren sollten. Zuerst wurde Twiggy leicht blondiert, daraufhin suchte sie den Starfotografen Barry Lategan auf. Lategan mochte ihren Look, doch er empfand die Haare als viel zu lang. Während des Gesprächs – natürlich stand ihr Justin zur Seite – fiel der Name Twiggs (so nannte sie ihr Freund immer), worauf der Fotograf begeistert meinte: „Twiggy! Den Namen solltest du benutzen!" Lategan schoss dann Fotos, die von nun an im

Salon aushingen, wo sie Deirdre McSharry, Chefredakteurin des „Daily Express" entdeckte, der auflagenstärksten Zeitung Großbritanniens. Sie lud Twiggy in den Verlag ein und ließ sie vom Hausfotografen ablichten. Das bange Warten begann. Wann würde das Foto veröffentlicht? Eines Morgens nach langen zwei Wochen, es war der 23. Februar 1966, stürmte ihr Vater ins Zimmer Twiggys und hielt seiner verschlafenen Tochter die Zeitung mit einem o zweiseitigen Foto m unter die Nase, zu dem n in Großbuchstaben zu lesen war: I NAME E THIS GIRL THE FACE E OF ’66. Schnell warr der Twiggy-Lookk geboren: große, unschuldige, aber auch verführerisch wirkende Augen, betont durch die überlangen Wimpern, die sie zur optischen Verstärkung mit Eyeliner an den Augenlidern verstärkte, und ein fragiler Körperbau. Die ruhige Beschaulichkeit im St. Raphael’s Way Nummerr 93 gehörte von nun an derr Vergangenheit an, denn dass n Haus wurde von Fotografen und Reportern regelrechtt h belagert. Wann immer auch n Vater Hornby ein Knirschen rt auf den Kieseln der Einfahrt i t k und d verhörte, packte er sich den Spazierstock scheuchte die Sensationsjäger. Das zur Straße gelegene Wohnzimmer konnte von da an nicht mehr benutzt werden, denn wenn sich die Gardine auch nur leicht bewegte, „ratterten" bereits die Auslöser der Kameras. Innerhalb kürzester Zeit arbeitete Twiggy fünf Tage die Woche für jeweils zwölf Stunden und war auf den Covern von unter anderem der „Vogue" zu sehen, die in der Branche die Trends setzte. Doch auch andere, modeferne Zeitschriften ließen sie ablichten und stellten damit einen übergreifenden Kontext her. Schnell entwickelte sich ein bislang nicht bekanntes Phänomen, denn das Mädchen GoodTimes

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aus dem Londoner Vorort stand plötzlich für den kulturellen Umbruch des „Summer Of Love". Mode? Wichtig, aber nur ein Aspekt von Twiggy, die nun die „Swinging Sixties" symbolisierte, ein Begriff, der erstmals am 15. April 1966 im amerikanischen „Time"Magazin auftauchte. Ihr androgyner Look und die Rolle der selbstbestimmten Frau negierten d die vorherrschenden Moralu und Wertvorstellungen. Das SSupermodel war geboren! Von n nun an stand sie vor den K Kameras der bedeutendsten FFotografen der Welt – unter aanderem Annie Leibovitz, C Cecil Beaton und Bert Stern. A Als sie mit ihrem Manager im März 1967 auf dem New Yo Yorker Kennedy Airport landete te, wurde Twiggy von einem Bl Blitzlichtgewitter empfangen. Di Die folgende Reise durch die US USA entwickelte sich zu einem Riesenerfolg. Ihren Status als Exportschlager Ri f l Ih vom Kaliber der Beatles oder von James Bond unterstrichen die unzähligen Twiggy-Artikel – Twiggy-Barbies, Twig ggy gy-B Bar arbi b es Schminktäschchen, Spiele und sc scheinbar endlose Modelinien. B Bald offenbarte sich jedoch au auch eine negative Seite ihrer P Popularität. Zahlreiche Mädchen w wollten so aussehen wie ihr Id Idol und hungerten sich fast zzu Tode. Schnell entstand für d die Krankheit Magersucht das SSynonym Twiggy-Syndrom, was LLesley Hornby bis zum heutigen T Tag belastet und damals für die P Presse ein gefundenes Fressen w war, um Negativ-Schlagzeilen zzu platzieren. Zu Beginn der Si b i b Siebziger verabschiedete sich Twiggy vom Modeln, um eine sehr erfolgreiche Karriere als Schauspielerin, Sängerin (unvergessen der Auftritt in der „Muppet Show", wo Twiggy einen Beatles-Song zum Besten gab) und Moderatorin zu beginnen. 1977 heiratete sie Michael Witney, der 1983 an einem Herzinfarkt verstarb. Aus der Ehe ging die Tochter Carly hervor, die auf Mamas 2011 erschienener CD ROMANTICALLY YOURS ihr Gesangsdebüt gab. Seit 1988 ist sie glücklich mit Leigh Lawson verheiratet. U Und Twiggy 2014? Ja, sie m modelt wieder, und zwar für die b britische Kaufhauskette Marks & Spencer, die es sich zum Z gesetzt hat, stilvolle Mode Ziel f „ältere" Damen zu führen. für D Darüber hinaus hat sie eine e eigene Modelinie designt, engag giert sich für eine Kampagne z zur Brustkrebsfrüherkennung und u bekämpft den Handel mit e echten Pelzen. Offensichtlich h Lesley Hornby nichts von hat d Quicklebendigkeit der blutder j jungen Twiggy eingebüßt ... Alan Tepper


Der NAD 3020

Von Lothar Brandt

Ein HiFiVerstärker mischt den Markt auf und wird zur Legende

In den 1970ern versteckten sich HiFi-Verstärker entweder verschämt in Kompaktanlagen, tarnten sich bis zur Unkenntlichkeit in besseren Radios oder protzten ganz ungeniert mit gewaltigem Platzbedarf und entsprechend hohen Anschaffungskosten. Und dann kam er: der NAD 3020 – und veränderte die Szene radikal. Der Klassiker des Low BudgetHiFi war geboren, ein Kult-Objekt bis heute.

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er unscheinbare Tiefstapler machte – fast – alles anders und vieles besser als seine Mitbewerber. Und manches machte er seit seinem ersten Auftritt Ende der 70er Jahre auch gar nicht: zum Beispiel mit Leistung prahlen. Um die 20 bis 40 Watt gab der NAD 3020 laut Datenblatt in die Lautsprecher, je nachdem, ob deren so genannte Scheinimpedanz acht oder vier Ohm betrug. Dass dieser ganze WattFetischismus Kokolores war und ist, hat sich inzwischen zwar zumindest in der HiFi-Gemeinde herumgesprochen, aber damals dachten eben die meisten Technik-Jünger noch: viel Watt, viel Ehr.

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uch auf zeittypisch zappelnde Zeiger zur optischen Markierung seiner Potenz verzichtete der mit 280 Mark herausfordernd günstige Zwerg und begnügte sich mit fünf Leuchtdioden über dem Lautstärkeregler zur freilich sehr ungefähren Leistungsangabe in Watt. Desgleichen sparte er weitgehend an respekteinflößenden Schaltern, wuchtigen Hebeln oder imposanten Drehreglern, die seine zünftigen Zeitgenossen großspurig herzeigten, vor allem diejenigen, die dank eines zusätzlich eingebauten Radioteils als „Receiver" (Tuner plus Vollverstärker) über die Ladentische gingen. Die Ausstattung des puristischen NAD-Verstärkers geriet dagegen zumindest auf den ersten Blick eher karg, sein Auftritt erinnerte an die sprichwörtliche graue Maus, wozu die schwer definierbare Gehäusefarbe das Ihre beitrug. „Understatement" lobten Einsichtige, „hässliches Entlein" schalten Designer. Doch gleich einem schönen Schwan betörte er, wenn Seite

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Mastermind in frühen Jahren: Björn Erik Edvardsen 1975

er denn erst mal Musik machen durfte. Ohrenmenschen verliebten sich sogleich scharenweise in ihn ...

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ie es sich für wahre Legenden gehört, ranken sich um Herkunft und Historie des Verstärkers indes etliche Sekundärlegenden. Da liest man im Netz und anderswo viele Märchen: So kam der NAD 3020 etwa nicht schon 1978 auf den Markt, sondern wurde offiziell erst am 24. Januar 1979 eingeführt. Und er wurde auch nicht in Rot-China, sondern in Taiwan gebaut – und war beileibe nicht das erste Gerät, das die Firma mit dem Akronym von New Acoustic Dimension vorgestellt hatte. Sein Herkunftsland war weder England noch Kanada noch Norwegen, sondern er kann als Inbegriff wahrer Multikulturalität gelten, wurde NAD doch 1972 als Zusammenschluss von internationalen Distributoren (nicht Händlern, wie man ebenfalls immer wieder mal liest) gegründet.

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er Engländer Marty Borish, Mitbegründer von NAD, zeichnete ab 1976 für die Strategie der Firma verantwortlich. 1977 holte er dann den Norweger Björn Erik Edvardsen, genannt BEE, ins Unternehmen.

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von 1982 dienen), der noch heute mit warmem, rundem Klang verwöhnt. Und sogar richtig laut werden kann, wenn die Lautsprecher entsprechenden Wirkungsgrad haben ...

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AD-Nutzer sollten übrigens mal einen Plattenspieler an den für so genannte Magnetsysteme ausreichend empfindlichen PhonoEingang anschließen: Der eingebaute Preamp ist wahrlich nicht von schlechten Eltern, vorausgesetzt, der Eigner hat so alle Schaltjahre die Bauteile kontrollieren lassen. Zudem neigen einige der eingebauten Kondensatoren ein wenig zum Austrocknen.

V Gründerväter Jahre später: Gordon A. Simmonds (CEO NAD), Anton Aebischer (Dynavox) und Marty L. Borish (Direktor und Gründer NAD)

Dieser kluge Kopf konzipierte weitgehend die Schaltung des 3020, und die hatte einen ganz cleveren Kniff: „Soft Clipping" nannte sich das, was wohl vielen jener Lautsprecher das Leben gerettet hat, die ihre jugendlichen, studentischen oder in anderer Weise wenig vermögenden Besitzer an die Klemmen des kleinen Verstärkers angeschlossen hatten.

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er älteste dem Autor vorliegende Test in der HiFi-Postille „Audio" (Ausgabe 11/1979) verwendet darauf gerade mal einen halben Absatz. Ob der Schreiber allerdings so richtig durchblickte, sei dahingestellt. Die Erklärung dieses Phänomens ist jedoch eigentlich recht einfach: Wie der Name bereits sagt, verstärken Verstärker elektrische Signale in Form von Strömen und Spannungen. Das Produkt dieser beiden physikalischen Größen ist die elektrische Leistung, gemessen in Watt. Die meisten Amps beziehen diese seit deren Marktreife aus Transistoren. Diese Bauteile hatten vor allem eben in den 60er, 70er und 80er Jahren meist die Eigenschaft, bei Überforderung zu „clippen". Dabei erzeugten sie kurzfristig extrem hohe Verzerrungen, welche die angeschlossenen Boxen mit einer Überdosis Höhen meucheln oder zumindest deren Hochtöner in Jenseits jagen konnten. Je höher nun aber die Leistungsreserven eines Verstärkers sind, desto seltener wird er überfordert, also desto weniger clippt er. Ein starker Verstärker schont Lautsprecher eher, als dass er sie klirrend niederkartätscht.

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u 3020er-Zeiten aber war saubere Leistung teuer – und teuer wollte NAD ja auf keinen Fall sein. Also ersparten die Entwickler dem einen Paar Leistungstransistoren pro Stereokanal bei höheren Lautstärken die meist ja nur kurzfristig im Musiksignal auftauchenden Höchstanforderungen und pegelten diese Spitzen schon im Vorfeld blitzschnell herunter. Meist ohne dass die Hörer dies bewusst registrierten und ihre Hochtöner kreischend den Geist aufgaben. Zum anderen wusste Edvardsen schon um die Zusammenhänge von Strom, Spannung und angeschlossener Lautsprecher-Impedanz – so ähnlich wie Autofans nicht nur PS, sondern auch Hubraum und Drehmoment heranziehen, wenn es um die Bestimmung der wirklichen Power ihrer Karossen geht. Wie auch immer, der kleine NAD konnte auch bei gefährlich niedrigen Impedanzen noch den dann geforderten Strom an die Klemmen bringen. Im Rahmen seiner Möglichkeiten natürlich, die laut zeitgenössischen Messungen etwa bis maximal 50 Watt Impulsleistung an vier Ohm reichten.

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er also mit dem Lautstärkeregler rechts auf der Front nicht allzu rechtsdrallig umging, konnte auf ein langes und erfolgreiches Zusammenleben von Amp, Boxen und Besitzer anstoßen. Dem Autor ist selbst ein 3020er-Jahrgang bekannt (als Beweis möge das Foto der Originalverpackung Verpackung, in Würde gealtert: Mit dem deutlichen Hinweis auf die damals gültige deutsche Netzspannung von 220 Volt.

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on einer zeittypischen Taste sollte man jedoch die Finger lassen: „Loudness" sorgt mit ungebührlicher Bass- und Höhenanhebung (wohl den schwachbrüstigen Boxen von anno dunnemals geschuldet) für dröhnigen Sound – und weil Bässe eben viel Leistung brauchen, auch für Überforderung des Kleinen. Nicht umsonst schmähen HiFi-Fans diese Taste generell als das „Ungeheuer von Loud-Ness". Wer denn unbedingt mehr Leistung haben will oder muss, der kann allerdings den 3020 zwischen Vor- und Endstufe – auf der Rückseite mit Metallbügeln gebrückt – auftrennen und eine kräftigere Endstufe zur Lautsprecherversorgung anschließen. Nur mit diesem Feature und mit den rot blinkenden fünf Leuchtdioden über dem Lautstärkesteller ist ein 3020 ein „richtiger" 3020.

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m Laufe seiner überaus erfolg- und stückzahlreichen Geschichte hat der legendäre Amp, der auch noch in den 80er Jahren mit dann 400 Mark Verkaufspreis ein echtes Schnäppchen blieb, einige Design- und Technikmodifikationen über sich ergehen lassen. Seine wahren Fans schwören noch heute auf die Version, bei der das NAD-Logo über der Kopfhörer-Buchse prangt und rechts von einem „Series 20"-Schriftzug flankiert wird. Optisch und technisch exzellente Exemplare sind übrigens erstaunlich selten im Angebot – zufriedene Besitzer rücken das gute Stück eben ungern raus. Wer trotzdem für 150 bis 200 Euro eines ergattern kann, sollte unbedingt einen Check machen lassen. Manchmal wirken das Blankwienern der Buchsen und der Einsatz von Kontaktspray in Schaltern und Poti wahre Wunder, teilweise muss ein marodes Bauteil aber auch einfach fachgerecht getauscht werden. Im Zweifelsfall kann beim deutschen NAD-Vertrieb Dynaudio (www.dynaudio.de) oder dem Schweizer Distributor Dynavox (www.dynavox.ch) nach kompetenten Werkstätten gefragt werden.

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ie legendäre Produktserie umfasste anschließend noch jahrelang weitere modifizierte Modelle, vom 1986 eingeführten Modell 3020 e (Kostenpunkt: 400 Mark) bis hin zum 3020 i Anfang der 90er Jahre. Allmählich ließ der Verkaufserfolg aber nach, denn inzwischen bauten auch Engländer und Japaner feine Kleine in dieser Preisklasse. Doch insgesamt war die Modellreihe aus den guten alten analogen Tagen ein immenser Erfolg – von bis zu zwei Millionen insgesamt produzierten Exemplaren munkelt die Fachwelt.

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or kurzem hat die New Acoustic Dimension die legendäre Zahlenfolge 3020 in einer völlig anderen Verstärkerdimension übrigens wiederbelebt. Der D 3020 ist ein so genannter Digitalverstärker, kompakter und technisch komplett anders als der Altvordere, mit Finessen wie „asynchronem USBDAC" für die Herausforderungen moderner Zeiten gerüstet. Optisch gehört er sowieso zu einer anderen Welt, ist er doch senkrecht und waagerecht zu betreiben. Nachfolger, ganz aktuell: Und in seinem trendigen Look wirkt der Der Digitalverstärker D 3020 500-Euro-Verstärker so gar nicht billig. markiert NADs Ansprüche in Aber das war auch sein Urahn nie wirklich. heutigen Zeiten. Der war in erster Linie ein Preisbrecher. Und seinen Preis allemal wert. 2/2014

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DAS JAHR 1964

Beatles

Sepp Herberger

Von Bernd Matheja

Zeitgeschichte

Ab 2.1. ziert DDR-Pässe der Zusatz „Bürger der Deutschen Demokratischen Republik". *** Erster Besuch eines Papstes in Israel: Am 4.1. reist Paul VI. in den Nahen Osten. *** In Heidelberg nimmt am 28.1. das erste Deutsche Krebsforschungszentrum die Arbeit auf. *** 14.2., BRD: Gründungstag des „Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung", bis heute besser bekannt als die „Fünf (Wirtschafts-)Weisen". *** Eine Epoche beginnt: Willy Brandt wird am 16.2. zum SPDParteivorsitzenden gewählt. Er folgt Erich Ollenhauer und bleibt in dieser Position 13 Jahre lang. *** An den Ostermärschen für den Frieden nehmen am 30.3. über 100.000 Bundesbürger teil. *** Tags darauf besetzt General Humberto Branco in Brasilien das Amt d des l d Staatspräsidenten, nachdem das Militär geputscht hatte. *** In Afrika schließen sich am 26.4. Tanganyika und Sansibar zur Vereinigten Repubik Tansania zusammen. *** Am 1.6. erfolgt die Gründung der palästinensischen Berfreiungsorganisation PLO (Palestine Liberation Organization). Erster Vorsitzender ist Ahmed Shukeiry. *** Änderung in der bundesdeutschen Straßenverkehrsordnung ab 1.6.: Auf sichtbar gekennzeichneten Überwegen („Zebrastreifen") haben Fußgänger generell Vorrang vor motorisierten Verkehrsteilnehmern. *** 31 Jahre lang im Rahmen von Forschungsreihen gestattet, ab 6.6. verboten: Raketenversuche mit Seite

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Weltweit gibt's ab jetzt mächtig auf junge und ältere Ohren, in Deutschland liegt die Hopfenkaltschale so voll im Trend wie nie zuvor – und die Fußballfans verabschieden einen der schlauesten Übungsleiter der Kicker-Historie. Spitzenpolitiker verschwinden, neue besetzen deren geräumte Sessel. Olympische Winterspiele ohne Schnee und Eis? Auch das ist verbucht für dieses ereignisreiche Jahr 1964.

dem Wattenmeer vor Cuxhaven als Abschussgebiet. *** Der Bürgerrechtler Nelson Mandela und sieben weitere Mitglieder des ANC (African National Congress) werden am 12.6. wegen „subversiver Aktivitäten" zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt. *** Der schwedische Luftwaffenoberst Stig Wennerström ist der Spionage für die Sowjetunion überführt, als seine Reinmachefrau eine verdächtige g Filmrolle findet. Am 12.6. ergeht das Urteil: lebenslänglich. Der Offizier wird 1974 entlassen und bleibt geächtet. *** Am selben Tag unterzeichnen die DDR und die UdSSR einen „Vertrag über Freundschaft, gegenseitigen Beistand und Zusammenarbeit". *** 1.7.: Heinrich Lübke wird von der Bundesversammlung erneut zum Bundespräsidenten gewählt. *** Zumindest in der Theorie ein großer Schritt: Der amerikanische Präsident Lyndon B. Johnson unterzeichnet am 2.7. in Washington das „Bürgerrechtsgesetz zur Aufhebung der Rassentrennung", das von seinem ermordeten Vorgänger d V ä John F. Kennedy initiiert worden war. *** Ab 1.8. erhalten neu gedruckte Geldscheine in der DDR die Ergänzung „Mark der deutschen Notenbank". *** Am 5.9. feiert Malta die Unabhängigkeit von Großbritannien. Die Mittelmeer-Republik ist seit 1.5.2004 kleinster Mitgliedsstaat der Europäischen Union. *** Otto Grotewohl stirbt am 21.9., drei Tage darauf wird Willi Stoph sein Nachfolger als Vorsitzender

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de Ministerrats der DDR. *** Bis des heute umstritten: Die amerikanische he Warren-Kommission legt sich am W 27.9. fest, dass für das Kennedy2 Attentat 1963 ein Einzeltäter verA Oswald. *** Ende einer Politikerkarriere antwortlich war – Lee Harvey Oswa in der UdSSR: Am 14.10. verliert Nikita Chruschtschow seine Ämter. Neuer Parteichef wird Leonid Breschnew, die Regierung führt jetzt Alexej Kossygin. *** Am Folgetag gewinnt die Labour Party die Wahlen zum britischen Unterhaus. Premierminister ist Harold Wilson. *** 16.10., Punkt 15 Uhr: In der Provinz Sinkiang zündet die Volksrepublik China unterirdisch ihre erste Atombombe. *** Ein Schlupfloch in der gesamten innerdeutschen Grenze: Nach der auf Berlin beschränkten Regelung von 1963 dürfen ab 2.11. DDR-Rentner mit Passierscheinen auch Verwandte in der Bundesrepublik besuchen. Rund 1,4 Millionen Dokumente werden ausgegeben. *** Wiederwahl in den USA: Der Republikaner Barry Goldwater scheitert damit, Amtsinhaber Johnson als Präsident aus dem Amt zu drängen, den 61,1 Prozent der Wähler behalten wollen. *** Braun formiert sich wieder: Gründung der rechtsextremen NPD am 28.11. in Hannover mit dem Ex-CDU-Abgeordneten Friedrich Thielen als Parteivorsitzendem. *** Klamm braucht Kohle: Die DDR fordert von Besuchern aus der Bundesrepublik „Eintritt" und fordert einen Mindestumtausch zur Devisenbeschaffung. ***

SPORT

Prosit Neujahr! Die Fußball-Saison startet für die Nationalmannschaft mit einem Kater am 1.1. (prima Termin ...): Deutschland unterliegt in Algier in einem Freundschaftsspiel gegen Algerien mit 0:2. *** Die IX. Olympischen Winterspiele in Innsbruck beginnen am 29.1. weitaus tragischer: Der Ski-Abfahrtsläufer Ross Milne (Australien) und Rennrodler Kazimierz Kay (UK) kommen bei Trainingsunfällen vor Ort ums Leben. Dazu gibt es Wetterkapriolen: Rund 40.000 Kubikmeter Schnee und 20.000 Eisblöcke müssen rangekarrt werden, um Pisten sowie Bob- und Rodelbahnen überhaupt nutzbar zu machen. In 34 Wettbewerben holt die gesamtdeutsche Mannschaft je drei Gold-, Silberund Bronzemedaillen, Eiskunstläufer Manfred Schnelldorfer steht ganz oben auf dem Siegerpodest. Die Paarlauf-Ikonen Marika Kilius/HansJürgen Bäumler werden Zweite, müssen ihr Edelmetall aber wieder abgeben: Sie hatten kurz vor den Spielen einen Profivertrag unterzeichnet. Die Nationenwertung gewinnt die Sowjetunion vor Österreich und Norwegen. *** Neuer und jüngster W Weltmeister aller Zeiten im Schwergewichtsboxen wird am 25.2. Cassius Clay (22): Er besiegt in Miami Beach Charles „Sonny" Liston in der siebten Runde nach Cassius Clay (l.) & Sonny Liston dessen Aufgabe. *** KufenOlympiasieger Schnelldorfer Ol i i S h lld f holt h l sich i h auch h den WM-Titel in Dortmund (26.2.), wenige Tage später gelingt dies auch dem hier startberechtigten Paar Kilius/Bäumler (1.3.). *** Bei der Handball-WM in Prag besiegt im Finale am 15.3. Rumänien die Schweden mit 25:22. *** Am 9.5. steht der erste Meister der seit 1963 neuen Fußball-Bundesliga fest: Der 1. FC Köln steht am Ende vor dem Meidericher SV und Eintracht Frankfurt. *** Den Europacup der Pokalsieger gewinnt am 15.5. nach zwei Spielen (3:3 und 1:0) Sporting Lissabon gegen MTK Budapest. *** Im Finale der Landesmeister triumphiert am 27.5. in Wien Inter Mailand gegen Real Madrid mit 3:1. Den Messecup erringt in einem rein spanischen Endspiel Real Saragossa gegen den FC Valencia (2:1). *** Am 7.6. fährt der Franzose Jacques Anquetil als Erster beim Giro d'Italia über die Ziellinie. Er holt sich am 14.7. in Paris auch seinen fünften Sieg (vier davon in Folge) bei der Tour de France. *** Wehmut am 7.6. in Helsinki: Zum letzten Mal betreut Josef "Sepp" Herberger die deutsche Fußball-Nationalmannschaft, die er u.a. 1954 clever zum WM-Titel geführt hatte. Zum Abschied gibt es einen 4:1-Sieg gegen Finnland. Die Quote des Mannheimers als Trainer zwischen 1936 und 1964: 94 Siege, 27 Unentschieden, 46 Niederlagen. Nachfolger wird sein langjähriger Assistent Helmut Schön. *** Der BRD-Pokalsieger steht am 13.6. fest: 1860 München schlägt Eintracht Frankfurt in Stuttgart mit 2:0. Am selben GoodTimes

Tag gewinnt Aufbau Magdeburg mit einem 3:2 gegen den SC Leipzig den Cup der DDR in Dessau. *** Der Formel-1-Weltmeister 1964 kommt aus Großbritannien: Ex-Motorrad-Weltmeister John Surtees verweist seine beiden Kontrahenten Graham Hill und Jim Clarke auf die Plätze. *** Bei der Fußball-Europameisterschaft in Spanien (17.–21.6.) gewinnt das Veranstalterland mit 2:1 gegen die Sowjetunion. Die DDR scheidet im Achtelfinale aus, die BRD hatte gar nicht gemeldet (Bundestrainer Herberger: „Zeitverschwendung"). *** Tennis in Wimbledon: Den Titel der Herren-Konkurrenz holt sich am 3.7. der Australier Roy Emerson Maria Esther Bueno gegen seinen Landsmann und Doppelpartner Fred Den D Damen-Wettbewerb gewinnt am 4.7. die Brasilianerin Maria SStolle. ll D W Esther Bueno gegen Margaret Smith-Court (Australien). *** Bei den XVIII. Olympischen Sommerspielen in Tokio geht die Nationenwertung nach 163 Wettbewerben an die USA vor der Sowjetunion und Gastgeber Japan. Rang 4 bei 93 Teilnehmer-Nationen belegt die gesamtdeutsche Mannschaft, sie erringt 10 Gold-, 22 Silber- und 18 Bronzemedaillen. Unvergessen ist vor allem der Zehnkampf-Sieg von Willi Holdorf aus Blomesche Wildnis (Schleswig-Holstein), der am Ende des abschließenden 1500-Meter-Laufs fast besinnungslos q quer über die Ziellinie taumelt. Erfolgreichster Athlet ist der amerikanische Schwimmer Don Schollander (vier Goldmedaillen). China, Südafrika, Nordkorea und Nordvietnam blieben aus politischen Gründen von den Spielen ausgeschlossen. *** Zu Sportlern des Jahres werden in der BRD gewählt: Willi Holdorf, die Ruderinnen Roswitha Esser/Annemarie Zimmermann und der Vierer vom Berliner Ruder-Club; DDR: Klaus Urbanczyk (Fußball), Ingrid Krämer Willi Holdorf (m.) (Wasserspringen) und die Fußball-Olympia-Elf. *** Fußballer des Jahres: der Schotte Denis Law United/ L (Manchester (M h U i d/ Europa), Uwe Seeler (HSV) und Klaus Urbanczyk (Chemie Halle). ***

FUNK & FERNSEHEN

Es trifft Frau Erna Stephan aus Berlin, sie gewinnt eine Reise in die USA. Grund: Ihre neue Flimmerkiste ist bei der Anmeldung das zehnmillionste „Fernsehempfangsgerät" in der BRD. *** Am 3.1. beginnt das ZDF einen Dauerläufer, das Gesundheitsmagazin Praxis" mit dem Nicht" Mediziner Hans Mohl, der nach 375 Ausgaben im Dezember 1993 in den Ruhestand geht. Die letzte Sendung läuft am 22.9.2004. *** Erstmals wird der Adolf-Grimme-Preis für herausragende TV-Produktionen verliehen. Er geht am 16.1. an die Dokumentation „Der SS-Staat" (WDR/ SDR). *** Das ZDF startet eine Woche später das Magazin "Treffpunkt Kino", kurz darauf umbenannt in „Zehn Minuten für den Kinogänger" und im Rahmen der „Drehscheibe" ausgestrahlt. *** Auftakt für eine Kult-Quizshow am 25.1. im Ersten: Hans-Joachim Kulenkampff ist gefeierter Gastgeber von „Einer wird gewinnen", das von der Eurovision in viele Länder übertragen wird. „EWG" bleibt – inklusive zweier Neustarts mit „„Kuli" – bis zum 21.11.1987 im Programm und steht mit 88 Ausgaben in den Annalen. *** Bei den Olympischen Winterspielen in Innsbruck teilen sich ARD und ZDF erstmals die Fernsehübertragungen. *** Großer Zuspruch im TV für Ganovenjäger Eduard Zimmermann: „Vorsicht, Hans-Joachim Falle – Nepper, Schlepper, Bauernfänger" Kulenkampff warnt mit nachgespielten Beiträgen vor Betrügern &C Co. ab ZDF. *** Die ARD sortiert ihre Senderanteile B ü b 24.3. iim ZD für das zu beliefernde eigene Programm neu. An der Spitze stehen WDR 25 Prozent, NDR 20 Prozent und BR mit 17 Prozent. *** Top-Übernahme aus den USA im Juli: Die Unbestechlichen" („The Untouchables") " mit Robert Stack als FBI-Ermittler „Eliot Ness" wird ein Krimiserien-Hit, der 1920/1930 im Verbrechenssumpf von Chicago angesiedelt ist. *** Kaum zu glauben, aber wahr: Im spannenden ARD-Fernsehfilm Flug " in Gefahr" (mit Hanns Lothar, Ingmar Zeisberg; 18.8.) vergiften sich die Piloten mit Heilbutt. Im Nachlauf der Sendung weist die Deutsche 2/2014

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Fischwirtschaft explizit darauf hin, dass die servierten Portionen nicht aus ihrer Produktion stammen ...! *** Am 19.8. bringt eine Trägerrakete vom Raumfahrtzentrum Cape Canaveral den TV-Satelliten Syncom III auf Position: Er gewährleistet die weltFlug in Gefahr" weiten Live-Übertragungen von den " anstehenden Olympischen Sommerspielen in und i l i Tokio. T ki *** Lernen L d Staunen, Schwieriges verständlich vermittelt: Ab 11.9. präsentiert Heinrich Schiemann Aus Forschung und Technik" im ZDF. 1981 löst ihn " Joachim Bublath ab, das Magazin gibt es noch bis 1988 bei den Mainzern. *** Nach bereits fünfjähriger Laufzeit steht es fest: Bonanza" ist von " 1964 bis 1967 die meistgesehene Fernsehserie in Amerika. *** Am 5.10. geht das Dritte Programm des Hessischen Rundfunks (HR) auf Sendung. *** Gegenwind fürs Erste? Das ZDF schickt zwei große Familienshows ins Rennen: Ab 9.10. mahnt Peter Frankenfeld „Vergissmeinnicht", ein Klassiker rund um die bundesdeutschen Postleitzahlen; Der gol" dene Schuss" mit dem Niederländer Lou van Burg („Onkel Lou", „Mister Wunnebar") unter musikalischer Begleitung vom Orchester Max Greger folgt am 4.12. „Der Kandidat hat 100 Punkte!" wird schnell zum geflügelten Wort in der Umgangssprache. Showmaster ab 1967 bis zum Ende (1970): Vico Torriani, der für den ursprünglich vorgesehenen Rudi Carrell einsprang und blieb. *** „Mundart-Unterhaltung" garantiert großen Zuschauerzuspruch: Die Komödie „Die Kartenlegerin" mit Heidi Kabel aus dem Ohnsorg-Theater Hamburg wird zum Volltreffer; genau g wie „Die seltsamen Methoden des Franz Josef Wanninger" mit Beppo Brem als schrullig-cleverem Kriminalinspektor und seinem Assistenten „Fröschl" (Maxl Graf). *** ARD und ZDF schließen nach intensiven Zuschauer- und Presseprotesten endlich ein Koordinationsabkommen, um Sendungen ähnlicher Ausrichtung auf Lou van Burg unterschiedlichen Sendeplätzen auszustrahlen. Zweii b beliebte Ansagerinnen nehmen Abschied vom hl *** Z li b A Bildschirm, Hilde Nocker (HR) und Mady Manstein (WDR). Neu beim BR: Petra Schürmann. *** Pro Jahr werden in der BRD 2,3 Millionen neue Fernsehgeräte hergestellt. Verkaufswert: rund 1,2 Milliarden D-Mark. *** Guter Griff des ZDF: Es kauft 1964 die BBC-Reihe "Kommissar Maigret" nach den erfolgreichen Romanen von Georges Simenon. Zum Publikumsliebling ab 2.1. 1965 wird der englische Hauptdarsteller Rupert Davies. ***

FILM

Riesenmedienauftrieb am 15.3. im kanadischen Montreal: HollywoodDiva Elizabeth Taylor geht ihre fünfte Ehe seit 1950 ein. Diesmal muss ihr walisischer Kollege Richard Burton dran glauben. Scheidung 1974, neue Heirat mit Burton am 10.10.1975, nächste Scheidung bereits am 29.7.1976 ... *** Vier Tage zuvor waren die begehrten Golden Globes verliehen worden. Siegerfilm: „Der Kardinal" (Regie: Otto Preminger). *** Am 13.4. gehen in Santa Monica, Kalifornien, die Oscars an die britische Produktion „Tom Jones – Zwischen Bett und Galgen" mit Albert Finney (Film) Elizabeth Taylor & sowie in den Hauptdarstellerkategorien an Richard Burton Sydney Poitier und Patricia Neal. *** Bei den Internationalen Filmfestspielen in Cannes (29.4. – 11.5.) wird „Die Regenschirme von Cherbourg" mit Catherine Deneuve zum Sieger gekürt. *** Beim Deutschen Filmpreis in Westberlin erhält das „Filmband in Gold" (dotiert mit 350.000 D-Mark) am 28.6. „Kennwort: Reiher", u.a. mit Peter van Eyck, Marie Versini und Fritz Wepper; Regie: Rudolf Jugert. *** Vier Filme mit Musikschwerpunkt bleiben in Erinnerung: „Mary Poppins" mit Julie Andrews, „My Fair Lady" mit Audrey Hepburn, König " der heißen Rhythmen" (Elvis Presley) und das Leinwanddebüt der Beatles, „Yeah! Yeah! Yeah! / A Hard Day's Night" unter der Regie von Richard Lester, das am 6.7. Premiere hat. *** Weitere Produktionen, die Seite

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ihr Herstellungsjahr weit überdauert haben: Alfred Hitchcocks „Marnie" (Tippi Hedren), „Alexis Sorbas" mit Anthony Quinn, das Bond-Abenteuer Goldfinger" (Sean Connery, Gert Fröbe), der Western „Cheyenne" " mit Richard Widmark, die Erotikstreifen „Angelique" (Michele Mercier) und „Fanny Hill" (Letícia Román; Regie: Russ Meyer, Nebenrolle: Chris Howland); Peter Sellers brilliert in „Dr. Seltsam oder: Wie ich lernte, die Bombe zu lieben", Jean Marais ist „Fantomas", und Regisseur Sergio Leone befeuert das Italo-Western-Genre mit dem Klassiker „Für eine Handvoll Dollar" mit Clint Eastwood und Marianne Koch. *** Aus dem deutschen Angebot erwähnenswert: „Wolf unter Wölfen" (nach Hans Fallada, Hauptrolle: Armin Mueller-Stahl), die Thomas-Mann-Verfilmungen „Wälsungenblut" und „Tonio Kröger", „Der geteilte Himmel" (nach Christa Wolf). Eine solide Milieustudie liefert Jürgen Roland ab, „Polizeirevier Davidswache". Für guten Umsatz an den sorgen weiterhin U d Kassen K i hi Leichtbau-Unterhaltung wie „Freddy und das Lied der Prärie", gleich vier Karl-May-Verfilmungen („Old Shatterhand", „Der Schut", „Unter Geiern" und „Winnetou II"), „Liebesgrüße aus Tirol" sowie der 20. Edgar-Wallace-Krimi 0. Edgar g Wallace Krimi der Nachkriegszeit, „Der Hexer" mit Joachim Fuchsberger. *** Geboren werden 1964 (inter)nationale Stars in spe: u.a. Nicolas Cage (7.1.), Matt Dillon (18.2.), Thomas Heinze (30.3.), Sandra Bullock (26.7.), Sandra Jan Josef Liefers (8.8.) und Katharina Böhm Bullock (20.11.). Der letzte Vorhang fällt hingegen für Alan Ladd (29.1.), Peter Lorre (23.3.), den umstrittenen Regisseur Veit Harlan (u.a. Nazi-Hetzfilm „Jud Süß"; 13.4.), für Komiker Hans Moser (19.6.), „Bond-Erfinder" Ian Fleming (12.8.) und Harpo Marx (28.9.). ***

MUSIK

Die im Vorjahr eingeläutete Beat-„Revolution" trägt Früchte, der neue Sound hat aus Richtung Liverpool nahezu die ganze Welt überzogen. Als Speerspitze sorgen die Beatles für eine bis heute einzigartige Sensation in den USA: Am 31.3. belegen sie in den maßgeblichen amerikanischen Billboard-Single-Charts die Plätze 1 bis 5! *** Und London, Newcastle, Belfast, Birmingham & Co. rüsten nach: Weißer Rhythm & Blues" ist auf " dem Vormarsch, härter und kantiger ausgerichtete Bands lassen es krachen, angeführt von den Rolling Stones, Animals, Pretty Things, Them, der Spencer Davis Group, Kinks, Who, Manfred Mann und vielen anderen, die schnell zu (Hit-)Stars avancieren. *** Ein neues Forum für die schroffen Klänge bietet das First " Rod Stewart British R&B Festival" am 28.2. in der Birmingham Town Hall. anderem dabei: Rod Stewart, Long John Bi i h T H ll Unter U Baldry, das Spencer Davis R&B Quartet und The Roadrunners. *** Viele Songs, die 1964 rund um den Globus entstehen, gehen in die Annalen ein, wie "House Of The Rising Sun" von den Animals, "Pretty Woman" (Roy Orbison), "Needles And Pins" (Searchers), "Do Wah Diddy Diddy" (Manfred Mann), "Leader Of The Pack" (Shangri-Las) und "You Really Got Me" von den Kinks. *** Auch in der BRD erspielen sich junge, aufstrebende Bands ihre Fan-Gemeinden, so die Lords und Boots aus Berlin und die Hamburger Rattles. *** In den hiesigen Single-Charts geht es allerdings nur langsam voran, hier dominieren noch fast unerschütterlich die Schlagerstars der alten Schule. Die drei erfolgreichsten Titel des Jahres sind "Liebeskummer lohnt sich nicht" von der Schwedin Siw Malmkvist, "Oh My Darling Caroline" (Ronny y alias Wolfgang Roloff aus Bremen) und "Das kannst du mir nicht verbieten" von Bernd Spier. Bei den LPs werden die ersten Anzeichen einer Wachablösung deutlicher: Rang 1 und 3 geht an die „Pilzköpfe" (WITH

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THE BEATLES und YEAH! YEAH! YEAH!); dazwischen steht die deutsche Originalaufnahme des Musical-Soundtracks von „My Fair Lady". *** Auch bei der Vergabe der Bravo-Ottos" bleibt alles eher gemäßigt und g " altbacken. Männer-Stars: Cliff Richard, Freddy alt Quinn, Rex Gildo. Damen-Wahl: Connie Qu Francis, Conny Froboess und Rita Pavone. *** Fr In Kopenhagen wird am 21.3. der 9. Grand Prix Eurovision ausgesungen. Es gewinnt P Gigliola Cinquetti mit "Non ho l'età" für G Italien, mit diesem Titel siegte sie bereits im It Gespann mit Patricia Carli beim San-RemoG Festival (30.1.–1.2.); auf den Grand-PrixFe Monro (UK) mit "I Love The Little Things" und Folgeplätzen landen Matt M Romuad mit "Ou sont-elles passées" für Monaco. Die hiesigen Farben vertritt in Dänemark Nora Nova (Ahinora Kumanova, eine 1928 geborene Deutsch-Bulgarin) und erhält für – ausgerechnet – "Man gewöhnt sich so schnell an das Schöne" erstmals keinen einzigen Punkt (genau wie die Vertreter aus Jugoslawien, Portugal und aus der Schweiz). Dieser Mega-Flop wiederholt sich gleich 1965 für Ulla Wiesner ("Paradies, wo bist du"); beide bleiben – bei insgesamt 57 Teilnahmen – bis heute die einzigen Null-Nummern. *** Beim Newport Folk Festival (Rhode p Island, USA) vom 23.–26.7. machen zwei auftretende Künstler erstmals intensiver auf sich aufmerksam, Jose Feliciano und Buffy Sainte-Marie. Sie stellen u.a. ihre Versionen von "La Bamba" und "Codine" vor. *** In Frankfurt gründen die gelernten Jazzer Horst Lippmann (1927–1997) und Fritz Rau (1930–2013) eine der profiliertesten deutschen Konzertagenturen, Lippmann+Rau. *** Immer öfter sin- Soeur Sourire gen jetzt bundesdeutsche Sportler: Die Eiskunstlaufstars Manfred Ei k l f M f d Schnelldorfer ("Wenn du mal allein bist") sowie Marika Kilius ("Wenn die Cowboys träumen") bzw. Kilius/Bäumler ("Honeymoon in St. Tropez") schaffen es in der offiziellen Hitparade sogar auf die Ränge 4, 2 und 2. *** Die Jahresabrechnungen in Amerika und Großbritannien ergeben diese Resultate nach Kalenderwochen auf Platz 1: Singles USA/ Beatles "I Want To Hold Your Hand" (7 Wochen), Beatles "Can't Buy Me Love" (5), (5 Supremes "Baby Love", Bobby Vinton "There! I've Said It Again" und Soeur Sourire "T "Dominique" (je 4); Singles UK/ Beatles "I "D Feel Fe Fine" (6), Beatles "I Want To Hold Your H Hand" (6), Cilla Black "You're My World" (4). L LPs USA/ Beatles A HARD DAY'S NIGHT (1 Beatles MEET THE BEATLES (11), Soeur (14), Sourire SINGING NUN (10); LPs UK/ Beatles So WITH THE BEATLES (21), Beatles YEAH! WI YEAH! YEAH! (21) und THE ROLLING STONES (12), das Albumdebüt von Mick Jagger & Co. ***

VERMISCHTES AUS ALLER WELT

Die goldgelbe Erfrischung auf Rekordkurs: Auf einen Pro-KopfVerbrauch von rund 120 Litern steigt der jährliche Bierkonsum der Bundesbürger. Auf Statistik-Platz 2: Milch, mit 110 Litern. *** Populäre Bücher des Jahres: „Der Spion, der aus der Kälte kam" (John le Carré), „Wendekreis des Krebses" (Henry Miller), „Hundejahre" (Günter Grass), „In der Sache J. Robert Oppenheimer" (Heinar Kipphardt). *** Am 18.3. gastiert erstmals die Peking-Oper aus China in Frankfurt/Main. *** Die " kleine Meerjungfrau", Kopenhagener Wahrzeichen, wird am 24.4. von Randalierern enthauptet. Der Kopf der Skulptur des Bildhauers Edvard Eriksen bleibt verschwunden. *** 328 Todesopfer fordert eine Massenpanik im Nationalstadion von Lima am 24.5., ausgelöst durch eine Schiedsrichterentscheidung beim Fußball-Qualifikationsspiel Peru – Argentinien. *** Der Liter Normalbenzin kostet in der BRD durchschnittlich 57 Pfennig (ca. 28 Cent). *** Modisch im Trend liegen in diesem Jahr der „Weltraum- und Mondmädchen-Look" von André Courrèges, Hängekleidchen und Miniröcke von Mary Quant und Obenohne-Badeanzüge von Rudi Gernreich. *** Am 22.4. beginnt Teil 1 der Weltausstellung in New York (Ende am 18.10., Fortsetzung 1965). GoodTimes

*** Das Musical „Anatevka" feiert eben dort am 22.9. Uraufführung. *** 60 Prozent der Bundesbürger urlauben am liebsten in der Heimat (Bayern, Schwarzwald, Nord- und Ostsee). Auslandsfavoriten sind Österreich, Italien, die Schweiz. *** Am 27.6. nimmt die staatliche Rundfunkanstalt ORTF die Arbeit auf. Vorbild ist die britische BBC. *** Nachhaltige Werbeslogans in der BRD: „Ajax, der weiße Wirbelwind" (Reinigungsmittel), „Nogger dir einen!" (Speiseeis), „Pack den Tiger in den Tank!" (Benzin). *** Weltweit kommen Plastiktüten als Transportmittel in Mode – der generelle Trend geht zur Kunststoffverpackung. Umweltgedanken spielen dabei keine Rolle. *** Am 1.8. steigt der Preis pro Telefongesprächseinheit von 16 auf 20 Pfennig. Nach massiven Protesten: Rücknahme auf 18 Pfennig. *** Start für ein Kultmodell: Am 9.3. läuft in Dearborn, Michigan, der erste Ford Mustang vom Band. *** Erschütterungen im Eis: Das „Große AlaskaBeben" (auch „Karfreitags-Beben" genannt) ist am 27.3. das schwerste jemals in den USA gemessene Erdbeben. *** Die E db b Di erste Direktflugverbindung von der BRD in die Sowjetunion wird am 3.5. eröffnet. *** Auf bundesdeutschen Straßen sind inzwischen rund 37.500 Wohnwagen unterwegs. *** Der Pädagoge Georg Picht macht als früher Mahner auf sich aufmerksam. Er warnt mit seinem Buch Die " deutsche Bildungskatastrophe". *** Am 10.9. wird der einmillionste Gastarbeiter" in der BRD empfangen – es ist ein Portugiese, " der zur Begrüßung ein Moped g geschenkt bekommt. *** Katastrophe p im Hafen der algerischen Stadt Bone, als der Frachter "Star Of Alexandria" explodiert. Über 100 Tote, rund 180 Verletzte. *** Der Amerikaner William P. Lear erfindet die AchtspurFord Mustang Tonbandkassette. *** Nach Deutschland und den USA Land SA führt f h die di Schweiz S h i als l erst drittes di L d am 26.6. ein Postleitzahlsystem ein. *** Den Friedensnobelpreis erhält am 10.12. der amerikanische Bürgerrechtler Martin Luther King (ermordet am 4.4.1968 in Memphis, Tennessee). Der Nobelpreis für Literatur geht an den französischen Philosophen Jean-Paul Sartre – er lehnt die Auszeichnung g ab. *** Neuerungen vom Automobilmarkt: Studebaker führt serienmäßig Sicherheitsgurte ein; General Motors testet Punktschweißroboter in der Fertigung; NSU bringt den zweisitzigen Wankel Spider auf den Markt, den ersten Pkw mit Wankelmotor. 2375 Exemplare werden bis 1967 verkauft (Preis: 7000 bis 8500 D-Mark). *** Geburtstage 1964: Boxer Henry Maske Martin Luther King (6.1.), Kabarettist Rüdiger Hoffmann Fußballspielerin/Bundestrainerin Silvia Neid (2.5.), Musiker ((30.3.), ) F ßb ll i l i /B d Lenny Kravitz (26.5.), Schwimmer Michael Groß (17.6.), Showmasterin Linda de Mol (8.7.), Skispringer Jens Weißflog (21.7.), Fußballer/ Nationaltrainer Jürgen Klinsmann (30.7.), Hammondorgel-Virtuosin Barbara Dennerlein (25.9.), Jazzmusikerin Diana Krall (16.11.), Multitalent Hape Kerkeling (9.12.), Schauspieler Ben Becker (19.12.). *** Es sterben 1964: der englische Bluesmusiker Cyril Davies (7.1.), der kanadische Schienenverkehrstechnik-Erfinder und -Unternehmer Joseph-Armand Bombardier (18.2.), Schriftsteller Brendan Behan aus Irland (20.3.), die Skirennläuferin Barbara „Barbi" Henneberger (12.4.), der erste indische Premierminister Jawaharlal Nehru (27.5.), Countrysänger Jim Reeves (31.7.), Rockabilly-Star Johnny Burnette (14.8.), Schriftsteller Werner Bergengruen (4.9.), Komponist Cole Porter (15.10.), Ex-Außenminister Heinrich von Brentano (di Tremezzo) (14.11.), Soulsänger Sam Cooke (11.12.). 2/2014

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Hape Kerkeling


KNOPF IM OHR

Der Siegeszug der Stofftiere von Steiff Von Jörg Trüdinger

"Ein Tier von Steiff – für immer dein!" Dem Erfinder dieses Werbespruchs gehört auch heute, Jahrzehnte nach seinem Geniestreich, noch ein Denkmal gesetzt. Vor allem, weil der Slogan für viele Generationen deutscher Kinder seine Gültigkeit hatte und noch immer hat. Nach wie vor bekommen unzählige Kinder in Deutschland von Oma, Opa, Onkel oder Tante bereits zur Geburt ein Steiff-Tier geschenkt, meist einen der weltbekannten Teddys oder einen Schlafhasen bzw. eine Schlafkatze. Viele dieser Tiere begleiten ihren Besitzer ein Leben lang, sitzen noch bei erwachsenen Männern und Frauen auf dem Kopfkissen oder werden später an die eigenen Kinder weitervererbt. Wie konnte es eine kleine Firma aus dem schwäbischen Giengen an der Brenz aber so weit bringen, dass ihre Produkte weltweit angesehen sind und massenhaft gekauft werden, ja für viele Menschen geradezu der Inbegriff des Stofftieres sind?

Steiff-Teddy aus den 50er Jahren

Breuni – bis heute Maskottchen der Firma Breuninger

Crabby groß und klein

argarete Steiff, 1847 in politisch und wirtschaftlich schwierigen Zeiten geboren, die seit ihrer Kinderlähmung in frühester Kindheit zeitlebens an ihren Rollstuhl gefesselt war, kann als wirklich außergewöhnliche Frau bezeichnet werden. Zu einer Zeit, als es nicht gerade üblich war, dass eine Frau zur Unternehmerin wurde, gründete sie trotz ihrer Behinderung voller Selbstbewusstsein im Jahre 1880 die Margarete Steiff GmbH. Im Jahr zuvor hatte sie in der Zeitschrift „Modewelt" Schnittmuster e t eein Schn h tt uste für ü einen Stoffelefanten gesehen, woraufhin si Elefanten ssiee de den n El lef e anteen zum Spaß eigenhändig anfertigte, aber nicht aus er ni nich chtt au us Stoff, sondern aus Filz. Der Elefant kam gut ut an an und und war schon bald ihr erster Verkaufsschlager. Recht er.. Re ech c t schnell weitete sie dann ihre Produktion aaus uss u nd nd und derr erste e stte er stellte Mitarbeiterinnen ein. 1892 wurde de Verkaufsslogan kreiert, ein Spruch, der ebenfalls ben enfa fallllllss fa bis heute Gültigkeit besitzt: „Für Kinder iis ist nur st nu ur das Beste gut genug." Zu diesem Zeitpunkt hatte kt ha h atttte man die Produktion schon so stark erweitert, dass ert, d er asss as man als Rohmaterialien unter anderem Filz, Plüsch, lz, z P lü üsscch, Felle, Holz und Metall verwendete. Wiederum rum ru m ke kkeine iin ne zehn Jahre später – um die Jahrhundertwende warr end de – wa w die Margarete Steiff GmbH bereits international tio i naal tä ttätig, t g, ti g und 1902 gelang ihr mit einem von Richard dem d SSteiff, teif te ifff, d em Neffen der Firmengründerin, designten Bären gn g nte t n Bä äre ren der große Durchbruch. Der nach dem ch h d em m aamerikanimeeri m rika kani ka kani ni-schen Präsidenten Theodore Roosevelt benannoose oo s ve veltt b e an en nnn

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te Teddybär in gegliederter Form mit beweglichen Armen, Beinen und Kopf ist der Urahn aller bis heute hergestellten Teddys. m sich von der schnell zunehmenden Konkurrenz abzuheben, suchte man fieberhaft nach einem unverwechselbaren Markenzeichen. Das fand man im Jahr 1904. Seit damals haben nahezu alle Steiff-Tiere einen Knopf im Ohr, und zwar im linken. Bei Tieren ohnee O Ohren an irgendeiner anderen Stelle befestigt, o oh e wird w d der de Knopf K daran so dass man da ara immer das echte Steiff-Tier erkennt. In den Jahrzehnten entwickelte sich das Unternehmen ffolgenden fo lg gen e de den n Ja dann da nn zzum um m weltweit wichtigsten und vor allem bekanntesten Hersteller von Stofftieren. Der Zweite Weltkrieg test te s en st e H bedeutete allerdings für Steiff, wie für die meisten be ede deut utt u aanderen an dere de re deutschen Unternehmen, eine große Zäsur. re Nach Nach der kriegsbedingten Produktionsunterbrechung wurden wurd wu rd de jedoch schon Ende der 40er Jahre wieder Steiff-Tiere hergestellt. Da man aber nur billigen Stei St e fffei Kunstseidenplüsch zur Verfügung hatte und diese K Ku nsst qualitativ minderwertigen Tiere im Ausland kaum zu qual qu alit it verkaufen waren, lief die Produktion recht mühsam verk rkkau an. an n. In I Deutschland selbst fehlte den Menschen das Geld Ge d ffür ü derartige „Luxusprodukte". Erst als ab 1948 wieder w wi eed derr Mohair zur Verfügung stand, gelang es, in aanderen ande an nde d re ren en Ländern neuerlich Fuß zu fassen und die Flaute Fl F lau aute te auf dem heimischen Absatzmarkt allmählich aauszugleichen. au s ugl sz ug gl

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genen Jahrzehnten doch viele Hüte und Schuhe verloren. Der Dackel it den 50er Jahren und dem deutschen Waldili in grüner Jägeruniform mit Holzgewehr wiederum war mit Wirtschaftswunder begann dann auch für die Sicherheit nicht als Spielzeug für Kinder gedacht, da hatte man Firma Steiff ein goldenes Zeitalter. Erste große Erfolge vermutlich eher erwachsene Jäger im Blick. Eines der kuriosesten konnte man verbuchen, als es 1951 gelang, die Rechte am Tiere, das gleichermaßen von Sportfans, Designfreunden und „Hörzu"-Igel Mecki zu bekommen und Steiff direkt von Steiff-Tiersammlern gesucht wird, ist der „Olympia Waldi", Walt Disney die Genehmigung erhielt, eine Stoffvariante das Maskottchen der Olympischen Spiele des Zeichentrickfilmstars Bambi herzustellen. In den von München 1972. Bunter als dieser Hund folgenden Jahren wurde das Programm konsequent in Regenbogenfarben geht es nicht. Otl ausgebaut. Ende der 60er Jahre waren bei Steiff bereits Aicher, der Gestaltungsbeauftragte der 2000 Mitarbeiter beschäftigt, und es gab vermutlich in Olympischen Spiele in München, zeichbundesrepublikanischen Haushalten kaum ein Kind, das ohne Steiff-Tier aufwachsen musste. Der Händlerkatalog nete für den in bester Pop-Art und des Jahres 1966 war über 60 Seiten stark und umfassHippiemanier gestalteten Hund verte ein Angebot von mehreren hundert verschiedenen antwortlich, bei dem es sich n Tieren. Neben den vierbeinigen Freunden hatte man übrigens um das erste offizielle Olympia-Maskottchen seit zu dieser Zeit das Angebot an anderen Spielwaren 1896 handelte. bereits ebenfalls stark erweitert. Es gab Stoff- und Kunststoffdrachen, Holzbauspiele, Kinderschubkarren und Holzroller im Sortiment. Besonders umfangreich nd schließlich gab es da noch war das Angebot an robusten Spielfahrzeugen, die für eine unglaubliche Vielzahl an den Einsatz im Sandkasten konzipiert waren und zuerst Tieren, die im Auftrag verschiedensaus Hartholz, später auch aus Plastik gefertigt wurden. ter Unternehmen hergestellt wurden. Peck, Bei Sammlern heute besonders beliebt und gesucht sind In Stuttgart seit Jahrzehnten bekannt Neandertaler die Blattlaus das Modell des Mercedes Unimog und der VW Transporter vom und beliebt ist der „Breuni-Bär" des Kaufhauses Typ 1 mit Doppelkabine! Leider haben von diesen Fahrzeugen viele den Breuninger, natürlich gab es den auch von Steiff. Und wer nach Einsatz im Garten nicht überstanden und wurden früher oder später Ulm kam, um das Münster zu besichtigen, kaufte sich vielleicht weggeworfen, so dass es jetzt, 40 Jahre später, sehr schwer eine Miniaturausführung des Ulmer Spatzen, der daran ist, wirklich gut erhaltene Spielfahrzeuge von Steiff scheiterte, Nestbaumaterial quer in sein Nest zu bekommen. zu bringen. Weniger bekannt sind dagegen Tiere wie die Blattlaus Peck, die in kleinster Stückzahl zu Werbezwecken für ei Liebhabern ebenfalls heiß ein Pflanzenschutzmittel hergestellt begehrt sind Tiere, welche bereits und wohl verschenkt wurde. Deutlich vor 40 oder 50 Jahren eher für erwachim vierstelligen Eurobereich sene Sammler gefertigt wurden oder liegt hingegen heute der bei den Kindern nicht auf die von Sammlerpreis Steiff erhoffte Nachfrage trafen. Von für den originadiesen Tieren gibt es len „Bärenmarke eine ganze Menge, Bären", der in und man staunt, was Spinne Spidy Mini-Auflage 1960 zu damals alles an exotischen Werbezwecken für Deutschlands Tieren vertrieben wurde: Bei den beliebteste Dosenmilch angefertigt wurde. Meerestieren gab es etwa den Hummer Crabby, eine Forelle und ein Seepferd. Besonders ausgefallen und fast unmöger aufmerksam über Flohmärkte lich zu finden ist der Seestern Starly als geht oder Zeit hat, um intensiv im Sitzkissentier. Auch die Vogelwelt ist Internet zu stöbern, kann immer wieder schöne Bambi im Steiff-Programm der 50er und 60er und oft sogar seltene Tiere zu einem günstigen Preis Jahre stark vertreten: Das reicht von erwerben. Man sollte aber genau aufpassen, was man kauft, den üblichen Enten und Gänsen denn immer wieder werden bei Tieren der Knopf im Ohr über einen Pelikan und oder das Brustschild ausgetauscht bzw. nachgemachte eingesetzt. Für den Sammlerwert eines Steiff-Tieres Truthähne bis zu einem ist neben der Seltenheit in erster Linie der Zustand Vogel Strauß in beeinentscheidend. Ein sehr gut erhaltenes Tier kann druckender Lebensgröße das Mehrfache eines weniger gut erhaltenen wert von 220 Zentimetern. Für sein. Besonderes Augenmerk legen Sammler auf Kinder, die sich eher der Dackel Waldili besagten Knopf im Ohr, auf die mit dem Knopf Urzeit verschrieben hatbefestigte Fahne und das Brustschild. Das ten, stellte man den Neandertaler in zwei Größen Fehlen eines dieser Merkmale mindert den Wert her, und exklusiv für Amerika gab es zwei verdes Objekts mindestens um 20 bis 30 Prozent. schiedene Dinosaurier. Zu Dekorationszwecken Beim Sammeln von Steiff-Tieren gilt eben das in Spielwarengeschäften wurde ein fast vier Gleiche wie bei vielen anderen Sammelgebieten: Meter langer Dinosaurier produziert. Für das Wichtig ist es, auf die Qualität der Sammlung deutsche Publikum war dieser, ebenso wie seine zu achten, nur hochwertige Stücke kann man zum Verkauf gedachten kleineren Pendants – wieder zu einem vernünftigen Preis verkauein Tyrannosaurier, ein Brontosaurier und ein Stegosaurier –, aber wohl zu modern. Zumindest fen. Hunderte schmuddeliger Steiff-Katzen oder wurden sie nur in den USA abgesetzt. -Hunde taugen dagegen meist nur als Staubfänger und elativ häufig auf Flohmärkten zu finden sind machen dann recht die drei Zwerge Gucki, Lucki und Pucki, allerdings schnell keine Freude mehr. sind sie meist nicht gut erhalten. Da gingen in den vergan-

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Schnitzler gegen Löwenthal

Der Kalte Krieg auf der Mattscheibe

Von Oliver Schuh Karl Eduard von Schnitzler

Für den einen war das Leben im Westen schlecht und " die Verhältnisse armselig", während für den anderen die Friedensbewegung aus Moskauer Partisanen" und die sozial" demokratischen Vertreter der neuen Ostpolitik aus kommu" nistischen Agenten" bestanden. Weiter auseinander als Der " schwarze Kanal" im DDR-Fernsehen und das ZDF-Magazin" " im westdeutschen Kanal können Politsendungen nicht liegen.

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arl Eduard von Schnitzler – Nachwende-Spitzname „Sudel-Ede" – verteufelte in seiner Propagandasendung 29 Jahre lang die Zustände in der Bundesrepublik, indem er angeblich entlarvende Ausschnitte aus dem Westfernsehen zeigte. Da es noch keine Magnetaufzeichnungen gab, filmte Schnitzler anfangs die Sendungen direkt vom Bildschirm ab. Bezeichnend war schon der Vorspann des „Schwarzen Kanals": Der Bundesadler mit schwarz-weiß-rotem Brustband – Ausdruck der angeblich nationalkonservativen West-Gesinnung – landet etwas wackelig auf einem Wald von Fernsehantennen, kann das Gleichgewicht nicht halten und stürzt jäh ab. Symbolisieren sollte dieser Trickfilm den von Schnitzler unterstellten Versuch westlicher Medien, Propagandalügen über den real existierenden Sozialismus zu verbreiten. Die gezeigten Szenen waren meist von Schnitzler sinnentstellend gekürzt bzw. speziell angeordnet worden. Zusammengeschnittene Originalzitate von Lübke, Strauß und Adenauer konnten so ein manipuliertes Bild vom „Klassenfeind" aufzeigen. Speziell in den 60er sowie Anfang der 70er Jahre wurde „Der schwarze Kanal" im Politikunterricht bei der Nationalen Volksarmee sowie den Grenztruppen verwendet, und auch für den Staatsbürgerkunde-Unterricht bildete die Sendung eine Grundlage. Als die Entspannungspolitik zwischen den beiden deutschen Staaten in Gang gekommen war, wurde Schnitzler angewiesen, keine Attacken mehr gegen bestimmte deutsche WestPolitiker zu reiten. Fortan schwenkte er auf Systemkritik um und prangerte nun Themen wie Waffengeschäfte des Westens, Frauendiskriminierung, Arbeitslosigkeit etc. an. Dagegen setzte Gerhard Löwenthal in der BRD die „Hilferufe von drüben". Sein „ZDF-Magazin" sollte nach dem Verständnis des Moderators auch ein Forum für DDR-Bürger sein, in dem sie unter anderem als Opfer der SED-Diktatur ihre Sorgen loswerden konnten. Erstmals am Tag der Menschenrechte am 10. Dezember 1975 ausgestrahlt, verzeichnete die Rubrik „Hilferufe" einen stetigen Anstieg der Zahl von Meldungen „von drüben", in denen DDR-Bürger ihren Wunsch nach Ausreise bekräftigten. Die Aktion wurde insbesondere deshalb kritisiert, weil Löwenthal komplette Angaben zu Name und Anschrift der jeweiligen Beschwerdeführer machte. Gerhard Löwenthal polarisierte im Westen mehr als Karl Eduard von Schnitzler im Osten. Gerne machte man sich über das grimmige Gesicht des Ersteren lustig, der laut Tagespresse manchmal dreinblickte, als hätten die Kommunisten die Sendezentrale besetzt. Über Schnitzler kursierte der Witz des „Schni": Dieser Namensfetzen entspricht einem Hundertstels der Zeit, die man brauchte, um zu Beginn von „Der schwarze Kanal" das TV-Programm zu wechseln. Löwenthal positionierte das „ZDF-Magazin" als rechtskonservativen Gegenpol zu den linksliberalen Politmagazinen wie „Panorama" und „Monitor". Hierbei erhielt er ausdrückliche Unterstützung der Seite

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Gerhard Löwenthal

Sendeleitung. Sein Credo: „nach schadhaften Stellen in unserer Demokratie zu fahnden" sowie „unabhängig, entschieden und furchtlos" Stellung zu beziehen. Letzteres tat er auch bei Wahlkampfveranstaltungen der CDU und CSU, was ihm unter anderem viele Unmutsbekundungen im Sender einbrachte, allerdings eher von der Basis. Die Redakteursversammlung des ZDF forderte 1970 die Umbenennung der Sendung, weil der Titel dem Zuschauer suggeriere, für die politische Ausrichtung des ganzen Senders zu stehen. Auch tendenziell rechtslastige Äußerungen wurden von der Senderspitze weder moniert noch sanktioniert. Nach der Weigerung Löwenthals, sich von entsprechenden Kommentaren zu distanzieren, baten immerhin 9 von 13 Redakteuren um ihre Versetzung. Mit Feststellungen wie „Heinrich Böll ist ein Sympathisant des Linksfaschismus!" hatte sich der d Moderator nicht unbedingt nur Freunde gemacht. F Der „Schreibtischtäter" (Zitat D Willy W Brandt) und „internationale S Störenfried" (Zitat Herbert Wehner) w wurde im Dezember 1987 „unter d dem Druck des Linkskartells in die Z Zwangspensionierung geschickt" Löwenthal) Dabei hatte er mit 65 Jahren schlichtweg (Zitat Gerhard Löwenthal). die Altersgrenze erreicht. Die Darstellung dieses Umstandes fand in der DDR natürlich ganz anders statt. Löwenthals Ruhestand wurde vom Ministerium für Staatssicherheit gefeiert wie ein Sieg. Aber die Realpolitik holte nicht zuletzt den „schwarzen Kanal" ein. Am 30. Oktober 1989 wurde auch diese Sendung abgesetzt. Unterm Strich hatte sie immerhin mit 1519 zu 591 Ausgaben gewonnen. Gerhard Löwenthals Stasi-Akte füllte 25 Aktenordner, von denen 16 noch erhalten sind. Schnitzlers letzte Worte auf Sendung waren: „Der Klassenkampf geht weiter, also auch die aktuelle streitbare Polemik. In diesem Sinne werde ich meine Arbeit als Kommunist und Journalist für die einzige Alternative zum unmenschlichen Kapitalismus fortsetzen, als Waffe im Klassenkampf zur Förderung und Verteidigung meines sozialistischen Vaterlandes. Und in diesem Sinne, meine Zuschauerinnen und Zuschauer, liebe Genossinnen und Genossen: auf Wiedersehen."

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ZDF Hitparade Uwe Hübner erinnert sich an die spannenden Neunziger

Von Philipp Roser

Herr Hübner, Sie gehen übermorgen aufs Schiff – warum? Ich begleite eine Howard-Carpendale-Fanreise.

Sie sind multi-aktiv – als Chefredakteur von Hit-Paradies", als Manager von Künstlern und im Rahmen einer" Eventagentur. Da haben Sie gut zu tun?! Ja (lacht), in der Tat. Das „Hit-Paradies" ist ein Branchenmagazin, für die Schlagerszene inzwischen das meinungsbildende und trendsetzende Magazin. Dann gibt es die Beach-Hitparade, Deutschlands wohl größter DJ-Pool. Dazu mache ich das Management interessanter Künstler wie Michael Fischer, der für mich eine Ausnahmestimme hat. Seit Rosenstolz ist er für mich die größte Entdeckung. Er macht sehr moderne Schlager.

Wie lief das bei Rosenstolz?

Bei der IFA-Talentshow 1993 habe ich die durchgedrückt, damit sie zum ersten Mal Fernsehen bekamen. Das ZDF wollte nicht, das war denen zu schräg, aber ich habe das moderiert und gesagt: Wir müssen auch mal andere Wege gehen, es sollte durchaus auch mal ein bisschen ungewöhnlich, schräg und schrill sein. Gerade in Berlin bei der Internationalen Funk-Ausstellung ...

In diesen Tagen erscheinen die neuen CD- und DVD-Boxsets 45 Jahre ZDF " bei Ihnen siHitparade" – da kommen cher viele Erinnerungen hoch?

Natürlich. Ich muss sagen, ich war gar nicht so unfroh, als es aufgehört hat, weil man als Moderator in Deutschland immer in einer Schublade steckt. Ich habe damals auch schon Sport moderiert oder Talkshows gemacht, aber das wollte man dem Hübner nicht zubilligen, weil er immer nur auf der Schlagerschiene war. Deswegen war mein eigener Abschied nicht so traurig, aber ich habe danach feststellen müssen, dass für die Schlagerfans ein echtes Loch entstanden ist. Das hatte ich mir so nicht vorgestellt, dass keine Sendung nachkommt, die den aktuellen deutschen Musikmarkt so umfassend beleuchtet, wie das in der Seite

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Journalist, Sprecher, Redakteur, Dramaturg und Moderator führt das mehr oder weniger allwissende Online-Lexikon Wikipedia als berufliche Tätigkeiten von Uwe Hübner an. Damit sind aber längst nicht alle Tätigkeitsfelder des inzwischen 53-Jährigen abgedeckt, der am 10. Januar 1990 als Nachfolger von Viktor Worms erstmals die ZDF Hitparade" moderierte – bis zum Dezember " 2000, ganze elf Jahre lang. Grund genug, anlässlich der Veröffentlichung der jeweils drei Tonträger umfassenden CD- und DVD-Boxen 45 Jahre ZDF " Hitparade" mit Uwe Hübner zu sprechen.

Hitparade der Fall war. Wenn Sie mich vor vier, fünf Jahren gefragt hätten, hätte ich gesagt: Eine Hitparade hat momentan keinen Sinn – weil wir noch keine neuen Persönlichkeiten hatten. Da hätten wir dieselben alten Verdächtigen nehmen müssen wie damals. Doch jetzt kommen neue Leute nach, wie Helene Fischer, Andreas Gabalier oder Santiano. Deswegen wäre heute so eine Sendung interessant, aber die Macher gehen da nicht ran, das ist ihnen zu heikel. Deswegen mache ich eine DJ-Hitparade. Da lassen wir mit den jungen, tanzbaren Themen die gute alte Zeit wieder aufleben.

Wie sind Sie damals überhaupt zu dem Moderatoren-Job bei der ZDF Hitparade" gekommen? "

Der damalige Unterhaltungschef des ZDF, Wolfgang Penk, hat sich bei RTL umgehört. Dort gab es ein geheimes Moderatorenranking, wer gerade beim Publikum gut ankommt. Ich hatte das Glück, zur damaligen Zeit bei RTL der Hauptpräsentator des Abendprogramms zu sein und eine ziemlich freche Spielshow zu moderieren. Penk wollte keinen SchlagerFuzzi, keinen Redakteur, keinen, der mit der Szene verbunden ist, sondern jemand ganz Frischen, der mit Schlagern nichts zu tun hatte.

Sie haben sich zum Ende der Hitparade kritisch geäußert, auch über das NichtVerhältnis zu Ihrem Vor-Vorgänger Dieter Thomas Heck. Hat sich das seit 2000 geändert?

Nein. Er weicht mir bei Veranstaltungen aus, hat bei RTL in die Kamera gesagt: „Hübner – wer ist das?" Ich weiß nicht, was ihn da treibt. Ich finde es sehr schade, weil ich ihn früher klasse fand. Meine Mutter hat mir erzählt, dass ich seine Sendung liebend gerne gesehen habe und dann nach der Sendung mit der Zahnbürste im Kinderzimmer verschwunden sei und nicht gesungen, sondern moderiert hätte. Da habe ich zu spüren bekommen, wie das in dem knallharten Geschäft ist, als

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Einzelkämpfer, als Moderator. Und ich habe einen, entscheidenden Fehler gemacht. Er hatte gehofft, dass man ihn zurückholt, wenn Viktor Worms keinen Erfolg hat, dass er wieder alles pur deutsch und mit Livegesang macht. Ich habe das gemacht, was er machen wollte – ohne dass ich das wusste. Ich habe das auch immer im ZDF gesagt: Ihr müsst wieder pur-deutsch werden, ihr müsst live werden, ihr müsst Leistung zeigen, weil die Menschen draußen eine Sendung erleben wollen, in der man sieht, wer wirklich singen kann. Erst hat sich das ZDF quergestellt, aber ich habe mich dann doch durchsetzen dürfen. Das hat ja auch alles mehr Geld gekostet, es musste ein Probentag entwickelt werden. Und das hat er (Heck) mir wohl übelgenommen, dass ich seine Idee kaputtgemacht habe. Am Anfang war ich darüber sehr betrübt und habe mich sehr geärgert, auch weil die „Bild am Sonntag" instrumentalisiert wurde, um mich zu zerstören. Wenn Sie auf dem Titel der „Bild" sind und eine Seite im Blatt haben, wo es heißt: „Ekelt der kleine Hübner den großen Heck raus?", dann können Sie sich vorstellen, dass ich damals nicht die Verbindungen zur „Bild" hatte, sondern der große Heck. Aber ich habe gelernt, damit umzugehen.

Wie war das Verhältnis zu Viktor Worms?

Gut, weil Viktor seine Sendung sehr gelassen losgelassen hat. Er war ein hervorragender Programmdirektor bei Antenne Bayern und ein super Moderator. Dass ihm die Sendung per se nicht so gelegen hat, weil er kein so großer Schlagerfan ist, hat er selber irgendwann eingestanden. Ich war auch kein Schlagerfan, als ich da angefangen habe. Wie gesagt, ich war fachfremd und habe mich da eingearbeitet – aber ich war sehr interessiert. Ich liebe Menschen und bin sehr neugierig auf sie. Deswegen war ich interessiert: Wie ist eine Gitte, wie ist ein Rex Gildo, wie ist ein Roy Black? Von daher war das eine spannende Geschichte für mich, bis heute.

zwei Jahren war nur ein Mensch nervös, und das war der Moderator. Weil der live moderieren musste. Die anderen kamen ja nur und haben den Mund auf- und zugemacht – das hat irgendwie nicht gestimmt. Dann habe ich gesagt: Ich höre da gerne auf nach zwei Jahren, wenn ihr das nicht umstellt.

Sie haben sich durchgesetzt ...

Das war ganz interessant: Bei der Sendung habe ich keine Plattenfirmen-Bosse kennen gelernt, sondern nur immer die Promotion-Damen, die in Berlin dabei waren. Dann gab es plötzlich eine Krisensitzung beim ZDF, und da waren sie alle d a , Aktuell im Handel die führenden Köpfe der Industrie. Die wollten alle das kleine Rumpelstilzchen Hübner kennenlernen, der die ultimative Forderung stellte, dass in der Hitparade wieder live gesungen werden müsse. Da stand ich wie vor einem Tribunal, bin dann rausgegangen und habe gedacht: Jetzt hast du dich selbst abgeschossen. Nach einer dreistündigen Sitzung kamen sie dann und sagten: Hübner, du hast gewonnen, wir machen das, du kriegst deinen Tag mehr – wir ziehen das jetzt durch.

Und wie lief es dann mit dem Livesingen?

Die Zuschauer haben es geliebt! Ich wollte Leute wie Pe Werner, die Prinzen oder Pur fördern, dass die nach vorne kommen – und die konnten ja was! Es waren Versprecher drin, all diese charmanten Kleinigkeiten, diese menschlichen Schwächen kamen durch den Livegesang wieder in die Sendung. Juliane Werding hat sich knallhart versungen, die Künstler hatten wieder richtig Lampenfieber. Da hat eine Jule Neigel Resonanzübungen mit einem Papierkorb gemacht, eine Andrea Jürgens hatte Ohnmachtsanfälle. Vicky Leandros hat damals den Titelsong von „Titanic" live auf Deutsch gesungen. Sie gab mir hinter den Kulissen zitternd die Hand – ich habe noch nie eine so kalte Hand gehalten, so aufgeregt war dieser Weltstar –, nur weil wir live gesungen haben! Wie haben die sich angestrengt!

Fotos: © Sony Music

Als Sie die Sendung übernahmen, gab es ein paar Neuerungen: die Show-News, die Ermittlung der Sieger wieder mit dem TED. Dazu haben Sie auch die Nummer 1 der damaligen DDR präsentiert. War das auf Ihrem Mist gewachsen?

Nein, Wolfgang Penk hatte das schon vor. Er wollte das ein bisschen journalistischer machen, und er wusste, dass ich Journalist bin. Er wollte es ein bisschen boulevardesker machen und wusste, dass ich von RTL komme, da eine leichte Spielform hatte, also kein öffentlich-rechtlich geprägter Moderator war. Und nach dem Fall der Mauer war es ganz logisch, dass man das mit der Nummer 1 der DDR machte. Ich muss auch ganz ehrlich sagen, die ersten ein, zwei Jahre waren hart, weil ich schnell merkte, dass in der Sendung etwas nicht stimmte, dass der Livegesang wiederkommen und auch wieder Leistung gezeigt werden musste. In den ersten

Sie hatten auch Dieter Bohlen in der ersten Sendung ...

Genau. Und Dieter war gar nicht begeistert, als wir das umstellten, hatte Angst um seine damals wichtigste Plattform. Er musste ja auch live singen und sich auch mal anstrengen (lacht).

(Richard The Lionheart)

Alle 13 deutschen Folgen des UK-Serienklassikers von 1962

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Als die Alm ein Sündenpfuhl war Wir schreiben das Jahr 1968: Der Förster im Silberwald aus der Heimatfilm-Ära der 50er Jahre hat sein Pulver längst verschossen. Erneut droht die heimische Idylle in den Bergen aus dem Gleichgewicht zu geraten. Auf der Alm, da gibt’s koa Sünd? Von wegen! In den 70er Jahren entstanden Heimatfilme", " in denen sich die Balken nicht unbedingt vor lauter Lügen bogen. Von Thorsten Pöttger

ls ein Wegbereiter des Softsexfilms, der das sündige Treiben auf der Alm zum Inhalt hatte,, kann Produzent Hans Billian bezeichnet werden, der 1968 in „Pudelnackt in Oberbayern" unter der Mitwirkung von Beppo Brem („Der Komödienstadl") und Hans von Borsody („Privatdetektiv Cliff Dexter") auf der Leinwand als erster die Themen Sex und Heimat miteinander kombinierte. Schon dieses mit Ausnahme einer gemischten Saunaszene relativ „zugeknöpfte" Debüt über eine Kellnerin, die mit gewissen Reizen zur Umsatzsteigerung der Dorfschänke beiträgt, rief die katholische Kirche auf den Plan. Von nun an bliesen die e keehrren er e deen Be Begr egrrün ndu d ng n en en d es es Glaubenshüter mit immer wiederkehrenden Begründungen des Katholischen Filmdienstes (zum Beispiel „primitive, unverdauliche Mischung aus Heimat- und Sexfilmelementen") zur regelmäßigen Attacke auf sämtliche Machwerke dieser Art. Dass sich 1970 mehr als die Hälfte der deutschen Filmproduktionen um das Thema Sex drehte, meistens noch unter dem Deckmantel der Dokumentation à la „Schulmädchenreport", konnten die Sittenwächter jedoch nicht verhindern.

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n den nächsten Jahren stieg der Anteil der Sexklamotten im Verhältnis zu den Pseudoreportagen weiter an. Wem sei es angeSeite

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sichts der frischen Luft und des saftigen Grüns in tausenden Metern Höhe zu verdenken, dass ihn da nicht nur der Hafer stach? Aus der Anfangszeit sind „Die liebestollen Baronessen" und ihr Hantieren mit einem Keuschheitsgürtel nicht nur wegen der Mitwirkung von Solvi Stübing, Barbara Capell und Andrea Rau, sondern auch aufgrund des Leinwanddebüts von Ingrid Steeger erwähnenswert. Ein weiterer Vorkämpfer in Sachen Alpensex ist mit Alois Brummer zu nennen. Nicht nur, dass er 1969 im Meisterwerk „Graf Porno und die liebesdurstigen Töchter" selbst eine Rolle übernommen hatte, ffür über weitere zehn Jahre fü betätigte er sich bis kurz vor b sseinem Tod 1984 als Produzent, se Autor und Regisseur. 1975 ließ A eer beispielsweise die von einer gewissen Almschönheit namens g Heidi in der Großstadt erworH benen Kompetenzen nach ihrer b Rückkehr in die Heimat mit R den schneidigen Dorfburschen d weiter fördern („Unterm Dirndl w wird gejodelt"). Dass das w Mädel im Biologieunterricht M besonders gut aufgepasst hat, b braucht nicht weiter erwähnt b zzu werden. Die Videoversion vvon Brummers „Alpenröschen im m Dirndlhöschen" – im Kino oh hn nee P robl ro rob blem lem me ge g gela ela lauf u en uf en – llandete ande an d t auf dem Index. Dass die de ohne Probleme gelaufen Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften Mitte der 80er Jahre (!) so entschied, dürfte am Drehbuch gelegen haben, anhand

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dessen eine Minderjährige im Beichtstuhl ihre amourösen Erlebnisse schildert (ursprünglicher Titel des Films: „Beichte einer Liebestollen") und von ihrem Stiefvater zum Sex gedrängt wird. Ebenso wurden die „Urlaubsgrüße aus dem Unterhöschen" von „Schulmädchenreport"-Macher Walter Boos in die Verbannung geschickt. Vermutlich wurde darin der Tourismus auf ebenso heftige wie fragwürdige Weise angekurbelt. Dasselbe Los zog Brummers „Gefährlicher Sex frühreifer Mädchen", als dieser unterr dem VHS-Titel „Gipfelglück im Dirndlrock" zzu erneuten Höhepunkten H n fführen sollte.. fü Offensichtlich O h waren die nymphomanischen Interw natsschülerinnen zu wahllos in ihren n anrüchigen Handlungen und H der Hausmeister d zu stark an z einer Tätigkeit e interessiert, für i in die es zahlreid che Synonyme c aus dem handa werklichen werk we rkli lich li ch hen n Bereich Ber e ei e ch gibt. gib bt Nicht Nicch einmal einer der ersten Auftritte von Rinaldo Talamonti konnte den Film vor dem Verbot bewahren, obwohl der italienische „Stecher der Nation" und ehemalige „Graf Porno" sich anschickte, nicht nur im Ruhrpott, sondern auch in den Bergen viel für die Völkerverständigung zu tun. War das etwa die Anerkennung für seine tatkräftige Unterstützung der bayerischen Gemeinde Vögelbrunn 1974 in „Alpenglüh’n im Dirndlrock", dank der in dem Dorf die noch fehlenden sieben Einwohner geboren werden konnten, die zur Erlangung des Status’ der Marktgemeinde nötig waren? eben Talamonti und der ebenso in „Alpenglüh’n im Dirndlrock" aktiven Elisabeth Volkmann („Klimbim") ist Volksschauspieler Peter Steiner („Theaterstadl") wahrscheinlich am bekanntesten für deutschen Softsex. Auch wenn er sich später von Filmen p

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solcher Machart distanzierte, haben sie seiner so Karriere gerade im Hinblick auf komödianK tische Rollen nicht geschadet, lautete seine ti ti Aufgabe in den Lederhosenfilmen doch A eher, eher eh e für für Lacher Lach La cher er zu zu sorgen sorg so rgee statt jeder schönen Maid schnellstmöglich an die Wäsche zu gehen. Untrennbar verknüpft ist sein Name mit der neben „Lass jucken Kumpel" erfolgreichsten deutschen GoodTimes G dT dTi

Filmreihe F Fi lm lm zum Thema: „Liebesgrüße aus der Lederhose". Diese Diee Errungenschaft bedingt die Kuriosität, dass „Lass Di jucken Kumpel 4 – Zwei Kumpel auf der Alm" gleichzeij c ju tig tig der zweite Teil der „Liebesgrüße aus der Lederhose" ist, istt zumal für beide Serien Regisseur Franz Marischka is verantwortlich zeichnete. Auch diesmal naht über dem veer Brenner potente Hilfe in Br Person unseres bekannten Pe feurigen Italieners, als der fe Kurschatten in „Liebesgrüße Ku Ku aus der Lederhose" wegen a au starker Abnutzung die stt Flinte ins Korn zu werfen F Fl droht. d dr icherlich muss zugegeben werden, dass den Bayern-Filmen im Gegensatz zu den inhaltlich ähnlich gestrickte e ten Ruhrpottwerken je jegliche Sozialkritik am problembehafteten Alltagsleben Bergmannes p ag gsl s eb ben n eeines ines in es B es ergm er rgm gman man nne n s aabging. Die Alpen bildeten ausschließlich das Panorama für die liebestollen Handlungen, in denen P das Fensterln – mit oft peinlichen Ergebnissen – d zzum Pflichtprogramm wurde. Dennoch sei zuguterletzt auf den bunten Themenreigen weiterer Streifen le mit Jodelunterton verwiesen: Après-Ski-Pionierarbeit m („Beim Jodeln juckt die Lederhose", mit Liedermacher („ Konstantin Wecker in der Rolle des Sepp), eine Suche K nach einem napoleonischen Schatz („Hey Marie, ich n brauch mehr Schlaf …") und durch ein Volksfest verb ursachte Polygamie („Oktoberfest – Da kann man fest u …"; Germanisten müssen in Gedanken ein Verb nach … Wahl hinzudenken). W

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ls der Höhepunkt des bumsfidelen Treibens bereits überschritten war, mussten für den zotigen Ringelpiez mit Anfassen neue Gebiete außerhalb Bayerns erkundet werden. Dies geschah entweder durch Export von Lederhosenträgern in exotische und thematisch dennoch bereits erschlossene b Gefilde wie Thailand G („Was treibt die Maus im Badehaus?") oder durch Import rassiger SSkandinavierinnen („Drei Schwedinnen Oberbayern", iin „Zwei Däninnen in Lederhosen") in die Alpenregion. Die Spitze des Eisbergs mit seltsam getriebenen Blüten bildeten die Filme „Ach jodel mir noch einen" und „Graf Dracula beißt jetzt in Oberbayern". Während in letzterem der Fürst der Finsternis – ganz im Zeichen der Zeit – von Discomusik (!) aus dem Tiefschlaff erweckt wird, machen in ersterem außerirdische Damen vom Stoßtrupp Venus Jagd auf männlichen Samen. Rette sich, wer kann …

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Josef Göhlen

„Biene Maja”, „Captain Future”, „Timm Thaler” & Co.

Josef Göhlen leitete in den 70er bis 90er Familienprogramm, und die besten Jahren zunächst das ZDF-Kinder- und Kinderbücher sind meiner Meinung nach die, die auch Erwachsene lieben, Jugend-, später das Vorabendprogramm etwa „Robinson Crusoe" oder heutzu„Harry Potter". Nach dieser Devise und brachte viele bekannte Serien ins tage bin ich immer vorgegangen und habe deutsche Fernsehen. Wir sprachen mit ihm so zum Beispiel „Wickie" entdeckt – bevor das Buch den Deutschen über die damaligen Zeiten und den aktuel- noch Jugendbuchpreis gewann. Die Biene Maja" war eine der len Retro-Trend. " Josef Göhlen mit Alf"

Die Serie fand ich bei der Vorstellung neuester TV-Produktionen („L.A. Screenings") in Los Angeles. Die Reaktion meines Programmdirektors nach fünf Minuten lautete: „So ein Sch...!", wohl wegen des gewöhnungsbedürftigen Designs. Ich überzeugte ihn jedoch davon, RTL – wo man das ZDF als „Rheumadecke der Nation" verspottete – etwas entgegenzusetzen. Das Konzept, die „Simpsons" einmal wöchentlich um 18 und 22 Uhr zu zeigen, ging allerdings nicht auf: Am Vorabend, dem Werberahmenprogramm von ARD und ZDF, erreichten wir rund 900.000 Kinder; die Werbefritzen wollten aber Erwachsene als Zielgruppe. Daher wurden keine weiteren Staffeln eingekauft.

Es gab noch andere Kritik ... Puppen und Zeichentrick standen für Kinderfernsehen, Cartoons für Erwachsene waren erst im Kommen. Mit der „Muppet Show", „Alf" und den „Simpsons" habe ich versucht, diese Programmfarbe auch im deutschen Fernsehen zu etablieren. Ich war meiner Zeit wohl zu weit voraus: Die „Simpsons" wurden erst später Kult – zu Recht!

Für viele war die Biene Maja" eine der ersten TV-Erfahrungen über" Zeichentrickserie zustande? haupt. Wie kam diese Ich kannte Waldemar Bonsels' „Die Biene Maja und ihre Abenteuer" aus meiner eigenen Kindheit. Kinderprogramm war für mich immer Seite

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wenigen nicht-männlichen Serienhelden. Gab's viel Lob von Feministinnen?

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Damals wurde behauptet, Maja habe keine Botschaft zu verkünden – allenfalls eine Flucht in die Idylle. Die Kritiker begriffen nicht, dass Maja im Grunde eine emanzipatorische Figur ist. Wir haben ihr mit dem trotteligen Willi einen dramaturgischen Partner beigesellt, der nicht aus der Buchvorlage stammt. Eberhard Storeck, einer der Kreativsten, mit denen ich je zusammenarbeiten durfte, hat ihm mit Text und Synchronstimme den unvergesslichen Charakter verpasst.

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© Archiv Peter Engelmeier

Wie sind Sie auf die Simpsons" aufmerksam geworden, die" Sie dann nach Deutschland geholt haben?

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Wespentaille: die Biene dass die Serie an den Zeitgeist ange- Maja in der passt werden müsse. Die Geschichte 3D-Neumuss stimmen – und stimmt heute fassung der TV-Serie immer noch! Meiner Ansicht nach geht es eher darum, neu zu verkaufende Verwertungsrechte zu schaffen. Die „Cover-Version" ist zwar um Übernahme des alten Charmes bemüht; durch das knallfarbige und plastilinhaft wirkende Design, die technikbestimmten Bewegungen und die oftmals hektisch-kühle Textsynchronisation wird ihr das aber schwerfallen. Doch das müssen die jungen, mit „Maja" neu konfrontierten Zuschauergenerationen entscheiden.

Viel Kritik mussten Sie auch bei Heidi" wegen des japanischen" " " Aussehens der Hauptfigur einstecken. Wie kam es dazu? Die Japaner drängten damals auf den europäischen Markt und suchten verwertbare Stoffe. Sie hatten durch ihre Mangas und Animes langjährige Erfahrung im Zeichentrickbereich und boten die Möglichkeit, viel Material in kurzer Zeit zu produzieren – deutlich günstiger als europäische Studios. Mit wenigen Ausnahmen stellten diese Serien aber echte Co-Produktionen dar: Die Japaner waren nicht ledigBill Bo" – lich Dienstleister, sondern ern Partner, mit "Augsburger denen wir gemeinsam Ideen deen verPuppenkiste wirklichten. Dabei mischten hten wir japanischen mit europäischem päischem Stil.

Und wie war das mit Captain aptain Future"? Fast alle Folgen" wurden nur geschnitten gezeigt, einige nige liefen überhaupt nicht im ZDFF ...

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Anna"

Oliver "Maass"

Ich war überzeugt, dass Science-Fiction und diese ese Art der Erzählung ung bei Kindern gut ankommen würde. „Captain Future" ist dann ja richtig Kultt geworden, mit Tauschbildern, rn, ComicHeften usw. Dramaturgisch maturgisch nicht notwendige twendige Gewaltszenen haben wir b i geschnitten. Dennoch schien die Serie insgesamt vielen Erziehern und Eltern zu viel Gewalt zu enthalten. Es gab ein starkes negatives Medienecho. Auch der ZDF-Fernsehrat, der erst nach 26 Folgen aufmerksam wurde, sprach ein negatives Urteil …

Eine der Figuren der Augsburger Puppenkiste", Bill" Bo, war Hauptperson in zwei Büchern, die Sie damals schrieben. Gab es ihn eigentlich schon vorher? © Pressefotos

Die „Puppenkiste" brauchte Stoffe, in denen Menschen und Tiere eine Rolle spielten. Eines Tages fanden wir in der Literatur Timm "Thaler"

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Vorläufer der heutigen TV-Events waren die Weihnachtsserien, die Sie im ZDF einführten, etwa Timm Thaler", Anna" oder " " Oliver Maass" ... "Zwischen den Jahren fiel feiertagsbedingt oft die Werbung aus, so dass wir ein alternatives Programm anbieten konnten; außerdem waren die Kinder in den Schulferien zu Hause. Ich habe daher überlegt, welche Art täglicher Serie man für sie machen könnte. „Timm Thaler" zog sich mit 13 Mal 25 Minuten aber doch zu lange hin; spätere Weihnachtsserien hatten weniger, dafür längere Folgen. Ich versuchte immer wieder, Lücken für Neues zu finden und ein Programm zu machen, das auffällt. Auch das ZDF-Ferienprogramm war eine Erfindung Josef Göhlen zur Show von mir. Dessen 1, 2 oder 3" Moderatoren Anke " Engelke und Benny Schnier sind noch immer bekannte Namen. Heute dürfte so etwas angesichts der Konkurrenz allerdings deutlich schwerer sein – die meisten Zuschauer konnten damals ja nur drei Sender empfangen.

Ist diee Retro-W Retro-Welle im Fernsehen nur eine vorübergehende Modeerscheinung, oder besinnt man sich tatsächlich auf alte Werte? schei inung, od Es geht den d Verantwortlichen heutzutage darum, das Misserfolgsrisiko zu minimieren. Bei neuem Material fragt man Mis sserfolgsri erst, ob es in einem anderen Medium schon Erfolg gehabt hat – sonst sonst wird wir es gar nicht erst ausprobiert. Der Retro-Trend ist aufgekommen, weil er Sicherheit bietet: Offenbar fehlt der aufgekom Mut ffür neue Ideen, weil man zunächst nur Gefahren des Scheiterns sieht. Dazukommt, dass man meint, das Prog handwerklich und dramaturgisch einem nicht Programm näher definierten Zeitgeist anpassen zu müssen. Früher hatte es noch einen Hauch von Poesie und Originalität und zugleich eine Botschaft. Mir scheint, das Programm z wird in erster Linie nur noch als Lizenzträger und für Merchandising-Produkte gebraucht, also nicht für die Me Zuschauer gemacht, sondern fürs Geschäft. Ich denke, Zus so deutlich h muss man m das sagen dürfen.

W Si Wenn Sie jjetzt t t nochh das Sagen hätten, was würden Sie ändern im Fernsehen? Mehr Innovationen wagen! Gutes Programm muss ankommen und zugleich anecken. Bei Erstsendungen fragte ich immer: „Wie war die Kritik? Schlecht? Toll!" Ich würde heute wie damals wertvolle Geschichten suchen, mit nachempfindbaren Charakteren, eren, die dem m Zuschauer existenzielle Fragen und Antworten tworten urgische ermöglichen – und erst danach dramaturgische Mittel wie schnelle oder langsame Schnitte te überlegen. Ich würde mit gewisser literarischer er Qualität erzählen und nicht zuvorderst auf Möglichkeiten keiten der Weitervermarktung schielen. Da bin ich konservativ: onservativ: Das Publikum zählt, nicht der Kommerz. Dr. Jörn Krieger & Jörg Weese Das komplette Interview mit Josef Göhlen finden f Sie unter www.goodtimesmagazin.de Wickie": erst Buch, dann "TV-Serie, dann Kinofilm 2/2014

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© ZDF/2004 Junior.TV GmbH & Co. KG

Biene Maja und Willi, der in der Buchvorlage nicht vorkommt

© ZDF/Studio 100 Media

Die für die Neufassung angeführten Argumente verstehe ich nicht. Es ist doch totaler Blödsinn,

kein entsprechendes Material mehr. Und ich wollte schon immer eine Erzählung für Kinder schreiben, bekam dazu die Erlaubnis des Senders und machte mich ans Werk. Einfälle für Charaktere und Handlung kamen mir an einem Abend in einer Hotelbar, nachdem ich zum wiederholten Male in Grimmelshausens „Simplicissimus" hineingelesen hatte.

© Archiv Peter Engelmeier

© ZDF/Apollo Film

2013 kehrte die Biene Maja" als moderne" Zeichentrickserie in 3D-Optik ins Fernsehen zurück. Was halten Sie davon?


Der Mann, der die

legendären

Bessy"-

© Joh. Heider Verlag

" Titelbilder schuf Von Andreas Kötter

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© Joh. Heider Verlag

enn die hohe Qualität und die Wer mich besucht, dem dürfte schon im damit verbundene Attraktivität Erst kurz vor seinem Tod Flur ein farbiger Druck auffallen, der einen erhält Dill endlich die längst der Cover-Motive spiegeln sich Auszeichnung: Indianer zeigt. Die wirklich blendend aus- verdiente in den Zeichnungen im Heft Für sein Lebenswerk als sehende Rothaut, die auch einem Winnetou Filmplakatmaler wird ihm selbst nur in den ersten Jahren das Filmband in alle Ehre machen würde, hält in der einen 1997Gold" wider, als noch der große Ligne" verliehen. claire-Künstler Willy Vandersteen Hand den Zügel seines Pferdes, in der andehöchstpersönlich oder einer seiren eine Winchester. Der ernste, wohl auch ner besten Angestellten, Karel sorgenvolle Blick des Mannes geht vorbei am Verschuere, für „Bessy" buchstäbBetrachter und verliert sich irgendwo in der lich verantwortlich zeichnen. Später Ferne. Den Grund für seine Sorgen sieht man im dagegen, in Folge eines gesteigerten Hintergrund des Bildes. Dort kämpft sich eine lange Erscheinungsrhythmus, können „Bessy"Karawane von Männern, Frauen und Kindern mühsam Hefte kaum noch das halten, was Dills Cover noch lange versprechen werden. Das ist mir Anfang der den Hang eines hohen, mit Schnee bedeckten Berges hin70er Jahre aber natürlich noch nicht bewusst. Im Gegenteil: Jedesmal auf: Das Volk dieses Mannes ist auf der Flucht ... aufs Neue bedeutet der Gang zum Kiosk ein Highlight meiner Woche.

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edesmal betrachte ich schon durch die Scheibe staunend das Titelbild, das wieder Abenteuer und Dramatik pur verspricht. Ich wage gar zu behaupten, dass neben der eigentlichen Hauptfigur der „Bessy"Abenteuer, Andy Cayoon, der Indianer auf besagtem Farbdruck in meinem Flur, Andys Blutsbruder Schneller Hirsch, mehr zu meiner Sozialisation beigetragen hat als so manche Schulweisheit. Denn dieser Indianer scheint die Würde eines rechtschaffenen Mannes zu besitzen, der sich allen Schurkereien und Gemeinheiten zum Trotz nie dazu verleiten lässt, die eigenen hohen Maximen zu verraten. Ein Mann wie Winnetou eben. Eine Assoziation, die schon deshalb passt, weil das Studio Vandersteen damals auch den Geschichten von Karl May eine Albumserie widmet. Als die Erscheinungsweise von „Bessy" bei Bastei von monatlich über 14-tägig g

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ieses eindrucksvolle Bild wie auch viele andere aus dem Repertoire des Künstlers haben meine Kindheit geprägt wie nur wenig anderes aus der Populärkultur. Klaus Dill heißt der Mann, aus dessen Feder dieses kleine Kunstwerk von plastischer Schönheit stammt. Ein Kunstwerk, das zumindest in seiner Entstehungszeit – irgendwann in den späten w 60er Jahren – aber 6 nie n als solches begriffen ffee wurde. Denn Dill zeichnet dieses Motiv z und u viele, viele andere damals nicht als für d sich selbst stehendes si si Gemälde, sondern als G alss Cover für die populäre C llääre r Comic-Serie „Bessy" C ssy sy" aus a dem Bastei-Verlag. laag. g. Es Es sind sin ind d diese diesse Coverbilder, di Co C ove v rb r ililder die diee den den en Leser Leser esser geradezu gerad errad dez ez sogartig ins Heft eft eft ef und damit in die Abenteuer des jungen Ranchersohns Andy Cayoon und seiner Collie-Hündin Bessy hineinziehen. Und es dürfte kaum eine Übertreibung sein, wenn man behauptet, dass der unerhörte Erfolg von „Bessy" – zwischen 1965 und 1985 bringt es die Reihe auf 992 Hefte – ohne Dill, der mehr als 600 Cover beisteuert, kaum möglich gewesen wäre.

Dynamik pur: Dills "Bessy"-Titelbilder machen süchtig! 2/2014


schließlich auf wöchentlich umgestellt um mgestel mg e lt wird wir ird d und und das Material Mate terial auszugehen ausszugehen au droht, entscheidet sich Vandersteen kurzerhand dafür, einige der Karl-MayGeschichten buchstäblich in „Bessy"-Abenteuer umzumontieren. So wird aus Old Shatterhand dank eines anderen Kopfes Andy, und Bessy, in den Karl-May-Folgen logischerweise nicht vorhanden, wird irgendwo ins Bild platziert, ohne dass die Hündin dramaturgisch eine Rolle spielen würde. Für Dill macht das aber keinen Unterschied. Denn der Arbeitsprozess bleibt stets der gleiche. Er erhält einen kurzen Abriss der Handlung und fertigt daraufhin zunächst eine Skizze an, die er dem jeweiligen Bastei-Redakteur zuschickt. Der gibt dann sein Okay bzw. nennt seine Änderungswünsche für das fertige Bild. So geht das über viele Jahre, in der die Qualität der Geschichten ständig nachlässt, die der Cover aber stets gleich hochbleibt.

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eute, 14 Jahre nach seinem Tod, genießt Klaus Dill bei den 40und 50-Somethings in Comic-SammlerKreisen Kultstatus. Seinem tatsächlichen Können aber wird diese begrenzte Anerkennung kaum gerecht. Ein universaler Ruf wie er etwa Dills Onkel, dem Impressionisten Otto Dill, zuteil wurde, ist dem am 6. Oktober 1922 in Neustadt an der Weinstraße geborenen Populärkünstler nie vergönnt. Dabei kann man ihn im buchstäblichen Sinne durchaus auch als eine Art Pop-ArtKünstler verstehen. Dafür stehen mehr noch als die „Bessy"-Titelbilder seine Arbeiten als Maler von Kinoplakaten. Während der großen Zeit des klassischen Hollywood-Kinos in den 40er und 50er Jahren zeigen Filmplakate noch gemalte Darstellungen der Inhalte, nicht Fotos. Ob Sandalen- oder Ritterfilme wie „Spartacus" mit Kirk Douglas oder „Prinz Eisenherz" mit Robert Wagner, ob Thriller oder Film Noir wie Hitchcocks „Marnie" oder „Tokio Story" mit Robert Ryan, ob Western wie „Der gebrochene Pfeil" mit James Stewart oder „12 Uhr mittags" mit Gary Cooper – kein Genre, dem Dill nicht seinen unverwechselbaren ech chse sellb se barren Stempel aufdrückt. „Filmgeschichte in Gesichtslandschaften" hat das die „Frankfurter Rundschau" einmal sehr treffend genannt, wirken Dills Plakate doch mit der Authentizität von Fotos auf den Betrachter, ohne dass die Poesie seiner Zeichnungen dabei verlorengehen würde.

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ür annähernd 650 Kinofilme stellt Dill seine Kunst (die er selbst nie als Kunst, sondern eher als Handwerk verstanden wissen wollte) zur Verfügung. Gemeinsam mit seinen Arbeiten für Bastei und „Bessy", aber auch für andere Verlage und Serien wie Moewig und „FBI" entsteht so über die Jahrzehnte ein mehr als reicher Kanon. Ein Werk aber auch, das über die gesamten mehr als fünf Jahrzehnte Dill’scher Schaffenskraft vor allem dem Western zugewandt ist, zu dem er immer wieder zurückkehrt. Es trifft den Nagel auf den Kopf, wenn im Bildband „Klaus Dill – WesternArt" einer der Autoren, Peter Bischoff, schreibt: GoodTimes

„Klaus leistete Beginn wesentlichen Klaus Dilll le eiistete ab Begi g nn der 50er Jahre einen wesentli ichen Beitrag zur bildlichen Vorstellung vom Wilden Westen in Deutschland. Er stellte sein Können nicht nur in den Dienst der Filmplakatkunst, sondern er sorgte auch dafür, dass sich ein großes Lesepublikum der ansonsten unbebilderten Westernromane durch seine ansprechenden Buchdeckel- und Buchumschlag-Illustrationen bildlich in die Welt des amerikanischen Westens hineinversetzen konnte." Buchreihen wie „Tom Prox" oder die Zane-Grey-Romane im Franz Schneider Verlag sollen hier exemplarisch genannt werden. Und auch als der Western längst nicht mehr das Leitgenre der Film- und Für Dill eine Unterhaltungskultur ist, bleibt Dill dieHerzensangelegenheit: sem uramerikanischen Archetyp verbunKarl Mays Winnetou". " den. Denn als Mitte, Ende der 80er Jahre durch das Ende von „Bessy" bzw. die Verdrängung der Kino-Plakat-Malerei durch die Fotografie Dills Karriere vorübergehend schon beendet scheint, ist es der Western, der ihn „rettet". In einem Interview mit dem Herausgeber der „Bastei Freunde Klubzeitung", Martin Hilland, sagt der Künstler 1992: „In den letzten Jahren gab es Zeiten, wo ich keine Aufträge mehr hatte und nicht wusste, wie es weiterging. Deshalb kam ich vor drei Jahren auf die Idee, das Thema Winnetou zu illustrieren." Tatsächlich zeichnet Dill in diesen Jahren die Titelmotive der 33-bändigen „Winnetou"-Reihe des damaligen Haffmanns Verlags aus Zürich. Und ab 1995 bis fast zu seinem Lebensende gilt all seine Aufmerksamkeit schließlich noch einer weiteren großen Indianergestalt, diesmal aber keiner literarischen, g sondern einer historischen: Tecumseh. Diesem vielleicht sso o berühmtesten aller amerikanischen Ureinwohner, nach dem b unter anderem vier Schiffe der United States Navy benannt u wurden, widmet er einen großformatigen Bilderzyklus, der w aals das unbestrittene Highlight seines Spätwerkes gelten darf. Für diesen Zyklus und sein gesamtes Schaffenswerk d w wird Dill, zudem seit 1997 Filmpreisträger in Gold, von d Landesbildstelle Baden-Württemberg 1999 schließlich der m einer umfangreichen Einzelausstellung geehrt. Ein mit v versöhnlicher, weil rechtzeitiger Abschluss einer großen K Karriere: Am 19. Februar 2000 stirbt Klaus Dill in Frankfurt am a Main. Für mich aber ist er bis heute lebendig geblieben. und durch den Druck an der Wand im Flur. Übrigens: been Durch Durrcch h „Bessy" B Be Der Titel dieses Bildes, den ich nie vergessen werde, lautet „Der Tod in den Bergen". Und auch die Heftnummer der Bastei-Ausgabe habe ich g tatsächlich noch immer parat, Nummer 54! Klaus Dill hätte sich darüber wohl gefreut.

Liste weiterführender Literatur: – Klaus Dill – WesternArt", Joh. Heider Verlag " – Klaus Dill – Ein Künstlerleben für Literatur und Film", " Joh. Heider Verlag – Kunst fürs Kino – Die Plakate des Filmpreisträgerss " Klaus Dill", Henschel Verlag – Bastei Freunde Klubzeitung Nr. 4, Klaus Dill Gedenkausgabe" " – Bastei Freunde Klubzeitung Nr. 10, Die Rückkehr des Geächteten" " – Die Sprechblase Nr. 163, Die Bessy Story" " 2/2014

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Pin-ups heben die Moral! Über eine oft totgesagte Kunstform, die in den letzten Jahren ein Revival erlebt Das Malheur folgt ihr üblicherweise auf Schritt und Tritt: Mal ist es ein Nagel, der genau an der richtigen" Stelle ihr Kleid zerreißt, dann ist es wieder ein Windstoß, der an einem warmen "Sommertag ihren Rock aufbauscht. Als Lehrbeispiel für diesen plakativen Symbolismus darf jenes Mädchen gelten, das den Rock hochhält, den sie mit Ketchup bekleckerte (das eigentlich einem Würstchen im Hot Dog zugedacht war) und dabei wohlgeformte Beine mit Strumpfhaltern entblößt. Von Roland Schäfli

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ie Themen sind allesamt erotisch aufgeladen, doch sie bleiben suggestiv. Immer jedoch zeigt das Gesicht des Pin-ups dabei diese Mischung aus Koketterie und Einladung: der gespitzte knallrote Mund, die in derselben Farbe errötenden Wangen, die rehbraunen Augen, die sich direkt an den Betrachter wenden, als wollten sie sagen: „Ich brauche die Hilfe eines starken Mannes!" Die Botschaft, die solcherart vermittelt wird, ist schon seit Jahrzehnten die gleiche. Und tatsächlich sorgten Sittenwächter sich schon 1869, dass (die zarten Vorläufer der) Pin-ups die Moral unterwanderten und vom rechten Weg ablenkten. Dita von Teese, das bekannte Aushängeschild des New Burlesque – welche die Pin-up-Szene der letzten Jahre revitalisierte –, hat indes eine dezidierte Meinung zur Frage, ob die typischen Posen, egal ob gemalt wie früher oder fotografiert wie heute, der Unterdrückung der Frau in die Hände spielt: „Es geht nicht um die Verführung der Männer, es geht um die Umarmung der Weiblichkeit." Seite

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pätestens mit Beginn des Zweiten Weltkriegs wurde die Meinung, leicht beschürzte Mädchen würden der Moral schaden, sogar ins Gegenteil verkehrt: Es begann der Siegeszug des Pin-ups als „Morale Booster". Nicht nur der legendäre General MacArthur, sogar der Oberbefehlshaber der amerikanischen Truppen und spätere US-Präsident Eisenhower wies – notabene in öffentlichen Ansprachen – auf den Nutzen dieser Bilder zur Förderung des Kampfgeistes hin: Pin-up-Girls würden die Moral heben! Die aufreizenden Bilder spornten die Kämpfenden an, denn die Mädchen versinnbildlichten, wofür sie kämpften: den American Way Of Life. Bedeutende Unternehmen lancierten darob ihre Werbekampagnen im selben Stil und Geist: Man erinnere sich etwa an die beiden Colatrinkenden Matrosen, die einem hübschen Mädchen hinterherpfeifen, eine Werbung, die heutzutage so wohl kaum noch denkbar wäre.

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s ist also gar nicht vermessen zu sagen, dass die „Aufhänge-Mädchen" das massenwirksamste Medium der Kriegspropaganda waren. Denn anders als der Propagandafilm kam das Pinup ohne jede Infrastruktur aus. Ein Platz im Spind reichte. Das auf diese Weise am weitesten verbreitete Pinup des Weltkriegs war Betty Grable. 1943 lichtete ein Studiofotograf der 20th Century Fox die Schauspielerin im

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Beetty B Bet ty Gra G able Gr blle


Badeanzug ab, was ihre „Millionen-Dollar-Beine" am besten zur Geltung brachte – die ikonografische Pose zeigt sie von hinten, einladend über die Schulter lächelnd. Daraufhin erhielt die Filmgesellschaft wöchentlich über 20.000 Briefe von amerikanischen Männern, die das Foto bestellen wollten. In Billy Wilders Film „Stalag 17" ist ein Kriegsgefangener so in Betty Grable vernarrt, dass ihr Spindfoto ihn sogar in den Wahnsinn treibt. Der Krieg war aber auch Karrieresprungbrett für weitere Schönheiten, die als Pin-ups legendär wurden: Lana Turner etwa war das „Sweater Girl", nachdem sie in einem engen Pullover posiert hatte, und Ann Sheridan wurde den Spitznamen „Oomph Girl" nicht mehr los, als das sie in einem Wettbewerb ermittelt wurde. Mit dem Magazin „Yank" kam das amerikanische Pin-up-Girl an die Front – und somit schließlich auch nach Europa.

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iele Kunsthistoriker schreiben es Amerika zu, die WerbeIllustration als Kunstform hervorgebracht zu haben. Ein Museum mit Gemälden zu besuchen, ja überhaupt sich mit Kunst zu beschäftigen, war lange Zeit der Oberschicht vorbehalten. Der einfache Arbeiter hatte weder das Geld noch die Zeit dafür. Seine Kunstform war die Illustration. Magazine wie „Harper’s Weekly" oder die „Saturday Evening Post", die ihre Geschichten von Künstlern bebildern ließen, erreichten ein stetig wachsendes Publikum. Kurzromane, Pulp genannt, generierten noch höhere Leserzahlen, wenn sie publikumswirksam illustriert waren. Verleger mit Geschäftssinn realisierten bald, wie wichtig ein knalliges Bild auf dem Umschlag für den Absatz an den Kiosken war. In dieser Zeit „erfanden" die Maler das Pin-up, das Ganzkörperbild einer attraktiven Frau. Ganze Heerscharen meist unbekannter Auftragskünstler erschufen diese erotisch knisternde Welt. Während des Weltkriegs empfahlen die Kommandierenden der Truppe, Lesestoff mitzubringen, neben dem Kriegshandwerk also auch fürs zivile Handwerk zu lernen. Durch gewagte Pin-ups auf den Umschlagbildern wurden dann nicht nur die Umsatzzahlen dieser Taschenbücher gesteigert, sondern die Amerikaner überhaupt an reißerische Cover-Abbildungen gewöhnt. Ein Querverweis, wie populär seinerzeit etwa die Kalender mit gemalten Pin-ups waren, findet sich im Filmklassiker „Die Brücke am Kwai": Da schaut selbst der japanische Kommandant eines brutal geführten Kriegsgefangenenlagers den Termin auf einem amerikanischen Kalender nach, auf dem das Mädchen mit jedem verstreichenden Monat weiter entblättert wird.

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ach dem Krieg die Blütezeit Kalendermädchens jedoch längst

war des

nicht vorbei. Eines der bekanntesten Pin-ups überhaupt, Rita Hayworth, die auf der Titelseite von „Life" im schwarzen Unterrock abgebildet war, wurde mit Ausbruch des Korea-Kriegs zur neuen „Königin des Pin-ups". 2500 Soldaten schrieben ihrer Regierung, um das Unterrock-Foto anzufordern – wöchentlich. Viel später war sie Namenspatin für Stephen Kings Novelle „Rita Hayworth And The Shawshank Redemption"; auch in der erfolgreichen Verfilmung des Buches mit dem Titel „Die Verurteilten" tarnt der Protagonist die Öffnung seines Fluchttunnels mit Ritas Pin-up ...

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in Mann namens Hugh Hefner schrieb dann die Erfolgsstory des Pin-ups fort, als er 1953 für läppische 500 Dollar einem Kalenderverlag einige Aktfotos abkaufte und damit den ersten „Playboy" bestückte: Es handelte sich um die Aufnahmen der sich auf rotem Samt räkelnden Marilyn Monroe – und das Heft war in Kürze ausverkauft. Hefner machte anschließend kurzerhand das klassische Pin-upFoto zur Geschäftsidee des Centerfolds, des ausfaltbaren Bilds seines Magazins. Und der Erfolg gab ihm Recht.

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rotz dieses Popularitätsschubs sollte es allerdings noch bis in die 60er Jahre dauern, bis Fotos die gemalten Mädchen schließlich verdrängten. Als 1964 Pirelli seinen ersten Fotokalender herausbrachte, schien das Schicksal der gepinselten Girls besiegelt. Was auch das berufliche Ende für viele der Grafiker und Maler mit sich brachte. Manche der Künstler, die als Werbe-Illustratoren anfingen, fanden Arbeit als Plakatmaler für die Filmindustrie und beeinflussten so das Frauenbild weiterer Generationen. Erst als schließlich namhafte Künstler wie Norman Rockwell, der wie kein anderer die heile Welt des amerikanischen Traums darzustellen wusste, Elemente der Pin-ups in seine Bilder aufnahm, wurde allgemein aber von „Kunst" gesprochen. Obwohl diesen (meist, aber nicht ausschließlich) männlichen Künstlern nie abgesprochen wurde, ihr Handwerk meisterlich zu beherrschen, hat sich die Illustration als Kunstform erst in den 80er Jahren wirklich etabliert. Dass Pin-up-Gemälde seither als „seriöse Kunst" gelten, zeigt sich auch daran, dass der Kunsthandel die Originale zu schätzen weiß. Eine späte Genugtuung für die Pin-ups. R ita Rit H ywor Hay wor o th t


Zoe Scarlett Profi-Pin-up

Zoe Scarlett hat sich auf die 50er Jahre spezialisiert und bezieht sich in kreativer Weise auf die Posen der legendären Pin-ups. Sie ist das Gesicht von Chevrolet und wirbt als Retro-Model für Campari und Burger King. Wir befinden uns in einer Retro-Bewegung. Man wünscht sich die " gute alte Zeit" zurück. Spürst du das auch als Pin-up-Girl?

Die 50er Jahre haben immer wieder ein Revival. Ich mache nichts anderes, als dem alten Stil neues Leben einzuhauchen. Aber natürlich genieße ich auch die Vorzüge der modernen Welt: Ohne iPhone oder Laptop geht bei mir gar nichts mehr.

Welche Posen bzw. Figuren werden von den Auftraggebern für Kalender und Werbe-Shootings gewünscht?

Diese Frage ist nur sehr schwierig zu beantworten. Jeder Kunde hat seine eigene Vorstellung: ob man nun Modernes mit Altem kombiniert, ob ein Auftrag bis ins Detail den 50ern entsprechen muss, oder ob man meinen Look ganz neu interpretiert. Mir ist einfach sehr wichtig, dass es Stil und Klasse hat.

Wirkt das Pin-up auf Feministinnen nicht wie ein rotes Tuch, stellt es doch einen klischierten Männertraum dar? Was Feministinnen über meine Arbeit denken, interessiert mich nicht. ni ich ht. t. Jeder Jed ederr soll so olll seine s ine se ine eigene in eig ei ge Meinung haben dürfen und sich dabei

glücklich fühlen! Meine Arbeit macht mich glücklich, und nur das zählt.

Die Illustration der leichtbekleideten Frau wird erst seit den 80ern als eigene " amerikanische Kunstform" wahrgenommen. Auch heute noch scheint dem Begriff wenig Seriöses anzuhaften.

Fotos: © Marco Nietlisbach

Das finde ich absolut nicht. Ein klassisches Pin-up, illustriert oder real, zeigt eine wunderschöne Frau, die angezogen in den verschiedensten Szenen oder Posen, mal witzig, mal keck oder auch mal verführerisch, posiert. Die Bezeichnung „Pin-up" hat sich aber weiterentwickelt, das ist der Lauf der Zeit. Wenn die bekannteste deutsche Tageszeitung eine nackte Frau abbildet und diese dann als Pin-up bezeichnet, kann ich das nicht beeinflussen ... Roland Schäfli

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Leserbriefe

kult!

G erne ... können Sie uns schreiben, ein Fax schicken oder eine E-Mail senden:

NikMa Verlag · Eberdinger Straße 37 · 71665 Vaihingen/Enz · Fax: 0 70 42-102 862 · E-Mail: goodtimes@nikma.de

Liebes kult!-Team!

Soeben halte ich eure neue kult!-Ausgabe in den Händen und habe erstmal „quergelesen". Mal wieder einsame Spitze! Ich hätte einen Themenvorschlag: „Damals" – ab 1971– beschäftigte ich mich als 17-Jähriger – zusammen mit einigen Gleichgesinnten – mit der Super8-Schmalfilmerei. Wir drehten eigene Filme und beschäftigten uns auch mit der Technik (Filme schneiden, kleben etc., später auch Unterwasserfilmerei). Die fast besten und preisgünstigsten Geräte hatte damals Quelle mit der Marke Revue. (Meine Kameras: Revue S8 Sound De Luxe, später eine Beaulieu 3008, als Letzte ein NIZO 4080, zwischendurch eine Eumig-Nautica Unterwasserkamera. Die S8-Kassetten hatten übrigens nur eine Laufzeit von ca. 3,25 Minuten für ca. 15 DM! Nur die S8-Filme mussten immer von Kodak sein! Die sind noch heute farblich okay – nach fast 45 Jahren! Das Thema Film hat mich bis heute nicht losgelassen – jetzt natürlich digital. Die S8-Schmalfilmgeschichte ist sehr interessant und hat viele Facetten; schließlich wurde sie von Video überrollt ...! Ich könnte mir vorstellen, dass das ein Thema für euch wäre. Ein weiteres Thema wäre sicherlich das Leben als Schüler in den 70ern, stark beeinflusst von der Gesinnung der 68er-Generation und der Hippie-Kultur (ja! – wirklich!) mit der Hoffnung auf eine bessere „Let the Sunshine in"- und „Gleichheit für Alle"-Welt. Ich erinnere mich mit meinen Freunden und auch (!) Freundinnen (!) an ein freies Leben am FKK-Strand und Parties mit Gitarre und Rotwein am Lagerfeuer; wir lebten einen Traum – auch unter der Woche.Vietnam, die Todesschüsse auf John F. Kennedy und Martin Luther King zeigten uns dann das wahre Gesicht dieser Welt ... okay, das wär's erstmal. Weiter so! Lieber Gruß (von eurem treuen Abonnenten) Uwe Marx, Witzhave

Hallo zusammen,

gratuliere zur neuen kult!-Ausabe, lese sie immer von A bis Z durch und bin jedes Mal frustriert, wenn ich zur letzten Seite komme. Ja, so ist es. Ich freu mich aufs nächste GoodTimes und das nächste kult! Herzliche Grüße René Marty, Bülach, Schweiz

Hallo Herr Leibfried,

zunächst einmal ein ungeheuer großes Lob für Ihr Magazin und die gesamte Machart. Seit Ausgabe #2 bin ich nun dabei und erwarte jede weitere Ausgabe mit großer Spannung. Als ich Ihr Magazin zum ersten Mal in unserem Zeitschriftenladen entdeckt habe, war ich direkt hin und weg. Da man meine Hobbies wohl unter dem Gesamtbegriff „Nostalgie" betrachten kann, war Ihr Magazin natürlich DER Kracher für mich. Es ist eine richtige Wundertüte, mit jeder Menge Themen und Bereiche, und genau das macht es so interessant und spannend. Ob Sport, Mode, Musik, Spielzeug oder Autos, alle Themen werden abgedeckt und das auf sehr unterhaltsame und spannende Weise. Viele Dinge wurden in den letzten Jahren ja unter den Begriffen „Kult" und „Nostalgie" im TV oder sonstwo abgehandelt; zumeist aber immer sehr oberflächlich und ohne Inhalt. Bei Ihrem Magazin hat man jedoch das Gefühl, dass die Autoren das entsprechende Thema selbst als Hobby betreiben oder es zumindest ernst nehmen. Auch das Layout ist fantastisch, und die jeweilige Farbgebung zu den einzelnen Themen ist sehr passend gewählt. Anfangs habe ich befürchtet, dass ein weiteres Magazin es am Markt schwer haben würde und nach ein paar Ausgaben vermutlich Schluss wäre. Umso mehr hat es mich so gefreut, dass immer stetig weitere Ausgaben veröffentlicht wurden. Da ich auch ein großer Film-ComicGoodTimes

und Spielzeug-Fan bin, sind immer wieder tolle Artikel zu finden. Außerdem gibt es meines Wissens wohl kein weiteres Magazin mit so einem speziellen Schwerpunkt (Nostalgie), aber gleichzeitig so viel Themenfülle dazu. Puh, viel Lob, nicht wahr?! Nicht dass ich unglaubwürdig klingen möchte; aber wenn etwas sehr gut und vor allem mit viel Liebe zum Detail gemacht ist, muss man dies auch mal aussprechen. Betrachten Sie es als Form des früheren Leserbriefes (eigentlich doch auch eine Kategorie, über die es sich lohnen würde, mal nachzudenken, oder??). Zählen Sie mich auf jeden Fall weiterhin zu Ihren treuen Lesern, denn es ist immer ein Riesenspaß, die neueste Ausgabe durchzuforsten; bei dem Umfang habe ich tagelang etwas davon. Ich wünsche Ihnen, Ihren Mitarbeitern und allen, die sonst noch daran beteiligt sind, weiterhin viel Glück und vor allem weiterhin viel Erfolg mit kult! und hoffe noch auf viele Ausgaben! Die Vergangenheit war ja sehr lang, und da wartet sicher noch eine Unmenge von Themen auf uns. Mit allerbesten Wünschen und Grüßen, Lars Schumacher

Werte Kult-Redaktion, sehr geehrter Herr Leibfried,

Von Ihrem kult!-Magazin bin ich total begeistert. Als „Nostalgiker" liebe ich diese Wiederbelebung der 60er, 70er und 80er Jahre. Eben habe ich einige zurückliegende Hefte zugesandt bekommen, und die Freude geht mit mir wieder durch. Der bunte Mix von „alten" Schlagerstars, Autos, Spielzeugen, „Winnetou"-Filmen, Comics (als begeisterter Hansrudi-Wäscher-Fan hat mein Auto das Kennzeichen KR-AKIM 1), Musikern, alten TV-Serien, kultigen Getränken, und, und ... Ein unbedingtes Muss sind die Poster. Bitte nicht davon abweichen. Mit den Kaugummibildern haben Sie wieder „Neuland" betreten. Darüber würde ich gerne noch mehr erfahren. Und zu den Getränken möchte ich einen Vorschlag machen, und zwar zu „Libella". Hierzu meine ganz persönliche Geschichte: Erlauben Sie mir, kurz meine Liebe zu diesem nostalgischen Getränk zu erklären: Als kleiner Junge machte ich erstmals Ende der 50er Jahre Bekanntschaft mit „Libella". Mein Vater war Hafenarbeiter in Krems, das auch als das untere Tor der Wachau bezeichnet wird. Dort gab es in der Kantine diese Orangenlimonade. Meines Wissens verschwand sie anfangs der 60er Jahre vom Markt. Im Keller meines Elternhauses stand lange Zeit eine alte Holzsteige mit den gerillten, dunkelorangenen Flaschen, ehe sie auch entsorgt wurde. In den letzten Jahrzehnten kam ich öfter nach Deutschland. Und siehe da, auf der A3-Autobahn nach Köln zur InterComic überholte ich mal einen „Libella"-Transporter. Schlagartig wurde ich wieder an meine Kindheit erinnert. Obwohl ich mir fest vornahm, am Ziel nach „Libella" zu fragen, vergaß ich dann leider die Begegnung. Umso freudiger war ich überrascht, als ich vor rund zehn Jahren bei uns zu Hause in einem Tankstellenlokal eine „Libella"-Werbung entdeckte. Keine Frage, dass ich mir gleich ein Fläschchen bestellte und so den Kontakt zum Getränke-Hersteller fand. Inzwischen kaufe ich jedes Jahr einige Kisten mit diesem kultigen Getränk für besondere Anlässe, das 1951 in Deutschland auf den Markt kam und zwei Jahre später auch die Kinder in Österreich begeisterte. Viel Erfolg für die Zukunft wünscht Ihnen aus Österreich, Karl Aigner

Sehr geehrter Herr Leibfried (und das GoodTimes-kult!-Team),

als Comic-Fan habe ich mich über den Robert-Crumb-Tribute-Band sehr gefreut. Ich wünsche Ihnen (Euch) weiterhin viel Erfolg für GoodTimes-kult! Die Themenmischung ist immer gut gelungen, und ich freue mich schon auf die nächste Ausgabe. Besonders über die Artikel aus der Comic-Welt. Mit den besten Grüßen Helmut Tank, Marl 2/2014

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Unter der Totenkopf-Flagge über die Weltmeere Es ist die große Zeit der „Gesamtausgaben„: Beliebte Serien von einst, mit einem Wort Klassiker, werden als geschmackvolle Bücher neu aufgelegt, ergänzt um die eine oder andere optische Rarität und Kommentare zur Entstehungsgeschichte der Comics. Liebhabern des Genres eröffnet das die Chance, längst vergriffenes Material, mit dem womögnd, lich nostalgische Eindrücke verbunden sind, erneut zu lesen. Dergestalt sind auch die Titel der Reihe „Der Rote Korsar„, die hre nun in der Egmont Comic Collection ihre Wiederauferstehung feiern.

sich auf eine Holzkrücke. Sie alle vereinen die Gier nach Gold und die stete ein Suche nach dem Schatz, der irgendwo an Suc einem exotischen Platz vergraben liegt. ein

„ In der Nr. 414 von „Pilote vom 28. Oktober 1965 startet das Abenteuer „La Mission secrète „ „ de l’Épervier / „In geheimer Mission .

iraten, Freibeuter, Korsaren … Allein diese Begriffe lassen vor dem geistigen Auge unzählige Bilder entstehen. Spontan denkt man da an Bücher wie „Die Schatzinsel" von Robert Louis Stevenson oder an „Peter Pan" von James Matthew Barrie. Man erinnert sich an unzählige Filme wie „Der Herr der Sieben Meere" von Michael Curtiz mit Errol Flynn in der Hauptrolle, an Roman Polanskis „Piraten" mit Walter Matthau oder in der jüngeren Vergangenheit an „Fluch der Karibik" mit Johnny Depp. Long John Silver, Captain Hook, Geoffrey Thorpe, Captain Red und Jack Sparrow heißen die wilden Gesellen, die dafür sorgten, dass im allgemeinen Bewusstsein ein schwärmerisches Bild vom Seeräuber verankert ist. Kauzige Typen, gelegentlich einen

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ssprechenden Papagei auf der Schulter, mit m oder ohne Augenklappe, den Kopf mal prunkvoll mit Federhut geschmückt, mal schäbig mit Kopftuch bedeckt, wecken die Sehnsucht nach Freiheit und nach dem großen Abenteuer. Geschickt führen sie den Säbel in der Hand, sofern diese nicht durch einen eisernen Haken ersetzt werden musste, und schwingen Jean-Michel Charlier sich gewandt durch die Takelage. Besonders malträtierte B d lt äti t Draufgänger tragen ein Holzbein oder stützen Seite

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Das große Abenteuer war eine Disziplin, mit der sich auch Jean-Michel Charlier, geboren am 30. Oktober 1924 in geb Lüttich, gestorben am 10. Juli 1989 Lütt bestens auskannte. Mehr als in Paris, P 450 Drehbücher und Texte für Comics, Radio- und Fernsehsendungen, Magazine und Romane hat er verfasst und steht damit im Ruf, einer der produktivsten und einfallsreichsten europäischen Autoren seines Fachs gewesen zu sein. Nicht nur die Fliegerhelden „Buck Danny" und „Tanguy und Laverdure" sowie den tollkühnen „Leutnant Blueberry" hat er ersonnen, h „Barbe aauch Rouge", der in R der deutschsprad cchigen Fassung zzu „Der Rote Korsar" wurde, ist K seiner Fantasie s entsprungen. Die D Kaperfahrten des Teufels der d Karibik, der mit K Victor Hubinon seiner wilden s Crew die unsicher C di Weltmeere W lt i h macht, entstanden einst für das französische Jugendmagazin


en „Pilote", das Charlier zusammen mit den „Asterix"-Vätern René né Goscinny (1926–1977) und Albert rt Uderzo (*1927) ins Leben rief und d über Jahre als Chefredakteur leitete. e. „Rotbart", wie der Titelheld eigent-lich in Anlehnung an den engli-schen Piraten Blackbeard heißt,, gehörte von der Erstausgabe vom m 29. Oktober 1959 an zu „Pilote"" und galt als eine der beliebtes-ten realistischen Serien im Heft. Großen Anteil daran hatte Victor Hubinon (1924–1979), der die Skript-Vorgaben in wirkungsvollen Bildfolgen zu Papier brachte. Bis zu seinem Lebensende gestaltete der belgische Zeichner zum Thema 18 Alben, die heute einen gewis-sen Kultstatuts genießen und tatsächlich auch diee

b t iin d i besten der SSerie s sind. (Dennoch s erwähnt, dass sei „ „Barbe Rouge" v von anderen Autoren wie Jijé, A Christian Gaty, C Patrice Pellerin P oder Marc o Bourgne bis ins B Jahr 2004 fortJ geführt wurde, g ohne dass diese o dem Stoff aber d die verspielte di Leichtigkeit der früLe hen he Jahre zurückgeben konnten.) ge

Die Comic-Serie „Der D Verlag. Allerdings litt diese Ausgabe unter Rote Korsar" beginnt im dem Zusammengeschnippel der Originalseiten R Jahr 1715 irgendwo in der und einer recht dümmlichen Textbearbeitung. J Karibik mit dem Überfall Sehr viel mehr Lesevergnügen bereiteten die K des Seeräuberschiffs von Carlsen veröffentlichten Alben zwischen d Schwarzer Falke auf eine 1985 und 1993. Kult Editionen legte diese S spanische sp Galeone. V deren Besatzung Von bl bleibt nur ein kleiner Ju Junge am Leben, den de Freibeuter adopder tie tiert. In ihm wähnt Der erste von vielen weiteren gescheiterten de der Anführer der unter der „ Piraten-Überfällen in „Asterix als Gladiator . To Totenkopf-Flagge segelnmit kartoniertem Umschlag ab 1996 teilweise den Teufelskerle seinen de noch einmal neu auf, ergänzt um die bis Nachfolger. Zu diesem Zweck lässt N dahin unveröffentlichten Bände sowie fünf er ihn vom gebildeten Dreifuß (mit Titel in der Reihe „Die Jugend des Roten Holzbein und Holzkrücke) und dem H Korsaren". Mit der 2013 in der Egmont bärenstarken Baba (mit dem für b Comic Collection gestarteten Kreolen typischen K C Gesamtausgabe – zwei Bücher SSprachfehler) erzieG sind bereits erschienen, ein drithen. Doch dann h s tes kkommt es ganz t ist für 2014 angekündigt – segelt „Der Rote Korsar" nun aanders: Rick (im unter demselben Verlagssignet Original: Éric) sieht O u sich nicht zum s w „Asterix". Das passt eigentwie Piraten berufen. Aus P l lich ganz gut zusammen, denn dieser Konstellation d i ihre große Popularität haben heraus entwickelt der h d rotbärtige Käpt'n mit der Charlier Spannungsbogen Augenklappe, Dreifuß und Ch li einen i A in epischer Breite, der die beiden Baba nicht zuletzt den beiB den d Galliern Asterix und Obelix zentralen Figuren mitunter als z verdanken. Was ursprüngWidersacher, meist aber vereint „Der Rote Korsar – Gesamtausgabe„ zu im Kampf gegen die Engländer erschienen im Egmont Ehapa Verlag lich als einmaliger Witz von René Goscinny gedacht war, ihr R und Spanier im Dienst des franAuftritt im Band „Asterix als A zösischen Königs sieht. Wie in Gladiator", wuchs sich nämlich G den Fortsetzungsromanen alter zu z einem Running Gag aus. Prägung, von denen Charlier Bedeutsamer Unterschied: B zeitlebens begeistert war, lässt Während die Schrecken der W er seiner Fantasie freien Lauf Meere im Original von CharlierM und zieht damit den Leser in Hubinon heldenhaft in Szene H Bann. gesetzt sind, müssen sie in g den „Asterix"-Bänden ein ums d In Deutschland erschien „Der aandere Mal die Segel streiRote Korsar" erstmals 1970/71 in der gleichnamigen, 15 Titel cchen ... umfassenden Heftreihe im Bastei Horst Berner GoodTimes

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Abb.: © Dargaud 2014, by Charlier and Hubinon / 2014 Egmont Comic Collection

„ Das Skript von Charlier und die gezeichnete Seite von Hubinon. Notiert ist, dass Baba das „r nicht spricht.


Abbildungen: © Carlsen-Verlag

VALERIAN & VERONIQUE

Reisen in neue Dimensionen „Vor uns ha e niemand Abenteuer wie diese erzählt. In dieser Serie ist einfach alles möglich, und jedes neue Album bringt uns dorthin, wo wir es wollen." Da sein ZeitreisenComic „Valerian & Veronique" über zwei Agenten des „RaumZeit-Service" für das Genre bahnbrechend sein würde und künftig Kultstatus erlangen sollte, hat Zeichner Jean-Claude Mézières vor fast einem halben Jahrhundert allerdings nicht vorau ehen kö en.

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© Rita Scaglia/DARGAUD

eitsprung ins Jahr 1967: Es ist der 9. November. Im fran-zösischen Comic-Magazin „Pilote" schlägt den beiden n Raum-Zeit-Agenten Valerian und Veronique die Geburtsstunde. e. Sie treffen erstmals auf Seite 11 des ersten Abenteuers aufeinander, als Valerian ins Frankreich des Jahres 1000 geschickt wird. Zwar haben Zeichner JeanClaude Mézières und Texter Pierre Christin „Schlechte Träume" gar nicht als Fortsetzungsgeschichte angelegt, sondern als abgeschlossene Episode. Erzählstil und Zeichenstrich weisen noch nicht die Meisterschaft späterer Werke auf. Doch schnell wird deutlich, Figuren und Setting besitzen Potenzial für eine ganze Reihe. Und U so erhalten die beiden Agenten, die di von Galaxity aus operieren, der Hauptstadt der Zukunft, schon bald neue Aufträge, H A ft ä das da Gleichgewicht der Galaxie wiederherzustellen. Das zentrale Motiv der Zeitreise wirkt als Thema natürlich auch noch nicht so abgenutzt wie heute, na allerdings ist es keinesfalls neu: So kreierte H.G. Wells all bereits 1895 in seinem epochemachenden Roman be „The „T Time Machine" den plausiblen Prototypen des Zeitreisenden, der zahlreiche Nachahmer fand. In Ze „Valerian & Veronique" entpuppt sich die technische „V Möglichkeit, Mö li hk it die di Zeit Z i selbst zu überwinden, jedoch nicht als plumper Selbstzweck. Die Geschichten haben einen durchaus philosophischen Ansatz: So findet sich das Duo in totalitären Systemen wieder, wo Klassenkampf und soziale K Ungerechtigkeit herrschen, U oder sie greifen o in in Machtkämpfe außerirdischer Staatsformen ein. S Doch wie weit D weg w sie sich auch

© Pressefoto

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Die Apokalypse im Jahr 1986: Typisch für das Zeitalter, in dem die Comicfiguren entstanden, ist der Weltuntergang auf eine Atomkatastrophe zurückzuführen.

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Ein Duo, das die künftige Entwicklung der Gleichstellung von Mann und Frau vorwegnahm: "Valerian & Veronique".

vo ihrem Heimatplaneten entfernen: Dem geneigten Leser von en entgehen die Ähnlichkeiten mit vertrauten Systemen nicht. D Begegnungen mögen außerirdisch sein – die treibende Die Kraft hinter der Erzählung ist stets der Humanismus. K Zeitsprung ins Jahr 1977: Mézières wohnt einer Vorabaufführung Zeitsp von v „Star Wars" bei. Die Parallelen zwischen dem Film und seinen Comics bezüglich Kostümen, Design etc. entgehen ihm nicht. C Fast scheint es so, als habe George Lucas „Valerian & Veronique" F als a Blaupause für sein eigenes Universum genommen. Zahlreiche Anleihen sind, bei strenger Auslegung, fast gar an der Grenze A zum zu Plagiat. Auch wenn das allenfalls unterbewusst geschah, veranschaulicht es doch eindrucksvoll, dass die Comicserie aus v FFrankreich, die es schnell zu internationalem Ruhm gebracht hatte, d die Sehgewohnheiten maßgeblich beeinflusste und zu Recht als i ll i vielleicht bester Science-Fiction-Comic gilt. Zurück ins Jahr 1967: Das öffentliche Leben in Frankreich wird zwar immer noch von der konservativen Regierung Charles De Gaulles bestimmt, doch ist bereits ein Flackern am Horizont zu erkennen. Das erste Abenteuer Valerians und Veroniques entsteht quasi am Vorabend der Kulturrevolution von '68: So nehmen die beiden Schöpfer der Comics mit der Figur der charmanten Veronique (im Original hieß sie Laureline, was die deutschen Übersetzer wohl als zu sperrig empfanden) etwa die Gleichstellung der Frau vorweg. Denn Veronique istt – ent entgegen der tgegen d er typischen Frauenrolle in diesem Genre – nicht nur eine ansehnliche Zugabe, sondern gleichberechtigte Partnerin von Valerian, ist dem eher sachlich veranlagten Valerian intellektuell sogar überlegen. Was allerdings nicht heißt, dass sie ihren engen RaumfahrerDress nicht ab und zu doch abstreifen würde, allerdings nicht so häufig, wie das beispielsweise Barbarella tut. Nacktheit ist in der Zukunft eben eine ganz natürliche Sache, und auch die männliche Hauptfigur ist mitunter so zu sehen, wie Gott – pardon –, wie Mézières und Christin ihn schufen ... Zeitsprung ins Jahr 1972: Die beiden Zeitreisenden erreichen Deutschland. Im neugegründeten Magazin „Zack" werden die Christin Geschichten um das ungleiche Agentenpaar als Fortsetzungen abgedruckt. Ab 1978 publiziert sie dann der Carlsen Verlag, der seit 2013 eine ansprechende Gesamtausgabe herausgibt. So entstehen in 40 Jahren insgesamt 20 Alben. Und was Pierre Christin, der Texter, einst postulierte, hat in all diesen Jahren seine Gültigkeit behalten: „Science-Fiction ist eine wunderbare Möglichkeit, der Wirklichkeit zu entfliehen." Roland Schäfli

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