David Bowie
Nothing has changed. Die definitive David Bowie Sammlung - mit seinen größten Songs aus den Jahren 1964 - 2014 inkl. der neuen Single „Sue (Or In Season Of Crime)“ plus weiterem, bisher unveröffentlichtem Material
3CD und Download mit 59 Songs
2CD und Download mit 39 Songs
2LP und Download mit 20 Songs
Sue (Or In A Season Of Crime) 10“ Vinyl und Download
Ab 14. November David Bowie Is – der Kinofilm zur Sensationsaustellung. Ab 18.11. in den deutschen Kinos. www.davidbowie.com/davidbowieisfilm www.davidbowie.com - www.warnermusic.de
IMPRESSUM Anschrift: NikMa Verlag Fabian Leibfried Eberdinger Straße 37 71665 Vaihingen/Enz Tel.: 0 70 42/37660-160 Fax: 0 70 42/37660-188 E-Mail: goodtimes@nikma.de www.goodtimes-magazin.de www.facebook.com/goodtimeskult
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Herausgeber und Chefredakteur: Fabian Leibfried
Mitarbeiter: Jens-Uwe Berndt, Horst Berner, Kathrin Bonacker, Kirsten Borchardt, Lothar Brandt, Michael Fuchs-Gamböck, Hans-Jürgen Günther, Peter Henning, Christian Hentschel, Teddy Hoersch, Hugo Kastner, Andreas Kötter, Bernd Matheja, Kati Naumann, Helmut Ölschlegel, Thorsten Pöttger, Alexander Querengässer, Sven Rachner, Philipp Roser, Roland Schäfli, Oliver Schuh, Ulrich Schwartz, Eckhard Schwettmann, Christian Simon, Alan Tepper, Jörg Trüdinger, Claudia Tupeit, Uli Twelker, Peter Verhoff, Thomas Wachter, Jürgen Wolff
Abonnements, Shop: Andrea Leibfried
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Abonnement: siehe Seite 67
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Willkommen bei
kult!
Fällt der Begriff Retro", rümpfen Feuilletonisten gerne die Nase; " viele verwenden ihn mit einem negativen Beigeschmack. Bei der breiten Masse hingegen ist Retro" in aller Regel positiv besetzt. " Wie anders wäre es sonst zu erklären, dass etwa im Bereich der Musik regelmäßig Retro-Wellen aus den Lautsprechern tönen. Junge Musiker ik greii fen gerne die Vorlagen der musikalisch Altvorderen auf, setzen diese in ihrem Sinne neu um, vielleicht auch mit modernen Ansätzen. Retro-Rock der späten 60er und frühen 70er Jahre ist derzeit wieder schwer angesagt, die Disco-Welle schwappte vor nicht allzu langer Zeit erneut durch die Lande, der Glam-Rock wird immer wieder aufgefrischt – ganz zu schweigen vom Blues, der seit Jahrzehnten nicht totzukriegen ist. Oder auch der Schlager, den es ja immer auch in niveauvoller und eben nicht platter, zum Oberschenkelklopfen animierender Form gab. Ähnliches gilt für die Modewelt, den Automarkt, Architektur und Wohn-Innendekor – die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Das Alte inspiriert und befruchtet das Neue. Daher ist es das längst Vergangene immer wert, in Erinnerung gerufen zu werden – so wie wir es auch mit dieser kult!-Ausgabe einmal mehr versuchen. Manche Erinnerungen an längst vergangene Zeiten dürften dabei wieder wach werden – an Filme, die man einst gesehen hat; an die Musik, die man mit Hilfe des Walkmans genießen konnte; an Spielzeug, mit dem man sich als Kind beschäftigt hat; an Autos, von denen man ebenso träumte wie von Musikwiedergabegeräten von höchster Qualität, die man sich damals nicht leisten konnte. Und auch die Idole längst vergangener Zeiten rücken erneut in den (Erinnerungs-)Mittelpunkt. Apropos: Viele dieser in der eigenen Kindheit und Jugend angesagten Dinge sind heute wieder erhältlich – dank DVD/Blu-ray, Retro-Neuauflagen und dergleichen ... Viel Spaß beim Schwelgen in Erinnerungen wünscht Ihnen
Sophia Loren: © Davids/Bildarchiv Hallhuber
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Fabian Leibfried -Herausgeber/Chefredakteurwww.facebook.com/goodtimeskult
kult! GoodTimes
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Nr. 12 erscheint am 17.4.2015
kult! 60er · 70er · 80er
Ausgabe Oktober 2014 1/2015 (Nr. 11)
INHALT RUBR IKE N 3 Editorial/Impressum 4 Inhaltsverzeichnis 5 Top 5: Kinder- und Jugendbücher
Seite 40
Mitarbeiter & Prominenz
6 News from the past Altes neu ausgepackt
37 kult! Shop 45 kult! Verlosung 67 kult! Weihnachts-Geschenkabo 47 The Sweet/Sophia Loren
Seite 70
Seite 14
Riesenposter
14 Die Geburt der Superbikes Seite 34
Frankensteins wilde Töchter
16 Mode-Serie – 70er Jahre (Teil 3) Alles geht! Auch heute noch
20 Erich Kästner
Seite 74
Der veritable Doppelschriftsteller" "
22 Reklame für Erfrischungsgetränke
Süße Brause für Spaßvögel & Sportskanonen
26 Spiel ohne Grenzen Wie der Straßenfeger einst die ganze Familie vor dem Fernseher vereinte
28 Das Jahr 1974 Brandt stürzt – Müller trifft – Tetzlaff pöbelt ... und vier Schweden krempeln die Pop-Welt um
Seite 68
32 Die kultigsten Facebook- & Internetseiten Sind wir nicht alle ein bisschen ... kult!?
34 Rockpalast
64 The Longest Day (Der längste Tag)
Heiße Open Airs auf der Loreley
Darryl F. Zanucks D-Day-Epos als Mutter aller Kriegsfilme
38 Hommage an den Walkman
68 Lolek & Bolek
Wie die Idee vom Musikhören unterwegs die Welt eroberte
Reise um die Welt in 50 Jahren
40 Glam-Rock
70 30 Jahre Modern Talking
Charts-Stürmer auf Plateausohlen
Die Einzigartigen
43 Steve McQueen – Bullitt
72 Sophia Loren
1968 wurden die Cops plötzlich cool ol
Alles zu groß" – und trotzdem ein Star "
46 Eis am Stiel
74 Barbapapa
Liebe, Leiden, Lollipop
Ziemlich beste Wohlfühl-Freunde
56 Die Shaw Brothers
76 50 Jahre Nutella
Asiens größte Filmmogule in Action n
Nougatrausch fürs Brot
58 40 Jahre VW Golf
78 DDR-Zeitschriften aus dem Verlag Junge Welt
Erfolgsgeschichte auf vier Rädern
62 Kultbücher
Seite 58
Geschätzt, geliebt, gelobt
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Kam ein kleiner Teddybär ..."
82 Udo Jürgens Zum 80. Geburtstag
86 Die Leute von der Shiloh Ranch
Seite 76
TV-Westerndramen für Erwachsene
88 Action Team Taffe Glücksritter lassen Kinderherzen höher schlagen
92 Die ZDF-Abenteuervierteiler Schiffbruch mit freudigen Folgen
96 Wundertüten Bunte Abwechslung im tristen Nachkriegs-Alltag
Seite 46
98 Formel Eins
Seite 38
Oliver Bertrams Insiderblick hinter die Kulissen
Seite S i 88 Seite
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GoodTimes
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kult! Kin de r - u n d J u g e n dbüc her
1. Jim Knopf & Lukas der Lokomotivführer – Michael Ende 2. Der Räuber Hotzenplotz – Otfried Preußler 3. Wir Kinder aus Bullerbü – Astrid Lindgren 4. Die drei ??? – Alfred Hitchcock 5. Oliver Twist – Charles Dickens
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Das fliegende Klassenzimmer – Erich Kästner Wir Kinder aus Bullerbü – Astrid Lindgren Tom Sawyer & Huckleberry Finn – Mark Twain Die rote Zora und ihre Bande – Kurt Held Der Räuber Hotzenplotz – Otfried Preußler
Fabian Leibfried
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Die Schatzinsel – Robert Louis Stevenson Der Geist des Llano Estacado – Karl May Ivanhoe – Walter Scott Emil und die Detektive – Erich Kästner Abenteuer unter Wasser mit Mike Nelson – Cole Fannin
Sven Rachner
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Alles von Karl May Max & Moritz – Wilhelm Busch Rittersagen – Gustav Schwab Fünf Freunde – Enid Blyton Prinz Eisenherz – Hal Foster
Horst Berner
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Ferien auf Saltkrokan – Astrid Lindgren Wintersonnenwende – Susan Cooper Liebe Inge – Berte Bratt Schreckenstein – Oliver Hassencamp Hanni & Nanni – Enid Blyton
Philipp Roser
1. Tom Sawyer & Huckleberry Finn – Mark Twain 2. Michel aus Lönneberga – Astrid Lindgren 3. Die Schatzinsel – Robert Louis Stevenson 4. Die schwarzen Brüder – Lisa Tetzner 5. Winnetou – Karl May Roland Schäfli
Kathrin Bonacker
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Robbi, Tobbi und das Fliewatüüt – Boy Lornsen Die kleine Hexe – Otfried Preußler Der Schut – Karl May Der Fluss der Abenteuer – Enid Blyton Jim Knopf & Lukas der Lokomotivführer – Michael Ende
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Geheime Tips von Donald Duck – Walt Disney Pu der Bär – A. A. Milne Momo – Michael Ende Alice im Wunderland – Lewis Carroll Der kleine Hobbit – J. R. R. Tolkien
Lothar Brandt
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Momo – Michael Ende Der kleine Hobbit – J. R. R. Tolkien Das kleine weiße Pferd – Elizabeth Goudge Krabat – Otfried Preußler Der Mausevater und sein Sohn – Russell Hoban
Oliver Schuh
1. Der Hobbit oder hin und zurück – J. R. R. Tolkien 2. Urmel aus dem Eis – Max Kruse 3. Bill Bo und seine sechs Kumpane – Josef Göhlen 4. Der kleine Prinz – Antoine de Saint-Exupéry 5. Sophies Welt – Jostein Gaarder Ulrich Schwartz
Michael F.-Gamböck
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Timm Thaler oder das verkaufte Lachen – James Krüss Emil und die Detektive – Erich Kästner Alfons Zitterbacke – Gerhard Holtz-Baumert Die Reise nach Sundevit – Benno Pludra Der Zauberer der Smaragdenstadt – Alexander Wolkow
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Der Schatz im Silbersee – Karl May Winnetou (1–3) – Karl May Funkstreife Isar 12 – Kurt Vethake Das Rätsel der Baubude – Herbert Erdmann Helmut findet die richtige Spur – Hans-Jürgen Laturner
Christian Hentschel
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Winnetou – Karl May Lederstrumpf – James Fenimore Cooper Geronimo – Kampf bis zur letzten Patrone – Peter Dubina Die Schatzinsel – Robert Louis Stevenson Tom Sawyer & Huckleberry Finn – Mark Twain
Christian Simon
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Die Alice-Romane – Lewis Carroll Der Schatz im Silbersee – Karl May Peter Pan – J. M. Barrie Fünf Freunde – Enid Blyton Der Wind in den Weiden – Kenneth Grahame Alan Tepper
Andreas Kötter
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Bille & Zottel – Tina Caspari Hanni & Nanni – Enid Blyton Fünf Freunde – Enid Blyton Die drei ??? – Alfred Hitchcock Winnetou – Karl May
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Pony Pedro – Erwin Strittmatter Das Mädchen hieß Gesine – Karl Neumann Bettina bummelt – Elizabeth Shaw Die kleinen Bären – A. C. Lagger Der Fänger im Roggen – J. D. Salinger
Andrea Leibfried
1. Timm Thaler oder das verkaufte Lachen – James Krüss 2. Emil und die Detektive – Erich Kästner 3. Shakespeare-Märchen – Franz Fühmann 4. Die großen Abenteuer des kleinen Ferdinand – Ondrej Sekora 5. Die Gärten von Dorr – Paul Biegel
Claudia Tupeit
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Kalle Blomquist – Astrid Lindgren Jan als Detektiv – Knud Meister/Carlo Andersen Abenteuer in der Pampa – Georg Grillmayer Wir helfen – Sabine Hagen Dr. Dolittle und seine Tiere – Hugh Lofting
Kati Naumann
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Die unendliche Geschichte – Michael Ende Ronja Räubertochter – Astrid Lindgren Der 35. Mai oder Konrad reitet in die Südsee – Erich Kästner Orientzyklus – Karl May Servus Opa, sagte ich leise – Elfie Donnelly
Jürgen Wolff
1. Grimms Märchen (natürlich) 2. Hertha die Funkerin 3. Tom Sawyer & Huckleberry Finn 4. Das fliegende Klassenzimmer 5. Die Schatzinsel
© Pressefoto
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Thorsten Pöttger
GoodTimes
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Inga Rumpf
from the past DVDs + BLU-RAYs I AM ALI Muhammad Ali wurde 1942 als Cassius Marcellus Clay in Louisville, Kentucky, geboren. Er ist dreifacher Box-Weltmeister im Schwergewicht und wurde 1999 vom Internationalen Olympischen Komitee zum Sportler des Jahrhunderts" " gewählt. Auch abseits des Boxrings sorgte Ali immer wieder für Schlagzeilen. So unterstützte er Mitte der 60er Jahre die Emanzipationsbewegung der Afroamerikaner, trat zum Islam über und verweigerte den Mili Militärdienst. di 1967 wurde er deshalb zu fünf Jahren Haft verurteilt und verlor vorübergehend sogar seine Boxlizenz. Seit dem Ende seiner Karriere 1981 widmet sich der an Parkinson erkrankte Sportler zahlreichen sozialen Projekten, seit 2001 ist er UN-Friedensbotschafter. Doch neben dem öffentlichen Leben als Kämpfer in- und außerhalb des Boxrings zeigt Ali auch im privaten Leben zahlreiche Facetten, ist Held und Verräter, Liebhaber und Vater, Fanatiker und Philosoph. Die Sportdokumentation I Am Ali" beleuchtet " die ungewöhnliche Lebensgeschichte der Ikone aus einer nie zuvor gezeigten Perspektive. Über viele Jahre hinweg führte Ali Audio-Tagebücher, die auf sehr persönliche Weise intime Einblicke in das Leben des Mannes hinter der Legende geben. Gleichzeitig kommen in dieser ergreifenden Dokumentation neben engen Freunden auch seine Tochter, sein Bruder und seine Ex-Frau zu Wort, außerdem wurden Boxstars wie Mike Tyson und George Foreman interviewt. I Am Ali" gibt es ab 10. Oktober " für kurze Zeit in ausgewählten Kinos sowie bei iTunes, und am 6. November erscheint der Film in unterschiedlichen Editionen auch auf DVD und Blu-ray. (Universal, 106 Min.)
INGMAR BERGMAN SZENEN EINER EHE + SARABANDE + AUS DEM LEBEN DER MARIONETTEN + EINEN SOMMER LANG Ingmar Bergman gehört ohne Frage zu den renommiertesten und produktivsten Künstlern des 20. Jahrhunderts. Wie kaum ein anderer Regisseur prägte der Schwede s die d Entwicklung des europäischen Erzählkinos. r Ende September veröfE fentlicht Arthaus vier seif ner n Klassiker erstmals als Einzel-Blu-rays, dazu gibt E es e die Kino- und TV-Fassung von Szenen einer "
Ehe" und Sarabande"" erstmals in einer Blu-ray " Edition. Die Filme Aus dem Leben der Mario" netten" sowie Einen Sommer lang" erscheinen " parallel dazu erstmals als Einzel-DVD. (Arthaus/Studiocanal)
DICK & DOOF ABENTEUER IM SPIELZEUGLAND In diesem märchenhaften Musical – als Bluray in kolorierter & restaurierter s/w-Version – leben Stannie Dum und Ollie Dee im Spielzeugland und wohnen bei der Witwe Peep und deren schöner Tochter Bo-Peep zur Untermiete in einem Schuh. Der bösartige alte Barnaby besitzt eine Hypothek auf Witwe Peeps Haus, die er ihr nur erlassen will, wenn ihre Tochter ihn heiratet. Um Peep zu helfen, bitten Stannie und Ollie, die in einer Spielzeugfabrik arbeiten, ihren Chef um einen Vorschuss. Da sie aber einen Auftrag von Santa Claus falsch ausgeführt und versehentlich statt kleiner Holzsoldaten mannshohe hergestellt haben, verlieren sie stattdessen ihren JJob. Bei dem Versuch, dden Hypothekenbrief zu sstehlen, werden Stannie uund Ollie gefasst. Untter der Bedingung, dass Barnaby auf eine AnklaB gge verzichtet, willigt BoPeep in die Heirat ein. Am Hochzeitstag verkleidet sich Stannie als Braut, doch als der Schwindel auffliegt, marschiert der erboste Barnaby mit einer Armee der bösen Mächte ins Spielzeugland ein. Das ist die Story des eher ungewöhnlichen Films von Stan Laurel und Oliver Hardy, dessen Charme weniger durch die sonst üblichen Slapstickeinlagen als durch die außergewöhnlichen Kulisse und die kindlichen Figuren entsteht. (Starmovie/edel, 80 Min.)
LOLEK + BOLEK
lek und Bolek in Spanien" und Abenteuer auf " zwei Rädern" bis zu Die Seefahrt". " (Icestorm Distribution, 4 DVDs, 315 Min.)
ARMEE IM SCHATTEN Starker Film aus der Zeit des französischen Widerstands gegen die deutsche Besatzung im Zweiten Weltkrieg, 1969 von Jean-Pierre Melville mit Schauspielern wie Lino Ventura, Simone Signoret, Jean-Pierre Cassel und Paul Crauchet in Szene gesetzt. Ein Film, der mit seiner Atmosphäre und der realistischen Darstellung der Härten des Krieges überzeugt und bei dem es Regisseur Melville hervorragend gelingt, den teuflischen Kreis aus Loyalität, Verrat, Hass und Liebe zum Thema zu machen. (Studiocanal, 145 Min.)
ASTERIX IN AMERIKA Keine Frage, ohne ihren Zaubertrank wären die Gallier um Asterix und Obelix ganz normale m Dörfler im Weltreich des d großen Cäsar. Als der große Imperator diese g Tatsache erkennt, lässt er T den d Erschaffer des Zaubertranks, t den Druiden Mirac culix, übers Meer ans Ende der d Welt entführen, wo er über den Rand der Erdü scheibe geworfen werden soll. Doch Asterix und Obelix folgen den Entführern und erleben fortan zahlreiche Abenteuer mit finsteren Medizinmännern, wilden Indianerstämmen und den üblichen Schlägereien. Natürlich bekommt Cäsar am Ende des Ausfluges in die neue Welt eine weitere Lektion erteilt, ohne Zweifel gehört dieser 1994 entstandene Zeichentrickfilm zum Pflichtprogramm für Asterix-Fans. (Studiocanal, 85 Min.)
SAMMELBOX Anfang der 60er Jahre erschuf das polnische Trickfilmstudio Studio Filmów Rysunkowych das Brüderpaar Lolek und Bolek, das es vor allem in der DDR zu enormer Beliebtheit brachte. Ende letzten Jahres gab es dann zum ersten Mal die Langfilme aus den 70er Jahren als DVD, jetzt erscheint mit der Lolek + Bolek " Sammelbox" eine vier Discs enthaltende Zusammenstellung. Neben den beiden Filmen Lolek und Bolek im Wilden Westen" und " Loleks und Boleks große Reise" gibt es dabei " noch 15 weitere, kürzere Filme mit den lustigen Abenteuern des kultigen Brüderpaares zu sehen, von Tola hat Geburtstag" über Lo" " Seite
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ROBERT L. STEVENSON Obwohl der schottische Schriftsteller Robert Louis Stevenson schon mit 44 Jahren an Tuberkulose starb, hinterließ er eine umfangreiche Sammlung an Abenteuerliteratur, Reiseerzählungen und historischen Romanen. Am bekanntesten wohl immer noch der Jugendbuchklassiker Die Schatzinsel", " deren Fortsetzungsgeschichte mit dem Titel Die " Schatzinsel 2" mit Robert Newton und Rod Raylor verfilmt wurde und nun als einer von drei Filmen in der Robert L. Stevenson"-Box dabei ist. " Die Geschichte von Dr. Jekyll und Mr. Hyde" "
gibt es hier in der ursprünglich von John Robertson als Stummfilm produzierten Version mit John Barrymore, Marthy Mansfield und Brandon Hurst; erst nachträglich wurden die Tonspuren hinzugefügt, was dieser Version zu einem ganz eigenen Charme verhilft. Mit St. Ives – Eine Liebesgeschichte" ist auch ein " relativ neuer Film mit dabei, 2005 verfilmte Regisseur Harry Hook mit Schauspielern wie Jean-Marc Barr, Miranda Richardson und Tim Dutton diese historische Liebes- und Abenteuergeschichte von Robert Louis Stevenson. (Starmovie/edel, 254 Min.)
BILLY THE KID Auf zwei DVDs mit einer Laufzeit von rund zehn Stunden liefert diese Box neun Filme üüber die Pionierzeit des Wilden Westens. Nicht nur W dder titelgebende Billy The " Kid" wird dabei zum TheK ma, auch Banditenkollege m JJesse James steht im Mitttelpunkt eines dieser Filme. IIn den Hauptrollen gibt es eeinmal Jane Russell ( Ge" ächtet"), zweimal Roy Rogers ( The Days Of " Jesse James", Billy The Kid kehrt zurück") und " sechsmal Westernlegende John Wayne ( Stage" coach", Rodeo", Der schwarze Reiter", Das " " " Gesetz des Stärkeren", Reiter der Gerechtig" keit", Im Schatten des Adlers") zu sehen. Eine " ideale Box, um Sammlungslücken aufzufüllen. (Great Movies/edel, 2 DVDs, 600 Min.)
ALFRED HITCHCOCK XXL Ohne Frage gehört Alfred Hitchcock zu den stilistisch einflussreichsten Spielfilmregisseuren aller Zeiten und etablierte dabei die Begriffe Spannung und Grusel auf seine ganz eigene Art und Weise. Sein angestammtes Genre war der Thriller, charakteristisch seine Verbindung von Spannung und Humor. Die immer wiederkehrenden Motive seiner Filme waren Angst, Schuld und Identitätsverlust, oft variierte er auch das Thema des unschuldig Verfolgten. Die Alfred Hitchcock XXL"-Box liefert auf zwei " DVDs die Filme Die Taverne von Jamaika" " (1939) mit Charles Laughton und Maureen
O'Hara, Ich kämpfe um dich" (1945) mit Ingrid " Bergman und Gregory Peck, Der Mann der " zu viel wusste" (1934) mit Leslie Banks, Edna Best und Doris Day sowie die beiden Kurzfilme Landung auf Madagaskar" und Gute Reise". " " (Starmovie/edel, 2 DVDs, 335 Min.)
auftauchen, wird Roy mit dem Revolverhelden verwechselt, und als sich dann doch alles zum Guten zu wenden scheint und Rogers alles aufklären kann, taucht der echte Bösewicht auf ... (Starmovie/edel, 230 Min.)
YPS BRAM STOKERS DRACULA
DIE SENDUNG
1973 drehte Dan Curtis mit Jack Palance in der Titelrolle Bram Stokers Dracula". Dabei gelang " dem britischen Regisseur eine Verfilmung, die in ihrer Realitätsnähe bis heute Maßstäbe setzt, vor allem Jack Palace verleiht dem sagenumwobenen Graf Dracula eine physische Präsenz, die in der restaurierten Blu-ray-Fassung noch einmal an Tiefe gewinnt. Dass die Verfilmung schon Anfang der 70er Jahre als altmodisch" bezeichnet " wurde, erhöht heute ohne Frage den Kultfaktor dieses Streifens. Dazu gibt es über drei Stunden Bonus-Material wie eine 4:3-Fernsehfassung mit alternativen Szenen, Originaltrailern und Interviews mit Jack Palace und Dan Curtis. (Starmovie/edel, 100 Min.)
Ende der 70er Jahre war das Wissensmagazin Yps" in " fast jedem Jugendhaushalt zu finden, das Wort Gim" mick" fand gar Einlass in den deutschen Sprachgebrauch. Im Herbst 2012 feierte das bunt schräge Magazin ein vielbeachtetes Comeback, da lag es nahe, spannende und ungewöhnliche Alltagsphänomene im Yps"-Style auch als bewegte Bilder " umzusetzen. RTL Nitro hat dies getan, alle Folgen der ersten Staffel sind Mitte August in zwei Editionen auf DVD erschienen. Moderiert von Jan Köppen klärt Yps – Die Sen" dung" ungewöhnliche Fragen, testet die neuesten Gadgets, spürt neuen Trends hinterher und überrascht mit witzigen Einspielern. Die Lifestyle-Edition hat eine Spieldauer von 120 Minuten, die Sciene-Fiction-Edition läuft 140 Minuten – Ehrensache, dass es zu jeder DVD auch ein Gimmick gibt! (Karussell/Universal, 2 DVDs 120 /140 Min.)
WESTERN KLASSIKER Mit vier Filmen von Western-Star Roy Rogers verdient sich diese DVD ihren Namen zu Recht. Denn die Themen, um die es in diesen vier Filmen geht, sind genau die, die dem Genre seine zeitlose Klasse verliehen haben: In Billy The Kid " kehrt zurück" gibt sich Roy Rogers als Billy The Kid aus, um Billys Freund Pat Garrett dabei zu unterstützen, die Ranch der Homesteaders zu verteidigen. In Arizona Kid" " werden Roy und sein Freund Gabby bei der Armee aufgenommen und d iin Kämpfen mit Rebellen schwer verletzt. Auch in Colorado" steht die Unionsarmee im Mit" telpunkt des Geschehens, hier muss Roy Rogers die Umstände aufklären, die die Truppe zum Rückzug zwangen. Auch bei Sheriff Of Tomb" stone" geht es um ein immer wiederkehrendes Thema: Der Bürgermeister der Stadt hat einen zwielichtigen Banditen damit beauftragt, in seiner Stadt aufzuräumen. Der will aber die Stadt übernehmen. Als Roy und sein Freund Gabby
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DIE 3 TAGE DES CONDOR Ein unauffälliges Büro der Amerikanischen Gesellschaft für Literaturgeschichte in Manhattan ist die perfekte Tarnung für eine hochtechnisierte Organisation der CIA. Hier werden weltweit Nachrichten gesammelt, die über Krieg oder Frieden entscheiden. Agent Joe Turner kommt von der Mittagspause zurück und findet ein Massaker vor: Alle Kollegen liegen erschossen am Boden. Sofort gibt er unter seinem Decknamen Con" dor" Meldung an die Zentrale – und entgeht kurz darauf nur knapp einem Anschlag. Voller Panik taucht er unter, er will und muss herausfinden, wer hinter diesem mörderischen Komplott steckt. Doch die Killer sind ihm auf den Fersen, und es bleibt ihm nur wenig Zeit. Paraderolle für Robert Redford, der in diesem
from the past 1975er Agentenklassiker von Sydney Pollack die ganze Bandbreite seines Könnens zeigt. (Studiocanal, 117 Min.)
CAPTAIN AMERICA RETURN OF THE SUPERAVENGER Wie frei die US-Serien-Schreiber teilweise mit Comicvorlagen umgingen, zeigt diese DVD, die mit dem etwas irreführenden Titel Captain America – Re" turn Of The Superavenger" angeboten wird. Denn in der 1944 produzierten amerikanischen Miniserie mit 15 Episoden hat Captain America" " – der Originaltitel – so gut wie nichts mit der Marvel-Vorlage gemein, hier geht es um den Staatsanwalt Grant Gardner (Dick Purcell), der sich in seiner Freizeit als Captain America auf die Jagd nach den verbrecherischen Museumsdirektor Cyrus Maldor (Lionel Atwill) begibt. Als Scarab" tötet dieser " seine Widersacher nicht nur regelmäßig durch Vergiftung, sondern kommt auch in den Besitz einer geheimen Maschine, die mittels Ultraschall Gebäude zum Einsturz bringen kann – also genau der richtige Gegner für diesen Captain America"! " (Paragon Movies/edel, 233 Min.)
ES WAR EINMAL ... DER MENSCH + ES WAR EINMAL ... UNSERE ERDE Auf drei Blu-rays bzw. sechs DVDs erscheinen Mitte November die beiden jeweils 26-teiligen, französischen Zeichentrickserien Es war ein" mal..." von Albert Barille. Hauptfigur ist dabei der weise Maestro", ein bärtiger, alter Mann, der " stets im Hintergrund die einst zelnen Geschichten erzählt, oft z aber a auch Teil des Geschehens ist. i In thematisch voneinander getrennten Episoden wird hier g sspielerisch und auf humorvvolle Art Wissen vermittelt. Aus dem Jahr 1978 stammt A ... der Mensch", liefert Ka" pitel wie Der Neandertaler", p " Das Römische Reich", Ame" " rika" und Aufbruch ins 20. r " JJahrhundert", ... unsere Erde" " eentstand 2008 und widmet sich Themen wie Klimawandel: Der T " Treibhauseffekt", Wasser, das blaue Gold", Das " " Haus und die Stadt", Woher kommt unsere Ener" gie" oder Neue Technologien". " (Studio Hamburg Enterprises, 3 Blu-rays, 650 Min. + 6 DVDs, 650 Min.)
INDIANER BOX XXL Diese Box eignet sich bestens, um Sammlungslücken im DVD-Regal zu schließen. Acht klassische Western, bei denen es aber nicht nur alleine um das
Thema Indianer geht, gibt es auf drei DVDs zu sehen, dazu noch die Dokumentation Die Welt der " Indianer". In Filmen wie Da" niel Boone", Der letzte Mo" hikaner", Höllenfahrt nach " Santa Fé", My West", Wy" " oming" oder Desert Trail" " begegnet man historischen Figuren wie dem Trapper Daniel Boone oder dem Mohikaner Chingachgook, dargestellt von legendären Künstlern wie John Wayne, Roy Rogers, Faron Young sowie der nächsten Schauspielergeneration wie John Cusack, John Goodman, Harvey Keitel und David Bowie. (Starmovie/edel, 3 DVDs, 699 Min.)
JOHN WAYNE STERNSTUNDEN Auf zwei DVDs liefert diese Box vier Filme von John Wayne. In Shadow Of The Eagle" spielt " er einen Piloten einer Flugshow, dessen Besitzer beschuldigt wird, Drohungen gegen verschiedene Firmen in den Himmel zu schreiben". Doch Way" ne glaubt an die Unschuld seines Chefs und versucht mit allen Mitteln (und rasanten Flugmanövern), den wirklichen Eagle" zu finden. In San " " Francisco Lilly" spielt er einen Cowboy, der auf dem d Weg nach San Francisco ist, is um dort von einem Barbesitzer Schulden einzutreiben. s Doch im Kartenspiel gegen D ihn i verliert er seinen gesamten Besitz, und schnell wird klar, B dass d hier gezinkte Karten im Spiel waren. Um seinen Hab und Gut zurückzugewinnen, lässt er sich im Kartenspielen ausbilden und fordert Revanche. In California Goldrausch" spielt " John Wayne einen Arzt in den Tagen des kalifornischen Goldrausches. Nachdem er die skrupellosen Machenschaften eines Politikers aufgedeckt hat, der sich auf Kosten der Rancher bereichert hat, setzt er sich an die Spitze der Revolte gegen diese Ungerechtigkeit. In Desert Trail" wird " der Rodeoreiter John Scott fälschlicherweise für einen Mord verantwortlich gemacht und vom Sheriff verfolgt und inhaftiert. Doch nachdem ihn ein Unbekannter aus dem Gefängnis befreit hat, machen sie sich gemeinsam auf die Suche nach dem wahren Mörder. (Starmovie/edel, 2 DVDs, 407 Min.)
INSPECTOR MORSE STAFFEL 1 Als Vorgänger der höchst erfolgreichen Lewis"-Serie " ging John Thaw Ende der 80er Jahre als Inspector " Morse" auf Verbrecherjagd. Auf vier DVDs gibt es nun Seite
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vier dieser Filme in der englischen Sprachfassung mit deutschen Untertiteln in einer Box. Morse ist ein richtiger Eigenbrötler, mag Bier ( There's " always time for one more pint"), guten Scotch und klassische Musik. Penibel und antiquiert löst er seine Fälle, und mit seinen Ermittlungsmethoden ist Inspector Morse genau der Richtige für hochklassige, britische Krimi-Unterhaltung. (ITV Studios/edel, 410 Min., Engl. mit dt. Untertiteln)
MISSION: IMPOSSIBLE IN GEHEIMER MISSION SEASON 1.1 In neuem Gewand kehrt hier ein Klassiker unter den Fernsehserien zurück: Mission: Impossi" bble", früher unter dem Namen Kobra, übernehmen Sie" " bbekannt. Nach dem Mord an sseinem Nachfolger kehrt Jim Phelps in den aktiven Dienst P zzurück. Er verpflichtet neue Agenten, um weitere Fälle zu A llösen, baut sich ein Team aus dem Verwandlungskünstler Ni h l ddem M Nicholas, Muskelmann Max, der hübschen Casey und dem Elektronikspezialisten Grant auf. 15 Jahre nach der Originalserie Kobra, über" nehmen Sie" kehrte Peter Graves in seiner Paraderolle als Jim Phelps zurück, auf drei DVDs gibt es hier als deutsche Erstveröffentlichung zehn Missionen der kultigen Geheimagenten zu sehen. (Explosive Media/Alive, 482 Min.)
LOUIS DE FUNÈS COLLECTION Über die Qualitäten des französischen Komikers Louis de Funès muss an dieser Stelle nicht mehr gesprochen werden, mit zahlreichen Klassikern hat er sich bei Filmfans unsterblich gemacht. In der Anfang September veröffentlichten Louis de Funès Collec" tion" gibt es nun erstmals drei seiner besten Filme als Blu-rays. Als Restaurantkritiker hat er sich in Brust oder Keule" vor" genommen, den ramponierten Ruf der französischen Küche wieder aufzupolieren; ein Unterfangen, das, noch dazu mit seinem alles andere als motivierten Sohn im Schlepptau, nur scheitern kann. In Die " große Sause" ist Paris während des Zweiten Weltkriegs von deutschen Truppen besetzt. Als eine Royal-Air-Force-Maschine bei einem Aufklärungsflug über der Stadt von der Wehrmacht abgeschossen wird, kann sich die Besatzung noch rechtzeitig mit einem Fallschirm retten. Doch im besetzten Paris ist es für die britischen Piloten schwer unterzutauchen. Sie bekommen aber Unterstützung von zwei Pa-
riser BĂźrgern, die ihnen zur Flucht verhelfen wollen. Bei Louis und seine auĂ&#x;erirdischen " KohlkĂśpfe" sind die beiden Nachbarn Claude und ChĂŠrasse gute Freunde, die viel ihrer Zeit miteinander verbringen. Vor allem ihre Leidenschaft fĂźr Kohl und die daraus zubereitete Suppe schweiĂ&#x;t die beiden zusammen, so dass sie durch diese Leidenschaft schon zahlreiche geschmackliche GenĂźsse erlebt haben. Als sie sich eines Abends wieder einmal einem dieser Kohlsuppenexzesse hingeben und danach den dadurch entstandenen Gasen freies Geleit lassen, locken sie damit einen auĂ&#x;erirdischen Besucher an, der schon bald Gefallen an ihrer selbst gekochten Kohlsuppe ďŹ ndet. (Studiocanal/edel, 3 Blu-rays, 331 Min.)
NOSFERATU + DAS CABINET DES DR. CALIGARI Immer noch gehĂśrt F.W. Murnaus erste Adaption von Bram Stokers Dracula" zu den beein" drucktesten HorrorďŹ lmen aller Zeiten, vor allem da er seine Wirkung nicht aus der blutrĂźnstigen Inszenierung physischer Gewalt oder durch eine kĂźnstliche Studio-Atmosphäre erzielt. Das Grauen entsteht aus dem Kontrast zwischen der Starrheit des Vampirs Nosferatu und dem UngestĂźm des jugendlichen Helden Hutter, dazu noch H aus a der Gegensätzlichkeit des kargen, trostlosen d Karpatenschlosses und der K Biedermeieratmos phäre B der d Stadt Wisborg. Neben einem 20-seitigem Booklet liefert die Blu-ray als Bonus-Material eine gut 50-minĂźtige Doku Ăźber Murnau sowie eine 25-minĂźtige 8mm-Fas-
ssung des Filmes. Auch die rrestaurierte Blu-ray-Verssion des StummďŹ lmklasssikers Das Cabinet des " Dr. D Caligari" bietet neben dem knapp 80-minĂźtigen d HauptďŹ H lm eine knappe Stunde Bonus-Material, Doku die Entstehung des Filmes sowie ein k Ăźber b di interessantes Making-Of" der digitalen Res" taurierung mit Beispielen. (Universum Film, 173 Min. + 135 Min.)
Mirren, Djmon Hounson, Alfred Molina, Ben Wishaw und Russell Brand zu sehen. 1936 war Wie es euch gefällt" einer der ersten " Shakespeare-TonďŹ lme, auch fĂźr Laurence Olivier (hier zusammen mit Elisabeth Bergner) war diese stark theaterhafte Adaption eine seiner ersten Hauptrollen, auf die später (teilweise auch als Regisseur und Produzent) zahlreiche weiter Shakespeare-VerďŹ lmungen folgten. (Starmovie/edel, 201 Min.)
SEIN ODER NICHTSEIN SHAKESPEARE BOX Dass sich Shakespeare-Dramen bestens zur VerďŹ lmung eignen, ist kein Geheimnis. In dieser Box werden die Filme The Tempest " (der Sturm)" und Wie es euch gefällt" zusamg " mengefasst. In der 2010er Fassung von The Tem" pest" der amerikanischen Theaterregisseurin Julie Taymor ist die HauptďŹ gur weiblich und heiĂ&#x;t Prospera. Die Geschichte spielt in der Zeit des 16. und 17. Jahrhundert, als Frauen, die sich mit Magie und Alchemie l h i bbeschäfh f tigten, oft der Hexerei angeklagt wurden. Von ihrem Bruder wird Prospera zusammen mit ihrer vierjährigen Tochter mit einem Schiff fortgeschickt. Sie landet auf einer Insel ohne Gesellschaftsform und wird dort schnell zu einer FĂźhrungsďŹ gur. Das fĂźhrt zum Machtkampf zwischen Prospera und dem bisherigen Herrscher Caliban, ein Kampf, der nicht mit Muskelkraft, sondern mit dem Intellekt ausgetragen wird. In den Hauptrollen sind Helen
1942 inszenierte der deutschstämmige Regisseur Ernst Lubitsch im amerikanischen Exil diese immer noch faszinierende KomÜdie, die mit den Waffen der Satire die deutsche Wehrmacht und die Gestapo der Lächerlichkeit preisgibt. Denn ebenso scharfsinnig, wie die Theaterschauspieler in Lubitschs Meisterwerk die Mittel der Kunst in den Dienst des Widerstandes gegen die Besatzungsmacht stellen, so nutzt Lubitsch die MÜglichkeiten dieses Films, um mit dem Nationalsozialismus abzurechnen. So gelang ihm die perfekte Verschmelzung von EhekomÜdie und Politsatire, widmet er sich mit gleicher Leidenschaft dem Menschlichen wie dem Politischen. Ein Film, der dazu nichts von seiner politischen Aussagekraft verloren hat, vor allem wenn man sich vor Augen fßhrt, dass er erst 1960 – nach heftigen Kontroversen – seine Premiere in den deutschen Kinos erleben durfte. (Studiocanal, 100 Min.)
� und Š 2014 Sesame Workshop. Alle Rechte vorbehalten.
Das Beste der 70er, 80er und 90er Jahre
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from the past TIMM THALER Regisseur Sigi Rothemund drehte Ende der 70er Jahre mit Thomas Ohrner in der Titelrolle und Horst Frank als fiesem Gegenspieler die 13-teilige Serie Timm Thaler", die 1979 als erste " Weihnachtsserie vom ZDF ausgestrahlt wurde. Dem herzlichen und ansteckenden Lachen von Timm Thaler kann sich keiner entziehen, diese Eigenschaft will sich der düsE tere Geschäftsmann Baron te dde Lefouet zunutze machen uund bietet einen Handel an: Für sein Lachen wird Timm F jjede Wette gewinnen. Doch eerst nachdem Timm sich auf diesen Handel eingelassen hat erkennt er, dass dies ein Fehler war. Er reißt von zu Hause aus und versucht auf eigene Faust, sein Lachen wieder zurückzugewinnen. Auf zwei DVDs gibt es jetzt diesen Straßenfeger aus den 70er Jahren in digital restaurierter Fassung, ein herrliches Vergnügen, das dazu noch wunderbar nostalgische Erinnerungen an lange vergangene (Weihnachts-)Zeiten bietet. (Studio Hamburg Enterprises, 2 DVDs, 325 Min.)
THUNDERBIRDS ARE GO / THUNDERBIRDS 6 Mitte der 60er Jahre wurde diese MarionettenScience-Fiction-Serie in England produziert, insgesamt wurden, verteilt auf zwei Staffeln, 32 Folgen mit den Abenteuern der international operierenden Rettungstruppe ausgestrahlt. Das Hauptquartier der Thunderbirds liegt auf einer versteckten Insel im Pazifik, von dort aus koordiniert der ehemalige Astronaut Jeff Tracy deren Einsätze. Ihm zur Seite stehen seine fünf Söhne, von denen jeder ein spezielles Flugzeug/Raumschiff für unterschiedliche Arten von Rettungseinsätzen zur Verfügung hat. Zusätzlich werden die Tracys vom Genie Brains unterstützt, der für die vielen Erfindungen zuständig ist, sowie vom Diener der Familie, Kyrano, und dessen Tochter TinTin. Bei ihren Einsätzen, bei denen die örtlichen Hilfstruppen so gut wie immer überfordert sind, können die Tracys Dank ihrer technisch fortschrittlichen Einsatzfahrzeuge erfolgreich helfen. Oft sind die Unglücksfälle, bei denen International Rescue" " eingreifen muss, vom Dauerbösewicht The Hood verursacht worden, dessen tatsächlicher Name niemals bekannt wird. Bei dessen Bekämpfung erhalten die Tracys auch Unterstützung von der britischen Agentin Lady Penelope CreightonWard, die an ihre Einsatzorte mit einem stark um technische Spielereien erweiterten Rolls-Royce mit der Bezeichnung Fab1 gelangt. Der wohl größte Pluspunkt dieser Serie ist die unglaublich ideenreiche Gestaltung der Szenerie, bei jedem
neuen Durchlauf entdeckt man neue Details; und dadurch, dass die Geschichten in der ganzen Welt spielen, sind auch in dieser Hinsicht der Fantasie keine Grenzen gesetzt. Dicke Empfehlung, auch für alle TV-Fans, die die 1968er Erstausstrahlung dieser Serie in der ARD – warum auch immer – nicht gesehen haben! (Concorde Home Entertainment, 2 DVDs/Blu-ray)
BILITIS Rund 1,5 Millionen deutsche Kinobesucher machten Bilitis" 1977 zu einem " der erfolgreichsten Erotikfilme aller Zeiten. Regisseur David Hamilton, der zu diesem Zeitpunkt bereits als Meister der erotischen Fotografie zu Weltruhm gelangt war, setzte mit diesem Film neue Maßstäbe bei der Inszenierung von Sinnlichkeit auf der Kinoleinwand. Auch der Soundtrack von Francis Lai eroberte die Charts und ist bis heute unverkennbar geblieben. Mit weichgezeichneten, mehr verbergenden als zeigenden Bildern erzählt Hamilton die Geschichte der 17-jährigen Internatsschülerin Bilitis, die ihre Sommerferien an der Cote d'Azur bei ihrer erwachsenen Freundin Melissa verbringt. Dabei verliebt sich Bilitis in den jungen Fotografen Lucas, während sie sich gleichzeitig zu Melissa hingezogen fühlt. Es beginnt eine Zeit voller erotischer Versuchungen und zärtlicher Leidenschaft. Zum ersten Mal erscheint Bilitis" in Deutschland auf Blu-ray, in aufwändig " digital restaurierter Fassung und Full HD. (Busch Media Group/Alive, 94 Min.)
SESAMSTRASSE CLASSICS DIE 90er JAHRE Als zu Beginn der 70er Jahre die deutsche Version der amerikanischen Sesame Street" auf Sen" dung ging, konnte wohl kaum einer ahnen, dass sich diese Vorschulsendung zu einer der erfolgreichsten Serien der deutschen TV-Geschichte entwickeln würde. Auch im neuen Jahrtausend gehört die Sesamstraße" immer noch zu den be" liebtesten Kinderprogrammen, begeistern Ernie und Bert, Grobi, das Krümelmonster und die anderen Charaktere Jung und Alt. Auf zwei Discs zeigt diese Ausgabe der Sesamstraße " Classics" über drei Stunden lang digital remasterte Höhepunkte und Klassiker aus den Jahren 1990 bis 1999, dazu gibt es als Special Features fünf Originalfolgen in ganzer Länge, ein Highlight-Programm aus den 90ern sowie ein ausführliches Booklet mit Hintergrundinformationen. (Studio Hamburg Enterprises, 2 DVDs, 200 Min.) Seite
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Bücher + Comics AUF FREIHEIT ZUGESCHNITTEN: EMILIE FLÖGE – MODESCHÖPFERIN UND GEFÄHRTIN GUSTAV KLIMTS Von Margret Greiner 2014, K & S Verlag ISBN 978-3-21800-933-1 304 Seiten; 24 Ð
Jahre vor Coco Chanel befreite Emilie Flöge die Frauen von Mieder und Korsett. Gemeinsam mit ihren zwei Schwestern betrieb sie in Wien den Salon Flöge: Wer in der damaligen Gesellschaft etwas auf sich hielt, der ließ sich ein Haus von Josef Hoffmann bauen und einrichten, seine Frau von Gustav Klimt malen und von Emilie Flöge einkleiden. Adele Bloch-Bauer, Margarete Wittgenstein-Stonborough, Berta Zuckerkandl und Clarisse Rothschild liebten ihren bahnbrechenden neuen Stil. In Form eines Romans erzählt Margret Greiner das Leben der Emilie Flöge, die Gustav Klimt bereits als junges Mädchen kennen lernte und die dem schwierigen und extravaganten Künstler bis zu seinem Tod eine verlässliche Gefährtin jenseits aller konventionellen Liebesbeziehungen war. Die Biografie zeichnet dabei das Bild einer Frau, die unbeirrt ihren Weg ging und – beruflich äußerst erfolgreich – einen völlig neuen Mode-Stil kreierte. Ihre für die damalige Zeit ungewöhnliche finanzielle Unabhängigkeit ermöglichte es ihr auch, ihr Privatleben selbst zu gestalten. Sie heiratete nie, blieb in freier Entscheidung kinderlos, verweigerte sich allen gängigen Rollenklischees. Basierend auf den Erkenntnissen der gegenwärtigen Forschung, geht das Buch über das rein Faktische hinaus und zeichnet in einer Mischform aus Roman und Dokumentarbericht das Lebensbild einer wahrhaft außergewöhnlichen Frau.
DAS KLEINE BUCH DER MODE Von Christian Dior 2014, Eden Books ISBN 978-3-94429-657-9 128 Seiten; 14,95 Ð
Vor 60 Jahren, 1954, veröffentlichte Christian Dior erstmals sein persönliches Mode-Handbuch. Von A bis Z werden darin alle wichtigen Stichworte aus dem Bereich der Mode abgehandelt, über die jede stilbewusste Frau Bescheid wissen sollte – seien es Schnitte, Farben oder Materialien. Bis heute hat Diors kultige Modebibel nichts von
ihrer Gültigkeit verloren; der klassische Look, der Dior berühmt machte, überzeugt durch seine zeitlose Eleganz und liegt nach wie vor voll im Trend. Das liebevoll gestaltete Büchlein mit herrlichem Vintage-Charme ist daher immer noch ein wichtiger Ratgeber für alle Frauen, die sich für Mode interessieren.
MEINE TAGE IN GELBEN SOCKEN Morten Grunwald Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag ISBN: 978-3-86265-374-4 232 Seiten; 24,95 Ð
Der 79-jährige dänische Schauspieler Morten Grunwald hatte im Laufe seiner Karriere etliche Rollen gespielt, eine davon machte ihn aber besonders populär. Nämlich die des immer in zu kurzen Hosen, braunkarierten Sakkos und gelben Socken gekleideten, leicht tänzelnden Benny Frandsen, den er seit 1968 30 Jahre lang in 14 Krimikomödien darstellte. Benny bildete mit seinen Freunden Egon Olsen und Kjeld Jensen die Olsenbande, die am Anfang eines jeden Films den mit einem neuen Plan ausgestatteten Bandenchef Egon nach der Entlassung vom Knast abholen, um dann bei der Umsetzung des neuen Coups jedesmal sympathisch zu scheitern. Nun legt Grunwald seine Biografie vor, und es ist vor allem ein großes Erinnerungsalmanach der d Olsenbande. Absolut l kurzweilig berichtet t der Schauspieler von v den Anfängen der Olsenbande und der Zusammenarbeit mit Z den Kollegen wie Ove Sprogøe (Egon Olsen), Poul Bundgaard (Kjeld) sowie den Filmemachern Henning Bahs und Erik Balling. Das Buch lebt von unzähligen, bisher unbekannten Anekdoten. Grunwald ist als Buchautor ein ähnlicher Spaßvogel wie als Benny. Der Standardslogan des Benny in den Filmen war immer Mächtig gewaltig". Das lässt sich " auch zum vorliegenden Buch sagen, das ein schickes Querformat hat, reichlich bebildert und mit einem Vorwort des Der Turm"-Schriftstellers " Uwe Tellkamp versehen ist.
Bei welchem Tanz bewegte man in den 80ern die Ellenbogen auf und ab, machte Kniebeugen und klatschte in die Hände? Ja, ja, die 80er waren in so manchen Dingen schon eine höchst seltsame Zeit, in 100 Fragen führt Das kleine 80er Jahre " Quiz" zurück in diese Zeit. Damit es nicht ganz so schwer wird, gibt es für jede Frage vier Antworten zur Auswahl, von denen eine die richtige ist, Lösungen jeweils auf der Rückseite der Fragekarten. Ach ja, Alf hieß übrigens mit richtigem Namen Gordon Shumway und stammte vom Planeten Melmac, hätten Sie's (noch) gewusst?
DAS SCIENCE FICTION JAHR 2014
1001 IDEEN, DIE UNSER DENKEN BEEINFLUSSEN
Von Sascha Mamczak, Sebastian Pirling, Wolfgang Jeschke
Von Robert Arp (Hrsg.)
2014, Heyne ISBN 978-3-45331-580-8 976 Seiten; 36,99 Ð
2014, Edition Olms ISBN 978-3-28301-173-4 960 Seiten; 29,95 Ð
Im jährlich publizierten Science-Fiction-Jahrbuch findet sich auch diesmal ein ausgewogener Mix aus kritischen und erhellenden Beiträgen, Besprechungen diverser Medien (Film, Buch, Spiele, Comic und Hörbuch) und Marktbeobachtungen. Aufsätze zur Möglichkeit der positiven Utopie innerhalb des Genres, eine Analyse der Autoren Orson Scott Card und Arno Schmidt, ein wissenschaftlicher Bericht über Weltraumteleskope und ein gelungener Abriss zum Phänomen Planet " der Affen" informieren nicht nur, sondern geben auch wichtige Denkanstöße. Während die Buchbesprechungen von Autoren wie Samuel R. Delany, Dimitry Glukhovsky, David Lodge und James Tiptree Jr. seriös ausfallen, transportieren einige Filmbesprechungen unterhaltsamen Spott und Häme, was aber bei dem Klamauk aus dem Jahr 2013 wie Jack And The Giants" oder Un" " der The Dome" nachvollziehbar ist. Erstklassig! Ab nächstem Jahr wird das Jahrbuch nicht mehr bei Heyne erscheinen, sondern beim GolkondaVerlag.
Die überaus erfolgreiche 1001"-Serie, in " der bislang unter anderem Titel über Comics, Filme, Alben und Autos erschienen sind, kann mit einem neuen Titel aufwarten, der es in sich hat. Von renommierten Geisteswissenschaftlern zusammengestellt und erstklassig übersetzt, werden hier revolutionäre Denkansätze vorgestellt. Von der Psychoanalyse über den Anarchismus und die Fibonacci-Folge l bis hin zu Fairtrade, Karma oder Black Power kann der Leser innerhalb kürzester Zeit seinen Wissensschatz bereichern. Der hervorragend illustrierte Band eignet sich sowohl als Lexikon als auch als Reiseführer durch die Jahrhunderte des Denkens, denn er beginnt chronologisch um circa 1.6000.000 v. Chr. mit der Kontrolle über das " Feuer" und endet 2012 mit den neuesten Erkenntnissen zur Genetik. Wertvoll und ein ideales Weihnachtsgeschenk.
THE BEATLES ILLUSTRATED LYRICS Von Alan Aldridge V
DAS KLEINE 80er JAHRE QUIZ 2014, Huch! & friends ISBN 978-3-98145-736-0 100 Fragen; 4,99 Ð
Wie hieß Alf aus der gleichnanamigen Serie mit richtigem Namen? Wer verhalf Aerobic zum weltweiten Durchbruch? Welcher afrikanische Staat wurde 1980 unabhängig? Welche Uhr kam 1983 auf den Markt? Wer wurde im Dezember 1980 zu Europas Fußballer des Jahres gewählt? Was verbirgt sich hinter dem Begriff Vokuhila?
aauch gelungen, mit seinen IIllustrationen den Geist der Texte in Bilder umzusetT zzen; von Collagen-haften Bildern über Fotografien B bis zu surrealistischen b Zeichnungen reicht das Z Spektrum seiner Arbeiten, immer wieder bleibt man beim Durchblättern staunend irgendwo hängen, kann man sich der Faszination dieser einmaligen Kombination aus Beatles-Texten und ungewöhnlicher Bildsprache kaum entziehen.
1969 illustrierte Alan Aldrige zum ersten Mal dieses Buch voller Songtexte der Beatles, nach zahlreichen Neuauflagen (und einem zweiten Teil, der 1971 veröffentlicht wurde) ist The Beatles Illus" trated Lyrics" nun gerade wieder frisch aufgelegt worden. Dass die Aktualität dieses dicken Wälzers immer noch ungebrochen ist, liegt natürlich einerseits daran, dass die Musik von John, Paul, George und Ringo immer noch so gut klingt wie vor 50 Jahren. Andererseits ist es Aldridge aber 1/2015
Von Günther Uhlig 2014, Motorbuch Verlag ISBN 978-3-61303-672-7 272 Seiten; 29,90 Ð
2014, Omnibus Press ISBN 978-1-78038-825-0 224 Seiten; 32,25 Ð
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VESPA: DIE GESCHICHTE DES KULTKLASSIKERS IM BILD
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Die Bücher aus dem Motorbuch Verlag sind für ihre hohe Qualität bekannt Auch der aktuelle Band spiegelt das Niveau wider, denn Günther Uhlig würdigt hier die Vespa – der Kultroller überhaupt – nicht nur durch zahlreiche Bilder, sondern auch durch kurze, aber äußerst fundierte Texte. Vom Beginn ihres Siegeszuges im sonnigen Italien über
from the past die düsteren Winkel Sohos, wo die Mods in den Sechzigern die Straßen unsicher machten, bis hin zu aktuellen Modellen wie der fetzig wirkenden XV 946 reicht die Darstellung. Fotos von Treffen der Vespa-Fans, aus Museen, sogar von Vespas mit Beiwagen oder exotischen Einsatzorten (Thailand) werden von Uhligs Texten erläutert, wobei der Leser deutlich merkt, dass er es hier mit einem waschechten Fan zu tun hat, denn die Leidenschaft für das Thema und der Spaß an den Details werden offensichtlich. Pflichtlektüre!
SCHLAFENDE HUNDE Von Ian Rankin 2014, Manhattan ISBN 978-3-44254-723-4 462 Seiten; 19,90 Ð
Ian Rankin zählt mittlerweile zu den beliebtesten Krimiautoren Großbritanniens und wurde mit dem Order Of The British Empire ausgezeichnet. Von Pete Townshend von The Who hochgelobt – obwohl die Hauptfigur John Rebus ständig Rolling-StonesPlatten hört –, begeistert Rankin nicht nur das anspruchsvolle Publikum, sondern auch den ganz normalen Leser. In Schlafende Hunde" kehrt der " pensionierte Detective Sergeant Rebus wieder in den Polizeidienst zurück. Vor dem Hintergrund des schottischen Referendums zur Unabhängigkeit muss er mit seiner ehemals untergebenen Kollegin Siobhan Clarke einen komplizierten Fall erneut aufrollen, dessen Wurzeln mehr als 30 Jahre zurückliegen. Die Ergebnisse verblüffen nicht nur ihn. Eine spannende Handlung, die ausgearbeiteten Charaktere, die der Leser förmlich vor den eigenen Augen visualisieren kann und speziell die schottische Perspektive" vereinen " sich zu einem empfehlenswerten Roman.
DER INOFFIZIELLE GAME & WATCH SAMMLERKATALOG Von David Gschmeidler und Gerhard Meyer 2013, Selbstverlag, www.gameandwatch.at ISBN 978-3-20003-384-9 208 Seiten; Standard: 39,95 Ð (Hardcover 59,59 Ð)
Über zwei Jahre haben die beiden Autoren David Gschmeidler und Gerhard Meyer an diesem einzigartigen Sammlerkatalog gearbeitet, haben in aufwändiger Arbeit die wichtigsten Daten über die kultigen 80er-Jahre-LCD-Spiele der japanischen nisch Firma Nintendo zusammengetragen. Dabei richtet sich men dieser diese Katalog ebenso an beinharte Sammler wie an interessierte Q Quereinsteiger, die sich über den de großen Themenkomplex der d Game & Watch-Geräte iinformieren wollen. Jedes
der 59 Spiele wird ausführlich in Text und Bild vorgestellt, Screenshots, Kurzbeschreibung, Seltenheitsbarometer und Preisentwicklungs-Charts sorgen für faktenreiche Hintergrundinfos, dazu werden noch weitere Game-Versionen vorgestellt, auf die Geschichte der Handheld-Spiele eingegangen, zeigen die Kapitel Kuriosa" und " Merchandise", zu welchen Auswüchsen die " Nintendo-Manie führte, welche Bücher und Magazine sich heute und damals mit dem Thema beschäftigten. Neben der Standard (Softcover-) Ausgabe gibt es Den inoffiziellen Game & " Watch Sammlerkatalog" auch als streng limitierte Hardcover-Version inklusive Zertifikat und Lesezeichen. Großartig!
könnte es geben, sich ins Gedächtnis zu rufen, dass der am 1. September verstorbene Sänger daneben noch zahlreiche andere erfolgreiche Titel im Programm hatT te. t GROSSE ERFOLGE & EVERGREENS versammelt all diese nun s auf a zwei CDs, auf denen es e von "Bambina" über die "Striptease Susi", den "Venus-Walzer" und den "Armen Gigolo" bis zu Klassikern wie "Buona Sera" und den "Kriminal-Tango" geht. (Electrola/Universal, 2014, 22/60:53, 20/56:43)
UDO JÜRGENS UND SEINE GÄSTE
CDs
MITTEN IM LEBEN – DAS TRIBUTE ALBUM
CHRISTIAN ANDERS ORIGINALE ALBUM-BOX Mit einer tollen Ausstattung liefert Gründe, Universal gleich mehrere G sich bei den jetzt neu erschienenen schie AlbumBoxen zu bedienen. d Jeweils Je fünf CDs, die größtenteils noch nie als CD zu haben waren und auch als originale VinylLP nur noch auf Ebay & Co. zu finden sind, gibt es pro Box, jede einzelne von ihnen remastert und herrlich in einem aufklappbaren Cover im Original-LP-Artwork verpackt, dazu noch die eine oder andere Bonus-Zugabe, meistens NonAlbumtracks wie Single-B-Seiten oder Livemitschnitte. Bei Christian Anders beginnt die Reise 1970 mit GEH' NICHT VORBEI, führt über das ein Jahr später veröffentlichte ICH LASS' DICH NICHT GEH'N bis zum 1972er ES FÄHRT EIN ZUG NACH NIRGENDWO, das mit dem gleichnamigen Titelsong auch einen der größten Hits des österreichischen Schlagersängers bietet. Beflügelt von diesem Erfolg, bestärkte es ihn, seinen getragenen, melancholischen Stil weiterzuentwickeln, und er legte 1974 mit EINSAMKEIT HAT VIELE NAMEN sowie 1975 mit DER LETZTE TANZ zwei traumhafte Alben nach. (Electrola/Universal, 5 CDs)
Udo Jürgens: eine lebende Legende und einer der größten Entertainer und Musiker. Die Musik- und TV-Welt lässt es sich daher nicht nehmen, mit ihm seinen 80. Geburtstag im Rahmen einer großen Geburtstagsgala zu feiern. Viele musikalische Gäste werden in der Show auftreten und dabei die bekanntesten Lieder von Udo Jürgens in ihrer persönlichen Version performen. Mit dabei sind Chris de Burgh, Annett Louisan, Helene Fischer, David Garrett, Christina Stürmer, Tim Bendzko, Santiano, Otto Waalkes, LaBrassBanda, Schiller, Yvonne Catterfeld und Jamie Cullum. Natürlich darf bei einem solchen Event seine langjährige musikalische Begleitung, die Pepe Lienhard Band, nicht fehlen. Pünktlich zur am 18. Oktober ausgestrahlten Sendung wird eine Doppel-CD veröffentlicht, auf der die Songs der in Freiburg aufgezeichneten Sendung zu hören sind. Dazu gibt es auf einer zweiten CD noch die Originale von Udo Jürgens, von "Merci Cherie" über "Griechischer Wein" bis zu "Ich war noch niemals in New York" einen hochklassigen Streifzug durch seine lange und erfolgreiche Karriere. Ohne Zweifel eine Geburtstagsparty der Extraklasse, Genre übergreifend und voller musikalischer Überraschungen, die einen der größten Musiker unserer Zeit auf ganz besondere Weise ehrt. (Ariola/Sony Music, 2014, 2 CDs)
RALF BENDIX
FREDDY QUINN
GROSSE ERFOLGE & EVERGREENS
ORIGINALE ALBUM-BOX
Natürlich kennt jeder den inzwischen zum Kult-Song avancierten "Babysitter-Boogie", mit dem Ralf Bendix 1961 wochenlang die Spitzenposition der deutschen Single-Charts innehatte. Am 16. August feierte Bendix seinen 90. Geburtstag, welchen besseren Grund
Die Auswahl der Alben von Freddy Quinn für die Originale Album-Box" reicht von " 1965 bis 1977. Zwei Alben, STIMME DER HEIMAT und SINGT DIE SCHÖNSTEN DEUTSCHEN VOLKSLIEDER, widmen sich, getreu den Titeln der LPs, dem deut-
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schen Volkslied. Von "In einem kühlen Grunde" und "Kein schöner Land" über "Am Brunnen vor dem Tore" und "Im schönsten Wiesengrunde" bis zu "Jetzt kommen die lustigen Tage" und "Der Mond ist aufgegangen" reicht Quinns Auswahl, als Bonus-Tracks gibt es u.a. Live-Aufnahmen i f h zusammen mit den Fischer Chören und dem Medium-Terzett. DAS GROSSE WUNSCHKONZERT, VIVA MEXICO und WO MEINE SONNE SCHEINT zeigen den Sänger dann mit dem internationalen Titelmix, der ihn in den 60er Jahren zu einem der beliebtesten Interpreten gemacht hat: "Good-Bye Jonny", "O, mein Papa", "Besame Mucho", die "Schiwago-Melodie", "Ramona", "Ol' Man River", "Heimat deine Sterne" oder "Das alte Lied". (Electrola/Universal, 5 CDs)
NANA MOUSKOURI MEINE REISE VON 1962 BIS HEUTE
men zur Musik. 1969 war sie zu Gast in einer BBC-Sendung, wo sie mit ihrer rauchigen Stimme einige hebräische Lieder sang und sofort einen Plattenvertrag von einem britischen Label angeboten bekam. Doch erst als der Hamburger Produzent Jimmy Bowien sie bei der deutschen Polydor unter Vertrag nahm, begann ihre außerordentlich erfolgreiche Karriere als Sängerin. Bereits ihre erste Single "Liebeslied jener Sommernacht" wurde 1970 ein Hit. Mit der französischen Version "Prends l’amour" V bbegeisterte sie noch im selben Jahr beim Inters " n national Song Festival" in T Tokio das Publikum, das Lied wurde als "Love’s Song" auch ins Englische übertragen und als Single veröffentlicht. Daliah Lavi sang in ihrer langen Karriere auf Deutsch, Französisch, Englisch, Hebräisch, Italienisch und Spanisch. In der Fünferbox gibt es nun die Alben ICH BIN DEIN FREUND (1972), MEINE ART LIEBE ZU ZEIGEN (1972), CAFÈ DECADENCE (1975), NEUER WIND (1976) sowie BEI DIR BIN ICH IMMER NOCH ZUHAUS (1978). (Electrola/Universal, 5 CDs)
ROY BLACK ORIGINALE ALBUM-BOX Über Roy Blacks Erfolge in den 70er Jahren muss an dieser Stelle wohl kaum berichtet werden. Jeder, der in dieser Zeit die Unterhaltungssendungen im Radio oder im Fernsehen verfolgt hat, kam an diesem smarten Sänger nicht vorbei. Vor allem zu Beginn der 70er veröffentlichte er zahlreiche LPs, die es noch nie als CD gab und als LP schon lange vergriffen sind, so dass auch hier die Alben IM LAND DER LIEDER (1970), WO BIST DU (1971), EINE LIEBESGESCHICHTE (1971), TRÄUME IN SAMT UND SEIDE (1972) und WUNDERBAR IST DIE WELT (1972) für Schlagerfans hochwillkommen sein dürften. Einer der Bonus-Tracks liefert mit "Verliebt und froh und heiter" die Fortsetzung des Riesenhits "Schön ist es auf der Welt zu sein", die Roy Black beide zusammen mit Anita (Hegerland) – später als Lebensgefährtin von Mike Oldfield auf dessen Alben zu hören – aufgenommen hat. (Electrola/Universal, 5 CDs)
Am 13. Oktober feierte Nana Mouskouri ihren 80. Geburtstag, mit über 250 Millionen verkauften Tonträgern gehört sie zu den kommerziell erfolgreichsten Sängerinnen aller Zeiten. Eine Laufbahn als OpernsänRund 1000 Abbildungen! gerin verwarf sie früh, widmete sich Allgemeiner stattdessen dem Chanson, dem Jazz, Komplett in Farbe! den Balladen – in Deutschland wurde sie vor allem als Schlagersängerin wahrgenommen. Wie keine Zweite Erstmals mit Karl May! nahm sie sich den Rat von COMICLADEN KOLLEKTIV Maria Callas M Fruchtallee 130 Herzen: zzu 20259 Hamburg Es tut nichts " Telefon: 040/40 77 81 zzur Sache, was info@comicladen-kollektiv.de Sie singen; es S www.romanhefte.de ist nur wichtig, is warum Sie es singen und wie Sie Öffnungszeiten: 39,95€ ISBN 978-3-00-034171-7 es singen!" Auf zwei CDs nimmt Mo-Fr 10.30 – 19.00 Uhr Nana Mouskouri ihre Hörer mit auf Sa 10.00 – 14.00 Uhr die Reise durch ihre lange Karriere, Ständiger An-und Verkauf! Stä von "Einmal weht der Südwind wieder" über "Die Rose" bis zu "Weiße „In unserem Laden findet Ihr neue Comics aller Verlage Rosen aus Athen". Die komplette und alte Comics von 1945 bis heute, wie Micky Maus ab zweite CD liefert dazu Songs, die sie 1951, Sigurd, Felix, Bessy usw.“ in Englisch, Französisch oder GrieAUSSERDEM FOLGENDE SAMMELGEBIETE: chisch singt. (Mercury/Universal, 2014, alte Romanhefte von 1900-heute 22/81:18, 22/79:49) alte Musikzeitschriften wie Bravo, POP, Musikparade, Popfoto usw. DALIAH LAVI Erotikmagazine von 1950-1980 ORIGINALE ALBUM-BOX Sammelbilderalben wie Panini, Voss usw. Nachdem Daliah Lavi in den 50er Filmprogramme Jahren den Wehrdienst in ihrer israKinderbilderbücher elischen Heimat abgeleistet hatte, Figuren der Firma ELASTOLIN, Timpo-Toys kam sie über Jobs als Mannequin und nach ersten Rollen in KinofilJoachim Knüppel Werner Knüppel Helmut Rohde
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NINO DE ANGELO ORIGINALE ALBUM-BOX Es war nicht nur sein Blick, auch mit seiner Stimme konnte Nino de Angelo Gletscher zum Schmelzen bringen. Anfang der 80er Jahre startete die Karriere des Sängers mit italienischen Wurzeln in Deutschland so richtig durch, mit dem von Drafi Deutscher geschriebenen Song "Jenseits von Eden" ging es bis an die Spitze der Single-Charts in Deutschland, Österreich und der Schweiz, die LP JENSEITS VON EDEN kletterte 1984 bis auf den zweiten Platz. Auch sein ein Jahr zuvor veröffentlichtes Debüt JUNGES BLUT gelangte schon bis auf den zehnten Platz, für ZEIT FÜR REBELLEN reichte es immerhin noch zu Nummer 46. Nicht mehr platzieren konnten sich ICH SUCHE NACH LIEBE (1986) und D U R C H 1000 FEUER (1987), dennoch sind beide Alben heute umso mehr Kult-verdächtig, dazu noch bieten sie mit Singleund Extended-Versionen zahlreiche Bonus-Tracks. (Electrola/Universal, 5 CDs)
DIE GEBURT DER SUPERBIKES
Frankensteins wilde Töchter
Mit der CB 750 Four revolutionierte Honda Ende der 60er Jahre den Motorradbau, das Bike war endgültig in der Moderne angekommen. Kawasaki mit der nicht weniger legendären Z 900, Suzuki mit den GS-Baureihen und Yamaha mit der mächtigen XS 1100 sollten schon bald folgen.
großen Entwicklungssprung hatte es bisher in der Motorradindustrie noch nicht gegeben: Ein Vierzylinder-Viertakt-Reihenmotor mit obenliegender Nockenwelle und 67 PS, dazu ein Elektrostarter, fünf Gänge und, um die enorme Beschleunigung auch wieder in den Griff zu bekommen, vorne eine (später zwei) Scheibe(n)- statt einer Trommelbremse. Keine Frage, die Four gilt zu Recht als das erste Superbike, und Honda hat mit ihr Motorradgeschichte geschrieben. Aber die Geschichte ist – vereinfacht ausgedrückt – nun mal weniger eine Konstante als vielmehr eine Variable. Die Dinge entwickeln sich, und ein „Höher, Schneller, Schn Weiter" gibt es längst nicht nur im Sport. So war es vor allem die di japanische Konkurrenz, allen voran Kawasaki, blitzs die blitzschnell auf die CB 750 reagierte.
chönheit ist Geschmackssache, so der Volksmund. Tatsächlich aber ist längst erwiesen, dass die Kriterien für das, was wir als schön empfinden, fest in unserem Bewusstsein verankert sind. Geht es zum Beispiel el um die schönsten Autos aller Zeiten, würde wohl kaum Kawasaki Z1 einer den Jaguar E-Type oder den Mercedes cedes 300 SL außen vor lassen. Und was für Autos gilt, ilt, trifft auf Motorräder ebenso zu. So halten viele die CB 750 Four von Honda für das schönste Motorrad otorrad aller Zeiten. Und genaugenommen gibt es wohl ohl nur ein anderes Bike, das der Honda diesen Rang streitig machen könnte – die Kawasaki Z1 1 beziehungsweise Z 900. In einem Punktt aber liegt die Honda ganz klar vorn:: Mit der Vorstellung der CB 750 Fourr auf der „Tokyo Motor Show" von 1968 8 begann das Zeitalter der Superbikes, der er schweren, um die 200 km/h schnellen en Maschinen, die technisch zu jeder Zeit den jeweiligen Status quo repräsentieren.
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elbstverständlich gab es auch vorher her Motorräder, die enorme Leistung boten. So etwa die Zwei-Zylinder-Modelle ylinder-Modelle der britischen Marken BSA, Matchless oder Triumph, um m nur einige Beispiele zu nennen. Die Honda CB 750 Four aber war buchstäblich uchstäblich aus einer anderen Zeit. Oder besser, sie läutete eine andere, eine neue Zeit ein. Einen so
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Die Z1 – Schneller, als das Fahrwerk erlaubt
it der Z1 / Z 900 toppte das Unternehmen aus Kobe 1972 zumindest die Leistungsdaten der Honda deutlich. Wie bei Honda setzte man Hon auch bei Kawasaki auf einen luftgekühlten VierzylinderKa Viertakt-Reihenmotor, allerdings mit zwei obenliegenden Viertakt-R Nockenwellen. Der aber wies nicht 750 ccm, sondern Nocken gar 900 ccm auf – was die Maschine gleichzeitig zum ersten Big Bike der Motorradhistorie machte – und lieferte zudem 79, später 82 ma PS, PS so dass es für jeden Fahrer grundsätzlich ke Problem gewesen wäre, die 200 km/hkein M Marke mehr als deutlich zu knacken. Der Konjunktiv aber ist sehr bewusst gewählt. Denn K die di schiere Power der „Kawa" traf zumindest bei der ersten Baureihe nicht auf ein adäquates Fahrwerk, das diese Kraft hatte bändigen können. Fahr Hochgeschwindigkeitsfahrten konnten so, besonders Hochge für eher Ungeübte, schnell mal zum Höllenritt werden. Kein Wunder
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also, dass sich die Z1 / Z 900 alsbald den Spitznamen „Frankensteins Tochter" erwarb. Aus heutiger Sicht betrachtet, scheint das allerdings ein wenig ungerecht. Denn Kawasaki reagierte schnell und besserte nach, indem man der Vorderradgabel dickere Standrohre spendierte und vorne von einer auf zwei Scheibenbremsen aufstockte. Mit diesen Maßnahmen verbesserten sich Fahrverhalten und Fahrbarkeit deutlich.
falls viel zu viel, so dass Kawasaki die Z 1300 fortan als Tourer bewarb.
Yamahas XS 1100 S: Schön, aber keine Ikone as aber machte eigentlich Yamaha, der Vierte aus dem Quartett der großen japanischen Motorradhersteller? Dort reagierte man spät, aber nicht zu spät auf den Trend vom „Höher, Schneller, Weiter" und konnte 1977 mit der mächtigen XS 1100 einen gelungenen Konter fahren. Eine Legende wie die CB 750 Four oder die Z 900 aber wurde der Reihenvierzylinder nicht, obwohl die XS gerade in der „S"-Ausführung von 1981 im schwarz-goldenen Look durchaus eine Augenweide war.
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it der Z 900 begann aber auch das Wettrüsten. Suzuki Suzuki etwa hatte zwar bereits GS 1000 S seit 1971 mit der GT 750 ebenfalls ein Superbike im Programm. Der wegen seiner Wasserkühlung auch „Wasserbüffel" genannte Drei-ZylinderZweitakt-Motor hatte aber schon damals wegen zunehmend verschärfter Abgasbestimmungen kaum eine nd was war mit den anderen, den Chance auf eine längere Lebensdauer. Auch Italienern, den Deutschen? Auch die Suzuki benötigte nötigte also unbedingt ein bauten in den 70er Jahren tolle toll Motorräder. Viertakt-Aggregat. gregat. Und das kam auch, Erwähnt sei hier die Benelli 1976 mit der GS 750, der schon bald schon fünf Jahre 750 Sei, die scho die noch größere GS 1000 folgen sollvor Honda und Kawasaki auf te. Der wiederum Sechszylinder-Motor ederum wurde auf der IFMA einen Sechszy in Köln, der die nicht wenier „Internationalen Fahrradsetzte. Oder di und Motorradausrradausger legendäre Moto Guzzi stellung", diee sportMans, ein ech850 Le Man lichere Variante Meilenstein für ante ter Mei GS 1000 S den italienischen zur Seitee Hersteller und Her gestellt. Die ohne Frage o im traditionellen ebenfalls mit nellen e Suzuki-Blauweiß Klassikeruweiß gehaltene S war potenzial. Yamaha ein bildhübsches Nichts anderes übsches N XS 1100 Bike und setzte gilt tzte unter gil auch für die anderem BMW rem auf uf eine Cockpitverklei Cockpitverkleidung dung und W R 90 S, die bis dahin sportlichste BMW aller Zeiten, die eine luftunterstützte Telegabel. Mit 90 PS schon 1973 auf den Markt kam und bis war die Suzi zudem bestens motorisiert. heute eine der ganz großen Ikonen Das stärkste Motorrad seiner Zeit aber der Bayerischen Motorenwerke war sie nicht. Honda setzte ab 1978 bei ist. Und dennoch, trotz all der CBX 1000 gar auf einen Sechszylinderdieser und weiterer klasReihenmotor enmotor mit 105 PS. Ähnlich wie die Z sischer Big Bikes aus den 900 war aber auch die CBX fahrwerksmäßig 70ern, wie der Laverda von ihrer eigenen Kraft 750 S, der Ducati 750 ein wenig überforGT oder der Norton dert. Und als Commando 850 kurz darauf –, den entscheidie Kawasaki denden Schritt Z 1300 300 auf machte Honda den Markt mit der CB 750 kam, einigten Four. Dieses sich die Hersteller Motorrad, besauf eine freiwilser noch diese lige LeistungsbeBMW R 90 S Skulptur einer schränkung änkung auf Maschine und eines 100 PS PS, die man erst 1999 wieder aufhob. aufhob Motors, wird für immer für den Übergang Was nichts daran änderte, dass die Z 1300 – von der Neuzeit in die Moderne des wie die CBX ein Sechszylinder – noch einmal Motorradbaus stehen! rund 300 ccm und 50 kg mehr zu bieten Andreas Kötter hatte. Fürs sportliche Fahren war das jeden-
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Von Claudia Tupeit
Foto F Fot oto ot to: © Bi Bild B iillld dar arch a rch rrc ch hiv iv Hall allh a al llhuber ub ube
kult!
Vintage" " und Retro" sind die Modewörter " der Stunde. Die Klamottentrends von heute verleiben sich alles ein: Bubikragen der 50er Jahre, Miniröcke im 60er Stil, Schlaghosen und Plateauschuhe kommen aus dem Jahrzehnt von Abba, breite Schultern, Neonfarben und Chino-Hosen sind ein Relikt der verrückten 80er. Wer heute IN sein will, hat die vergangenen Dekaden aber nicht nur im Kleiderschrank, sondern auch auf dem Plattenteller und im DVD-Player. kult! widmet sich den Trends von damals, die heute schon wieder für viele zum Lebensgefühl gehören. Nach den 50s und 60s sind nun die bunten 70er Jahre an der Reihe. a war das Hippie-Flair, das bereits Ende der 60er Jahre die Welt mit Flower-Power-Optik, Haarbändern und großen Sonnenbrillen überflutete. Die Schlaghosen glitzerten immer mehr, offene Plateauschuhe klatschten sich mit den geschlossenen Stiefeln ab. Glänzende und robuste Stoffe bedeckten am Körper, was unbedingt bedeckt werden musste. Und bevor das Jahrzehnt zu Ende ging, erschreckten Karos, zerrissene Strumpfhosen, spitze Nietengürtel, Haarkämme und klobige Schnürstiefel das Establishment. Die 70er Jahre waren ein extrem buntes, vielfältiges Jahrzehnt. Eine Dekade, aus der modische Extreme in großer Zahl bis heute überdauerten. Oft nicht mehr ganz so bunt – zumindest im normalen Straßenbild. Und ob der Fülle an Einkaufsmöglichkeiten sicherlich auch nicht mehr ganz so kreativ und individuell umgesetzt. Aber Punk-Look, am Glam angelehnte Outfits mit viel Glitzer, Pailletten und Metallic sowie Schlagjeans, hohe Schuhe mit dicken Sohlen, blumige Hippie-Kleider und Seite
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Schlapphüte sind an trendbewussten Menschen auch heute noch ständig zu sehen. ieles davon ist auf jeden Fall alltagstauglich geworden. Laufsteg-Götter wie die Designer aus den Häusern Yves Saint Laurent oder Chanel – um nur zwei zu nennen – zeigten mit ihren letzten Kollektionen den 70s-Chic schlechthin: Punk – oder zumindest das, was man heute dafür hält. Gepaart wird er in der modernen Variante mit Elementen aus den 80ern und den frühen 90ern, etwa Flanell-Holzfällerhemden, weiten Shirts und Hosen, Spitzenstrümpfen sowie Freizeittretern, die wegen ihrer Sportschuh-Optik beim Betrachten dazu animieren, ins nächstgelegene Fitnessstudio zu gehen. Fertig ist der Anputz für 2014: ein Mix aus dem Punk der 70er Jahre mit Grunge. Models und It-Girls „all over the world" machen das, was einst verpönt und als „Arbeiterklasse-Mode"
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propos Masche: Der Trend seit Herbst/Winter 2012/2013 sind Lochmusterpullis. Tops, Langarmshirts, Blusen – die recht durchlässigen Oberteile werden praktisch über alles gestreift, was vorzeigbar ist. Viele Designer haben sie auf den Laufstegen gehabt, bis sie dann schließlich Einzug bei trendbewussten und bezahlbaren Modehäusern wie H&M, Zara, Mango und Topshop hielten. Sie werden lässig zur Jeans kombiniert, gern auch zu den heißen Höschen, also den Hot-Pants – ebenfalls ein (knappes) Relikt aus den 70s.
abgestempelt wurde, absolut salonfähig. Mädchen gehen mit Löchern in den schwarzen Feinstrumpfhosen in die Schule, kombinieren dazu jede Menge Ketten- und Nietengürtel, Kariertes, tragen Ledermini oder Jeans-Shorts mit ausgefransten Säumen – und dazu natürlich das ultimative Schuhwerk: Doc Martens. Heute erhältlich in allen erdenklichen Farben und Mustern wie Camouflage, Karos, mit dem Union-Jack drauf oder geblümt wie Kindergummistiefel.
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n den 70ern – quasi bei den Originalen – ist das dezenter abgelaufen. Zumindest farblich. Am Ende des Jahrzehnts waren zu heftig leuchtende Farbflashs und Glitter bei den coolen Typen verpönt. Ganz im Gegensatz zum Beginn der modischkunterbunten Dekade.
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as Feeling des legendären Woodstock-Festivals in den USA und die Hippie-Kultur in San Francisco (vor allem im noch heute authentisch daherkommenden Viertel Haight & Ashbury) sind Anfang der 70er in modischer Hinsicht immer noch auf ihrem Höhepunkt. Die Mädchen hatten Blumenkränze und bunte Stoffbänder im (möglichst) langen Haar. Sie trugen mit Ornamentdrucken und Blumenprints. t ug tr u en Wallekleider W Dazu D zu Da z Zehensandalen mit Lederband, Fußkettchen, lange Halsketten, und davon viele. Am besten mit Anhänger Ha im „Make love not war"-Style – und stets ein völlig entspanntes Lächeln auf den Lippen. Schnitte, Muster, en Farben, Details haben ihre Wurzeln Fa urzeln in n der der Folklore. Folk Fo lklo lo ore re. So war es nicht verwunderlillich, ch,, dass – im Übrigen auch ch den heutigen Trendteilen des beii de be 70s-Look durchaus üblich – so einiges anmutete, als sei es von Indianern gefertigt worden. Aber auch Elemente aus anderen Kulturkreisen flossen mit ein: Spanisches, Arabisches, Asiatisches oder Accessoires, die von der afrikanischen Folklore inspiriert waren.
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uch gehäkelte Oberteile und Kleidchen, unter denen farbenfroh ein Bikini durchblitzte, waren der Renner. 2011 widmete das Maschenmuseum in Albstadt der Mode der 70er (und 80er) sogar eine Retrospektive. Bei Führungen konnten Besucher die bunte, verrückte, punkige, aber auch elegante Mode-Dekade bewundern. (Die Sonderausstellung füllten ausgewählte Originalkleidungsstücke aus der Sammlung von Renate Steim-Ölkrug). GoodTimes
it Ende der kalten Jahreszeit folgte auf den Winterstrick im Sommer 2013 das ultimative Outfit für den wahrhaft heißen Sommer: Häkel- und Strickmusterteile. Und wieder sind sie da, die Kleidchen mit großen und kleinen Löchern, in Cremeweiß, aber auch farbiger, mit allerhand netten Details wie unterschiedlichen Maschengrößen an Ober- und Rockteil, Muschel- und Perlenverzierungen am Saum und/ oder Ausschnitt. Mal mit Neckholder, mal mit normalen Trägern. Auch Tops und sogar Shorts im Häkelstil gehen über die Ladentheke wie warme Semmeln. Nicht fehlen dürfen auch die groben Maschen an den Füßen und als Accessoires für den Strand. Nein, damit ist nicht der Hut gemeint, sondern vielmehr der – wie die anderen Sachen auch – von den modebewussten Mamas in den 70ern stolz vorgeführte Häkel-Bikini. Der ist tatsächlich nur zum Vorführen geeignet. Nass sollte der Badezweiteiler freilich nicht werden (schon mal nasse Wollfäden am Körper gehabt?), und auch auf der von Sonnencreme geschützten Haut schmiegt sich der Stoff nicht gerade bequem über Brüste und Po. Aber es sieht chic aus. er heute Lust auf das Flair von damals hat, der sollte sich aufmachen und im Juli das seit 1968 – mit Unterbrechungen – jährlich stattfindende „Burg Herzberg Festival" in Hessen besuchen. Überall laufen auf dem Gelände Leute in typischer Hippiekluft herum, der Geruch von Marihuana weht aus so manchem Kaffeezelt heraus, es gibt Workshops in Sachen Batik – das bunte, verlaufene Muster, das Anfang der 70er unheimlich beliebt gewesen ist. Die musikalischen Klänge versetzen den geneigten Besucher sowieso irgendwie nach Monterey, Woodstock und in die Konzerte der Künstler aus den frühen 70ern zurück. Es gibt viel Psychedelisches, progressiven Rock von Bands wie Gong, Van der Graaf Generator oder Ex-Genesis-Gitarrist Steve Hackett. Und außerdem Weltmusik, die nicht zuletzt in Deutschland in der ersten Hälfte der 70er Jahre mit vielen Krautrockbands zur vollen Blüte kam. Zum Originalfeeling gehören natürlich auch ökologisch wertvolles Essen und Trinken wie BioWein, wenig Fleisch, Gewürze aus aller Herren Wein n, Mate-Tee, Mate Tee Ma ee, viel viel Gemüse, Gem e Länder und entspannte Wirte. uch nach Idolen, die für die 70er stehen und sie selbst miterlebt haben, braucht nicht lange zu suchen, wer auf die Mode jenes Jahrzehnts steht. Stevie Nicks ist da j ein wunderbares Beispiel. Die kleine, süße blonde Fleetwood-Mac-Sängerin trägt noch heute mit knapp über 60 ihren bekannten und vielkopierten Gypsy-Look. Man nehme einen Flatterrock, dessen Saum auch unterschiedliche Längen haben darf, oder einen Rock mit diverser Musterung, die von Spitzenbordüren unterbrochen wird. Ziehe dazu Spitze an, zum Beispiel in Form eines Shirts mit langen Spitzenärmeln, addiere einen (locker geschnallten) Gürtel, geschnürte ürte Booties mit kleinem Absatz, eine Prise offene Haare, etwas von allem aus dem 1/2015
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Schmuckkästchen und als Sahnehäubchen ein paar Tücher, die entweder ums Handgelenk, als Haarband oder um die Hüfte getragen werden: Fertig ist das Zigeuner-Outfit der etwas gehobeneren Art! Eigentlich für jeden machbar, denn etwas von alledem hat so ziemlich jeder im Schrank. as Röcke angeht – ob Mini, Midi oder Maxi, ob mit Stiefeln oder hohen Sandalen kombiniert, mit reingesteckter Schluppen-Bluse und großem Schlapphut oder zu Batikshirts –, waren die 70er Jahre äußerst vielfältig und im Gegensatz zu den Mini-versessenen 60s für jeden Figur-Typ geeignet. Bei einem weiteren Trend für Untenrum sah das schon ganz anders aus: der Schlaghose. Am Oberschenkel schön eng, spätestens auf Höhe des Knöchels dann aber mit ausladendem Schlag – oft sogar schon ab Kniehöhe. Mal war der Schlag außen bestickt,, mit Spitze besetzt oder p andersfarbig, mal war die Hose aus Jeansstoff, mal aus dem – heute wieder beliebten – Cord. Was dazu passte? Eigentlich alles. Am coolsten waren aber auf Bundhöhe endende oder reingesteckte (!) Blusen, Plateauschuhe (der Schlag musste im Stehen aber die Schuhe komplett bedecken), Westen mit Fellbesatz oder auch aus Wildleder mit langen Fransen.
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tliche Männer, die zuvor noch die in den 60ern so begehrten Röhren getragen hatten, griffen im kunterbunten Modejahrzehnt wie selbstverständlich zu Schlaghosen. Sogar Schuhe oder Stiefel mit Plateausohlen trugen die Herren der Schöpfung dazu. Wie sexy das aussehen konnte, zeigen heute nicht nur Fotos, sondern auch DVDs mit Kultserien à la „Die Straßen von San Francisco" oder „Kojak". Michael Douglas als Inspektor neben seinem Kollegen Karl Malden? Ein Traum! Die Haare waren eh nicht mehr raspelkurz oder wie ein Pilzkopf geschnitten, sondern etwas länger, vielleicht ll h auff Nackenhöhe k h h fallend. Genau richtig für frau, die gern durch die männliche Haarpracht streicht. Und jedesmal, wenn Michael Douglas aus dem coolen 70erJahre-Auto steigt, freut sich das Auge über die schlanken Beine in den wohlformenden Schlaghosen. Neben diesem hat auch ein – zugegeben – nicht mehr so junger und auch ohne Haarpracht agierender anderer US-Fernsehermittler die Schlaghose am Mann salonfähig gemacht: Lieutenant Kojak. Auch er trug sie mal zu gelackten schwarzen Schuhen, mal zu leichten Plateaus. Und beide – Douglas wie auch Telly Savallas in seiner Paraderolle – kombinierten einen weiteren Trend für den Mann beim 70s-Look: die breite und etwas kürzere Krawatte (im Gegensatz zu den sehr schmalen und längeren Modellen aus den 60s). Lange hielt der Schlaghosen-Wahn beim Mann allerdings nicht vor, wenngleich auch die Glam-Rocker zum Schlag griffen, da allerdings auch schriller, bunter, ausgeflippter.
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nd heute – nachdem die Schlaghose immer wieder mal mehr, mal weniger ausladend als Trend aufploppt – ist das Hosenmodell wieder en vogue. An Frauen! Die Designergrößen der ModeMetropolen machen es vor: Die Damen tragen wieder viel Schlag. Nicht mehr so verspielt, nicht mehr mit komischem Spitzenbesatz oder bunten Figuren am Schlag, sondern wieder lässig-cool als pure Jeans- oder Cordhose in dezenten Farben. In jedem Fall mit Plateaus kombiniert. Aber die Männer? Für die ist der in den 70er Jahren große Hosentrend definitiv passé.
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emein? Keineswegs! Dafür sind die Parkas wieder da. Getragen werden darf, was die Military-Asservatenkammer hergibt. Grüntöne aller Art – von Khaki über Olivgrün bis hin zum wieder sehr angesagten Camouflage-Look – können bei Wind und Wetter in jeglicher Form übergezogen werden. Wer Glück hat, ergattert auf Londons Portobello Road Market oder an den Ständen des Old Spitalfields Market im East-End eine Originalvariante. Zum Beispiel mit am oberen Ärmelteil aufgestickter Nationalflagge. Die modernen Versionen, die in New York, Berlin oder London an It-Girls, Bloggerinnen, Mode-Redakteurinnen oder Schauspielerinnen zu sehen sind, haben Fellkragen oder sind innen warm mit Lammfell gefüttert. Sie haben Goldknöpfe, sind unterschiedlich lang. Aber auf keinen Fall fehlen dürfen der obligatorische Tunnelzug, der Reißverschluss und natürlich die nötige Attitude. Damals wie heute g Mädels ihren Parka als Stilbruch mit Doc Martens zum leichten tragen Blümchenkleid oder sportlich zur Jeans. Und – ebenfalls damals wie heute – tragen selbst Männer Militärisches, die eigentlich politisch links stehen und stolze Kriegsdienstverweigerer oder erklärte Kriegsgegner sind. Wen stört’s? Der coole Look ist die Hauptsache. ährend die einen noch in den Ausläufern der Hippiezeit mit FlowerPower und überdimensionierten Sonnenbrillen zu Weltmucke mit dem Peace-Zeichen durch die Gegend liefen, sind die Trendsetter längst in einem anderen Zug unterwegs – mit mehreren Waggons: Glam, Punk und Disco. Und die Klamottentrends konnten unterschiedlicher nicht sein: Die Glam-Rocker und DiscoFanatiker glitzerten und leuchteten eindeutig aus der Masse hervor. Je mehr, desto besser, lautete die Devise. Extreme Farben im Gesicht, jjede Menge Haarspray und Schaumfestiger für den Schopf, Strass auf Tops, Blazern, Hosen, Röcken und natürlich an den Schuhen. Auf Hosen und Jacken Sterne oder – wie bei Dave Hillll von Slade l d – kl kleine Schminkspiegel. Dazu bunte Shirts, die oft andersfarbige Blitze zierten, an den Frauen Minikleider, Miniröcke und Hot-Pants, aber nix mehr Wallekleid oder A-Linie wie in den 60s. Hauteng sollte es sein, wie ein Schlauch den Körper einhüllen. Nun allerdings weniger Flower-Power und fester Stoff, sondern mehr Polyesterschwitz, Seide und Sonstiges, was irgendwie glänzte und glitzerte. Die Glam-Rocker trugen weiter Schlaghosen und manchmal höhere Plateaus als Mädchen. Sie schminkten sich mit blauem oder grünem Lidschatten, statt Rouge malten sie silberfarbene oder weiße Striche über die Wangen. Der Lidstrich saß natürlich perfekter als bei manchem Girl. nhänger dieses Trends mussten improvisieren. Jungs, die wenigstens zu Konzerten oder Partys den Aufputz ihrer Idole imitieren wollten, mopsten die entsprechende Pflege für das Haarstyling und dezente Schminkaktionen Mutti oder Schwester aus dem Kosmetikschrank. Ach, und übrigens: Gerade die schwedische Gruppe Abba haben wohl die meisten sofort vor Augen, wenn es um den typischen Look der 70er Jahre geht, der von Disco- und Glam-Kleidung beherrscht wird. Aber Benny, Agnetha, Frieda und Björn sind – um beim Anfangsbild zu bleiben – in erster Linie auf den bereits fahrenden Zug aufgesprungen. Dafür sind ihre Klamotten extrem cool, die Schuhe und Accessoires stilvoll, teils exzentrisch und für so manch weibliches Auge nachahmenswert. Und die Designer bewiesen vor allem einen enormen Einfallsreichtum, weshalb einzelne Kreationen durchaus für Aufsehen und entsprechenden Nachhall sorgten.
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ie viel, das zeigt seit Februar dieses Jahres in den deutschen Kinos der mehrfach Oscar-nominierte US-Film „American Hustle" mit Bradley Cooper („Hangover"), Amy Adams und Oscar-Preisträgerin Jennifer Lawrence in den Hauptrollen. Eine Art Gaunerkomödie ganz und gar in den Kontext der 70er eingebettet, natürlich auch klamottentechnisch. Wer Kleider, Mäntel, Schuhe, Schmuck des Jahrzehnts upper class betrachten möchte – die heute mehr denn je hip sind –, muss den Film schauen. Und dann einfach zurücklehnen, schwelgen und in den nächsten Modeladen gehen: Man wird staunen, was gerade jetzt wieder an typischen 70s-Looks an den Puppen hängt.
u einer wahren Sensation, die bis heute die Modeszene mehr als nur prägt, kam es schließlich Mitte der 70er Jahre. Es ging weg von Glam, Disco und Co., Hippies waren längst passé, und mit der Generation Punk sollten spätestens bei Anhängern und Mitläufern die in den 70s berühmt-beliebten Zimmereinrichtungsteile wie Lavalampen, Flokatiteppiche, Gummibäume, Telefone mit Wählscheibe und psychedelisch ange-
Foto: © Jens-Uwe Berndt
nbedingt erwähnenswert, da für die Frauenwelt revolutionär: das Wickelkleid. Erfunden hat’s die belgische und nach Amerika ausgewanderte Designerin Diane von Fürstenberg. Die stets schmale, braungebrannte Frau mit dem tollen Lockenschopf und den orientalischen Augen hat in den 70ern etwas geschaffen, das jeder Frau steht: Ob Eieruhrfigur, ob gerade Taille, ob großer Busen oder kleines Bäuchlein – dem gewikkelten Kleid mit kurzen Ärmeln, Bindegürtel zur Seite und dem obligatorischen Oberschenkelblitzer beim Gehen hat so manche Dame viel zu verdanken. Schöne Beine zaubert es zwar nicht, dafür umspielt es die Figur bzw. betont jeweils genau die richtigen Stellen. Das berühmte Wickelkleid erfreut sich vielfältiger Nachahmung – vor allem auch durch die Schneider der Kettengeschäfte. Das Schönste ist und bleibt aber die Originalversion by DvF, denn sie weiß eben um den richtigen Einsatz von Stoff, Farbe und Muster.
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enn jetzt wurde es mit Bands wie The Damned, den Ramones, The Clash rau, verwegen, teilweise räudig und auf alle Fälle derb-cool. Die Künstler machten den Stil vor, die Fans atmeten alles ein und setzten ihn am eigenen Leib um. Oft so kreativ, dass die Marke Eigenbau heutg g
zutage sehnsüchtig gesucht und hochdotiert auf Märkten oder im Internet feilgeboten wird. „In" war, was im Schrank hing. Und das war bei den Kindern in der britischen Arbeiterklasse meist nicht viel. Deshalb passte es selten zusammen, sah verwegen aus, war nicht selten kaputt und zerrissen, symbolisierte inmitten des hochgeschraubten Stylings der „Angepassten" n" die Kraft der Zerstörung und des sich Auflehnens gegen das Establishment. Punk war anfangs vollkommen unprätentiös. Hochwasserhosen mit Löchern an den Knien und zerfetzten Gesäßtaschen, poröse Hemden, die beim nächsten Slam-Dance in Fetzen flogen und für die nächste Party mit Sicherheitsnadeln zusammengehalten wurden. Viele Elemente aus der Skinhead-„Uniform" flossen in den Punkstil mit ein. Als das Ganze zu einer Welle wurde, entwickelten sich Wiedererkennungs-Effekte, die schon in den ausklingenden 70ern verächtlich den „Mode-Punks" zugeschrieben wurden: die rot-schwarz karierte Hose (bzw. der Rock), dazu Netzstrumpfhosen (möglichst nicht heil), Nietengürtel, Shirts mit ausgefransten Säumen, überall Buttons, Kippe im Mundwinkel, böser Blick, noch bösere Worte und zum so genannten Irokesenkamm geschnittene und gegelte Haare. g eben Künstlern ist übrigens die noch heute schrille und wahnsinnig kreative britische Designerin Vivienne Westwood eine Vertreterin dieser Mode. Was sie trägt und kreiert, war nicht nur in den 70s heißbegehrt. Und das Schöne ist: Niemand muss lange suchen, um – inspiriert von Plattencovern, Konzertmitschnitten und Cliquenfotos von damals – authentisch punkig aussehen zu können. Punk ist Trend, Punk beherrscht die Läden. Und Punk – wie eingangs erwähnt – ist gerade wieder so gefragt, dass die großen Modeschöpfer die geilsten Elemente herausgepickt haben, um sie zum Grunge-Look zu stylen. Fertig ist die Modegeneration Punk 2.0. 1/2015
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ür die Damenwelt hat sich aus diesem Part der 70er wesentlich mehr erhalten. Vor allem mit Strass und Pailletten besetzte Kleidung ist seit Ende 2012 wieder enorm angesagt. Hosen in Zigarettenform, Blazer, Miniröcke, Clutches, High Heels und Tops – party- und selbst bürotaugliche Teile mussten eine gewisse Zeit glitzern. Mit Schwarz und Silber trumpft man auf, pastellige Töne sieht man ebenfalls. Allerdings ebbt der Trend schon wieder etwas ab. Glitzernde Anzüge und FlowerPower-Mode sind zudem äußerst beliebt bei Faschingspartys. Dieser bloße Gebrauch als Kostüm für die fünfte Jahreszeit wird Schnitten, Mustern, Accessoires, Farben und Co. der 70er allerdings nicht gerecht. Was der Modepart der Hippies, Glam-Rocker und Co. für die Nachwelt hinterlassen hat, bietet weit mehr als nur ein lustiges Outfit und reicht viel weiter.
hauchte Tapeten in Orange-, Braun-, Gelb-, Weißtönen verschwinden. Ebenso die an Fäden aufgespannten Glasperlen, Muscheln oder Kugeln, die herunterhängend als eine Art Vorhang dienten und immer so schön rasselten, wenn man sie zum Durchgehen beiseite schob.
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as Besondere an der Glam- und DiscoMode damals: Für Anhänger ist der Look nicht nur schwer nachzumachen, sondern auch im Alltag auf der Straße so gut wie nicht tragbar. Zu extrem, zu überladen, bedenkt man die Phase, in der die Viva-Las-Vegas-ElvisAnzüge unheimlich groß sind: Overalls, vor allem an Kragen und Ausschnitt über und über bestickt mit Goldornamenten, StrassSteinchen und sonstigem Schnickschnack und – ganz wichtig – mit sehr tiefem V-Ausschnitt, der möglichst dichtes Brusthaar enthüllt. Diese äußerst maskuline Art der Männermode aus der Glam- und DiscoEpoche ist nicht so richtig wiedergekommen – bisher zumindest. Heute drücken Männer vermehrt ihre feminine Seite durch auffallend stilvolle Klamotten, blasse Farben, Frisuren aus dem aktuellen Damentrendkatalog aus.
ERICH KÄSTNER Von Thorsten Pöttger
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Der veritable
Doppelschriftsteller"
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ls ein Kind des 20. Jahrhunderts kam Erich Kästner am 23. Februar 1899 als Sohn von Emil und Ida Kästner in Dresden zur Welt. Seine frühen Jahre lassen sich vorzüglich anhand der 1957 erschienenen Autobiografie „Als ich ein kleiner Junge war" rekonstruieren, deren letzter Satz in typisch lakonischer Art lautet: „Der Weltkrieg hatte begonnen, und meine Kindheit war zu Ende." Über seinen Vater ist darin allerdings genauso wenig zu erfahren wie sonst auch. Dass sich bis heute das Gerücht hält, nicht der Handwerker Emil, sondern der Hausarzt der Familie sei sein Erzeuger, unterstreicht die lebenslange enge Bindung zwischen Erich und seiner Mutter, der auch in den Büchern mit entsprechenden Figuren Ausdruck verliehen wurde. Offensichtlich sah Ida Kästner nach sieben Jahren Ehe in der Geburt ihres Sprösslings eine neue sinnstiftende Aufgabe, wie dieser in seinen Schriften bestätigte. Die zahlreichen Briefe an sie wurden von Kästner bevorzugt mit der Anrede „Mein liebes Muttchen" versehen. Und „Muttchen" ließ sich selbst dann noch Erichs Wäsche zuschicken, als dieser bereits sein erstes eigenes Geld verdiente. Um ihm eine bilderbuchartige Schullaufbahn zu ermöglichen, richtete sie in der Wohnung eine Frisierstube ein und trat ein Zimmer zur Seite
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Untermiete ab – und zwar ausschließlich an Lehrer. Der Filius dankte ihr die Zuneigung und das Vertrauen, indem er sich als Musterknabe gab, der den Lehrerberuf ergreifen wollte. Als Al Kästner mit 17 Jahren einer Volksschulklasse Unterricht erteilen sollte, weil sich die Studenten älterer Jahrgänge bereits an der Front befanden, erkannte er jedoch, dass er „kein Lehrer", sondern ein „Lerner" war. Sein Interesse am Schulalltag sollte er später im berühmten Kinderroman „Das fliegende Klassenzimmer" ausleben. 1917 wurde dann auch er einberufen und kehrte erst gegen Kriegsende mit einer Herzschwäche als Folge der Schikanen durch einen menschenverachtenden Ausbilder aus einem Lazarett zurück.
"Man kann auf seinem Standpunkt stehen, aber man sollte nicht darauf sitzen." Erich Kästner
1Geschichte ein. Damit begann seine erste und auch produktivste Phase,
919 schrieb Kästner sich in Leipzig als Student der Germanistik und
die später durch ein Schreibverbot im Dritten Reich jedoch abrupt beendet wurde. 1923 wurde er als Redakteur des „Leipziger Tageblatt" engagiert, jedoch vier Jahre später fristlos entlassen. Ausgerechnet an n Beethovens 100. Geburtstag war ein – für damalige Verhältnisse – frivooles Gedicht Kästners erschienen, das in konservativen Kreisen als Parodiee auf den Komponisten missverstanden wurde. Seinen Namensvetter und d Mitarbeiter Erich Ohser (e.o.plauen, Schöpfer der „Vater und Sohn"" "Comics), der eine freche Zeichnung beigesteuert hatte, ereilte das gleichee Schicksal. Dass sie aufgrund dieses Vorfalls nach Berlin umzogen, darf rf allerdings als Fortschritt für die Karrieren der beiden Freunde gewertet ett werden.
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ästner und Ohser durchstreiften fortan die deutsche Hauptstadt, die Ersterer rückblickend als „interessanteste Großstadt der Welt" beschrieb. Sie verfassten Reportagen und feilten an politischen Witzen, während sie stundenlang in Cafés saßen. Eines Tages trat Edith Jacobsen, die Besitzerin des Verlags der Zeitschrift „Weltbühne", an Kästner mit der Anregung heran, doch einmal ein Kinderbuch zu verfassen. Dies war die Geburtsstunde von „Emil und die Detektive", das 1929 veröffentlicht wurde und den Weltruhm seines Autors auch dank des gleichnamigen Films begründete. Es ist schon sehr viel Anstrengung erforderlich, in dieser ersten Detektivgeschichte der deutschen Jugendliteratur keine autobiografischen Elemente Kästners zu entdecken. Nicht nur die Idee, eine Gruppe von Kindern einen Dieb überführen zu lassen, hat bis heute zahlreiche Nachahmer gefunden. Allein schon der Handlungsort der Großstadt und die Konfrontation von Kindern mit „realistischen" Begebenheiten unterstreichen, dass Erich Kästner kein klassischer „Märchenonkel" war, sondern für damalige Verhältnisse sehr modern. Illustriert wurde „Emil und die Detektive" von Walther Trier, der bis zu seinem Tod 1951 auch die nachfolgenden Kinderbücher Kästners mit unverwechselbaren Zeichnungen versah.
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ie Aktualität des Autors zeigte sich aauch in seinen anderren Werken. 1928 re Kästners eerschien eerster Gedichtband „Herz auf Taille", „H zzu dem Ohser Bilder beisteuerte. Mit dem b nicht von ungefähr an n den d e Anfang gestellten „Jahrgang 1899" bekannte n a er tner ästn c Käs ch ric rich ri Eri 9 E 29: 929: 92 192 in 1 Berlin Be sich Kästner als c isch btis eibt hrei Schr nen Sc gene eige n ei ten rste em ers inem sein se Vertreter einer desillusionierten „verlorenen" Generation infolge des Ersten Weltkriegs. Für seine Dichtkunst insgesamt schuf er den Begriff „Gebrauchslyrik". Ruhm in der Nachwelt war Kästner nicht wichtig, er verstand sich als Reporter seines Zeitalters. Dennoch dürften sich auch heute Leser beispielsweise in dem Gedicht „Sachliche Romanze" wiederfinden, in dem die erloschene Liebe zwischen einem Paar mit einem alltäglichen Gebrauchsgegenstand wie einem verlegten Spazierstock verglichen wird.
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uch in seinem Roman „Fabian – Die Geschichte eines Moralisten", der sich an Erwachsene wendet, kritisierte Kästner seine Zeit, indem er die Sorgen und Nöte der Angestellten in der Weimarer Republik während der Weltwirtschaftskrise in den Blickpunkt rückte. Die Titelfigur trifft in mehreren Episoden auf Personen, die den politischen und moralischen Verfall der Gesellschaft widerspiegeln. Im Vorwort schrieb Kästner, mit dem Roman vor dem „Abgrund", dem sich Deutschland und Europa näherten, warnen zu wollen. Erst im vergangenen Jahr ist das Werk unter dem vom ersten Verleger abgelehnten Titel „Der Gang vor die Hunde" und in ungekürzter Form erschienen, so, wie sein Verfasser es sich ursprünglich vorgestellt hatte.
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hne dass Kästner sich je zu einer politischen Ideologie oder Partei bekannt hätte, wurden auch seine Bücher mit den Worten „Gegen Dekadenz und moralischen Verfall, für Zucht W und u Sitte in Familie und Staat" von Reichspropagandaminister Goebbels am Abend des 10. Mai 1933 im Rahmen der G Bücherverbrennung in die Flammen geworfen. Bis dahin B hatte Kästner vier Gedichtbände, einen Roman, ein Hör- und h Bühnenstück, fünf Kinderbücher, darunter seine erste rein B fantastische Geschichte mit dem bezeichnenden Titel „Der f 35. 3 Mai", sowie Verfilmungen und Bühnenadaptionen von „Emil und die d Detektive" und „Pünktchen und Anton" veröffentlicht. Als einziGoodTimes
ger g der betroffenen prominenten Schriftsteller weilte er dem dem em Akt selbst als stiller Beobachter bei. Obwohl Kästner wähährend der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten im r im Ausland weilte, emigrierte er in der Zeit des Dritten Reichs chss nicht, sondern schlug sich während seiner zweiten wichtigen geen Schaffensperiode zwischen 1933 und 1945 mit leichter, unter S nte terr Pseudonym veröffentlichter beziehungsweise in der Schweiz weeiiz iz verlegter Unterhaltungsliteratur durch, darunter „Drei Männer v n r ne im Schnee" mit seinen komischen Verwechslungsszenen. nen. ne n ben n Kenner vermuten als eigentlichen Grund für sein Verbleiben i Deutschland trotz ständiger Observierung und zweimaliger g r ge in e Verhaftung allerdings weniger Zivilcourage, sondern den Umstand, dasss er rie ieg eg seine Mutter nicht alleine lassen wollte. Seine Eltern überlebten den Krieg und starben in den 50er Jahren. 1943 lockerte Goebbels übrigens persönön n-
." " "Es gibt nichts Gutes, außer man tut es." Erich Kästner
lich Kästners Berufsverbot ein einziges Mal unmittelbar vor einer absoluten Publikationsuntersagung und ließ ihn – offiziell anlässlich des 25-jährigen Bestehens der Ufa-Studios – ohne namentliche Erwähnung im Film das Drehbuch für „Münchhausen" mit Superstar Hans Albers in der Titelrolle verfassen.
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ach Ende des Zweiten Weltkriegs fand Kästner in München eine neue Heimat, wo er das Kabarett „Schaubude" mit Texten belieferte, die den Schwerpunkt seiner dritten Schaffensperiode bildeten. Aber auch Kinderbücher standen wieder auf der Tagesordnung. „Das doppelte Lottchen" hatte gegen Kriegsende bereits als Filmmanuskript in der Schublade gelegen und wurdee zunächst als Buch veröffentlicht,, er iner sein t se mit ner mi tne Käst Kä ow enow asen te Ras otte elot bevor der Autor selbst es erneutt Se isel in Lis ärin tär kret Sekr zu einem Drehbuch mit anschlie-ßender Verfilmung umschrieb, beii d der er selbst mitspielte. 1948 entwarf Kästner mit „Die Konferenz der Tiere" seine antimilitaristische Utopie von einer friedlichen Welt und sprach sich gegen die Wiederbewaffnung und atomare Aufrüstung der Bundesrepublik aus. Seinem 1957 geborenen Sohn widmete er die letzten Kinderbücher „Der kleine Mann" sowie „Der kleine Mann und die kleine Miss" über Mäxchen Pichelsteiner, der in einer Streichholzschachtel schläft. Während Kästner Satire und Galgenhumor ansons ten seinen Werken für Erwachsene vvorbehielt, weswegen manche Kritiker ihm eine „Doppelbegabung" alss t. t eit. bei rbeit Arb i der A se bei ause Zu Hau SSchriftsteller sowohll t. cht. auch pf rau Kopf r Ko Der De für Erwachsenee als auch für deren n Nachkommen bescheinigen, ist in diesen Alterswerken auch Ironie zu finden, die für Jüngere nicht einfach zu vverstehen ist. Dennoch galt Kästners Sympathie zeitlebens den Kindern, deren Welt er stets als „gutartig" schilderte. Dass er sie beispielsweise in „Pünktchen und Anton" als D quasi bessere, moralisch überlegene „junge Erwachsene" q beschrieb, spricht dafür, dass er sich im Endeffekt doch als eine Art Pädagoge verstand. Letztlich ist and nd.. Le Letz tztl tz tlic ich ch is st es es aaber berr in be iinsns besondere Kästners klarer, na natürlich-lebendiger Erzählstil, b atü türl rlic rl ichic h--le lebe ebend bend be ndig ig ger E r äh rz ä ls lsti t l,, ti der ihm auch nach seinem Tod im Juli 1974 97 74 Ge G ene nera ne era rati t on ti nen nn e er eu e LLeser esserr Generationen neuer zugeführt hat.
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Reklame für Erfrischungsgetränke
Von Kathrin Bonacker
Süße Brause für Spaßvögel & Sportskanonen
Im Freien sitzen und eine Cola mit einem bunten Plastikhalm trinken – was für ein Fest! "Cola": Das war zu Beginn der 70er Jahre beim Essengehen oder als große Ausnahme zum Kindergeburtstag in der guten Stube noch ein echtes Zauberwort in Kinderohren. Dabei spielte es keine Rolle, ob es sich um Sinalco-Kola, Afri-, Pepsi- oder CocaCola handelte – und Club-Cola kannten wir im Westen noch gar nicht ... Der Prickel und das Überschäumen waren in jedem Fall reizvoll, auch später die ersten klebrigen Versuche beim Trinken aus der Dose! Wer aber das Rennen um die kleineren oder größeren Kunden machen wollte, der musste sich in Sachen Werbung ganz schön was einfallen lassen: Die Konkurrenz schlief nicht!
enorm viel größer, und das Cola-Image bestimmte über das e Firmenschicksal. F er Kampf zwischen Coca-Cola und Pepsi war inzwischen schon etabliert: Neben Preiskämpfen kam es immer wieder zu aggressiver vergleichender Werbung – das im Ganze hieß in der Branche schlicht der „Cola-Krieg". Für G die Verbraucher zeigten Lokale direkt mit dem Logo auf d der Speisekarte, wessen Schanklizenz sie hatten: Sinalcos d sschräger Schriftzug im roten Punkt, Pepsis blau-weiß-roter sc „„Globus", Coca-Colas rot-weißer Schriftzug oder Afris Palmenbild auf schwarzem Grund versprachen die Brause, P auf a die die Kinder hofften. In der DDR dagegen gab es zunächst noch die seit 1958 produzierte Vita-Cola (die laut z Fünfjahresplan die Versorgung der Bevölkerung mit alkoF holfreien Getränken verbessern sollte), ab 1967 wurde diese h von v der legendären Club-Cola ergänzt. Reklame hierfür war nicht nötig. Die Marktführer im Westen hingegen überboten n siicch h bei ihren ih sich Werbekampagnen in der Kategorie „Gute Laune" und beteuerten, der Geschmack sei jeweils einzigartig.
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as gab ab es hier zu Lande LLaand nd eigentlich nde eigeent n lilich Mitte Mitte des 20. 20 Jahrhunderts zu trinken? Vielleicht Wasser, Milch oder Pfefferminztee, je nach Familiengewohnheit, Geschmack oder Geldbeutel. Und nichts Süßes? Doch! Früchtesirup wurde mit Wasser verdünnt, und für alle Süßschnuten gab es auch schon sehr lange Limonade (aus Wasser, Zitronensaft und Zucker), seit dem 19. Jahrhundert bereits mit Kohlensäure angereichert.
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b 1929 trat dann die amerikanische Firma Coca-Cola auch in Deutschland ihren Siegeszug an. Das koffeinhaltige Cola-Getränk war in den USA bereits seit langem etabliert und enthielt zwar noch Kolanuss als Koffeinlieferant, aber dann doch kein Kokain mehr. Der vormals in die Kritik geratene Inhaltsstoff des Erythroxylums (Coca-Blätterextrakt) lieferte jetzt nur noch Koffein. Die Essener Vertriebsgesellschaft für Naturgetränke, die von da an Coca-Cola in unseren Breiten vertrat, produzierte ab 1940 in derselben Fabrik zusätzlich übrigens auch die neu entwickelte Orangenlimonade Fanta, so dass beides in der Nachkriegszeit bereits eingeführt war. Ein Werbefachmann schrieb über diese frühen Jahre von Coca-Cola in Deutschland: „Coca-Cola war eines der ersten Produkte, für das konsequent mit dem amerikanischen Way of life geworben wurde" (Kriegeskorte, S. 164). Die lachenden ColaTrinker waren in Freizeitsituationen abgebildet, und der langjährige Slogan hieß Mitte der 50er bis Anfang der 60er Jahre: „Mach mal Pause u e ..."" W us err ffrei reei hat ha atttte Wer hatte und sich mit Freunden und Familie traf, der sollte Cola trinken: Die Rechnung ging gg g auf!
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m ebenfalls in diesem Sektor zu punkergänzte die westtten, e Traditionsfirma ffälische fä ä SSinalco das althergebrachte LLimonadengetränk ihrersseits um Sinalco-Kola, denn wer auf sich hielt, d bot das Duo zur Auswahl: b Pepsi hatte Mirinda dabei, P und Afri-Cola bot Bluna u aals Orangenbrause. Aber aauch wenn vielleicht der orangene Sprudel oder eine o Apfelschorle viel sschlichte c besser schmeckten, so war b doch der Reiz des Seltenen d
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inzigartig war jedenfalls der Fotograf Charles Wilp, der ab 1968 für Afri-Cola und Bluna so provozierende Bilder machte, wie sie in dieser Frechheit erst wieder Oliviero Toscani (ab 1982 für Benetton) bot. Wilp arbeitete mit Effekten wie vereisten Scheiben und künstlichem Nebel. Die aufreizend bekleideten Models wurden in Zusammenhänge gebracht, die sofort für Aufmerksamkeit sorgten – so inszenierte er A Afri-Cola beispielsweise als Rausch erzeuA gende Droge. Dazu gab es 1969 sogar g eine Schallplatte mit „Afri-Rauschmusik" als e „Super-Single" für 4,95 DM bei Afri-Cola in „ Köln zu erwerben – die Bilder verknüpften K ungeniert Erotisches und Revolutionäres mit u dem simplen Süßgetränk. d
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ie Kampagne spielte mit Worten, und anstelle der üblichen ernsten Werbetexte entstanden beinahe sinnW freie Comic-Sprachkollagen wie „sexy – fr mini – super – flower – pop-op-cola". Im m Werbefernsehen lief ein Wilp-Spot, der den W „Afri-Cola-Rausch" an attraktiven „Nonnen" „A A in in weißen Hauben demonstrierte: „Untermalt mit m psychedelischer Musik drücken junge Damen in keuschen Ordenstrachten lechD zende Zungen und brauselüsterne Körper z an a vereisten Glasscheiben platt", beschrieb es e der Werbeforscher Hars und betonte den Effekt Effe Ef f kt fe k der derr Kampagne: Kam mpaagn ne: e: „Die Umsätze stiegen wunschgemäß um 40 e: Prozent" (Hars, S. 24/25).
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ür Bluna erdichteten die Werbetreibenden gar einen verrückten Mythos: Dazu gruppierte Wilp jeweils „7 Jungfrauen" in einem dunklen Raum – meist in ganz und gar nicht jungfräulicher Gewandung –, die sich „bei Vollmond" trafen, um Bluna herzustellen. Damit war auch das zweite Standbein der Afri-Produktion mit auffälliger Reklame versorgt. Für eine Bosco-Bitter-Anzeige dagegen (das Tonic des Konzerns) posierte dann eine boxende Frau, die frech in Wilps Kamera schaute. Typisch für diese Zeit: Der unauffällige Mann neben ihr hat sogar einen Helm auf, sie dagegen ist barbusig und trägt die Haare offen. Motto: Frauen dürfen gern stark sein, so lange sie sexy bleiben!
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harles Wilp selbst war ein schillernder Held der Werbewelt. 1932 im Ruhrgebiet geboren, kam er nach einem Studium in Paris und als Schüler des US-amerikanischen Fotografen Man Ray nach Deutschland zurück, schuf in den 60ern und 70ern neben den erwähnten Kampagnen auch eine für Puschkin-Wodka sowie die berühmte VW-Serie („Er läuft und läuft ...") und stellte
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bedeutet im Englischen Elfe oder Kobold – jedenfalls b steht es für einen Naturgeist, besonders gern in der st F Form des „water sprite" (Wassermann) benutzt. Seine E Entwicklung ist deshalb interessant, weil es, ursprünglilich in Deutschland als Fanta Klare Zitrone entwickelt, 1959 auf den Markt kam und 1961 unter dem Namen 1 SSprite in den USA eingeführt wurde, wo es 7 Up Konkurrenz machte. Ab 1964 produzierte Pepsi dann K Teem, um wiederum Coca-Colas Sprite etwas entgegenT setzen zu können. Diese Zitronenlimonade setzte sich se aber in Deutschland nicht durch, während sie in den a USA und Kanada bis in die 80er Jahre zu bekommen U war. w Sprite hatte da entschieden mehr Erfolg. er deutsche Limo-Klassiker Sinalco musste der Konkurrenz nun beweisen, dass die Moderne auch hier h zu Lande Einzug gehalten hatte, und brachte eine beispielhafte Pop-Art-Kampagne heraus: Ganz im Comicb Stil S der Bilder von Andy Warhol oder Roy Lichtenstein zeigten die Werbegrafiken immer mit „Plop!" eine z fröhliche Person beim Kronkorken-Abhebeln. Die bunfr ten te Punkte des Siebdruckverfahrens blieben dabei als Stilmittel sichtbar. Wichtiger aber für den Erfolg der S Firma war sicher der bekannte Jingle „Die Sinalco F schmeckt, die Sinalco schmeckt, die Sinalco-nalco-nalco scc schmeckt ...", der an den „Flohwalzer" angelehnt war, sc den d jedes Kind als erstes auf dem Klavier klimpern kann. Kein anderes Erfrischungsgetränk hat einen solchen K Schlager gelandet wie Sinalco 1979 ... S
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a eines der Erfolgsrezepte der Erfrischungsgetränke ihre Eignung zum Mixen mit Alkoholika war, ließ sii sich darüber hinaus die bittere Variante noch ergänzen. Ein Mixgetränke-Buch der 70er Jahre erläuterte z die d Qualität dieser meist chininhaltigen Limonaden: zum Purtrinken, aber auch mit einem Schuss „„Besonders B Gin, Wodka, Weinbrand, Cognac u.ä. sind die bitteren G LLimonaden ein echtes Labsal. Die üblichen trüben und wasserklaren wasserkl wa klarren Limonaden sind für die Hausbar nicht so gut geeignet, da sie oft ein wenig künstlich schmecken" (Martin, S. 13).
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19 1972 972 7 unt unter n err d dem em T Titel itel it e „Konsumrealismus" el Kons n umreaalis ismu mu mu us"" auf auf derr Documenta Docum menta iin n Kassel aus. Während sonst allenfalls die Agentur als solche bekannt wurde, stand bei seinen Werken zum Beispiel: „letzte meldung – stop – im bosco-bitter-ring fotografierte charles wilp lolly boxer" ausdrücklich dabei. inalco ließ sich da nicht lumpen und warb für seine Kola ab 1969 mit einer aufblasbaren Plastikpuppe namens Rita in schreienden Farben, die als „lebensgroße Party-Puppe" auf Anzeigen und Plakaten angepriesen wurde. Die Slogans lauteten anzüglich „Call-Girl" oder „Rita ist lieb", und der Text erläuterte dazu: „Rita hat den größten Erfolg auf Partys, Festchen, im Café, im Hörsaal und am Arbeitsplatz. Und besonders bei Demonstrationen." Die kesse Dame konnte für 6,60 DM bestellt werden und war bis 1972 im Einsatz. Über ihre politischen Erfolge ist allerdings nichts bekannt ... Am Ende bekam sie Gesellschaft von einer ebenso poppigen männlichen Puppe, die schwarzhaarig eine lange Mähne und Schnurrbart zu knallroten Lippen trug.
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eben OrangenLimonade und Cola hatte der Markt aber auch noch Platz für das zitronige Süßgetränk, das beinahe in Vergessenheit geraten war: Von den Marktführern mit neuen Namen und einer Kampagne versehen, starteten mehrere Produkte in den 60ern neu durch. Sprite
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llen voran gingen dabei Schweppes und Kinley. Kinley setzte auf das Prinzip, das sich auch einige Mineralwasser-Hersteller zueigen machten: Exklusivität und den edlen Auftritt. Der Slogan „Geschmack hat einen Namen" geht mit der Präsentation der Getränke auf einem Silbertablett einher: Der Arm des Servierenden steckt in dunklem Stoff mit weißer Spitzenmanschette, ein weißer Handschuh macht den Auftritt als herrschaftliches Dienstpersonal (dessen Gesicht selbstverständlich nicht sichtbar ist) perfekt. Diejenigen, die die „anregend-schönen Stunden" mit Kinley genießen, sitzen und stehen in einem hohen, mit Gemälden dekorierten Raum. Diese Kampagne war eher traditionell gehalten und spielte grafisch mit den dekorativen Elementen des Jugendstils, die gerade bei Nostalgikern en vogue waren.
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i Schweppes-Kampagne ie S h K dagegen d war für fü die di Werbung W b besonb ders spannend, da sie einen ganz anderen Mechanismus nutzte. Hier gab es Grund zum Schmunzeln! Das Prinzip war einfach: Schweppes wurde als spezifisch britisches Produkt von einer Person dargeboten, die ganz eindeutig einen echten Spleen hatte. Immer untertitelt mit der Zeile: „Er ist Schweppes-Trinker." Diese Spleens konnten ganz unterschiedliche Ausrichtungen haben, vor allem aber bekamen die Helden der Anzeige stets Orden für ihre Verdienste verliehen oder wurden zum Ritter geschlagen: Einer dressierte Pfauen und wurde dafür zum „Knight Of The Golden Bird", der Nächste erfand den „seitenwindunempfindlichen Poloball" und bekam dafür den Sattel-Orden. „Sir Reginald und Lady Anthea Ponsonby" bekamen den Pfotenorden („Order Of The Paw") für ihre Beagle-Liebe, eine „Denkschrift über die Wachstumsgeräusche englischen Rasens" machte ihren Entwickler zum stolzen Träger des „Order Of The Greens", für das „Verzeichnis englischer Schlossgeister" gab es das „Blue Band Of The Midnight", und 1971 wurde gar „Gordon Thistelthwaite" für seine „33-stündige Rede über die kommerzielle Nutzung des Londoner Nebels" zum „Master Of The Lip" ernannt. Es war klar: Wer Schweppes der pes tr pe ttrank, ran nk d err vverfügte errfü f gtte über besondere Talente, die nicht jeder besaß, oder hatte zumindest Ideen, auf die keiner kam! Originalität war ein Wert an sich, und diese Kampagne brachte die Leser zum Kichern.
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anz anders dagegen die Zielgruppe, der sich Coca-Cola in den frühen 70er Jahren zuwandte: Bei Coke hieß der Slogan „frischwärts", und gezeigt wurden Gruppen junger Leute bei Spiel und Sport. Die einen sprangen von einem Felsen ins Meer, die anderen fuhren in einem völlig vö ig g überladenen übe beerl rladenen en Jeep Jeep eep durch du urch die die Landschaft, LLaand n scchaft,, die die Nächsten Näch N c sten spielten sp pieelte pi lten n
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Boule, in wildem Wasser wurde gepaddelt, im Schnee fuhB ren re sie Schlitten und fielen lachend herunter. Sportliches Vergnügen in der Gruppe war das Thema, und auch in der V Lift-Reklame stand der Sport im Vordergrund, allerdings L war stehende Einzelperson, w es immer eine im Mittelpunkt p p , die d ihren „atemlosen Durst" mit Lift „wegD zischte". Beim Tennis z wie beim Fechten, w Sprinten, Motocross S oder Radfahren hieß es o jeweils über das Getränk je mit m der „Löschkraft der Z Zitrone": „Jetzt Lift, u und weg ist der Durst." Bei dieser Hinwendung B zzur professionelleren Variante des Sports V war es nur konsew quent, dass C Coca-Cola 1984 sogar t d Hauptsponsor der Olympischen Spiele in Atlanta wurde. Afri-Cola hatte sich bereits Anfang der 60er Jahre ahree als lss SSponsor ponso or eines ein i es deutschen deu uts tsch c en n Radrennens versucht, denn die Betonung all R dieser Brausen lag immer auf der Erfrischung d und vor allem der Alkoholfreiheit des Produkts. u arallel dazu trugen alle Getränkehersteller seit dem Ende der 70er dem wachsenden Gesundh e i t s bewuss tsein b Rechnung und entwiu ckelten kalorienark me, m womöglich lil zuckerffrr freie LightProdukte – hübsch präsentiert p von besonv ders schland ken, sonk nengebräunten nengeb brä räun äunte unten un ten Models, te Models dels ls gerne mit Handtuch um die Schultern. Sie zeigten, dass es Erfrischungsgetränke passend zu ihren durchtrainierten Körpern gab. 1978 trank eine junge Frau am Pool bereits kalorienarmes Diät-Lift (zum Slogan „Schlank ist schön"), und 1987 gab es konsequenterweise Coca-Cola-LightDesigner-Badeanzüge zu gewinD nen. An dieser Prioritätensetzung n im m Getränkesektor hat sich bis heute nicht viel geändert: Wer h Limonade verkaufen will, darf nie, L niemals und auf gar keinen Fall n von v Zucker reden!
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LITERATUR: – "Werbung in Deutschland 1945–1965", 5 1965" Michael Kriegeskorte, DuMont Verlag, 1992 – "Lurchi, Klementine & Co. – Unsere Reklamehelden und ihre Geschichten", Wolfgang Hars, Argon Verlag, 2000 – "Das große Buch der Mixgetränke", Henry Martin, Vehling Verlag, 1977
Spiel ohne Grenzen
Wie der Straßenfeger einst die ganze Familie vor dem Fernseher vereinte Von Oliver Schuh
Camillo Felgen im Clinch mit den Juroren
So holt man sich eine Gesäßprellung
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ehnenteilanrisse, Kopfverletzungen, Schürfwunden, Gesäßprellungen – um die zahlreichen körperlich anspruchsvollen Aufgaben bei diesem legendären Städtewettbewerb zu bewältigen, waren echte Nehmerqualitäten erforderlich. Wasser und Schmierseife gehörten zu den Hauptkomponenten der Spiele, Schadenfreude, wenn sich jemand flachlegte, war programmiert. Der spätere Moderator Heribert Faßbender erinnert sich: „Wir nannten das damals intern die SchmierseifenOlympiade." Auch der Begriff „Kasperspiele" ist überliefert, wird der Veranstaltung aber nicht gerecht, weil hinter dem Spaß ganz offensichtlich große Anstrengungen der Amateur-Gladiatoren steckten, die auf keinen Fall unter den Tisch fallen dürfen.
Nilpferde sahen früher irgendwie anders aus
"Wer stürzt oder sich sonstwie verletzt, muss gegebenenfalls aus dem Bild kriechen. Es werden keine Leidenden auf dem Bildschirm gezeigt!", lautete die eindeutige Regieanweisung zur ARD-Show Spiel " ohne Grenzen" aus dem Jahr 1973. Bis dahin war in der Sendung bereits so mancher schmerzhafte Zwischenfall zu beobachten gewesen. Selten jedoch in Großaufnahme, sondern meist in der Totalen. Schmerzverzerrte Gesichter waren damals, sofern sie nicht in einem Krimi gezeigt wurden, noch nicht telegen ... Seite
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ie Konkurrenten schossen sich gegenseitig mit überdimensionalen Wasserpistolen von rutschigen Brettern, mussten in albernen Straußenkostümen einen Hindernis-Parcours überwinden, flogen aus sich stetig beschleunigenden Karussells, hatten auf sich drehenden Mühlrädern das Gleichgewicht zu halten oder Campingstühle durch den Swimmingpool zu tragen.
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dem Rhönrad einen Parcours bewältigt, der – genau! – mit Schmierseife präpariert war.
nd das alles am Samstag um 15 Uhr – eine heute undenkbare Prime Time für eine Unterhaltungsshow – im Ersten, Privatfernsehen gab es noch nicht. Ein Pflichttermin für große und kleine Zuschauer: Die komplette Familie, von den Großeltern bis zum jüngsten Nachwuchs, versammelte sich vor dem Fernsehgerät und fieberte mit. Der verhinderte Opernsänger und Frühzeit-DJ Camillo Felgen, der die Sendung von 1965 bis 1973 satte 125 Mal moderierte (nachdem Erstmoderator „Klettermaxe" Armin Dahl die Debütsendung versemmelt hatte), begrüßte das Publikum stets auf seine jovial-charmante Art, um nachfolgend Städteteams aus Duderstadt, Schliersee oder Radevormwald die Gelegenheit zu geben, sich immer wieder gepflegt auf die Schnauze zu legen. Aber um es noch einmal deutlich zu sagen: Die Show galt in erster Linie als sportlicher Wettkampf und noch nicht so sehr als „Brot und Spiele"-Belustigung für sensationsgeile TV-Zuschauer, denen kein Kick zu derbe sein konnte. (In Zeiten von nur zwei öffentlich-rechtlichen Fernsehprogrammen gab es Letzteren übrigens auch in begrifflicher Hinsicht noch nicht.)
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er Aufwand für die Spiele war enorm, trotz immer wiederkehrender Spielmuster: Manchmal benötigte man über 20 Lastwagen, um die ganzen Requisiten und Bühnenteile an den Austragungsort zu schaffen. Ein Elefantenrennen wollte eben gut vorbereitet sein. Auch die Kamerateams hatten dementsprechend zu jener Zeit einen sicheren Job und kamen viel herum.
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piel ohne Grenzen" war zudem die ein„ zige Unterhaltungssendung jener Zeit, die neben dem „Grand Prix Eurovision de la Chanson" international ausgerichtet war. Europaweit lief sie in ganz verschiedenen Ländern etwa unter den Namen „It’s A Knockout" oder „Jeux Sans Frontières" wie auch unter „Games Without Frontiers" (zu allen dreien höre auch Peter Gabriels gleichnaGa migen 80er Song m "Games Without "G „Giochi FFrontiers"), r senza frontiese re", „Spel zonre der grenzen" u.a. d Mittwochabends M gab es dann alle g paar Monate p die internatiod nale Finalrunde, n der regelmäßig aan d Deutschland, die Schweiz, D Großbritannien, Frankreich G de Gaulle war ((Charles C ein großer Fan der ei Sendung, weil er darin ein Se Aufeinander-Zugehen der A Europäer sah), Italien, die Eu Niederlande, Belgien und Ni später auch Portugal Portu ugal und Jugoslawien teilnahmen. teilnah Diese internationale Veranstaltung wurde ebenfalls im Rahmen der Eurovision live übertragen. Übrigens: Deutschland hat das Gipfeltreffen (vor Portugal) am häufigsten gewonnen.
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as Besondere an der Idee von „Spiel ohne Grenzen" war sicher auch, dass der Zuschauer es hier nicht mit den üblichen Supersportlern zu tun bekam, sondern mit relativ normalen Menschen aus einer Stadt wie seiner eigenen, die relativ normale Menschen aus einer anderen Stadt im lustigen Wettstreit zu bezwingen versuchten. Wut und Enttäuschung waren selten auszumachen, denn die Teilnehmer blieben meist anonym und wurden nur als Städteteam wahrgenommen – es sei denn, einer der Mitwirkenden hatte gerade Außergewöhnliches geschafft, war zum Beispiel über die meisten liegenden Kamele gesprungen oder hatte mit GoodTimes
ricksereien, wie sie sich die Italiener und Holländer beim Finale in Verona 1970 erlaubten, waren allerdings nicht unbedingt eine Seltenheit. Selbst die spätere Weitsprungund Staffel-Olympiasiegerin Heide Rosendahl, die sozusagen als Geheimwaffe für Radevormwald angetreten war, hatte mit Turnschuhen im Wettlauf bei strömendem Regen gegen die Spikes des im Pferdekostüm angetretenen niederländischen Kontrahenten keine Chance. Kommentar Faßbender: „Das Ganze lief immer unter Ausschluss des Rechtsweges, und das war gut so." Nicht zuletzt auch die Olympionikin bestätigt heute: „Wir hatten einfach unseren Spaß."
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973 gab Camillo Felgen die Spielleitung ab. In einem späteren „Stern"-Interview gab er als Grund an, er habe das Gefühl gehabt, sich ständig zu wiederholen und bei steigender Gage immer weniger Leistung bringen zu müssen. Auch ein löblicher Ansatz, aber nur konsequent für jemanden, der Beatles-Texte eindeutschte – aus seiner Feder stammen "Sie liebt dich" und "Komm gib’ mir deine Hand". Nur ein Jahr später entschloss sich sein 1968 eingestiegener Co-Moderator Timm (später geändert in das bekannte Frank) Elstner, der übernommen hatte, zum gleichen Schritt, um seine Fernsehkarriere mit den „Montagsmalern" zu befeuern. Auch die Nachfolger Heribert Faßbender, Marie-Louise Steinbauer, Erhard Keller etc. hatten dann sicher keine Schuld am allmählichen Niedergang der TV-Show, vielmehr war es der finanzielle Zwang der unterschiedlichen Sender, denen die Kosten mit der Zeit über den Kopf wuchsen.
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piel ohne Grenzen" war eigentlich nie richtig tot, aber das anhaltende Siechtum der Städtewettbewerbe ist nicht zu leugnen. Es „ gab Wiederbelebungsversuche wie 1989 mit Michael Schanze (nach vier Folgen im Abendprogramm wieder abgesetzt) oder als SamstagabendEvent unter dem neuen Titel „Deutschland Champions" mit dem fragwürdigen Gerd Rubenbauer, die große Zeit der Sendung schien jedoch ab einem bestimmten Zeitpunkt endgültig vorbei. 2011 kam dann allerdings ProSieben auf die Idee, mit dem jungen, hippen Team Joko Winterscheidt/ Klaas Heufer-Umlauf und der Action-Show „17 Meter" einen StudioAufguss ins Rennen zu schicken, in dem zwar keine Städte mehr gegeneinander antreten, sondern kleine Teams, deren Aufgaben aber im Wesentlichen einer weitaus abgründigeren Art von Humor entspringen als die, die „Spiel ohne Grenzen", das Original, einst1989 in Bad Salzuflen mit Moderator mals so beliebt Michael Schanze gemacht haben ... 1/2015
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DAS JAHR 1974 Von Bernd Matheja
– 2:1 Tor durch Gerd Müller die Niederlande im WM-Finale gegen
Fußball-WM im eigenen Land, in dem ein DDR-Spion auffliegt, der den Kult-Kanzler kippt. Im englischen Brighton startet eine gigantische Musikkarriere. Und in einer miefigen Siedlungsbude in Wattenscheid stänkert sich ein laufender Meter namens Alfred in die Herzen des bundesdeutschen Fernsehpublikums.
Willy Brandt
Elisabeth Wiedemann, Heinz Schubert
... und vier Schweden krempeln die Pop-Welt um ZEITGESCHEHEN
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Ab 1.1. gilt das neue Autokennzeichen DDR. *** In der BRD wird die Preisbindung für Markenartikel aufgehoben. *** Schweden verbietet am 2.1. sämtliche Reklamebeleuchtungen, um Strom zu sparen. *** Neuer p Vorsitzender der Freien Deutschen Jugend (FDJ) wird Egon Krenz (37; 10.1.). *** Am 14.1. untersagt China die Aufführung der „bourgeoisen" Musik von Ludwig van Beethoven. *** Der Bundestag verabschiedet das Immissionsschutzgesetz vom 18.1. (u.a. gegen Lärmbelästigung, Gestank aus Müllverbrennungsanlagen). *** Die Stadt Koblenz ordnet „angemessene" Frisuren für Polizeibeamte an (29.1.). *** Am 3.2. wird in Rio de Janeiro der Posträuber Ronald Biggs elf Jahre nach dem legendären Zugüberfall festgenommen. *** Ab dem 12.2. werden in Spanien Bürger angezeigt, die das Magazin „Playboy" zeigen oder in Umlauf bringen. l fb i *** Elf lf Prozent Lohnerhöhung für den Öffentlichen Dienst in der BRD ab 13.2. *** 4.3.: Entführung der US-Verlegertochter Patricia Hearst. *** Ab 9.3. setzt die Bundesbahn erstmals Computer für die Steuerung von Signalanlagen ein. *** 15.3.: Das US-Justizministerium verklagt den Bundesstaat Louisiana wegen der Rassentrennung an den dortigen Universitäten. *** Die britiSeite
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sche Prinzessin Anne (24) entgeht in London einem Attentat. *** 22.3.: In Helsinki unterschreiben sieben Ostsee-Anrainerstaaten ein Abkommen zum Schutz des Meeres. *** Arbeitnehmer in Hamburg erhalten ab 1.4. erstmals Bildungsurlaub (14 Tage, alle zwei Jahre). *** Am 10.4. tritt die israelische Ministerpräsidentin Golda Meir (76) zurück. *** 18.4.: Nach einem Banküberfall mit Geiselnahme wird in Hamburg erstmals der „finale Rettungsschuss" gegen den Täter praktiziert. *** 23.000 Bundesbürger g leben im April mit einem Herzschrittmacher (weltweit: 150.000). *** In Bonn wird am 24.4. der DDR-Spion Günter Guillaume festgenommen. Die Folge: Rücktritt von Bundeskanzler Willy Brandt am 6.5. *** Ab 1.5. führt das Kraftfahrtbundesamt in Flensburg die Verkehrssünderkartei ein. *** 2.5.: Einrichtung der Ständigen Helmut Schmidt Vertretungen beider deutscher Staaten in den jjeweiligen Hauptstädten. ili H d *** Am 15.5. wird Walter Scheel neuer Bundespräsident, am Tag darauf tritt Helmut Schmidt die Nachfolge von Willy Brandt als Bundeskanzler an. *** Am 18.5. wird Valérie Giscard d'Estaing französischer Staatspräsident. *** 23.5.: 25 Jahre Bundesrepublik. *** Ab Ende Mai kommt es zu Straßenschlachten in Frankfurt/Main wegen erhöhter Fahrpreise im Nahverkehr. *** In der BRD leben jetzt rund vier Millionen ausländische Mitbürger. *** 18.6.: Verbot von Werbespots für Tabakprodukte im Radio und TV. *** 21.6.: Erhöhung der Ausbildungsförderung für
GoodTimes
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.de Foto: © Bubi Heilemann/www.rockfoto
Brandt stürzt – Müller trifft – Tetzlaff pöbelt
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Studenten und Schüler. *** Die beiden französischen Autohersteller Citroen und Peugeot fusionieren am 24.6. *** 26.6.: Schließung der renommierten Kölner Privatbank Iwan D. Herstatt wegen Überschuldung. Aus einem „Feuerwehrfonds" erhalten 35.000 Sparer Einlagen zurück. *** Ab 1.7. steigen in der BRD die Altersrenten um 11,2 Prozent. *** 15.7.: Militärputsch auf Zypern, Erzbischof Makarios geht außer Landes. *** Am 16.7. geht der bis dahin größte Atommeiler der Welt in Biblis (Hessen) ans Netz. *** US-Präsident Richard Nixon tritt am 9.8. wegen der Watergate-Affäre zurück. Sein Nachfolger wird Gerald Ford. *** 4.9.: Die USA und die DDR nehmen diplomatische Beziehungen auf. *** Äthiopiens Kaiser Haile Selassie I. wird am 12.9. nach 44-jähriger Regentschaft vom Militär abgesetzt. *** 14.9.: Die DDR-Staatsbank bringt die neue „Mark der DDR" in Umlauf. *** Hans-Dietrich Genscher wird am 1.10. zum Bundesvorsitzenden der FDP gewählt. *** Der Nordire Séan MacBride, ehemals erster Präsident von Amnesty International und Außenminister seines Landes, erhält den Friedensnobelpreis. *** Am 14.10. eröffnet der schwedische Möbelhersteller Ikea seine erste Filiale in der BRD in Eching bei München. *** 23.10.: Einweihung des Flughafens Berlin-Tegel. *** RAF-Mitglied Holger Meins stirbt am 9.11. an den Folgen seines Ho im September begonnenen Hungerstreiks. *** Die Autorin Ester Vilar fordert am 12.11. die Wehrpflicht Au für Frauen in der BRD. *** Am 25.11. implantiert der fü Chirurg Christiaan Barnard in Kapstadt einem Ch Menschen erstmals ein zweites, zusätzliches Herz. Me *** Am 30.11. wird Manfred Rommel zum Stuttgarter Oberbürgermeister gewählt – er bleibt 22 Jahre im Amt. *** Gründung der Fernuniversität Hagen am 1.12. *** Am 13.12. wird Malta unabhängige Republik. *** Das Fernmeldetechnische Zentralamt in Darmstadt startet am 22.12. einen Feldversuch, bei dem Telefonwahlscheiben durch Tastaturen ersetzt werden. *** 26.12.: Einweihung des neuen Tunnels unter der Elbe in Hamburg. Länge: 3,3 Kilometer. *** Das Weltwirtschaftswachstum geht 1974 von 6,5 (Vorjahr) auf 1,5 Prozent zurück. ***
SPORT
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Top-Thema aus deutscher Sicht: die Fußball-Weltmeisterschaft im eigenen Land, bei der sich der Gastgeber im Finale am 7.7. in München durch Tore von Paul Breitner und Gerd Müller mit 2:1 gegen die Niederlande durchsetzt. Im Verlauf des Turniers kam es zum einzigen Länderspiel gegen die DDR, das die BRD am 22.6. in Hamburg mit g 0:1 verlor. Torschützenkönig mit sieben Treffern wurde Grzegorz Lato (Polen). *** Box-Höhepunkt des Jahres wird der als „Rumble In The Jungle" bezeichnete WM-Kampf im Schwergewicht zwischen Muhammad Ali und George Foreman (30.10. in Kinshasa, Zaire). Ali siegte und nahm seinem Gegner den Titel ab, den dieser am 26.3. in Caracas von Ken Norton gewonnen hatte. *** Ein Fabelspieler beendet seine Fußballkarriere: Edson Arantes do Nascimento, genannt Pelé, macht am 3.10. in Sao Paulo Schluss. Er wurde Pelé mit Brasilien 1958, 1962 und 1970 Weltmeister, b bestritt i 92 LLänderspiele d i l (77 Treffer). In insgesamt 1363 Pflicht- und Freundschaftsspielen erzielte der „beste Fußballer der Geschichte" 1281 Tore ... *** Neuer Präsident des Deutschen Sportbundes wird am 24.5. Willi Weyer. *** Am 21.7. erringt Hartwig Steenken mit Simona im englischen Hickstead den Weltmeistertitel im Springreiten. *** BRD-Meister im Fußball wird zum dritten Mal in Folge der FC Bayern München. Den DFB-Pokal holt sich Eintracht Frankfurt in Düsseldorf gegen den HSV. *** Die DDRMeisterschaft 1973/74 entscheidet der 1. FC Magdeburg für sich, den FDGB-Pokal gewinnt der FC Carl Zeiss Jena am 13.4. im Finale in Leipzig gegen Dynamo Dresden (3:1 n.V.). *** Die Torjägerkanone teilen sich in der BRD Jupp Heynckes aus Mönchengladbach und Gerd Müller (Bayern München) mit je 30 Treffern. In der DDR ist es Hans-Bert Matoul von Lokomotive Leipzig (20 Tore). Fußballer des Jahres werden Franz Beckenbauer (Bayern München) und Bernd Bransch aus Jena. Der Titel in Europa geht, wie schon 1971 und 1973, an den Niederländer Johan Cruyff. *** Der belgische Ausnahme-Radrennfahrer Eddy Merckx siegt zum jeweils fünften Mal bei der Tour de France und beim Giro d'Italia. *** Die GoodTimes
Titelträger in den europäischen FußballPokalwettbewerben sind: Bayern München bei den Landesmeistern (1:1 und 4:0 gegen Atletico Madrid am 15./17.5. in Brüssel), der 1. FC Magdeburg bei den Pokalsiegern (2:0 gegen den AC Mailand am 8.5. in Emerson Fittipaldi Rotterdam); den Uefa-Pokal schnappt sich am 22./29.5. gegen Tottenham Hotspur h Feyenoord d Rotterdam d (2:2 und 2:0). *** Formel-1-Weltmeister wird der Brasilianer Emerson Fittipaldi vor Clay Regazzoni (Schweiz) und dem Südafrikaner Jody Scheckter. Regazzoni, nach einem Renn-Crash 1980 in Long Beach querschnittgelähmt, starb 2006 bei einem Verkehrsunfall in Italien. *** Die Finals beim prestigeträchtigen Tennis-Grand-Slam-Turnier in Wimbledon vom 24.6. bis 6.7. in London entscheiden der Amerikaner Jimmy Connors (Sieg gegen Ken Rosewall aus Australien) und Chris Evert (USA) gegen Olga Morosowa aus der Sowjetunion für sich. *** Vom 5. bis 20.4. finden im finnischen Helsinki die Eishockey-Weltmeisterschaften statt, die von mehreren Dopingfällen (und demzufolge Ergebniskorrekturen) überschattet werden. Nach zehn Gruppenspielen steht die Sowjetunion zum 13. Mal als Sieger vor der Tschechoslowakei und Schweden fest. Als Absteiger verlässt die DDR die A-Gruppe, den Aufstieg aus der B-Gruppe verpasst die BRD als Gruppendritter der Begegnungen in Ljubljana hinter den USA und Jugoslawien. *** Die Vierschanzentournee der Skispringer vom 30.12.1973 bis 6.1.1974 gewinnt Hans-Georg Aschenbach (DDR) vor dem Schweizer Walter Steiner und Bernd Eckstein (DDR). *** Das Berliner Verwaltungsgericht verbietet am 2.10. wegen Lärmbelästigung alle Rennen auf der Stadtautobahn Avus (Automobil-Verkehrs(Automobil Verkehrs und Übungsstraße). *** Als erster eingesetzter Spieler aus der Fußball-WeltmeisterElf von 1954 stirbt Verteidiger Werner Kohlmeyer, sozial abgestürzt, im Alter von nur 49 Jahren an Herzversagen. *** Geboren werden der Anke Huber legendäre norwegische Biathlet Ole Einar Björndalen (27.1.), die deutsche Schwimmerin h i i Sandra S d Völker Völk (1.4.), ( ) Formel-1-Rennfahrer Jarno Trulli (13.7.), Handball-Weltklasse-Torhüter Henning Fritz (21.9.), der Skispringer Sven Hannawald (9.11.) und die Tennisspielerin Anke Huber (4.12). ***
FUNK & FERNSEHEN
1974
Der Hörfunk in Bayern (BR) beginnt die beliebte Reihe „Zündfunk". *** Am 17.1. sind 13 Millionen Zuschauer im Zweiten Deutschen Fernsehen dabei, als in Wim Thoelkes TV-Abendshow „Drei mal Neun" (auch: „3x9") der Israeli Uri Geller Besteck verbiegen und defekte Uhren wieder zum Laufen bringen will. Die Kommentare reichen von Begeisterung bis „Volksverblödung". *** Als ZDF-Hit für den Nachwuchs entpuppt sich ab 31.1. bis 8.8. die Zeichentrickserie Wickie und die starken " Männer", die auf einer schwedischen Kinderbuchreihe basiert. *** Die Gebühren für die Fernsehnutzung steigen in diesem Jahr von 8,50 auf 10,50 D-Mark im Monat. *** Das ZDF bezieht ein Haupthaus seines neuen Sendezentrums für 1700 Mitarbeiter in Mainz-Lerchenberg – elf Jahre, nachdem der Sendebetrieb am 1.4.1963 in einem wenig appetitlichen ehemaligen Bauernhof (Jargon: „Telesibirsk") in Eschborn aufgenommen worden war. *** Am 31.12.1973 wechselt die Kultserie „Ein Herz und eine Seele" („Ekel Alfred") nach elf Folgen vom Westdeutschen Fernsehen ins Erste Programm und wird ab 1974 in Farbe ausgestrahlt. Schauspieler Heinz Schubert brilliert auch bunt weiter als Pöbelspießer „Alfred Tetzlaff" („Pizza schmeckt wie vollgepisste Wolldecke!") – dabei ist er („ lediglich die Zweitbesetzung, der ursprünglich vorgesehene Gert Fröbe musste aus Termingründen absagen. *** Am 27.4. geht Entertainer Rudi Carrell aus Alkmaar mit „Am laufenden Band" auf Sendung, das es bis zum 31.12.1979 auf 51 Ausgaben Rudi Carrell im ARD-Samstagabendprogramm bringt. Die das „Eén van de Acht") sorgt für SpitzenSSpielshow i l h (Ursprung: (U d holländische h ll Einschaltquoten, rund 300 Top-prominente Gäste aus Unterhaltung, Sport und Politik kommen gern, das Spektrum reicht von Klaus Kinski, Muhammad Ali und Curd Jürgens über Abba, Rainer Werner Fassbinder 1/2015
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und Sepp Maier bis zu Harry Belafonte, Heinz Rühmann, Isabelle Adjani und Bundesministern. *** Das ZDF kauft die amerikanische Krimiserie Die Straßen von San Francisco", mit der – neben dem bereits " etablierten Karl Malden – der junge Michael Douglas ins Rampenlicht rückt. Beide sind ab 9.5. zu sehen. In den USA wurden zwischen 1972 und 1977 in fünf Staffeln 120 Folgen gezeigt. *** Die Mainzer landen ab 8.7. einen weiteren (eher unerwarteten) Treffer mit der siebenteiligen Spielserie „Unser Walter", Karl Malden (l.), Michael Douglas in dem es um das alltägliche Leben mit einem mongoloiden Kind ((heute: Down-Syndrom) geht. Die damals thematisch noch mutige Produktion – u.a. mit Cordula Trantow, Thomas Braut und Pierre Franckh – wird mit einem Grimme-Preis ausgezeichnet. *** Während ihrer laufenden Sendung „Suncoast Digest" begeht am 15.7. die US-TV-Moderatorin Chris(tine) Chubbock Selbstmord – sie schießt sich mit einem 38er-Revolver in den Kopf. Die 29-Jährige litt an Depressionen. *** Aus für eine Legende: Der Piratensender Radio " Veronica" stellt am 31.8. den Sendebetrieb ein. *** Berühmter Kahlkopf: Telly Savalas wird weltberühmt als Lieutenant Theo Kojak. Die Serie „Kojak – Einsatz in Manhattan" (118 US-Folgen zwischen 1973 und 1978) beginnt am 3.10. im deutschen Fernsehen. *** Deutscher „Kollege": Horst Tappert (1923–2008) spielt ab 20.10. („Waldweg") die Hauptrolle in der Krimiserie „Derrick". Die insgesamt 281 Episoden bis 16.10.1998 werden in über 100 Länder verkauft, später permanent wiederholt. Das ZDF und viele ausländische Sender stoppen die Ausstrahlungen, als 2013 verbindlich bekannt wird, dass Tappert im Zweiten Weltkrieg der WaffenSS und der berüchtigten „Totenkopf-Division" angehörte, g , in der auch Herbert Reinecker (1914–2007) Dienst tat, der „Erfinder" und Drehbuchautor aller Folgen. *** Die TV-Talkshow „III nach 9" kommt ins Programm von NDR, SFB und Radio Bremen. Beginn am 19.11. *** Top-Reporter Lothar Loewe (zuvor u.a. in Washington und Moskau) erhält die Akkreditierung als ARD-Korrespondent in der DDR. Nach einem kritischen Kommentar Barbara Schöneberger in der „Tagesschau" wird er am 22.12.1976 ausgewiesen. Geboren i *** G b werden die spätere TV-Moderatorin Barbara Schöneberger (5.3.) und der TV-Comedian und Parodist Matthias „Matze" Knop (11.11.). *** Am 13.10. stirbt in New York Ed Sullivan (72), durch dessen TV-Shows viele Musiker in den 50s und 60s ihren Bekanntheitsgrad massiv steigern konnten – wenn sie ihm genehm und damit nicht seiner bisweilen zynischen Widerwärtigkeit ausgesetzt waren. ***
FILM
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Schauspieler, die – national und international – längst zu den Etablierten zählen,, werden g geboren: Christiane Paul (8.3.), Penélope Cruz Sanchez (28.4.), Franka Potente (22.7.), Hilary Swank (30.7.), Valerie Niehaus (11.10.), Joaquin Phoenix (28.10.), Leonardo DiCaprio (11.11.). *** „Zardoz" avanciert zum Kultfilm des Science-Fiction-Genres; und Hauptdarsteller Sean Connery unterstreicht, dass er nicht nur James Bond kann. *** Im Beverly Hilton Hotel von Los Angeles werden am 28.1. die Golden Globes verliehen. In drei Kategorien gehen Valerie Niehaus die Preise an „Der Exorzist": an den Film selbst, an William Friedkin die Regie und an Linda Blair als Nebendarstellerin. illi i dki ffür d Für die beste männliche Titelrolle wird Al Pacino („Serpico") geehrt, Neil Diamond für die Musik („Die Möwe Jonathan"). Den Cecil-B.DeMille-Award fürs Lebenswerk erhält Bette Davis. *** Am 2.4., ebenfalls in Los Angeles (Dorothy Chandler Pavilion), werden die Oscars von den Moderatoren Burt Reynolds, David Niven, John Huston und SoulSängerin Diana Ross überreicht. Für „Der Clou" (bester Film) erhalten auch Regisseur George Roy Hill und die Kostümbildnerin Edith Head die Statue. Zu den weiteren Siegern gehören Jack Lemmon („Save The Tiger"), Glenda Jackson („Mann, bist Du Klasse!"), Tatum O'Neal („Paper Moon"). Ehren-Oscar für Groucho Marx. *** Im März kommt der wohl populärste DDR-Spielfilm in die Kinos, Die Legende von Paul und Paula" " Seite
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mit Wilfried Glatzeder und Angelica Domröse. *** In der BRD starten neue, nachhaltige Arbeiten von Regisseuren des „Neuen Deutschen Films", darunter Angst essen " Seele auf" (Rainer Werner Wilfried Glatzeder & Fassbinder), „Jeder für sich Angelica Domröse und Gott gegen alle" (Werner Herzog), und „Chapeau Claque" H ) „Alice Ali in i den d Städten" S d " (Wim (Wi Wenders) W (Ulrich Schamoni). *** Das neue Sensurround-Tonverfahren erlebt seine Premiere. Im Thriller „Erdbeben" ist es dermaßen prägnant, dass Kinobesitzer ihre Besucher vor dem Betreten der Lichtspielhäuser warnen. Ein weiterer Katastrophen-Hit des Jahres ist Flammendes Inferno" " mit Steve McQueen, Paul Newman und Faye Dunaway. *** Am 4.11. unterzeichnen die Filmförderungsanstalt sowie die Intendanten von ARD und ZDF das für fünf Jahre gültige Film-Fernsehabkommen: Es soll das Nebeneinander der Medien mit Vorteilen für beide Seiten (u.a. Laufzeitschutz, Finanzierungen) regulieren. *** Den Deutschen Filmpreis erhält „Der Fußgänger" von Maximilian Schell. Beste Darsteller: Brigitte Mira („Angst essen Seele auf") und Walter Kohut in „Supermarkt", für den außerdem Regisseur Roland Klick ausgezeichnet wird. Die Musik schrieb Peter Hesslein (German Bonds), das Lied "Celebration" singt ein noch weitgehend Unbekannter mit dem Künstlernamen Marius West. *** Die Otto-Auszeichnungen in Gold, Silber und Bronze der Zeitschrift „Bravo" gehen an Uschi Glas, Jane Seymour und Ali MacGraw sowie an Jan-Michael Vincent, Roger Moore und Terence Hill. *** Eine Flut guter und erfolreicher Streifen kommt in diesem Jahr in die Kinos: „Chinatown" (Roman Polanski; Jack Nicholson), „Der weiße Hai" (Steven Spielberg; Roy Scheider, Richard Dreyfuss), „Alice lebt hier nicht mehr" (Martin Scorsese; Ellen Burstyn, Kris Kristofferson, Jodie Foster), „Trio Infernal" (Michel Piccoli, Romy Schneider, Mascha Gonska), Die Akte O.D.E.S.S.A." (Jon Voight, Maria " Schell), „Bring mir den Kopf von Alfredo Garcia" (Sam Peckinpah, Warren Oates). Bis heute, u.a. mit unzähligen Wiederholungen im Fernsehen, ein Hochspannungsklassiker: „Stoppt die Todesfahrt der U-Bahn 1-2-3" er U Bahn 1 2 3" mit Walter Matthau und Robert Shaw. Umstritten wegen des Themas Selbstjustiz, aber beim Publikum beliebt: „Ein Mann sieht rot" mit Charles Bronson. Eine seiner besten von so vielen starken Komödien liefert Billy Wilder ab, „Extrablatt". In der Geschichte zweier Reporter brilliert einmal mehr das Traumpaar Walter Matthau und Jack Lemmon. Mit dabei: Susan Sarandon. *** Einen Klassiker liefert Sidney Lumet ab, „Mord im Orient-Express" nach dem Kriminalroman von Agatha Christie. Zum überragenden Allstar-Aufgebot gehören u.a. Albert Finney, Ingrid Bergman, Sean Connery, Vanessa Redgrave, Anthony Perkins, Lauren Bacall und Richard Widmark. *** Von der Bühne treten 1974 ab: Produzent Samuel Goldwyn (Metro-Goldwyn-Mayer/MGM; 31.1.), Walter Brennan (21.9.), Schauspieler und Regisseur Vittorio De Sica (13.11.), Ursula Herking (17.11.). ***
MUSIK
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„Tagesschau"-Sprecher Werner Veigel kommentiert in der ARD am 6.4. den Grand Prix aus Brighton/England. Das schwedische Quartett Abba landet mit "Waterloo" den Sieg, eine Weltkarriere ungeahnten Ausmaßes beginnt. Auf den Plätzen 2 und 3 landen Gigliola Cinquetti (Italien; "Si") und Mouth & MacNeal aus den Niederlanden ("I See A Star"). Für die BRD belegen Cindy & Bert mit St "Die "D Sommermelodie" Rang 14 bei lediglich 17 Teilnehmern. Frankreich hatte seine Teilnahme Te wegen des Todes von Staatspräsident George w Pompidou am 2.4. kurzfristig abgesagt.*** P Kommerziell, musikalisch eher schlicht, dafür K aber ab bunt bleibt es auch in der etwas kräftigeren re Abteilung: Glam-Rocker, Disco-Sound und Euro-Pop dominieren: die super-erfolgreichen E Rubettes und Gary Glitter, Glitt Carl Douglas ("Kung Fu Fighting") und George McCrae ("Rock Your Baby"), David Essex, Terry Jacks ("Seasons
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In The Sun") und ein Heer von Gleichgesinnten und Gleichgeschalteten belagern Charts und einschlägige TV-Shows: Es ist die ultimative Hoch-Zeit für Single-Hits. *** Folge: In den LP-Hitlisten tummelt sich sic monatelang die gesammelte, fast seuchenartige Dumpfbackigkeit à la 20 TOP-HITS ar ORIGINAL und (!) 20 ORIGINAL TOP-HITS, O MUSIC POWER, 20 POWER HITS, 20 TOPM HITS, 40 GOLDEN HITS, 20 ROCK'N'ROLL HI GREATS und vergleichbare Einfallslosigkeit. *** G Selbst renommierte Rockacts von Deep Purple Se (BURN) über Genesis, Elton John und Golden (B Earring bis Roxy Music (COUNTRY LIFE) und E viele Prog-Rocker müssen sich strecken. Starke Longplayer gelingen p ( ), Neil Young (ON THE BEACH), Eric Clapton (461 OCEAN BOULEVARD), Van Morrison (VEEDON FLEECE), Robin Trower (BRIDGE OF SIGHS) und Tom Waits (THE HEART OF SATURDAY NIGHT). *** In den USA – in Europa noch eher unbemerkt – kommt Bewegung aus dem Untergrund: Unbequemere, zupackende Interpreten Van Morrison wie die Ramones, Modern Lovers und Patti Smith machen langsam gegen den grassierenden Einheitsbrei mobil. In und um London retten sich viele „Unerwünschte" zwecks künstlerischen Überlebens in den Pub-Rock, einen (aggressionslosen) Vorläufer des Punk. *** In den deutschen Hitlisten hält sich der Schlager weiterhin gegen alle Moden wacker: Ausdauernde Stars wie Vicky Leandros ("Theo, wir fahr'n nach Lodz"), Michael Holm ("Tränen lügen nicht"), Chris Roberts ("Du kannst nicht immer siebzehn sein") behalten ihr Publikum. *** Liedermacher Gunter Gabriel trifft mit "Hey, Boss, ich brauch mehr Geld" ebenso einen B Nerv vieler Hörer wie Außenminister Walter N Scheel mit "Hoch auf dem gelben Wagen". Sc *** ** Das AUTOBAHN-Album von Kraftwerk schafft es sogar in viele internationale Charts sc – es zeigt einen anderen Aspekt von Musik aus Deutschland. *** Geboren werden in diesem Jahr De Rapperin Sabrina Setlur (10.1.), Robbie Williams Ra (13.2.), Alanis Morisette (1.6.) und Ryan Adams (1 (5.11.). (5 11 ) Die Bühne verlassen verlasse Country-Koryphäe Tex Ritter (2.1.), Organist Graham Bond stürzt sich am 7.3. vor eine einfahrende U-Bahn in London, auch der melancholisch-depressive Singer/Songwriter Nick g fällt außeraußer Drake nimmt sich am 25.11. das Leben; der letzte Vorhang dem für die Blues-Altmeister Arthur Crudup (28.3.) und Lightnin' Slim (27.7.) sowie die gefeierte Jazzlegende Duke Ellington (24.5.) und die deutsche Schlagersängerin Gitta Lind (alias Rita Gracher; 9.11.). Cass Elliott (The Cass Elliott Mamas & The Papas) stirbt am 29.7. in einem Londoner Hotelzimmer an einem Herzinfarkt als Folge einer medizinisch unkontrollierten Powerdiät (ein angeblich gierig verschlucktes Schinken-Sandwich als Todesursache ist ein lanciertes BoulevardMärchen). ***
© Pressefotos
VERMISCHTES
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Nahe der Stadt Xi'an (Provinz Shaanxi) in China entdeckt im März ein Bauer bei Wassergrabungen die erste Terrakotta-Armee. Die Tonsoldaten entstanden ungefähr 200 v. Chr. *** Ritter, Indianer, Bauarbeiter: Die ersten Playmobil-Figuren, erdacht vom Chefentwickler Hans Beck, kommen auf den Markt. *** Der Schriftsteller und Systemkritiker Terrakotta-Armee Alexander Solschenizyn wird am 13.2. aus der Sowjetunion ausgewiesen. Ende Mai folgt ihm der weltberühmte Cellist Mstislaw Rostropowitsch. *** Beim Mineralölkonzern Esso wird der seit 1959 verwendete Werbeslogan „Pack den Tiger in den Tank" eingemottet. Neu: Es gibt viel zu tun. Packen wir's an!" *** " GoodTimes
Im April verwüstet der „Super Outbreak" mit 148 gezählten Wirbelstürmen 13 US-Bundesstaaten: 315 Tote und mehr als 5000 Verletzte sind zu beklagen. *** Noch viel schlimPlaymobil-Figuren mer erwischt es die chinesischen Provinzen Sichuan und Yunnan. Ein verheerendes Erdbeben kostet rund 20.000 Menschen das Leben. *** Zu den wichtigsten Büchern des Jahres gehören „All The President's Men" (Carl Bernstein/Bob Woodward), Die Ehre Blum" (Heinrich Böll), „Der Di verlorene l Eh der d Katharina K th " Archipel Gulag" von Alexander Solschenizyn und „Carrie", der RomanErstling von Stephen King. *** Das amerikanische Pop-Erfolgsduo Sonny & Cher lässt sich scheiden. *** Auf dem Oktoberfest in München sind für eine Maß Bier maximal 3,50 D-Mark zu bezahlen (2013: 9,85 Euro = ca. 19,70 D-Mark). *** Das Modell Golf I geht bei VW in Serienfertigung. *** In Japan wird ein Kleinstaubsauger für Krümel, Fusseln und Asche entwickelt. Das 280 Gramm leichte und handkleine Gerät ist für nur 19 D-Mark auch in Deutschland zu erwerben. *** Wie in jedem Jahr werden in der BRD die beliebtesten Vornamen für Mädchen und Jungen ermittelt: Es sind Nicole, Stefanie und Tanja sowie Christian, Stefan und Andreas. *** Luftfahrt-Katastrophe auf dem Pariser Flughafen Orly: Eine McDonnell Douglas DC-10 der Turkish Airlines stürzt ab – 346 Todesopfer. p *** In West-Berlin findet das erste LesbenPfingsttreffen statt. *** In der DDR erhalten Arbeiter jetzt 18 statt 15 Tage gesetzlichen Jahresurlaub; für Schichtarbeiter sind es 21 Tage. *** Justiz auf dem Bildschirm: Das ZDF startet die dokumentarischen Reihen „Ehen vor Gericht" und „Wie würden Sie entscheiden?" *** Minikleider, Overalls, Zottelmäntel und Strickmode sind angesagt. Auch bei den Herren tut sich einiges: Schlaghosen übernehmen Besenfunktion, schrill-bunte Krawatten erinnern bisweilen an mittelgroße Tischdecken. Und zur FönDauerwelle trägt „er" jetzt gern Busch-Koteletten bis zur Kiefergrenze. *** Einschränkung für viele Urlauber, speziell aus der BRD: Anfang August wird für eines ihrer Lieblingsziele, den Gardasee, ein generelles Badeverbot wegen verschmutzten Wassers verhängt. *** Ein Erdbeben in Peru macht am 3.10. über 70.000 Menschen obdachlos, am 18.9. sterben in Honduras 10.000 Einwohner während des Wirbelsturms „Fifi". *** Der Berliner Journalist Bernt Engelmann sorgt für heftige Diskussionen – er veröffentlicht „Wir Untertanen", ein kritisches „AntiGeschichtsbuch". *** Die Weinernte fällt in vielen Anbaugebieten miserabel aus, die Qualität weiter Teile der Endprodukte ist nicht für lange Lagerung geeignet. *** Am 15.3. wird in der BRD das wegen der Ölkrise angeordnete Tempolimit von 100 km/h (auch auf Autobahnen) aufgehoben. Es gilt jetzt eine (empfohlene) Richtgeschwindigkeit von 130 km/h. *** Am 7.2. erlangt g Grenada die Unabhängigkeit von Großbritannien. *** „Guernica", eines der berühmtesten Gemälde von Pablo Picasso, wird im New Yorker Museum Of Modern Art mit Texten besprüht. *** In einer großen Werbekampagne wird für das Anlegen der Dreipunkt-Sicherheitsgurte im Auto geworben. Motto: „Erst gurten, dann starten." *** Geburten: die späteren Models Kate Moss (16.1.) und Eva Mendes (5.3.); der schlagzeilenträchtige IT-Unternehmer Kim Erich Dotcom, geb. Schmitz (21.1.); Schauspielerin Kästner Sandra Borgmann (25.4.); US-TV-Moderator und Musikerparodist Ji Jimmy Fallon (19.9.) *** Todesfälle 1974: der argentinische Staatspräsident Juan Perón (1.7.); Schriftsteller Erich Kästner (29.7.); der amerikanische Pilot Charles Lindbergh (26.8.); der sudetendeutsche Industrielle Oskar Schindler, der während des Zweiten Weltkriegs über 1200 seiner jüdischen Arbeiter vor dem Zugriff des Nazi-Gesindels und damit vor dem sicheren Oskar Tod rettete (9.10.); UN-Generalsekretär Sithu Schindler U Thant (25.11.) ***
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Die kultigsten Facebook- & Internetseiten
Sind wir nicht alle ein bisschen ... Anfang 2014 hatten wir uns dazu entschlossen, eine eigene Facebook-Seite von kult! ins Leben zu rufen. Wie so oft im Leben gibt es auch hierzu geteilte e Ansichten, ob ein Magazin wie kult! zu einem Medium m wie Facebook passt oder nicht. Auf jeden Fall bietett es aber eine weitere interessante Möglichkeit, sich mitt uns in Verbindung zu setzen oder sich mit anderen n Lesern auszutauschen.
kult!?
Von Sven Rachner
urz vor dieser Ausgabe hatte unseree kult!-Seite bei Facebook knapp 350 Fans,, die Fragen stellen, Postings kommentieren n und sich mit anderen Lesern austauschen.. Und natürlich bekamen wir auch Hinweise auf andere kultige ge Facebook- oder Internetseiten. Grund genug, um uns mal al etwas genauer umzuschauen. Und in der Tat gibt es unzäh-lige Seiten, die sich mit den verschiedensten Kult-Themen n beschäftigen. Wir möchten daher einen Überblick über verschiedene Facebook- und Internetseiten geben, welche wir kult! finden.
K
ie verschiedenen kult!-Themen stellen ein nahezu unerschöpfliches Themengebiet dar. Das zeigt sich auch beim Betrachten der Seiten. So sind die Inhalte teilweise ganz allgemein gehalten oder eben auch auf bestimmte Schwerpunkte konzentriert. Wir sehen die hier vorgestellten Seiten nicht als Konkurrenz zu kult! an, sondern vielmehr als Teil der großen „KultFamilie". Denn schließlich liegt uns allen mehr oder weniger das Gleiche am Herzen: die Erinnerungen an teilweise längst vergangene Zeiten.
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kult! www.facebook.com/goodtimeskult
eben den Namen der entsprechenden Seiten erhalten Sie in den nebenstehenden Infoboxen auch die entsprechenden URLAdressen der Facebook- und/oder Internetseiten. Und dazu die jeweiligen QR-Codes für ein schnelleres Aufrufen en der Seiten über Smartphone oder Tablet.
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ie jeweiligen Seitenbetreiber freuen sich – ebenso wie wir – über Rückmeldungen, Anregungen, Postings oder kult!-ige Fotos. Und bei Fragen – oder Themenvorschlägen für eine der nächsten Ausgaben – kann man sich selbstverständlich gerne direkt an uns wenden, natürlich auch über unsere Facebook-Seite.
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n diesem Sinne wünschen wir allen Lesern viel Spaß ß beim „Fremdgehen" ...
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Erinnerst Du Dich? Kategorien: ▪ Spielzeug ▪ Lebensmittel ▪ Fernsehen der 70er und 80er Jahre ▪ u.a. www.facebook.com/ ErinnerstDuDich
Einen Groschen für die Musikbox Kategorien: ▪ Hauptthema 60er Jahre ▪ verschiedene Kategorien
www.erinnerstdudich.de
www.groschenindermusikbox.wordpress.com
377 Fans
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Internet
RetroFieber!
Die 80er! Wisst ihr noch?
Kategorien: ▪ die 60er und 70er Jahre ▪ die 80er und 90er Jahre ▪ jeweils verschiedene Kategorien www.facebook.com/ RetroFieber
Kategorien: ▪ alles rund um die 80er Jahre
www.retrofieber.blogsport.de
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2541 Fans
Facebook & Internet
Achtziger
Die Siebziger
Kategorien: ▪ rund um den Lebensstil der 80er Jahre
- Erinnerungen an die Kindheit
Kategorien: ▪ die 70er Jahre in allen Bereichen Besondere Kategorie: ▪ Kinder der 70er
www.achtziger.de
www.diesiebziger.net
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Internet
Internet GoodTimes
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Von Philipp Roser
Heiße Open Airs auf der Loreley Der WDRR Rockpalast"? Rockpalasst "? Klar, die die 17 live " via Eurovision übertragenen Rocknächte haben längst Kult-Charakter. Von 1977 bis 1986 gingen sie in der Essener Grugahalle über die Bühne, begründeten die Karrieren von US-Bands wie Little Feat, ZZ Top, Mother's Finest oder auch von Bryan Adams in Europa, verhalfen Mitch Ryder oder Roger McGuinn zu Comebacks und riefen Acts wie Rory Gallagher, Grateful Dead oder The Who (wieder) verstärkt ins öffentliche Bewusstsein. arüber hinaus gab es zwischen 1982 und 1985 aber auch eine ebenfalls über den Äther geschickte SommerFestivalreihe unter dem „Rockpalast"-Logo, die vor der malerischen RheinKulisse auf der Freiluftbühne Loreley veranstaltet wurde und mehrfach für Furore sorgte: Sei es durch einen Tiger, der während Steve Millers Gastspiel 1983 in einem Käfig auf die Bühne herabgelassen wurde, sei es durch die „Socken-Nummer", als die Red Hot Chili Peppers 1985 bei ihrem ersten EuropaBesuch nur mit eben diesen bekleidet abrockten, sei es durch jene denkwürdige Jamsession 1982, als Rory Gallagher, David Lindley, Eric Burdon und Bap am Ende improvisierten. Als „Test Open Air" firmiert die Veranstaltung vom 29. August 1981 inzwischen im „Rockpalast"-Archiv, die zwar nicht live gesendet wurde, aber aus heutiger Sicht ein durchaus respektables Line-Up bot: Die damals schwer angesagten britischen Pub-Rocker Nine Below Zero heizten dem Publikum kräftig ein, ehe es dann Southern Rock von 38 Special sowie den Outlaws gab und Thin Lizzy die Veranstaltung mit ihrem Set beschlossen. Tags darauf zauberten – ebenfalls ohne TV-Übertragung – die Gitarrenvirtuosen John McLaughlin, Al Di Meola und der jüngst ver-
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storbene Paco de Lucía. 6000 Zuschauer h waren an jenem Wochenende zu dem weltberühmten Rheinfelsen gepilgert. „Wir hatten ausprobiert, ob wir diesen V Veranstaltungsort technisch, organisatorisch und finanziell bewältigen konnten – das Ergebnis war ermutigend", ist heute auf der „Rockpalast"-Homepage als Fazit zu lesen. esen. Das erste offizielle „Loreley Festival" am 28. August 1982 legte A dann die Messlatte schon einmal recht hoch: Frankie Miller hatte zum Auftakt eingeA heizt, nach seinem Auftritt auf die Schnelle zwei Flaschen Rotwein iin sich hineingesschüttet, weshalb der Pressebegleiter seiner damaligen Plattenfirma EMI die eng getakteten Interviews auf dem Gelände abbrach, um weiteren Lall- oder medialen Kollateralschaden zu verhindern – der Autor hatte übrigens Glück,
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er war der Letzte, der noch an die Reihe kam, auch wenn er den Auftritt des eigens aus Los Angeles eingeflogenen Eric Burdon so verpasste. Ganz eigene Erinnerungen an jenen Tag hoch über dem Rhein hat wiederum Klaus „Major" Heuser. „Wir hatten vorher schon für den ‚Rockpalast’ in der Musikhalle in Hamburg gespielt. Für uns war der Auftritt auf der Loreley insofern sehr aufregend, weil wir vorher die Platte 'Vun drinne noh drusse' aufgenommen hatten. Wolfgang Niedecken war damals mit seiner Frau in den Urlaub gefahren, als der Gesang fertig war. Er hatte die fertige Platte eigentlich gar nicht gehört. Wir spielten die neuen Stücke auf der Loreley das erste Mal live. Dafür, dass wir nicht besonders gut vorbereitet waren, kaum geprobt hatten, klappte es jedoch supergut. Aber die Anspannung war natürlich schon sehr, sehr groß", verrät Heuser rückblickend im kult!Interview. Besonders intensiv ist seine Erinnerung an die Jamsession am Ende des Abends: „Wenn man Frankie Miller & aus dem beschaulichen Leverkusen Alan Bangs kommt, als kleiner Junge immer Rory-Gallagher-Platten gehört hat und dann plötzlich neben ihm auf der Bühne steht, ist das unvergesslich, dann ist das wie ein Traum, den du im ersten Moment gar nicht realisierst. Das war für mich schon ein relativ großer Schritt in meinem Leben. Ich will ja keinem zu nahe treten, aber ein paar Leute hatten schon ganz gut ins Glas geschaut. Eric Burdon hatte schon den einen oder anderen Schluck genommen ..." Das ZDF hatte angesichts des Erfolgs von „Rockpalast" 1978 seine eigene Sendereihe „Rockpop In Concert" Bap gestartet (live aufgezeichnet, aber zeitversetzt und „bereinigt" gesendet). Die Loreley-Open-Airs wiederum waren laut „Rockpalast"-Macher Peter Rüchel als Antwort auff das ZDF kreiert worden. „Ich hatte schon Ende der 70er Jahre gedacht: Da setzen wir jetzt etwas dagegen! Was wir dagegensetzen wollten, war ein Open-Air-Festival. Und da lag dann die Loreley als sehr schöner Platz nahe, dieses Amphitheater auf dem Felsen, darum herum Weinberge, Schlösser, Burgen und dergleichen. Der Platz hatte seine eigene Magie. Ich schlug dann dem WDR-Sendeleiter vor, das im Dritten Programm Killing zu machen, einen ganzen Sendetag lang. Der Joke Sendetag ging damals von 16 bis 24 Uhr. Da wurde zuerst gesagt: ‚Das geht doch nicht', aber irgendwo ging im WDR alles, was eine gute Idee war." Auf der Loreley – jeweils an einem August-Samstag ab 16 Uhr in allen Dritten bis Mitternacht übertragen – waren vielerlei Überraschungen möglich, wie etwa die schon erwähnte „Socken-Nummer" der Red Hot Chili Peppers. Natürlich gab es daraufhin reichlich Zuschauer- und Politikerproteste, doch innerhalb des WDR wie meist keine Konsequenzen. Dies wohl auch deshalb, weil Rüchel damals nicht verriet, was er heute mit über 30 Jahren Abstand einräumt: Er wusste bereits von US-Shows der damaligen Newcomer, dass sie diese schlagzeilenträchtige Aktion im regulären Set hatten! „Das Hauptauswahlkriterium ist wie immer die musikalische Qualität, ohne Schielen auf die Hitparaden – und der Blick aufs Publikum mit 11.000, 12.000 Besuchern zeigt, dass das Festival hinreichendes Interesse findet", bekannte Peter Rüchel dem Autor 1984 auf der Loreley. Überhaupt waren Interviews damals schon wichtig – gerade auch für den „Musikjournalisten-Anfänger" GoodTimes
wie ich einer war. Dafür nahm ich es auch in Kauf, 1982 frühmorgens von Nürnberg aufzubrechen, um am frühen Nachmittag in Lahnstein in der Nähe der Loreley mit Rory Gallagher reden zu können – und es bleibt für immer präsent wie freundlich, zuvorkommend und geduldig der Kult-Gitarrist das Rory Gallagher und „Schreiber-Greenhorn" behandelte. Und der Autor 1982 beim das trotz der nicht gerade optimaInterview vor dem Gig len Umstände, die der verantwortliche WDR-Redakteur Rüchel im kult!IInterview so beschreibt: „Rory kam erst am Tag der Sendung, hatte am Abend vorher in Montreux noch gejammt und spielte wie ein Berserker." Gallagher selbst schilderte dem Autor diesen Tag so: „Wir B kamen erst kurz vor dem Gig an, absolvierten einen schnellen und kurzen Soundcheck, und bang, ging es los. Es war für uns zu der Zeit ein guter Boost, es war einfach prickelnd, live vor vielen Leuten zu spielen – es war eine elektrisch geladene Atmosphäre, zermürbend, nervenaufreibend,, aberr ich habe es genossen!" Ebenso einmalig war die Begegnung mit dem seinerzeit sehr angesagten Parliament/ Funkadelic-Mastermind George Clinton 1985: Da war kaum ein Wort des nuschelnden, Slang redenden Sängers zu verstehen – und die Hoffnung, die Cassettenh Recorder-Aufzeichnung möge hinterher Aufklärung liefern, blieb unerfüllt. Selbst englische und amerikanische Freunde konnten das Gebrabbel Clintons kaum identifizieren. Die daraus resultierenden Artikel für diverse Musikmagazine basierten eher auf Vermutungen, was der aus North Carolina V stammende Musiker gesagt haben könnte, George Clinton denn auf wirklich Verstandenem. Unvergesslich bleibt ebenfalls das erste Treffen mit den damals noch völlig unbekannten Clinton-Protegés Red Hot Chili Peppers, für die die Loreley ein wichtiges Karrieresprungbrett war. Damals waren gerade die kleinen Milchdöschen in Mode gekommen, die in Cafés und Restaurants zum Kaffee gereicht wurden. Die Chili Peppers entwickelten eine geradezu kindliche Freude daran, diese Döschen aufzuschnippen und ihren Inhalt über den Tisch zu verspritzen – mein als Aufzeichnungsgerät dienender Cassetten-Recorder bekam einige Milchspritzer ab und gab daraufhin seinen Geist auf ... Für immer im Gedächtnis aber auch die nicht immer problemlose eigene Anreise: Am 20. August 1983 gab bei Tempo 140 auf der A Autobahnüberholspur plötzlich der Motor seinen Geist auf, doch mit durchgetretener Kupplung gelang es mir noch, die Spur zu wechseln und genau auf einem Parkplatz auszurollen. Der zu Hilfe gerufene ADACEngel (dem Verein musste man vor v Ort noch beitreten) hatte zum Glück das nötige Ersatzteil für den Audi 80 zufällig und ausnahmsweise dabei, so dass Bono ich den U2-Auftritt nicht verpasste. „Ich kann mich an nur p von wenige meiner Shows konU2 kret erinnern, aber der auf 1/2015
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Publikum mich ertragen. Einer musste es in die Hand nehmen, und dann macht's der Boss", sagte Rüchel an jenem m Samstagnachmittag. Doch damit nicht genug: Die als Bangs' Co-Moderatorin angekündigte Ruth Rockenschaub fehlte ebenfalls. Rüchel schilderte die Hintergründe dieser Personalie damals so: „Man kkann sich ja vorstellen, wenn solche Auseinandersetzungen im Team in solchem Ausmaß stattfinden, entstehen eine ganze Menge Irritationen. Die müssen für sie (Ruth Rockenschaub), die j vor ihrer ersten Eurovisions-Livesendung ja stand, doppelt irritierend gewirkt haben. Das ganze Theater hat auch dazu geführt, dass wir die Moderation nicht richtig proben und die Positionen mit ihr nicht genau einstudieren konnten. So hat sie etwas hilflos gesagt: ‚Tut mir leid!'", bekannte der „Rockpalast"Boss damals. Und weiter: „Wir sind heute Little Morgen so voneinander geschieden, dass Steven wir uns gegenseitig nichts vorzuwerfen haben. Ken Janz arbeitet seit Beginn der Loreley-Veranstaltungen als Stagemanager für uns, ist dafür zuständig, dass alles rreibungslos läuft. Er macht selbst regelmäßig Hörfunksendungen rockmusikalischer Art, spricht p perfekt englisch, was wir wegen der Interviews b brauchen. Wir verstehen uns blendend, und so haben wir gesagt, dass wir die beste Kombination sind." Und es klappte so gut, dass Janz 1985 wieder vor der Kamera stand und gemeinsam mit E Evelyn Seibert moderierte. Da spielten dann Killing Joke, The Untouchables und The Blasters, deren U Stray Cats Auftritte allerdings nicht live über die Bildschirme flimmerten. Je ein Song dieser B Acts wurde während des Tages in den Umbaupausen eingespielt. Erst ab Chris Rea wurde live übertragen, so dass auch die Red Hot Chili Peppers und George Clinton mit seinem Gast Thomas Dolby im heimischen Wohnzimmer zu erleben waren, inklusive einer Jamsession: Mitglieder von Killing Joke, der Untouchables und der Peppers stimmten zusammen mit Clinton "Cosmic Slop II" an. Im Anschluss sendete der WDR einen Auftritt der neuformierten Deep Purple, den er am 9. Juli 1985 im Palais Omnisports Bercy in Paris aufgezeichnet hatte. Damit war das Kapitel Loreley für Rüchel und seine Mitstreiter erst einmal vorbei. Besucherzahlen und Einschaltquoten waren kontinuierlich gesunken, die ganz großen Namen fehlten auf den Besetzungslisten. Erst 1995 kehrte der „Rockpalast" wieder auf die Loreley zurück: George Thorogood & The Destroyers, Dave Matthews, A.J. Croce, Alt, Keziah Jones und Zucchero konnten den alten Flair ebenso wenig wieder h heraufbeschwören wie im Jahr darauf die vergleichsweise jungen Acts Crown Of Thorns, Frank Black, Placebo, Pulp, B Bad Religion, Heather Nova und die Headliner Iggy Pop sowie David Bowie oder tags darauf Molly Hatchet, Lynyrd Skynyrd, The Band, Nine Below Zero und die Muddy Waters Tribute Band. Was bleibt, sind unvergessliche Erinnerungen, tolle Shows und denkwürdige Begegnungen mit hochinterw essanten Zeitgenossen aus der popuStevie lären Musik ... Ray
Vaughan
Fotos: © Philipp Roser
der Loreley hat sich in meinem Gedächtnis eingebrannt", gestand der Musiker Dave Edmunds dem Autor erst vor weniPaul gen Wochen. „Zum Brady einen, weil U2 damals noch am Anfang ihrer Weltkarriere standen und früh als Opener auf die Bühne gingen – und dann waren ja auch noch meine Freunde von den Stray Cats mit dabei, ebenso Steve Miller, der zu der Zeit auf dem Höhepunkt seiner Karriere war." Und da ist natürlich die Erinnerung an die Rückfahrt von der Loreley 1984, als Programmmacher Rüchel einige aufstrebende, vielversprechende Acts präsentierte wie Greg Kihn, der kurz zuvor mit "Jeopardy" einen Welthit gelandet hatte, oder den irischen Singer/Songwriter Paul Brady; Stevie Ray Vaughan zündete sein texanisch getränktes Blues-Rock-Feuerwerk auf der Stratocaster, ehe The Alarm ihren keltisch-folkig angehauchten Rock-Charme entfalteten. Danach sagte Rüchel Little Steven & The Disciples Of Soul an. Den jahrelang angebaggerPeter ten Bruce Springsteen konnte er zwar nie in den chel Rü „Rockpalast" locken, aber 1984 hatte er immerhin den auf Solopfaden wandelnden Gitarristen der E Street Band an Land und auf die Bühne gezogen – zum zweiten Mal, nachdem Steven van Zandt & Co. knapp zwei Jahre zuvor in der Essener Grugahalle ihr erstes offizielles Konzert im Rahmen des „Rockpalast" gegeben hatten. Die auf der Loreley entstandenen Schwarz-Weiß-Fotos erfuhren ihre Umwandlung vom Film zum Negativ übrigens bereits während der Heimfahrt: Während der Autor die Ente gen Süden lenkte, saß sein jüngere Bruder im leergeräumten Fond an einer Blechwanne und entwickelte die Negative – die Chemikalien der Fotodose wurden während der Fahrt aus dem Fenster entsorgt, so dass die blaue Ente tags darauf am rechten Heckflügel weiß eingefärbt war ... Aber die Fotos mussten eben samt Festivalbericht bereits tags darauf bis Mittag bei der damals noch schwarz-weiß druckenden Heimatzeitung sein. Schließlich hatte der WDR in jenen Jahren darauf bestanden, dass man Steve als Berichterstatter sowohl für eine Vorab-Story als auch eine resümierende Geschichte sorgte. Andernfalls hätte es Miller kein Presseticket mit Backstage-Pass gegeben. Übrigens: Da es damals noch kein Fax gab, mussten Anfrage wie Belege noch per Brief auf den Postweg gebracht werden. Und zu berichten gab es 1984 einiges über das „Loreley Festival" – nicht nur über die Musik. Schließlich hatte es im Vorfeld kräftig gekracht. Die bis dahin auch auf der Loreley als Moderatoren tätigen Alan Bangs und Albrecht Metzger waren nicht mehr dabei, stattdessen moderierten Peter Rüchel (höchstpersönlich) sowie Stagemanager Ken Janz. Metzger hatte nach acht Jahren „Rockpalast" bereits im Laufe des Jahres 1983 seinen Abschied eingereicht. Bangs' Fehlen begründete Rüchel am Tag des Geschehens im Interview so: „Alan Bangs ist vorgestern ausgestiegen. Wir hatten eine gravierende Meinungsverschiedenheit darüber, wie ein Interview geführt werden sollte. Es ging dabei um Little Steven. Meine Meinung war, dass wir ja nun schon 2573 Mal gehört hätten, dass er der Gitarrist der E Street Band ist, und ich meinte, dass er eigene Credits hat, eine eigene Vergangenheit und Gegenwart, auf die man sich konzentrieren kann. Darüber haben wir uns maßlos in die Haare gekriegt, und dann werden eben die Klamotten hingeschmissen. Wir haben uns gestern den ganzen Tag bemüht – mich eingeschlossen –, ihn dazu zu bewegen, seiner Pflicht zu genügen und nicht ein Riesenteam sitzenzulassen – offenbar erfolglos. So muss das
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HOMMAGE AN DEN WALKMAN
Wie die Idee vom Musikhören unterwegs die Welt eroberte
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allwöchentherrlicher Klänge aus dem tristen Alltag. Genial, och für solche Fälle besitze ich seit über drei nicht wahr?! Dass der Walkman seinen Siegeszug Jahrzehnten ein Allheilmittel, sozusagen mein liche Einkauf im ureigenes elektronisches Dopamin: Musik aus Supermarkt ist mir ein speziell bei der jungen Generation antrat und dem Walkman! Seit ich dieses Zaubergerät Graus. Längere Busund zu einer Ikone der Popkultur wurde, liegt Soziologen und Medienwissenschaftlern 1979 als Teenager – wie Millionen andere – Bahnfahrten inmitten von hekzufolge vor allem daran, dass man mit für mich entdeckte, hat es mich fasziniert. tisch telefonierenden oder laut kau- dem kleinen Gerät die Welt um sich herum Und das tut es bis heute. enden Menschen halte ich ebenfalls zur Kulisse eines Theaterstücks oder Films or allem überzeugte mich die Idee für ein Übel der Moderne, dem ich machen und sich der Realität mit all ihren dahinter: dass man vermittels dieser jedoch nicht immer entkommen kann. Anforderungen für eine bestimmte Zeit Erfindung jederzeit und überall auf die- Und auch Hotelzimmer, in denen entziehen kann. „Der Walkman machte es sem Planeten, zumindest sofern man sie weder TV noch Radio existieren mit einem Mal möglich, in Gesellschaft zu sein, ohne mit der Gesellschaft etwas zu tun mit funktionierenden Batterien gefüttert hat, – von denen ich nicht wenihaben zu müssen”, erläutert Günter Burkart, exakt die Musik hören kann, die man hören möchte. Man stülpt sich, egal wo man ist, die ge bewohnt habe –, gestal- Professor für Soziologie an der Universität ten mein Dasein nicht Kopfhörer über, reguliert die Lautstärke, betätigt Lüneburg. „Individualisierte, geradezu gewollte angenehmer. die Start-Taste – und katapultiert sich dank der Macht Abschottung” nennt er das, was der Walkman auf
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hne die technische Neuerung des Walkmans wäre eine derart traute Zweisamkeit inmitten der Party-Öffentlichkeit nicht möglich gewesen. Und auch die Mixtape-Kultur hätte sich ohne den kleinen Kontaktanbahnungs-Gehilfen etwa auf Klassenfahrten nicht dermaßen prächtig entwickeln können ... Als Sony 1979 den ersten Walkman präsentierte, war wohl niemandem klar, was für eine Zäsur dies für Musikfans bedeuten würde. Erstmals konnte man seine Musik mitnehmen und in einer – für damalige Verhältnisse – guten Qualität überall hören. Durch gutes Design und dank etlicher Funktionen konnte der Marktführer während seiner Erfolgsgeschichte seine Konkurrenten stets auf Abstand halten. Erste Einbrüche gab es dann allerdings Mitte der 1990er Jahre. Inzwischen waren tragbare CD-Player und die ebenfalls von Sony entwickelte MiniDisc verfügbar, die dem Käufer noch mehr Funktionen und auch eine bessere Audioqualität boten. Das Ende des Walkmans wurde letztlich 2001 eingeläutet, als Apple den ersten iPod vorstellte. Sony konnte erst zwei Jahre später einen eigenen MP3-Player auf den Markt bringen, die „digitale Revolution” hatte der japanische Konzern verschlafen.
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eine Art ermöglicht, die es zuvor so nicht gegeben hatte. Der allererste Walkman hieß technisch-nüchtern übrigens TPS-L2 und erblickte am 1. Juli 1979 das Licht der Öffentlichkeit. Weil Masaru Ibuka, der Mitgründer des japanischen Elektronikkonzerns Sony, auch bei langen Flugreisen auf die Musik seiner beiden Lieblingskomponisten Bach und Beethoven nicht verzichten wollte, hatte er seine Mitarbeiter angewiesen, einen neuen Apparat zu entwickeln: ein handliches Kassettenabspielgerät, das man überallhin mitnehmen kann. Nach nur vier Tagen, so die Legende, präsentierten die Techniker den ersten Prototypen: Das für Journalisten gedachte Sony-Diktiergerät „Pressman” hatten sie kurzerhand umfunktioniert. Es war nur ein kleiner Sprung für die Ingenieure, jedoch ein großer Schritt für die Musik: Fertig war der erste Walkman. Und eine neue Epoche begann. In den 1980ern war der Walkman vor allem für Jugendliche ein absolutes Statussymbol. Nicht umsonst gingen Geräte, die unter dem Begriff Walkman firmierten, rund 335 Millionen Mal über den Ladentisch, mehr als 200 Millionen davon allein von Sony. Und was mit dem Walkman begann, setzte sich mit Mobiltelefon, Gameboy und Laptop später auf andere Art und Weise fort: Das Individuum verwandelte den öffentlichen Raum peu à peu in seine ganz private Welt. ulturpessimisten mochten ihn allerdings gar nicht, ht, weil sie in ihm eine Ursache für die fortschreitende Vereinzelung des Individuums sahen. Tatsächlich aber beförderte der Walkman andererseits auch eine neue Romantik. In dieser Hinsicht spielte er etwa gerade mal ein Jahr nach seiner Markteinführung in dem 1980 gedrehten Teeny-Kultfilm „La Boum” einee Schlüsselrolle: Inmitten heftigsten Partytreibens setzt zt ein smarter Jüngling der pubertierenden Sophie Marceau au einen Walkman-Kopfhörer auf den Scheitel. "Dreams Are My Reality” hat der Charmeur für sie ausgesucht. Während hrend ihre Freundinnen dann zu wilder Musik vor dem Plattenspieler spieler herumhüpfen, kann die arme Sophie Marceau gar nicht anders, als dem Romantiker im StehbluesWürgegriff um den Hals zu fallen!
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as offizielle Ende dieser wundervollen Erfindung Walkman wurde am 23. Oktober 2010 proklamiert: Sony verkündete das offizielle Aus des Abspielgeräts. Inzwischen verwendet das Unternehmen den Markennamen „Walkman” aber für zahlreiche Produkte: Nicht nur MP3- und tragbare CD-Player werden unter dem legendären Namen angeboten, auch einige Handy-Modelle des japanisch-schwedischen Joint Ventures Sony Ericsson zeigen das stilisierte „W” auf ihren Gehäusen. Und wie sieht es in meinem ganz privaten „W”-Kosmos aus? Aktuell verschleiße ich bereits mein viertes Gerät am Stück, die „Walk-Männer” besitzen bei mir die für unsere kurzlebige technische Moderne ganz erstaunliche Haltbarkeitsdauer von knapp zehn Jahren.
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as letzte Teil habe ich 2010 am Münchner Hauptbahnhof in einem der de zahlreichen dort ansässigen kleinen Elektronikläden erstanden. Der Verkäufer El blickte mich inmitten seines immensen bl Kontingents an iPods, MP3-Playern und Ko anderen Errungenschaften der neuesten an Technologie mit großen Augen verständnisTec los an, als er fragte: „Was wollen Sie denn solchen Dinosaurier?” „Bewusst mit einem ei Musik hören”, hören” gab ich strahlend zur Antwort, nachdem er mir aus a der hintersten Ecke seines Geschäfts seinen letzten Walkman herausgebuddelt hatte, den er mir dann für schlappe 25 Euro verscherbelte. „Ja, bewusst Musik hören”, wiederholte ich selig, „in mäßiger Qualität und ohne dass ich irgendwelche Lieder vor- oder zurückspule.” „Sie haben Respekt vor der Musik und den ha Musikern”, stellte er nachdenklich fest. M „Genau”, grinste ich, „ein Walkman ist „G der de Inbegriff für Respekt vor dieser göttlichen che Erfindung namens Musik!”
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Michael Fuchs-Gamböck GoodTimes
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GLAM-ROCK Charts-Stürmer auf Plateausohlen Von Andreas Kötter
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s sind Songtitel wie "Teenage Rampage", "Children Of The Revolution" oder "Cum On Feel The Noize", die mir damals, trotz nur sehr rudimentärer Englischkenntnisse, ein frühes Gefühl von Aufbegehren, von Sturm und Drang und damit von Freiheit vermitteln. Ein starkes, brennendes Gefühl, das einige Jahre später weit heftiger noch von Punk befeuert werden soll. Was – aus heutiger und damit musikhistorischer Sicht – kein ganz so großes Wunder ist. Denn Glam- oder Glitter-Rock, wie man den Sound von Slade und The Sweet, von Gary Glitter und T. Rex, aber auch von Roxy Music und David Bowie alsbald nennen wird, ist weder vom ideologischen Überbau noch musikalisch allzu weit entfernt von dem, was Punk bzw. New Wave schon bald leisten werden (dazu später mehr).
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och versuchen wir uns zunächst lieber an einer Definition von Glam bzw. lassen wir Wikipedia diesen Job erledigen. Während wikipedia.de doch recht vage bleibt, hilft naturgemäß – ist Glam doch zuallererst ein britisches Phänomen – die englischsprachige Version der
Internetenzyklopädie weiter. Sinngemäß heißt es dort: „Glam-Rock entwickelte sich aus Rock und Pop zu Beginn der 70er Jahre in Großbritannien. Musikalisch umfasste Glam sowohl den simplen Revival-Rock eines en eher kompleAlvin Stardust wie auch den xen Art-Rock von Roxy Music." „Komplex" und „Art" sind hier die un Schlüsselwörter. Denn tatSc sächlich ist Glam viel mehr sä als „nur" Musik. Fashion (David Bowie wird einen (D Song später "Fashion" So betiteln), Mode also und b ihre soziale Bedeutung ih machen einen nicht unwem sentlichen Teil der Kraft se von Glam aus. Denn Glam ist vor allem auch eine Möglichkeit, dem tristen Grau englischer Industriestädte etwas entgegenzusetzen. Dazu noch einmal Wikipedia: „Glam war ein buntes Durcheinander von Stilen, das vom Hollywood-Glamour der 30er Jahre über den Seite
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David Bowie alias Ziggy Stardust
© Pressefoto
Okay, zugegeben! Meine erste Schallplatte (ja, so nannte man das damals), die keine Märchen "erzählt", ist eine Single von Roberto Blanco. 1972 ist das, und die folgenden Jahre werden mich lehren, dass "Der Puppenspieler von Mexiko" für meine Sozialisation verschwindend wenig leistet. Schon mit meiner nächsten Platte aber ändert sich das gewaltig. Denn Music Power", 1974 eine weitere " Zusammenstellung aktueller Hits aus der damals sehr populären "K-Tel"-Compilation-Reihe, enthält Songs wie "The Bangin’ Man" von Slade, "Angel Face" von The Glitter Band oder "Always Yours" von Gary Glitter. Und damit ist mein jugendliches Interesse an stampfendpolternden Pop-Rockhymnen geweckt. Ich bin infiziert, und schon sehr bald werde ich auch das weitere Oeuvre von Slade, The Sweet, T. Rex, Suzi ecken ... Quatro, Gary Glitter und vielen anderen Glam-Rockern für mich entdecken
Pin-Up-Sex der 50er bis hin zu Science Fiction und Mystizismus reichte." Dieser Stilmix findet sich überdeutlich etwa in den Fantasiekostümen solcher Bands wie Slade oder The Sweet. Zudem spielt man mit einem androgynen Look und bricht die Geschlechterrollen auf, so dass man Glam durchaus auch als Einfluss für den viel späteren Transgender-Sound von z.B. Antony & The Johnsons oder Against Me! verstehen kann.
Slade vs. The Sweet
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eniger enzyklopädisch denn handfest schildert – wie es der Zufall will – eine Alvin aktuelle Ausgabe des sehr lesenswerten britiStardust schen Rockmagazins „Vive Le Rock!" in einem Special, wie Glam erst Großbritannien und dann den Rest der (Pop-)Welt eroberte. Man könne die Ursprünge von Glam zwar bis zu Little Richard zurückverfolgen, heißt es da. Erst David Bowie und Marc Bolan mit T. Rex aber hätten in den späten 60er Jahren erkannt, dass die Zeit reif gewesen sei für eine Erneuerung der Musikkultur. Beide späteren Superstars hätten zuvor mit Rock, Mod und Folk „herumgespielt", ohne auch nur annähernd den Erfolg zu haben, den ihnen Glam schon bald bescheren sollte. „Alles, was wir wussten, war falsch", so Bowie damals. „Endlich frei und mitten auf dem Wasser ohne Paddel, nahmen wir uns die Erlaubnis, die Kultur neu zu erfinden, nach unserer ureigenen Vorstellung." Irgendwo im Zeitraum „zwischen Marc Bolans Glitter-Performance von 'Hot Love' im Frühling 1971 und der ,Geburt' von Bowies Alter Ego Ziggy Stardust zu Beginn 1972" sieht „Vive Le Rock!" „die Parameter einer neuen visuellen und musikalischen Sprache definiert".
Marc owie ist es auch, der Glam den Bolan wohl programmatischsten Titel, ja eine wahre Hymne beschert. "All The Young Dudes" ist ein Geschenk an Mott The Hoople, die ebenso wie Roxy Music eine – nennen wir es mal – „erwachsenere" Glam-Variante definieren als die Acts, die bald folgen werden. Glam-Rock, so wie wir ihn heute verstehen, ist jetzt jedenfalls „erfunden". Und Marc Bolan, zu dieser Zeit mehr noch als Bowie der Prototyp des Popstars, verfügt über den Starappeal und die Sexyness, die es braucht, um seine süchtig machenden Melodien eindrucksvoll in Szene zu setzen. Die schon genannten "Hot Love" und "Children Of The Revolution", aber etwa auch "20th Century Boy" oder "Get It On" mischen zwischen 1971 und Anfang 1973 die britischen Charts auf, und nur "20th Century Boy" schafft es als Nr. 3 nicht auf einen der beiden ersten Plätze. Bolans Songs sind kurz und prägnant, überschreiten oft nicht die magische Drei-Minuten-Grenze und sind schon dadurch ungemein radiotauglich. Ein rhythmusorientiertes Fundament und schier unwiderstehliche Hooklines machen Tracks wie "Metal Guru" oder "Telegram Sam",, aber auch Bowies "Starman" oder "Changes", zu wahren Gassenhauern, deren Refrains sich – wie wa bei vielen späteren Glam-Hits auch – wunderbar be mi mitsingen lassen (in manchen Fällen, etwa bei Sla Slade, müsste es wohl eher heißen „mitgröhlen Und dieser Erfolg bereitet nun auch den len"). Weg für Slade und The Sweet. W
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Foto: © Zill/Bildarchiv Hallhuber
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Bolan und Bowie geben den Startschuss
ie einen, Slade, wechseln jetzt vom früheren Skin- und Arbeiteroutfit zu absurd hohen Plateauschuhen, die anderen, The Sweet, geben ihr Bubblegum-Pop-Outfit auf für schrilles Glitzer-Make-up und einen androgynen Look. Vor allem Gitarrist Dave Hill hier und Bassist Steve Priest dort schöpfen aus dem Vollen und experimentieren mit allem, was Fantasie, Schminkkasten und Maskenbildner hergeben. Mag dieses Erscheinungsbild den braven Bildungsbürger der frühen 70er Jahre auch verschrecken, die durch Beatles und Rolling Stones längst Rock-sozialisierten Kids im UK freut’s. Sie übernehmen mit diesem Look auch das Lebensgefühl, das Slade im programmatischen "Cum On Feel The Noize" so beschreiben: „... girls grab the boys, we get wild, wild, wild, we get wild, wild, wild, so cum on feel the noize ...", freigeistig-anarchistische Diktion gleich noch inklusive. Ein Lebensgefühl, das sich für die Wolverhampton Boys, aber auch für ihre größten Rivalen im Kampf um die Spitzenplätze der Charts, The Sweet, in barer David Bowie (m.) Münze auszahlt. So platzieren Slade zwischen 1971 und 1975 sage und schreibe 16 Singles in den britischen Top 20, von denen sechs sogar die Chartsspitze stürmen. Darunter ist mit dem grandiosen "Merry Xmas Everybody" zudem ein unzerstörbarer Weihnachtsklassiker, der zur Weihnachtszeit immer wieder mal, zwischen 2007 und 2013 sogar ununterbrochen, in den UK-Charts auftaucht. Ganz so erfolgreich sind The Sweet zwar nicht. Aber auch die Band um den blonden Leadsänger und Frauenschwarm Brian Connolly bringt es immerhin auf zehn Top-20-Platzierungen, mit "Blockbuster" allerdings nur auf eine Nummer 1 im UK.
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emerkenswert ist, dass es zwischen den Fans beider Lager zu einer Art Glaubenskrieg um die „wahre Lehre" kommt, wie ihn zwei Jahrzehnte später ähnlich auch die Anhänger von Blur und Pulp austragen werden. De facto lässt sich aus heutiger Sicht wohl sagen, dass Slade nicht nur wegen der höheren Anzahl der ChartsPlatzierungen die Nase ein Stück weit vorne haben. Zum einen liegt das daran, dass The Sweet ihre Hits wie "Hell Raiser" oder "The Six Teens" zunächst nicht selbst schreiben, sondern lieber vom legendären Autoren/-Produzentenduo Nicky Chinn und Mike Chapman schreiben lassen (beide sind u. a. auch für die Glam-Konkurrenz von Suzi Quatro oder Mud im Eins Einsatz). ) Dabei beweist man im Laufe der Jahre nicht nur mit "Fox On The Run" oder "Action", dass man durchaus in der Lage ist, Material mit Hitpotenzial abzuliefern. Und mit Alben wie LEVEL HEADED oder CUT ABOVE THE REST gibt man sich später zudem offen gegenüber Einflüssen wie Prog- oder Symphonic Rock, ja sogar Disco. Slade aber verfügen von Beginn an mit Sänger Noddy Holder, dem Mann mit dem unglaublichsten Backenbart bzw. den zauckenbart bzw seligsten Koteletten der Musikgeschichte, und mit dem Bassisten/MultiInstrumentalisten Jimmy Lea über ein kongeniales Autorenduo und werden später mit ihrem legendären Auftritt auf dem Reading-Festival, einem alljährlichen Stelldichein des Hard Rock bzw. Heavy Metal, ein 1/2015
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Slade
Suzi Quatro & Gary Glitter
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neues Publikum dazugewinnen. Kein Wunder also, dass die Band in der Folge den unterschiedlichsten Rockrabauken wie Mötley Crüe, Quiet Riot, Def Leppard, aber auch den Sex Pistols, The Clash oder gar Nirvana als Einfluss gilt. Zudem gelingt dem Quartett mit SLADE IN FLAME nicht nur ein Album mit All-Time-FavesCharakter, sondern vor allem einer der besten Musikfilme überhaupt.
The Sweet
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eben Slade und The Sweet sind es vor allem Suzi Quatro und Gary Glitter, die Glam dann via Charts frische Gesichter schenken. Die gebürtige US-Amerikanerin Susan Kay Quatro darf durchaus als eine der ersten Rockladies der Musikgeschichte gelten, die, stets gekleidet in einen hautengen schwarzen Lederoverall, vielleicht mehr für die Emanzipation getan hat, als das auf den ersten Blick scheint. Tatsächlich aber darf Quatro wohl für sich in Anspruch nehmen, für Bands wie The Runaways oder extrovertierte Künstlerinnen wie Madonna oder Lady Gaga Schrittmacherdienste geleistet zu haben. Mit Titeln wie "48 Crash", "Daytona Demon", "Devil Gate Drive" oder "Can The Can" etabliert sich die Rockerin in England und in Deutschland schnell als Queen des Glam. Einen Haken aber hat die Sache. Quatro selbst hat sich nie als Vertreter des Glam-Rock gesehen, wie sie gegenüber „Vive Le Rock!" erklärt: „Ich war nie Glam – eher das Suzi Quatro Gegenteil; ich habe kaum Make-up benutzt und einen schlichten schwarzen Lederoverall getragen. Wir waren immer eine Rock’n’Roll-Band und wollten Detroit nach England bringen." Sei’s drum.
Was aus Glam wurde
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b Punk oder New Wave, ob Sleaze oder Grunge, Glam hat alle Spielarten des Rock überlebt. Zum Glück, möchte man meinen. Denn diese wilde Mixtur aus hymnischen Melodien, wilden Fantasielooks und dem Willen zur – wenn auch in erster Linie – stilgerechten, mit anderen Worten zur Salonrevolte kann der Popmusik bis heute viel geben. Wie folgende Beispiele eindrucksvoll zeigen: Denn ob im New Wave, etwa mit den frühen Ultravox-Alben der John-FoxxPhase oder später mit Bauhaus, die T. Rex’ "Telegram Sam" covern, oder mit Love & Rockets, ob im Glam-Metal mit L.A.-Bands wie Faster Pussycat oder Bang Tango (die sich wiederum erfolgreich an T. Rex’ "Children Of The Revolution" versuchen) oder im Brit-Pop mit Bands wie Suede oder den völlig unterschätzten, aber leider längst verblichenen Mansun – Glam war und ist immer mittendrin, statt nur dabei. Und heute sind es Acts wie die schon erwähnte Lieblings-Irre der Feuilletons, Lady Gaga, aber auch Marilyn Manson, Placebo oder Goldfrapp, die zumindest mit einigen ihrer Werke dem Glam frönen. Irgendwie ist das auch nur logisch. Pop ohne Glam(-our) wäre wohl eine Absurdität. Foto: © GoodTimes-photo.de
Gary Glitter
anz bewusst Glam ist auf jeden Fall Gary Glitter. Geboren als Paul Francis Gadd, kann der Mann, der viele Jahre später noch einmal – diesmal aber traurige – Berühmtheit wegen Kindesmissbrauchs erlangen wird, schon Mitte der 60er Jahre unter dem Pseudonym Paul Raven auf eine, wenn auch kaum erfolgreiche Karriere zurückblicken. Weil der Erfolg ausbleibt, entscheidet sich Gadd/Raven für einen Imagewechsel und wird – nicht zuletzt dank der musikalischen Expertise von Produzent Mike Leander – zu einem der „Marken-Gesichter" des Glam. Mit der Glitter Band, die später auch mit eigenen Hits wie "Angel Face", "The Tears I Cried" oder "People Like You, People Like Me" erfolgreich sein wird, kann der Mann im mit Pailletten besetzten Silberanzug auf eine hochroutinierte Band vertrauen. Und mit Tracks wie "Rock’n’Roll Part 1&2", "Do You Wanna Touch Me" und vor allem "I'm The Leader Of The Gang (I Am)" wird Glitter schnell gleich auch noch zum Paten des Glam-Rock. Und viele folgen diesem „Leader". Ob Kenny, Mud oder Hello, um nur einige zu nennen – sie alle wollen jetzt auch ein Stück vom Kuchen haben, verwässern das Genre dabei aber immer mehr in Richtung Plastik-Pop.
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Zum Weiterlesen: - GoodTimes: T. Rex 4/2014, Sweet 1/2013, Glam-Rock 3/2008 - Mark Dery: All The Young Dudes: " Why Glam Rock Matters" - Vive Le Rock!", Ausgabe 16, mit 70s Glam Special" " " - Uncut"- Magazine, Ausgabe 18, " mit Glam Special", und Ausgabe 70, " mit Bowies Glam-Phase-Special" " - Mojo Magazine", Ausgabe 138, mit T. Rex-Special "
Zum Weitersehen: - Slade In Flame" " - Velvet Goldmine" "
Und Amerika?
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des Atlantiks zeigt Glam durchaus Wirkung. Lou Reed oder Iggy Pop flirten zumindest mit der neuen „Mode". Und Wayne/Jayne County, vor allem aber die New York Dolls sind Glam pur. Als „Bindeglied zwischen den Shangri-Las und den Sex Pistols" definiert „Vive Le Rock!" die Dolls. Und trifft damit den Nagel auf den Kopf. Denn die Dolls und damit die amerikanische Variante von Glam geben sich rauer, ja dreckiger als die britische Verwandtschaft. Hier lässt sich schließlich das, was bald kommen wird, der siedend-heiße Furor des Punk, schon mehr als deutlich erahnen ...
as aber ist eigentlich in den USA los, dem anderen großen englischsprachigen Popmusikmarkt? Auch jenseits Seite
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Zum Weiterhören: - Box-Set OH YES WE CAN LOVE: A HISTORY OF GLAM ROCK
GoodTimes
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1968 WURDEN COPS PLÖTZLICH COOL
Von Roland Schäfli
Der Summer Of Love ging gerade zu Ende. In San Francisco wurde Flower Power zur Massenbewegung. Doch der Mann, der auf seinem Motorrad durch die Nacht fuhr, um nervöse Energie loszuwerden, dachte nicht an Blumenkinder, nicht an Hippies. Er hatte eben entdeckt, dass er mit den Rädern abheben konnte, wenn er die hügeligen Straßen von Frisco wie Schanzen nutzte. Wäre es nicht großartig", flüsterte der Mann seinem Begleiter zu, "wenn wir das im Film mit einem Auto machen könnten?" Der Mann" war Steve McQueen, und seine Idee war die Geburtsstunde für die legendäre Verfolgungsjagd aus dem Klassiker Bullitt". "
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cQueens Vorliebe für Speed trieb nicht nur den Öldruck seiner Motoren hoch. Auch der Blutdruck der Versicherungsagenten stieg regelmäßig. Wie immer war dem Star untersagt, während der Dreharbeiten Rennen zu fahren – jede Art von Rennen, egal ob auf vier oder zwei Rädern. Warner Brothers wollte sich das sogar schriftlich von ihm geben lassen. Steve allerdings retournierte das Dokument, ohne zu unterschreiben, stattdessen kritzelte er eine Obszönität an den Rand, wohin man sich das Papier stecken könne ...
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eine Maschine für diese nächtlichen Ausflüge versteckte er in einer gemieteten Garage. McQueen tat, was immer McQueen tun wollte. Er GoodTimes
hatte – da er sich gern in Slang ausdrückte – den Juice (den Saft), um den Suits – so nannte er die Anzugträger aus der Teppichetage – zu zeigen, wer bestimmte, wo es langging. Erst 37-jährig hatte er da bereits seine Abdrücke im legendären Zement vor dem Grauman's Chinese Theatre hinterlassen (wo er in einem burgunderfarbenen Ferrari zur Zeremonie vorgefahren war). Steve McQueen war der Hipster seiner Generation, lange bevor dieses Wort geprägt wurde. Er rauchte Gras, hatte mehr Hasch-Cookies verdrückt als jeder Woodstock-Teilnehmer, und er machte sich mit seiner Let-TheDevil-Care-Attitüde einen Spaß daraus, Behörden und Beamte zu ärgern. Und die Generation der wilden Sixties identifizierte sich mit diesem Rebellen, erkor ihn zu ihrem Superstar.
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arum sollte McQueen, 1968 auf der Höhe seines Ruhms, nun also ausgerechnet einen Bullen im Anzug spielen? Er wollte den Film, mit dem er bis heute am stärksten identifiziert wird, anfangs gar nicht machen. Zu dieser Zeit nannte man Polizisten Pigs (Schweine). Er selbst war sein halbes Leben vor ihnen davongelaufen: „Ich habe Polizisten nie gemocht. Sie waren auf der einen Seite des Zauns, ich auf der anderen." Seine Frau Neile riet ihm schließlich zu „Bullitt". Die „Los Angeles Times" titelte denn auch entsprechend akkurat: „Bad Boy does switch to play cop role." Die Millionengage – ein Fünftel des Gesamtbudgets – 1/2015
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An der Ecke Taylor/Clay klaut sich Bullitt seine Morgenzeitung.
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968, das war eben lange vor „Beverly Hills Cop", lange bevor Polizisten salonfähig wurden, Jahre vor Dirty Harry und all den Polizisten-Klonen, die dieser nach sich ziehen würde. Im Kino fand man die Helden damals nicht in den Polizeirevieren. Und die-
Foto: © Davids/Bildarchiv Hallhuber
dürfte letztlich aber ebenso eine Rolle gespielt haben wie die Tatsache, dass McQueen sein eigener Herr sein durfte. Seine Firma Solar sollte den Streifen produzieren. Seinen Boss-Status testete er dann auch gerne aus: So ließ er sich einen Billardtisch in sein Apartment im zwölften Stock installieren, wozu ein Kran aufgebaut und ein Fenster herausgerissen werden mussten. Aber noch während der Dreharbeiten zweifelte Steve McQueen bereits daran, dass sein Stammpublikum ihn als Kriminalkommissar akzeptieren würde.
Foto: © Roland Schäfli
ser Detective Bullitt war zudem, trotz McQueens Rebellenimage, ein Beamter, der innerhalb der Vorgaben des Systems arbeitete. Auch wenn er die Regeln manchmal leicht beugte, so war doch seine einzige klar gesetzwidrige Tat im Film, eine Zeitung aus dem Automaten zu klauen. Und sogar das tat er mit leicht schlechtem Gewissen. Man hat McQueen dementsprechend auch die Frage noch vor dem Start der Filmarbeiten gestellt, weshalb ausgerechnet er, King Of Cool, in die als äußerst uncool empfundene Rolle eines Cops schlüp-
Zum Zeitpunkt der Dreharbeiten ein Hippie-Quartier, ist diese Gegend heute etwas heruntergekommen. An dieser Ecke trifft Bullitt seinen Informanten. fen wolle. „Es gibt keine Kommunikation zwischen den jungen Leuten und der Polizei", erklärte er. „Wenn alle Jugendliche aufwachsen und die Cops hassen, wird das bald eine ziemlich angsteinflößende Welt."
as Police Office der Stadt stellte ihm übrigens einen Sergeant und zwei Polizisten permanent zur Seite. Die kontrollierten den Verkehr, den der Star durch seine bloße Präsenz zum Erliegen bringen konnte. Außerdem durfte der Schauspieler nachts mit auf Patrouille, um sich selbst ein Bild von realistischer Polizeiarbeit zu machen. Am Ende war es aber die wilde Autohatz, die Mutter aller Verfolgungsjagden, die das Publikum für den Polizisten begeisterte: Wer seinen Wagen so um die Kurve schleuderte, konnte nicht uncool sein. Das zehnminütige Duell des 390er GT Mustang gegen den 440er Magnum Dodge, untermalt von Lalo Schifrins jazzigem Soundtrack, sollte Standards setzen. Statt des befürchteten Imageschadens kam es also nur zu diversen Blechschäden (auch wenn sich der Regisseur einen dummen Schnittfehler leistete: Bullitt muss denselben grünen Volkswagen insgesamt dreimal überholen).
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er Cop mit der schnellen Karre wurde Kult – trotz allem. Und Steves Co-Star Jacqueline Bisset wird noch heute vor allem auf diesen Film angesprochen (siehe Interview). Bald kurvten nachts dunkelgrüne Mustangs um dieselben Ecken. Hippies, die bei Demos gegen den Vietnam-Krieg aufgegriffen wurden, verlangten lautstark von den Polizisten: „Wir wollen Bullitt!" Und im San Francisco Police Departement trugen die Kommissare plötzlich mit Vorliebe die gleichen Rollkragenpullis wie er. Kein Zweifel – ausgerechnet McQueen, von Natur aus der natürliche Feind der Polizei, hatte die Cops cool gemacht!
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um Abschluss der Dreharbeiten stiftete der Star damals der Stadt im Übrigen einen Swimming Pool – und ließ ihn auf die Rechnung von Warner Brothers setzen. Der böse Junge hatte den Suits einmal mehr eins ausgewischt ...
DREHORT-FÜHRER Für Fans des Kultfilms ist eine Visite in San Francisco nicht komplett ohne den Besuch der „Bullitt"-Drehorte. An der Taylor Street findet sich Bullitts Apartment, und gleich gegenüber, an der Ecke Clay Street, steht bis heute der Lebensmittel-Laden VJ Groceries, wo der Kommissar seine Tiefkühltruhe auffüllt und die Morgenzeitung stibitzt. Im Enrico’s, an der Ecke Broadway und Kearney Street, trifft Bullitt einen Informanten (auf dieser steilen Straße wurde später auch der Auto-Stunt von „Basic Instinct" aufgenommen). Die legendäre Verfolgungsjagd wurde hauptsächlich auf der Filmore Street, zwischen Broadway und Vallejo Street, gedreht.
Steve McQueens Tweed-Jackett: 2013 in einer Auktion für 600.000 $ angeboten.
Foto: © Davids/Bildarchiv Hallhuber
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Foto: © Davids/Bildarchiv Hallhuber
Interview mit Bullit s "Freundin"
VERLOSUNG kult!
kult! verlost unter allen Teilnehmern Stichwort: kult!-Verlosung
(gerne zusätzlich mit Angabe des gewünschten Artikels)
Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Einsendeschluss ist der 15. Januar 2015 NikMa Verlag Eberdinger Str. 37 · 71665 Vaihingen/Enz Fax: 0 70 42/37660-188 · E-Mail: goodtimes@nikma.de
e n i l e u q c a J Bisset
Diese grünen Augen. So unschuldig blinzelte sie als naive Freundin Bullitt" Steve McQueen an. Steht man dann selbst Auge in Auge Jacqueline Bisset gegenüber, dann blickt"man in 45 Jahre große Kinomomente. Bullitt" hat diese lange internationale Filmkarriere lanciert. "Kürzlich gab es Steve McQueens Jackett aus Bullitt" für 600.000 Dollar zu ersteigern. Wie können Sie sich den Kult um diesen Film erklären?
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3x FanPaket DVD- & CD-Box
5x DVD-Box
3x DVD
3x 80erJahre-Quiz
Wie viel? Das ist doch absurd. Welches Jackett?
5x Blu-ray
Das er bei der Verfolgungsjagd trägt, das mit den Ellbogenflicken.
Das braune Tweed-Jackett! Ich bin überrascht.
Haben Sie selbst noch Ihr Kostüm aus dem Film? Es dürfte im Wert steigen.
3x Fan-Paket DVD- & CD-Box
Leider nicht. Wissen Sie, noch heute werde ich immer wieder zu AutoEvents im Zusammenhang mit „Bullitt" eingeladen. Ich gehe nicht hin, aber offenbar hat diese Autoverfolgungsjagd noch immer viele Fans. Das ist der Bullitt-Craze ... Steve McQueens Image scheint heute noch viel stärker zu sein als direkt nach seinem Tod.
Konnten Sie damals spüren, dass hier ein künftiger Kultfilm entsteht?
Steve war ja damals schon ein großer Star. Und die Sequenz der Autojagd galt bereits bei der Premiere als Phänomen. In den Jahren seither hat man das immer wieder spektakulärer gemacht. Aber dass man in einen künftigen Kultfilm involviert ist, kann man nie im Voraus wissen.
Sie sind gerade 70 geworden. Besonders schwierig für eine Schauspielerin, die als eine der schönsten Frauen der Welt galt?
Das kann schwierig sein, kommt aber auf den Morgen an. Älterwerden hat mit der Akzeptanz seiner selbst zu tun. Man muss Appetit aufs Leben haben. Natürlich, es braucht Mut, sich beim Älterwerden filmen zu lassen. Hollywood ist tatsächlich kein einfacher Ort, wenn man sich nicht fit hält. Doch wer Schauspielerin wird, begibt sich auf eine Reise nach der Wahrheit. Man spielt von innen. Beauty zeigt sich – Gott sei Dank – in vielen Formen. Man muss nicht schön sein, um schön zu sein. Glücklicherweise haben wir die Hilfe des Kameramanns ...
Ihr bester Freund am Drehort?
Eigentlich nicht, denn leider hege ich oft eine Antipathie mit Blick auf den Kameramann. Er kann geradezu ein Gegner werden, der einen mit der Kamera umbringen will!
Andere Regisseure haben vor allem Ihre Schönheit ausgebeutet, etwa in der berühmten Szene von The Deep", " Sie im nassen T-Shirt.
Als Schauspielerin will man ja auch ausgebeutet werden. Man will sein Inneres nach außen kehren. Allerdings wird jungen Schauspielerinnen heute schon viel mehr abverlangt – Nacktheit gehört dazu. Allerdings ist die Welt ja auch freizügiger geworden. Schauen Sie auf der Straße, die Mädchen sind ja halbnackt – ohne dass sie dazu gezwungen werden.
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Unsere Gewinner der Verlosung aus kult! Heft 10 – 2/2014: Stichwort kult!-Verlosung" " – Ulrike Lerch, Graz (Österreich) – Markus Wachter, Besigheim – Simon Claus, Berlin – Torsten Könicke, Erding – Günter Gerlach, Hockenheim – Martha Walter, Heilbronn – J. Hofmann, Löbnitz – Sandra Schuster, Mühlacker – Gunther Frey, Bocholt – Hubärt Elsen, Trier – Thomas Rath, Amberg – Hans Schultheiss, Hamburg
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Liebe,
1978 lief auf der Berlinale ein Beitrag, welcher der bis dato erfolgreichste israelische Film werden sollte. Er bildete den Auftakt zu einer mehrteiligen Kinoreihe in deutsch-israelischer Gemeinschaftsproduktion. Heiße Musik und nackte Haut, kongenial auf Partys und am Strand in Szene gesetzt, waren auch in den 80er Jahren angesagte, aber weitgehend unter der Decke gehaltene Themen. Noch Jahre später lockten sie Jugendliche klammheimlich vor die Fernseher. "Das ,erste Mal’ war nie witziger als mit ,Eis am Stiel’", stellt dann auch der Begleittext in den Inlays der DVD-Edition fest.
findsamen und notorisch klammen Benny (Jesse Katzur). Ihm zur Seite steht seine resolute Mutter Sonya (Dvora Kedar), die ihrem Sohn schon mal ohne Wissen ihres Mannes Romek Geld zusteckt – aber auch das Nachbarkind mit Eiern bewerfen kann, wenn ihr dessen Geigengefiedel auf die Nerven geht. Mehrere Szenen spielen in Bennys Elternhaus in oftmals geselliger Verwandtenrunde.
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u den ungewöhnlich melancholischen Klängen von Bobby Vintons "Mr. Lonely" verlässt ein enttäuschter Teenager eine Party, auf der ihm das Schwofen nicht vergönnt gewesen ist, und geht die Straße hinunter. Der „einsame Soldat" hat seiner Traumfrau auf ihrer Geburtsparty ein Geschenk samt Gravur ihres Namens machen wollen, sie aber in der Küche in inniger Umklammerung mit seinem besten Freund erwischt, der sie erst geschwängert und danach fallengelassen hat, wohingegen er sich um sie kümmerte und ihr geliehenes Geld zur Abwicklung einer Abtreibung zur Verfügung stellte. Diese Schlussszene muss bekannt sein, um aus heutiger Sicht verstehen zu können, warum der Trailer zu „Eis am Stiel" den Film als „Lustspiel" beschreibt, bei dem sowohl gelacht als auch geweint werden könne. Die meisten Zuschauer haben die Reihe vermutlich als eher lustig denn traurig in Erinnerung. Des Rätsels Lösung führt letztlich zum Regisseur. Der Erfinder von „Eis am Stiel" ist Boaz Davidson, geboren in Tel-Aviv im November 1943. Laut seiner Aussage basieren die Filme auf seinen persönlichen Erfahrungen, die er als Teenager im Israel der späten 50er Jahre gemacht hat. Bis Teil vier führte er Regie und betätigte sich zudem als Co-Autor, für Teil fünf steuerte er lediglich das Drehbuch bei. Der traurige Schluss von Teil eins sei „im Film, weil er sich so ereignet hat", gab er 1978 in einem Interview an.
Das A Aushängeschild Gesicht der R Reihe D hä hild und dG i h d ih iist aber b eindeutig i d i „der d kleikl i ne, clevere Dicke". Das dürfte daran liegen, dass Johnny (Zachi Noy) in den Filmen eine ähnlich sympathische Rolle des Pechvogels wie Donald Duck in Entenhausen zufällt: Alles, was er in Sachen Amore anpackt, geht schief, und irgendwann erwartet dies das Publikum auch: So landet er in zahlreichen Verwechslungsszenen in Erwartung seiner Freundin im Bett von Bennys Mutter oder gerät beim Klavierunterricht unter den strengen Augen einer Beethoven-Büste nicht etwa an die nymphomanische Lehrerin, sondern an ihre Schwester. Klar, dass er bei Versuchen dieser Art viel einstecken muss.
Die Handlungen der Filme drehen sich auch in den weiteren Teilen von „Eis am Stiel" meistens um komplizierte Liebschaften des emp-
Dabei ist der korpulente Johnny aber eigentlich immer perfekt vorbereitet, wenn er das andere Geschlecht in Angriff nimmt: Er hat stets
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GoodTimes
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Sophia Loren kult!
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kult!
THE SWEET
Pariser bei sich, kämmt sich die Haare, bevor er ein Mädchen anspricht, und verfügt über ein ansehnliches Repertoire an flotten Sprüchen (à la „Ich hab mit meinem schon Preise gewonnen, da hast du noch beidhändig gepullert"). Darüber hinaus entwickelt er als einziger der Jungs frühzeitig Geschäftssinn, indem dem er minutiös die Schulden seiner Freunde bei ihm protokolliert, eine „Datenbank" an Damen für gewisse Stunden führt, Motorradrennen inklusive eigenen Wettbüros veranstaltet und den Kofferraum seines Autos als Liebeslaube vermietet. In „Summertime Blues" schwingt er sich im Kampf gegen eine Motorrad-Gang zum Geschäftsführer einer Bar auf, um das schöne Geschlecht gewissermaßen in die eigenen vier Wände zu locken. Dass sich dabei „Bayerns hügeligster Exportartikel" Sybille Rauch als Eva erfolgreich um einen Personalposten ausgerechnet bei Bennys und Johnnys Freund bewirbt, dem Schönling Bobby, bb überrascht üb ht nicht. i ht Am A Ende E d finf fi det Johnny möglicherweise sein persönliches Happy p ppy End mit dem einstigen „hässlichen Vogel mit Brille" und OpernFan Polly Braun, die eigentlich die zentrale Person des achten und letzten Films darstellt. Gespielt wird sie von Elfi Eschke, die mit Regisseur Reinhard Schwabenitzky, ihrem heutigen Ehemann, auch in zwei DidiHallervorden-Filmen zusammenarbeitete. Dass „Summertime Blues" der „Eis am Stiel"-Reihe zugeschlagen Schwabenitzky agen wurde, urde erfuhr Sch abenit k nebenbei erst am Abend der Deutschland-Premiere, als er durchs Fenster seiner Limousine erstmalig die Werbeplakate zu sehen bekam ... Der Dritte im Bunde des Freundestrios ist bereits erwähnter Frauenschwarm Bobby, der nicht völlig zu Unrecht während seines Wehrdiensts (Teil vier, „Hasenjagd") von Unteroffizier Ramirez (Josef Shiolach) den Spitznamen „Elvis Presley" verpasst bekommt. Mit der Treue nimmt er es nicht so genau. Außerdem knackt er Autos, um seine gerade aktuelle Freundin ausfahren zu können, und hat Sex, während seine beiden Gefährten unter dem Bett und im Schrank feststecken. In Teil fünf simuliert er außerdem das Ertrinken im Meer, um sich von der Aushilfsbademeisterin beatmen lassen zu können („Ich wette, die hat meine Zunge im Hals, bevor es dunkel wird"), und besteht eine Mutprobe an einem Abgrund während eines Motorradrennens in den Dünen. Als er mitbekommt, dass seine jüngere Schwester sich mit Benny trifft, verprügelt er ihn. In Teil sechs, „Ferienliebe", der auf einem Kreuzfahrtschiff spielt, taucht er einmalig in einem „Eis am Stiel"-Film nicht auf, da er Urlaub in Amerika macht. Der wahre Hintergrund seiner Abwesenheit war ein Streit von Darsteller Jonathan Segal, im Privatleben bekennender Homosexueller, mit Regisseur Dan Wolman. Auf ihrer Jagd nach der holden Weiblichkeit sind die drei Jungs auch über das sich konstant durch die Reihe ziehende Schauen durch Gucklöcher in Umkleide- und Duschkabinen hinaus wahrlich keine Kinder von Traurigkeit: Sie befestigen Spiegel an ihren Schuhen, um dadurch den Slip von Mitschülerinnen und Lehrerinnen sehen zu können, schleichen ohne zu zahlen in ein Kino, fangen sich bei einer Prostituierten Filzläuse ein und klauen Leergut vom Hinterhof eines Lebensmittelgeschäfts, um es dort wieder abzugeben. Von den GoodTimes
Schauspielern der alten Besetzung spielte 2001 in einer Neuverfilmung nur noch Zachi Noy mit, der sich frühzeitig dazu bekannt hatte, es als angenehm zu empfinden, über seine Rolle berühmt geworden zu sein – auch wenn er das Schicksal vieler Kollegen teilte, auf diese eine festgelegt zu werden. Kein Artikel über „Eis am Stiel" K wäre indes vollständig, wenn er w die d wichtige Rolle des Soundtracks ausblenden würde. Little Richards a "Long Tall Sally" steht am " A Anfang der flotten Auftaktszene d ersten Werks, das nicht von des u ungefähr als Film über „Liebe, F Freundschaft und peppige Musik" b beworben wurde. In diesem Z Zusammenhang muss auch der Name Jack Fishman erwähnt werN den. Der Filmkomponist zeichned te t als „music supervisor" verantwortlich und bewies durch seine w Auswahl nachdrücklich, dass es A bei um mehr b i Musikempfehlungen M ik f hl h als Computer-Arithmetik geht. Zahlreiche Rock’n’Roll-Klassiker von "Lollipop" über "Be Bop A Lula" bis b "Let’s Twist Again" verleihen den zugegebenermaßen intellektuell nicht gerade stimulierenden Plots m Tempo und prägen diese vielleicht noch stärker als T die d Akteure. Dass es in den Filmen womöglich nicht um u einzelne Charaktere, sondern um ein Lebensgefühl g geht, könnten einstweilige Änderungen an den Namen d Hauptfiguren (außer Benny) beweisen. Musikalisch der d dürfen Stehblues-Begleitungen, oftmals einleuchtend m weiblichen Vornamen versehen ("Hey Paula", mit " "Tell Laura I Love Her"), natürlich auch nicht fehlen. B Besonders charmant ist es, wenn ein Song genau s wie die aktuell Angebetene betene heißt ("Tammy", ( Tammy , so " "Ginny Come Lately").. T el Trotzdem bleibt der Titel v von Teil zwei eine Illusion.. Eine „Feste Freundin" hättee E die Fortführung der Reihe erschwert, zumall das Thema Beziehungen im Vergleich zu u den Slapstickeinlagen immer weiter in den Hintergrund rückte. Außerdem wirken die Filme zunehmend so, als ob sie in den 80ern nicht nur gedreht worden wären, sondern auch dann spielen würden. Irgendwann wiederholt sich auch der dennoch stets gelungene Soundtrack, und so manche Strandszene wirkt eher wie ein überdrehter Eis-Werbespot. Einmal fällt sogar der im Lichte der 50er Jahre sinnfreie Name „E.T." n Die acht Teile sind digital remastert und in voller Länge auf einer DVD-Box erhältlich, diee ersten beiden obendrein als Super8-Versionen.. In älteren Versionen geschnittene Szenen,, die nachträglich eingefügt worden sind, lie-gen allerdings nicht mit deutschem Ton vor.. Komplettsammler müssten sich darüber hinaus eine VHS-Kassette besorgen: Von „Hasenjagd" existiert über Johnnys Militärdienst ein zweiter Teil (!), gewissermaßen „4b". Zachi Noy und Sybille Rauch, die 1981 übrigens auch in „Lass laufen, Kumpel!" der Ruhrpott-SexKlamauk-Reihe gemeinsam auftraten, stehen im Mittelpunkt des unter der Regie von Siggi Schissel gedrehten Films. Er ist in der besagten Box allerdings nicht enthalten. Thorsten Pöttger 1/2015
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Die Shaw Brothers ..
Asiens grOSSte FilmmogulE in Action Zu Beginn des Jahres 2014 starben mit Run Run Shaw und Wu Ma zwei der letzten Größen der Shaw Brother Studios. Beide hatten wesentlichen Anteil an der Entstehung eines völlig neuen Kinogenres: des "Eastern".
Von Alexander Querengässer
un der Shaolin" Die 36 Kammern Run " Gordon Shaw Liu, Die Produktionsstätte wurde Erben der dieser Art in China 1907 in der chine36 KamDie Shaw sischen Küstenstadt mern der war. Shaolin Brothers Ltd. beschäfNingbo geboren. Mit tigte zu Beginn 1300 19 Jahren folgte er seiMitarbeiter. nem sechs Jahre älteren Bruder Runme nach Singapur, wo sie ihre ersten on Anfang Produktionsfirmen für Filme an verlegten aufbauten. Zwei weitere sich die Brüder auf Brüder, Runje und Runde, Actionfilme, für die sie auch die Drehbücher schriehatten bereits seit Anfang ben. Durch ihre enge Verbundenheit mit der Oper der 20er Jahre Erfahrungen entstanden in dieser frühen Periode sehr Run Run Shaw (1907–2014), der Begründer des mystisch angehauchte Streifen, die sich stark im Filmgeschäft gesammelt, zogen sich aber nach der japanischen Invasion Film-Imperiums an der chinesischen Geschichte orientierten. Chinas 1937 aus der Branche zurück. Weil Ende der Sechziger war der Schwertkampffilm einheimische Filmproduzenten in Singapur eines der dominierenden Genres am eindie ersten Projekte von Runme und Run Run heimischen Markt, und in diesem Bereich Shaw boykottierten, pachteten sie kurzersollten sie denn auch ihren ersten großen Hit hand ihr eigenes Kino, das Empire, für das landen. 1967 drehte ein junges Regietalent des Studios, Chang Cheh, „The One Armed sie ihre Filme nun fast exklusiv produzierten. Swordsman". Cheh war massiv durch den Dabei entstanden zumeist Leinwandversionen Erfolg der Italo-Western Sergio Leones und chinesischer Opern. 1934 siedelten beide Sergio Corbuccis beeinflusst. So wurden aus dann nach Hongkong über, wo sie 1958 seinen Schwertkämpfern einsame, verbitdie Shaw Brother Productions gründese ten. In der Clear Water Bay ließ Run tterte Fremde, die in eine von Banditen te bevölkerte Run ein gewaltiges Studio mit einer b Gegend kamen und dort für Kulissenstadt anlegen, die 1961 unter O Ordnung sorgten. Der Anteil gewalttätiger dem Namen Movietown eingeweiht S Szenen in den Filmen nahm enorm zu. wurde und seinerzeit die bestausgerüstete G Gerade hier entwickelte Cheh eine ganz
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GoodTimes Goo Go oodTi dT Tm mes es
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eigene Sprache: Er vergoss in einer Szene mehr Filmblut als Hollywood in einem ganzen Jahr, und während in den USA jeder über die Wirkung von Sam Peckinpahs Zeitlupentechnik debattierte, hatte Cheh sich diese Technik bereits längst zueigen gemacht. Ein weiterer integraler Bestandteil seiner Erzählkunst sind Männerfreundschaften. Chehs Filme arbeiten immer mit mehreren Protagonisten, die durch ihre Lebensphilosophie Brüder im Geiste sind. Fast immer muss einer der „Brüder" sein Leben lassen, damit der andere Rache dafür nehmen kann. Und bei Cheh konnte dieser Rachefeldzug auch sehr oft mit dem Tod des zweiten Bruders enden. Die Filme der Shaw Brothers setzten nicht immer auf ein kitschiges Hollywood-Finale, sondern sehr oft auf Tragik.
Geschichten und fesselnden Charakteren. Die einsamen Schwerträcher, die dem Italo-Western entlehnt waren, die tragischen „Brüdergespanne" wichen geradlinigen kitschig-ehrbaren Kung-Fu-Kämpfern. Trotzdem feierte er in der Spätphase seiner Karriere mit Filmen wie „Die unbesiegbaren Fünf" (1978) oder „Five Element Ninjas" (1982) internationale Erfolge. David Chiang in Das Schwert " des gelben Tigers"
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och ein neues Regietalent stand bereits in den Startlöchern. Lau Ka-Leung feierte 1978 mit „Die 36 Kammern der Shaolin" seinen Durchbruch am heimischen wie am internationalen Markt und brachte mit Liu Chia-Hui auch einen weiteren Star hervor. „Die 36 Kammern" gilt heute als der einflussreichste Kung-Fu-Film überhaupt. Trotzdem fehlt Ka-Leungs Werk die poetische Kraft von Chang Chehs frühen Filmen. Seine Geschichte erzählt von dem jungen F Shaolinmönch San Te, der auch einfachen Bauern S die d Kunst des Kung Fu beibringen möchte, damit sie si sich gegen die Unterdrücker der MandschuDynastie durchsetzen können. Die Mandschu-Zeit D bildete übrigens den historischen Hintergrund für b vviele Shaw-Brother-Filme.
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he One Armed Swordsman" war der erste „ Film, der in Honkong mehr als eine Million Hongkong-Dollar einspielte, und er wurde zu einem Überraschungshit auch in den USA. Cheh drehte mehrere Fortsetzungen und Spin Offs, von denen „The New One Armed Swordsman" 1971 unter dem Titel „Das Schwert des gelben Tigers" als erster Shaw-Brother-Film in Deutschland anlief. Der Erfolg des chinesischen Studios war nicht nur der Qualität der Filme, sondern auch dem Marketingkonzept der Shaw Brothers zu verdanken. Sie kauften Dutzende von Kinos in den großen Städten, wo sie ausschließlich ihre eigenen Produktionen zeigten. Eine andere ihrer Hochburgen war Singapur. Und in Malaysia besaßen die Shaw Brothers Ende der Sechziger sogar etwa 150 eigene Kinos! Zu dieser Zeit beherrschte das Studio den gesamten asiatischen Filmmarkt. Run Run Shaw spendete viel Geld für karitative Zwecke, Schulen und Krankenhäuser, weswegen er 1974 von Elisabeth II. sogar zum Ritter geschlagen wurde.
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urch den Erfolg ihrer eigenen Produktionen häuften Runme und Run Run Shaw ein großes Vermögen an, das es ihnen ermöglichte, auch in V westliche Großprojekte zu investieren. Ohne ihren w Beitrag wäre ein Klassiker wie Ridley Scotts in B SSingapur gedrehter „Blade Runner" wohl nie zustande gekommen. Doch nicht alle Projekte erwiesen sich d aals finanziell erfolgreich. Und auch im eigenen Land wuchs die Konkurrenz. Bereits Ende der Siebziger w überflügelte das Golden Harvest Studio die Shaw ü Brothers. Es war von Ex-Shaw-Mitarbeiter Raymond B Chow gegründet worden und beschäftigte einen Star, C der sich den Abwerbeversuchen von Run Run und d Runme beharrlich widersetzt hatte: Bruce Lee hatte R kkein Interesse an Filmen, in denen Faustkämpfer die Gesetze der Physik überwanden, indem sie von meterhohen Türmen sprangen oder durch die Luft flogen.
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ußerdem erlitt das Studio erhebliche finanzielle Einbußen durch die aufkommende Video-Piraterie. Daher stellten die Shaw Brothers 1985 überraschend die Produktion von Kinofilmen ein. Zu dieser Zeit fanden viele ihrer Streifen auch nur noch selten westliche Verleiher.
Die 36 Kammern der Shaolin" " heh und die Shaw Brothers wechselten Mitte der Siebziger dann zunehmend in das Kung-Fu-Genre über, in dem auch Wu Ma, ein Schützling der Etablierten, erfolgreich Filme drehte und etliche neue Stars hervorbrachte. Der kleine und bewegliche David Chiang sowie Frauenschwarm Ti Lung gehörten zu Chehs bevorzugten Darstellern. Beide galten nicht nur als gute Martial-Arts-Kämpfer, sondern auch als talentierte Schauspieler, wobei Lung bevorzugt melodramatischtraurige Rollen spielte. Chiang war ein vielseitiges Talent, das später vor allem parodistische Akzente in die Filme einbrachte. Mitte der Siebziger überstrahlte sie jedoch ein neues Jugendidol: Alexander Fu Cheng legte seine Figuren prinzipiell viel humorvoller an und wurde der neue Kassenmagnet des Studios, bis er 1982 bei einem Autounfall starb.
un Run Shaw konzentrierte sich fortan auf Fernsehproduktionen für seine eigene Firma Televisions Broadcast Limited (TVB), die er 1967 gegründet hatte. Aus Movietown wurde TV-City. Zwar begann das Shaw-Brother-Studio in den 90er Jahren auch wieder Filme für das Kino herzustellen, aber nie wieder in einem solchen Ausmaß wie zuvor. Im Jahr 2000 wurde ein Großteil der Rechte an den über 1000 Shaw-Brother-Filmen an die neugegründete Celestial Pictures Limited verkauft. Da sich Eastern, ähnlich anderen Nischengenres wie dem Italo-Western, seit dem Millennium indes wieder einer wachsenden Popularität erfreuen, wurden viele der Filme seitdem restauriert und auf DVD veröffentlicht.
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er Ausstoß des Studios war über die Jahre enorm. Allein Chang Cheh, dessen Ziel es war, bei hundert Filmen Regie zu führen, drehte drei oder vier im Jahr. Ende der Siebziger verblasste indes seine Kreativität. Die poetischen Momente traten zugunsten endloser Kampfszenen zurück. Cheh choreografierte und inszenierte diese Actionszenen nach wie vor überragend, doch seinen Filmen fehlte es zunehmend an spannenden GoodTimes Goo oo oodTi odTi dTimes me me mes
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pätestens mit dem Tod von Run Run Shaw in diesem Januar geht das Kapitel der Shaw Brothers in der Geschichte des Kinos allerdings zu Ende. Ihre Filme waren actionbetonte Genreproduktionen, die viele kommende Regisseure, von John Woo (einem Schüler Chang Chehs) über Jackie Chan bis hin zu Quentin Tarantino, beeinflusst haben ...
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Erfolgsgeschichte auf vier Rädern
40 Jahre VW Golf
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m Anfang stand die Katastrophe. Für Volkswagen war der Käfer über Jahrzehnte Cash-Cow und Maß aller Dinge zugleich. Bis zu 6000 Stück rollten pro Tag vom Band. Kein deutsches Auto war billiger und warf trotzdem noch Gewinn ab. Der Käfer läuft und läuft und läuft und läuft und läuft, suggerierte die Werbung. Nie, so hatte der einstige VW-Patriarch Heinrich Nordhoff verkündet, könne der rundliche Kult-VW ersetzt werden. So kann man sich irren. Anfang der 1970er Jahre brach der deutsche Automarkt desaströs zusammen. 1972 sank die Zahl der Zulassungen in der Republik unter die des vorangegangenen Rekordjahres, 1973 lagen sie niedriger als 1970, und 1974 gar sackten sie unter die des Jahres 1969. Endzeitstimmung machte sich breit in den Chefetagen der deutschen Autobauer. Denn auch das Image des Automobils, zuvor zwei Jahrzehnte lang ein Sinnbild für sozialen Aufstieg, wirtschaftlichen Aufschwung und neue Freiheit, kippte ins Negative. 1973 etwa Rudolf Leiding ging der damalige Bundesstädtebauminister minister Hans Jochen Vogel (SPD) auch mit dem Slogan „Das Auto mordet unsere Städte" dte" auf Wahlkampftour. Ölkrise, autofreie eie Sonntage, explodierende Benzinpreisee und das neue Tempolimit taten ihr Übriges, um Autokäufer abzuhalten. Die Chefs der Autohersteller reagierten verstört. BMWs damaliger Verkaufsleiter Lutz sprach von einer „Katastrophe", Porsche-Boss Ernst Fuhrmann vom „Tod" der Branche. Und VW-Chef Rudolf Leiding sah schon den „Untergang" nahen. Nicht ohne ne Grund: 1971 noch hatte Volkswagen mehr als Seite
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1,7 Millionen Fahrzeuge p produziert,, 914.030 davon waren Käfer. 1974 baute VW gerade mal noch 1,2 Millionen Autos, die Zahl der Käfer darunter hatte sich gar halbiert. Die Modellpalette der Wolfsburger bestand zum größten Teil aus Fahrzeugen mit veralteter Technik, mit Luftkühlung und Heckmotoren. Kurt Lotz, Nachfolger von Nordhoff und VW-Vorstandsvorsitzender von 1968 bis 1971, verstand wenig vom Automobilbau und -geschäft. Jeder wusste, dass ein neues Modellprogramm her musste, aber wie es aussehen sollte, mochte niemand so richtig entscheiden. Erst Lotz' Nachfolger Rudolf udolf Leiding machte Nägel mit Köpfen: Das Projekt des bei b Porsche unter Leitung von Ferdinand Ferdinan nd Piech entwickelten Mittelmotorautos wurde kurMittelmotorau utos EA 266 2 zerhand b obwohl es schon beerdigt, ob 100 verschlun100 Millionen Miillionen D-Mark D-M gen hatte. „EA" steht für „ Entwicklungsauftrag". In kürau zester Zeit erfolgze tte der Startschuss für drei Modellreihen, die M auch heute noch die Basis des Geschäfts von V VW ausmachen: Polo, G Golf und Passat.
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WWW.DASMAGAZIN.DE Seit 1924 | Oktober 2014 | Euro 3,30
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90 Den Golf hatte Lotz bereits als halbfertige Modellstudie mit dem schönen Kürzel EA 337 vorgefunden. Die Früchte dieser Entscheidung allerdings erntete erst sein Nachfolger Toni Schmücker: Schnell waren die Zahlen wieder tiefschwarz, vor allem dank des Golf. „Der Erfolg des Golf", so räumte Schmücker ein, „hat uns total überrascht." Der Golf mischte den darniederliegenden Automarkt gründlich auf. Schon im Oktober 1974 wurden von ihm mehr Exemplare verkauft als von sämtlichen Opel-Pkw zusammen. Der Marktanteil von Ford, einstmals stolze 18 Prozent, schrumpfte schnell auf nur noch acht Prozent. Besonders hart traf es die Importeure. Noch im Frühjahr 1975 hielten Franzosen und Italiener 27 Prozent des deutschen Automarktes – im
Fanfare! Tusch! Konfetti! DAS MAGAZIN hat Geburtstag
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Giorgio Giugaro Spätsommer bereits waren es gerade noch 20 Prozent. Der heimische Massenmarkt war wieder fest in der Hand der deutschen Hersteller. Anders als es die Verschwörungstheorien im Netz glauben machen (siehe Kasten), hat der VW Golf viele und durchweg bekannte Väter. Die technische Konzeption stammt vom ehemaligen NSUEntwicklungsleiter Hans-Georg Wenderoth und orientierte sich am damaligen Audi 80. Die zeitlose Form der Karosserie kommt aus der Feder des Italieners Giorgio Giugaro. Zu dessen Schöpfungen zählen auch Lotus Esprit, Fiat Uno, Fiat Punto und Lancia Delta – oder die Profi-Kamera Nikon F4. Auf den Markt kam der Golf, intern VW Typ 17 getauft, im Mai 1974. Zum Start arbeitete in dem Fünftürer ein quer eingebauter, wassergekühlter 70-PS-Motor mit 1,5 Liter Hubraum. Angetrieben wurden die Vorderräder. Der Preis: 9785 D-Mark. Günstigstes Modell war der Golf als Dreitürer und mit 50 PS zum Preis von 8000 D-Mark. Der erste Golf war 3,705 Meter lang, 1,610 Meter breit und 1,410
Jubiläumsausgabe
300 Jahre Dampfkochtopf, 100 Jahre Erster Weltkrieg, 100 Jahre Acht-Stunden-Tag, natürlich 25 Jahre Mauerfall – es gibt in diesem Jahr wieder viel zu feiern und zu bedenken. Und nun auch noch DAS MAGAZIN! 1924 zum ersten Mal erschienen und 1954 erneut. Eine spannende Geschichte. Bisher weitgehend Unbekanntes aus der zweiten Gründerzeit lesen Sie im neuen Heft. Von einem, der dabei war. Und sonst? Kichernde Steine aus Japan, reich werden im Halbschlaf, warum es keine Schönheit ohne Intelligenz gibt (Aktfotografen erklären das), Satiren, Literatur, Cartoons und jede Menge Spaß. Wie jeden Monat. Seit 90 Jahren. Lesen Sie es selbst! Sie kennen DAS MAGAZIN noch nicht? Schicken Sie uns eine Mail und AUCH ALS e-paper wir senden Ihnen eine Probeausgabe zu. Stichwort »Kult«: ERHÄLTLICH sekretariat@dasmagazin.de
Golf in Pink beim GTI-Treffen am Wörthersee
HINTERHER IST MAN IMMER SCHLAUER
Kühlergrills, damit die anderen es im Rückspiegel bloß nicht übersahen. Die linke Spur gehörte auf einmal nicht mehr nur dem Porsche, BMW und Mercedes. Unter der Haube des GTI krakeelte rauflustig ein 1,6 Liter großer Vierzylinder-Einspritzer, innen gab es ein Dreispeichen-Volant, das wegen seiner becherförmigen Nabe respektlos „Spucknapf-Lenkrad" genannt wurde, den Golfball auf dem Schaltknauf, die straffen Sitze mit schwarz-roten Karos bezogen – und ab ging die Post. Gerade mal 900 Kilogramm schwer, reichten auch 110 PS, um den GTI in damals sagenhaften 9,2 Sekunden von 0 auf 100 zu katapultieren. Eigentlich war nur eine kleine Serie von 5000 Exemplaren des mit 13.850 D-Mark doch ganz schön teuren GTI geplant – wir wiederholen uns: So kann man sich irren. „Sonst gab es damals ja nichts", erinnert sich Rennsportlegende Hans-Joachim Stuck an die Zeiten des ersten GTI. „Wenn man mal Seite
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einen 911er fahren durfte, war das ein Erlebnis. Und auf einmal war das mit dem GTI auch möglich – auf einem anderen Level zwar, aber doch für jedermann erschwinglich." So wie VW mit dem Golf die Golfklasse kreierte, so entstand mit dem GTI eine eigene Klasse in der Klasse: die des halbwegs erschwinglichen Volkssportwagens. Der Wolfsburger Breitensportler wurde auch bei anderen Marken zum Urvater für sportliche Modellreihen. Den Opel Manta GT/E gab es zwar auch schon, aber die Rüsselsheimer rüsteten ihn flugs zum GSi auf und schickten einen hochgemotzten Kadett gleich hinterher. Peugeot stellte die Asphaltfräse 205 GTI auf die Räder. Und auch VW reichten die 110 PS bald nichtt mehr. me Nach und nach kletterte die Leistung Leisstun auf die aktuellen 230 PS beim m GTI GT Performance der nun siebten siebten Golf-Generation. Heute gibt es vom Ford Focus ST g über üb den Mazda 3 MPS bis zum Opel Astra b OPC etliche Kompakte O mit Nordschleifenm Ambitionen. Und mit A dem Golf R32 machte d sich sic der Golf auch selbst noch noc Konkurrenz – mit 250 PSS und un Sechszylindermotor. Im von vier Jahrzehnten m Laufe La hat sich der der Golf G prächtig entwickelt: wurd w Seit dem Start wurden bis heute deutlich üb 30 Millionen Milli S ü k in i sieben i b Modellgenerationen M d ll über Stück gebaut. Aus den anfangs 3,70 Metern Länge sind 4,26 Meter geworden, aus den schlanken 1,61 Metern Breite 1,79 Meter. Und das Leichtgewicht von einst mit rund 900 Kilo Leergewicht erreicht mit dem Hüftgold von heute mindestens 1,2 Tonnen. Dazu kommen ein Kombi und ein Sportsvan mit noch üppigeren Dimensionen. Wo beim Parken früher Übersichtlichkeit und Gehör reichen mussten, gibt's jetzt gegen Aufpreis einen Parkassistenten, der ihn selbstständig in die Lücke lenkt. Tempomat, Spurhalteassistent, Bi-XenonLichtwerfer, 2-Zonen-Klimaautomatik, Sitzheizung, Fahrprofilauswahl,
Abb. © Jürgen Wolff
Meter hoch – heute ist selbst der aktuelle VW Polo mehr als 25 Zentimeter länger. Der Golf machte schnell Karriere und begründete ein neues Fahrzeugsegment: die Kompaktklasse. Oder eben: die „Golfklasse". Schon 1976 wurden mehr als eine halbe Million Stück gebaut. Keine andere Modellreihe von VW kam da auch nur annähernd heran. Die Wolfsburger brachten immer mehr Derivate und Motorisierungen auf den Markt. Im September 1976 nagelte der kleinste und sparsamste PkwDiesel in einem Golf. Mit diesem Motor wurde VW zum größten Produzenten von Dieselmotoren auf der ganzen Welt. Auf dem Genfer Autosalon wurde 1979 das erste Golf Cabrio vorgestellt. Der wegen seines gewöhmund „„Erdbeerkörbchen" Erdbeerkörbchen n" nungsbedürftigen Überrollbügels im Volksmund nn in Osnabrück getaufte offene Golf ging ab 1980 bei Karmann vom Band. Und seit 1979 rollt auch ein Golf über ten gar die Straßen dieser Welt, von dem die meisten nicht wissen, dass es einer ist: Die StufenheckeckLimousine VW Jetta ist mit identischer Technik nik vom Golf abgeleitet und zählt zum Beispiell in der offiziellen Zulassungsstatistik des Kraftfahrtbundesamtes ganz offiziell als Golf. Eine erste Krönung der Baureihe gab es 1976 mit dem 110 PS starken Golf GTI – der erste Ausflug von VW auf die dunkle Seitee ölder Macht: unvernünftig, ungestüm und völurger. lig untypisch für die bieder-drögen Wolfsburger. Frech prangte das GTI-Logo an der linken Seite des
Panoramadach – das Büchlein mit den bestellbaren Zusatzausstattungen ist inzwischen ähnlich dick wie das Taschenbuch zum Auto: „Generation Golf" von Florian Illies. Jürgen Wolff
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Alles nur geklaut geklaut? u W
ir wissen es ja alle: Marilyn rilyn wurde vom CIA ermordet, die Amerikaner sind nie auf dem Mond gelandet, Michael Jackson war ein Alien, und Elvis betreibt ein Diner in Wisconsin. Vor allem aber: Der VW Golf ist ursprünglich in der DDR erfunden worden. Wie für jede gute Verschwörungstheorie, so gibt es auch für diese natürlich unwiderlegbare Beweise. Und ein Körnchen Wahrheit ist – vielleicht – tatsächlich dran. Denn das Problem der Autobauer in der DDR war nicht, dass sie ihr Handwerk nicht verstanden oder keine Ideen gehabt hätten. Ihr Problem war, dass sie nicht durften. Der Trabant etwa war anfangs ein durchaus auch im Westen konkurrenzfähiges Auto. Zu einer Zeit, als Autos wie der Fiat 500, der NSU Prinz, der BMW 600 oder das Goggomobil noch mit Heckmotor und -antrieb unterwegs waren, bauten die Zwickauer den Trabantt P 50 b bereits Frontmotor it mit it F t t und d Frontantrieb. Nur: Auf diesem Konstruktionsstand wurde der Trabant über die Jahrzehnte von den Oberen der DDR eingefroren. Die Ingenieure bei Sachsenring mochten die Köpfe noch so rauchen lassen: Ihre Ideen kamen nie über das Stadium von Studien und Entwürfen hinaus. „Da sind Menschen dran zerbrochen", sagt Klaus-Dieter Fiesinger, Leiter der Automobilen Welt Eisenach. Einer dieser Entwürfe, von dem es nur noch eine vertrauliche Vorlage an die Werksleitung und ein Schwarz-Weiß-Foto auf deren Umschlag gibt, ist der Trabant P 603. Und der sieht dem VW Golf I verblüffend ähnlich: Fließheck, kantige Motorhaube, breiter Kühlergrill. Überraschung: Dieser DDR-Entwurf stammt aus dem Jahre 1966. Der Golf aus Wolfsburg kam erst acht Jahre später auf den Markt. Als nach der Wende die einstmals geheimen Pläne der TrabiKonstrukteure nach und nach auftauchten, begann die Legendenbildung. Eine davon: Der Golf sei eigentlich von der Grundidee her eine DDRErfindung. Wahlweise waren demnach die Pläne des P 603 heimlich f von der DDR an Volkswagen verkauft worden, um an West-Devisen zu kommen. Oder die prickelndere Version: Der Bundesnachrichtendienst habe die Pläne schlicht und einfach geklaut und nach Wolfsburg durchgereicht, um den teilstaatlichen VW-Konzern vor einer drohenden Pleite zu retten. Klingt schön und wie ein Krimi – ist aber kaum plausibel. Rein optisch sieht der P 603 zwar wirklich aus wie der Urmeter des VW Golf. Aber um die Form zu klauen, hätte man sich nicht unbedingt beim sozialistischen Klassenfeind bedienen müssen. Die Zeit war GoodTimes
Von Jürgen Wolff
o offensichtlich einfach reif für dieses Design. Mit dem 1964 vorgestellten Renault 16 war längst d eein Auto mit großer Heckklappe auf den Straßen unterwegs. Und auch der Renault 5 ähnelte 1972 u dem Golf deutlich mehr als der P 603. Der seit d 1964 gebaute Autobianchi Primula hatte ebenffalls eine Vollheckkarosserie wie später der Golf. In Deutschland selbst war lange vor dem ersten VW Golf D der Glas 1004 CL auf dem Markt, den der Italiener d Pietro Frua gezeichnet hatte. P SSelbst in der DDR war die Schrägheck-Studie aus Z Zwickau nicht das einzige Auto, das lange vor dem Golf G ähnlich aussah wie der Golf. Erhalten ist zum Beispiel noch ein knallgrünes Wartburg 355 Coupé aus B dem Jahre 1968. Die Polyester-Karosse des nur 840 d Kilogramm schweren Kil h Wartburg ist glasfaserverstärkt. Ein Zweitaktmotor
mit 55 PS brachte das Auto auf 145 km/h. Unter dem Kleid unterschieden sich Trabant P 603 und VW Golf ohnehin beträchtlich. Der P 603 hätte eine mit Kunststoff beplankte Gitterrohrkarosse gehabt, der Golf bekam eine selbst tragende Stahlkarosserie. In der Wirklichkeit wird nun mal doch langweiliger gekocht als in der Gerüchteküche: Die Amis sind wirklich auf dem Mond gelandet, Elvis betreibt kein Diner in Wisconsin, sondern in Minneapolis – und der Golf ist kein verkappter Trabant. 1/2015
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kult! Von Alan Tepper
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Bücher
Kultbücher – Geschätzt, geliebt, gelobt
ie Nachricht, dass ein großer US-amerikanischer OnlineHändler eine Flatrate für Bücher für Lesegeräte anbietet, hat die deutschen Verlage aufgeschreckt. Mal wieder – wie schon zuvor bei Tonträgern – werden dadurch die Preise und damit einhergehend das Niveau gesenkt. Hier gilt die Devise Mehr ist besser", wobei übersehen wird, dass ge" rade die Konzentration auf und die Auseinandersetzung mit
Literatur die höchsten Werte darstellen, nämlich im besten Fall eine persönliche Entwicklung und die Erweiterung des Wissens, nicht zu vergessen den unterhaltenden Aspekt. Glücklicherweise gilt in Deutschland noch die Buchpreisbindung, die den Kulturträger Buch von einem RamschSupermarktartikel abhebt und den Kulturschaffenden mit geringen Auflagen zumindest noch einen Minilohn sichert.
James Fenimore Cooper – letzte Mohikaner" "Der ames Fenimore Coopers (15. September
James Joyce – "Ulysses" er irische Schriftsteller
Thomas Pynchon – Edge" "Bleeding homas Pynchon (geb. 8. Mai 1937) bedient sich hinsichtlich seiner
Ursula K. Le Guin – linke Hand der Dunkelheit" "Die rsula K. Le Guin (geb. 21. Oktober 1929) hat mit ihren Büchern,
Selbstvermarktung eines ein der strategisch klügsten Schachzüge – er ließ sich nämlich überhaupt nicht in der l Öffentlichkeit blicken und wurde darum Ö iim Laufe der Jahre zu einem Mysterium. SSein Mammutwerk „Das Ende der Parabel" ((englisch „Gravity’s Rainbow") zählt eindeutig zu den Kultbüchern, obwohl die d LLektüre überaus anstrengend und ohne eeinen erklärenden Text kkaum möglich ist. Mit d dem aktuellen Roman begibt sich Pynchon b aauf anspruchsvolles, aaber leichter zugängTerrain. hochindividuellen Still liliches h T i IIn seinem i verknüpft er die Geschichte der Betrugsermittlerin Maxine Tarrow (eine harte Detektivin), die sich mit der New Yorker Unterwelt einlässt, mit einem Handlungsstrang, der eine dem „Second Life" ähnliche InternetPlattform namens „DeepArcher" porträtiert. Die im Jahr 2001 zur Zeit von 9/11 spielenden Handlungsstränge werden vom Autor kunstvoll, wenn auch gelegentlich ein wenig verwirrend ineinander verwoben. Für wagemutige Leser.
die sich im Spannungsfeld Fantasy, fantastische Literatur und p SScience Fiction bewegen, nicht nur ein iimposantes Gesamtwerk erschaffen, sondern zzugleich – im letztgenannten Genre – eine Männerdomäne erobert und ganz nebenbei M die begehrtesten Preise gewonnen. Ihr Roman d aaus dem Jahr 1969 wurde nun zur 50-jährigen Feier „Science Fiction bei Heyne" neben g aanderen wichtigen Titeln neu aufgeT llegt. Er gilt als die eerste GeschlechterUtopie und wird allU gemein der ffeministischen i d i i ti h SF zugerechnet. Le Guin beschreibt den Planeten, dessen Bewohner fast ihr ganzes Leben (bis auf die Zeit der Fortpflanzung) geschlechtslos sind. Die sich aus dieser Konstellation ergebenden Beziehungen, wie zum Beispiel veränderte Machtverhältnisse oder ein anti-dualistisches Denken, werden aus der Perspektive der Terraner anschaulich und plastisch dargestellt. Eins der größten Werke der Science Fiction, das auch heute noch zu Gedankenspielen und Fabulieren anregt.
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1789–14. September 1851) aus der Lederstrumpf-Reihe wurde von vielen wohl wichtigster Band B LLesern meist parallel zu den Karl-May-Romanen „„verschlungen". Obwohl sich die Autoren deutllich unterscheiden, prägten die von ihnen transportierten Bilder die Sichtweise des deutschen p Publikums – besonders in den 50er P und 60er Jahren – hinsichtlich u der Geschichte der USA fundad mental. Coopers fiktives Werk m ((1826) zeichnet sich durch eeinen höheren Realitätsbezug aus, d da es tteilweise il i auf historischen Ereignissen basiert. Während des Krieges der Franzosen gegen die Engländer zur Zeit der Kolonialisierung schildert er das Schicksal von Major Duncan Heyward, der mit seinen indianischen Verbündeten Chingachgook und Uncas von Stamme der Mohikaner seine Geliebte Alice und deren Schwester Cora aus der Gefangenschaft der Huronen befreien will. Neben den Naturdarstellungen fasziniert die Beschreibung des gerade von den Europäern entdeckten Kontinents. Mehr als ein Jugendbuch!
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James Joyce (2. Februar 1882–13. Januar 1941) benötigte benötig beinahe zehn Jahre, um sein allgemein der Hochliteratur zugerechnetes Hauptwerk „Ulysses" H zzu verfassen. Das 1922 publizierte Werk gilt als der d erste Roman, in dem die sogenannte StreamOf-Consciousness-Technik konsequent angewandt O wurde, durch die der Autor w die Gedankengänge seiner d Protagonisten unzensiert darP sstellt, was nach Veröffentlichung zzu Debatten hinsichtlich der angeblichen Obszönität führte. Joyce beschreibt in bli h Ob ö „Ulysses" (deutsch: Odysseus) einen Tag (es ist der 16. Juni 1904) im Leben des Anzeigenverkäufers Leopold Bloom, und zwar meist, aber nicht nur aus seiner Perspektive. All die von ihm – oder den anderen Figuren – wahrgenommenen Eindrücke vereinen sich zum einem Bild von Dublin, bei dem die Gegensätzlichkeit der Stadt zur Geltung kommt. Mediziner, Gelehrte, Geschäftsbesitzer und sogar ein Bordellbesuch werden von Joyce mit sprachlicher Raffinesse, aber auch verwirrenden Einschüben dargestellt. Weltliteratur!
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Siri Hustvedt – Leben, Denken, Schauen" " ie amerikanische Autorin Siri Hustvedt (geb. 19. Februar 1955)
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Foto: ZDF / Dominik Beckmann – Mitten im Leben die Sendung am 18.10.2014 im ZDF
hat sich besonders iin den letzten Jahren den Ruf einer Kultautorin verdient, da ihr Gesamtwerk eine verblüffende Melange d aaus Fiktion, kritischen Essays und wissenschaftlichen Betrachtungen darstellt. Es ist nicht nur die bemerB kkenswerte Sensibilität, mit der sie mit Sprache umgeht, ssondern auch ihre vorzügliche Beobachtungsgabe, durch die sie dem Leser neue Perspektiven vermitd telt. Und ja, man kann Hustvedt auch als intellekt tuelle Feministin bezeichnen, obwohl sie weit vom t Kreisch-und-Zeter-Feminismus einer Alice Schwarzer K entfernt ist und sich eher als Analytikerin der e Wechselbeziehungen zwischen Mann und Frau versteht. Die Frau des W h lb i h ebenso populären Paul Auster hat mit Romanen wie „Die Verzauberung der Lily Dahl", „Was ich liebte", „Der Sommer ohne Männer" und dem wissenschaftlich orientierten „Die zitternde Frau: Eine Geschichte meiner Nerven" beeindruckende Werke vorgelegt, die mit dem in diesem Jahr erschienenen „Leben, Denken, Schauen" ergänzt werden. Das fast 500 Seiten umfassende Buch versammelt diverse Essays zu dem im Titel angegebenen Themengebieten. Biografische Berichte („Gedanken über das Wort Skandinavien"), eine Auseinandersetzung mit ihren neurologischen Störungen („Mein seltsamer Kopf: Anmerkungen zur Migräne") oder ein Kurztext über die Bedeutung der kleinen Dinge, die ein Leben so schön machen („Blumen") zeigen Hustvedts leichte, doch ungemein treffende Sprache. Zum Themenzyklus Denken sind Texte über die Funktion des Lesens zu finden, die Bedeutung der Psychoanalyse oder das sprachliche Klima. Auch hier verzaubert die Autorin, da ihr Stil wie ein Gespräch zwischen intimen Freunden anmutet. Doch die wohl aufschlussreichsten Essays finden sich zum Thema „Schauen", da hier Kunsttheorie, Kunstwerke, Fotografie und sogar Körperlichkeit mit so viel Eindringlichkeit und Gefühl behandelt werden, dass das Lesen einer Lustreise gleichkommt. Lohnenswert, lehrreich und intensiv.
Jack London – Wolfsblut" " ie Bücher von Jack London (12. Januar 1876–22. November 1916)
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Deutschland oft als „Abenteuerromane für Jugendliche" werden in Deut deklariert, obwohl das Werk des Autors aus interd nationaler Perspektive eine offenere und multiple n Würdigung erfahren hat. Ein Grund für die verW kürzende Reduktion ist – speziell bei dem Roman k „Wolfsblut" – sicherlich bei der Erstpublikation des „ Karl-May-Verlegers Friedrich Ernst Fehsenfeld in K der d „Welt der Fahrten und Abenteuer" zu finden, die d eine zwangsläufige Kategorisierung nach sich zog. Doch vergleichbar mit Romanen wie „Der z Seewolf" (1904; 1972 als Weihnachtsvierteiler mit S Raimund R i d Harmstorf H t f verfilmt), „Der Ruf der Wildnis" (1903) oder „Lockruf des Goldes" (1910) bietet der Text mehr Tiefe, als augenscheinlich zu vermuten wäre. Es finden sich die leicht aus Londons Biografie abzuleitenden Themenschwerpunkte wie der Kampf um die eigene Existenz, das Hinterfragen von verschiedenen Gesellschaftsformen, die immanente Gefahr des Scheiterns und natürlich die Möglichkeiten der diversen Entwicklungsverläufe. „Wolfsblut" erschien 1906 zuerst als Vorabdruck im „Outing Magazine" und kurz danach im Buchformat. Die aktuelle Neuübersetzung von Lutz-W. Wolff bei dtv zählt mit zu den besten Übertragungen. Das Werk spielt in Alaska und Kanada und erzählt die Geschichte des Mischlingshundes Wolfsblut und dessen Reise von der Wildnis in die Zivilisation. Nachdem Wolfsblut die brutale Realität der Tierwelt erfahren hat, erlebt er die Welt der Menschen und sammelt unterschiedlichste Erfahrungen. London beschreibt einen Teil der Erzählung aus der Perspektive von Wolfsblut, wodurch er das emotionale Leben des Tieres darstellt. Das mag zwar naturwissenschaftlich nicht korrekt sein, untermauert aber Londons These, dass die Umwelt das Individuum prägt und dessen positive und negative Eigenschaften anregt. „Wolfsblut" schließt mit einem Happy End, was vielleicht ein wenig rührselig wirken mag, aber zugleich auch für Londons Sehnsucht nach einer neuen Humanität steht.
UDO JÜRGENS UND SEINE GÄSTE
MITTEN I M LE B E N – DAS TRIBUTE ALBUM
Das Album zur ZDF-Geburtstagsgala „Mitten im Leben“ mit vielen Gästen wie: ANNETT LOUISAN CHRIS DE BURGH CHRISTINA STÜRMER HELENE FISCHER JAMIE CULLUM JOSÉ CARRERAS LABRASSBANDA LANG LANG OTTO WAALKES ORCHESTER PEPE LIENHARD SANTIANO SCHILLER TIM BENDZKO YVONNE CATTERFELD Die schönsten Songs aus der TV-Sendung und die unvergleichlichen Originalaufnahmen von Udo Jürgens auf einer Doppel-CD. Ab dem 17.10.2014 überall erhältlich!
Von Roland Schäfli
Darryl F. Zanucks D-Day-Epos als Mutter aller Kriegsfilme An den Jahrestagen der alliierten Invasion treffen sich noch immer Zeitzeugen, Touristen und sogenann- D te Reenactors in der Normandie. Die fulminante
ie ersten 24 Stunden der Invasion werden entscheidend sein. Das wird für die Alliierten, aber auch für die Deutschen der längste Tag." Feldmarschall Erwin Rommel konnte nicht „ ahnen, dass seine prophetischen Worte 1961 den ambitioniertesten aller Kriegsfilme inspirieren würden. Aus der spektakulärsten Operation des Krieges, dem D-Day am 6. Juni 1944, will Darryl F. Zanuck, einst Hollywoods Wunderkind, Begründer der 20th Century Fox, 15 Jahre später den größten Kriegsfilm aller Zeiten machen. Er hegt sogar die Absicht, mit seinem Monumentalwerk die Menschheit dahin zu bewegen, ganz aufs Kriegsführen zu verzichten. „Der alten Generation zur Erinnerung – der jungen zur Mahnung" wird sein Anspruch auf deutschen Kinoplakaten übersetzt.
Verfilmung der Entscheidungsschlacht, " The Longest Day", hat das Ihre dazu beigetragen, dass der D-Day in Erinnerung bleibt. An den Originalschauplatzen verschmelzen Historie und Filmgeschichte. Seite
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war er an der waghalsigen Einnahme der Brücke über die Orne (später in Der „General", wie Zanuck von seinen Untergebenen genannt wird, ist ein Hollywood-Tycoon mit dem unvermeidlichen Nimbus der Autorität Pegasus Bridge umbenannt) beteiligt und spielt nun seinen damaligen – und der omnipräsenten Zigarre –, und tatsächlich führt er eine ganze Kommandeur, Major John Howard. Peter Lawford, John F. Kennedys Armee an. Fünf Regisseure (für die deutschen Szene verpflichtet er Schwager, gibt den legendären Briten Lord Lovat (der wenig erfreut ist, Bernhard Wicki, der mit „Die Brücke" ein von einem „Salonlöwen” starkes Antikriegs-Statement abgeliefert verkörpert zu werden). hat) belichten während zehn Monaten R e s is t a n c e - K ä m p f e r i n simultan an 31 Drehorten insgesamt 66 Janine Boitard wiederum Stunden Material. „Eisenhower hatte seine kann sich nur wundern, als Armee und seine Ausrüstung", resümiert sie das französische Model Zanuck, „ich musste meine finden!" Der Irina Demick erblickt: „So Streifen ist ein logistisches Meisterwerk: hübsch war ich doch gar 600.000 Schuss Platzpatronen werden nicht!" Insgesamt wachen in fünf Ländern von Hand hergestellt, 48 technische Berater 800.000 Dollar kostet es, die friedliüber jedes Detail. Und chen Strände der Normandie nochmals in General Charles de Gaulle höchstpersönlich droht den Atlantik-Wall zu verwandeln. 63.000 Ortsansässigen mit einer warme Mahlzeiten werden ausgegeben, Klage, wenn sie sich weiGetränke für 950.000 Dollar konsumiert. ter über die Filmarbeiten Und es wird genug Holz herangeschafft, beschweren ... um ein ganzes Dorf zu errichten, nur um es mit Hilfe von 15 Tonnen Sprengstoff Szene auf der Pegasus-Brücke, die heute in einem Stück im Museum steht. Auch die deutschen dann wieder zu zerlegen. 25.000 brennende Reifen produzieren die malerischen Rauchwolken, die durch Militärs geben ihren Darstellern Schützenhilfe. General Günter die Szenerie wehen. 30.000 Meter Stacheldraht werden gezogen. An Blumentritt instruiert Curd Jürgens, Major Werner Pluskat, der in den Originalschauplätzen werden Einschlagstellen neu aufgesprengt, seinem Bunker als Erster die alliierte Flotte erblickt, gibt dafür Hans Flammenwerfer versetzen Christian Blech Tipps, und selbst Erwin Rommels Witwe Wird von der Dorfbevölkerung jedes Jahr eingerichtet: die Botanik in den Zustand zählt zu den „technical advisors". Sie sorgt dafür, dass eine der Fallschirmspringer am Kirchturm. des Kriegschauplatzes. originalgetreue Nachbildung von Rommels FeldmarschallsGedenkstellen für die Stab hergestellt werden kann. Gefallenen werden „getarnt" (nicht ausnahmslos erfolgAls Vater dieses Kriegsfilms darf Zanuck es wohl als reich: Auf der höchsten Stelle Kompliment verbuchen, dass ein Sergeant, der damals am des Pointe du Hoc, der Klippe, Omaha-Beach an Land watete, angesichts der historisch die von Rangern erklommen so getreu rekonstruierten Verheerung am Strand verwunwird, ragt in einer Aufnahme dert äußerte: „Es ist, als erlebte ich den schrecklichsten das Monument für die Toten Augenblick meines Lebens noch einmal." ins Bild). Von Modellen will Zanuck nichts wissen. Für eine Szene jagt er einen Zug mit Dass die einstigen Feinde, die Deutschen, so objektiv 14 Waggons in die Luft. In dargestellt wurden, hat nicht zuletzt damit zu tun, dass den Studios de Boulogne in Deutschland seinerzeit zum wichtigen Bündnispartner in Paris wird in 52 Dekorationen der Nato wurde. So dürfen sich die einstigen Gegenspieler agiert. mit viel Mitgefühl bekämpfen. Bezeichnend ist Curd Jürgens’ Formulierung: „Jetzt frage ich mich, auf welcher Seite der liebe Gott steht", da John Wayne auf der anderen So läppern sich schließlich zehn Seite denselben Gedanken ebenfalls formuliert: „Sometimes Millionen Dollar Gesamtkosten I wonder which side God’s on." Zanuck beweist zudem zusammen. Und der teuerste Fingerspitzengefühl bei der Auswertung des Films im deutschsprachiSchwarzweißfilm aller Zeiten soll dann auch der erfolgreichste werden gen Raum. Fotos belegen, dass eine Szene, in der die französischen (bis er an der Spitze von „Schindlers Liste" abgelöst wird). Dabei hätte Partisanen von SS-Männern massakriert werden, zwar abgedreht „Der längste Tag" leicht noch mehr kosten können. Doch sein Rang – aber nicht verwendet worden ist. Und letztlich sorgt die deutsche als Colonel öffnet Zanuck die Türen zu den Ministerien der NatoStaaten. So bekommt er eine Flotte von 22 Schlachtschiffen Who's who der Filmgeschichte: Hier geht Jesus"- Synchronisation einmal mehr " zum Schnäppchenpreis. Und die 6. US-Flotte spielt für ihn den dafür, einem unangenehmen Darsteller Jeffrey Hunter an den Strand. Angriff auf Omaha-Beach nach. Das hat ein Nachspiel. Denn Moment eine andere Bedeutung zu verleihen: In einer kontrojust im Moment, da Nato-Soldaten für Hollywood schauspievers diskutierten, ja berüchtiglern, wird die Berliner Mauer aus dem Boden gestampft. Die ten Szene mäht Tommy Sands US-Regierung ordnet daraufhin eine Untersuchung an. In der (ein Rock’n’Roll-Idol, damals Folge muss das Pentagon die Kooperation mit Filmemachern mit Nancy Sinatra verheiratet) auf ein Minimum beschränken ... ins Freie irrende, „bitte, bitte!" flehende Deutsche kurzerhand Mit Preisabschlag kriegt Zanuck auch sein Rekordaufgebot von nieder. Worauf er mit kaum 42 internationalen Stars zusammen. Wenn im „längsten Tag" zu überbietendem Sarkasmus eine Tür aufgeht, kommt üblicherweise ein alter Bekannter kommentiert: „I wonder what herein. Zanuck arrangiert, dass die Schauspieler ihre histori‚bitte, bitte' means." Die deutschen Vorbilder leibhaftig treffen. General James Gavin, im sche „Übersetzung" legt ihm Film von Robert Ryan portraitiert, ist seinerzeit US-Botschafter hingegen die Worte: „Tut mir in Frankreich und gibt den Dreharbeiten in den Pariser Studios leid, ich hab' zu spät geschaltet" seinen Segen. Für Richard Todd, den populären britischen in den Mund ... Akteur, ist die Filmarbeit gar ein Déjà-vu. Als Fallschirmjäger
Die „guten Deutschen „
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Die Schauplätze in der Normandie Pointe du Hoc
An der schroffen Felsenküste, der Pointe du Hoc, wurde der unmöglich scheinende Einsatz der US-Rangers inszeniert. Der Bunker, der Ein bahnbrechender Moment in der Der Bunker auf Pointe du Hoc. Kriegsfilmgeschichte: Tommy Sands im Film von erschießt sich ergebende Deutsche. den TeenagerIdolen Paul Anka, Tommy Sands, Fabian und Robert Wagner erstürmt wird, ist noch immer zu finden, ebenso wie die Stelle, an der die berüchtigte „Bitte, Die Pariser Studios bitte"-Szene entstand. in der Nähe des Bois Das Monument für die US-Ranger auf Pointe du Hoc. 1984 ehrte Ronald Reagan hier die Gefallenen.
Studios de Boulogne, Paris
de Boulogne, in den 60er Jahren Produktionsstätte so manches internationalen Films, haben heute nur noch Bedeutung als TV-Studio. Hier ließ Zanuck 52 verschiedene Kulissen für Innenaufnahmen bauen.
Longue-sur-mer Die Küstenbatterie bei Longue-sur-mer ist in mehreren Nachtszenen zu sehen. Die Befehlsstelle in diesem Abschnitt, ein gut erhaltener Bunker direkt an den Klippen, war Drehort der Szenen mit Hans Christian Blech. Die Rückseite ist in einer dramatischen Aufnahme zu erkennen, in der Deutsche aus dieser Stellung stürmen.
Charakterschauspielers Jean-Louis Barrault aufgenommen. Entlang dieser Straße führten deutsche Soldaten französische Gefangene ab. Der Krieg war damals noch nicht lange vorbei, und die Menge musste beruhigt werden: „Es handelt sich nur um Statisten!"
Port-en-Bessin Invasion!": Die Küstenstellung, in der Hans " Christian Blech die Armada der Alliierten erblickt, wurde für die Aufnahmen mit neuer Tarnfarbe bemalt, die Einschusstellen wurden aufgefüllt.
Dieses malerische Küstenstädtchen stellt im Film Ouistreham dar und wurde für
die ambitionierte Helikopteraufnahme während zweier Wochen evakuiert. Unverändert auch
Utah Beach Während alle anderen Strandszenen in der Nähe von La Rochelle aufgenommen wurden, stand am historisch korrekten Utah Beach Henry Fonda
vor der Kamera – der Schauplatz dieser Einstellung wird heute von einer Statue eingenommen.
Sainte-Mère-Eglise Die Bevölkerung von Ste-MèreEglise stellt sicher, dass in den JuniWochen ein Fallschirmspringer am Kirchturm hängt, eine historische Begebenheit, die im Film ebenfalls für eine dramatische Sequenz sorgte. Im Innern der Kirche wurde die eindringliche Predigt des französischen
Das Wahrzeichen des D-Day: Jeden Juni hängt ein Fallschirmjäger hilflos am Kirchturm von Ste-MèreEglise.
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die Straße, auf der die Nonnen unter Leitung der französischen Actrice Madeleine Renaud den verwundeten Franzosen zu Hilfe eilen, sowie der mittelalterliche Turm. Ein amüsanter, wenn auch ungewollter Hinweis auf die Dreharbeiten ist dieses Haus: Die Beschriftung „Bazar de Ouistreham” taucht nach all diesen Jahren unter der Farbe wieder auf.
Pegasus Bridge, Bénouville 1992 wurde die Brücke über den Orne-Kanal in ein nahegelegenes Museum verfrachtet, das vielleicht größte Filmrequisit aller Zeiten. Richard Todd, der am D-Day tatsächlich an dieser Operation teilnahm, vermachte seine Ausrüstung dem Café Gondrée (das erste befreite französische Haus des Krieges), wo sie bis heute ausgestellt ist.
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Halten, bis Entsatz " kommt": die Pegasus Bridge, das vielleicht größte Filmrequisit aller Zeiten.
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Reise um die Welt in 50 Jahren E
s gab so vieles, was die Kinder in den 70er Jahren im Westen Deutschlandss von denen im Ostteil unterschied: Die einen kauten Hitschler, die anderen Jamboree, die einen tranken Kaba, die anderen Trinkfix, x, und selbst das Sandmännchen sah irgendwie wie anders aus. Eines aber einte uns alle, und dass waren die polnischen Trickfilmbrüder Lolek und Bolek. Wir konnten sie in verschiedenen Kindersendungen wie „Mischmasch", „Spaß muss sein", „Alles Trick" oder „Tri-Tra-Trick" in n der ARD genauso finden wie im Fernsehen der DDR – und dazu auch noch im Kino. Lolek und Bolek stammen aus Polen und heißen eigentlich „Bolka i Lolka". In einem südpolnischen Experimentalfilm-Studio hattee der Animationszeichner Alfred Ledwig die Figur gur des langen, schlaksigen Bolek als Beitrag für ür eine Ausschreibung erfunden und sein Kollege Leszek Lorek den kleinen pummeligen Lolek. Lorek verkaufte seine Rechte an Ledwig, der die Figuren uren weiterentwickelte und 1963 gemeinsam mit dem Regisseur Wladyslaw Nehrebecki eine 13-teilige Serie mit kurzen Episoden entwarf. Damit war das berühmte Trickfilm-Duo geboren. Lolek und Bolek sind also genauso alt wie George Michael, Brad Pitt und Johnny Depp. Zu Z einer Zeit, in der d den Bewohnern der sozialistid schen Staaten s die große, weite d Welt verschlossen W blieb, schien es b für die polnischen f Trickfilmbrüder Lolek und Bolek L k keine Grenzen zu g geben. Sie reisten in d Wilden Westen, den Seite
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na Polynesien oder Afrika und in 80 Tagen um die nach W Welt. Sie lernten dabei höchst interessante Menschen und un exotische Kulturen kennen und blieben trotzdem ganz normale Geschwister, die Streiche spielten, sich vorm Zahnarzt Gesch drücken wollten, sich zankten und am m Ende dann doch wieder lieb hatten. Lolekk und Bolek durften genau das, was diee meisten ihrer Fans eben nicht durften:: jede Menge Unsinn anstellen, schadenfroh h sein – und reisen. Und weil die Filmchen n so witzig, so originell, gewaltfrei und kein n bisschen ideologisch gefärbt waren, stand d Lolek und Bolek die Welt bald nicht nur in ihren Abenteuern offen: Sie traten einen Siegeszug um den gesamten Globus an, es gab Spielzeug, Puzzles und Postkarten von ihnen, und ihre Popularität ist bis i Milli d M h heute ungebrochen. Mittlerweile haben sie üb über eine Milliarde Menschen in mehr als 80 Ländern glücklich gemacht, ihre Landsleute errichteten ihnen ein eigenes Denkmal in ihrem polnischen Geburtsort, und in
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nicht wieder. Trotz dieser angespannten Atmosphäre zeichnete er in den folgenden Jahren jedoch wieder Storyboards für Lolek und Bolek, so zum Beispiel für die 1975 entstandene Staffel „Spaß und Spiele mit Lolek und Bolek", wobei er immer mehr an den Rand gedrängt wurde und sein Name im Vorspann immer weiter nach hinten rutschte. In der Folgezeit erschienen außerdem die zwei großen Lolek-undBolek-Spielfilme. 1977 startete – frei nach Jules Vernes „In 80 Tagen um die Welt" – „Die große Reise von Lolek und Bolek". Darin bekamen die Trickfilmbrüder zum ersten Mal eine Stimme, weshalb es verschiedene Synchronfassungen gibt. 1986 erschien mit „Lolek und Bolek im Wilden Westen" ein wa waschechter Western mit Pferden, Sheriff, G Gaunern und natürlich den beiden polnischen Brüdern. Zwei weitere Filme aus den s Achtzigern, „Märchen mit Bolek und Lolek" A und u „Bolek und Loleks Ferien", kamen bei uns nicht in die Kinos. Es handelt sich dabei allern dings auch nur um eine Zusammenstellung d von vo Serienepisoden. Die beiden erstgenannten Filme aber liefen im Ausland äußerst erfolgreich Fil und spielten Devisen ein. Ledwig, Ledwig der inzwischen in ärmlichen Verhältnissen lebte, weil we er wie auch seine Frau mit Berufsverbot belegt worden word war, sah schließlich einen letzten Ausweg in Ausreise nach Deutschland. Doch er musste i seiner i A einen hohen Preis dafür zahlen: Das Visum für sich und seine Familie bekam er nur gegen die Einräumung der Rechte an Lolek und Bolek für weitere fünf Jahre. 1981 siedelte Ledwig nach Leverkusen über. 1986 endete die erzwungene Vereinbarung, und ein langandauernder erbitterter Rechtsstreit um das Trickfilmduo begann, der bis vor den Europäischen Gerichtshof gelangte und dafür sorgte, dass die Trickfilme viele Jahre nicht im polnischen Fernsehen gezeigt werden konnten. Den Ausgang des Verfahrens erlebte der inzwischen von Sozialhilfe lebende Ledwig nicht mehr. Er starb 2006. Was bleibt, sind die beiden Trickfilm-Brüder Lolek und Bolek, die um keinen Tag gealtert sind und in denen sich Kinder auf der ganzen Welt wiederfinden. Die Fans der ersten Stunde sind inzwischen längst f Eltern oder sogar Großeltern, und so erfreuen sich mittlerweile drei Generationen an den zeitlosen Abenteuern von Lolek und Bolek. Kati Naumann
sind, so traurig ist das Schicksal ihres Schöpfers Alfred Ledwig. w Weil wig. er für die systemfeindliche Bewegung Konfederacja Narodowa od dowa (Nationale Konföderation) Grafiken gezeichnet hatte, wurde rd de er 1971 inhaftiert und zu zweieinhalb Jahren Haft verurrteilt. Während dieser Zeit wurden weitere umfangreichee Folgen von Lolek und Bolek produziert und Ledwig von n der Umsatzbeteiligung ausgeschlossen. Aus diesem Grund nd d erneuerte er den ausgelaufenen Lizenzvertrag im Jahr 1 1973 973 GoodTimes
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© DEFA-Stiftung / Stanislaw Golab, Dorota Poraniewska, Marek Waczek, Ryszard Biesok, Stanislaw Golab, Henryk Pollak, Andrzej Malarski
Deutschland und Indien wurden sogar Schulen nach ihnen benannt. In den kurzen fünf- bis zehnminütigen Episoden der Trickfilmserie waren Lolek und Bolek stumm, was natürlich die internationale Vermarktung erleichterte. Die preisgekrönte Pilotfolge „Kusza – Die Armbrust" erschien 1964. Darin lassen sich die Brüder von einem Wilhelm-Tell-Gemälde zu reichlich viel Unsinn mit einer Armbrust inspirieren. Bis 1986 brachte es die Serie auf über 150 Kurzfilme. Ledwig war meistens für die Storyboards yboards verantwortlich, Nehrebecki führte Regie, und Leszek zek Mech schrieb einen Großteil der Drehbücher. 1973 3 kam chen eine weitere Figur dazu, das rotbezopfte Mädchen Tola, für das sich Lolek und Bolek mächtig in n Schale werfen und bessere Manieren zulegen sollten, was natürlich immer schiefging. Tolaa trat in insgesamt 29 Folgen auf und soll ein Wunsch der Zuschauerinnen gewesen sein. In der DDR erschienen ab Mitte der 70er Jahre im sorbischen Domowina-Verlag in Bautzen großformatige dünne Comic-Hefte mit Lolekk und Bolek. Die Zeichnungen dafür stammten en alle von Alfred Ledwig. Die Bücher basierten auf den Episoden von „Lolek und Bolek reisen um m die Welt". Auch zwischen zwei Buchdeckeln gab b es also für die reiselustigen Brüder keine Grenzen, und so durften sie hier „In die Steppen Australiens" und in „Die goldene Stadt der Inkas" reisen, sahen „Die Tiere der Serengeti" und streunten „In den Wäldern Kanadas". Diese Heftchen waren heißbegehrt, ständig vergriffen und wurden in den Folgejahren immer wieder neu aufgelegt. So leicht und witzig die Geschichten von Lolek und Bolek
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enn ich Mitte der 1980er Jahre mit meinen „Jungs” eine Diskothek heimsuchte – und wir suchten in jener Ära ziemlich oft Diskotheken heim, denn wir waren alle um die 20, der Balzmotor lief auf Hochtouren –, gab es immer Songs, bei denen es logisch war, dass man sie als „männlich, ledig, jung” unter musikalischen und unter Coolness-Aspekten nicht mögen durfte. Ebenso logisch war es jedoch, dass genau bei diesen Liedern die Chance bestand, das einzulösen, weshalb man als junger Mann überhaupt eine Disco von innen sah – um die Nähe zum anderen Geschlecht herzustellen und im besten Fall spätnachts den Schuppen mit der frisch Angebeteten Hand in Hand zu verlassen.
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anz oben auf der Liste dieser „Anbandel"Garanten standen zwischen 1985 und 1987 die Titel eines Duos, das sich aus dem Rheinland-Pfälzer Sänger Thomas Anders, der eigentlich Bernd Weidung heißt, und dem niedersächsischen Sänger, Musiker, Komponisten und Produzenten Dieter Bohlen zusammensetzte. Der Name des Duos: Modern Talking. Von beiden Herren – Anders Jahrgang 1963, Bohlen 1954 – hatte man bis zur Gründung des Projekts in der Musikszene nichts gehört, wenngleich zumindest der Ältere bereits einige Achtungserfolge als Produzent vorzuweisen hatte.
diese am 28. Januar 1985 die nationalen Top Ten enterte. Doch nachdem im Frühjahr 1985 THE 1ST ALBUM in den Handel gekommen war, gab es kein Halten mehr für Modern Talking, die aus einem unerschöpflich scheinenden Fundus aus sich ähnelnden, dabei stets extrem eingängigen Kompositionen zu schöpfen schienen.
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n kurzer Abfolge entstanden mehrere Dutzend Singles und fünf weitere Alben, ehe 1987 abrupt der Schlussstrich gezogen wurde – Anders und Bohlen gingen im Streit auseinander, hatten bis dato allerdings mehr als 60 Millionen Tonträger verkauft. Und sie waren 1986 die erste westliche Band überhaupt gewesen, die ihre Platten offiziell hinter dem Eisernen Vorhang in der damaligen Sowjetunion verkaufen durfte.
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ohlen und Anders lernten sich zu Beginn der 80er Jahre kennen, 1982 produzierte der Niedersachse sechs Singles des Pfälzers in deutscher Sprache, allerdings ohne kommerziellen Erfolg. Zwei Jahre später hatte Bohlen die Idee für ein Popmusik-Duo, dessen Sound für einen hohen und sofortigen Wiedererkennungswert der Lieder, gepaart mit eher rustikaler Tanzkompatibilität stehen sollte. Die Berliner Plattenfirma Hansa war zunächst von diesem etwas hemdsärmeligen Konzept nicht recht überzeugt und investierte erst mal wenig. Es dauerte dann schließlich auch drei Monate von der Veröffentlichung der ersten Single "You’re My Heart, You’re My Soul” im Oktober 1984 an, bis Seite
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ber zehn Jahre nach dem Split kamen die beiden Streithähne dann durch Vermittlung der Plattenfirma Sony BMG für fünf Jahre erneut zusammen. Auch in jener Phase ihrer Existenz veröffentlichten Modern Talking sechs Alben, wieder wurden gut 60 Millionen Tonträger losgeschlagen – und wieder trennten sich Anders und Bohlen letztlich im Streit. Und nun ist das Doppelalbum 30 auf den Markt gekommen, da Modern Talking 30-jähriges Jubiläum feiern, es ist eine Art „Best Of”-Kompilation, erhältlich in diversen Formaten, gepaart mit brandneuen Mixes von angesagten DJs etc. „Modern Talking genießen 2014 eine hohe Priorität bei uns, da wird in den nächsten Monaten rund ums Thema etliches passieren”, freut sich Christian Stronczek, Senior Product Manager von Sony Music. Zu einer erneuten Reunion von Anders und Bohlen wird es zunächst zwar nicht kommen – doch wer weiß schon, was die Zukunft bringt? Irgendwie ist dieses Duo jedenfalls einzigartig; ich persönlich verbinde jedenfalls (siehe oben) eine Menge angenehmer Erinnerungen mit ihren Liedern. Einzigartig ist das Duo übrigens auch für Thomas Anders, wie dieser im Interview gesteht ...
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Interview
Thomas Anders
Vor 30 Jahren wurden Modern Talking ins Leben gerufen, die Plattenfirma nimmt dieses Jubiläum nun zum Anlass, um nochmals groß die Werbetrommel dafür zu rühren – welches Gefühl beschleicht Sie bei diesem Jahrestag? Es zeigt mir, dass Modern Talking immer noch eine starke Marke sind. Und dass die Musik von Modern Talking die Menschen berührt.
Dieter schrieb die Songs und schickte sie mir auf MC. Es waren meistens 40 bis 50 Titel. Ich traf meine Vorauswahl, und es blieb etwa die Hälfte der Songs übrig. Danach selektierte Dieter wieder, und wir nahmen dann die Songs für das kommende Album auf. Bei „Modern Talking 2.0” komponierte ich auch Songs für die Alben.
Wie stolz sind Sie rückblickend auf den kreativen wie kommerziellen Erfolg von Modern Talking?
Welchen Stellenwert hatten die Texte bei den Songs – entstanden die zuerst, oder wurden bereits fertige Kompositionen mit Texten ergänzt?
Ich bin stolz darauf, dass gerade in unserer – mittlerweile so kurzlebigen – Unterhaltungsbranche die Musik von Modern Talking Jahrzehnte überlebt hat. Unsere Musik wurde meistens von den Kritikern belächelt und nicht ernst genommen. Der weltweite Erfolg von Modern Talking zeigt aber, dass Kritiker auch nur Menschen sind, die irren können.
Die Texte waren ganz wichtig! Okay, kein ModernTalking-Text ist Pulitzerpreis-verdächtig … Aber das Talent von Dieter lag darin, die richtige Balance zwischen Melodie und Silben zu finden. Hätte ich bei "Cheri Cheri Lady" beispielsweise „I just wanna love you" gesungen, wäre es nie der Hit geworden, den man heute noch trällert.
War dieses Duo stets eine kreative Zweckgemeinschaft, oder gab es durchaus Phasen, in denen Sie und Ihr Partner Dieter Bohlen Freunde waren?
Wie stolz waren Sie – und sind Sie bis heute –, dass Modern Talking 1986 die erste westliche Band waren, die in der damaligen Sowjetunion ihre Alben offiziell verkaufen durfte?
Zweckgemeinschaft klingt in diesem Zusammenhang für mich zu nüchtern und gefühllos. Unsere Musik wäre ohne Emotion niemals so erfolgreich geworden. Ich würde unsere Zusammenarbeit gerne als Partnerschaft sehen.
Gemeinsam fröhlich, obwohl die Situation nicht immer zum Lachen war: Dieter Bohlen (l.) und Thomas Anders Die Musik von Modern Talking steht beim zweiten Versuch, ein harmonisches Duo für Lebensfreude und Leichtigkeit. Der abzugeben. Widererkennungswert kam durch Stimme, Produktion
Wie wichtig war bei Modern Talking neben der Musik der Image- und Outfit-Aspekt?
Es war uns damals nicht recht bewusst, was wir und unsere Musik für die Menschen in der damaligen UdSSR bedeuteten. Heute, nachdem ich viele Konzerte in Russland gegeben habe und noch gebe, ist mir bewusster denn je, wie erfolgreich die Musik von Modern Talking dort ist.
Als zehn Jahre nach der Trennung von Modern Talking Dieter Bohlen den Vorschlag unterbreitete, 1997 das Duo wiederzubeleben, willigten Sie ein – mit welchen Gefühlen?
und den Sound.
Wie wichtig war dem Duo der Tanz- und sofortige Wiedererkennungswert der Kompositionen? Zu Beginn unserer Karriere hat alles gepasst! Musik, Outfit und damit auch das Image. Ich glaube, hätte bei uns „Friede, Freude, Eiertanz" geherrscht, würde es „30 Jahre Modern Talking nicht geben.
Hatten Sie mit einem solch gewaltigen Erfolg gleich mit der ersten Single gerechnet, oder kam dieser völlig überraschend für Bohlen und Sie? Die damalige Diskothekenszene machte diesen Song zum Hit. Ende November 1984 lagen wir bei 6000 verkauften Singles, Anfang Januar 1985 bei 60.000. Ohne TV und ohne Radio! Was danach kam, ist Musikgeschichte.
Erinnern Sie sich noch, unter welchen Umständen Modern-Talking-Kompositionen in der Regel entstanden, gab es dabei gewisse Rituale? GoodTimes
Es war nicht Dieter Bohlen, der den Vorschlag unterbreitet hat. Es war die Idee unserer damaligen Plattenfirma Hansa sowie des damaligen Unterhaltungschefs vom ZDF, Axel Beyer. Beide Parteien hatten die Idee, Modern Talking bei der TV-Sendung „Wetten, dass …?" mit einem Comeback zu starten. Ich war zu dem Zeitpunkt in Los Angeles, und unser Anwalt Götz Kiso vereinbarte ein Treffen mit mir und erzählte dabei von der Idee. Ich bat um die Bedenkzeit von einer Woche. Danach willigte ich ein. Wie sieht die künstlerische Zukunft von Modern Talking, wie die von Thomas Anders aus? Eine künstlerische Zukunft von Modern Talking ist mehr als unwahrscheinlich. Ich, als Thomas Anders, gebe jedes Jahr viele Konzerte, die eine Mischung aus Modern-Talking-Songs und Solotiteln beinhalten. Kürzlich hatte ich in einer Show 50.000 Zuschauer in Odessa. Im November trete ich in Santiago de Chile auf. Im Dezember bin ich im Baltikum m auf Tournee. Und im Januar geht's nach Ungarn, im Februar nach Polen. Daneben arbeite ich an n einem neuen Album für das Jahrr 2015. Das Schöne für mich liegtt darin, dass ich nach all meinen n Erfolgen nicht den Druck verspüre, mich unbedingt jemandem groß aushändigen zu müssen. Michael Fuchs-Gamböck 1/2015
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Drei Jahrzehnte dabei – immer noch zeitgemäß: Modern Talking
Sophia Loren:
Alles „zu groß“ – und trotzdem ein Star talien hat Pizza und Pasta – und Sophiaa Loren. Der Filmstar könnte nicht besserr das verkörpern, was Land und Menschen n in Südeuropa ausmacht: Temperament, überbordende Präsenz, Leidenschaft – und wunderbare Küche. Die Loren vereint alles in sich. Das zeigt sie nicht nur in ihren mehr als 100 Filmen, die sie in über 64 Jahren Karriere gedreht hat. Auch mit Kochlöffel und Spaghetti-Sauce kann siee eben sehr gut umgehen: Erst jüngst wurde ihr hr Kochbuch „In Cucina con Amore" („Mit Liebe in der Küche") von 1971 neu aufgelegt ... Ein ideales ales Geschenk für die große Leinwand-Diva, die am m 20. September ihren 80. Geburtstag gefeiert hat. Das Kochen ist für sie ein schönes Hobby geblieben, eben, die Schauspielerei indes ihre wahre Berufung gewesen. esen. eschult, Von der ehrgeizigen Mutter fürs Filmbusiness geschult, ist der erste bekannte Film,, in dem sie mitwirkt, t, das Epos „Quo Vadis?" „ adis?" mit Anthony Quinn in A der Hauptrolle. d ptrolle. Das iist 1951. Eine kleine Nebenrolle. Nebenrolle Einige unbedeutende Auftritte E ffolgen, bevor Sophia LLoren mit „Weiße Frau in Afrika" und F „„Aida" größere Rollen bekommt. b Beinahe hätte Sophia B üppige LLorens Erscheinung ihr jedoch E den Durchbruch verd masselt. Ihr späterer m Ehemann, der mehr als E 20 Jahre ältere erfolg2 rreiche Filmproduzent Carlo Ponti, entC deckt die große d Neapolitanerin mit den N r rot-braunen Locken u und den honigfarbeFoto: © Davids/Bildarchiv Hallhuber/1979 Firepower
Foto: © Davids/Bildarchiv Hallhuber/Stadt der Verlorenen
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Die Frau vom Fluss Foto: © Davids/Bildarchiv Hallhuber
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nen Augen Anfang der 50er Jahre bei einem Schönheitswettbewerb Schönheitswettbewerb. g Wieder ist sie nur Zweite geworden. Sie habe von allem zu viel, heißt ees damals von der Jury. Und genau das beklagen auch die Kameramänner, denen b Ponti sie schmackhaft machen möchte. P Die Lippen? Zu groß. Der Ausschnitt? Zu D aausladend. Die Nase? Zu lang. Aber sie hat Glück. 1954 ist der italieniA ssche Regisseur Vittorio De Sica ebenso vvon ihr begeistert wie Ponti. Sein „Gold vvon Neapel" bedeutet ihren Durchbruch in IItalien. Die einheimische Presse überschlägt ssich. Sophia Loren ist in aller Munde, füllt aauch mit ihrem privaten Lebenswandel ((ihr Berufs- und Lebenspartner Ponti ist v verheiratet – nur nicht mit ihr; im kathol lischen Italien eine nicht hinnehmbare A Angelegenheit) die Zeitungsseiten. 1955 – mit 21 Jahren – kann sie bereits mit 36 F Filmen aufwarten. Einfach alle sind von
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ohrigen Marcello und einer verführerischen Sophia. Herrlich anzusehen im Episodenfilm „Gestern, heute, morgen". 1963 von De Sica gedreht, bekommt er 30 Jahre später eine Hommage: „Prêt-à-Porter" – ein ironisches Werk über die gleichnamige Modenschau in Paris mit einem Stelldichein der Stars – bringt Loren und Mastroianni vor dessen Tod ein letztes Mal vor der Kamera zusammen. Und wie schon 1963 strippt sie wieder für ihn.
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Ganz offiziell das gelingt ihr iim P Privatleben i ll geheiratet h i t t zu werden, d d li t ih i tl b lletztt t lich dann doch noch. 1966 kann sie – nach der Annullierung der ersten Hochzeit – endlich für alle Señora Ponti werden. Und wie Filumena in „Hochzeit auf Italienisch" (1964), die sie verkörperte, schenkt sie Ponti Söhne: Carlo jr. (*1968), heute Dirigent, und Edoardo (*1973), heute Regisseur. Sie tritt kürzer, dreht Filme mit tragischen Figuren, wie etwa die todkranke Adriana an der Seite von Richard Burton in De Sicas „Die Reise nach Palermo" (1974). Als Jennifer Chamberlain erlebt sie in „Cassandra Crossing" (1977) an Richard Harris' Seite eine Zugfahrt der g besonderen Art. Und im Kampf um die Freiheit ihres Sohnes ist ihr in „Das Urteil" (1974) jedes Mittel recht gegen den Richter (wunderbar gespielt von Jean Gabin). 1977 dreht sie abermals mit Marcello Mastroianni: „Ein besonderer Tag" – ein dramatischer Film. Auch die leisen Töne passen zu dem eingespielten Duo. Er als ihr Nachbar, den sie – die einfache Hausfrau mit sechs Kindern und einem faschistischen Mann im Italien des Jahres 1938 – anflirtet. Es ist ihr letzter bedeutender ll in i „Prêt-à-Porter" P êt à P t " 1994 und d ein i Film, bevor sie sich mit der Nebenrolle Jahr später mit der Hauptrolle neben Walter Matthau in der Komödie „Der dritte Frühling" wieder ins Gespräch bringt. Zu tun hat sie denFrü noch viel: mit einem Steuerskandal, wegen dem sie n gut g zwei Wochen in Italien im Gefängnis sitzt, und der erst e jüngst – nach 40 Jahren Gerichtsstreit – zu ihren Gunsten ausging. Und mit dem Aufziehen ihrer Söhne, G nebenbei ein paar TV-Rollen sowie ihrem humanitären n Engagement. Nach ihrem ersten Oscar für die Rolle E eeiner vom Krieg gebeutelten Mutter in „… und dennoch lleben sie" (1961) erhält sie 1991 einen weiteren für ihr LLebenswerk. Im selben Jahr verliert sie dann ihre geliebte M Mutter. 2007 muss sie ihren Mann Carlo Ponti zu Grabe t tragen. 57 Jahre ist sie mit ihm zusammen gewesen. F Gesprächsstoff sorgen in den letzten zehn Jahren Für weniger die Filme (darunter 2009 die Rolle der „Mamma" w im i starbesetzten Musical „Nine") als ihr Erscheinungsbild. Was W ist an der Loren noch echt und was nicht? Glatte Wangen, straffes Dekolleté, wilde Haarpracht sind freiW lich nicht mehr allein den Spaghetti zu verdanken. li h mit it 80 Jahren J Faszinieren tut sie also weiterhin. Auch mit 80. „Mit mir ist die Zeit immer gut umgegangen", konstatiert sie denn auch kurz vor ihrem Jubiläum im „Mona-Lisa"-Interview im ZDF ... Claudia Tupeit Foto: © Davids/Bildarchiv Hallhuber/Begierde unter Ulmen
Foto: © Davids/Bildarchiv Hallhuber/Hausboot mit Cary Grant
Foto: © Davids/Bildarchiv Hallhuber/1971 Die Sünde
Foto: © Davids/Bildarchiv Hallhuber/1961 El Cid
iihr angetan. Alle? Nun ja, j nicht ganz. Stars wie Anna Magnani und Gina A Lollobrigida sehen sie L nicht gerade als willkomn mene Kollegin an. m Sophia allerdings genießt S den d Ruhm und die kleinen Kämpfe k mit den Diven. m Vor allem mit V Gina Lollobrigida G trägt sie eine t legendäre Fehde l aus: Lollobrigida a kümmert sich um k tuberkulosekrant ke k Kinder, Loren fortan um Blinde. f Sophia will ill sich von on Jean Cocteau malen lassen. „La Gina Nazionale" holt daraufhin 25 Mailänder Künstler zu einer Gemeinschaftssitzung zu sich. Für den vorläufigen Höhepunkt des Zickenkriegs ist dann ausgerechnet Queen Elizabeth II. verantwortlich. Auf deren Geheiß reisen „Lollo" und Sophia nach England. „Lollo" hält d posiert mit dezenter Robe auf dem roten sich an das Protokoll und Teppich. Die Loren jedoch pfeift auf Vorschriften. Sie taucht im tief ausgeschnittenen Abendkleid auf und hat sich – absoluter Fauxpas in QueenNähe – ein Krönchen ins Haar gesteckt. Wie der „Spiegel" damals schreibt, habe Queen-Gemahl Prinz Philip versucht, konsequent geradeaus zu schauen, während die Sexbombe vor ihm knickste. Stinksauer sei die Lollobrigida gewesen. Und die Loren? Die ist endgültig berühmt. Ponti und ihr reichen die i ht mehr. h Um U auch h in i Amerika A ik italienischen Produktionen nun nicht Beachtung zu finden, gibt es nur eine Lösung: auf nach Hollywood! Sie dreht mit John Wayne „Stadt der Verlorenen" (1957), mit Anthony Perkins „Begierde unter Ulmen" (1958) – und mit Cary Grant, dem Star ich nur die schlechthin. Der Gentleman, der jede haben kann und plötzlich eine will: Sophia. 1957 drehen sie „Stolz und Leidenschaft" miteinander, ein Jahr später „Hausboot". Er verliebt sich angeblich unsterblich in die Italienerin, gibt ihr privat Nachhilfe in Englisch – und womöglich nicht nur darin. Grant ist das Gegenteil von Ponti. Groß, sehr gutaussehend, und vor allem frei. Er macht ihr einen Antrag. Eine Ehe – es ist das, was für die Italienerin zählt. Und Grant will ihr den Wunsch erfüllen. Doch sie liebt den kleinen, etwas untersetzten Carlo Ponti zu sehr und weist Grant zurück. Für Ponti ein Warnsignal. In Mexiko lässt der sich daraufhin von seiner ersten Frau scheiden, heiratet am 17. September 1957 Sophia und bringt damit ganz Italien gegen die beiden auf. Da die mexikanische Scheidung in der Heimat nicht anerkannt wird, gilt er fortan als Bigamist. Eine schlimme Situation für Sophia, die ihr Land so liebt und schon längst Heimweh empfindet im fernen Kalifornien. Und: Ihr fehlen die italienischen Produktionen. In Amerika istt sie i zwar erfolgreich, aber ihr liegt mehr die Darstellung der typisch italienischen Frau: voller Leben, lachend, tanzend, schreiend. Am liebsten an der Seite des großen Marcello Mastroianni. Die beiden werden eines der erfolgreichsten Gespanne der Filmgeschichte. Mit einem meist schlitz-
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Ziemlich beste Wohlfühl-Freunde Von Michael Fuchs-Gamböck
"Ra- RuRick Barbatrick" – kaum ist diese Formel ausgesprochen, schon ist in der Welt von Barbapapa, Barbamama und ie Barbapapas geben sich stets ebenso deren sieben Kindern (drei Mädchen und vier Jungs) großherzig wie gemütlich – sie sehen im Normalzustand wie überdimensionale Birnen alles anders! Wie diese neunköpfige Zeichentrick-animierte aus. Allerdings können sämtliche Mitglieder Familie überhaupt von Beginn an ganz anders war (und immer der Sippe dank der Zauberformel „Ra-RuRick Barbatrick” ihre Körperform verännoch ist) als ihre Konkurrenz von Disney und Comic-Konsorten. dern, gerne mal auch in eine Brücke, eine Nicht umsonst wurde dieser sympathische Clan just im Eisenbahn, eine Suppenkelle oder sonstige Jahr 1969 erfunden, denn er war den Zeitumständen Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens. Diese Transformationen dienen einzig und allein entsprechend letztlich die freundlich-friedlidem Zweck, sämtlichen in Not geratenen Umstehenden che Hippie-Ausgabe der Ducks oder zu helfen und dadurch die Welt ein wenig angenehmer zu gestalten und damit besser zu machen. Die Barbapapas Flintstones. sind andauernd und manchmal geradezu aufdringlich hilfsbereit, kommen prächtig mit sämtlichen Kreaturen – Menschen, Tieren oder Pflanzen – aus und versuchen einfach nur, ein Miniatur-Paradies auf Erden zu erschaffen.
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hr Name leitet sich übrigens, wie passend, vom französischen Wort für Zuckerwatte (barbe à papa, wörtlich „Papas Bart”) ab, kreiert wurden die charmanten Figuren von der französischen Architekturstudentin Annette Tison und dem amerikanischen Biologielehrer Talus Taylor, beides Seite
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äußerst schüchterne Zeitgenossen, wie berichtet wird.
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rsprünglich war die Familie lediglich als Comic in Buchform geplant. Doch die bezaubernde ÖkoSippe war ein dermaßen durchschlagender Erfolg bei Jung wie Alt, dass sich eine französisch-japanische 1/2015
Abb.: © Annette Tison renewed © Alice Taylor and Thomas Taylor
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Firma der gezeichneten Riesen-Birnen annahm und 1974 zunächst 45 Folgen à fünf Minuten mit ihnen und über sie produzierte. Die deutsche Erstausstrahlung erfolgte auf Grund immenser Nachfrage bereits am 5. November desselben Jahres, sämtliche Synchronstimmen wurden dabei von Regisseur Peter Kirchberger gesprochen.
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ediglich drei Jahre später wurden weitere 55 Folgen produziert, und auch diesmal war Kirchberger bei den deutschen Versionen „Mann für alles”. Nur bei den 1999 anlässlich des 25-jährigen Jubiläums der „Barbapapa”-Serie abgedrehten 50 Folgen blieb der Schleswig-Holsteiner außen vor. Kein Wunder, denn dieses Mal wurde die Reihe in Japan produziert (wo der Clan ebenfalls durchschlagend erfolgreich gewesen ist), wenn auch einmal mehr nach Originalentwürfen und Drehbüchern von Tison und Taylor. Bei diesen bislang letzten Folgen wurden die Figuren in der deutschen Version von verschiedenen Sprechern synchronisiert. Welch ein Frevel für die Hardcore-Anhänger! Noch schlimmer für treue Fans war freilich, dass die Formel „Ra-Ru-Rick Barbatrick” vor den Verwandlungen fehlte!
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as sich zum Glück nicht geändert hatte, war der Umstand, dass von der skurrilen Familie absolut jedes Problem gelöst werden konnte. Dank der unerschöpflichen Möglichkeiten, die Körperformen zu verändern, und dank eines ungeheuren Erfindungsreichtums konnten selbst kniffligste Aufgaben gelöst und alles stets zu einem guten Ende gebracht werden. Denn die Barbapapas sind nun mal eben unermüdliche Streiter für die Freundschaft, sie haben bisher noch nie irgendjemanden im Stich gelassen.
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s ist garantiert dieser unumstößliche Idealismus, gepaart mit selbstloser Freundlichkeit plus kauzigem Humor, gem Humor der die Barbapapas und ihren legendären Ruf ins aktuelle Jahrtausend herübergerettet hat. Dazu gesellt sich das seit jeher vorhandene Gespür für gesellschaftskritische Themen wie Umweltverschmutzung, Flächenverbrauch, Verkehr oder Walfang, um nur einige wenige zu nennen.
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971 erschien die Geschichte von Barbapapa in Buchform erstmals in Deutsch. Bald folgten Geschichten von Barbamama und allen weiteren drolligen Figuren des Clans. Danach herrschte erst mal überraschend Stille – zumindest auf Verlagsseite. Doch seit kurzem sind Barbapapa und seine Lieblinge im Buchhandel, der längst auf die Barbapapa-Kultklassiker gewartet et hat – auf die „echten” echten” Bilderbücher wohlgemerkt, also die Originale –, wieder erhältlich. Für die Kinder der einstigen Barbapapa-Fans und für alle, die seither nur die Zeichentrickfilme gesehen haben.
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und schlicht alle um ihn herum glücklich macht. Der zweite Band setzt indes mit einem traurigen Barbapapa ein: Der sehnt sich nach einer Freundin. Die findet er zwar nicht auf seiner eher hektischen Reise rund um die Welt, stattdessen findet er sie jedoch exakt dort, wo er immer schon war. Und im Anschluss gibt es dann bald schon auch Barbababys, die berühmten sieben an der Zahl. Die Geschichte der wunderbaren Käuze nimmt in der Folge die überraschendsten Wendungen, Band für Band ...
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afür zu danken, dass die „Barbapapa”Comics wieder in deutscher Sprache erhältlich sind, ist dem renommierten Schweizer Atlantis/Orell-Füssli-Verlag. Verantwortlich für die Reihe zeichnet dort der Holländer Hans ten Doornkaat. Der freundliche Verlagsmitarbeiter erklärt erk rt bereitwillig, bereitwillig was ihn an dieser Serie fasziniert: „Grund für mich, die Barbapapas fas neu ne aufzulegen, war der, dass ich sie aus meiner Zeit als Teilzeitbuchhändler und m Student kannte." Die frühe Prägung hält St eben eb oft ein Leben lang.
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m ersten Band kommt Barbapapa zur Welt, oder genauer gesagt: aus dem Boden und unter die Menschen. Ein nie gesehenes, rundum sympathisches Wesen, das seine Form verändern n kann, das sich h als Freund und d Helfer bewährtt GoodTimes
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o weit, so gut”, fährt der „Lektor aus Leidenschaft” dann schwärmerisch fort, „ich war stets fasziniert von den fo Klassikern, die Talus Taylor ‚flagship-serie' K nennt, weil sie nicht einfach einen popun lären Stil zeigen, zeigen sondern – etwa in ‚Barbapapas Reise' – auch wirklich Zeitkolorit und ästhetische Anspielungen auf die Pop-Kultur einbringen. Den Ausschlag, dass ich damit anfing, die deutschsprachigen Buchrechte zu verhandeln, gab aber, dass ich als Programmmacher mit vielen Illustratoren diskutiere. Dabei kam irgendwann, wenn auch nicht gleich am Anfang der Unterhaltung, das Bekenntnis, n dass er oder sie als Kind die Barbapapas liebte. Man d tauschte sich aus, schwärmte von Szenen und war dann ta bei b der Frage: ‚Warum gibt es diese Bücher nicht mehr auf au Deutsch?' Die bloße Erkenntnis reichte mir aber nicht, und un ich ging der Sache nach. In der Schweiz, wo die Nähe zur französischen Buchkultur größer ist, waren die N Figuren nie ganz verschwunden. Und in Österreich, wo Fi Taylor einer Bank eine Sonderausgabe der Barbapapas für Ta Werbezwecke lizenziert hatte, war die Erinnerung an sie W sogar noch wacher. Aber der Siegeszug des Comebacks dieso ser bezaubernden Familie zeichnete sich dann auch in Deutschland bezauber ganz rasch ab.” „
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nd so kommt es, dass die Barbapapas 45 Jahre nach ihrer Erfindung ihre weiterhin schönes ihr Unwesen in Un der Welt treiben. „Ra-Ru-Rick be Barbatrick” – und Ba schon ist alles sc anders. Schon ist an alles besser. Schon al ist alles gut. is ■
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Nougatrausch fürs Brot
vorbeieilenden Arbeitern einen süßen Pausensnack feilbieten wollte. Er musste erfinderisch sein, denn Schokolade war für kaum jemanden erschwinglich. Haselnüsse gab es dagegen in der Region Piemont Pietro Ferrero im Überfluss. Die wurden schließlich mit Zucker sowie Fett – und wenn doch Kakao, dann nur ganz wenig – gemischt. So entstand eine Art Nougatmasse, das Gianduja.
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atürlich lässt sich über Nutella, den kultigen HaselnussBrotaufstrich und Frühstücksliebling nicht nur der Deutschen, Schlechtes sagen. Schon ein Besuch im Berliner ZuckerMuseum kann einem gehörig die Laune verderben: Hier steht nämlich ein typisches 400-Gramm-Nutella-Glas direkt neben einem Behälter mit 72 Würfelzuckern, die sich – freilich versteckt – in solch einem Glas befinden sollen. In den Weiten des Netzes lässt sich Ähnliches finden: Übergewicht, Karies – und Nutella wird immer wieder gern als Schuldiger ausgemacht. Da ist die Anekdote, dass bis 2011 Fett und Zucker für eine Grundportion von 15 Gramm, die Vitamin- und Mineralstoffwerte hingegen für 100 Gramm auf dem Etikett angegeben wurden, wenig hilfreich. Und vor noch gar nicht so langer Zeit mussten die Nutella-Hersteller in den USA rund drei Millionen Dollar Entschädigung zahlen, weil das süße Zeug wohl doch nicht so gesund sei, wie die Werbung vermuten lasse ...
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och Hand aufs Herz: Ist Nutella nicht extrem lecker? Man muss ja nicht immer gleich das ganze Glas auslöffeln (aber auch das sollte man einmal gemacht haben). Und ist es nicht eine großartige Erfindung, sich einen schokoladig-nussigen Mix aufs Brot streichen zu können? Auf diese Idee muss man erst einmal kommen. Im Falle von Nutella, der Mutter aller Haselnuss-Brotaufstriche, half damals der Zufall ein wenig nach. Zunächst war da der Konditor Pietro Ferrero, der in den 1940er Jahren einen kleinen Laden in Turin betrieb und den Seite
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üchentalent Pietro war beileibe nicht der einzige, der diesen Mix fabrizierte. Er experimentierte jedoch weiter an der Rezeptur und ersetzte den Kakao schließlich durch Kokosbutter. Die daraus entwickelte „Pasta Gianduja" avancierte zu einem kleinen Highlight auf dem kargen Süßigkeitenmarkt. So konnte Ferrero senior 1946 in seiner Heimatstadt Alba, 65 Kilometer von Turin entfernt, die nach dem Familiennamen benannte Firma Ferrero gründen, ein Unternehmen, das sich übrigens bis heute in Familienhand befindet. Das Nougat wurde in großen Blöcken an die Wiederverkäufer ausgeliefert, und diese schnitten ihrer Kundschaft davon kleine Scheiben ab. Der Sommer 1949 allerdings soll ein extrem heißer gewesen sein, so dass immer mehr Händler die süße, nun flüssig gewordene Masse nicht mehr in Folie, sondern in Behältern verkauften. Pietro selbst erlebte das
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jedoch nicht mehr, er starb im März des Jahres. Seine Frau und sein Sohn Michele führten das expandierende Unternehmen dann weiter und behielten dabei auch die Experimentierfreude des Gründers bei. So wich die Kokosbutter mit der Zeit einer Pflanzenfettmischung. Das Rezept ist jedoch streng geheim: Zucker, Palmöl, Haselnüsse, fettarmer Kakao, Magermilchpulver, Soja und Vanillin sind auf dem Etikett angegeben.
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951 wurde für das inzwischen in Konserven angebotene Nougat ein neuer Name gefunden: „Supercrema". Ein Name, der Programm war. Elf Jahre später musste der florierende BrotaufstrichHersteller jedoch eine gehörige Schlappe hinnehmen. Das italienische Parlament hatte beschlossen, dass Markennamen nicht mehr Wörter wie „Super", „Ultra" usw. enthalten dürfen. Deshalb wurde 1964 aus Supercrema – jawohl – Nutella. Ein Kunstwort, bestehend aus Nuss (Nut) und -ella, der italienischen Verkleinerungsform. Dabei sei es ganz egal, ob man die, der oder das Nutella sage, betonten die Macher stets.
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in Jahr später stand das erste Nutella-Glas auch in einem deutschen Laden. Längst hatte Ferrero schon eine hiesige Produktionsstätte. Begann die deutsche Niederlassung in Stadtallendorf im September 1956 noch mit fünf Mitarbeitern, waren es ein halbes Jahr später bereits 60 und noch mal sechs Monate danach schon über 150 Angestellte. Stadtallendorf war damals noch ein ziemlich kleines Kaff, heute sind hier etwa 20.000 Menschen zu Hause, und jeder vierte Erwerbstätige arbeitet bei Ferrero. Zunächst wurden dort die besagte Supercrema und die Cremalba, ein weiterer Nutella-Vorläufer, hergestellt, doch ihre Erfolgsgeschichten sind mit der von der heute gefeierten Nougatcreme überhaupt nicht zu vergleichen. Den Durchbruch schaffte Ferrero Deutschland indes sowieso mit einem ganz anderen
Produkt, der zuerst einzeln angebotenen Praline Mon Cheri. Genau, au, die mit der Piemont-Kirsche, he, die es zwar gar nicht gibt bt – aber das ist eine andere re Geschichte.
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errero hatte und hat wiederholt die Nasee vorn: von Yogurette bis Hanuta, uta, von Kinder Schokolade bis Raffaello, von Ferrero Küsschen bis zur Milchschnitte – alles Ferrero. Ferrero Die Di Erfolgsstory in Zahlen: 2013 llag d der Jahresumsatz bei über acht Milliarden Euro mit einem Gewinn von fast zehn Prozent. Über 30.000 Mitarbeiter weltweit zählt der Ferrero-Konzern, davon sind zwölf Prozent in Deutschland beschäftigt. Der 89-jährige Michele Ferrero, Sohn des Pasta-Gianduja-Erfinders und Vater des heutigen Firmenchefs Giovanni Ferrero, soll der reichste Mann Italiens sein – noch vor Del Vecchio und Berlusconi. Neben Nutella gibt es übrigens drei weitere firmeninterne Jubilare: Duplo (ebenfalls 50), Kinder Überraschung (40 Jahre) und Ferrero Rocher (30 Jahre). Das Hauptaugenmerk gilt aber dem Jubiläum von Nutella. Der süchtig machende Brotaufstrich ist heute in 160 Ländern zu haben. Den Italienern ist das Jubiläum sogar eine eigene Briefmarke wert. Und auch in Deutschland wird gefeiert: mit einer großen Party mit Gästen wie Til Schweiger und Verona Pooth, einer Community-Seite, auf der man seine NutellaGeschichten und -Bilder posten kann und – als besonderes Highlight – dem Ein-Kilo-Jubiläumsglas. Spätestens hier kommen allerdings auch wieder die Miesmacher ins Spiel, denn in der Sonderedition tummeln sich etwa 5500 Kilokalorien, ein halbes Kilo Zucker in 180 Würfeln und über 300 Gramm Fett …
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rotzdem (oder gerade deswegen): Herzlichen Glückwunsch, Nutella! Christian Hentschel
DIE ARDENNENSCHLACHT ŝĞ ůĞƚnjƚĞ KīĞŶƐŝǀĞ ŵ ϭϲ͘ ĞnjĞŵďĞƌ ϭϵϰϰ ďĞŐĂŶŶ ĚŝĞ ƌĚĞŶŶĞŶŽīĞŶƐŝǀĞ͕ ĚĞƌ ůĞƚnjƚĞ sĞƌƐƵĐŚ ĚĞƐ ƌŝƩĞŶ ZĞŝĐŚĞƐ͕ ĚĞŵ <ƌŝĞŐ ĞŝŶĞ tĞŶĚƵŶŐ njƵ ŐĞďĞŶ ƵŶĚ ĚĞŶ tĞƐƚĂůůŝŝĞƌƚĞŶ ĞŝŶĞ ĞŵƉĮŶĚůŝĐŚĞ EŝĞĚĞƌůĂŐĞ ďĞŝnjƵďƌŝŶŐĞŶ͘ Dŝƚ ĨĂƐƚ ĞŝŶĞƌ sŝĞƌƚĞůŵŝůůŝŽŶ DĂŶŶ ŐƌŝīĞŶ tĞŚƌŵĂĐŚƚ ƵŶĚ ^^ͲsĞƌďćŶĚĞ ĂƵĨ ĞŝŶĞƌ &ƌŽŶƚůćŶŐĞ ǀŽŶ ƺďĞƌ ϭϬϬ <ŝůŽŵĞƚĞƌŶ ĂŶ ƵŶĚ ǁĂŐƚĞŶ ĞŝŶĞŶ sŽƌƐƚŽƘ ƺďĞƌ ĚŝĞ DĂĂƐ ďŝƐ ŶĂĐŚ ŶƚǁĞƌƉĞŶ͘ EĂĐŚ ĂŶĨćŶŐůŝĐŚĞŶ ŐƌŽƘĞŶ ƌĨŽůŐĞŶ ƐĞƚnjƚĞ ƐŝĐŚ ũĞĚŽĐŚ ĚŝĞ ŵĂƚĞƌŝĞůůĞ mďĞƌůĞŐĞŶŚĞŝƚ ĚĞƌ ůůŝŝĞƌƚĞŶ ĚƵƌĐŚ͕ ƵŶĚ Ăŵ ŶĚĞ ĚĞƌ KīĞŶƐŝǀĞ Ăŵ Ϯϭ͘ :ĂŶƵĂƌ ǀĞƌůŝĞĨ ĚŝĞ &ƌŽŶƚ ǁŝĞĚĞƌ ǁŝĞ njƵǀŽƌ͘ ŝĞƐĞƌ ĂŶĚ ƐƚĞůůƚ ĚŝĞ KīĞŶƐŝǀĞ ƐŽǁŝĞ ĚŝĞ ǀĞƌůƵƐƚƌĞŝĐŚĞŶ <ćŵƉĨĞ ĂƵĨ ďĞŝĚĞŶ ^ĞŝƚĞŶ ŵŝƚ ŚŝƐƚŽƌŝƐĐŚĞƌ WƌćnjŝƐŝŽŶ ĚĂƌ͘
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Teil 1
DDR-Zeitschriften aus dem Verlag
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„Kam ein kleiner Teddybär ... D
ie allererste Zeitschrift, die ich besaß – und die mich in den intellektuellen Kreis der Zeitungsleser erhob –,, war der „„Bummi". g Meine Mutter kaufte mir das quadratische, bunte Heftchen Ende der 60er Jahre an einem der typischen dunkelgrünen Zeitungskioske, irgendwo in der Leipziger Vorstadt, damit ich mir die anschließende stundenlange Wartezeit in der Poliklinik Süd vertreiben konnte. Dieser „Bummi" war meine Einstiegsdroge in die Welt der Presse. In der DDR gab es ein ineinander übergreifendes komplexes System von Zeitschriften für Kinder d und d Jugendliche, J dli h ohne h e Ausnahme gesteuert vom Zentralrat der FDJ als Herausgeber er und veröffentlicht im Verlag Junge Welt. Im Jahr 1957 soll-te und Illustratoren n ten in deren Auftrag Pädagogen, Ärzte eine lehrreiche und gesellschaftspolitisch nützliche Zeitung für Kindergartenkinder entwickeln. Herauskam „Bummi". Sein Maskottchen war ein gelber Teddybär, gezeichnet von Ingeborg Meyer-Rey, einer der beliebtesten und charakteristischsten Kinderbuchillustratorinnen der DDR. Der „Bummi" erschien zunächst monatlich, später 14-täglich, kostete bescheidene 25 Pfennige, und es gab ihn auch als Sammelband, der dann einen Jahrgang zusammenfasste. Seite
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Auf den zwölf durchgängig farbigen Seiten fanden sich Bastelbögen und Comics, kleine Geschichten, Lieder, Hausaufgaben für die Vorschulkinder, Rätsel, Malvorlagen und Beiträge zur Verkehrserziehung. Die Geschichtenabenteuer des Teddys Bummi und seiner bärigen Freunde Mischka und Maxl dachte sich Chefredakteurin Ursula Böhnke aus, die die Zeitschrift mitentwickelt hatte. Damit zielte „Bummi" spezimitent ell auf die Erziehung der kleinen Leser zu fleißigen, höflichen Kindern ab, die ihre berufsßi tätigen Mütter unterstützten. Außerdem tä gab ga es feststehende Comic-Reihen, z.B. mit Pieps, m den Spatzen p p , Piep p und Tschiep, p,
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gezeichnet g i h t von der d ebenfalls b f ll sehr h beliebb li b ten Kinderbuch-Illustratorin Inge Gürtzig. t I den 80ern enthielt „Bummi" zudem In die d „klitzekleinen Geschichtenbücher" zum Ausschneiden, Falten und Zusammennähen, A die d fleißig gesammelt wurden. Allzu viel 1/2015
P Propaganda wollte man den kleinen „Bummi"-Lesern noch nicht n zzumuten. Trotzdem fanden sich in dem Heft auch Lobgedichte auf die d SSoldaten, deren einzige g Aufgabe g ees zu sein schien, über uns ü Kinder zu K wachen. Ein andeE Mal rres
gab eifrigg b es einen i if i ffröhlichen Artikel zzu Walter Ulbrichts Geburtstag, der G wie ein netter w Märchenonkel darM gestellt wurde. Ein g Thema waren auch die Erhaltung des iimmer wiederkehrendes, i d k h d wichtiges i hti Th Friedens, die Völkerfreundschaft und die Gleichheit aller Menschen, egal welcher Hautfarbe. Die Welt wurde nicht als heil hingestellt: In einem Heft von 1968 findet sich neben einem vietnamesischen Kinderlied eine rührende Geschichte über den Vietnamkrieg, in der jedoch unerwähnt bleibt, wer gegen wen kämpft, und nur das menschliche Leid der vietnamesischen Kinder beschrieben wird. Auch regelmäßige Spendenaufrufe für notleidende Kinder fehlten nicht, denen die kleinen Leser, die noch gar kein Taschengeld bekamen, indes gar nicht hätten nachkommen können.
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aschengeld gab es für die meisten von uns ns erst mit dem Eintritt in die Schule – und d dann war es auch schon Zeit für die „ABC-Zeitung", die für Kinder der Unterstufen n gedacht war. Sie wurde 1946 gegrün-det, mach-d te mehreree t Formatwechsel F durch und d kostete 30 k Pfennige. Laut P Impressum war der An w sie die Zeitung it d Jungpioniere. J i i A meiner überfüllten Schule in der Leipziger m Südvorstadt gab es zu meiner Einschulung S s sechs erste Klassen u und nur einen einzigen Nichtpionier. z Die Halstücher wir zu Beginn Di blauen bl H l tü h bekamen b k des Schuljahres in der dunklen, nach Bohnerdunk wachs riechenden w Schulaula mit groS ßem Brimborium ß überreicht. Dieser ü eine bedauernse werte Junge, der w auf Entscheidung a seiner christlichen s Eltern kein Halstuch sollte, E h bekommen b k llt wurde zur Feierstunde dann nicht einfach w ausgeladen oder ignoriert, er musste wie a alle a anderen erscheinen, wurde nach vorn zitiert und vor versammelter Mannschaft z als Noch ganz deutlich erinnel Konterrevolutionär K t l tii ä gebrandmarkt. b re ich mich an das Gefühl, das ich dabei hatte, eine Mischung aus GoodTimes
Erleichterung, nicht selbst in dieser misslichen Lage zu sein, grenzenlosem Mitleid und der Angst, dem Nichtpionier irgendg auf dem wann im Gedränge Schulhof zu S nahe zu n kommen. So ähnlich S musste es sich wenn man zusammen m i h anfühlen, fühl mit m einem Leprakranken die Schule besuchte. Und obwohl dieser Junge ausdrücklich vom Konsum der o „ABC-Zeitung" ausgeschlossen war, las er sie trotz„ dem. Weil sie groß, bunt und lustig war und weil d auch ein Nichtpionier einfach nur das tun wollte, a was w alle taten. Zu Z meiner Unterstufenzeit Ende der 60er, Anfang der 70er 70 Jahre J h war die di „ABC-Zeitung" etwas mehr als A4 groß und hatte 16 farbige Seiten. Chefredakteur war der Schriftsteller Gerhard Holtz-Baumert, und berühmte Grafiker wie Manfred Bofingerr oder Wernerr n Klemke besorgten die Illustrationen. n. Sie enthielt Bastel-bögen, Quartett-Spiele und d Dioramen zum Ausschneiden Karton. Maskottchen der h id auff dickerem di k K t M k tt h d Zeitschrift waren Rolli und Flitzi, zwei seltsame Männchen, eins davon mit Propeller auf dem Kopf, und ihr Hund Schnapp. Alle drei bestanden aus verschieden großen bunten Perlen, so dass wir sie an den Pioniernachmittagen nachbasteln konnten. Die „ABC-Zeitung" wurde über die Schulen verteilt und fand deshalb auch oft im Unterricht Verwendung. Im Unterschied zu „Bummi" enthielt sie wesentlich häufiger Propaganda-Beiträge, die wir genauso gelangweilt überblätterten wie die heutigen Kinder störende Werbung.
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benfalls über die Schule bezogen wir die „Trommel", die Zeitung für die älteren Thälmannpioniere – mit rotem und m Halstuch – un nd Schüler. Hier wurden also ausdrücklich auch Nichtpioniere zum Lesen eingeladen, vermutlich weil die „Trommel" es ziemlich nötig hatte. Ihre Titelaufmachung erinnerte kein bisschen an ein Rock-Schlagzeug, sondern vielmehr an militärische Marschtrommeln. Die Zeitschrift erschien seit 1958 jeden Donnerstag Zeitsc zum Preis von zehn Pfennigen und stieß z in i meiner Klasse auf ein sehr mäßiges Interesse. Vielleicht lag es daran, dass wir I von v unseren Lehrern immer verpflichtet wurden, sie zu kaufen, was ärgerlich w ch war, w denn für das Geld hätten wir eine Kugel Vanilleeis bekommen. Vielleicht K störte uns aber auch die sehr schlechte s Papierqualität und dass die 16 Seiten P d der Zeitschrift nicht durchgängig farb n big waren. Vielleicht aber betrachteten wir in diesem Alter die Inhalte auch w h sschon kritischer und fühlten uns von n der ü übermäßigen Agitation und Propagandaa d überrollt. Selbst die abgedruckten Comics cs wie „Das Mädchen vom Ehrenmal" oder „Diee roten Kletterer" waren oft politisch überammbitioniert. Es gab allerdings auch ungarische he Import-Comics nach Romanen von Jules Verne. Di Die G Gestaltung wurde l d immer wieder geändert, in den Siebzigern gab es ein großformatiges 1/2015
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Titelfoto, in der rechten Randspalte oben eine Piefke und SchniefkeKarikatur, gezeichnet von Wolfgang Schubert, und unten die „Fröhliche Minute" mit Witzen. Das waren für mich die beiden einzigen interessanten Aspekte dieser Zeitung. Die „Trommel" D wurde in meiner w Klasse selten mit K nach Hause genomn men. Manche m SSchüler rissen noch die Rätselseite d ffür ihre Oma heraaus, und dann wurde die Zeitung w eeinem wichtigeren Verwendungszweck V zugeführt, ugeführt sie verwandelte er andelte sich in „Altpapier Altpapier für den Frieden". Jede Schule hatte im Keller eine Sammelstelle für Sekundärrohstoffe, und je nach Gewicht der abgegebenen Papierbündel bekamen wir zwar kein Geld, aber Solidaritätspunkte in einer Liste gutgeschrieben. Die Einnahmen wurden an notleidende Kinder in Vietnam, Chile oder Nicaragua geschickt. Hatten wir unsere 100 Solipunkte für das Schuljahr zusammen, konnten wir die Altstoffe in den Sero-Sammelstellen abgeben und das Geld selbst behalten.
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ine Zeitung, die für kein Geld der Welt von mir zum Altpapier gepackt worden wäre und die ich immer wieder las, bis sie auseinanderfi auseinanderfiel, f e war die „Frösi". Als „Pioniermagazin für „ Jungen und Mädchen" J wurde sie ab 1953 w zzunächst unter dem Namen „Fröhlichsein N und u Singen" herausgegeben, benannt nach g eeinem damals bekannNaumilkat. tten Pionierlied von Hans N ilk t SSie war für Kinder zwischen 10 und 14 Jahren gedacht und wurde ab 1965 zzur griffigeren „Frösi" abgekürzt. Sie erschien eersch hien mit 32 bis 40 Seiten einmal m monatlich zum Preis von 70 Pfennigen. Die „Frösi" enthielt P eeinen Mix aus Beiträgen und sspannenden Experimenten aaus den Bereichen Natur, Wissenschaft und Technik, W das „Bild des Monats" – ein d Kunstdruckblatt –, Bastelbögen K aauf festerem Karton, außerdem Beilagen wie 3D-Brillen d aaus Pappe, Rasterfolien zum LLösen von Rätselbildern oder Blumensamen. In der o Novemberausgabe fanN den wir außerdem oft einen d Weihnachtskalender Bildertürchen W ih ht k l d mit it Bild tü hen oder als Diorama zum Aufstellen. n. Es gab wiederkehrende gezeichnetee Charaktere, so zum Beispiel Korbinee Früchtchen, eine überdimensiona-le Erdbeere, die zum Sammeln von n Waldfrüchten und recyclebaren n Rohstoffen aufrief, oder Kundi, dass Maskottchen des Deutschen HygieneMuseums in Dresden, das sich sehr um unsere Körperpflege bemühte. Besonders beliebt waren die Comics mit Ali und Archibald, einem Mann Seite
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und seinem Dackel, von Horst Alisch – und natürlich Mäxchen und Tüte von Richard Hambach, der auch Kundi erfunden hatte, oft die Titelkarikatur lieferte und damit das Erscheinungsbild der „Frösi" wesentlich geprägt hat. Außerdem wurden Bildergeschichten von italienischen und ungarischen Illustratoren eingekauft, um mit den Lizenzgebühren die dortigen kommunistischen Herausgeber zu unterstützen. Das heimliche Maskottchen der „Frösi" war dann auch Atomino,, ein kleines Comic-Wesen C i W it Kopfantenne K f t mit und Atom-Symbol Atom-S und auf dem Baauc uch, ein Import u Im Bauch, des italieniscch hen Illustrators Illu nischen Vinicio Bertti. An die unvermeidBerti. en politischen poli lichen Comics ag gitato und agitatorischen Beiträge kann ich icch h mich mi einfach nicht mehr erinnern, m weil w ich sie kurzerhand ausgez blendet hatte. b Das Pizzarand. Es geht D war wie i mit it dem d Pi scheinbar nicht ohne, aber keiner kann s einen zwingen, das trockene Zeug auch e noch zu konsumieren. n „Frösi" war eines der beliebtesten „ Kindermagazine. Auf dem Pressefest K der d „Leipziger Volkszeitung" hatte sie immer einen eigenen, von Kindern dicht i umlagerten Stand mit den neuesten u Ausgaben, und zu Schulfesten trat die A r rollende „Frösi"-Disco an.
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ine noch stärker naturwissenschaftlich orientierte Zeitschrift für Heranwachsende war der „Technikus", ein Monatsmagazin für Wissenschaft und Technik mit populärwissenschaftlichen Beiträgen und utopischen Kurzgeschichten. Mit ähnlichem Inhalt, jedoch für ältere Jugendliche gedacht, erschien ebenfalls monatlich das Magazin „Jugend + Technik". Es berichtete über Naturphänomene, Bauprojekte und Industrietechnologien, vor allem aus den RGW-Staaten, und enthielt Witze, Rätsel und Bastelanleitungen.. Ab 1987 wurden außerdem regelmäßig Schaltpläne für den Selbstbaucomputer Ju-Te-Computer abgedruckt, wobei die Umsetzung oft an den Bauteilen scheiterte, die sich einfach nicht auftreiben ließen. Während die bisher genannten Magazinee in meiner Erinnerung relativ problemloss erhältlich waren, musste man sich beii anderen Zeitschriften schon einiges ein-fallen lassen, wenn man sie unbedingt gt lesen wollte. Aufgrund des Papiermangels ls in der DDR wurden die Auflagenhöhen n nämlich nicht der Nachfrage, sondern rn dem Rohstoffangebot angepasst. Meine besaßen eines ne Eltern besaße en eine es der kostbaren Abos für „Mosaik", das großartige Comic-Heft von Hannes Hegen. Ein ebenfalls sehr begehrtes Comic-Magazin war „Atze" mit den beliebten Figuren Fix und Fax, aber das ist wieder ein anderes Thema.
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ls wir Mitte der Achtziger, längst erwachsen und nach langer Wartezeit auf eine eigene Wohnung, endlich bei unseren Eltern ausziehen konnten, bemühten wir uns um verschiedene eigene Zeitungsabonnements und ernteten auf der Post nur ein mitleidiges Lächeln. Es gab lediglich eine bestimmte Anzahl an Abonnements, die bereits in den 60er Jahren alle vergeben worden waren und danach nur noch vererbt werden konnten ... Ohne Abo musste man versuchen, die Zeitschriften an einem der Kioske zu ergattern. Jeden Donnerstagmorgen, wenn die neuen Ausgaben verteilt wurden, setzte der Ansturm auf die Zeitungskioske ein. Meistens standen Rentner für die ganze Hausgemeinschaft oder die Familie an, denn niemand sonst hatte um diese Zeit die Gelegenheit, stundenlang auf die druckfrische Lieferung zu warten. Ein Teil der Zeitschriften erreichte die Ladentheke indes gar nicht erst, weil die wenigen Exemplare bereits unter den Verkäuferinnen verteilt worden waren. Zum Glück waren diese wenigstens bestechlich, was ihnen eine ganz besondere Macht verlieh. Nach der Wende wurden sie zu ihrer eigenen Verwunderung dann übrigens ebenso kurz und schmerzlos „entthront" wie die Baustoffhändler.
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ine der begehrten Zeitschriften, für die man gern ein paar Stunden anstand, war das „Neue Leben". Ich erinnere mich, wie ich in den Ferien für 80 Pfennige eine frische Ausgabe ergatterte. Sonst las ich g g meistens die abgegriffenen Exemplare meiner Freundinnen. Das „Neue Leben" war die einzige unterhaltsame Monatsillustrierte für Jugendliche in der DDR. Sie erschien ab 1954 mit einer Auflage von durchschnittlich einer halben Million Exemplaren, die zum Großteil an Abonnenten gingen, die Kioske erreichten nur wenige freie Exemplare. Schon die Kleinschreibung des Titels versprach Anarchismus und Avantgarde, kam damals doch in der Lyrik die Kleinschreibung auf. Die Titelseite zeigte meistens eine Karikatur, gezeichnet von dem bekannten Illustrator Thomas Schleusing. Sie gab dem „Neuen Leben"" den typischen d unverkennbaren k b t i h Stil, war jugendgemäß, oft frivol, wobei die Frauen natürlich immer den überlegenen Part bekamen, und manchmal auch sozialistisch angehaucht, wenn die Waffenbrüderschaft mit der UdSSR als fröhliche Kumpanei dargestellt wurde. Als ich für diesen Artikel alte Ausgaben des „Neuen Lebens" zusammengesucht habe, entdeckte ich beim Durchblättern seitenweise Auszüge g aus russischen Kriegstagebüchern, lange Lobreden auf a die Vereidigung der neuen NVA-Soldaten, markige Aufsätze N zum Kampf an der Tagebaufront z und u war völlig überrascht, wie viele politische und miliv taristische Artikel t sich darin fans den. In meiner d Erinnerung war E diese Zeitung, die d wir w Jugendlichen als die d unsere betrachteten, ganz anders t gewesen. Als ich g aanfing, das „Neue Leben" zu lesen, hatte ich offensichtlich die l Kunst, im Kopf zu filtern, die ich K bei b den Kinderzeitungen schon ganz passabel b l beherrschte, b h ht bis bi zur Perfektion P weiterentwickelt. Und so will ich auch jetzt vor allem auf die Beiträge eingehen, die für mich und meine Generation wichtig gewesen sind (und weniger auf den überflüssigen Ballast). Es gab feste Rubriken, wie „Schreib eine Geschichte", in der die jugendlichen Leser eigene Beiträge zu Schulproblemen, Schwangerschaften im Teenageralter und Sportwettkämpfen einsenden konnten. Vier GoodTimes
ganze Seiten waren für Leserpost reserviert, auf denen es ziemlich rabiat zuging und auch gegen die Redaktion gewettert werden konnte, wenn wieder mal die Namen der Mitglieder einer Band wie Tangerine Dream verwechselt worden waren. Zwei weitere Seiten waren mit Informationen zu Neuerscheinungen auf dem Buchmarkt, im Plattenladen und Neustarts im Kino gefüllt, außerdem gab es Kassettencover zum Ausschneiden und vier volle Seiten mit Kontaktanzeigen: „Schreibst du mir – schreib ich dir." l iti kl i P t vor, In der Mitte fanden wir immer ein doppelseitiges, kleines Poster dazu teils lobende, teils kritische Berichte über Hollywoodstars wie Jane Fonda, Sänger und Bands, ostdeutsche wie Karat oder Berluc, aber auch über Udo Lindenberg, Elvis Presley oder die Beatles. Es gab auch frostige Berichte über Punkbands, in denen am Ende voller Schadenfreude resümiert wurde, dass so etwas Degeneriertes nur das kapitalistische System hervorbringen könne. Aber g ganz egal, g , was auch immer in diesen Artikeln stand, wir freuten uns darüber, enthielten sie doch neben den Texten auch immer Bilder, die wir dann ausschnitten. Wer kein eigenes Exemplar ergattern konnte, fotografierte diese Bilder ab, wer keinen Fotoapparat on „Nuth"-Fleckenwasser, Nuth" Flecken asser mit dem besaß, kopierte die Bilder mit Hilfe von die Druckerfarbe auf dem Originalbild angelöst und durch Auflegen und Andrücken auf ein anderes Papier übertragen wurde. Mit diesem System stellte ich mit meinen Freundinnen drei spiegelverkehrte Kopien eines Bildes von Smokie her, das anschließend jede von uns über ihr Bett kleben konnte. Dort stank es dann herrlich nach Lösungsmitteln vor sich hin und bescherte uns tiefe Träume. Sehr beliebt und heiß diskutiert waren die gelegentlichen Aktbilder und auch die schwarzen Aufklärungsseiten, auf denen wirkliche oder fingierte Leserbriefe abgedruckt und Lösungen zu Sexualproblemen angeboten wurden. „Prof. Dr. Borrmann antwortet" hat letztlich eine ganze Generation von Jugendlichen im Osten aufgeklärt. Nach der Wende und der Abwicklung durch die Treuhand kaufte der Verlag Pabel-Moewig den Zeitschriftenverlag Junge Welt und damit auch die Rechte an den erwähnten Zeitschriften. Sie wurden bis auf eine Ausnahme wegen mangelnden Interesses zwischen 1990 und 1996 eingestellt, zum Teil nach erfolglosen Reanimationsversuchen.
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ie einzige dieser Zeitschriften, die überlebt hat, ist „Bummi", die damit die älteste Vorschulzeitschrift auf dem deutschen Markt ist. Die Redaktion leitet inzwischen Sabine Drachsel, die Tochter der „Bummi"-Gründerin Ursula Böhnke-Kuckhoff, und das ist sicher der Grund dafür, dass sich das Heft thematisch am ursprünglichen „Bummi" orientiert. Noch immer gibt es das „Klitzekleine Märchenbuch" zum Heraustrennen, und nach wie vor wird fast durchgängig von Hand illustriert. Nur die ideologische Färbung ist verschwunden. Wer von uns als Kind „Bummi" liebte, kann auch heute noch zusammen mit Kindern und Enkeln lesen – und zwar Seite für Seite, ohne eine einzige auslassen zu wollen. Für Erwachsene gab es in der DDR fast 300 Zeitschriften, unter ihnen das innovative und glamouröse Modeblatt „Sibylle", das traditionsreiche „Magazin" und den „Eulenspiegel", der seinem Namen alle Ehre machte. Um diese und andere geht es in der nächsten Ausgabe. Kati Naumann 1/2015
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Zum 80. Foto oto: © Karim im Khaw Kh haw aw wat atm atmi tm m
Geburtstag Es kann sein, dass diese Hommage an Udo Jürgens mitunter etwas melancholisch wirkt, aber es ist die Geschichte einer jahrzehntelangen Freundschaft, die in Luxemburg begann, als ich Sprecher bei Radio Luxemburg war – und seitdem andauert, also seit 40 Jahren, einem halben Leben!
Von Christian Simon Foto: Bildarchiv Hallhuber
ie 60er Jahre waren eine wilde, revolutionäre Zeit. Die Beatles, die Rolling Stones, die Lords, Karl May und Edgar-Wallace-Filme waren „meine Welt" – und eben auch Udo Jürgens. Eigentlich passte er gar nicht in das Bild der bunten CarnabyStreet-Klamotten, der lauten E-Gitarren und der kreischenden Mädchen. Aber da war etwas, das mich und viele andere Menschen faszinierte. War es das Klavier, die deutschen Texte, die typischen UdoMelodien, der dunkelblaue Smoking mit dem roten Einstecktuch, die Ausstrahlung dieses AusnahmeEntertainers? Ich weiß es bis heute nicht genau, es war wohl diese Mischung aus allem. Dieser extrem konträre Gegensatz zu "I Can’t Get No Satisfaction" und "Revolution"! Vielleicht war es genau das, was Udo Jürgens bis heute ausmacht: der Sänger, der mit leisen Tönen seine Meinung laut sagt – mal ironisch, mal sarkastisch, mal lustig und mal ernst. Wie dem auch sei, er gehörte dazu und hatte seinen festen Platz neben den Beat- und Rockbands jener Tage. Und das ner T age U ag nd d ass Erstaunliche: Er hat ihn bis heute behalten, und niemand hat ihn ihm je streitig gemacht – und immer noch im dunkelblauen Smoking mit dem roten Einstecktuch!
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ch sah Udo Jürgens zum ersten Mal 1967 in der Duisburger Mercatorhalle, ein Jahr nach seinem Sieg mit "Merci Cherie" beim „Grand Prix Eurovision de la Chanson" in Luxemburg. Es war seine erste Tournee mit eigener Band: Willy Übelherr (musikalischer Leiter und Keyboards), Sigi Übelherr (Bass), Heinz Allhoff (Klavier), Walter Grägel (Gitarre) und Bob Blumenhofen (Schlagzeug). Udo gab damals 50 Konzerte, die von 60.000 Fans besucht wurden. Schon auf seiner dritten Tournee „Udo '70" waren es dann 266 Konzerte mit 510.000 Besuchern. Doch der Weg dorthin war oft steinig und schwer. Seite
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do Jürgen Bockelmann, so sein bürgerlicher Name, wurde am 30. September 1934 in Klagenfurt geboren. Er war ein kränkliches, schwaches Kind, hatte Ängste, konnte sich in sc der Schule gegenüber den Klassenkameraden d nicht sonderlich behaupten, wurde wegen seiner n Segelohren gehänselt und bekam Komplexe. Die S Ohren ließ er sich mit 19 Jahren richten, damals O ein e sehr schmerzhaftes Unterfangen. Aber das musste sein, denn Udo wusste bereits: „Ich will m mal m Sänger werden und auf die Bühne!" Und gutes Aussehen gehört eben dazu. Komplexe und g Ängste besiegen, Anerkennung bekommen – das Ä schafft man mit Musik. Das merkte Udo schon sc als a kleines Kind, als er sich innerhalb weniger Tage ganz allein Harmonien zu Opernmelodien T auf a dem Klavier erarbeitete. „Dieses Talent habe nur n ich, und das kann mir keiner nehmen!" Mit dieser Erkenntnis wollte er ins Leben hinaus. d „Ich auf- oder untergehen", Ich werde werrde d mit mitt Musik Mu sagte er seinem Vater, „und es ist besser, in einer Hotelbar Klavier zu spielen, als in einem Büro zu verkümmern." Damals ahnte niemand, dass dieser Udo einmal einer der erfolgreichsten Komponisten unserer Tage mit über 100 Millionen verkauften Tonträgern werden würde.
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ber der Reihe nach: 1951 fand Udos eerster Aufritt für ffünf Schilling pro fü SStunde (das waren damals etwa d 90 Pfennig) 9 1/2015
Foto: © Unfried / GoodTimes-photo.de
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do nahm in der Folge alles an, was ging. Er absolvierte Gala-Auftritte und wirkte Anfang der 60er Jahre in so manchem w deutschen Schlagerfilm als Schauspieler mit d (u.a. auch in „Unsere tollen Tanten"). Als (u u die d Polydor 1963 seinen Schallplattenvertrag nicht verlängerte, wollte er das Singen schon n aaufgeben aufg ufgeb ben e und nur noch no occh komponieren. Doch da kam es zu einer der entscheidenden Begegnungen in seinem Leben – die Firma Montana verpflichtete den Sänger, und hinter diesem Unternehmen stand ein Name: Hans R. Beierlein. Er wurde für die nächsten Jahre Udos Manager, Berater und „Macher". „Als ich Udo kennen lernte", so Beierlein, „hatte er nichts außer seinem Talent. Er sang Schlager, schlechte Schlager, aber er sang sie gut." Beierlein überzeugte Udo Jürgens davon, nur noch eigene Kompositionen zu interpretieren. „Das ist dein Weg! Der und kein anderer!" Die erste Platte, "Tausend Träume", wurde ein Riesenerfolg in Österreich. 1964 vertrat Udo dann sein Heimatland beim Grand Prix in Kopenhagen mit "Warum nur, warum?" und landete auf Platz 5. Von der englischen Version "Walk Away" von Matt Monroe verkauften sich weltweit 1,5 Millionen Schallplatten, sie GoodTimes
erreichte Platz 1 in der englischen Hitparade und Platz 2 in den USA. Udos deutschsprachige Version wurde ein Nummer-1-Hit in Frankreich (!), was auch zu einem Auftritt im Pariser Olympia führte. Beim Grand Prix 1965 in Neapel landete Udo mit "Sag ihr, ich lass sie grüßen" auf dem 4. Platz, und ein Jahr später in Luxemburg feierte er dann den Sieg mit "Merci Cherie". Der Rest ist Geschichte. Udos musikalische Visitenkarte wird ein Welthit mit Charts-Spitzenpositionen in über 20 Ländern. Der Durchbruch ist geschafft!
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nschließend wurde die erste LP PORTRÄT IN MUSIK veröffentlicht, Udo bekam den „Goldenen Löwen von Radio Luxemburg" für ""17 17 Jahr, Jah hr, r blondes blo londes Haar", Gold für eine Million verkaufter Platten von "Merci Cherie" und ging 1967 auf seine erste triumphale Deutschland-Tournee. Da sah ich ihn dann, wie bereits erwähnt, zum ersten Mal und bekam backstage von ihm mein erstes Autogramm. Udo wurde nun mehr und mehr zu einem ernstzunehmenden „Chansonnier". Bekannte Persönlichkeiten schrieben anspruchsvolle Texte für ihn: Hans Hellmut Kirst ("Unabänderlich"), Joachim Fuchsberger ("Was ich Dir sagen will") oder Eckhard Hachfeld ("Lieb Vaterland"). Aber er bediente auch das Genre des einfacheren Schlagers – Lieder wie "Anuschka", "Es wird Nacht, Señorita", "Mathilda" oder das Lied der Deutschen Fernsehlotterie "Zeig mir den Platz an der Sonne" wurden allesamt Hits. Udo tourte durch Europa, absolvierte eine JapanKonzertreise und komponierte das Musical Helden", i l „Helden, ld ld " das d 1972 in Wien uraufgeführt wurde. 1974 trat er zusammen mit Shirley Bassey vor 40.000 Zuschauern in Rio de Janeiro auf … und ich kam zu RTL nach Luxemburg.
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ine meiner ersten Ideen: eine Radio-TourneeDokumentation mit Udo Jürgens. Nachdem mir Frank Elstner, der damals Programmchef war, sein Okay dafür gegeben hatte, rief ich das Büro von Hans R. Beierlein an und unterbreitete dort mein Anliegen. Radio Luxemburg war „der Starsender" und öffnete Türen … Die Tournee „Udo Udo do '75" '7 75" stand stan st and bevor, bevo vorr man war einverstanden und organisierte mein erstes Interview für die Doku, das ich nie vergessen werde. Ich sollte Udo am Düsseldorfer Flughafen abholen, fuhr also mit meinem kleinen Simca Rallye 1 zum Airport und erwartete ihn bei der Ankunft. Ich war aufgeregt, denn nie zuvor hatte ich solch einen Star vor dem Mikrofon. Da kam er in Jeans und Lederjacke tänzelnd durch die Glastüren, eine große Reisetasche über der Schulter. Wir gingen zum Auto, und Udo war über die „Limousine" nicht gerade begeistert. Er nörgelte etwas herum, und wir fuhren ohne viele Worte zu einem Luxushotel. Das fing ja gut an … Udo stieg aus und ging sofort in seine Suite. Ich parkte den Wagen und folgte ihm einige Minuten später nach. Auf dem Zimmer packte ich mein Tonbandgerät aus und begann mit dem Interview. Udo taute auf – über eine 1/2015
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Foto: © Unfried / GoodTimes-photo.de
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iim m Gasthof Valzachi in Klagenfurt statt, den es K übrigens heute noch gibt. ü Er hatte mit Freunden eine E kkleine Combo gegründet, die sich Udo Bolan d Band nannte. An jenem B Abend geschah etwas A Entscheidendes: Spät E i der Nacht jubelte das in Publikum Udo zu, und P er e entschied: „Jetzt hab' iich begriffen, um was es ic geht. Das muss ich weig termachen!" Und er tat te es, e arbeitete als Komponist und Arrangeur und wurde u 1952 vom britischen 1 Militärsender M litä Mi liit rsseen nde d r BFN N (British (Brriti (B t sh Forces Forces Network) Netw Ne t ork) k) als a Moderator und Musiker für eine wöchentliche Radioshow engagiert. Die wurde gehört, und so bekam Udo ein Jahr später eine Einladung nach Berlin, um dort mit dem Rias-Tanzorchester unter Leitung von Werner Müller zu spielen. Udo tingelte durch Österreich und Deutschland und machte sich einen Namen als Jazzpianist. Und dann die erste große Chance: Heliodor/Polydor gab ihm 1956 einen Schallplattenvertrag und einen neuen – Udo Jürgens! Die erste Single uen Künstlernamen Kün Kü erschien: "Es waren weiße Chrysanthemen." ers Ein kapitaler Flop. Doch Udo wurde bekannter, te und Max Greger nahm ihn 1957 mit auf eine ein ei n große Russland-Tournee. Es erschienen weitere Singles, und Udo zog berufsbedingt w ins in Künstlerviertel München-Schwabing. 1960 wurde er in Knokke „Bester Einzelsänger des w Festivals", und sein Lied "Jenny" wurde ein F N Nummer-1-Hit in Belgien. Im selben Jahr k komponierte er für Shirley Bassey den Welthit "Reach For The Stars". Das brachte auch das "R erste „große Geld", ungefähr 20.000 DM. Für e er Udo eine unvorstellbare Summe. Er kaufte U einem Freund ein Auto und sich selbst einen ei brandneuen Ford. Die Autos standen dann in br einem Hinterhof, denn für Benzin war kein en ei Geld mehr da … G
te te bei Udo und Panja. Näher Pa konnte ich ko der „Jürgensd de Family" nicht Fa mehr komm men – wir m fuhren zusamfu men mit seim nem Boot über n den Zürichsee, d machten einen m Stadtbummel, Stad St t dtb bum u mel saßen saßen en bis biss tief tieef in n die die Nacht Nacc zusammen, Udo Ud U d spielte Klavier, noch ein Absacker in der Küche … eine unvergessliche Zeit! Die Tournee wurde die bis b s dahin erfolgreichste Konzertreise seiner Karriere – bi 3 33 330.000 Besucher in 110 Konzerten.
Stunde beantwortete er alle meine Fragen locker und sehr freundlich. Am Ende des Gesprächs griff er zum Telefon, wählte eine Nummer und sagte: „Da hast du mir aber einen super Typen geschickt. Der macht seine Arbeit sehr gut, die Doku wird bestimmt toll!" Am anderen Ende der Leitung war Frank Elstner. Das war für mich wie ein Ritterschlag. Seit diesem Tag sind Udo und ich Freunde.
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ch war dann einige Tage mit auf Tour, das Mikrofon immer dabei, sprach mit ihm direkt vor und nach den Auftritten, interviewte die Band, die Techniker und das Publikum. So entstand eine dreistündige Dokumentation, die beste Kritiken erntete. Im selben Jahr wurde "Griechischer Wein" veröffentlicht, und Udo besuchte mich ch besuchte das Münchner Konzert am 26. September zum Studiogespräch bei RTL. 1980 und werde diesen sommerlichen Freitagabend Er kam von da an sehr oft nach nie n vergessen. Nach seinem Auftritt Luxemburg, manchmal auch ganz wollten wir zusammen mit ein paar anz privat, privvat pr at, w sozusagen inkognito. 1976 schauten wir Freunden noch aufs Oktoberfest. F bei mir zu Hause während der Fußball-EM Udo hatte ins Käferzelt eingeladen. U ein Spiel der deutschen Mannschaft. Und Durch irgendwelche Umstände verD am selben Tag eröffnete er mir abends zögerte sich aber die Abfahrt von z beim Essen: „Du, das weiß noch keiner, der d Halle zur Wiesn. Auf der verspäaber ich trenne mich von Beierlein! Ich teten Anfahrt hörten wir dann im te weiß noch nicht genau, wie’s weitergeht, Autoradio vom Bombenattentat am A aber ich habe Kontakte zur Schweiz aufHaupteingang mit 13 Toten und über H gebaut!" Ein Jahr später wurde es offi200 Verletzten. Was wäre gewesen, 2 ziell. wären wir planmäßig eingetroffen …? zieelll. Udo Udo wechselte wechsseltee zum zu Freddy-Burgerw Management und M zog mit Ehefrau z 981 ging Udo für einige Wochen Panja und den in die USA, um in Hollywood P Udo Jürgens und Christian Simon bei „Pit“ in Baden-Baden Kindern Jenny mit Harold Faltermeyer die englisch K und gesungene LP LEAVE A LITTLE LOVE zu produzieren, die dann in u Jonny von Kitzbühel nach Zürich. über 20 Ländern erschien. Sogar Russland orderte 50.000 Stück. Für den Titelsong gewann Udo beim „World Popular Song Festival" in eine Erfolge hielten unvermindert an: 1978 Tokio gleich zwei Preise – als Komponist und Interpret. Auch erhielt erschien "Buenos dias, Argentina" mit er für das Album einmal mehr den „Deutschen Schallplattenpreis". der dee deutschen Fußballnationalelf und wurde d Ein Jahr später kam es zu einer „musikalischen Ehe", die bis heute der d größte Schallplattenhit in Udos Karriere: de hält. Sowohl für die LP als auch für die ZDF-Show und die Tournee Gold nach fünf Wochen und Platin nach Go „Lust am Leben" ging Udo gemeinsam mit dem Pepe Lienhard zwei Monaten. "Mit 66 Jahren" kam auf den zw Orchester erstmals ins Studio und auf die Bühne. Eine der wohl Markt, rechtzeitig zur Tournee „Ein Mann und M wichtigsten Entscheidungen des Bühnenkünstlers Udo Jürgens! Die seine Lieder" – dies auch der gleichnamige se Titel seiner ZDF-Show, die eine sensationelle Ti Tournee umfasste 123 Konzerte mit über 400.000 Besuchern. Einschaltquote von 56 Prozent erreichte. Dafür E bekam er die Goldene Kamera von Hörzu. b nd ein Ereignis im Jahr 1983 darf nicht unerwähnt bleiben, zumal die Bilder um die Welt gingen: Für eine TV-Produktion wurde Udo samt Glasflügel auf das 3454 Meter hohe Jungfraujoch in ch hatte damals eine Einladung von Udo zu einem Konzert in die Schweizer Alpen geflogen. Unterm weißen Smoking trug er einen Frankfurt. Vor meiner Abreise aus Luxemburg gab mir mein Neopren-Taucheranzug, da die Aufnahmen ansonsten aufgrund der RTL-Kollege Oliver Spiecker einen Umschlag und bat mich, diesen klirrenden Kälte gar nicht möglich gewesen wären. Udo zu übergeben. Darin befand sich ein von Oliver geschriebener Songtext – und was daraus wurde, kennt heute jeder Udo-Fan: die Acht-Minuten-Komposition "Wort", die 1979 zusammen mit den 984 feierte Udo seinen 50. Geburtstag und gab Berliner Philharmonikern aufgenommen wurde, ein Meilenstein aus diesem Anlass für seine Freunde eine Party in in Udos Schaffen. Im selben Jahr wechselte ich von RTL zum Zürich. Ich war eingeladen und erinnere mich gerne ZDF und zog nach München. Nun wurde die Beziehung zu an diesen Tag. Wir feierten zuerst im Szeneclub Udo noch enger, zumal er sehr oft nach München kam und wir Mascotte, wo Udo auch live am Klavier Songs dadurch ständigen Kontakt hatten. Die Tournee „Udo '80" war seines Albums HAUTNAH spielte, für das er Gold in Planung, und seine Plattenfirma Ariola beauftragte mich mit bekam. Später ging’s dann ein paar Stockwerke einem Audio-Interview, das dann auf zwei Musikcassetten höher in Udos neue Penthouse-Wohnung, die noch erschien und an Medienleute verteilt wurde – diese im Rohbau war. An langen Biertischen wurde Produktion mit Musik ist heute eine gesuchbis tief in die Nacht gespeist und getrunken – meinen Flieger am nächsten Morgen habe te Rarität. Auch die TV-Zeitschrift „Bild ich verpasst … Im selben Jahr wurde seine und Funk" plante eine Udo-Serie unter Tournee „Hautnah" mit 130 Konzerten dem Titel „Meine Lebensbeichte", die ich und 430.000 Besuchern zum Megazusammen mit Udo erarbeiten sollte. Dafür Erfolg – und Udo ging unter die fuhr ich drei Tage nach Zürich und wohnFoto: © Christian Simon Productions
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Fotos: © SONY / Dominik Beckmann
Udo Jürgens – seit 47 Jahren auf Tournee
Buchautoren. Sein Erstlingswerk erschien: „Smoking und Blue Jeans". Zehn Jahre später sollten sich manche Dinge in ähnlicher Form wiederholen …
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nschließend absolvierte Udo die Tourneen „Deinetwegen" (1987) und „Geradeaus" (1992), eröffnete die „Wiener Festwochen" (1986), schrieb für zwei Folgen der ZDF-Serie „Traumschiff" den Soundtrack und war selbst Gaststar in einer Folge (1990), gab 1992 auf der Donau-Insel in Wien das größte Open-AirKonzert des europäischen Kontinents aller Zeiten vor über 200.000 Zuschauern, bekam unzählige Ehrungen und 1993 einen lebenslangen Schallplattenvertrag mit BMG Ariola, was in der Geschichte der deutschen Phono-Industrie einmalig ist.
Meran, Interlaken, Bad Ragaz, Luzern / Berlin, Frankfurt, Hamburg / Nassau, Bahamas, und Barendorf bei Lüneburg. Dieser Roman ist wie ein Jahrhundertkonzert – Familiensaga und Zeitgeschichte in einem. Udo: „Die Geschichte meiner Familie hat mich seit meiner Kindheit geprägt und mein Weltbild entscheidend mitbestimmt, die Suche nach ihren Spuren hat mich viele Jahre begleitet, die Idee zu diesem Buch trage ich schon beinahe mein ganzes Leben mit mir herum." Mein persönliches Exemplar schenkte mir Udo zum Geburtstag im Juni 2005, als ich mit ihm im Rahmen der Sommer-Open-Air-Tournee ein Solokonzert auf der Freilichtbühne in Ötigheim veranstaltete. Danach wurde noch im Baden-Badener Gagarin gefeiert. Es hat wohl seit den 60er Jahren keinen Besuch von Udo in dieser Stadt gegeben, ohne einmal in diesem Lokal bei „Pit" reinzuschauen.
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006 folgte die nächste Tour „Jetzt oder nie", bevor ein Jahr später ein weiteres Highlight in Udos Karriere folgen sollte: Am 2. Dezember 2007 gab es im Hamburger TUI Operettenhaus die Weltpremiere des Musicals „Ich war noch niemals in New York" mit 23 Liedern von Udo Jürgens. Vor der Premiere wurden bereits 150.000 Karten verkauft, und zwei Jahre später konnte Hamburg den millionsten Besucher vermelden – bis heute sind es in Hamburg, Zürich und Oberhausen über drei Millionen Besucher! Neben der Musik spielte in den kommenden Jahren aber auch der Film eine wichtige Rolle, denn Udos Erfolgsroman „Der Mann mit dem Fagott" wurde verfilmt. Zu seinem 77. Geburtstag gaben ARD und ORF die Ausstrahlungstermine des Zweiteilers bekannt, der zum Fernsehereignis des Jahres 2012 wurde. Der Film erhielt den wichtigsten österreichischen Film- und Fernsehpreis, den Romy, wurde im Museum Of Modern Art in New York gezeigt und bekam den Deutschen Fernsehpreis. Gleichzeitig feierte Udo wieder unglaubliche Erfolge auf seiner Tournee „Der ganz normale Wahnsinn" … ja, das ist Wahnsinn – Udo Jürgens, dieses Jahr „80" und immer noch MITTEN IM LEBEN, ein gut gewählter Titel für sein überaus gelungenes 53. Album. Auch für Udo, wie er sagt, ein Grund zum Feiern! inik B
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och nun zum Jahr 1994: Auch zu seinem 60. war ich wieder eingeladen. Diesmal allerdings ging’s nach Frankfurt. Der Grund: Udo bekam an seinem Geburtstag im Frankfurter Römer das Verdienstkreuz 1. Klasse der Bundesrepublik Deutschland. Somit hatten wir zwei Gründe zum Feiern! Auch verlieh ihm die Deutsche Phonoakademie den Echo für sein Lebenswerk, und das ZDF ehrte ihn mit einer TV-Gala. Im selben Jahr erschien sein zweites Buch „… unterm Smoking Gänsehaut", und Udo startete seine 13. Tournee „Die Größenwahntour", die ihn sieben Monate durch die Lande reisen ließ. Mit 500.000 Besuchern in 140 Konzerten wurde sie zur erfolgreichsten Tournee der Konzertsaison in Europa. Dafür bekam Udo Jürgens 1995 die Goldene Kamera der Zeitschrift „Hörzu". Ein Jahr später erntete er die Lorbeeren vergangener Tage: Sein Album ABER BITTE MIT SAHNE erreichte in Österreich Platinstatus, 54 Prozent der Deutschen bezeichneten seinen Song "Griechischer Wein" als ihren Lieblingsschlager, und sein Oldie "17 Jahr, blondes Haar" landete auf Platz 2 der „ewigen Schlager-Hitparade". Im Januar ’97 startete „UJ" seine 14. Tournee „Gestern, Heute, Morgen" und stand dafür 111 Mal auf der Bühne. Es folgten wieder viele Preise, darunter auch der Ehren-Bambi für sein bisheriges Lebenswerk.
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ine Karriere ohne Beispiel! Und wie geht’s weiter? „Wir alle haben einen letzten Tag. Man muss bereit sein, damit umzugehen, und das fällt mir nicht leicht. Ich wünsche mir, dass ie Jahrtausendwende fiel zusammen mit Udos 66. ich das tolle Leben mit Musik noch weiterleGeburtstag. Da bot es sich wie selbstverständlich Mit 80 ben kann. Neue Lieder schreiben, ins Studio an, dass man dies zum Anlass nahm, an einen seiner Jahren gehen, Gedanken zum Klingen bringen … und größten Hits zu erinnern. So hieß dann seine Tournee mitten im Leben dann kommt der Moment, wo man sich sagt, 2000/2001 „Udo 2000 – Mit 66 Jahren, da fängt diese Lieder müssen auf die Bühne!" Und das Leben an". Danach arbeitete er parallel an zwei ! Un nd das wünschen sich großen Projekten. Zum einem an seinem Album ES Millionen Menschen noch für viele Jahre. LEBE DAS LASTER mit darauffolgender Tournee (2003/2004) und zum Darauf freuen wir uns! anderen an seinem 700-Seiten-Roman „Der Mann mit dem Fagott", der 2004 erschien, rechtzeitig zu seinem 70. Geburtstag. Udo schrieb das Buch zusammen mit Michaela Moritz chronologisch in Zürich, ieber Udo, herzlichen Glückwunsch Wien, Kärnten / am Bodensee, an der Algarve / in München und – und lass uns noch viele schöne Kitzbühel / Moskau, St. Petersburg / Lissabon, Budapest, New York / Momente erleben! Foto
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Die Leute von der Shiloh Ranch (The Virginian)
TV-Westerndramen für Erwachsene
Von Andreas Kötter
Aus Kindern werden Leute. Und weil das so ist, wurde ich der kleinen, feinen, aber wegen ihres 25-MinutenFormates auch immer ein wenig eindimensionalen Western-Abenteuer, die sich Westlich von Santa Fé" " ereigneten, irgendwann Anfang der 70er Jahre allmählich müde.
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um Glück aber zeigte sich im gleichen Maße, wie das Kind zum – immer noch sehr jungen Mann – heranreifte, auch der TV-Western immer erwachsener. Schon 1962 war in den USA mit „The Virginian" die erste Westernserie im 90-Minuten-Format (75 Minuten plus Werbung) angelaufen. Und ab 1970 ritten „Die Leute von der Shiloh Ranch" schließlich auch durch deutsche Wohnzimmer. Lose basierend auf Owen Wisters mehrfach verfilmtem Roman „The Virginian" bedeutete „Die Leute von der Shiloh Ranch" gleichzeitig den Höhe- und – was den großen Erfolg anbetrifft – vorläufigen Endpunkt eines Genres zugleich. Weil hier eine TV-Westernserie zum ersten Mal im Über-Format produziert wurde – bei uns blieben davon allerdings häufig nur 60 Minuten übrig, so dass man sich bisweilen über arge Brüche in der Handlung ärgern musste –, konnten Drehbuchautoren und Regisseure (wie Hollywood-Veteranen bzw. Western-Routiniers wie Sam Fuller, Burt Kennedy oder Andrew McLaglen) aus dem Vollen schöpfen und beinahe ähnlich epische Geschichten inszenieren, wie man das von der großen Leinwand, vom Kino gewohnt war.
so dass der Virginian, der außer einem weinroten Cordhemd meist komplett in Schwarz p chwar arzz auftrat, auft au ftr immer ein wenig mysteriös blieb. Auch weil w er alles andere als ein Schwätzer war. Nicht dass der Mann ein eindimensionaler N Charakter gewesen wäre. Im Gegenteil: Der Vormann konnte durchaus sensibel und V mitfühlend sein. Aber statt große Reden zu schwingen, ließ er lieber Taten oder – wenn es gar nicht anders ging – seinen w Colt sprechen. Für den Schauspieler James Drury war der Virginian die Rolle seines Der Roman Lebens. Bis heute tingelt er im Zeichen The Virginian" der Shiloh Ranch durch die USA, von " fürs Kino Western-Festival zu Western-Festival. Zu W wurde mehrfach verfilmt: Recht. Denn der Virginian war fraglos die Hier mit attraktivste Figur und damit der Fixpunkt d r Serie. de Se e. Joel McCrea (2. v. r.) der
Soap-Opera im Wilden Westen: Die Familie war hier die Gemeinschaft der Cowboys
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ein Wunder also, dass die Erfolgsserie mit 275.000 Dollar pro Folge teurer war als jede andere TV-Show ihrer Zeit. Über den im Original titelgebenden „Virginian" (hier zu Lande wurde der „Virginian" gerne auch als „Vormann", also als eine Art Anführer der Cowboys bezeichnet) erfuhr man in den 171 (von den tatsächlich 249) in Deutschland ausgestrahlten Folgen recht wenig. Genaugenommen ist „recht wenig" sogar noch sehr optimistisch ausgedrückt. Denn nicht einmal der tatsächliche Name wurde dem Zuschauer verraten, Seite
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ennoch gab es noch eine ganze Reihe weiterer Hauptfiguren: Trampas (Doug McClure) war neben dem Virginian die wohl die wichtigste. Mit jungenhaftem Charme gesegnet, war er der ideale Gegenpart zum meist ernsten Virginian. Und dann waren da auch noch Steve Hill (Gary Clarke), Randy Benton (Randy Boone), Belden (L.Q. Jones) und Tate (der spätere „Colt für alle Fälle", Lee Majors). Sie alle gemeinsam machten die Soap-Opera (nach „Bonanza" und „Big Valley") endgültig im Wilden Westen heimisch. Denn die Erzählungen über das Leben auf der und um die Shiloh Ranch herum waren n nichts anderes als eine große Clan-Saga, beii der die Familie nicht verwandtschaftlich kon-notiert, sondern schlicht und ergreifend diee verschworene Gemeinschaft der Cowboys war.r. Ein weiterer Grund für den großen Erfolg warr zudem, dass neben den schon Genannten weitere wichtige Rollen (die Besitzer von Shiloh, die sich über die Jahre das Brandeisen in die Hand gaben) mit Charakterdarstellern des amerikanischen Kinos und Theaters besetzt waren. Ob der große Lee J. Cobb („On The Waterfront", „12 Angry Men") oder John McIntire, der in Montana unter Cowboys aufgewachsen und in vielen großen HollywoodWestern der Regielegende Anthony Mann zu sehen gewesen war, ob Charles Bickford, der von Lewis Milestone über Henry Hathaway und William Wyler bis zu John Huston mit fast allen ... mal seinen großen Regisseuren der Hollywood-Studio- jungenhaften Charme Ära gearbeitet hatte, oder schließlich in spielen der letzten Staffel „Old Surehand" Stewart Granger – sie alle punkteten mit ihrer großen Professionalität.
hochkarätigen Gaststars. So tauchten im Laufe der hocc ho Jahre Jah Hollywood-Routiniers wie Joseph Cotten, Lee Jah Ja Marvin, Joan Crawford, Charles Bronson oder George Ma Ma C. Scott auf. Weitere Gastauftritte aufstrebender Stars C. wie w wi ie Robert Redford, der damals noch am Beginn seiner großartigen Karriere stand, rundeten das Bild sei se i einer ein ei n besonders feinen Produktion ab. Nicht nur einmal waren es diese prominenten Gäste, die den en ei Arrivierten von Shiloh die Show stahlen. Arr
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ls „Die Leute von der Shiloh Ranch" nach neun Staffeln (die letzte lief nicht mehr unter dem dee Originaltitel „The Virginian", sondern unter „The „T T Men From Shiloh") in den USA mit einem „lonesome goodbye" schließlich in den finalen „ll Sonnenuntergang ritten, bedeutete das für mich So eine besonders schmerzhafte Trennung. ei Und U das nicht nur, weil ich den Virginian, Trampas und all die anderen wirklich T liebgewonnen hatte. Schlimmer noch traf li mich und einen jeden Großstadt-Cowboy, m dass mit dem Abschied von Shiloh eine d Epoche zu Ende ging – die der klassischen E TV-Western. Einsame Nachzügler, etwa T „Kung Fu", „Centennial" („Colorado Saga") „K K oder die zugegebenermaßen fantastische o Miniserie „Lonesome Dove" („Der Ruf des M Adlers") waren nur noch die berühmte(n) A Mal ließ Trampas den Colt ... Ausnahme(n) von der Regel. Mit „Die Leute A von v der Shiloh Ranch", ohnehin angesiedelt im späten Wilden Westen der 80er bzw. 90er Jahre (vgl. letzte Staffel) des 19. Jahrhunderts, war die berühmte „Frontier", die Grenze zwischen Zivilisation und Wildnis, endgültig geschlossen.
Zum Weitersehen:
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nhaltlich setzte man darauf, dass es mal der Virginian oder Trampas, mal einer der Besitzer der Shiloh Ranch oder auch einer ihrer Sprösslinge (Kinder und Enkelkinder) waren, die mit ihren eigenen Sorgen oder konfrontiert oder etwaigen Nöten anderer jeweils im Mittelpunkt einer Episode standen. Die Rollen dieser „Anderen" waren ebenfalls besetzt mit
• Die Leute von der Shiloh Ranch", DVD-Boxen Staffel 1–3 (EuroVideo)
Zum Weiterlesen: • • • •
Ronald Jackson, Doug Abbott: 50 Years Of The Television Western" " Jon E. Lewis, Penny Stempel: Cult TV" " Richard West: Television Westerns – Major and Minor Series, 1946–1978" " Andreas Kötter: Kult in Serie – 50 Serienklassiker ausgewählt und kommentiert" "
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Der beste Freund des Virginian war am Ende doch immer sein Gaul.
i Spielzeugwelt ie S i l lt der d 70er 70 Jahre J h hielt für Jungs etwas bereit, das es in den Jahrzehnten davor so nicht ur (oder gegeben hatte: die Action-Figur ns svielmehr Aktions- oder Funktions-
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Figur, wie man sie damals noch nannte). Und aus diesen wiee derum ragte eine Figuren-Serie s ganz besonders hervor: das n ACTION TEAM! Namen wie John k k, Steel, Tom Stone oder Hard Rock, n nd wie die Figuren in Deutschland eiich genannt wurden, verhießen gleich n ng und auf den ersten Blick Spannung Seite
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Abenteuer. Es gab deshalb vermutlich nur wenige Jungs zwischen sechs und zwölf Jahren, die damals nicht von den verh verheißungsvollen ACTION TEAMSc ch Schaufenster-Dioramen der Spielze z zeugläden geradezu magisch an a angezogen wurden. Daran verm mochten auch die Gegner dieser F Figuren, denen es angeblich an p pädagogischem Wert fehlte und d die schon gerne mal als Barbie " fü ür Jungs" bezeichnet wurden, für nich ht zu ändern. Das ACTION TEAM nichts r heißbegehrt. war
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Die Anfänge
dy od oder der SSuper up per e Peggy, Peg eggy ggy gy,, die diee di Sandy TION ON N G IRLS IR LS eeben! b n!! W be e er ACTION GIRLS Wer nun ab glaubte, dass aber er g laaubtee, da ass ss diesee Mä Mädels nur schönes äde dels ls n ur sch hön ness Beiwerk waren, wer erkk wa ware ren, n, llag a ag falsch. Damen ch.. Di ch Diee Da Dam men waren en mindestens mind mi ndes nd este es ten te ns so abenteuerlus abent nteu euer eu erlu er lusstig g wie ih männlichen ihre re m än iccheen ännlic n Pendants dan ants ts und nd d auch auc uch genauso aus uso o wehrhaft: wehrrhaft ft: Bewaffnet waffnett wa mit einem eine neem nem goldenen den nen Colt (!) und und versehen Abenteuermit mi ausrüstungen wiee au usr srüs ü t Fallschirmen und F Fa ll d SafariSaaffari ariEquipment, ging es geraEqu raadewegs von einem halsde ls-brecherischen Abenteuer b uerr zzum nächsten. Vielleicht ichtt ( en?) (oder gerade deswegen?) a hen aber konnten Mädchen n am mit nie so recht etwas damit aanfangen, war doch die die heißgeliebte Barbie natürh atü ürlich ein ganz anderer T Typ yp p von Frau. Und Jungs hielten ellten sich elt sich sic si sowieso meilenweit von sow n SSuper uper up Peggy und Super Sandy eentfernt; Peg ntf tfer tf ern er nt; nt schließlich spielte man ja nicht sch ja n iccht mitt Puppen, sondern mit it ActionActi Ac tion onon nFiguren! Figu
Pünktlich zum Weihnachtsgeschäft 1974 hatte das ACTION TEAM seine Premiere in bundesdeutschen Spielzeugläden und Kaufhäusern. Die Mannheimer Spielzeugfirma Schildkröt hatte vom US-amerikanischen Spielzeugriesen Hasbro die Lizenz erworben, die 30 Zentimeter großen Abenteurer in Deutschland zu vertreiben, wobei sie die bereits existierende breite Angebotspalette von Figuren, Themen, Ausrüstungen und Zubehör sowohl aus den USA als auch aus England nutzte und daraus maßgeschneiderte Helden kreierte, die für den deutschen Markt am besten geeignet erschienen. Auch die Benennung der Figuren gab Fi gaab es so nur in Deutschland.
Figuren, Ausstattungen, Zubehör Den Grundstock des D es neuen Angebots biln deten zunächst die d drei Hauptakteuree d des ACTION TEAMS: d MS: Hard Rock (orangeH geffarbener Overall und Bart), John Steel (blaue B blaaue u SSchlaghose, hellblaues aues Hemd) sowie der schwarH warzze Tom Stone (khakifarkif ifar ar-ar bene Hose und Hemd). b emd md). ). Alle drei trugen schwarA chwa w rzze Halbstiefel, und d als jeder ii-Tüpfelchen hatte jed der vvon ihnen ein schwarzes warzes SSchulterhalfter, bestückt mit einer .38er 38 8er SSmith&Wesson mith& itth& h Wesson oder einer .45 ACP. Und das war nur die Minimalbewaffnung, die als Zubehör erworben werden konnte. Neben einem Remington-Gewehr mit Zielfernrohr gab es zudem amerikanische M-16-Sturmgewehre oder englische SLR. Die Auswahl war groß g und vielfältig. G n Ge naaus uso o war w r es bei den angebotenen Abenteuerwa Genauso aau usr s üst üstungen en Was es da nicht alles gab:: E quip pmentt, ausrüstungen. Equipment, angefangen ang an geefa fang ngen en beim Fallschirmkommando (mit (miit echecch-tem über den Katastrophenschutz, teem Fallschirm) F lll sc Fa sch h heens nsch ch hut utz, die den Geheimdienst, d e Dschungel-Forschung, di Dssch D c u eimd md die ien nsst, t, die die Spionage-Abwehr bis hin di hiin zum zum zu Froschmannzubehör (mit echtem Frros F ro ossc hteem Gummitaucheranzug). Eines der Gu G um deer bekanntesten Sets: die legen-be be däre Tiefsee-Ausrüstung,, d komplett mit Taucherhelm k inklusive aufklappbai rem Visier, Schatzkiste re und Gummi-Oktopus. Es un un war war genauso, wie der dama-llige ig ge Werbeslogan der Firmaa ge Schildkröt vollmundig verkündete: Schi Sc hild dk ettee: Abenteuerspiel mit 1000 „„Das „D Dass llebendige eben eb be 00 00 Möglichkeiten." Mö M ög gllicchk h e
Die Di Muskelmänner kommen In den Folgejahren entwickelte sich h die Schildkröt-Serie kontinuierlich weiter. er. er Der anfänglich noch verwendete „Ur-Körper" der ACTION TEAMFigur, der einer Art Gliederpuppe entsprach und hauptsächlich auf Funktionalität abhob,, wich ab 1976 mehr und mehr einer neuen
auch am Barbie-Markt Um (vermutlich) Um (ve ve verm Markktt tteilhaben eilhabe ben zu können (oder einfach, fach, h, w we wei eil Puppen Pup upp p ng n ge ge bei Schildkröt eine lange weil Traad dit i io ion n hatten), stellte man den haraarrTradition ten Männern Mään M ine ne ten dann bald schon eine w we eib iblilich liich he Begleitung zur Seite: Super peer p er weibliche GoodTimes
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muskulösen mu usk skul kulö ösen öse ös en Körperform, Kör örp auf die Hasbro in den USA um mge gestellt sttel elllt hatte. hat att Angeblich war dies das Ergebnis at einer einer dortigen ei do orti rtige Umfrage unter Jungs zwischen sechs und zwölf Jahren nach dem bevorse ech hs un zugten zzu ugte gten Körperbau: sportlich schlank oder gt doch d och llieber dicke Muckis? Daa die überwiegende Mehrheit der D Befragten so etwas wie „Da kauf ich Be Be lieber lieeb den muskelbepackten Big Jim" angab, sah sich Hasbro dann zur anaan tomischen Kurskorrektur gezwungen. to o Schließlich war es die Zeit, in S der ganz groß de das das Bodybuilding Bod im im Kommen war. So wurden die auch d e Helden di n schließlich s bei bei uns mit stahlharten Muskeln versehen Mu usk skel eln n und und die die Palette der der AbenteuerAbe a us usstattungen erweitert. errwe weitter e t. Ab Ab 1977 kam es daann zum d um Auftritt dann der der „harten de „h harten n Männer, die di alles können und alles sehen". Das „Alles al sehen" sehe se heen war auf eine Neuerung aus zu beziehen, w wo die aus England E o di ie Firma Firm Fi rm Palitoy zu dieser Zeit Zeit für für ihre ihrre Action-Man-Serie die sogenannten Ac sogenan an nnte nten en Eagle-Eyes eingeführt hatte: Ea hattee: Augen, die mittels einess kleiA kleeinen ne Schiebers im Nacken en der der Figur von links nach rechts Fi rec ecchtts und umgekehrt bewegt u egt gt werden konnten. w
leider nicht bekannt. Vermutlich icht ic ht b ekkan annt nt. V Ve eerm r u rm uttlilich bestehtt aber aber ein ein Zusammenhang Zus usam ammeenh n an ng mit dem Mitte der 70er em aab b Mit itte it te d er 7 0er Ja JJahre ahr hre stark gestiegenen geestie gest iege gene n n Öl lpr preiiss. Da Da Ölpreis. Öl ein ein n wichtiger wichttig iger err Rohstoff Ro oh hsto offf für die diie Herstellung Herste tellllllun ng von von Plastik tiik ist, darf darrf vermuvveerm muutet werden, w rden, dass we dass die diee schon n damals damaals beachtbeaccht-lichen n Verkaufspreise Ver e kauf u sp preeis ie der Figuren und Figu Fi g u re r n und Ausstattungen unge un gen auf gen auf Dauer au Daauer nicht mehr hr zu zu halten haalltten ten waren. war areen n. Zumindest warr dies dies einer ein ner der derr Gründe, Gründ rü ün nd de, e, weshalb Hasbro 1977 w 97 977 77 die die Produktion di Prod Pr roduk od o duk ukti ukti tio on von on vo on n G.I. G..I. I. Joe, Joe oe der epochemachenden een nde nde den ersten eerrst sten en ActionActi ctio ct ionnFigur, Fi ur,r, einstellte. Figu ein nste
Jäger und Sam Sammler
Schildkröt überS nahm diese Technik n und und brachte zwei neuee Helden: Bob Power und den Held d den de Indianer Indi In diian anee Adlerauge. Ersterer err war war eine e nee Art ei A Agent, ganz in Schwarz chw warrz gekleidet, Rolli gekleid , mit schwarzem g m R ollli o lllii und schwarzer Hose, waffenscchw waaffeen ntechnisch top ausgestattet. tteech chni n ni esta t ttet ta ttet et. t Adle Ad leer n war warr Adlerauge hingegen e n Indianer ei In gen e au, au, ein mit … genau, Lee nd d en en itt e re s Lendenschurz. Weiteres Z beehö Zu ör Fehlanzeige. Ob b die die Zubehör Ma g von von Marketingabteilung Sc geeraSchildkröt hier gerad im Urlaub war a oder ar oder de m accht h e,, man schlicht dachte, der Lendenschurz d urz reiche im Wilden r den Westen zum Überleben W erl rleb eben ben aus, aus us,, istt leider leid le eid i err nicht überliefert. ni
Wie W Wi ie dem auch ssei, se i eineinhalb JJahrzehnte später, rr,, entdeckten Kinder der 70er iim Verlauf der 90er err Ja JJahre, ahr hre ent tde deck ckte kte ten n di die Ki die Kind ind nder de d er 7 0eer 0 aals Erwachsene ihre alten Spielkameraden neu. Zunächst auf Flohmärkten, über Zeitungsannoncen oder im Rahmen au (heute von (h von vo (he eu fast unmöglichen) Ladenfunden, später dann über ein wohlbekanntes Internet-Auktionshaus. So entwickelte sich eine wo ohl h beka bek kleine, k ei kl eine n , aber abe feine Sammlerszene, die die Helden von einst wiederab haben haabe h b n wollte. wollll Diesmal aber nicht, um sie in der Badewanne tauchen wo oder zu llassen asse as sen se en od o d im Garten auf Großwildjagd j g zu schicken, sondern um die taffen d di ie ta taff ffen JJungs ungs un gss iin n voll vvollem vo ollem lem Glanz Gla lanz nzz und und Gloria Glo lori riaa in die Vitrine nd iee V itriinee sstellen telllllen zzu te u kö kkönnen n en ...... nn Lars L rs Schumacher La Sch c um mache herr
D Das Ende des Ab Abenteuers Als A ls sich sicc die 70er Jahre dem Ende zuneigten si und u d ein un e neues Jahrzehnt vor der Tür stand, waren w are allerdings auch die Tage des ACTION TEAMS langsam gezählt. Wann genau und TE TEAM EAM A aus Gründen Schildkröt den Vertrieb au us welchen w der TEAM-Serie einstellte, ist jedoch deer ACTION A S ite Seite Sei
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Im Oktober vor genau 50 Jahren stach der ZDFAbenteuervierteiler in See und begründete eine lange Tradition. Zwar begann alles mit einem Schiffbruch, doch fuhr das Sendekonzept danach zwei Jahrzehnte erfolgreich unter stolz geblähten Segeln. Die künstlerisch treibende Kraft war dabei der Produzent Walter Ulbrich. Ein Rückblick auf den Beginn einer Ära.
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ütender Sturm und Finsternis, von Blitzen kurz erhellt, wohin man blickt. Ein Schiff, die Segel zerfetzt, die Masten geborsten, tanzt als Spielball auf hochpeitschenden Wellen. Zwölf Tage hält dieses Tosen bereits an, und das Schiff, die „Esmeralda", ist dem Untergang geweiht, ebenso die Mannschaft. Mit einer Ausnahme, die über Bord gespült wird wie die anderen, aber später aus halber Bewusstlosigkeit an einem Ort erwacht, der ihr wie das Paradies erscheinen muss, wegen seiner Schönheit und weil es ihn, den Seekarten nach, unmöglich geben kann: ein Sandstrand unter tiefblauem Himmel, von Palmen gesäumt. Die Rede ist von Robinson Crusoe. Und wir haben das alles mit eigenen Augen gesehen! Seite
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ie lange Tradition der sogenannten ZDF-Adventsvierteiler begann mit Schreckensbildern eines Desasters, und man ahnte seinerzeit weder etwas davon, zu welcher Langlebigkeit sie es bringen würde, noch hatte sie bereits den Sendeplatz gefunden, der ihr einst den umgangssprachlichen Namen geben würde. In vollständiger Feierlichkeit lautete der Titel dieses ersten Vierteilers „Die seltsamen und einzigartigen Abenteuer des Robinson Crusoe aus York", und er startete am 3. Oktober 1964.
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hne einen Mann namens Henri Deutschmeister hätte es die Tradition der ZDF-Abenteuervierteiler nie gegeben. Als deutscher Jude in Rumänien geboren, musste er im Zweiten Weltkrieg aus seiner Heimat
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obinson Crusoe" wurde im Sommer 1963 gedreht, nach einem Drehbuch von Jean Paul Carrière (der später an internationalen „ Filmerfolgen wie „Belle de Jour", „Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins" oder „Cyrano de Bergerac" mitarbeiten würde), Pierre Reynal und Jacques Sommet. Allerdings: Es gibt zwei „Robinson Crusoe"Fassungen, eine internationale, die unter anderem in Frankreich, Italien, Großbritannien und den USA lief, und eine deutsche, die sich in verblüffender Weise unterscheidet.
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Der Ju Der De Juri rris iist Woo oosele oos eley sch cche hheint n eiin knoc nt o hen oc hentro trrockke ccke kener ne er Ma Mannn n zu sei s n – bi se biss Robi Robi obinso nso sonn deess ssen g eim geh ei es ei es Ka Kaj K a üütz ttzzimm mmer mm er ent entdec deckt. dec kkt.tt.
emigrieren und wurde später erfolgreicher Filmproduzent in Paris. In den frühen 60er Jahren suchte er nach internationalen Coproduktionspartnern für ein aufwändiges, großangelegtes Fernsehvorhaben, eine mehrstündige Adaption von Daniel Defoes Roman „Robinson Crusoe" in für damalige Fernsehverhältnisse verblüffend opulentem, visuell am Kinofilm orientiertem Stil.
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Robinson (Robert Hoffmann) und Freitag (Fabian Cevallos)
u diesem Zeitpunkt war gerade frisch ein neuer deutscher Fernsehsender namens „Zweites Deutsches Fernsehen" – was die Übersichtlichkeit der einstigen Sendervielfalt illustriert – gegründet worden, und er steckte noch vollends in den Kinderschuhen, ablesbar schon an den Räumlichkeiten, einem Barackenprovisorium. Dieses junge, noch alles andere als finanzkräftige ZDF sollte sich an einem derart kühnen und teuren Projekt beteiligen? Undenkbar!
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nd es wäre in der Tat undenkbar gewesen, hätte es nicht eine überaus glückliche Konstellation gegeben und hätte sich Deutschmeister nicht als ein so ungemein großzügiger Partner erwiesen. Deutschmeister war mit dem deutschen Produzenten Walter Ulbrich befreundet, der in Frankreich als Autor des Filmklassikers „Unter den Brücken" einen exzellenten Ruf genoss und der wiederum beim damals zuständigen ZDF-Redakteur Stefan Barcava offene Ohren fand. Alle drei einte die Begeisterung für die Literatur und die Grundüberzeugung vom Fernsehen als einem durchaus kulturellen Ort. Die Idee einer Reihe entwickelte sich, mit klarem Konzept: Adäquate, das heißt werkgetreue und ausführliche Verfilmungen von Klassikern der Weltliteratur sollten ein Stück literarische Bildung vermitteln, zugleich angesichts ihres Reiseund Abenteuercharakters Unterhaltung und Staunen versprechen. Die Welten, in denen diese Vierteiler spielen, sind in den 60er Jahren bedeutend entfernter und exotischer gewesen, als sie es angesichts der heutigen Selbstverständlichkeit des Ferntourismus sind. Und insbesondere Ulbrich und Barcava waren sich einig: Das Literarische, der Erzählsound der Vorlagen, sollte erhalten bleiben. GoodTimes
alter Ulbrich war ein künstlerisch anspruchsvoller Produzent, der in seinen Projekten förmlich lebte, mit starker innerer Anteilnahme an Stoff, Figuren und Konflikten. Und er war ein Perfektionist, der keine Kompromisse eingehen wollte, wenn er Substanz und Atmosphäre seiner Filme gefährdet sah. Die internationale Fassung vernachlässigte Defoes Vorlage an entscheidenden Stellen, war routiniert, aber nicht übertrieben intelligent geschnitten, und vereinfachte den Stoff. Ulbrich als erfahrener Drehbuchautor und Cutter hatte Besseres im Sinn, nahm das Ausgangsmaterial und montierte es neu und anders. Er veränderte die Reihenfolge der Szenen und variierte sie in sich. Damit verlieh er dem Film einen neuen Rhythmus. Die Tatsache, dass „Robinson Crusoe" synchronisiert werden musste, gab ihm Gelegenheit, ganze Dialogpartien inhaltlich umzuschreiben. Beide Fassungen haben einen IchErzähler, aber Ulbrich lehnte sich wesentlich stärker an Defoe an und brachte so die literarische Sprache der Vorlage zur Geltung. Und Mit einem selbst gebauten Floß Ulbrich ging noch einen birgt Robinson Vorräte Schritt weiter: aus dem Wrack der Esmeralda" "
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in wichtiges Grundmotiv in Defoes Roman sind die Gespräche zwischen dem abenteuerhungrigen Robinson und seinem gütigen Vater, der nach dem Verlust zweier draufgängerischer Söhne Robinson zur Mäßigung und zu einem geordneten Leben rät. Die internationale Fassung verkehrt Defoe geradezu ins Gegenteil: Der Vater wirkt streng, nüchtern, abweisend. Ulbrichs Anspruchsdenken schauderte vor derlei Fehlinterpretationen jäh zurück – er zückte seinen Defoe, schrieb die entsprechenden Szenen völlig neu und ließ sie tatsächlich ausschließlich für die deutsche Fassung ein zweites Mal drehen. Stimmiger, ausführlicher, der literarischen Vorlage gemäß. Wer die internationale Fassung und die Ulbrichs vergleicht, wird feststellen, dass die deutsche um Längen besser ist: griffiger, dramatischer, plausibler und komplexer. Die Summe dieser Eingriffe erklärt, warum in der deutschen Fassung ein gewisser Eugen von Metz die Riege der Drehbuchautoren anführt. „Von Metz" ist eigentlich „aus Metz" – denn es handelt sich um ein Pseudonym des 1910 in Metz geborenen Ulbrich.
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obinson Crusoe" bildete den gefeierten Auftakt – Publikum „ und Presse waren begeistert –, und die aufwändigen vierteiligen Fernsehverfilmungen nach klassischen Romanen der Abenteuerliteratur wurden fortgesetzt und in den 60er und 70er Jahren die Schlager des ZDF-Programms. 1965 folgte Don " Quijote von der Mancha" nach Cervantes. Der verspätete Ritterauszug „jenes Junkers, der die Mängel alles Irdischen erkannte und mit seinem Diener Sancho auszog, um sie zu verbessern", ließ die Hauptfigur augen1/2015
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Sancho (Roger Carrel) erzählt von Don Quijotes Heldentaten
zwinkernd schillern zwischen wahnhafter Narretei und bewusster Entscheidung, einer enttäuschenden und banalen Realität zu entfliehen. Als enttäuschende Realität erwies sich indes – nicht ganz unverständlich – die Resonanz des Publikums. Obwohl Regisseur und Drehbuchautor Carlo Rim und Walter Ulbrich in der Bearbeitung des Erzählerkommentars mitunter zu großer Form aufliefen, fehlte es an übergeordneten Spannungsbögen. Die Geschichte zerfiel, der Vorlage gemäß, in schwankhafte Episoden, deren Grundmotive sich oft ähnlich wiederholten. Zudem wirkte das ländlich-religiös geprägte Milieu gerade Mitte der 60er Jahre, also in einer vorwärtsgerichteten Umbruchzeit, etwas angestaubt. Nicht zu reden natürlich auch von der Tatsache, dass ein Herumtreiber im Teenageralter wie Robinson den Geschmack der Jugendlichen viel mehr ansprach als ein in die Jahre kommender Fantast.
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obinson Crusoe" und „Don Quijote" hatte Walter Ulbrich bereits nach „ seinen Vorstellungen überarbeiten und veredeln können, aber der erste Abenteuervierteiler, der vollends seine künstlerische Handschrift trug, wurde 1966 Die Schatzinsel". " Ulbrich schrieb das Drehbuch, leitete die Produktion und schnitt diesen unvergänglichen Fernsehklassiker, der fast ein halbes Jahrhundert nach seiner Erstausstrahlung immer noch nichts an Frische und Überzeugungskraft eingebüßt hat. „Die Schatzinsel" war übrigens gewissermaßen der letzte Vierteiler in SW und zugleich der erste in Farbe. Auf sattem 35mm-Farbfilm gedreht, hatte er seine Premiere in einer noch rein schwarz-weißen deutschen Fernsehwelt und konnte gleich ein Jahr später in herrlich leuchtender Farbenpracht wiederholt werden. 1966 war aber auch die Premiere eines neuen Termins: Die ersten beiden ZDF-Vierteiler waren jeweils im Oktober des Jahres gezeigt worden, nun erst zog „Robinson Crusoe" in der Wiederholung auf jenen Sendeplatz um, welcher der Tradition schon bald ihren Namen geben sollte, auf die Adventssonntage.
Um Don Quijote von seinem Wahn zu befreien, tritt ein seltsamer zweiter Ritter auf den Plan
gar, es gebe keinerlei sendefähiges Material davon mehr. Er ist dann irgendwie aber doch noch von den Toten auferstanden, denn seit 2006 sind beide Vierteiler ohne Schwierigkeiten auf DVD zu erwerben, und zwar in feinster Bildqualität.
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alter Ulbrich wollte – nach seinen weiteren großen Vierteilerklassikern wie Tom Sawyers und Huckleberry " Finns Abenteuer" (1968), „Die Lederstrumpf-Erzählungen" (1969), „Der Seewolf" (1971), „Lockruf des Goldes" (1975) oder „Michael Strogoff" (1976) – „seine" Vierteiler, die er mit „Robinson Crusoe" begonnen hatte, auch mit „Robinson Crusoe" beenden, mit einem FarbRemake, dessen Ausstrahlung eigentlich für 1979 oder 1980 geplant war. Ulbrichs inhaltliche Vorarbeiten waren weit gediehen. Und er wusste, dass eine reine – überraschungslose – 1:1-Neuauflage, die ohne jede inhaltliche Änderung den Vierteiler von 1964 lediglich noch einmal in Farbe nachstellte, die Zuschauer würde enttäuschen müssen.
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lbrich fügte deshalb geschickt neue Details und Handlungsvarianten, auch neue Nebenfiguren ein, die die Grundsubstanz von Defoes Stoff nicht berühren, ihm aber Frische und zusätzliche Spannungsmomente verleihen würden. Da gibt es beispielsweise einen Schneidersohn, der die Sehnsucht des 18-jährigen Robinson nach Seefahrerruhm teilt. Weil der
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ie Leidgeprüften aus den unvordenklichen Zeiten, in denen Begriffe und Gerätschaften wie Videorekorder, DVD, Festplatte, YouTube oder USBRecording noch völlig unbekannt waren, werden Jim Hawkins erklimmt das Jim Hawkins (Michael Ande) sich düster erinnern, dass gerade diese ersten beiden Achterdeck der Hispaniola" und John Silver (Ivor Dean) auf der Schatzinsel" " " Abenteuervierteiler jahrzehntelang ungezeigt im Archiv verstaubten. Als Schwarzweiß-Produktionen galten sie in der immer bunter werdenden Fernsehwelt bald als Relikte. Von „Don Vater dieses Schneidersohns jedoch darauf besteht, dass sein Sprössling Quijote" hieß es nach der letzten Ausstrahlung 1976 seitens des ZDF sein eigenes Handwerk übernimmt, hackt sich dieser kurzerhand den Seite
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Knappe Sancho, kurzfristig zum Gouverneur ernannt, kniet zum Abschied vor Don Quijote
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uch wie Robinson in die Gefangenschaft maurischer Piraten aus Salé gerät, ist neu und furios geschildert. Bei dickstem Nebel nähern sie sich lautlos in mehreren Booten mit umwickelten Rudern dem vor der afrikanischen Küste liegenden Schiff, das Robinson an Bord führt, und starten einen Überfall, den der englische Kapitän mit knapper Not zurückschlägt. Die Piraten werden in ihre Boote zurückgetrieben, und ein davon vollends entzückter Robinson springt ihnen,
Die Mississippi-Helden Jim, Tom und Huck in der meisterhaften Klassikerverfilmung von 1968
den Säbel schwingend und mit wildem Geschrei, hinterher, selbstverständlich in der sicheren Gewissheit, dass die anderen seinem Beispiel folgen. „Nichts Derartiges geschieht." Selten ist ein angehender Held so sang- und klanglos in Gefangenschaft geraten, und eleganter lässt sich Robinsons Mischung aus Abenteuerbegeisterung, Heldenflausen und lebensunerfahrener Naivität nicht auf den Punkt bringen.
U
Fingerhutfinger ab, so dass der Vater bestürzt klein beigeben muss. Robinson bewundert seinen Freund maßlos und würde es ihm gerne nachtun. Wenn nur nicht der Verlust von Gliedmaßen wäre! „Kurz, Robinsons heldische Fantasie ist stärker als seine Entschlossenheit."
lbrichs Skript für das Remake ist voller gelungener neuer Ideen, und es ist bedauerlich, dass es nicht zur Ausführung kam. Altersund Gesundheitsgründe zwangen Ulbrich in den Ruhestand; statt sich mit Robinson noch einmal auf eine einsame Insel verschlagen zu lassen, musste er seine Produktionsfirma Tele München verkaufen. „Die Abenteuer des David Balfour" (1978) blieb so die letzte Produktion, die Ulbrich selbst noch auf den Weg bringen konnte. Michael Klein
DALIAH LAVI
Ich bin dein Freund (1972) Meine Art, Liebe zu zeigen (1972) Café Decadence (1975) Neuer Wind (1976) Bei dir bin ich immer noch Zuhaus (1978)
CHRISTIAN ANDERS
NINO DE ANGELO
ROY BLACK
FREDDY QUINN
Geh' nicht vorbei (1970) Ich lass' dich nicht geh'n (1971) Es fährt ein Zug nach Nirgendwo (1972) Einsamkeit hat viele Namen (1974) Der letzte Tanz (1975)
W W W. F A C E B O O K . C O M / S C H L A G E R O R I G I N A L E W W W. O R I G I N A L E . C D
Im Land der Lieder (1970) Wo bist du (1970) Eine Liebesgeschichte (1971) Träume in Samt und Seide (1971) Wunderbar ist die Welt (1972)
Junges Blut (1983) Jenseits von Eden (1984) Zeit für Rebellen (1984) Ich suche nach Liebe (1986) Durch 1000 Feuer (1987)
Die Stimme der Heimat (1965) Das große Wunschkonzert (1967) Viva Mexico (1968) Wo meine Sonne scheint (1970) Singt die schönsten deutschen Volkslieder (1977)
Wundertüten:
Bunte Abwechslung im tristen Nachkriegs-Alltag
Die Nachkriegszeit war für viele Menschen geprägt durch zahlreiche Entbehrungen und harte Arbeit. Auch das Leben der Kinder und Jugendlichen – samt ihrer Wünsche, Träume, Erwartungen und Sehnsüchte – gestaltete sich der Zeit entsprechend eher bescheiden. Wundertüten bildeten da eine oft heiß ersehnte Abwechslung und waren in den 50er und er Jah ahre ren die wi wich chti tigste Q uell ue lle, e, aaus us der 60er Jahren wichtigste Quelle, ele He Hera r nwachsen nde d allerr Altersklassen Alt lter ersk skla l ss ssen en ihr ihr viele Heranwachsende ielz l eug bezogen. Spielzeug
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ie beliebten Wundertüten wurden an allen n Kiosken und in vielen so genannten Tante-Emma--Läden zum Taschengeldpreis anfangs von zehn Pfennigen angeboten. Neben dem Spielzeug enthielten lten die bunten Tüten immer auch Süßigkeiten, meistens ens Puffreis, und so bildeten sie einen doppelten Reiz, verrgleichbar mit den Überraschungseiern in jüngerer Zeit..
Maßstab 1:32 und hatten alle eine Größe von 54 mm. Die dem M Eingeborenenfiguren waren mit Ringhänden ausgestattet und Ei ing dadurch in der Lage, Werkzeuge oder Waffen zu tragen und dad di diese auch zu wechseln. Eine faszinierend g geniale Idee!
Die geniale Idee, mit bunten und billigen bu Wundertüten (viel) Geld Wu eld zu vverdienen, stammte von ve n zwei Kaufleuten aus Bamberg. Ka mberg. 1952 begannen Hugo 19 o Hein und sein Bürokaufmann u nn Manfred Urban, M n, Wundertüten unter d dem Fi Firmennamen W Heinerle zu verkaufen. Hugo Hein H bereiste die Umgebung und kaufte b SSpielzeug-Restbestände, Remittenden und Konkursware auf. Der Verkauf der u H Heinerle-Wundertüten startete gleich sehr erfolgreich erfolgreich, un und schon bald konnte das angekaufte Spielzeug den Bedarf nicht mehr decken. Die beiden Geschäftsleute beschlossen deshalb kurzerhand, die Spielfiguren in Eigenregie zu produzieren. Schon wenig später wurde die Firma Manurba-Plastik gegründet.
IIn die Mitte des 20. Jahrhunderts ts ffiel auch die Blütezeit der err W Western. Im Kino brachte unss FFuzzy zum Lachen, und auff de der Mattscheibe versäumten wirr Kinder keine Folge von „Am Fuß Kin ß blauen Berge" und „Bonanza".. der b Dann kam „Winnetou" in berauschenden Bildern auf die große schen LLeinwand, i d und die Firma Heinerle reagierte sofort: Gleich nach dem erfolgreichen Kinostart von „Der Schatz im Silbersee" wurde die Karl-May/Wild-West-Serie entwickelt. Modelleur der neuen Serie war Wilhelm Limpert, der auch schon die Afrika-Serie entworfen hatte. Wie die Tiere d der afrikanischen f ik i h Wildnis Wild i waren auch die Karl-May-Figuren von bestechender Qualität. IIn den 50er und 60er Jahren erfreuten ssich neben den Spielfiguren besonders C Comic-Hefte, damals Bilderhefte genannt, bei den Kindern und Jugendlichen großer b Beliebtheit. Viele dieser Serienhefte waren, B mit wenigen Ausnahmen, schnell und m billig produzierte Massenware, und das b knallbunte Titelbild versprach oft mehr, k als a der Inhalt dann hergab. Besonders in i den 50ern waren es die streifenförmigen g Piccolo-Heftchen, die hohe Auflagen
Um das Jahr 1961 herum gab es dann die Afrika-Heinerle-Tüten überall am Kiosk zu kaufen. Die Afrika-Figuren stießen bei vielen Kindern auf besonders große Gegenliebe, denn sie waren mit sehr viel Aufwand modelliert und anatomisch korrekt umgesetzt worden. Die menschlichen Figuren entsprachen etwa Seite
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GoodTimes
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erreichten und errr er auch in der au Schule im Sc Unterricht unterm Tisch un von vielen vo Kindern gerne Ki gelesen wurg den. Allerdings d durfte man d sich nicht erwisi sschen lassen, denn diese d Heftchen galH Schund. tten als ganz schlimmer hli S h d Wurde in Art von Literatur erwischt, wurde W d man beim b i Schmökern S h k i dieser di das Heft eingezogen, oftmals vom Lehrer sofort zerrissen, und es gab als Zugabe obendrauf noch ein heißes Ohr. Es musste also zwangsläufig irgendwann zu einer Verschmelzung von Wundertüte und Comic-Heft kommen. Wer nun zuerst auf diese glorreiche Idee verfiel, der Heftchen-Verleger Gerstmeyer oder der WundertütenHersteller Heinerle, ist nicht eindeutig belegt. 1957 entwickelte sich jedenfalls eine Kooperation zwischen den beiden Firmen. Besonders das beliebte PiccoloFormat schien für das Bestücken von Wundertüten geeignet zu sein, und so wurde bereits vorhandenes Bildmaterial mit der Schere für das Streifenformat bearbeitet und mit einem neuen Titelbild Tit lbild versehen. Insgesamt erschienen so vier Serien mit jeweils 20 Heften. Die Serientitel lauteten: „Testpilot Speedy", „Wildtöter", „Robinson" und „Ahoi". Alle diese speziell für Wundertüten produzierten Hefte sind heute sehr selten und entsprechend teuer, aber es gibt zum Glück auch preisgünstige Faksimile-Nachdrucke. Zu den größten BilderheftProduzenten der 50er und 60er Jahre gehörte auch Walter Lehning, der von Hannover aus Woche für Woche ganz Deutschland, Österreich Ö t i h und d die Schweiz mit bunten Heftchen versorgte. Die Produkte des LehningVerlages, besonders die Streifenhefte, wurden in sehr hohen Auflagen produziert, aber es gab auch viele Remittenden. Der Verleger Walter Lehning jedoch war von einer baldigen Wiedervereinigung Deutschlands überzeugt und hatte am Rande von Hannover eine große Scheune angeb t Bilderheftchen Bild h ft h gefüllt füllt war. mietet, die schon bald randvoll mit bunten Mit diesen Heften wollte Lehning nach der Wiedervereinigung den ostdeutschen Markt überfluten – doch dann wurde im August 1961 die Mauer gebaut. Der Traum vom großen Geschäft im Osten zerplatzte wie eine Seifenblase im Wind. GoodTimes
Walter Lehning bot nun sein W „totes Kapital" der Firma Heinerle an, und die vielen H bunten Heftchen landeten in b den Wundertüten. Zwischen d 1962 und 1969 wurden die überschüssigen Lehningü Comics aber auch an andeC re Wundertüten-Vertreiber r verkauft. Für unzählige v Kinder war das ein Segen. K Die Wundertüten wurden D von Süßwarenhändlern auf v Jahrmärkten angeboten und J verkauften sich k f i h hervorragend. h d Voll erwartungsvoller Spannung wurden die Wundertüten sofort an Ort und Stelle aufgerissen, und das heißersehnte Heftchen wurde in Augenschein genommen. Die jetzt nutzlose Wundertüte ließ man einfach achtlos auf den Boden fallen. Entsprechend selten ist so eine leere Tüte heutzutage und kann im Comic-Fachhandel schon m locker 70 Euro mal oder mehr kosten. o N Nun gut, diee WundertütenFiguren der Firmaa F Heinerle und diee H bunten Bilderheftee b ssind heute natür-für LLeute 50. Si Sie sind llich weniger geeignett fü t unter t 50 i d eeigentlich nichts Besonderes, und doch geht von ihnen ein Zauber d aaus, der aber nur jene Menschen eerreicht, die als Kind mit diesen billig gemachten Produkten aufb gewachsen, inzwischen alt und g oft schon grauhaarig, aber tief in o iihrem Herzen Kind geblieben sind. JJa, ein regelrechtes ungeahntes Glücksgefühl können diese alten G und Bilderhefte aus den Wundertüten bei SSpielfiguren i lfi f d Bild m manchen Menschen hervorrufen. Längst vergessene E Erinnerungen und Kindheitserlebnisse werden plötzlich wieder lebendig. w D Das kann der Interessierte problemlos einmal ausprobieren. Viele der Heinerle-Wundertüten-Figuren p kann man heute bei einem Spezialisten noch relativ k preiswert bestellen, und es gibt auch schön bebilderte p Kataloge. Wer Lust hat, schaue einfach mal unter www. K kuschel-muschel.de nach – und viek len l Nachkriegskindern wird es warm ums u Herz werden ... Die D Freunde von „Akim", „Sigurd", „Tibor", „Nick" und „Falk" müssen „ da d schon etwas tiefer in die Tasche greifen, wenn sie den Duft des über g 50 5 Jahre alten Papiers genießerisch auf sich einwirken lassen wollen. a Aber den Zeitsprung zurück in die A b h t Kindheit Ki dh it ermöglicht ö li ht auch hier schnell und zuverläsunbeschwerte sig Dieter Kirchschlager aus Bischberg (www.nostalgiecomics.de), der Spezialist für Faksimile-Nachdrucke von Comics der 50er und 60er Jahre (eine Angebotsliste wird kostenlos zugeschickt). Hans-Joachim Neupert 1/2015
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Von Michael Fuchs-Gamböck
Oliver Bertram war gerade mal al 17, als er Anfang 1987 begann, in s” zu der Redaktion von „Formel Eins” werkeln, der zu jener Zeit angesagtesten MusikFernsehsendung im deutschsprachigen Raum. Zunächst arbeitete der Münchner als Assistent, im Rahmen seiner knapp zwei Jahre vor Ort schaffte es der frühere Kabelträger beim Bayerischen Rundfunk schließlich aber bis zum Redakteur.
Fotos: © Sony Music
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s war eine spannende Zeit damals, geprägt von Aufbruchstimmung”, schwärmt der charmante Sonnyboy bis heute. „Ich war der Jüngste im Team, offen für ziemlich jede Art von Musik, besaß eine Nase für neue Trends. Diesen Umstand haben die Plattenfirmen und ihre Promoter bald bemerkt, schnell wurde ich nur so zugeballert mit unglaublichen Mengen an Promomaterial. Alle Labels wollten, dass ihre Newcomer wie ihre etablierten Künstler bei uns in der Sendung auftreten – vor allem natürlich die unbekannten Jungen, die bis dato nicht in den Charts vertreten waren. Immerhin: Rund 30 Prozent meiner persönlichen Kandidaten habe ich bei meinen Kollegen, oft nach hitzigen Diskussionen in der Konferenz, für die Sendungen durchgekriegt.” „Formel Eins” ging im April 1983 bei der ARD an den Start, im Dezember 1990 lief die (vorerst) letzte von 307 Folgen über die Mattscheiben in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Vier Moderatoren waren in den knapp acht Jahren Laufzeit hintereinander am Start: Peter Illmann, Ingolf Lück, Stefanie Tücking und Kai Böcking. „Als ich zum Team stieß”, erinnert sich Oliver Bertram, „steckte Stefanie bereits in ihrer Schlussphase. Doch obwohl es dieses Format schon einige Zeit gab, waren wir allesamt hochmotiviert. ‚Formel Eins' war in den späten 1980er Jahren garantiert stil- und meinungsbildend vor allem bei den jungen Zuschauern. Es Seite
gab noch nicht die Konkurrenz von MTV und Viva. Und wir hatten einen super Etat, Geld spielte in jener Ära so gut wie keine Rolle bei den Fernsehsendern. Dadurch waren unserer Kreativität natürlich Tür und Tor geöffnet!” Und nicht nur der Kreativität: „Hinter den Kulissen”, erinnert sich Oliver Bertram lachend, „kam es immer wieder zu Exzessen! Sex & Drugs & Rock'n’Roll, diese Klischees erfüllten wir durchaus auch in der Realität. Namen nenne ich da lieber nicht, aber es kam dennoch zu Techtelmechteln unter Stars, und auch die Liste der Wünsche, die so manche Künstler unserem Sekretariat meist per Fax zukommen ließen, waren nicht von schlechten Eltern: exklusiver Schnaps, willige Groupies, unterschiedlichste Arten von Drogen. Wir versuchten, möglichst viele dieser Wünsche zu erfüllen, damit die Musiker bei Laune blieben.” Wie auch immer, der heute 45-jährige Bertram hat beinahe ausschließlich gute Erinnerungen an seine „Formel Eins”-Zeit, wie er feststellt: „Da der finanzielle Aspekt praktisch keine Rolle spielte, konnten wir qualitativ auf hohem Niveau arbeiten, was heutzutage gar nicht mehr vorkommt. Außerdem war unsere Sendung auch vielen ausländischen Stars ein Begriff, die meisten von ihnen wollten bei uns auftreten. ‚Formel Eins' war anerkannt und einzigartig! Es war eine Werbeshow für Musik, keine Frage. Aber die haben wir sehr clever verpackt.” Ende 1990 war es mit der „clever verpackten Fernsehshow” dann vorbei, Oliver Bertrams eigene Karrierekarawane war längst weitergezogen, heute ist der Mittvierziger Kameramann und Produzent in seiner eigenen Firma. Doch der „Mythos Formel Eins” lebt: Im letzten Jahr wurde groß – und erfolgreich – mit einigen Veröffentlichungen das 30-jährige er Jubiläum der Sendung begangen. Diesen Oktober gibt es Ju auf a RTL Nitro zunächst zehn neue Sendungen der Reihe mit U Urgestein Peter Illmann in vorderster Reihe. A Außerdem hat Sony Music gerade weitere C CD-Boxen sowie eine DVD-Box samt frisc scher TV-Dokumentation veröffentlicht. Wahrer Kult lebt eben ewig weiter … W Aktuell im Handel: 3er-DVD- und 3er-CD-Box
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GoodTimes
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