kult! 60er · 70er · 80er
www.goodtimes-kult.de
D: 6,50
Österreich 7,50 Luxemburg 7,50 Schweiz CHF 12,70 Ausgabe 2/2017 (Nr. 16)
mit
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Das Jahr 1967 · Percy Stuart · Yul Brynner · Wencke Myhre · Manfred Krug · Christopher Lee · Dino Riders
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Ran ans Mik o!
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kult!
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NikMa Verlag Fabian Leibfried Eberdinger Straße 37 71665 Vaihingen/Enz Tel.: 0 70 42/37660-160 Fax: 0 70 42/37660-188 E-Mail: goodtimes@nikma.de www.goodtimes-kult.de www.facebook.com/goodtimeskult
Herausgeber und Chefredakteur: Fabian Leibfried
Mitarbeiter:
Norbert Arndt, Matthias Auer, Matthias Bergert, Jens-Uwe Berndt, Horst Berner, Kathrin Bonacker, Kirsten Borchardt, Lothar Brandt, Susanne Buck, Petra Czerny, Michael Fuchs-Gamböck, Hans-Jürgen Günther, Thorsten Hanisch, Christian Hentschel, Teddy Hoersch, Michael Klein, Andreas Kötter, Madita Leibfried, Niklas Leibfried, Nicolas von Lettow-Vorbeck, Bernd Matheja, Kati Naumann, Hans-Joachim Neupert, Markus Nöth, Helmut Ölschlegel, Thorsten Pöttger, Alexander Querengässer, Sven Rachner, Malte Ristau, Philipp Roser, Roland Schäfli, Thorsten Schumacher, Ulrich Schwartz, Schatz, Lars Christian Simon, Alan Tepper, Jörg Trüdinger, Claudia Tupeit, Uli Twelker, Thomas Wachter, Jürgen Wolff
s passiert eher selten, dass sich "Objekte" unserer Berichterstattung im Nachhinein persönlich melden, ob mit Lob oder Kritik. Umso überraschender war die Post, die aus Frankreich in die Redaktion flatterte. Keine Geringere als Brigitte Bardot bedankte sich höchstpersönlich und handschriftlich für die Geschichte über sie in der letzten kult!-Ausgabe! Was uns natürlich stolz macht, und diese Freude w ollen wir auch optisch mit Ihnen teilen. Ebenso wie die Freude, dass GoodTimes, gewissermaßen das kult!Mutterblatt, 25-jähriges Jubiläum feiert – aus diesem Anlass haben zahlreiche Musiker in ihren Erinnerungen gekramt und verraten, welche Musikzeitschriftensie einst gelesenhaben und welche Bedeutung diese für sie hatten und haben.
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Abonnements, Shop:
Andrea Leibfried, goodtimes@nikma.de
Grafische Gestaltung:
Andrea Zagmester, kult@nikma.de Kathleen Müller, grafik@nikma.de
Anzeigenverkauf:
Petra Czerny, anzeigen@nikma.de
Vertrieb:
IPS Pressevertrieb GmbH Postfach 1211 53334 Meckenheim Tel: 0 22 25/88 01-0
Einen bunten "Blumenstrauß" an Erinnerungen haben wir auch diesmal wieder für Sie gebunden: Wir erinnern an musikalische Größen wie Abba und Falco und skizzieren die Geschichte der Superhelden von der Antike bis zu modernen Comics. Wir erinnern an legendäre Filme ebenso wie an kultige Motorräder und Mode sowie an die wichtigsten Ereignisse des Jahres 1967.
Druckerei:
Dierichs Druck + Media GmbH & Co. KG Frankfurter Str. 168 34121 Kassel
Erscheinungsweise:
2x jährlich
Copypreis:
Einzelheft: 6,50 € (Preis inkl. 7% MwSt.)
Abonnement: siehe Seite 41
Mittlerweile ist die zweite Ausgabe unser monothematischen Sonderheftreihe kult! Edition erschienen. Alles zum Thema TV-Western-Serien. 100 Seiten geballter Lesestoff – Bonanza, Rauchende Colts, High Chaparral, Big Valley, Die Leute von der Shiloh Ranch, Am Fuß der blauen Berge ... Das sollten Sie sich nicht entgehen lassen.
Anzeigen:
Für gewerbliche Anzeigen bitte Preisliste Nr. 01 (inkl. Mediadaten) anfordern.
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NikMa Verlag Kreissparkasse Ludwigsburg
Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Schmökern – und wenn Sie ein Kult-Thema vermissen, lassen Sie es uns wissen.
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Marilyn Monroe: Bildarchiv Hallhuber Abba: © Bubi Heilemann GoodTimes kult! ist auf umweltfreundlichem, chlorfrei gebleichtem Papier gedruckt! Weiterverwendung aller in GoodTimes kult! erschienenen Artikel, Interviews, Fotos, Rezensionen etc. nur mit der Zustimmung des Herausgebers gestattet. Gerichtsstand: Stuttgart
Fabian Leibfried -Herausgeber/Chefredakteur-
kult! Nr. 17 erscheint am 20.10.2017 GoodTimes
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kult! 60er · 70er · 80er
Ausgabe April 2017 2/2017 (Nr. 16)
INHALT RUB RIKE N
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Poster
3 Editorial/Impressum 4 Inhaltsverzeichnis 5 Meine erste Single Mitarbeiter & Prominenz 6 News from the past Altes neu ausgepackt
39 kult! Shop 41 kult! Abo 98 kult! Verlosung 98 kult! Rätsel 47 Winnetou und Old Shatterhand/ Falco Riesenposter
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10 Nostalgie
Ein Gefühl mit vielen Gesichtern
12 Karl-May-Comics
Winnetou, die Babyboomer und ein neues Medium
16 Marilyn Monroe
Blondine mit Anspruch sucht Rollen
20 Das Jahr 1967
Krieg in Vietnam, ein Sergeant namens Pepper & Fernsehen in Farbe
62 Manfred Krug
24 Die Welt der Superhelden
Mensch (,) Manne!
Von A bis Z
64 Kultbücher
30 Schokoriegel und ihre Werbung
Geschätzt, geliebt, gelobt
Einfach aufreißen und genießen!
34 VEB Defa
12
Kultstreifen made in GDR
16
66 Kino-Bösewichte – Serie (Teil 4) Christopher Lee
68 Peeping Tom (Augen der Angst)
36 CD-Player Sony CDP-X 777 ES
Wie ein Skandalfilm beinahe Karlheinz Böhms Karriere ruinierte
24
Meisterwerk der Technik!
38 Werbe-Ikonen – Serie (Teil 4)
70 Dino Riders
40 Unvergessene TV-Charaktere – Serie (Teil 5)
73 Wencke Myhre
Saurier zu den Waffen!
Die Odyssee des Camel-Manns
Kesse Abgründige aus Norwegen
Percy Stuart
30
42 Endzeitfilme
Die Verfalldaten der Apokalypsen
44 Klaus Fischer
Die Welt hinter den Bildern
76 Stricken in den 80ern
34
Das Tor des Jahrhunderts
74 Blow Up
46 Die Biene Maja
Abhängen mit Wolle und Wildkirschtee
96
Das ewige Summen für Jung und Alt
78 Abba
1977 – Als die Welt durchdrehte
55 Die Kuschelbären
82 Suzuki GT 750
Wie das Plüsch im Walde
46
56 Alf
86
Außerirdisch humorvoll!
58 Edel-Seifenopern der 80er Jahre – Serie (Teil 3)
Der Wasserbüffel" "
84 Yul Brynner
Der Mann, der König sein wollte
86 Kampfstern Galactica
Falcon Crest
Flucht ohne Ende
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88 Falco – zum 60.
90
Schrill, zerrissen, nachdenklich
90 Pokémon
Schnapp sie dir!
92 Charms
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Die faszinierende Welt der kleinen Schmuckstücke
94
94 Märklin
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Der ungebrochene Mythos der Modelleisenbahn-Romantik
96 60 Jahre Gaston
Einfälle und Reinfälle am Fließband Seite
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GoodTimes
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Meine erste Single
Jens-Uwe Berndt
“Video Killed The Radio Star“ Buggles
“Rasputin“ Boney M.
“A Hard Day’s Night“ Beatles
Markus Nöth
“Der Räuber und der Prinz“ DAF Susanne Buck
Horst Berner
“Wicked Game“ Chris Isaak
“Angie“ Rolling Stones
Thorsten Pöttger
Michael Fuchs-Gamböck
Lothar Brandt
“Merry X-Mas Everybody“ Slade
“Metal Guru“ T. Rex
“Alt wie ein Baum“ Puhdys
Philipp Roser
“Better World“ Rebel MC Thorsten Hanisch
Christian Hentschel
“Flaming Star“ Elvis Presley
“San Francisco“ Scott McKenzie
Roland Schäfli
“I’d Love You To Want Me“ Lobo Michael Klein
Malte Ristau
“Wide Boy“ Nik Kershaw
“More Than A Woman“ Aaliyah
Thorsten Schatz
“Der Puppenspieler von Mexico“ Roberto Blanco Andreas Kötter
Claudia Tupeit
“Mighty Quinn“ Manfred Mann’s Earth Band
“Yes Sir, I Can Boogie“ Baccara
Ulrich Schwartz
Andrea Leibfried
Petra Czerny
“I Want To Hold Your Hand“ Beatles
“Too Shy“ Kajagoogoo
“Kyrie“ Mr. Mister
Christian Simon
“My Heart Will Go On“ Céline Dion Nicolas von Lettow-Vorbeck
Sven Rachner
“Planet Earth“ Duran Duran
“Stiletto Heels“ Sailor Alan Tepper
Andrea Zagmester
“Looking For Freedom“ David Hasselhoff
“Yes Sir, I Can Boogie“ Baccara Kati Naumann
“Charlie Gute Nacht/ Hallo Leute“ Prinzip
Hans-Joachim Neupert
Kathrin Bonacker
Mitarbeiter & Prominenz
“Raumpatrouille“ Peter Thomas Sound Orchester
“Little Willy“ Sweet Fabian Leibfried
kult!
“My Generation“ The Who
Matthias Bergert
GoodTimes
Jim Lea (Slade)
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Bücher & Comics VIEL ZU LERNEN DU NOCH HAST Von Catherine Newmark (Hrsg.) 2016, Rowohlt ISBN 978-3-49963-234-1 256 Seiten; 12,99 €
Der bahnbrechende Erfolg von Star Wars" hat mannigfaltige " Gründe, die sich natürlich im Zeitgeist und dem Reiz der Fortsetzungen begründen. Aber es bestehen durchaus auch tieferliegende Zusammenhänge, die in diesem mit dem Untertitel Star Wars und die Philosophie" erscheinenden " Buch erläutert oder angerissen werden. Der Heldenmythos, die geheimnisvolle Macht, der Jediismus, Feminismus, aber auch Aspekte des Kapitalismus und – das interessiert natürlich die Fans – Bezüge zu älteren Kinoklassikern gehören zu den Themen, die hier meist leicht verständlich diskutiert werden. Man erfährt aber nicht nur Wissenswertes zu der Kultreihe, sondern auch zu allgemeinen Themen wie Weltanschauung, Ökonomie oder diversen politischen Strömungen. Niveauvolle Unterhaltung.
DER FALL OSCAR SLATER Von Arthur Conan Doyle 2016, Morio Verlag ISBN 978-3-94542-427-8 176 Seiten; 19,95 €
Am 6. Mai 1909 wird vor dem Hohen Gericht im schottischen Edinburgh der deutsch-jüdische Einwanderer Oscar Slater zum Tode verurteilt. Er soll im Dezember 1908 bei einem Raub überfall eine alte Dame namens Marion Gilchrist grausam ermordet haben. Arthur Conan Doyle – der Schöpfer des berühmten Detektivs Sherlock Holmes, der in der Lage ist, aus der Summe feinster, von allen anderen übersehener Details komplexe, verblüffende, aber richtige Schlussfolgerungen zu ziehen – hat den damaligen Prozess mit größtem Interesse verfolgt. Er ist erschüttert und setzt sich publizistisch vehement für den Verurteilten ein. Mit dem Scharfsinn und der Kombinationsgabe, die nicht nur seinen Romandetektiv auszeichnen, legt Doyle dar, warum Oscar Slater nicht der Täter sein kann, ja, warum es sogar ausgeschlossen ist, dass er der Täter ist, und welche logischen Fehler die Glasgower Polizei und die schottische Justiz in ihren Ermittlungen und ihrem Urteil begangen haben. Der Fall Oscar " Slater" schildert präzise den wahren Fall und ist zugleich Arthur Conan Doyles faszinierendste
N from the past Non-Sherlock-Holmes-Kriminalerzählung, in der er das Beweismaterial Schritt für Schritt in Stücke reißt und einen komplett neuen Lösungsansatz vorbringt.
BALLVERLIEBT
Von Jochen Raiß und Jochen Schmidt 2017, edel Books ISBN 978-3-84190-508-6 208 Seiten; 18 €
HARLEY MANIA: A WAY OF LIFE
Ein kleiner Junge kickt alleine im Hof. Ein paar Frauen, die gut gelaunt ein Tor anstreichen. Ein feiner Herr in Anzug und Hut, der im Mittelkreis den Anstoß ausführt. Eine Gruppe ausgelassener, nackter Männer beim spontanen Fußballspiel am Strand. Ein grauer Torwart im freien Flug: Das ist nur eine kleine Auswahl der Schnappschüsse aus Ballverliebt", allesamt historische " (Moment-)Aufnahmen mit dem alles verbindenden Oberthema Fußball. Die insgesamt 84 Fotos des gerade erschienenen Buches sind durchweg Flohmarktfunde, die Fotografen weitgehend unbekannt, Orte und Umstände ebenfalls. Manchmal ist eine Jahreszahl auf der Rückseite notiert, manchmal auch ein Name, meistens aber nichts. Die von Jochen Raiß über viele Jahre gesammelten Amateuraufnahmen bieten natürlich Raum für Geschichten, die unmittelbar im Kopf des Betrachters entstehen. Jochen Schmidt, Meister der Beschreibung, ließ sich von den Fotografien zu Texten anregen, in denen er mit dem ihm eigenen, beharrlich-naiven Blick Skurrilität und Schönheit unterschiedlichster Phänomene freilegt. Er schreibt in kurzen Texten über die Fußballkindheit in der DDR, über das Verhältnis von Zugfahren und Fußball, über die Einsamkeit der Torhüter und das Älterwerden. Ohne Frage ein wunderschönes, poetisches Buch für alle Literatur- und Fußballliebhaber.
1967: DAS JAHR DER ZWEI SOMMER Von Sabine Pamperrien 2016, dtv ISBN 978-3-42328-127-0 382 Seiten; 24 €
Eine unterhaltsame Lektüre, bei der man zugleich sein Wissen erweitern kann, ist immer willkommen. Gegenüber ähnlichen Titeln, die in diesem Jahr publiziert werden, legt Sabine Pamperrien den Schwerpunkt nicht auf die Musik. Sie bietet dem Leser vielmehr einen allgemeinen Rundumschlag, bei dem die Themen Politik, Studentenunruhen, sozial-ökonomische Aspekte, Mode, Sport und die Geschichte des Seite
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GoodTimes
sprichwörtlichen kleinen Mannes" miteinan" der verknüpft werden. Neben einigen Fotos und Textauszügen von in dem Jahr wichtigen Songs tragen der Weitblick, der von Deutschland ausgeht und auch andere Länder berücksichtigt, zur Wissensfülle bei. Sauber recherchiert und trotz der Komplexität locker-flockig geschrieben.
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Von Jean Savary
2016, Delius Klasing ISBN 978-3-66710-699-5 340 Seiten; 49,90 €
Es gibt weltweit kein einziges Motorrad, das so ein hohes KultPotenzial hat wie eine Harley Davidson. Das begründet sich nicht nur in den zahlreichen Filmen, in denen die Böcke auftauchen, sondern auch in der Mentalität ihrer Besitzer, die es meist ruhig angehen lassen. Jean Savary erzählt die Geschichte des Donnerhobels anhand von Fotos und fundierten Texten. Seine Schilderung beginnt im Jahr 1900 und reicht bis in die Jetztzeit, wobei die Besonderheiten der Jahrzehnte, die Modeströmungen im Motorradbau und die technologischen Entwicklungen herausgestellt werden. Nach der Geschichte werden natürlich auch die Aspekte Technik, Design und Lebensstil zur Geltung gebracht. Ein schönes Hardcoverbuch, das sich nicht nur an Biker richtet, sondern auch an allgemein Interessierte.
DAS TAGEBUCH DER PRINZESSIN LEIA Von Carrie Fisher
2017, Hannibal ISBN 978-3-66710-699-5 242 Seiten; 19,90 €
Im Dezember letzten Jahres verstarb die Schauspielerin Carrie Fisher an einem Herzinfarkt im Alter von nur 60 Jahren. Fisher hatte durch ihre Rolle als Prinzessin Leia in Star Wars" " Weltruhm erlangt und war sicherlich nicht unverantwortlich für den nun schon Jahrzehnte andauernden Kult-Rummel. In ihrem letzten Werk schildert sie lustige Anekdoten von den Dreharbeiten des ersten Teils, vermittelt aber auch Einblicke in das Leben einer Berühmtheit. Brisant ist die Enthüllung einer Liebesaffäre mit Harrison Ford, die all die Jahre unter dem Deckmäntelchen der Verschwiegenheit gehalten wurde und damals in ihrem lyrisch angehauchten Tagebuch Niederschlag fand, dessen Auszüge sie als eine sensible, nachdenkliche und verletzte (sehr junge) Frau zeigen. Unterhaltung – Tiefgang – und Emotionen: Was will man mehr?
NEWS from the past VERLORENE WELTEN
GREAT TURNTABLES
Von Aram Mattioli
LEGENDARY AMPLIFIERS
EINE GESCHICHTE DER INDIANER NORDAMERIKAS 2017, Klett-Cotta ISBN 978-3-60894-914-8 464 Seiten; 26 €
Als Karl-May-Fan hat man sich immer gefragt, wie zutreffend die Schilderungen des Autors wirklich waren. Eine Antwort findet sich in diesem vorzüglichen Band, der die Geschichte der Ureinwohner der USA zwischen den Jahren 1700 und 1900 in hochkomprimierter Form erzählt. Das setzt konzentriertes Lesen voraus, denn der Autor präsentiert einen Fundus an Informationen, die in dieser Form und Güte auf dem deutschen Buchmarkt so noch nie zu finden waren. Allein das Literatur- und Quellenverzeichnis nimmt 30 Seiten ein, womit die gründliche Recherche-Arbeit belegt wäre. Die Lektüre lohnt sich, da neben den reinen Infos auch die Zusammenhänge der verschiedenen Entwicklungen, die wechselseitigen Bedingungen bei der Besiedlung durch die Weißen und die chronologische Aufarbeitung stimmen. Lobenswert!
SIGURD
DER FLUCH VON ROTHENSTEIN Von Gerhard Förster, Martin Frei 2016, Edition Sprechblase ISBN 978-3-95035-880-3 96 Seiten; 22,90 €
Die Abenteuer des Ritters Sigurd gehören zu den berühmten deutschen Comic-Serien von Hans Rudi Wäscher aus den 50er und 60er Jahren. Sigurd – Der Fluch von Rothenstein" wur" de von Gerhard Förster, der die Idee und den Text dazu lieferte, zunächst als Fortsetzungsserie in seinem Comic-Nostalgie-Magazin Die Sprechblase" angelegt. Die Zeichnungen " stammen von Martin Frei. Beide haben diesen Klassiker, der in einer limitierten Sammlerauflage erscheint, für die neue Generation gelungen aufbereitet. Die Geschichte: Ritter Sigurd zieht mit seinen Freunden Bodo und Cassim durch die Lande. Dabei bestehen sie jede Menge Abenteuer. In Rothenstein begegnen sie einem kopflosen Reiter, höllischen Bestien, einer verängstigten Dorfbevölkerung, ausgebeuteten Minenarbeitern, einer eigenwilligen Fürstin und deren Soldaten und vielen anderen. Am Ende siegt selbstverständlich die Gerechtigkeit, und Sigurd kann mit seinen Freunden weiterreiten. Nicht nur für jahrzehntelange Sigurd-Fans eine Empfehlung.
DIE BESTEN PLATTENSPIELER DER WELT DIE BESTEN VERSTÄRKER DER WELT
LEGENDARY LOUDSPEAKERS
DIE BESTEN LAUTSPRECHER DER WELT Von Robert Glückshöfer Michael E. Brieden Verlag 200 – 288 Seiten; je 48,80 €
Mit gleich drei großformatigen und sehr hochwertigen Bildbänden bringt Robert Glückshofer Klangdynamik in die heimischen Gefilde. Die Auflistung der besten Plattenspieler, Verstärker und Lautsprecher der Welt lassen Hifi-Träume wahr werden. Im Band Great " Turntables" stellt Glückshofer über 40 Plattenspieler vor, erzählt von prägenden Klassikern, erläutert aktuelle Konstruktionen und gibt einen Einblick in den Stand der Technik. Gleich 50 Verstärker warten im Band Legendary Amplifiers" auf " den HiFi-Fan. Ausführlich werden Klangcharakter, Technik, Design und Konstruktion beschrieben sowie auch die Geschichten der Menschen und Firmen, die hinter den Geräten stehen. Legendary Loudspeakers" " – der dritte Band im Bunde – lässt die Herzen aller Klangfreunde höher schlagen. In diesem Buch finden sich alle Größen, Formen und Preisklassen der bes ten Lautsprecher. Alle drei Bände vereinen HiFi-Technik vom Feinsten – für den kleinen und großen Geldbeutel. Die Papierqualität und die hochqualitativen Fotos machen diese Prachtexemplare zu echten Hinguckern und mit Sicherheit auch zu begehrten Sammlerstücken.
WALTER UND ICH
RÖHRL UND GEISTDÖRFER – DAS DREAMTEAM DES RALLYESPORTS Von Christian Geistdörfer 2016, Delius Klasing ISBN 978-3-66710-696-4 228 Seiten; 39,90 €
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FAKT AB!
DIE UNGLAUBLICHSTEN GESCHICHTEN AUS DER WELT DES FILMS Von David Hain
2016, Ullstein ISBN 978-3-96017-002-0 190 Seiten; 14,99 €
Der Berliner Autor David Hain hat mit diesem Band einen informativen und kenntnisreichen Überblick über die neueren Kultfilme verfasst, wobei er sich hinsichtlich des Schwerpunkts mit dem Kino ab 1980 beschäftigt. Zu jedem
kult!
Unsere Gewinner der Verlosung aus kult! Nr. 15 – 1/2017: Brettspiel:
Stefan Schoper, Bad Harzburg Daniel Staffhorst, Heemsen Jenna Kühn, Schafflund
Udo-Jürgens-Fan-Paket: Petra Wisst, Rechberghausen
Blu-ray Die Klapperschlange": " Roland Hartmann, Ostercappeln Jennifer Vuraf, Essen Falcon Crest, Drage-Elbe
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Lucky Luke"-Edition:
Peter & Ellen Tschaudi, Graz (Österreich) Rolf Labonde, Kaarst Bianca Polke, Freden Martin Gäßler, Lahr Werner Huter, Nürnberg
Buch Zitroneneis": "
Christian Geistdörfer, der von 1977 bis 1987 als Beifahrer der Mann an Walter Röhrls Seite war, nimmt den Leser mit auf eine spannende Zeitreise in den historischen Rallyesport. Dabei lässt er tief hinter die Kulissen blicken. GoodTimes
Detaillierte technische und organisatorische Probleme, überraschend unterschiedliche Teamstrukturen, ganz legale Tricks eines kreativen Rallye-Fahrers (die manchmal auch hart an der Grenze zum Reglementverstoß waren), Unfälle und Glücksfälle geben dem Leser eine einzigartige Perspektive aus der ersten Reihe. Geistdörfer vermittelt einen mit zahlreichen Anekdoten gespickten Rückblick auf eine vielfältige Karriere im Rallyesport. Seine Geschichte und rund 150 überwiegend farbig und teilweise großformatige Fotos, die zum Teil erstmals veröffent licht werden, machen dieses Buch zu einem der Bestseller über den Rallyesport, der nicht nur hartgesottene Fans interessieren wird.
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Norbert Gerlach, Frankfurt/M. Werner Achsnich, Dortmund André Lingelbach, Bonn Gerd Kreucher, Übach-Palenberg
Herzlichen Glückwunsch!
N from the past Streifen werden die Entstehungsgeschichte, Wirkung und Kritik aufgelistet, gefolgt von den Fakten. Neben mehrteiligen Verfilmungen ( Rambo", Batman", Alien") kommen Ein" " " zelwerke zur Geltung ( Braveheart", Der " " Soldat James Ryan"), aber auch Genres (zum Beispiel Horrorfilme), bei denen der angegebene Zeitrahmen gesprengt wird. Besonders humorvoll: das Kapitel Arnie-Klassiker", in " dem Schwarzenegger-Streifen wie Herkules " in New York" (Boooah!), Red Sonja" oder " Terminator" angesprochen werden. Klasse " Idee und gelungene Umsetzung.
DIE TOUR DE FRANCE
DEUTSCHE PROFIS UND IHRE ERFOLGE Von Jürgen Löhle
2017, Delius Klasing ISBN 978-3-66710-922-4 160 Seiten; 29,90 €
Neben der Darstellung aller deutschen Teilnehmer und deren Erfolge gibt Jürgen Löhle einen umfassenden Überblick über das größte Radrennen der Welt. Dabei zeigt er Szenen aus der Geschichte der Tour de France auf, die man so nicht kennt und die nur jemand weiß, der wie er live dabei war. Auch die Schattenseiten des Dopings werden nicht verschwiegen. Zusammen mit vielen starken Sportfotos ist dieser Band ein gelungener Streifzug durch die erfolgreichen Auftritte deutscher Profis bei der Tour.
VW BUS
T1 IM DETAIL (1950 BIS 1967) Von David Eccles
2016, Heel ISBN 978-3-95843-362-5 96 Seiten; 19,99 €
Die Geschichte und viele Hintergrundinformationen des nach dem Zweiten Weltkrieg boomenden VW Bus T1 werden in diesem Buch von David Eccles, VW-Bus-Kenner und erfolgreicher Fachbuchautor, ausführlich behandelt. Er beschreibt detailliert sämtliche Änderungen, die während der Produktion zwischen 1950 bis 1967 vorgenommen wurden. Umfangreiche Listen aller angebotenen Sonderausstattungen und Extras sowie umfassende Farblisten helfen jedem, der sich einen Überblick über die Modellvielfalt des Kult-Transporters verschaffen möchte. Allen Restaurierern und Kaufinteressenten, aber auch Besitzern eines T1 werden wertvolle Informationen vermittelt,
anhand derer sie überprüfen können, ob sich das betreffende Fahrzeug wirklich im Originalzustand befindet und ob sich eine Restaurierung lohnt. Ausreichend bebildert, lässt er den Leser in Nostalgie schwelgen und entfacht die Liebe zum Fahrzeug mit jedem Satz neu. Ein Muss für alle Bulli-Verrückten!
UNSERE FUSSBALLHELDEN DIE LEGENDÄRSTEN SPIELER DER WELT Von Alfred Draxler
2017, Delius Klasing ISBN 978-3-66710-930-9 200 Seiten; 14,90 €
In diesem ausgezeichnet illustrierten Bildband werden die bekanntesten Fußballspieler von 1930 bis heute vorgestellt. Auch wer sich beim Fußball nicht so gut auskennt, wird bei den Namen Franz Beckenbauer, Uwe Seeler, Diego Maradona hellhörig und sich gerne in die faszinierende Welt des Fußballs entführen lassen. Dabei fehlen weder die Kurzbiografien der Fußballstars noch all die unvergessenen Momente ihrer Triumphe. Fast 100 Jahre Fußballgeschichte mit den bekanntesten Ballkünstlern, Torjägern und Torhütern fasst der Delius Klasing Verlag in Kooperation mit Sport Bild" in diesem aktu" ellen Band zusammen – und verdient sich damit einen Platz im Regal vieler Fußballfans.
DAS GROSSE ALFA-SPIDERBUCH Von Lucas Cellini
2016, Heel ISBN 978-3-95843-211-6 202 Seiten; 29,95 €
Nicht nur wegen des Großformats und der faszinierenden Illustrationen sucht dieser Bildband seinesgleichen unter den Alfa-Spider-Büchern. Lucas Cellini versteht es wie kein anderer, die Geschichte dieser Cabrio-Legende minutiös und packend aufzuzeichnen. Alle Alfa-Spider-Typen wie Giuletta, Duetto, Fastback, Spoiler ... sind hier genau beschrieben und durch eine ausführliche Kaufberatung ergänzt. Auch die Macher" " hinter dem Mythos Spider und die Geschichte des Spider im Rennsporteinsatz kommen nicht zu kurz. Das Standardwerk von Cellini erschien bereits 1992 und wurde im Laufe der Jahre immer wieder ergänzt und verbessert, so dass es an Aktualität nichts verloren und an Informationsfülle für alle Liebhaber dieses Cabrio-Klassikers einiges zu bieten hat. Seite
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DVDs + BLU-RAYs OTTO LIVE
HOLDRIO AGAIN Wer kennt ihn nicht? Otto ist einer der erfolgreichsten Vertreter des deutschen Humors, und das generationsübergreifend. Aber auch als Musiker, Autor, Synchronsprecher, Regisseur oder Schauspieler ist er bekannt. Die DVD OTTO LIVE – HOLDRIO AGAIN beinhaltet eine Liveshow im Essener ColosseumTheater inklusive eines gemeinsamen Songs "Dr. U und Dr. O" mit seinem Kollegen Udo Lindenberg. Die Show ist nicht nur auf die erwachsenen Fans zugeschnitten, auch Kinder kommen mit einem eigenen Programmabschnitt auf ihre Kosten. Dabei ist er auf der Bühne immer noch voller Tatendrang, indem er herumspringt, rennt und singt, was für zusätzliche Lacher sorgen mag. Außerdem enthalten ist exklusives Bonus-Material mit den besten Showopenern aus den vergangenen 20 Jahren des lustigen Ostfriesen, wobei seine schärfsten Kritiker Dings & Bums natürlich nicht fehlen dürfen. (Rüssl Musikverlag, 2016, 104 Min.)
DIE HAUSMEISTERIN Die bayrische Kult-Serie Die Hausmeisterin" " kann nun wieder gemütlich auf der Couch vor dem Fernseher genossen werden. Knapp 30 Jahre nach der Auftaktfolge So ist halt’s Leben" " (1987) wurde die Serie zum ersten Mal komplett digital remastert (DVD und Blu-ray). Inhaltlich versprüht die Serie Menschlichkeit, einfach ein Leben von ganz normalen Menschen und ihren Alltagsproblemen, wie sie jeder selbst kennt. Die 50-jährige Martha Haslbeck (Veronika Fitz) ist Hausmeis terin im Münchner Stadtteil Haidhausen und frisch von ihrem Mann Josef (Helmut Fischer) geschieden. Dieser hat zwar inzwischen wieder geheiratet, seine Businessfrau Ilse-Hasi". " Jedoch steht er immer wieder im Konflikt, ob er sich nicht doch nach dem bodenständigen Leben mit seiner Ex-Frau sehnt, von der er sich noch gerne bekochen lässt und sich den einen oder anderen Rat holt. Aber auch die gemeinsame Tochter Christa (Bettina Redlich) sorgt für viel Aufregung in der Serie. (Eurovideo, 1987–1992, 6 CDs bzw. 4 Blu-rays)
NEWS from the past RETTE MICH, WER KANN Kult-Serien wie Rette mich, wer kann" (1986) " veranlassen einen schnell, die allbekannte Floskel Früher war doch alles besser" in " den Raum zu werfen. Ob dies stimmt, muss zwar jeder selbst für sich entscheiden, jedoch ist eines sicher: Die alltäglichen Katastrophen der Protagonisten bringen jeden zum Lachen. Die sechsteilige Komödie, welche erstmals komplett digital remastert als DVD und Bluray veröffentlicht wird, zeigt die Abenteuer des frisch verlassenen Münchner Bestattungsunternehmers Oskar Schatz (Helmut Fischer) und seines Kumpels Hansi Wagenpfeil (Kurt Sowinetz). Dieser ist bereits fünffach geschieden und bezeichnet sich selbst als Profi-Frauenkenner. Sie beschließen, eine Wohngemeinschaft zu gründen und erstmal Abstand zu den Frauen zu nehmen, was ihnen aber nicht so ganz gelingen mag. (Eurovideos, 1986, 6 Folgen/258 Min.)
FASSBINDER EDITION + ACHT STUNDEN SIND KEIN TAG Rainer Werner Fassbinder prägte wie kein anderer Regisseur den Neuen Deutschen Film, innerhalb von nur 16 Jahren schuf er ein Werk von insgesamt 44 Filmen, die auch 35 Jahre nach seinem frühen Tod weder an Relevanz noch an Lebendigkeit verloren haben. Fünf seiner markantesten Werke sind in der nun veröffentlichten FASSBINDER EDITION vereint, womit drei der fünf enthaltenen Filme ihre Blu-ray-Premiere erleben. Neben Welt am " Draht", Angst essen Seele auf", Fontane Effi " " Briest", Die Ehe der Maria Braun" und Lola" " " gibt es auch Einiges an Zusatzmaterial: die Dokumentationen Fassbinder" aus dem Jahr 2015, " Fassbinders Welt am Draht – Blick voraus ins " Heute", Rainer Werner Fassbinder, 1977"; " seine Kurzfilme Das kleine Chaos" und Der " " Stadtstreicher", die Doku Todd Haynes über " Fassbinder und das Melodram" sowie eine Fotogalerie und ein Wendecover. Wie viele Stun" den bleiben nach einem achtstündigen Arbeitstag, die nicht von beruflichen, politischen und familiären Problemen bestimmt sind?", dieser Frage widmete sich Rainer Werner Fassbinder vor über 40 Jahren mit seiner fünfteiligen Fernsehserie Acht Stunden sind kein Tag". Erst" mals erscheint sie nun restauriert auf DVD und Blu-ray, ergänzt um die Dokumentation Acht " Stunden sind kein Tag: Eine Serie wird zum
Familientreffpunkt" von Juliane Lorenz. Völlig ungewöhnlich wurde damals eine Familienserie im Arbeitermilieu angesiedelt, sozialpolitische und ökonomische Aufklärung wurden verbunden mit Alltagsgeschichten voller Spannung und Unterhaltungswert. Fassbinder rückte Diskussionen über Mitbestimmung und Solidarität am Arbeitsplatz, hohe Mieten, antiautoritäre Erziehung und vieles mehr in den Mittelpunkt. Eine hochklassige Alternative zum Heile-Welt-Fernsehen der 70er Jahre, mit der Fassbinder die kleinen Leute", wie er sie selbst " nannte, direkt erreichen wollte, noch dazu von Schauspielern wie Hanna Schygulla, Irm Hermann, Gottfried John, Luise Ullrich und Werner Finck genial umgesetzt – und heute, nach über 40 Jahren, immer noch zeitlos aktuell! (Studiocanal, 5 Discs, 673 Min. + 2 Discs 478 Min.)
CDs WENCKE MYHRE
SINGEN … GROSSE ERFOLGE & RARITÄTEN Im Februar konnte Wencke Myhre ihren 70. Geburtstag feiern, zu diesem Anlass erschien mit SINGEN … GROSSE ERFOLGE & RARITÄTEN nun eine ganz besondere Veröffentlichung. Die erste CD des Doppelpacks liefert eine bunte Reise durch die lange und erfolgreiche musikalische Karriere des Showstars aus Norwegen, beginnt mit "Ja, ich weiß wen ich will", ihrer Debütsingle aus dem Jahr 1964 sowie ihrem ersten deutschen Top-Ten-Hit "Beiß nicht gleich in jeden Apfel". Natürlich dürfen mit "Er hat ein knallrotes Gummiboot", "Baden mit und ohne" und "Er steht im Tor" die großen Schlagerhits der frühen 70er Jahre nicht fehlen, geht es über "Reden ist Silber – Küssen ist Gold" und "Das wär' John nie passiert" bis zu "Neue Schuhe" aus dem Jahr 2010. Das Sahnehäubchen dieser digital remas terten Zusammenstellung dürfte dann aber für viele Musikfreunde die zweite Disc sein, hier gibt es alle dazugehörigen B-Seiten, also zahlreiche Raritäten, die nun erstmals ihren Weg auf eine CD finden. Als Bonus-Tracks sind vier Songs – A- und B-Seiten von zwei Singles aus den Jahren 1967/1971 – in englischer Sprache mit dabei, bestens abgerundet wird die DoppelCD von einem zwölfseitigen Booklet mit vielen Fotos aus allen Schaffensphasen der Sängerin, dazu Abbildungen von Autogrammkarten, TiGoodTimes
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telbilder der Jugendzeitschrift Bravo" sowie " ein persönlicher Text von Wencke Myhre. (Universal, 2017, 2 CDs)
ORCHESTER MARTIN BÖTTCHER
DIE GROSSE KARL MAY SOUNDTRACK BOX + DIE SCHÖNSTEN ORIGINALMELODIEN AUS DEN KARL MAY FILMEN
HEIKO MEILE
WINNETOU – DER MYTHOS LEBT
Mit der Neuverfilmung der legendären Winnetou-Filme hatte sich RTL fraglos eine große Aufgabe vorgenommen, an Weihnachten 2016 wurden die drei 90-minütigen Teile ausgestrahlt, prominente Schauspieler wie Wotan Wilke-Möhring (als Old Shatterhand), Jürgen Vogel und Mario Adorf waren mit dabei. Die stimmungsvolle Filmmusik der Neuauflagen hat Heiko Meile komponiert und mit dem Deutschen Filmorchester Babelsberg eingespielt. Meile schrieb schon Musiken für diverse Tatort"" Episoden und für den Kinofilm Die Welle", in " den 80er Jahren galt seine Band Camouflage mit Hits wie "Love Is A Shield" und "The GreatCommandment" als die deut" schen Depeche Mode". Mit dem Titel WINNETOU – DER MYTHOS LEBT kann man den Soundtrack nun auch auf der heimischen Stereo-Anlage genießen, mit der Einbeziehung von Originalfilmmusik-Motiven von Martin Böttcher gelang Meile der Spagat zwischen Tradition und Moderne. Für Nostalgiker und Freunde kultigen Fernsehvergnügens wurden jetzt auch die originalen Soundtracks neu veröffentlicht. Mit dem Titel DIE SCHÖNSTEN ORIGINALMELODIEN AUS DEN KARL MAY FILMEN wurden Auszüge aus Winnetou I – III", Der Schatz " " im Silbersee", Unter Geiern", Der Ölprinz", " " Old Surehand", Winnetou und das Halbblut " " Apanatschi" sowie Winnetou und Shatterhand " im Tal der Toten" komprimiert auf einer CD zusammengefasst. Wem das zu wenig ist, für den gibt es auch noch DIE GROSSE KARL MAY SOUNDTRACK BOX. Sie präsentiert auf drei digital remasterten Discs alle fünf originalen Langspielplatten der WinnetouReihe, die das Orchester Martin Böttcher zwischen 1963 und 1968 einspielte. Zweifellos eine wunderbare Reise zurück in die 60er Jahre, die sich auch ohne die begleitenden Fernsehbilder lohnt. (Polydor/Universal, 2017, 5 CDs)
NOSTALGIE
Von Nicolas von Lettow-Vorbeck
Ein Gefühl mit vielen Gesichtern
Früher, in der guten alten Zeit
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war alles viel besser
as sagen einem bekannten Klischee zufolge vor allem ältere Menschen in nahezu jedem zweiten Satz. In der Realität unterhalten sich aber auch jüngere Zeitgenossen äußerst gerne und sehr ausgiebig über vergangene Zeiten. Diese werden natürlich immer in Bezug zur eigenen Lebensperspektive betrachtet: Für den Oberschüler mag die Erinnerung an die gemütliche Grundschulzeit anheimelnd erscheinen. Der Student entsinnt sich gerne seines geregelten Schulalltags. Der Werktätige denkt mit Freude an die süßen Jahre der Ausbildung. Und der Pensionär sehnt sich nach der motivierenden Schaffensfreude seines Berufslebens zurück. Nostalgie ist immer eine Frage der eigenen Perspektive und wird im Duden definiert als eine „vom Unbehagen an der Gegenwart ausgelöste, von unbestimmter Sehnsucht erfüllte Gestimmtheit, die sich in der Rückwendung zu einer vergangenen, in der Vorstellung verklärten Zeit äußert". Und tatsächlich ist im Nostalgie-Cocktail auch immer ein guter Schuss Wehmut enthalten. Eine greifbare Traurigkeit darüber, dass bereits so viel eigene Lebenszeit verstrichen ist. In Bezug zur Endlichkeit des menschlichen Daseins ohne Frage keine sonderlich erbauliche Erkenntnis. So leitet sich auch die Herkunft des Wortes Nostalgie von den griechischen Wörtern nóstos (Rückkehr bzw. Heimkehr) und álgos (Schmerz) ab. Wer Nostalgie verspürt, empfindet demSeite
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nach eine Art von Heimweh nach einer verflossenen Zeit. Dem Heimweh nach realen Orten – wie der Straße der eigenen Kindheit, einem früheren Wohnort oder einem Urlaubsland – können wir vergleichsweise einfach nachgeben. Züge, Autos oder Flugzeuge bringen uns zuverlässig an diese Sehnsuchtsorte, unser Heimweh kann gestillt werden. Was die Nostalgie angeht, gestaltet sich die Angelegenheit aber ungleich schwieriger, denn die Vergangenheit ist unwiderruflich verschwunden. Kein Zug, kein Auto und noch nicht einmal eine Weltraumrakete könnten uns wieder zurück in die geliebten, längst vergegangenen Zeiten katapultieren. Wie schön wäre da eine Zeitmaschine! Im Film und in der Literatur wurde oft über derartige Gerätschaften spekuliert, die Wissenschaft ist sich über ihre Realisierbarkeit jedoch noch sehr uneinig. Wahrscheinlich ist die Sehnsucht nach der Vergangenheit aber auch kein technisches Problem. Denn selbst eine leibhaftige Zeitreise könnte unsere Nostalgie, bei Lichte betrachtet, nur äußerst unbefriedigend erfüllen. Denn um so zu empfinden wie etwa als Grundschüler von sieben Jahren müsste man sich auch wieder auf den geistigen Stand eines Siebenjährigen downgraden. Es reicht nicht aus, die vertraute Umgebung und Epoche mit einer Zeitmaschine zu erreichen, wir müss ten uns auch von vielen Lebenserfahrungen – guten wie schlechten – verabschieden, um wieder wie damals zu empfinden. Dies würde in letzter Konsequenz bedeuten, einen großen Teil unseres heutigen Ichs auszulöschen. Da niemand dies ernsthaft wollen würde, werden nostalgische Zeitreisen somit immer aus der Perspektive der Gegenwart unternommen. Wie wir die Vergangenheit heute wahrnehmen, sagt jedoch viel mehr über unsere Gegenwart aus als über die Vergangenheit: Wer im Hier und Jetzt beruflich sehr eingespannt ist, dem leuchtet die damalige Freiheit als Student in den schillerndsten Farben. Wer heute
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Nostalgie ist eine charmante Lügmerin
davor. Sie ist oft eng mit geheimen, mit Gewichtsproblemen zu kämpfen hat, unausgesprochenen, verleugneten, denkt mit Seufzen an die Kinderzeit versteckten oder gefühlsbeladezurück, in der man wie ein König schlemnen Erinnerungen verstrickt. Diese men durfte. schönen Erinnerungen sind unbeZusätzlich trumpft die Nostalgie zahlbar, und sie machen uns dankbar. mit einem weiteren Ass auf: mit totaler Vielleicht sogar demütig. Besonders Sicherheit. Denn die Vergangenheit ist wie wichtig sind nostalgische Erinnerungen ein Film, dessen Ende wir schon längst dann, wenn sie eine Verbindung zu geliebkennen. Ein Film, den wir schon dutzenten Menschen herstellen, die nicht mehr unter de Male gesehen haben und um dessen uns weilen. Ein bestimmter Song, ein Oldtimer, Happy End wir wissen. Auch meinen wir – ein Kultfilm, eine Süßigkeit oder ein regioaus heutiger Warte – in der Vergangenheit nales Gericht. Diese stets einen roten und ähnliche Dinge Faden erkennen rufen uns (längst) zu können. Alles lief scheinbar auf den „einen" Verstorbene auf liebePartner oder den „einen" Job hinaus. Gerne vervolle Weise wieder in gessen wir dabei, wie chaotisch oder schwierig Erinnerung. Auf einmal sich die Vergangenheit anfühlte, als sie noch wirkt alles nur einen Tag weit Gegenwart war. Die Vergangenheit bietet also entfernt. Wir spüren liebe Menschen wieder in wohlige Sicherheit, da sich zwangsläufig keine unserer Nähe, die Trennlinie zwischen Leben anstrengenden Überraschungen mehr ergeben. und Tod scheint durchlässiger als sonst. Diese Vergangenheit gedanklich zu bereisen, Apropos „durchlässig": Natürlich ist unser liefert uns einen beschaulichen Gegenentwurf Gehirn darauf ausgelegt, gute Erinnerungen zum Alltag, der ja ständig neue und komplexe mehr in den Vordergrund zu stellen als Entscheidungen von uns verlangt. schlechte. Nostalgie zeichnet die Dinge weich. Ist Nostalgie dementsprechend vielleicht eine Unsere Erinnerung gaukelt uns vor, dass Art Wellness für unser Gehirn? Ein alles damals genau so war, wie wir es im Kurzurlaub von der Gegenwart? Kopf abgespeichert haben. „Nostalgie ist die „Wie still war damals doch die Welt, Vorstellung einer Vorstellung, die so nie erinnern sich die Leute. Die Hunde stattgefunden hat", bemerkt der deutsche haben zwar gebellt, doch nicht so laut Früher wollten wir ganz schnell erwachsen werden! Schriftsteller Erhard Blanck. Unser Gedächtnis wie heute", spottet der Autor ist keine Speicherkarte, unsere Augen sind keine Kameralinsen. Die evoFrantz Wittkamp. Fest steht: Nostalgie ist ein extrem lutionären Gründe für unsere rosarote vielschichtiges und äußerst persönliches Gefühl. Sie Nostalgiebrille liegen auf der Hand: ist so eng mit der eigenen Biografie verbunden, Menschen mit guten Erinnerungen dass sie mitunter nur bedingt mitteilbar ist. sind glücklicher und lebensfäNatürlich kann Opa von früher erzählen, doch ist higer. „Nostalgie ist eine chardie Gefühlslage von damals den Nachgeborenen nur mante Lügnerin", sagt der schwer zu vermitteln. Nostalgie ist immer gefühls- und Volksmund. nie faktenorientiert. So werden beispielsweise unzählige Problematisch wird die Menschen gerne an 1976 und den großen Erfolg Nostalgie freilich, wenn sie von Abba in diesem Jahr zurückdenken. Die beginnt, die Gegenwart konkreten Erinnerungen, die "Dancing zu überdecken. Nur Queen" in jedem dieser Menschen wachfür die Vergangenheit ruft, sind aber äußerst verschieden. Für kann niemand leben. einen damals Elfjährigen mag es der Das längst Vergangene sollte nieSound einer Kinderfreizeit gewesen sein. mals zum goldenen Zeitalter oder Ein Teenager lernte bei "Dancing Queen" zum verlorenen Paradies verklärt vielleicht seine erste (und unglückliche) Liebe werden. Denn jede Zeit hat ihren kennen. Ein Mittdreißiger tanzte zu diesem Lied eigenen Zauber, ihre eigenen im Straßenkarneval. Freuden und ihre eigenen Nostalgie ist kollektiv – und individuProbleme. Auch in der Gegenwart ereignen sich ständig denkell zugleich. Nostalgie bringt die Menschen würdige und zauberhafte Dinge. Und die Gegenwart von heute zusammen, schafft Gemeinsamkeit, liefert spanist die Nostalgie von morgen. Hoffentlich! Nostalgie ist weder immer nende Gesprächsthemen und definiert Generationen. gut noch immer schlecht, weder stets hilfreich noch stets kontraproEin Heft wie kult! beweist eindrucksvoll, dass man duktiv. Nostalgie passt in keine Schublade. Nostalgie ist ein wichtiger mit sehr persönlichen, nostalgischen Erinnerungen Teil unseres menschlichen Wesens. Sie komplett zu leugnen, wäre Abertausende von Men zynisch und gegen unsere Natur. Denn unsere Vergangenheit macht schen begeistern und uns einzigartig. Sie ist wie unser Fingerabdruck: unverwechselbar. zusammenbringen kann. Sich nostalgisch zu erinnern, bedeutet, im Nostalgie ist wie ein wärBuch des eigenen Lebens zu blättern. mendes Lagerfeuer, Und das darf – ja das sollte – lustvoll um das sich ganze vonstattengehen! Dieses liebevolle Heerscharen versamErinnern hat die Kraft, das Früher meln. Und Nostalgie zu feiern, das Heute zu ist gleichzeitig eine bejahen und uns kleine Schatztruhe gleichzeitig Mut mit einem für die Zukunft dicken zu machen. Schloss GoodTimes
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• Karl-May-Comics •
Winnetou, die Babyboomer und ein neues Medium
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Das Jahr 1963 ließ sich wunderbar an für die damals jungen Fans von Old Shatterhand und Winnetou. Im Kino sahen wir ein zweites oder gar drittes Mal Der Schatz im Silbersee"; am Kiosk enthielten die Heinerle" Wundertüten Karl-May-Figuren – und dann lockte auch noch die Ausgabe 377 eines geschätzten Comics mit der Ankündigung: Ab heute Winnetou." Ein Schriftsteller aus dem 19. Jahrhundert war in der Konsum- und Medienwelt der " Moderne angekommen. Heute würde man von einer Version Karl May 2.0" sprechen. "
ieben Jahrzehnte nach seinen ersten Erfolgen wurden bei den Babyboomern, der eigentlichen „Generation Karl May", die Eindrücke der Bücher ergänzt und vielfach überlagert von Bildern im weiteren Sinne. Die Kinofilme sind in erster Linie gemeint, aber auch Freilichtspiele und das in Deutschland damals junge Medium der Comics. Bedingt durch den Nationalsozialismus kamen die aus den USA stammenden Bildgeschichten hier verspätet an. Das Niveau der im Vergleich inhaltlich hausbackenen und handwerklich schlichten Unternehmungen deutscher Verlage wurde nicht zuletzt mit Rückgriff Seite
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auf Karl May gehoben. Befördernd wirkte sich aus, dass mit Ablaufen der Schutzfristen für dessen Originaltexte 1962 viel Fantasie für Geschäftsideen freigesetzt wurde. So partizipierten auch die ComicWelten an der vor allem durch die Kinofilme angetriebenen Karl-MayBegeisterung und verstärkten diese wiederum. Einschränkend muss hier allerdings der Hinweis gegeben werden, dass es sich um ein westdeutsches Phänomen handelte. In der DDR war der Schriftsteller zwar in der Bevölkerung angesehen, bei den Mächtigen aber verpönt. Insofern fanden sich östlich der Elbe lediglich in den Wild-West-Episoden der
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Comic-Serie „Digedags" 1969 bis 1974 diverse May-Anleihen.
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m Westen bildete eine gute Voraus setzung, dass der Autor bei Großeltern und Eltern wohlgelitten war. Den mobilisierenden Erstkontakt für viele lebenslange Karl-May-Fans löste im Dezember 1956 die Weihnachtsausgabe der Zeitschrift „Hörzu" aus, die damals in jedem vierten Haushalt geleMecki trifft Winnetou sen wurde. Cover des Magazins „Hörzu" Gemeint ist (Dezember 1956) die augenfällige Ankündigung eines Comic-Buches, in dem der beliebte Mecki den Wilden Westen bereiste. Mecki schloss à la Old Shatterhand Freundschaft mit Winnetou und erlebte aufregende Abenteuer „... bei den Indianern". Es war der erste Auftritt von Winnetou in einem Comic, und es blieb nicht der Die „Digedags" waren letzte. Einige Jahre später setzte die erste die populärste Serie von große Welle an May-Comics im eigentlichen Bildergeschichten – so Comics genannt – in der DDR Sinne ein, als Bildstreifen in Zeitungen und vor allem mit Heften in einschlägigen Verlagen. Während Marktführer Ehapa mit der Micky Maus mit Fotobildgeschichten nach den Kinofilmen antrat, starteten zwei Konkurrenten Anfang 1963 vortreffliche Serien mit gezeichneten Bildern, denen heute von Comic- wie Karl-MayExperten gleichermaßen eine für deutsche Verhältnisse erstaunliche Qualität Ein Clubausweis zeichnete bescheinigt wird. Die Nase Winnetou-Freunde bei Lehning aus (1963) knapp vorne hatte im Februar der Verlag Lehning; bei ihm lautete der Serientitel zuerst „Winnetou nach Karl May", ab Heft neun lapidar „Karl May".
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besonders deutlich, worin der Charme einer gelungenen Wort-BildKombination bestehen kann. Insofern war es bedauerlich, dass schon 1964 der zwischenzeitlich an einem bedeutenden New Yorker Museum tätige Nickel und der Verlag im Unfrieden schieden. Als Nachfolger wurde Harry Ehrt eingesetzt, aus dessen Feder die einzige Interpretation des sechsteiligen Orient-Zyklus von Karl May stammte, die abgeschlossen wurde. Ehrts Fortsetzung der Winnetou-Saga bot solide Handwerkskost, konnte die Bilanzen bei Lehning indes nicht verbessern. Ein knappes Jahr vor dem finanziell bedingten Verlagsende wurde 1966 die KarlMay-Serie eingestellt. Der Winnetou von Nickel
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wei Jahre danach beendete auch die orientierte sich an der ersten Buchausgabe Konkurrenz nach einem zweiten, diesmal von 1894 kurzlebigen Versuch ihre von 1963 bis 64 erfolgreiche Reihe erneut. Die Rede ist vom Studio Kauka, in dessen wöchentlichem Magazin „Fix und Foxi" ab März 1963 in guter Druckqualität und Kolorierung mehrere May-Romane verarbeitet worden waren. Mit dem Projekt war Walter Neugebauer beauftragt worden, dem von ComicSachverständigen ebenfalls die Qualitäten eines Klassikers bescheinigt werden. Dieser zweite Glücksfall aus Sicht der Karl-May-Begeisterten zeichnete in flottem Stil, aktionsbetonter und kantiger als Nickel, aber doch ebenfalls nahe bei Karl May. Seine Motive wurden damals als derart attraktiv eingestuft, dass sie bald entsprechende Brettspiele und Tonträger anderer Firmen schmückten. Bei Kauka wie bei Lehning betrugen die Auflagen jeweils zwischen 90.000 und 250.000. Hochgerechnet auf mehrere hundert Nummern sowie einige Nachdrucke, bei Kauka zuletzt als Taschenbücher 1979/80, ergibt sich eine stattliche Größenordnung. Hinzu gesellten sich 1965/66 Comic-Strips in allgemeinen Medien von der „Neuen Welt am Sonnabend" über die „Lüneburger Landeszeitung" bis hin zur Programmzeitschrift „Gong". Der Boom bei den Comics war aber 1967 vorerst unterbrochen, zumindest in Deutschland.
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is vor wenigen Jahren unbekannt blieb hier zu Lande, dass in anderen Ländern West- wie Osteuropas schon ab 1948 die bunte Abenteuerwelt Karl Mays im zeittypischen Genre der Comics kräftig ausgeweidet wurde. Beispielhaft sei hier auf Belgien hingewiesen, wo ab 1962 eine Serie im seinerzeit größten europäischen ComicStudio, Vandersteen, zuerst als Zeitungsstrip und dann in Heftform produziert wurde. Zumindest die ersten 16 Hefte gerieten überzeugend. Die folgenden Nummern, insgesamt wurden es 88, hatten aber nur noch Titel und Personal mit den Fantasiewelten des Schriftstellers gemein. Kurioserweise wurden in Deutschland schon ab 1967 viele Episoden nachgedruckt, freilich umgestrickt zu
s handelte sich um preiswerte Ware, was sich in der Qualität von Papier, Druck und Farben niederschlug. Für die jungen Kunden der 14-tägig erscheinenden Reihe stellte ein Fanclub Anstecker und Clubausweis, Postkarten und Wimpel bereit, die mit Konterfeis von Winnetou und Kara Ben Nemsi warben. Bedeutsamer im Rückblick war jedoch die Handschrift von Helmut Postkarte für die Nickel, der als einer der bedeutendsten deut- Clubmitglieder – Lehning schen Comic-Künstler gilt und gewisserma- warb mit Kara ben Nemsi (Ehrt, April 1963) ßen Graphic Novels schuf. Der Ursprung aus den Romanen blieb bei dem ausgewiesenen Karl-May- und IndianerKenner stets kenntlich: in Schlüsselszenen, beim Profil der Personen und ihren textgetreuen Dialogen. Winnetou zum Beispiel sieht tatsächlich so aus, wie ihn sein Erfinder für die erste Buchausgabe 1894 autorisiert hatte. Manches in der Handlung wirkt sogar stringenter oder auch sprachlich flüssiger als im Original. Bei der Betrachtung der Landschaften mit Hintergründen, Totalen Comic-Strips in Zeitungen wie der „Neuen Welt" zeichneten Schauspieler und Hervorhebungen wird Kinofilmen nach – Man erkennt Pierre Brice und Götz George (Februar 1965) GoodTimes
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manchmal im Tarzan-Look oder auch mit großem Federschmuck, und Old Shatterhand führte sich wie ein Revolverheld auf. Trash pur lieferte ein Heft, in dem sich die Helden angesichts des Furors eines aggressiven Flugsauriers beweisen mussten. Auf der Habenseite der 70er Jahre, wenn auch mit weniger Auflage als die Konkurrenz, stehen andererseits sieben Alben mit Orientmotiven bei Unipart. Zwei Spanier, Edmundo Maraleta und Francisco Jou, besorgten 1974 bis 1976 diese Ausgabe mit hartem Strich, aber passabler Atmosphäre und ordentlichen Texten. Eine angekündigte achte Nummer erschien nicht mehr. Das war es dann, in Westdeutschland.
Ausgaben einer „Bessy" genannten Reihe. Aus Old Shatterhand wurde Andy, Winnetou geriet zum „Schwarzen Hirsch", und der Hund Bessy wurde einfach hineinmontiert. Die umfangreichste Serie nach Karl May wurde für deutsche Leser in ihrer ursprünglichen Version erst 1999 bis 2007 von Wick Comics gewissermaßen nachgereicht. Andere Bildergeschichten aus dem Ausland fanden über Lizenzen ihren Weg nach Deutschland, als 1972 eine zweite Hochphase des Themas einsetzte, die bis 1979 andauerte. Dieses Intervall brachte überhaupt einiges Bemerkenswerte rund um Karl May hervor. Das ZDF strahlte eine vielteilige Orient-Serie aus, Hörspiele auf Tonkassetten und Schallplatten fanden reißenden Absatz, und Pierre Brice beeindruckte bei den Freilichtspielen in Elspe.
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nerwartet bescherte in der Spätphase der DDR die „Trommel" mit einer Vorankündigung zu Weihnachten 1982 Die späteren Blutsbrüder im Zweikampf: Winnetou und den Lesern eine Überraschung. Kurz nach Old Shatterhand (Nickel, März 1963) der Erstausstrahlung der westdeutschen as die Co Winnetou-Filme im DDR-Fernsehen und noch vor Erscheinen der m ics angeht, realisierten gleich fünf ersten Bücher bei „Neues Leben" druckte die Wochenzeitschrift Verlage – die großen Bastei und Moewig der Jungen Pioniere ab Januar 1983 einen Winnetou-Comic nach, sowie die kleineren Gevacur, Condor und der 1957 in Ungarn Unipart – Unternehmungen mit zum Teil entstanden war. Eine hohen Auflagen. Die Mehrzahl von mehreren Wiederveröffentlichung Dutzend Geschichten mit vielen Folgen hatte endete 1990 ebenso abrupt ihren Ursprung in Westeuropa, insbesondere mit dem Ende der DDR bei der spaniDer geheimnisvolle Geist des schen Comicwie eine zweite WinnetouLlano Estacado aus „Unter Serie, die 1989 in der Fabrik Bruguera, Geiern" (Vandersteen, 1962) FDJ-Kinderzeitschrift die seit 1971 „ABC" gestartet worden Karl May als Steinbruch nutzte. Als Ergebnis war. Immerhin setzten preiswerter Einkaufspolitik produzierten Winnetou muss seine Freunde vor einem Flug sich die beiden ostdeutdie Verlage deutlich mehr Ramsch als die schen Veröffentlichungen saurier retten – Trash pur von Condor (1977) Vorgänger in den 60ern: Zu Recht lange im Gedächtnis fest, waren sie doch jeweils in Hunderttausenden von unbekannte Texter, von rührigen Forschern Exemplaren vertrieben worden. Der in Sachen Karl May engagierte seit 2012 identifiziert, pflanzten in ihre geleVerlag Neues Leben setzte schließlich 1995 den bisherigen Schlusspunkt gentlich abstrusen Geschichten Helden Mays für Neuerscheinungen. Das ausgesprochene Experiment mit dem Titel willkürlich ein und setzten ihnen seine geläu„Greenhorn" war mit seinen karikierenden Zügen aber weder zeitgemäß figen Titel auf. Es gab aber auch noch über- Bei Bastei erschienen 27 für Heranwachsende noch attraktiv für ältere Sammler. Es gelangte zeugende Bildgeschichten, vor allem vom Taschenbücher - mit dabei: nicht in den regulären Verkauf, und es gab folgerichtig auch keine Spanier Juan Arranz. Seine schon in den „Das Versteinerte Gebet" aus Nummer zwei. 60ern in den Niederlanden erstveröffentlich- dem Alterswerk Karl Mays ten Comics wurden 1973 bei Moewig und 1975 bei Gevacur gedruckt. Sie sind im Ablauf ammler allerdings konnten schon seit Ende der 80er Jahre stimmig, atmosphärisch dicht und vor allem Originale aus den frühen Jahren durch passable Nachdrucke ergängut gezeichnet. Zwar modernisierte Arranz zen, realisiert von den Verlagen Splitter und Hethke. Besonders erfreut Old Shatterhand zu einem Westernhelden à la reagierten sie auf sorgfältig kolorierte und montierte Nachdrucke Lex Barker, aber die Besetzung hatte ja in den herausragender Alt-Reihen bei Comicplus. Seit 2012 sind dort im Filmen durchaus seinen Reiz bewiesen. grünen Erscheinungsbild der klassischen May-Bücher hochwertige Editionen zu Nickel und Arranz erschienen, und ein ähnliches Projekt für Neugebauer ist seit einiger Zeit angekündigt. In den Medien der nsgesamt 27 Titel im Pocketformat, mögComic- wie der Karl-May-Freunde wurde ausführlich dokumentiert licherweise in Frankreich eingekauft, publiund analysiert. Dass Mays Helden und Abenteuer nach wie vor über zierte mit starken Qualitätsschwankungen kleine Szenen hinaus präsent sind, liegt an den Babyboomern. Die Zeit der Bastei-Verlag ab 1972 in seinen „Feuerwerk"-Sammelbänden. Die ihres Aufwachsens, Ende der 50er meisten der Geschichten hatten bis Ende der 70er, fällt zusammen mit Karl May so wenig zu tun mit den goldenen Jahren für Karl wie manche Inszenierungen auf May. Viele Angehörige der starken der Bühne in Elspe. Nur in diesem Jahrgänge haben ihren Winnetou Programm waren Titel aus dem über das für sie typische Medium Alterswerk Karl Mays vertreten, Comics schätzen gelernt, wie sie das den meisten unbekannt ist. überhaupt die Ersten waren, die Als Tiefpunkt gilt die Mehrzahl Karl-May-Abenteuer in großem der insgesamt 35 Hefte „nach Maßstab nicht nur lesen, sondern Karl May", die Condor 1976 bis eben auch ansehen, hören und 1978 mit häufig banalen Dialogen mit Figuren nachspielen konnten. und hanebüchenen Handlungen Mit dieser Ankündigung in der FDJ-Zeitschrift „Trommel" setzte das Malte Ristau offerierte. Winnetou überraschte kulturelle Tauwetter für Karl May in der DDR ein (Dezember 1982)
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Marilyn Monroe Blondine mit Anspruch sucht Rollen Ein Foto sorgte jüngst für Furore in den bunten Medien: Unter dem engen Dress der koketten Blondine wölbt sich ein Bäuchlein. Ist sie etwa schwanger? Stellung beziehen kann die gezeigte Schauspielerin zu dem Gerücht nicht mehr – sie ist diesen August bereits seit 55 Jahren tot. Das Interesse an Marilyn Monroe aber scheint dennoch ungebrochen. Weniger im Hinblick auf ihr schauspielerisches Können – viel lieber wird über ihre Affären, ihren Charakter, ihr Leben spekuliert. Am liebsten jedoch über die Umstände ihres Todes. Von Claudia Tupeit
Foto: Bildarchiv Hallhuber Fluss ohne Wiederkehr" "
vor allem zwischen 1950 und 1953 etliche Streifen abgedreht, die teils zu Unrecht heute – vor allem in Europa – kaum oder gar keine Beachtung finden. Bereits kurz nach Ende des Zweiten Weltkrieges, als Marilyn Monroe noch Norma Jeane Dougherty hieß, blutjung erstmals mit dem fünf Jahre älteren Jim verheiratet war und unblondiert als Fotomodell und Pin-up vor Kameras stand, bekam sie die Chance auf eine Laufbahn an Filmsets. Ein Vorsprechen bei Ben Lyon, der vom Filmstudio Fox rekrutiert wurde, um neue Talente zu finden, verschaffte ihr einen Halbjahresvertrag mit einer wöchentlichen Bezahlung von etwa 70 Dollar – ob sie nun arbeitete oder nicht. Er sah in ihr die nächste Jean Harlow. Also eine Frau, die auf der Leinwand eine solch erotische Ausstrahlung rüberbrachte, dass sie auch hätte stumm bleiben können.
exbombe, Präsidentengeliebte, Vamp, Vorzeigeblondine: Für Marilyn Monroe gibt es so viele Bezeichnungen, die die Aktrice nur allzu gern auf ihr Erscheinungsbild und das (sexuelle) Privatleben reduzieren. So, als ob ihre Rollen nebenbei erledigt wurden, um sich die Zeit etwas zu vertreiben. Dabei war sie nicht nur sehr ambitioniert, sondern auch talentiert. Dass sie mehr als die naiven Blondchen in seichten Komödchen mimen wollte, zeigt ihr unbändiger Wille, „spielen" wirklich zu lernen. So besuchte sie die Schauspielschule The Actors Studio von Lee Strasberg und probte oft zusätzlich mit dessen Frau Paula in Drehpausen in ihrer Garderobe. In 32 Filmen hat die Monroe bis zu ihrem Tod am 4. August 1962 mitgespielt. Wenngleich sie erst Mitte der 1950er Jahre mit erfolgreichen Produktionen durchstartete, so hat sie
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fasst hat (erschienen 1993), waren Und ob sie nun wollte oder nicht: Sie hatte diese Aus die Carrolls auch dafür bekannt, strahlung tatsächlich. Aber sie besaß auch jede Menge sich fürsorglich um Starlets zu Ehrgeiz, um eben nicht mehr nur barbusig, sondern kümmern. Zwar vermittelte Ryman durch schauspielerisches Können auf sich aufmerksam zu Marilyn keinen Vertrag bei MGM, machen. Nur nett lächelnd hinter großen Schauspielern dafür holte sie sie aber sprichwörtdurch die Kulissen zu trippeln, hätte vielleicht den lich von der Straße. Nach mehStudiobossen genügt, aber nicht Norma Jeane. Zunächst reren übereinstimmenden Quellen allerdings musste ein neuer Name her. Einer, der sich leichscheint es glaubhaft – und so soll ter aussprechen ließ, der gut zu merken war. Und Norma es Marilyn auch selbst den Carrolls Jeane hätte sich keine schönere Forderung wünschen könerzählt haben –, dass sie auf dem nen, wollte sie ihr altes Leben doch nur zu gern abstreifen Hollywood Boulevard anschaffen und ganz neu anfangen. Monroe als Nachname fiel ihr ging. Das Geld reichte nämlich selbst ein, da es der echte Nachname ihrer Vorfahren mütgerade für Miete und Auto, nicht terlicherseits war – und sie sich zumindest bei denen sicher aber für etwas zu essen – und das sein konnte, wirklich mit ihnen verwandt zu sein. Und was ließ sie sich offenbar als Callgirl einen passenden Vornamen betraf, so hatte Talentjäger Ben Marilyn mit Johnny Hyde von ihren Freiern bezahlen. Lyon prompt eine Idee: Marilyn, so wie die Schauspielerin Marilyn durfte im Carroll'schen Stadthaus dann mietfrei wohnen, Marilyn Miller, die er mochte, mit der er einst sogar zusammen war. bekam monatliche Zuwendungen des Ehepaares, selbst als sie schon Welch böses Omen: Marilyn Miller konnte wie ihre neue Namensvetterin bei Columbia als Schauspielerin unter Vertrag war. Es galt schließeinen schwer zu ertragenlich, eine ganz neue Ausgabe regelmäßig begleichen zu können: den Stiefvater vorweifür p rivate Unterrichtsstunden mit der Studio-Schauspiellehrerin sen, der den Platz des Natasha Lytess, einer Deutschen, die in die USA emigriert war Vaters eingenommen und nach einer gescheiterten Bühnenkarriere nun aufstrebende hatte, nachdem dieser Schauspieler malträtierte. Sie sah in Marilyn Potenzial und verdie Familie früh verlassuchte, ihr eine klare und deutliche Aussprache beizubringen. Und sen hatte. Sie war in den sie verliebte sich in diese zurückhaltende, aber willensstarke junge 1920ern ein Musicalstar, Frau. hatte dann kurzzeitig Marilyn jedoch war – nach einigen anderen Affären mit wichtigen Filmerfolge – und starb Herren aus dem Filmbusiness – dem Agenten Johnny Hyde zugein den 30ern mit nur 36 tan. Er war über 30 Jahre älter als die 22-Jährige, nur 1,50 Meter (!) Jahren nach drei (!) groß, unattraktiv, ein verheirateter Familienvater – besaß aber viel gescheiterten Ehen ... Einfluss in der Szene. Er verfiel ihr auf einer Silvesterparty, verließ 1947 hatte Marilyn zwar einige Monate später seine Familie für sie, zog mit ihr zusammen, von Fox schauspielerisch wollte sie heiraten, doch Marilyn hatte ihre Karriere im Blick. Sie wenig zu tun bekom- Hochzeit mit Joe DiMaggio gab selbst später an, dass sie nie in Hyde verliebt gewesen sei und men, dafür umso mehr im Januar 1954 ihn daher nicht habe heiraten wollen. Erst recht nicht, da er sie – im „Actors Lab". Diese wie schon ihr erster Ehemann – sexuell nicht befriedigte. Vereinigung war ein Ableger der New Yorker Schauspielschule um Doch anders als Vorgänger-Agent Harry Lipton schien Hyde für ihre Lee Strasberg in L.A. Und für Marilyn wurden die Proberäume zum Filmkarriere der richtige Mann zu sein. Die Columbia hatte sie inzwizweiten Zuhause. Anspruchsvoll und dramatisch waren die Stücke, die schen wieder gefeuert, jedoch prägte deren Boss Harry Cohn ihren Marilyn sich von den anderen Schauspielern ansah – und deren Skripte Look maßgeblich: Er hatte sie sie letztlich selbst in die Hände nahm und einstudierte. Es aufgefordert, ihren Haaransatz waren klassische Theaterwerke, die ihr auch klarmachten, durch Elektrolyte dauerhaft entwie anstrengend die Schauspielerei sein kann. Doch sie fernen zu lassen, damit sie eine hatte Durchhaltevermögen. Im Nachhinein erzählte das hohe Stirn bekam. Außerdem „Actors Lab"-Mitglied Phoebe Brand, dass Marilyn bei war er für den wasserstoffblonden anderen Schauspielern keinen bleibenden Eindruck den Haarschopf verantwortlich. hinterlassen habe, weil sie zu schüchtern gewesen sei und Hyde machte sich überall für kaum jemanden an sich herangelassen habe. Sie bedauerte seine Marilyn stark und bekniete jedoch später, dass ihr deren Witzigkeit und komödiantiBosse und Regisseure nahezu, sches Talent entgangen seien. sie in Filmen einzusetzen. In Die andere Seite der Schauspielerei – bei der es nicht „Asphalt Dschungel" („Asphalt um Ruhm, Glanz und Gloria, sondern ums Texte lernen Jungle", 1950) hatte sie kurze und aufwendiges Üben von Szenen ging – schreckte Auftritte, die sie jedoch zum Marilyn keineswegs ab. Wenn sie etwas wirklich wollErstaunen aller am Set sehr gut te, so war es, Rollen in Filmen zu ergattern. Allerdings meisterte. Mit ein paar Minuten nicht mehr bei Fox. Ihr Vertrag lief aus, und es war klar, in einem zweistündigen Film dass der Filmvertrieb ihn nicht verlängern würde. Ihre konnte sie sich plötzlich in Beziehung war sozusagen im Nichts verlaufen. Quasi als der Branche empfehlen. Nun Abschiedsgeschenk schickte Fox sie allerdings auf den brauchte sie nur noch publiGolfplatz. Und etwas Besseres hätte der ambitionierkumswirksamere Rollen. ten Jungschauspielerin gar nicht passieren können: Als Mit ihrem – ebenfalls noch kleiTrägerin der Golfschläger von Schauspieler John Carroll nen – Auftritt in „Alles über Eva" machte sie nicht nur ihn, sondern auch dessen Frau Lucille („All about Eve", 1950) kam sie Ryman auf sich aufmerksam – natürlich zunächst durch ihrem Ziel noch näher. Sie spielte eine ambitionierte Schauspielerin, die ihr hautenges Oberteil und die aufreizenden Bewegungen, mit denen sich bei Produzenten anbiederte, um ihre Karriere voranzutreiben. Sie sie auch die anwesenden Fotografen auf den Plan rief. Lucille war bei war damit ein gelungener Kontrast zu den beiden Schauspielerinnen den MGM Studios die weibliche Ben Lyon: ein Talente-Scout. Anne Baxter und Betty Davis. Doch im Vorspann tauchte ihr Name Laut Donald Spoto, der die wohl beste, tiefgründigste und wahrheitsgeimmer noch nicht auf. treueste Biografie über Marilyn Monroe auf detaillierten 577 Seiten verGoodTimes
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Foto: Bildarchiv Hallhuber
Foto: Bildarchiv Hallhuber Blondinen bevorzugt" "
Foto: Bildarchiv Hallhuber Blondinen bevorzugt" "
Das änderte sich erst, als sie eine weitere Minirolle ergatterte: Die einer Sekretärin, die den Männern den Kopf verdreht. „As Young As You Feel" (1951) sollte allerdings ein wichtiger Film für sie werden. Das Set besuchte kein Geringerer als Elia Kazan, damals mit 42 Jahren bereits ein gestandener, gebuchter Marilyn mit Arthur Miller gut Akteur. Nachdem Johnny Hyde im Dezember 1950 gestorben war, konnte sie Abwechslung gebrauchen: Mit Kazan verband sie nicht nur eine kurze, wenngleich innige Sommerromanze – die erste echte Liebesbeziehung, an der auch sie Spaß hatte –, durch ihn begegnete sie auch dem Autor Arthur Miller. Bevor dieser naturverbundene, zurückhaltende und Hollywood hassende Schriftsteller schließlich Marilyns dritter Ehemann wurde, verstrichen allerdings noch fünf weitere Jahre. Sehr turbulente Jahre, in deren Verlauf sie zum gefeierten Star wurde und endlich in den Olymp der Hauptdarstellerinnen aufstieg – und in denen sie einen Rentner heiratete, der trotz dieses Berufsstatus' noch nicht mal 40 Jahre alt war. Joe DiMaggio hatte seine Profi-Baseballkarriere gerade beendet, als sie sich Anfang 1952 kennen lernten. Mit 37 Jahren war er nicht mehr der von Spielzeiten und Wettkämpfen abhängige Sportler. Er konnte sich nun auf das Wesentliche konzentrieren, und das war in seinem Falle kurvig, platinblond und schwer in ihn verliebt. Marilyn und er heirateten im Januar 1954 in San Francisco. Als sie zum zweiten Mal ewige Treue schwor, konnte sie inzwischen einige illustre Streifen in ihrer Filmografie vorweisen. 1952 hatte sie zwar – immer noch in Nebenrollen besetzt – in Komödien ihr seichtes Image zeigen müssen, dafür verschafften die ihr aber endlich ausreichend Popularität. „Wir sind gar nicht verheiratet" („We're Not Married!") ist als eine Art Episodenstück angelegt, in der Marilyn eine von fünf Ehefrauen mimt, die mit ihrem Mann nicht legal verheiratet ist – unverschuldet. Denn als der gerade ernannte Friedensrichter an Weihnachten in einer Kleinstadt fünf junge Paare traut, ist er offiziell noch gar nicht in Amt und Würden ...
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Und Marilyn spielte eine Rolle, die aus ihrem eigenen Leben hätte sein können: Am Anfang der Ehe noch unterwürfig, tingelt sie zweieinhalb Jahre später erfolgreich von Schönheitswettbewerb zu Schönheitswettbewerb, während ihr Mann mit dem kleinen Sohn zu Hause bleibt. An der Seite von Cary Grant ist sie in „Monkey Business" wiederum eine Sekretärin, die sich mehr als nur einen Nachmittag mit dem Womanizer erhofft, als dieser als Chemikant ein Verjüngungselixier an sich selbst erfolgreich testet und sich plötzlich wie ein Teenie fühlt. Als verrückte Babysitterin in einem Hotel bekam sie anschließend die Möglichkeit, ins ernste Fach zu wechseln. Bei „Versuchung auf 809" („Don't Bother To Knock", 1952) – ein völlig irreführender deutscher Titel – schafft sie es als Nell, ihre Rolle so glaubhaft psychisch krank zu spielen, dass der Zuschauer vor dieser Figur regelrecht erschrickt. Und gleichzeitig Mitleid bekommt. Was zunächst harmlos damit beginnt, dass sie als extrem schüchternes Mädchen in einem Hotelzimmer die teuren Klamotten und Accessoires ihrer Auftraggeberin überstreift, endet schließlich in einem Rausch. Am Ende fürchtet man nicht nur um ihr Leben, sondern auch um das des Kindes, das sie beaufsichtigen soll. Bereits kurze Zeit später durfte sie dann in dem berühmten „Niagara" (1953) beweisen, dass die erns te, dramatische Rolle kein Glückstreffer war. Denn so viel Hinterlist und Mordlust hätte man dem naiven Blondchen gar nicht zugetraut: Als Rose schmiedet sie mit ihrem Geliebten einen fast perfekten Plan, ihren Ehemann zu töten – vor naturgewaltiger Kulisse. Doch alles gerät außer Kontrolle, als dieser sich zu wehren weiß. Im selben Jahr entstanden auch die beiden Kultkomödien „Blondinen bevorzugt" („Gentlemen Prefer Blondes"), aus dem die Szene stammt, in der Marilyn im pinkfarbenen Satinkleid die Diamanten als beste Freunde eines Mädchens besingt, und „Wie angelt man sich einen Millionär?" („How To Marry A Millionaire?"). Als sie zielstrebig den Olymp als Schauspielerin erklomm, zog sie gleichzeitig einen Schlussstrich unter die Ehe mit Joe DiMaggio – nicht mal ein Jahr nach der Hochzeit. In einem Interview hat Marilyn selbst einmal gesagt, dass sie erstaunt gewesen sei, sich in Joe verliebt zu haben. Er wollte sie auf Händen tragen, aber nicht mit Hollywood teilen müssen, sondern mit ihr häuslich werden im kühlen San Francisco. Und reagierte, als sich dieser Traum nicht erfüllte, anscheinend mit Gewalt. Was ihre Karriere betraf, so legte sie sich selbst Steine in den Weg – wieder einmal. Ihr Bekanntheits- und Beliebtheitsgrad war zwar enorm gewachsen, doch das verschaffte ihr keinen Freifahrtschein hinter den Kulissen. Sie galt unter Filmemachern als schwierig. Als unzuverlässig, launisch, kränklich, unpünktlich. Ihr Ruf war schnell zementiert. Und tatsächlich hatte sie ja bekanntlich so einige Laster aus Kindheit und Jugend mit sich herumzuschleppen, die sie zeitlebens stark beeinflussten. Dennoch: Ein Filmset ist ein Arbeitsort, eine Film crew kein Psychiaterteam. Wem war es zu verübeln, dass er keine Lust auf Verzögerungen und Total
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Foto: Bildarchiv Hallhuber Der Prinz und die Tänzerin" "
Foto: Bildarchiv Hallhuber Das verflixte 7. Jahr" "
ausfälle hatte bei den Dreharbeiten, weil der neue Star Marilyn Monroe nicht mit seinem Leben zurechtkam? Und eigentlich auch nicht mit seinem Status. Dass sie so manches Mal nicht oder viel zu spät am Set erschien, war ihren immensen Selbstzweifeln geschuldet, nicht etwa einem divenhaften Verhalten, wie sie selbst, aber auch Mentorin, Schauspiellehrerin und enge Vertraute wie Natasha Lytess offenbarte. Das Gefühl, nicht gut genug für eine Rolle zu sein, begleitete sie in jeder Minute des Drehs. Der Erfolg bei den Zuschauern und gute Kritiken schienen diese Angst nur noch zu schüren. Und tatsächlich war an den Gerüchten, sie hätte ein Suchtproblem entwickelt, etwas dran: Alkohol vertrug sie nur in geringen Mengen, Beschwipste-Marilyn-Fotos auf Premierenfeiern waren also leicht zu bekommen. Ihre Sucht nach Schlaftabletten nahm zumindest aus einem nachvollziehbaren Grund ihren Anfang: Sie flog oft zwischen der Ost- und Westküste der USA hin und her und entwickelte daher Schlafprobleme. Zeitsprung. Am 1. Juni 1962, ihrem 36. Geburtstag, hatte Marilyn Monroe ihren letzten Tag an einem Filmset. In „Something's Got To Give" spielte sie eine Ehefrau, die nach einem Unglück als verschollen galt und für tot erklärt wurde, jedoch Jahre später wieder in ihrem alten Zuhause auftaucht. Weder ihr wiederverheirateter Mann noch die beiden Kinder erkennen sie zunächst – nur der Hund scheint sich über das Wiedersehen mit seinem Frauchen zu freuen. Den letzten Drehtag hatte sie jedoch damals nicht etwa, weil der Film fertig war, sondern weil sie mit ihren ständigen Krankschreibungen und der Unpünktlichkeit das Budget der Produktion so in die Höhe getrieben hatte, dass die Produktionsfirma sie rausschmiss. Marilyn sah das als Möglichkeit, sich neu zu orientieren. Während sie zwischen 1947 und 1954 in 30 Produktionen aufgetreten war, so hatte sie von '55 bis '62 nur noch in fünf mitgewirkt. Sie war allerdings nicht spielfaul, sondern nur anspruchsvoll und nicht (mehr) bereit, schlechte Drehbücher anzunehmen. Immerhin hatte sie mittlerweile solche Klassiker wie „Manche mögen's heiß" („Some Like It Hot", 1959) und „Misfits – Nicht gesellschaftsfähig" (1960) vorzuweisen. Ebenso übrigens eine weitere gescheiterte Ehe, diesmal mit dem Schriftsteller Arthur Miller, mit dem sie vier Jahre verheiratet war. Und dann gab es da auch noch die „Sache Kennedy", die nach rein logischen, aber auch unter nachweisbaren Gesichtspunkten nicht im Entferntesten derart romantisch gewesen sein konnte, wie die Medien sie gern dargestellt haben. Zu diesem Schluss kommt Monroe-Biograf Donald Spoto und bezieht sich dabei nicht nur auf etliche Aussagen dazu aus John F. Kennedys und Marilyns Umfeld, sondern auch auf Regierungsdokumente. GoodTimes
Gerüchte gab es zudem über eine angebliche Affäre mit dem damaligen Justizminister und späteren Präsidentschaftskandidaten Robert F. Kennedy, dem Bruder Johns. Doch der einzige Kennedy, mit dem sie nachweislich im Bett landete, war John Fitzgerald, der Präsident der Vereinigten Staaten. Und es sei genau einmal passiert, rekonstruierte Spoto. Es habe überhaupt auch nur vier Treffen mit ihm gegeben – zwischen 1961 und schließlich dem berühmten Geburtstagsständchen Marilyns im Mai 1962 im New Yorker Madison Square Garden. Da soll der Akt bereits stattgefunden haben: 1961 nämlich, bei einer Feier von Freunden in Palm Springs. Richtig war indes, wenn im Freundesund Kollegenkreis über ihre starke Medikamentenabhängigkeit der Kopf geschüttelt wurde. Mittlerweile brauchte sie neben Schlaf- auch Beruhigungsmittel. Und da hatte sie zwei Ärzte, die sie fleißig mit entsprechenden hochwirksamen Mitteln versorgten. Ihren Psychiater Ralph Greenson sieht Biograf Spoto als den Hauptschuldigen an Marilyns viel zu frühem und „unnötigem" Tod am Abend des 4. August 1962 an. Spotos Schlussfolgerungen zu den Todesumständen ergeben mehr als Sinn: Einerseits habe Greenson sie von den Beruhigungsmitteln wegbekommen wollen und ihr stattdessen als Schlafmittel Chloralhydrat verabreicht, andererseits sei genau das in jener Nacht der fatale Fehler gewesen. Marilyn hatte sich anscheinend zur Beruhigung doch wieder Nembutal von ihrem Internisten geben lassen – dieser wiederum rückversicherte sich aber nicht bei Greenson, ob das in Ordnung sei. Sie nahm also das Medikament, es war später in ihrem Körper nachweisbar. Ist Nembutal jedoch noch nicht ausgeschieden aus dem Körper und trifft auf das Schlafmittel, kann das tödliche Folgen haben ... Eine Schlüsselfigur in der Causa Marilyn war auch ihre Haushälterin Eunice Murray, die sich bei Befragungen und auch in Interviews Jahrzehnte später in heftige Widersprüche verwickelte – denen Greenson unter Berufung auf die Schweigepflicht entgehen konnte. Laut Spoto ist es wahrscheinlich, dass Murray ihrer Chefin die tödliche Dosis Schlafmittel verabreicht habe, in rektaler Form, also mit einem Klistier, was für damalige Zeiten üblich war. Ebenso üblich ist es laut Spoto gewesen, dass Psychiater weiblichen Patienten so etwas nie selbst verabreicht haben ... Irgendwann zwischen 19 und 20 Uhr muss das Verhängnis dann seinen Lauf genommen haben. Das zumindest lassen zwei Anrufe vermuten: Der Sohn von Joe DiMaggio hatte um kurz nach sieben noch mit einer fröhlichen, wachen Marilyn telefoniert. Mit ihrem Freund Peter Lawford telefonierte sie wenig später – und befand sich da bereits in einem Delirium-artigen Zustand. Zwischen diesen beiden Anrufen, so vermutet Donald Spoto, muss Marilyn das für sie tödliche Klistier eingeschoben worden sein. 2/2017
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Das Jahr 1967
Von Matthias Bergert und Michael Fuchs-Gamböck
t n ea g er S n ei , m a tn ie V in g ie Kr namens Pepper & Fernsehen in Farbe
1967 ist ein aufregendes Jahr – und das beileibe nicht nur für die Alternativkultur, wenngleich es als Initialzündung der innovativen Pop- und Rockmusik in die Annalen eingehen wird. Es entstehen Meilensteine, zumeist Debütalben, von so unterschiedlichen Bands und Künstlern wie Velvet Underground & Nico, Cream, Jimi Hendrix Experience, Procol Harum, Leonard Cohen, Pink Floyd und den Doors. Über allem strahlt der Stern von SGT. PEPPER'S LONELY HEARTS CLUB BAND, dem unsterblichen Meisterwerk der Beatles. Doch während die Hippies weltweit den Summer Of Love" propagieren, tut " sich auch politisch jede Menge. Anlässlich einer linken Demonstration gegen den Schah erschießt der Polizist Karl-Heinz Kurras den Studenten Benno Ohnesorg und wird vom
Gericht freigesprochen, was zur Radikalisierung der Studentenbewegung führt. Im Nahen Osten sorgt der Sechstagekrieg zwischen Israel und seinen Nachbarstaaten für Zündstoff. Einer der kubanischen Revolutionsführer, Che Guevara, wird von der bolivianischen Armee regelrecht gemeuchelt und avanciert nach seinem Tod zur Stilikone unter politisch Andersdenkenden. Die Zuspitzung des US-Einmarsches in Vietnam führt schließlich dazu, dass sich immer weniger Amerikaner mit dem Krieg in dem asiatischen Land identifizieren. In der Tat ist 1967 ein turbulentes Jahr, das bis heute seine Spuren hinterlassen hat. Es ist ein Jahr des Aufbruchs, allerdings in die unterschiedlichsten Richtungen. So viel positive wie hektische Energie wie 1967 gab es danach nie mehr.
1967
Radikalisierung der westdeutschen Studentenbewegung, da Ohnesorgs Mörder freigesprochen wird. *** Im Nahen Osten sorgt der Sechstagekrieg (5.–10.6.) zwischen Israel und seinen Nachbarstaaten (Ägypten, Jordanien, Syrien) für Spionageschiff Zündstoff. Am 10.6. kommt es zu einem USS Liberty Waffenstillstand zwischen Israel und Syrien, nachdem Israel Teile des Berges Hermon und die Golanhöhen besetzt hat. *** Israelische Kampfflugzeuge greifen am 8.6. das US-amerikanische Spionageschiff USS Liberty an. Dabei kommen 34 Navy-Angehörige ums Leben. *** Am 20.6. wird der Boxer Muhammad Ali verurteilt, weil er den Kriegsdienst in Vietnam verweigert hatte. Seine Strafe: fünf Jahre Gefängnis (die er gegen Kaution aber nicht antreten muss), $10.000 Geldbuße und der Einzug seines Reisepasses; außerdem darf er drei Jahre lang nicht an Boxkämpfen teilnehmen. *** Am 24.6. verübt eine bolivianische Militäreinheit im Zinnbergwerk Siglo ein Massaker an Bergleuten und Zivilisten. Außerdem wird das Zinnbergwerk Catavi besetzt. Etwa 20 Menschen sterben, 70 werden verletzt. *** Pünktlich zum „Independence Day" tritt in den USA der Freedom Of Information Act in Kraft (4.7.). Ab sofort hat jeder das Recht, Auskunft über Dokumente von staatlichen Behörden zu erhalten. Allerdings entschärft Lyndon B. Johnsons Regierung das Gesetz so weit, dass es de facto kaum Auswirkungen hat. *** Am 6.7. beginnt in Nigeria der Biafra-Krieg, da sich das nigerianische Gebiet Biafra von der Bundesrepublik Nigeria abspalten will. Im Laufe der dreijährigen Auseinandersetzungen werden mehrere hunderttausend Menschen getötet. Weitere drei Millionen Menschen sterben infolge einer Hungerkatastrophe im Kriegsgebiet. Biafra kapituliert schließlich im Januar 1970 und wird in den nigerianischen Staat eingeglie-
Zeitgeschehen
Bundespräsident Heinrich Lübke hebt in seiner Neujahrsansprache den Willen des deutschen Volkes zur Wiedervereinigung hervor. Dagegen präsentiert der SED-Vorsitzende Walter Ulbricht in seiner Ansprache ein Zehn-Punkte-Programm, das die Bundesregierung erfüllen soll, um die friedliche Koexistenz der beiden deutschen Staaten zu garantieren. *** Wirtschaftsminister Karl Schiller (SPD) startet am 14.2. die erste konzertierte Aktion zur Überwindung der Wirtschaftskrise. *** Lateinamerika und die Karibik werden am 14.2. zur atomwaffenfreien Zone erklärt (Vertrag von Tlatelolco). Kuba wartet mit der Ratifizierung bis 2002. *** Umbruch in Indonesien: Präsident Sukarno (der eigentlich auf Lebenszeit gewählt ist) tritt am 22.2. zurück und wird unter Hausarrest gestellt. Sein Nachfolger wird General Suharto. *** Am 12.4. geht das Kernkraftwerk Gundremmingen als erstes deutsches Groß kernkraftwerk in Betrieb. *** In Griechenland kommt es am 21.4. zu einem Militärputsch der faschistischen Obristen gegen König Konstantin II. Dessen Gegenputsch am 13.12. scheitert. Die Militärjunta bleibt sieben Jahre an der Macht, bricht aber 1974 im Zuge der Zypernkrise zusamMohammed Reza Pahlavi men. *** Am 22.4. beschließt der VII. Parteitag der SED die Einführung der Fünf-Tage-Woche in der DDR. Im Gegenzug werden fünf Feiertage gestrichen. *** Am 2.6. sorgt der Staatsbesuch des iranischen Schahs Mohammed Reza Pahlavi in Berlin für Wirbel. Es kommt zu Demonstrationen und schweren Ausschreitungen. Außerdem wird der Student Benno Ohnesorg vom West-Berliner Polizisten Karl-Heinz Kurras erschossen. Der Regierende Bürgermeister Heinrich Albertz und der gesamte Senat treten daraufhin zurück (26.9.). In der Folgezeit kommt es zu einer Seite
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dert. *** In Newark, New Jersey, beginnen am 12.7. die schwersten Rassenunruhen, die es in den USA bis dahin jemals gegeben hatte und die sich bald auch auf die Südstaaten ausweiten. Am 23.7. kommt es auch in Detroit zu brutalen Rassenunruhen. *** Am 8.8. wird die Asean (= Vereinigung südostasiatischer Staaten) gegründet. Ziel ist die Verbesserung der wirtschaftlichen, politischen und sozialen Zusammenarbeit, später auch die Lösung von Sicherheits-, Kultur- und Umweltfragen. *** Schweden steigt am 3.9. von Links- auf Rechtsverkehr um – der letzte große Umstieg dieser Art. *** Am 9.9. wird Che Guevara, einer der Anführer der kubanischen Revolution (1956 –1959), von einem Feldwebel der bolivianischen Armee ohne Gerichtsverhandlung Che Guevara erschossen. Das Bild des toten Che trägt später entscheidend zu seinem legendären Ruf bei. *** In Persien finden am 26.10. die Krönungsfeierlichkeiten von Mohammed Reza Pahlavi und seiner Ehefrau Farah Pahlavi statt. Der Schah hatte darauf bestanden, dass seine Frau als Vizekönig regieren solle – ein Novum in der Geschichte des Irans. *** Am 12.12. kursiert die Meldung, dass die DDR-Währung am 1.1.1968 umbenannt werden soll: von „Mark der Deutschen Notenbank" in „Mark der Deutschen Demokratischen Republik". *** In den USA wird am 15.12. der Age Discrimination in Employment Act beschlossen. Laut diesem Gesetz dürfen Personen über 40 Jahre bei der Einstellung und Entlassung aufgrund ihres Alters nicht gegenüber jüngeren Personen benachteiligt werden.
Sport
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Beim Versuch, seinen eigenen Motorboot-Weltrekord von 440 km/h zu brechen, verunglückt der britische Motorboot- und Automobilrennfahrer Donald Campbell am 4.1. auf dem englischen Conistonsee tödlich. Das Rennboot des Abenteurers hatte sich überschlagen. Campbell wurde nur 45 Jahre alt. *** In West-Berlin wird am 8.1. die 15-jährige Monika Feldmann aus Frankfurt/Main deutsche Eiskunstlaufmeisterin. Auch ein Jahr später gelingt dem Teenager dieser Coup. Bei den Olympischen Winterspielen 1968 landet sie allerdings nur auf Platz 10. *** Am 15.1. wird in Los Angeles zum ersten Mal das AFL/NFL-Championship Game ausgetragen, das als Super Bowl in die American-FootballGeschichte eingehen wird und bis heute eines der größten Sportereignisse weltweit ist. In den USA erreicht das Spektakel regelmäßig die höchs ten TV-Einschaltquoten des Jahres. Ach ja: Die Green Bay Packers besiegten 1967 die Kansas City Chiefs mit 35:10. *** In der Festhalle in Frankfurt/Main besiegt Karl Mildenberger am 1.2. nach 15 Runden den Italiener Piero Karl Mildenberger Tomasoni und wird Europameister im Schwergewichtsboxen. Der damals 29-Jährige aus Kaiserslautern wird im selben Jahr zum Weltranglistenersten gekürt, nachdem Muhammad Ali jener Titel wegen seiner Wehrdienstverweigerung am 9.5. aberkannt worden war.*** Durch ein 1:0 gegen die Glasgow Rangers gewinnt der FC Bayern München am 31.5. den Europapokal der Pokalsieger. Das Spiel im ausverkauften Nürnberger Stadion am Dutzendteich wird ein harter Fight und erst in der Verlängerung entschieden, als Franz Roth in der 108. Minute den Ball ins Tor schiebt. *** Nach Jahren der Abstinenz vom Siegerpodest gewinnt am 2.7. mit Alwin Schockemöhle auf dem Pferd Pesgoe ein bundesdeutscher Reiter das Meisterspringen des Internationalen Aachener Reitturniers. Ein Jahr später erringt der Meppener Springreiter bei den Olympischen Spielen in Mexiko-Stadt eine Bronzemedaille. *** Durch ein 6:3, 6:1, 6:1 bezwingt der Australier John Newcombe am 7.7. den Mannheimer Tennisspieler Wilhelm Bungert und gewinnt dadurch den begehrten Wimbledon-Cup. Bungert war nach Gottfried von Cramm erst der zweite Deutsche, der ins Finale des Prestige-Turniers eingezogen war. *** Der britische Radrennfahrer Tom Simpson stirbt am 13.7. auf der 13. Etappe der Tour de France an einem Herzstillstand. Spätere polizeiliche Ermittlungen ergeben, dass Simpson gedopt war. *** Der Weltfußballverband Fifa bestimmt am 2.8. in einer Neuregelung, dass GoodTimes
ein Team bei Länderspielen nicht mehr wie bislang nur aus elf, sondern aus 16 Spielern bestehen darf, fünf davon auf der Ersatzbank, von denen maximal zwei zur Einswechslung bereitstehen. Begründung der Fifa: „Im Falle der Verletzung eines Spielers darf ein neuer aufs Feld kommen." *** Der 22-jährige Belgier Eddy Merckx wird im niederländischen Heerlen auf einem Rundkurs von 13,259 Kilometern Länge zum neuen Straßenweltmeister der Radprofis gekürt. *** Als erste Frau der Welt wirft die Leverkusenerin Liesel Westermann den Diskus über 60 Meter – die gemessene Weite beträgt 61,26 m. Liesel Westermann Diesen Weltrekord stellt sie am 5.11. bei einem Leichtathletikwettbewerb im brasilianischen São Paulo auf. *** Im Fußball-Länderspiel gegen Albanien (17.12.) kommt das deutsche Team nicht über ein 0:0 hinaus. Dadurch scheidet es aus dem weiteren Wettbewerb um die Europameisterschaft frühzeitig aus. In FußballfanKreisen ist bis heute von der Schmach von Tirana" die Rede, weil " das Spiel im Stadion der albanischen Hauptstadt über die Bühne ging.
Funk & Fernsehen
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Kurz nach Jahreswechsel startet der Bayerische Rundfunk am 2.1. ein revolutionäres Projekt namens Telekolleg". Dieses " TV-Studienprogramm führte seine regelmäßigen Teilnehmer bis zur Fachhochschulreife. Dieses vom bayerischen – und mittlerweile auch brandenburgischen – Kultusministerium unterstützte Format existiert bis heute, allerdings wurde es 2002 durch das „Telekolleg MultiMedial" abgelöst. Über 60.000 Zuschauer haben bis heute die Mittlere Reife oder die Fachhochschul reife erlangt. *** Großer Auflauf in München am 21.1.: Anlässlich der Bambi-Verleihung werden damalige Stars wie Liselotte Pulver, Heinz Rühmann, Sophia Loren, Pierre Brice oder Gert Fröbe mit dem begehrten Rehkitz ausgezeichnet. Das kleine goldene Tier wurde 1948 von der Publikumszeitschrift „Film-Revue" ins Leben geholt, 1962 wurde es vom Burda-Verlag adoptiert, der bis heute die Rechte daran besitzt. *** Am 5.2. wird in der ARD die erste Folge der TV-Serie Cartoon" ausgestrahlt. Durch die Sendung führt " Vicco von Bülow, besser bekannt als Loriot. Der Humorist stellt bis zur Einstellung des Formats 1972 internationale Zeichentrickfilme vor, zudem interviewt er auf einem heutzutage legendären „Roten Sofa" Karikaturisten aus der ganzen Welt. *** Kaum ist Gerd Bacher am 9.3. zum Generalintendanten des ORF bestellt worden, fällt am 1.10. der Startschuss für die Rundfunkreform in Österreich. An diesem Tag werden die drei bisherigen Hörfunkketten in Ö1 (Kultur, Klassische Musik), Ö3 (Popwelle) und ÖR (Unterhaltung, regionale Berichterstattung) umbenannt. *** Am 21.4. verbannt die griechische Junta vorübergehend Rock- und Popmusik aus den griechischen Radioprogrammen. Sie wird durch Militärklänge ersetzt. *** Trauriger Abschied für Millionen von Fans: Nach über sieben Jahren Ausstrahlung und 51 Folgen ist am 7.6. Schluss mit der beliebten TV-Serie Die Firma Hesselbach". Die " Reihe zeigte perfekt den Alltag einer deutschen Durchschnittsfamilie, gelegentlich etwas altbacken und bieder, aber stets sympathisch. In den Hauptrollen zu sehen war das Ehepaar Karl „Babba" und Marie „Mamma" Hesselbach alias Wolf Schmidt Die Firma " Hesselbach" und Liesel Christ. *** Der auch in Deutschland beliebten griechischen Schauspielerin Melina Mercouri, die in der BRD etwa durch den Spielfilm „Sonntags … nie!" bekannt wurde, wird wegen kritischer Äußerungen, die sie in einer Fernsehsendung über die neue Militärregierung in ihrer Heimat gemacht hatte, am 21.6. die griechische Staatsbürgerschaft aberkannt. Mercouri, die zu jener Zeit im französischen Exil lebt, hat bis zum Ende der Diktatur 1974 große 2/2017
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Schwierigkeiten, international zu reisen. *** Das ZDF entlässt den niederländischen Showmaster Lou van Burg am 11.7. wegen seines „bewegten Privatlebens", obwohl seine Unterhaltungssendung „Der goldene Schuss" zu den beliebtesten Shows jener Zeit gehört. Eigentlich will der TV-Kanal anlässlich des 50. Geburtstags des Moderators am 25.8. die 25. Ausgabe von „Der goldene Schuss" präsentieren. Doch dazu kommt es nicht, nachdem van Burgs Lebensgefährtin Angèle Durand der „Bild"-Zeitung enthüllt hat, dass dessen Assistentin Marianne Krems von ihm schwanger ist. *** Landarzt Dr. Brock" " nennt sich der nächste Straßenfeger der ARD, eine 26-teilige Serie, die am 5.8. erstmals im Vorabendprogramm ausgestrahlt wird. Die sich immer mehr intensivierende Freundschaft der Titelfigur (Rudolf Prack) und der Apothekerin Dr. Erika Wallner (Gardy Granass) tat es dem bevorzugt weiblichen Publikum an. Die beliebte Reihe, die in der Lüneburger Heide spielt, erlebt ihre letzte Folge am 2.2.1968. *** Am 25.8. beginnt beim ZDF eine neue Zeitrechnung: An diesem Tag wird mit der Ausstrahlung von Farbfernsehen begonnen. Der Startschuss erfolgt auf der 25. Großen Deutschen Funk-Ausstellung in WestBerlin. Um 10:57 Uhr drückt der damalige Vizekanzler Willy Brandt eine große rote Taste, die sich im Nachhinein als Attrappe herausstellt. Und noch ein Missgeschick passiert: Kurz bevor Brandt den Schalter in Anspruch nimmt, geben die Techniker bereits das Farbsignal auf Sendung frei. *** Irgendwann musste man dem Druck der jungen Briten von staatlicher Seite aus nachgeben und den illegalen, aber immens beliebten Piratenradios etwas entgegensetzen. Am 30.9. ist deshalb Sendestart von BBC Radio 1, das sich hauptsächlich am Musikgeschmack von Teens und Twens orientiert. Es ist spezialisiert auf neue, trendweisende Klänge. Die DJs des Kanals, der bis heute existiert, haben bei der Gestaltung ihrer Sendung weitAktenzeichen XY ... ungelöst" " gehend freie Hand. *** Eine von der Bundesregierung einberufene Kommission legt am 2.10. einen über 240 Seiten starken Bericht vor. Darin wird seit Dezember 1964 die Wettbewerbsgleichheit von Presse, Funk und Fernsehen dokumentiert. Vor allem wendet man sich gegen ein von diversen PrivatMultis gewünschtes „Verleger-Fernsehen". *** Am 20.10. strahlt das ZDF erstmalig die Sendereihe Aktenzeichen XY … ungelöst" mit " Moderator Eduard Zimmermann aus. Noch in derselben Nacht wird ein in der Sendung wegen Betrugs gesuchter Mann auf Grund von Zuschauerhinweisen verhaftet. Nach Angaben der Redaktion werden in der bis heute existierenden Reihe bis zu 40 Prozent der Fälle aufgeklärt.
Film
1967
Die deutsche Filmbranche ist 1967 noch relativ übersichtlich, auch wenn die Lehrbetriebaufnahme der Hochschule für Fernsehen und Film München den Wunsch zur Professionalisierung erkennen lässt. *** Westdeutsche Filmproduktionen und Co-Produktionen, die besonders gut ankommen, sind „Helga – Vom Werden des menschlichen Lebens", „Unbezähmbare Angélique", der Schwarzweiß-Film „Wilder Reiter GmbH", Franz Antels Erotikkomödie „Die Wirtin von der Lahn", Werner Jacobs’ Krimi „Der Mörderclub von Brooklyn" (Teil 5 der beliebten „Jerry Cotton"-Reihe) und die launige Komödie „Wenn Ludwig ins Manöver zieht". Ebenfalls hoch im Kurs stehen die Edgar-Wallace-Verfilmungen „Der Mönch mit der Peitsche" und „Die blaue Hand". *** Von den 15 DDR-Filmen des Jahres 1967 richten sich viele an ein junges Publikum, darunter „Chingachgook, die große Schlange" (angelehnt an James Fenimore Coopers „Lederstrumpf"Romane), der Märchenfilm „Turlis Abenteuer" sowie „Der tapfere Schulschwänzer". Daneben werden auch Komödien und Filme mit ernsterem Inhalt gedreht. *** Internationale Top-Produktionen gibt es 1967 zuhauf: Mike Nichols’ Film „Die Reifeprüfung" macht den Hauptdarsteller Dustin Hoffman über Nacht berühmt (im Jahr darauf wird er mit einem Oscar ausgezeichnet). „Die Reifeprüfung" läutet zusammen mit Arthur Penns Gangsterfilm „Bonnie und Clyde" die gesellschaftskritische „New Hollywood"-Ära ein, die ambivalente Außenseiter in den Mittelpunkt stellt. Daneben sind auch Spaghetti-Western weiterhin angesagt: Clint Eastwood spielt in Sergio Seite
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Leones Film „Zwei glorreiche Halunken", der in Italien schon Ende 1966 gezeigt wurde, die Hauptrolle – zum dritten Mal nach „Für eine Handvoll Dollar" und „Für ein paar Dollar mehr". Ebenfalls für Furore sorgt Roman Polanskis Horrorkomödie „Tanz der Vampire", die am 1.12. ihre Deutschland-Premiere hat und 1997 als Musical eine Renaissance erlebt. Speziell bei jungen Kinogängern beliebt ist Richard Fleischers Märchenmusical „Dr. Dolittle" mit Rex Harrison – ein herrliches Vergnügen für Groß und Klein! Dies gilt auch für die Disney-Verfilmung „Das Dschungelbuch", die in den USA zum erfolgreichsten Film des Jahres avanciert und später auch in Deutschland zu einem Kassenknüller wird. *** Am 17.4. werden in der Santa Monica Civic Hall zum 39. Mal die Oscars verliehen. Der große Abräumer des Abends ist Fred Zinnemanns Verfilmung von Thomas Morus’ Lebensgeschichte: Ein Mann zu jeder Jahreszeit" wird mit " sechs Preisen belohnt, u.a. in den Kategorien „Bester Film", „Beste Regie" und „Bester Hauptdarsteller" (Paul Scofield). Immerhin fünf Trophäen erhält das Regiedebüt von Mike Nichols, Wer hat Angst " vor Virginia Woolf?", das auf Edward Albees gleichnamigem Theaterstück basiert. Die Trophäe für die „Beste Schauspielerin" geht hierbei an Liz Taylor. Die großen Verlierer sind dagegen Robert Wises Drama „Kanonenboot am Yangtse-Kiang" (acht Nominierungen), George Roy Hills Monumentalfilm „Hawaii" (sieben Nominierungen) und Lewis Gilberts Tragikomödie „Der Verführer lässt schön grüßen" (sechs Nominierungen) – alle drei Filme gehen leer aus. *** Bei den 20. Internationalen Filmfestspielen von Cannes (27.4.–12.5.) erhält Michelangelo Antonionis Film „Blow Up" den Grand Prix. Für ihre schauspielerischen Leistungen werden Oded Kotler und Pia Degermark geehrt, während Ferenc Kósa den Preis als „Bester Regisseur" (für „Zehntausend Sonnen") entgegennimmt. Der Sonderpreis der Jury geht an zwei Filme: Joseph Loseys „Accident – Zwischenfall in Oxford" (Drehbuch: Harold Pinter) und Aleksandar Petrovics Drama „Ich traf sogar glückliche Zigeuner". *** Besonders spannend ist 1967 die Berlinale (23.6.–4.7.), die kurz nach dem Besuch des iranischen Schahs Mohammed Reza Pahlavi, den damit verbundenen Unruhen und der Ermordung des Studenten Benno Ohnesorg (2.6.) stattfindet. Da die Berlinale erstmals „entstaatlicht" ist, hofft man auf eine regere Teilnahme sozialistischer Staaten, doch lediglich Vertreter aus Jugoslawien reisen an. Der Golden Bär geht an Jerzy Skolimowskis Film „Der Start", Silberne Bären gehen an den Regisseur Zivojin Pavlovic, die Schauspieler Michel Simon und Edith Evans, den Film „Die Sammlerin" und an Drehbuchautor Michael Lentz. *** Auch der Blick auf die Filmvorlieben der Jugendlichen lohnt sich, denn bei der Verleihung der Bravo"-Ottos stehen " 1967 Schauspieler aus Karl-May-Verfilmungen hoch im Kurs: Winnetou-Darsteller Pierre Brice und Nschotschi-Darstellerin Marie Versini sichern sich den Goldenen Otto (auf den Plätzen folgen Horst Buchholz und Sean Connery bzw. Liselotte Pulver und Uschi Glas). *** Und was sind die beliebtesten Filme des Jahres 1967 in Deutschland? Auf Platz 1 landet „Man lebt nur zweimal" (9 Mio. Zuschauer), gefolgt von „Helga – Vom Werden des menschlichen Lebens" (5 Mio. Zuschauer), „Unbezähmbare Angélique" (2,7 Mio. Zuschauer) sowie „Blow Up" und „Erotik am Abgrund" (je 2 Mio. Zuschauer). Auch Harald Vohrers Edgar-Wallace-Verfilmungen „Der Mönch mit der Peitsche" und „Die blaue Hand" erfreuen sich großer Beliebtheit: Sie locken 1,8 bzw. 1,7 Millionen Menschen in die Kinos.
Musik
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In der West-Berliner Schaubühne am Halleschen Ufer tritt am 2.1. der US-Sänger Pete Seeger auf, der durch seine Protestsongs – damals vor allem gegen den Vietnam-Krieg – bekannt geworden war. Zwei Tage später absolviert der Politbarde auch in Ost-Berlin ein Konzert, mit demselben Programm – und das in Zeiten des Kalten Krieges zwischen BRD und DDR. *** Gleich mit seinem selbst betitelten
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Debütalbum, das am 4.1. erscheint, wird das kalifornische Quartett The Doors zur Sensation, kreativ wie kommerziell. Besonders der charismatische Frontmann Jim Morrison ist so faszinierend wie abstoßend. Das Debüt entert in den USA aus dem Stand Platz 2 der Charts, die Single "Light My Fire" tummelt sich dort gar drei Wochen lang auf der Pole Position. *** Kosmopolitische Liaison: Am 11.1. ehelicht der französische Chansonnier Charles Aznavour in Las Vegas die „bürgerliche" Schwedin Ulla Thorsell. Die Braut ist 25, der Bräutigam 32. Für Aznavour ist es bereits die dritte Ehe, vermutlich auch seine letzte: Das Paar ist bis heute vereint. *** In West-Berlin erhält am 10.2. der zu jener Zeit erfolgreichste westdeutsche Schlagersänger Freddy Quinn bereits seine zehnte Goldene Schallplatte. Die Auszeichnung bekommt er für VON KONTINENT ZU KONTINENT. *** Mit dem Lied "Puppet On A String" gewinnt die englische Pop-Sängerin Sandie Shaw am 9.4. in der Wiener Hofburg den „Grand Prix de la Chanson". Die damals gerade 20-Jährige absolviert einen Barfußauftritt, was insofern ein kleiner Skandal ist, weil die Hofburg als altehrwürdige Architekturinstitution angesehen wird. *** Am 16.4. kommt es bei einem Konzert der Rolling Stones in Zürich zu einer erbitterten Saalschlacht zwischen Fans und der Polizei. Vandalen zertrümmern das Mobiliar nahezu komplett. *** Der Beginn einer „haarigen" Freundschaft: Das Hippie-Musical Hair" erlebt am 29.4. im New Yorker Biltmore Theatre am Broadway " seine Uraufführung. Zuständig für die Musik ist der Komponist Galt MacDermot. „Hair" gilt bis heute als eines der erfolgreichsten Musicals überhaupt. *** Der „King Of Rock'n'Roll", Elvis Presley, heiratet am 1.5. standesgemäß in Las Vegas seine Verlobte Priscilla Beaulieu. Das Paar hat ein gemeinsames Kind, Lisa Marie, das am 1.2.1968 zur Welt kommt. Am 9.10.1973 wird die Ehe von Elvis und Priscilla Presley geschieden. *** Am 1.6. kommt in England das neue Album der Beatles, SERGEANT PEPPER’S LONELY HEARTS CLUB BAND, auf den Markt. Die Platte gilt als eines der ersten Konzeptwerke der Popmusik. Zudem ist es bis heute eine der einflussreichsten Scheiben im Popgenre und wird regelmäßig unter den Top Ten der Jahrhundertalben gehandelt. *** In New York stirbt am 17.6. der legendäre Jazzsaxofonist John Coltrane – er wird nur 40 Jahre alt. Als Todesursache wird Leberkrebs angegeben, vermutlich ausgelöst durch langjährigen Alkohol- und Drogenmissbrauch. *** In Kalifornien geht am 18.6. das dreitägige Monterey Pop Festival zu Ende, das von mehr als 50.000 Menschen besucht wurde. Dieses Event gilt als der Startschuss für die Hippie-Kultur und ist mit etlichen Superstars der damaligen Zeit bestückt, darunter Jimi Hendrix, Janis Joplin, The Who und The Byrds. Doch es gibt auch Absagen von Hochkarätern wie den Rolling Stones, Kinks oder Beach Boys. *** Allmächtiger! Ausgerechnet an Heiligabend benennt sich die US-Rockband The Blue Velvets, die 1959 von Sänger und Gitarrist John Fogerty ins Leben gerufen wurde, in Creedence Clearwater Revival um. Der sperrige Name tut dem Erfolg keinen Abbruch: CCR – wie die Formation der Einfachheit halber bald nur noch genannt wird – avancieren zu einer der erfolgreichsten US-Rockcombos überhaupt.
Vermischtes
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Am 1.1. wird in München die Unternehmensberatung Roland Berger Strategy Consultants gegründet – die größte Strategieberatung europäischen Ursprungs. *** James Bedford ist der erste Mensch, dessen toter Körper am 12.1. in Kryostase versetzt wird. Der Verstorbene hoffte, auf diese Weise später wiederbelebt zu werden. *** Bei einem Bodentest stirbt am 27.1. die Besatzung der US-amerikanischen Weltraumkapsel Apollo 1. *** Am 18.3. kommt es vor der südenglischen Küste zu einem Tankerunglück, wobei der Öltanker Torrey Canyon zunächst auf ein Riff auffährt und acht Tage später versinkt. Durch den Unfall wird die erste große Ölpest ausgelöst. *** Wolfgang Hilberg erfindet die Funkuhr und meldet am 23.3. das Patent dafür an. Die Uhrenindustrie wartet jedoch bis 1986 GoodTimes
mit der Herstellung von Funkuhren. *** Bei der Flugzeugkatastrophe von Nikosia (20.4.) stürzt eine Maschine der schweizer Fluggesellschaft Globe Air auf Zypern ab. 126 Menschen sterben, Apollo 1 nur vier überleben. Globe Air meldet -Besatzung daraufhin Konkurs an. *** Bei einem Brand im Brüsseler Kaufhaus A l’Innovation kommen mehr als 300 Menschen ums Leben. *** Papst Paul VI. veröffentlicht am 24.6. die Enzyklika Sacerdotalis Caelibatus". Darin entscheidet er, dass der " Zölibat der Priester als kirchliche Vorschrift erhalten bleiben solle. *** Die Barclays-Bank in Enfield Town (Nord-London) nimmt am 27.6. den ersten Geldautomaten in Betrieb. *** Beim Zugunglück von Langenweddingen (bei Magdeburg) stößt ein Zug der Deutschen Reichsbahn mit einem Tanklaster zusammen. 94 Menschen kommen dabei ums Leben. *** Bei der Forrestal-Katastrophe (29.7.) sterben auf dem Flugzeugträger USS Forrestal 134 Menschen. Infolge einer fehlgezündeten Rakete war es zu einem Brand und mehreren Explosionen gekommen. *** Am 25.8. bricht in Marburg eine Seuche aus, an der mehrere Personen sterben. Das Virus erhält später den Namen Marburg-Virus bzw. Pharma-Behring-Virus, weil es in die Labors des Pharmakonzerns Behringwerke eingeschleppt worden war. *** Am 8.9. eröffnet Bundesforschungsminister Gerhard Stoltenberg das Europäische Luft- und Raumfahrtzentrum in Darmstadt. *** Am 1.10. erscheint erstmals das Lustige Taschenbuch" mit Comics " aus dem Umfeld von Micky Maus und Donald Duck. Bis Anfang 2017 gibt es 490 Bände. *** Schicht im Schacht: Am 31.10. wird die Zeche Shamrock in Herne stillgelegt, nachdem dort 107 Jahre lang Steinkohle abgebaut wurde. *** Feststimmung in der DDR: Am 31.10. werden in Eisenach das 900-jährige Jubiläum der Wartburg, die 450-Jahrfeier der Reformation und der 150. Jahrestag des Burschenschaftsfestes mit einer Reihe von Veranstaltungen begangen. *** Am 9.11. startet erstmals die Saturn 5-Rakete, mit der am 21.7.1969 die erste Mondlandung durchgeführt wird. *** Katastrophe auf Java: Am 29.11. bricht der Sempor-Staudamm in der Nähe von Kebumen während seiner Bauzeit. Dabei werden zwischen 160 und 200 Menschen getötet. *** Dem südafrikanischen Chirurgen Dr. Christiaan Barnard gelingt am 3.12. in Kapstadt die erste Herztransplantation – der Patient Louis Washkansky überlebt die Operation immerhin 18 Tage, stirbt aber letztlich an einer Lungenentzündung. *** Hans Bethe erhält am 10.12. den Nobelpreis für Physik, und zwar für seine Arbeiten über die Energie-Umwandlung in Sternen. *** Am 30.12. heben die katholischen Bischöfe in Großbritannien das Verbot des Fleischverzehrs am Freitag auf. *** Geburten-Mix 1967: Finanzminister Markus Söder (5.1.), Rockmusiker Dave Matthews (9.1.), Moderator/Musiker Wigald Boning (20.1.), Nirvana-Sänger Kurt Cobain (20.2.; †1994), Smashing-Pumpkins-Sänger Billy Corgan (17.3.), Ski-Rennläuferin Miriam Vogt (20.3.), Comedian Ingo Appelt (20.4.), Willem-Alexander, König der Niederlande (20.4.), Ex-Oasis-Star Noel Gallagher (29.5.), Fußballtrainer Jürgen Klopp (16.6.), Hollywood-Star Nicole Kidman (20.6.), Diskuswerfer Lars Riedel (28.6.), Schauspieler Philip Seymour Hoffman (23.7., †2014), Radrennfahrer Marcel Wüst (6.8.), Kabarettist Eckart von Hirschhausen (25.8.), TV-Star Natalia Wörner (7.9.), Kabarettist Max Uthoff (24.9.), „Pretty Woman"Darstellerin Julia Roberts (28.10.), Kabarettist Olaf Schuber (7.11.), Countertenor Andreas Scholl (10.11.), Ex-Tennis-Ass Boris Becker (22.11.) *** Verstorben 1967: Physiker J. Robert Oppenheimer („Vater der Atombombe") (21.2.; 62 Jahre), Autor/Dramatiker Jean Toomer (30.3.; 72 Jahre), Bundeskanzler Konrad Adenauer (19.4.; 91 Jahre), Maler Edward Hopper (15.5.; 84 Jahre), Jazzmusiker Billy Strayhorn (31.5.; 51 Jahre), Hollywood-Star Spencer Tracy (10.6.; 67 Jahre), Schauspielerin Jayne Mansfield (29.6.; 33 Jahre), „Vom Winde verweht"-Star Vivien Leigh (8.7.; 53 Jahre), Jazzsaxofonist John Coltrane (17.7.; 40 Jahre), Dramatiker Joe Orton (9.8.; 34 Jahre), Maler René Magritte (15.8.; 68 Jahre), Schriftstellerin Carson McCullers (29.9.; 50 Jahre), Revolutionär/Guerillaführer Che Guevara (9.10.; 39 Jahre), Körpertrainer Joseph Pilates (9.10.; 83 Jahre); Soullegende Otis Redding (8.12.; 26 Jahre) *** 2/2017
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Von Thorsten Schatz
chon vor über 2500 Jahren entstanden bei den Griechen und Römern des Altertums Sagen von Helden mit übermenschlichen Kräften wie Achilles, Herakles oder Perseus. Dazu kamen dann beispielsweise in der Spätantike der germanische Siegfried, im Mittelalter der schwedische bzw. dänische Beowulf, in Finnland Väinämöinen und in Großbritannien König Artus. Götter, Feen oder Magier machten sie für den Kampf gegen ihre Feinde übermenschlich stark, unverwundbar, unsichtbar oder gaben ihnen Zauberwaffen. Die Menschen erfanden diese Helden auch, weil sie vorbildhaft Mut und Hoffnung auf Frieden, Zusammenhalt und Ordnung im oft erlittenen Chaos von Krieg und Unterdrückung machten. Diese Funktion hielt die Heldengeschichten danach weiter am Leben, auch wenn die Aufklärung die übermenschlichen Kräfte verschwinden ließ. Das änderte sich in den actionreichen Unterhaltungs-Storys der beliebten „Pulp"-Magazine Anfang des 20. Jahrhunderts. Für sie wurden z.B. Tarzan (1912) und Zorro (1919) erfunden – und Helden wie diese: der „Superman Of Dr. Jukes” (1931), der durch ein Serum superstark wird; „John Carter Of Mars” (1912), der als Mensch auf dem Mars durch die geringe Schwerkraft so hoch und weit springen kann, als würde er fliegen; oder der fast übermenschlich intelligente Seite
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und starke Abenteurer und Wissenschaftler Doc Savage („The Man Of Bronze", 1933). Besonders diese Heroen inspirierten Comic-Künstler wie Texter Jerry Siegel und Zeichner Joe Shuster, die für den Verlag DC Comics eine nie dagewesene Heldenfigur schufen: Superman. Ausgestattet mit unglaublichen übermenschlichen Kräften (superstark, [fast] unverwundbar, fliegend, Hitzeblick u.a.) rettete Superman seit Juni 1938 immer wieder die Welt. Er wurde zum Archetypus des modernen Superhelden. Der US-Comic-Markt explodierte, weil „Superman" zum erwachsenen Publikum millionenfach Kinder und Jugendliche holte. DC Comics schob 1939 den ähnlich erfolgreichen „Batman" von Zeichner Bob Kane und Autor Bill Finger hinterher, sowie „The Flash", „Green Lantern", „Wonder Woman" etc. DC wurde so zum Marktführer im „Golden Age" der Comics, dem damaligen Hauptmedium der Superhelden, das später flankiert wurde von Hörspielen, TV- und Kinofilmen, Merchandisingartikeln und Computerspielen. 1939 wurde der Verlag Timely Publications mit den Superhelden der Reihe „Marvel Comics" der größte Rivale von DC Comics. Dazu gehörten u.a. „The Human Torch", „Captain Marvel" und 1941 der große Erfolg „Captain America".
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Natürlich sollten die kassenfüllenden Superhelden in andere Länder exportiert werden, so auch nach Deutschland. Doch zur Zeit des NS-Regimes ging das nicht, weil Marvel „Captain America" und DC „Superman" gegen Hitler-Truppen kämpfen ließ, so dass diese Comics hier zu Lande verboten waren. So landete „Superman" als eingedeutschter „Supermann" erst 1950 in deutschen Kiosken. Doch er geriet mitten hinein in die „Schmutz und Schund"Kampagne, in der man Comics verbrannte und ein Verbot verlangte, da sie als brutaler jugendgefährdender Schund bewertet wurden. Das brachte 1954 die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften hervor und die Freiwillige Selbstkontrolle gegen Sittenwidrigkeit und Gewalt in Comics. In dieser Stimmung ging „Supermann" unter. Nach drei Heften wurde die Reihe eingestellt. Ausländische Superhelden hatten damals in der Bundesrepublik keine Chance, und deutsche entstanden nicht. Dafür wurde Manfred Schmidts Privatdetektiv Nick Knatterton, der als Parodie auf die „Superman"-Comics gedacht war, sehr erfolgreich zum ersten deutschen Comic-Helden. Dazu kamen beliebte normale Comic-Abenteuerhelden wie Akim, Fulgor, Tibor und Sigurd. Auch in den USA lief es damals nicht gut für die Superhelden. Das „Silver Age" der Comics in den 50er Jahren begann, als erwachsene Sittenwächter wegen des angeblich schlechten Einflusses auf Jugendliche 1954 den „Comic Code" durchsetzten. Diese Selbstzensur der Verlage verbannte u.a. Flüche, Nacktheit und die Verbrechensausübung aus Comics. Damit wurden die Superhelden-Storys den Fans zu langweilig, die Umsätze fielen, eine Entwicklung, die noch durch eine starke Konkurrenz angesichts der Verbreitung des Fernsehens befördert wurde. Das Resultat: Die meisten Reihen bis auf die erfolgreichsten (z.B. „Superman", „Batman", „Wonder Woman") starben. DC wagte Anfang der 60er Jahre dann einen erfolgreichen Neustart alter und neuer Superhelden, mit modernen Kostümen, filmischdynamischen Bildern und 1960 der „Justice League Of America" (oder „Justice League", dt. Version: „Gerechtigkeitsliga"), dem ersten SuperheldenTeam, bestehend aus beliebten DC-Figuren. Im Gegenzug beauftrage Marvel Comics, wie Timely Publications sich nun nannte, Autor Stan Lee damit, ebenfalls eine Superhelden-Truppe zu erfinden. Lee erdachte 1961 die „Fantastic Four" und dazu bis 1968 mit anderen Autoren und Zeichnern „Hulk", „Thor", „Spider Man", „Iron Man", die Superheldengruppen „X-Men" und „Avengers" sowie den „Silver Surfer". Der Erfolg war überwältigend, denn das Lee-Team schuf erstmals ein zusammenhängendes Superhelden-Universum – mit Figuren, die zwar actionreich Verbrecher jagten, deren private Probleme aber im Vordergrund standen. Sie wirkten menschlicher und waren für das Publikum geeigneter zur Identifikation. Mittlerweile hatte sich die Erwachsenengeneration der westlichen Welt für die Popkultur der Jugendlichen, d.h. auch Comics, geöffnet. Daher konnten nun auch in der Bundesrepublik seit 1968 Verlage wie Ehapa, Carlsen und Williams Comics von „Wassermann", „Roter Blitz" („The Flash"), „Grüne Laterne", „Die Spinne", „Eisenmann", dem „Unglaublichen Halk", „Batman", „Superman", „Die Rächer" („Avengers") usw. erfolgreich herausbringen. Massenkompatible deutsche Superhelden entstanden nicht, auch nicht in der DDR, wo West-Comics verboten waren. Dieser Mangel an einheimischen Superhelden besteht bis heute, im Gegensatz zu vielen anderen Ländern (u.a. in Japan mit „Astro Boy" [1952] oder „Sailor Moon" GoodTimes
[1992], in Großbritannien mit „Marvelman" [1954], in Israel mit „Sabraman" [1978], in Argentinien mit „Cybersix" [1992]). In den USA ging es mit den Superheroen Anfang der 1970er munter weiter, als erneut Stan Lee für einen Innovationskick sorgte: 1971 thematisierte er in „SpiderMan" Drogenmissbrauch und brach damit den „Comic Code", der daraufhin gelockert wurde. Die Folge: In den bislang naiven Superhelden-Storys tauchten soziale Fragen, Minderheitenverfolgung, Alkoholismus, mehr schwarze Superhelden (z.B. „Blade", „Black Lightning") und selbstbewusstere Frauenfiguren (u.a. „Storm", „Power Girl", „Ms. Marvel") auf. Das „Bronze"-Zeitalter der Comics brach an, in dem die Superhelden nicht mehr für alles eine Lösung hatten. Diese Realitätsnähe sollte mehr erwachsene Leser ansprechen, zumal das Publikum allmählich zu anderen Genres (Horror, Science Fiction, Eastern, Western) abwanderte. Die Krise endete Mitte der 80er Jahre, als in komplexen, düsteren, sehr auf Erwachsene abgestimmte Storys aus Superhelden Antihelden wurden. Das „Dark" bzw. „Modern Age" der Comics begann. Dessen Anfang markierten 1986 zum einen die preisgekrönte „Watchmen"-Reihe von Alan Moore (Text) und Dave Gibbons (Zeichnungen), die ein durch Selbstzweifel psychisch zerrissenes Superheldenteam zeigte. Frank Miller wiederum beschrieb in „The Dark Knight Returns" einen gealterten, gebrochenen, traumatisierten Batman. Diese bis heute gültige Neudefinition der Super- als Antihelden führte damals zu so hohen Verkaufszahlen wie nie zuvor und einer Flut an meist erstklassigen Comics mit neuen und alten Superhelden. Dazu schickte DC ab 1989 Batman in vier Kinohits bis 1997 auf die Leinwand. Diese Schwemme wurde den Fans schließlich allerdings zu viel. Die Umsätze brachen ein, und das so sehr, dass Marvel 1996 Konkurs anmeldete. Doch das Unternehmen Die erfolgreichen rettete sich, indem es ab Kino- Avengers" " 2002 alte SuperheldenStorys modernisiert als packende Filme herausbrachte (u.a. „Spider-Man", die „Avengers", die „X-Men", „Dead Pool"). DC machte es mit Neuverfilmungen wie von „Batman" und „Superman" nach. Die Filme wurden fast alle weltweit zu Blockbustern und machten die Superhelden populär wie nie zuvor. Sie bilden weit vor den Comics die Haupteinnahmequelle im Superhelden-Geschäft. Beide, Comics und Filme, faszinieren das Publikum nach wie vor als knalliges Entertainment, aber auch wegen aktueller Themen wie der digitalen Überwachung und der Todesstrafe in den „Dark-Knight"/„Batman"-Filmen oder Minderheitendiskriminierung und Terrorismus bei den „X-Men". Und: Mehr denn je werden Superhelden als Menschen mit Problemen und Schwächen dargestellt. Das macht sie zu Identifikationsfiguren – und als Kämpfer für das Gute zu moralischen Vorbildern, die uns, wenn wir aus dem Kino kommen oder den Comic zuklappen, motivieren, mutiger unsere eigenen wie die Probleme der Welt anzupacken. 2/2017
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Im Kino tobt das Superheldenteam „Avengers" seit 2008 über die Leinwand – mittlerweile als eine der erfolgreichsten Filmreihen der Kinogeschichte (Stand: 7.2.2017). Seit 1963 gibt es die von „Iron Man" (s. unter I), Thor (s. unter T), „Ant-Man", „Wasp" und dem „Hulk" gegründeten „Avengers" als Marvel-Comic. Später wechselte die Besetzung in ständigen Neuformationen.
1939 erschien „Batman" bei DC Comics als düsterer Gegenpol zu „Superman", und er wurde zu einem der beliebtesten Superhelden. Seine Geschichte: Bruce Wayne erlebt die Ermordung seiner Eltern. Das lässt ihn zu „Batman" werden, der nachts zwar ohne Superkraft, dafür aber als überragender Athlet und Kampfsportler mit großem technischen Wissen und High-TechEquipment Superschurken wie den „Joker" (s. unter J) bekämpft und bei Tag das Leben eines reichen Playboys führt.
„Captain America" (seit 1941, Marvel) kämpft erfolgreich solo oder als Chef der „Avengers" (s. unter A). Seine Ursprungsgeschichte: Ein Serum macht Steve Rogers zum übermenschlich starken Supersoldaten „Captain America". Bewaffnet mit einem unzerstörbaren Schild und kostümiert in den Farben der US-Flagge, kämpfte er im Zweiten Weltkrieg gegen Nazis und in den 50ern gegen Kommunisten. Seite
In den 60ern kam sein Patriotismus in den USA nicht mehr an, die Geschichten wurden gesellschaftskritischer, was bis heute so blieb.
„Deadpool" (seit 1991, Marvel) ist ein durchgedrehter ComicAntiheld. Seine Story: Wade Wilson wird als Testobjekt der Organisation „Waffe X" von seinen Krebstumoren geheilt. Er bekommt extreme Selbstheilungskräfte, wird aber am ganzen Körper entstellt, verrückt und zum Superhelden „Deadpool". Mit Schwertern, Pistolen und seiner Selbstheilungskraft kämpft er allein und wahlweise mit Superhelden oder Superschurken zusammen. Sehr speziell sind seine sarkastischen Sprüche und dass er weiß: Er ist eine Comic-Figur!
Der Privatdetektiv und Verbrecher jäger Ralph Dibny wird durch das Wundergetränk Gingold zum „Elongated Man" (dt. Version: „Elastoman") (seit 1960, DC), der seinen Körper ungehemmt dehnen und formen kann.
Seit Ende der 1930er Jahre entwickelte sich eine weltweite Gemeinde aus Millionen Superhelden-Fans jedes Alters. Sie sammeln Superhelden-Artikel, veröffentlichen Romane und Comics mit eigenen Figuren, gründen Comic-Läden und treffen sich auf Comic-Börsen und -Messen, oft als Cosplayer, d.h., als Superhelden kostümiert. U.a. gibt es in Japan die Manga-Messe Comiket (bis zu 600.000
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Teilnehmer), die Comic-Con in San Diego (bis zu 130.000 Fans), in Deutschland seit 2015 zwei Comic Cons (bis zu 50.000 Besucher), die Intercomic und die Buchmessen in Leipzig und Frankfurt.
Der beliebte „Green Lantern" (seit 1940, DC, dt. Version: „Grüne Laterne"/„Grüne Leuchte") kann durch einen außerirdischen Ring alles, was er sich vorstellt, materialisieren. Den Ring muss er an einer grünen Laterne alle 24 Stunden aufladen, daher der Name. Er ist maskiert, trägt einen grün-schwarzen Anzug, in dem im Laufe der Jahre verschiedene Personen steckten. Sie gehören zum „Green Lantern Corps", einer Art Weltraumpolizei. Seine Schwäche: Er verliert seine Kraft durch die Farbe Gelb wegen einer GelbUnreinheit im Ring.
In der „Hellboy"-Geschichte (seit 1993, Dark Horse Comics) holt der Mystiker Rasputin im Nazi-Auftrag das kleine rothäutige Dämon-Kind Anung Un Rama aus der Vorhölle auf die Erde. GIs retten ihn vor den Nazis und taufen ihn „Hellboy". Professor Bruttenholm zieht ihn groß. Fortan bekämpft „Hellboy" Monster, Dämonen und Nazis mit angeborenen Kräften (Feuerresistenz, übermenschliche Kraft, Regenerationsfähigkeit), großkalibrigen Waffen – und coolen Sprüchen.
Der populäre „Iron Man" (seit 1963, Marvel) ist der Multimilliardär und Erfinder Tony Stark. Als Erbe eines Technologie-Konzerns entwickelt er Waffensysteme für die US-Regierung. Im Vietnamkrieg setzt sich durch eine Bombenexplosion ein Granatsplitter neben seinem Herzen fest. Er wird gefangen, flieht aber mit Hilfe einer selbst gebauten High-Tech-Rüstung. Durch sie ist er extrem stark, kann fliegen, Raketen abfeuern, und sie hält den Splitter von seinem Herzen fern. Diese Erfahrung lässt Stark in seiner Rüstung als Friedensritter „Iron Man" allein oder als „Avenger" (s. unter A) gegen das Böse kämpfen. Heath Ledger als FilmJoker
Bei Comic-Fans ist der „Joker" (seit 1940, DC) die Nr. 1 aller Superschurken. Seine Ursprungsgschichte: „Red Hood", ein rot maskierter Krimineller, hat auf der Flucht vor Batman (s. unter B) einen ChemieUnfall, der sein Gesicht verunstaltet. Er will sich an Batman rächen und wird zum psychopathischen, hochintelligenten Killer mit diabolisch grinsendem Clownsgesicht, der sich nach der Spielkarte nennt, die er bei seinen Opfern hinterlässt: dem „Joker".
„Kid Eternity" (seit 1942, DC) alias Christopher Freeman erhielt seine Superkraft durch himmlischen Einfluss. Ruft er das Wort „Eternity" (Ewigkeit), kann er historische oder mythologische Menschen und Tiere in die Gegenwart holen, sich unsichtbar machen und so gegen Bösewichte kämpfen. GoodTimes
„Longshot" (seit 1985, Marvel) wurde in der Dimension Mojoworld als Sklave künstlich erzeugt. Er besitzt die Fähigkeit zu steuern, ob er Glück hat, und ist übermenschlich wendig, selbstheilungsfähig und liest an Gegenständen die Gedanken bzw. Zukunft der Menschen ab, die sie berührt haben. Er rebellierte, kam auf die Erde und schloss sich als Superheld „Longshot" u.a. Superheldenteams wie den „X-Men" (s. unter X) an.
„Dr. Manhattan" gehört zur Superheldengruppe „Watchmen" (1986/87, DC). Seine Geschichte: Der Atomphysiker Jonathan Osterman wird durch einen Laborunfall zu „Dr. Manhattan", der chemische Elemente, Teleportation und Telekinese beherrscht. Im Laufe der Geschichte werden ihm die Menschen und ihr Fortbestand egal, da er sie in Relation zum Universum für unwichtig hält. Daher geht er nicht auf Verbrecherjagd – er führt lieber physikalische Experimente durch.
Aus dem BatmanGehilfen „Robin" alias Dick Grayson entwi ckelte DC Comics 1984 „Nightwing" als langlebigen, sehr erfolgreichen Hauptcharakter. Ohne Superkräfte, aber als überragender Athlet und Detektiv jagt er solo und ab und zu gemeinsam mit Batman Verbrecher.
Die skurrilen „Outsiders" (1976, DC) besitzen durch umweltbedingte Missbildungen Superkräfte. Dabei sind ein Mann mit einem riesigen (fast) unzerstörbaren Schädel, ein Reptilienmensch, vierarmiger Outsiders-Comic-Szene ein Zyklop, ein häss licher CyborgChirurg, ein Mann, der sich in ein Auto verwandeln kann, und eine extrem starke, geschuppte Frau.
Jede Menge SuperheldenPar od ien kursieren im Internet, im Kino (z.B. „Captain Invincible", 1982) und in Comics wie der „Superman"-Veralberung „Wonder WartHog" (Wunderwarz enschwein), die 1962 als US-Underground-Comic und Anfang der 70er in Deutschland erschien. Das „Wonder WartHog" ist ein Mensch mit Wildschweinkopf, Superkraft, Röntgenblick und dem Schwachpunkt Erdbeer-Rhabarbertorte, die seine Kräfte raubt. Es fängt Verbrecher nur für Geld und um Frauen zu imponieren. 2/2017
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„The Question" (seit 1967, DC, dt. Version: „Das Schemen”) alias Vic Sage ist ein hervorragender Detektiv, der durch ein Gas seine Haar- und Kleidungsfarbe ändern und durch Kunsthaut sein Gesicht tarnen kann.
Die „Real Life Superheroes" sind Frauen und Männer, die gern Superhelden wären und seit den 1990ern z.B. in den USA, Japan und Russland in selbst gebastelten Ko s t ü m e n und mit ausgedachten Superheldennamen z.B. alten Damen über die Straße helfen, Obdachlosen Essen geben und Schlägereien schlichten. Die Polizei macht ihnen oft den Vorwurf der Selbstjustiz.
Eine radioaktive Spinne beißt den Gymnasiasten Peter Parker. Der bekommt Spinnenkräfte: Er klettert Wände hoch, verschießt Spinnennetze, hat übermenschliche Kraft, Sinnesschärfe und Koordinationsfähigkeit. Als „Spider-Man" bekämpft er – oft mit flapsigen Sprüchen – etliche Super-Gangster. „Spider-Man" ist als Comic (seit 1962, Marvel) und als moderne Verfilmung (seit 2002) enorm erfolgreich, weil er wie kein anderer Superheld sympathisch als normaler Mensch mit normalen Alltagsproblemen dargestellt wird.
Wie in der nordischen Sage ist Donnergott Thor als erfolgreicher Comic-Held (seit 1962, Marvel) der Sohn des Göttervaters Odin und der Erdgöttin Forjg yn, die ihm unglaubliche Kör perkraft verleiht. Seine Waffe ist der Hammer Mjolnir, mit dem er das Wetter beeinf lussen und f liegen kann. Odin verbannt den Hitzkopf aus der Götterwelt A sgard auf die Erde, damit er Bescheidenheit lernt. Dort hat er bürgerliche Identitäten und kämpft allein oder als „Avenger" gegen das Böse.
Von den in den Farben der britischen Nationalflagge („Union Jack") kostümierten „Union Jacks" (seit 1976, Marvel) gibt es mehrere. Zwei kämpften ohne Superkraft in beiden Weltkriegen für Großbritannien, bis der dritte als Mitglied der Heldengruppe „Knights Of Pendragon" durch Magie übermenschlich stark wird. Seite
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„Vixen" (dt.: Füchsin), eine schwarze Superheldin (seit 1981, DC), kämpft oft in Superheldenteams („Justice League", „Suicide Squad"). Ihre Geschichte: Eine magische afrikanische Halskette verleiht Mari McCabe alle Kräfte jedes Tieres, vorausgesetzt, sie nutzt diese Macht zum Schutz von Unschuldigen. So wird sie zur Superheldin „Vixen".
„Wonder Woman" (seit 1941, DC) ist die erste Superheldin überhaupt – und die erfolgreichste. In der Urspr ungsstor y ist sie die Amazo nenprinzessin Diana. Griechische Götter geben ihr Superkraft und ein magisches Lasso, das eingefangene Menschen zwingt, die Wahrheit zu sagen, sowie Armbänder zur Geschossabwehr. Wird sie von einem Mann gefesselt, verliert sie alle Kräfte. Als „Wonder Woman" geht sie solo oder im Superheldenteam „Justice League Of America" auf Verbrecherjagd.
Die Superheldengruppe „X-Men" (seit 1963, Mar vel) entstand, als der Telepath Charles Xavier alias „Professor X" gutwillige Mutanten mit übermenschlichen Kräften vereinte. Sie kämpfen gegen bösartige, vom Superschurken Magneto angeführte Mutanten, die gewalttätig gegen die Mutantendiskriminerung durch normale Menschen vorgehen.
Angelehnt an die „X-Men" oder die „Justice League", entstanden Teams aus jungen Superhelden vom Teenageralter bis Mitte 20. Los ging es 1941 mit den „Young Allies",
denen bis heute u. a. die „Young A v e n g e r s", „ Y o u n g X-Men" (alle Marvel), die „Young All-Stars" und „Young Justice" (alle DC) folgten.
2017 geht es weiter mit vielen Superhelden-Filmen wie „Wonder Woman", „Spider-Man" oder „The Justice League". Für 2018 und 2019 sind u.a. neue „Avenger"-Filme geplant. Die eigentlichen Superhelden-Innovationen wird die Comic-Welt liefern, in Geschichten mit aktuellen Zeitbezügen und modernisierten alten und neuen Superhelden.
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Endlich erhältlich als 3CD Premium, 2CD Standard sowie Doppel-DVD und limitierte Vinyl-Edition
Schokoriegel
und ihre Werbung
Einfach aufreißen und genießen! Er passt in die Hand- und sogar die Jackentasche, wird heiß geliebt und ist eine Kalorienbombe. Die Auswahl ist wirklich groß und bunt, es gibt Klassiker, neue Varianten, manche sind bereits ausgestorben – ihnen gelten wehmütige Erinnerungen. Leicht aufzureißen, schmal und lang oder klein und dick, von intensivem Geschmack und an jeder Tankstelle zu haben ... Süß und von Schokolade umhüllt muss er sein! Was für die wahre Passion verlangt wird, ist ganz unterschiedlich. Die einen bevorzugen eine Crèmefüllung, die anderen Nüsse, die Dritten stehen auf Keks. Viel hängt da bestimmt an der frühkindlichen Prägung.
Milky Way ist sicher der ältes te Schokoriegel, denn er wurde schon 1923 von dem Amerikaner Frank C. Mars erfunden. In Deutschland sind jedoch alle Schokoladenprodukte der Firma erst ab 1961 zu haben gewesen, nachdem Mars 1959 hier zunächst mit seiner Tierfuttervermarktung gute Erfahrungen gemacht hatte (nämlich mit Schappi – jetzt Chappie – und Whiskas). Die Schokoriegelreklame
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o richtig alt ist der Schokoriegel bei uns noch nicht. Vielleicht hat das auch mit der Entwicklung der Tankstellen als Snackbars zu tun, wer weiß ... Die holländische Süßigkeit Nuts wurde zum Beispiel erst 1951 in Deutschland mit dem Slogan „Nuts hat’s – Nuss an Nuss, ein ganzer Genuss!" eingeführt – einer der ersten Schokoriegel hier zu Lande. Schwierig war es offenbar ein bisschen mit der englischen Aussprache, so dass in den Sechzigern dann die liebenswürdige Aufforderung „Lies Nuts – sprich Nats” in den Werbeanzeigen erschien. Die in Nuts vorhandenen Haselnüsse sind eingebettet in eine sehr süße, helle Crème, darüber liegt eine dünnere Schicht Karamell, das Ganze ist in Vollmilchschokolade gegossen. Beim Hineinbeißen lässt es sich nicht richtig abbrechen, vielmehr entsteht die für Weichkaramell spezifische langsame Süßwarendehnung, bevor sich ein Stück in den wartenden Mund ablöst, gelegentlich begleitet vom Knacken einer halbierten Nuss. Seite
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des Konzerns richtete sich anfänglich an die arbeitende Bevölkerung, die sich mit einer kurzen Schokoladenpause im Alltag stärken sollte. 1969 wurde noch die kindliche Freude in den Vordergrund gestellt: Mit dem Spruch „Milky Way ist Favorit – schadet nicht dem Appetit!" konnte die Aufsichtsperson alle n
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Gewissensbisse in den Wind schlagen und das Kind mit etwas zum Naschen erfreuen, auch vor dem Mittagessen. Erst später lag dann die Betonung auf der Milch (gegenüber Schokolade und Zucker als leicht und gesund angepriesen): „So locker und leicht, der schwimmt sogar in Milch" war der Slogan der 1980er Jahre. Im Fernsehspot 1987 reimte es sich obendrein: „Milky Way schmeckt toll. Leicht und locker, wundervoll!" Der dritte Klassiker ist natürlich das in Deutschland 1962 eingeführte Mars selbst, eigentlich ein Milky Way mit zusätzlicher Karamellschicht. Es ist vermutlich der bekannteste Schokoriegel, unter
anderem dank seines eingängigen Werbespruchs „Mars … macht mobil bei Arbeit, Sport und Spiel". Nicht nur als Print-, sondern auch als Radio- und Fernsehwerbung hat sich der Slogan seit 1974 als Jingle in die Ohren geschlichen. Vorher angepriesen als „das schokobraune Sandwich" beziehungsweise als „Zwischenmahlzeit" wurde der Süßigkeit nun das Potenzial zugeschrieben, die Fitness zu steigern: „Vollmilch, Eiweiß, Traubenzucker und Kakao" spendeten „Energie", der Genussfaktor spielte in dieser Zeit eine weniger wichtige Rolle in der Werbung. Ein Spot 1983 zeigt zum Beispiel zwei Möbelpacker, die nach getaner Arbeit erst mal einen Riegel zücken. Der eine sagt zum andern: „Mahlzeit!", worauf der fröhlich erwidert: „Nee, Mars-Zeit!" Eine beliebte Scherzfrage auf deutschen Schulhöfen war um 1970 herum die nach dem Treibstoffverbrauch zum Mars: „Wenn ein Raumschiff auf dem Weg von der Erde zum Mars drei Millionen Liter Kerosin verbraucht, wie viel braucht es dann für Hin- und Rückweg zusammen?" Und auf die unsichere Antwort: „Äh, sechs Millionen?" kam dann triumphierend: „Nee, auch drei Millionen! Mars bringt verbrauchte Energie sofort zurück!" Denn so lautete der Schokoriegelslogan der 1960er Jahre. GoodTimes
Snickers, 1930 ebenfalls von Mars erfunden und nach dem Familienpferd benannt, ergänzte die Süßwarenpalette gleichzeitig durch Erdnüsse, wie heute immer noch. Lediglich die Verpackung war damals noch komplett in Knallrot mit blauer Schrift auf weißem Grund gehalten (während heute ein sattes Braun dominiert, das der rotgerahmte blaue Schriftzug ziert), und sie war an der Unterseite gefaltet und geklebt, während die komplett verschweißte Folie sich heute am geriffelten Rand der Enden leicht einreißen lässt. Cadburys Picnic-Riegel übrigens, seit 1958 in Großbritannien hergestellt und in den 1960ern auch hier zu haben, geriet angesichts dieser Konkurrenz zunehmend in Vergessenheit, während er in den Commonwealth-Staaten noch immer zu kaufen ist. Als kleiner, schmaler Riegel in doppelter Hülle kam 1964 ganz bescheiden auch Duplo auf den Markt. Die italienische Firma Ferrero hatte sich 1956 in Stadtallendorf (Hessen) angesiedelt und produzierte neben Nutella (ihrer 1964 umbenannten Supercrema als Brotaufstrich) jetzt auch Schokoriegel. Sie enthalten bis heute Waffeln mit Nugatcreme in Vollmilchschokolade und waren damals mit ihrem Preis von 20 Pfennigen auch für Schulkinder erschwinglich und hochattraktiv, selbst wenn sich stattdessen viermal einzelne Brause oder Lakritz hätte finanzieren lassen. Duplos hatten außer der Süßigkeit nämlich noch einen weiteren Trumpf: Sie enthielten (wie auch Ferreros schon 1959 eingeführtes Hanuta) Sammelbildchen! Diese kleinen nummerierten Aufkleber bildeten Serien wie zum Beispiel 1979 „Tierwelt unserer Heimat", 1981 „Pferde in freier Natur", 1983 „Button"-Aufkleber, seit 1982 und bis heute auch die Fußballer zur EM oder WM. 1988 gab es „Sag's mit Asterix". Kaum 2/2017
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eine Kinderzimmertür oder ein Bettrahmen dieser Zeit wurde nicht wenigstens kurzfristig mit dem einen oder anderen Aufkleber verziert. Der Jingle der 1980er, den alle singen konnten, lautete: „An Duplo ist was Leichtes dran, es schmeckt und steckt zum Knuspern an. Duplo!" Getoppt wurde diese Reklame nur von der frechen Behauptung der 1990er: „Für die einen ist es Duplo, für die andern die längste Praline der Welt", die Duplo endlich für die Erwachsenen salonfähig machte, die ohnehin ihre Kinder oder kleinen Geschwister immer darum beneidet hatten. Diese „wahrscheinlich längste Praline der Welt" ist übrigens jedoch keine Praline, weil sie mit dem Waffelanteil per Definition im deutschen Lebensmittelrecht keine Praline sein kann, aber wen stört das schon! Bounty dagegen, innen weißes Kokosmark, außen von Vollmilchschokolade umhüllt, lebt werbestrategisch von seinem exotischen Flair – beworben wird es in der Szenerie der BacardiWelt mit dem Personal der „Blauen Lagune". Palmblätter zieren bereits die Verpackung, intensiver Kokosduft entströmt dem Riegel nach dem Aufreißen, beim ersten Biss trifft die Zunge auf eine mürbe, nussige, gehaltvolle und manchmal ein bisschen faserige Süßspeise. Bounty komplettiert das breite Angebot des MarsFamilienunternehmens aus den USA.
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Der rotverpackte Schokoriegel Bon wiederum wurde Mitte der 1980er Jahre in der DDR hergestellt und bestand ebenfalls aus Kokoscreme in Schokolade, produziert wurde er in der VEB Delitz Schokoladenfabrik (heute Halloren). Der noch recht junge Balisto-Riegel, von Mars 1981 lanciert, war ein Zugeständnis an die immer wichtiger werdenden ökologischen Interessen: Die Slogans „Komm der Natur auf die Spur” oder „Von Natur aus anders” in Verbindung mit abgebildeten Kornähren sollten Assoziationen von gesunder, natürlicher Ernährung wecken. Die doppelten Schokoriegel sind übrigens eine Klasse für sich, ergibt sich dabei doch quasi automatisch der Gedanke an die zweite Person oder wenigstens eine Verzögerung oder Verlängerung der Mahlzeit durch den doppelten Genuss. Das von Rowntree's entwickelte Kitkat (in den USA im Besitz von Hershey, hier inzwischen eine Nestlé-Marke) war seit seiner Einführung 1975 immer der Riegel zum Teilen. Ob noch in der Folie oder erst nach der Entnahme (das war von jeher eine Glaubensfrage) – ein sanftes Abbrechen führte zur Verteilbarkeit der beiden Stücke.
Ein bisschen staubig im Geschmack durch die Waffelbrösel und sehr süß durch die helle Vollmilchschokolade ließen sie sich selten ohne zu krümeln wegknuspern. Der Slogan hieß und heißt immer noch: „Have a break – Have a Kitkat!" Raider dagegen musste nicht zerbrochen werden. Zu der Zeit, als es noch nicht die Namensdebatte Raider oder Twix gab, wurde einfach einer der beiden nebeneinandergepackten Riegel genussvoll gegessen; und wer besonders nett oder verliebt war, verschenkte den zweiten. Der Doppelriegel stammt ursprünglich aus Großbritannien und hieß dort seit seiner Einführung schon Twix, wurde nur bei uns 1976 unter dem Namen Raider auf den Markt gebracht, so dass 1991 mit der Umbenennung in den Herkunftsnamen ein Aufschrei durch die Reihen der Schokoladenfans ging – ein genialer Werbeschachzug. Der Slogan lautete: „Raider heißt jetzt Twix – sonst ändert sich nix", und schwupps: Beide Namen waren und sind bekannt und in aller Munde! Immer mal wieder wird irgendwo gefragt, wie der Riegel nun heißt (es gab bis heute mehrere Rückbenennungen), aber die goldene Verpackung wird mit jedem Aufdruck erkannt. Der Haselnusswaffel-Doppelriegel Banjo existierte von 1979 bis 2009 und wurde neben der „Original"Version auch als „Kokos"-Variante angeboten, hergestellt in Österreich bei der Tochtergesellschaft von Mars namens Master Foods. Zu Beginn hieß er auch kurzfristig Skittles, wie die heute
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von Wrigleys produzierten bunten Kaudragees. Seine Existenz blieb immer ein bisschen unspektakulär, aber auch hier gab es Liebhaber, die dazu nicht nein sagen konnten. Yes, die 1981 am Markt eingeführte „Kleine Torte statt vieler Worte" arbeitete mit dem Slogan „Sag ja zu Yes" bis 1990. Der Biskuit machte den Schokoriegel (von Nestlé „Kuchenriegel" tituliert) nachgiebig wie ein Stück Crèmetorte, und dieses Alleinstellungsmerkmal wurde ausgespielt: Die Fernsehspots mit einer Minikerze auf dem Törtchen waren legendär. Eine eigentlich verfahrene Situation (als Geburtstagskind
bissen. Dabei hatte sich Suchard nach der Markteinführung 1972 extrem viel Mühe mit der Werbung gegeben und direkt versucht, die Hippie-Generation anzusprechen. 1977 wurde Topset wieder vom Markt genommen. Bedauerlich! Ebenfalls ausgestorben ist Carrera, das „rasante Schokoding" mit Reis-Crispie-Inhalt von Sprengel in rot-gelber Verpackung. Es hatte auch Sammelbildchen dabei, die Rennwagen zeigten, dem namensgleichen Kinderspielzeug, der Carrera-Bahn angemessen. Was die Geschmackserinnerung betrifft, sind sich die Schokoladengourmets etwas uneinig: Es scheiden sich die Geister, ob der ehemals als Tam vermarktete Lion-Riegel (von Rowntree's, seit 1988 Nestlé) ein adäquater Ersatz sein kann.
eingeschneit oder bei strömendem Regen im Zelt anstatt daheim an der Festtafel) gewann sofort an Atmosphäre mit dem festlich gestalteten Schokoriegel, den ein Freund oder der Liebste aus dem Nichts herbeizaubern konnte: „Kleine Torte statt vieler Worte" hieß, wie gesagt, bezeichnenderweise der Slogan. Die Törtchenmacher hatten allerdings in den 2000ern ein Alkoholproblem: Trotz seiner geschmacklichen Erkennbarkeit war vor dem Alkohol nicht genügend gewarnt worden. Umgekehrt hat dies den Miniriegeln Ritter Rum aus den 1980ern bestimmt nicht geschadet, ja, der Alkohol machte im Gegenteil ihre Attraktivität im sonst Kinder-orientierten Riegelmarkt aus. Umso unerklärlicher ist es, dass sie eines Tages vom Markt genommen wurden ... Gänzlich ausgestorben sind auch die „3 Musketiere"-Karamell-Degen und der Crèmeund Crispy-Karamell-Schokoriegel „Topset". Die „3 Musketiere" sind ja vielleicht an der etwas unglücklichen Namensgebung gescheitert (wer wollte schon zwei „3 Musketiere", das ist schlicht verwirrend!). Außerdem gibt es seit 1932 einen US-amerikanischen Schokoriegel der Mars-Familie, der dem hiesigen Mars entspricht, mit dem gleichen Namen (Three Musketiers). Diese Verwirrung mag das Schicksal der Karamellsüßigkeit besiegelt haben. Was dem „groovy" Schokoriegel Topset der frühen 1970er wiederum den Garaus gemacht hat, ließ sich jedoch nicht genau feststellen: Die jugendliche Zielgruppe hat wohl einfach nicht angemessen ange-
Nestlés unsterbliches Caramac dagegen, 1959 vom britischen Hersteller Mackintosh eingeführt, ist eigentlich kein Schokoriegel, weil es nur aus abbrechbarem Karamell besteht, ganz ohne Schoko lade, kakaofrei. Es wird lediglich genauso im Schokoriegelsegment gehandelt und hat die gleiche Funktion, heute wie damals. Das Angebot an der Tankstelle oder am Schwimmbadkiosk, ob am Nordseestrand oder in den Almhütten ist also seit unseren Kindertagen ziemlich konstant geblieben. Beworben wird es im Fernsehen zur besten Sendezeit, denn es ist für den herrlich ungesunden Heißhunger gedacht, den dann nur ein Schokoriegel stillen kann, ob mit oder ohne Karamell. Unter den Schokoladenexperten werden die Riegel immer ein bisschen „stiefkindlich" behandelt, und so ist bisher kein Buch des kulinarischen Sektors allein diesem speziellen Genussmittel gewidmet. Vermutlich hätte es auch sehr schnell verklebte Seiten! Kathrin Bonacker
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Kultstreifen made in GDR
Die Deutsche Film Aktiengesellschaft, kurz Defa, war das Harbich, der im Folgejahr nach Brasilien auswanderte. Als große Defavolkseigene Filmunternehmen der DDR. Über 2000 Dokus Erfolge der ersten Dekade entpuppten sich u.a. „Affäre Blum" (1948), und Kurzfilme, etwa 750 Animationsfilme sowie über 700 „Der Rat der Götter" (1950) und „Der Untertan" (1951) sowie die Märchenfilme „Das kalte Herz" (1950) und „Die Geschichte vom kleiSpielfilme – um die es hier gehen soll – wurden von ihr zwinen Muck" (1953). Der erste Film, der mit einem Aufführungsverbot schen 1946 und 1995 realisiert. Einige davon genießen bis belegt wurde, entstand bereits 1951: „Das Beil von Wandsbek". Zuerst heute Kultstatus. aufgeführt, wurde der Film nach einigen Die Mörder sind unter uns" "
Wochen wieder aus den Kinos genommen, weil er „Mitleid mit einem Nazi" erwecke. In den Sechzigern kehrte der Streifen, um 20 Minuten gekürzt, auf die Leinwand zurück.
Die verbotenen Filme
Foto: © Defa Stiftung
"Das kalte Herz"
zu sozialistischen Bürgern erziehen". Auf dem Gelände der ehemaligen Althoff-Ateliers in Potsdam-Babelsberg wurde am 17. Mai 1946 dann die Arbeit aufgenommen. Die ersten drei Spielfilme, die entstanden, waren „Die Mörder sind unter uns", das Filmdebüt der damals 20-jährigen Hildegard Knef, „Irgendwo in Berlin" mit dem elfjährigen Charles Knetschke in der Hauptrolle, der später als Charles Brauer bekannt wurde, und „Freies Land" von Milo Seite
Zahlreiche Filmideen wurden schon am Reißbrett zu Grabe getragen. Zwischen Anspruch und Sichtweise der SED-Oberen und der Realität des Lebens in der DDR klaffte eine gewaltige Lücke. Auch wenn das ein offenes Geheimnis war, sollte die Wirklichkeit weder im Film noch in der Literatur oder in der Musik abgebildet sein. Die Kulturschaffenden wurden jedoch nicht müde, genau das zu tun. Mitunter wurde die eine oder andere Systemkritik allerdings von der Zensur auch durchgewinkt als eine Art „Wow, das dürfen die sagen"-Beweis. Manchmal hat man auch die Produktion genehmigt, die anschließende Aufführung dann jedoch nicht mehr. Sieht man sich heute einst verbotene Filme an, staunt man oftmals nicht schlecht, welch platte Attitüden als vermeintliche Provokation verstanden wurden. Im Dezember 1965 kam es zu einem regelrechten kulturpolitischen Kahlschlag. Auf dem 11. Plenum des Zentralkomitees der SED warf man den Künstlern „Nihilismus, Skeptizismus und Pornografie" vor. Zahlreiche Bücher, Theater- und "Die Geschichte vom kleinen Muck" Musikstücke sowie Filme wurden verboten. Mit dem Verbot von insgesamt zwölf Filmen wurde nahezu die gesamte Jahresproduktion der Defa in verschiedenen Produktionsstadien gestoppt. Darunter waren die Filme „Das Kaninchen bin ich", „Denkt bloß nicht, ich heule" sowie „Spur der Steine" mit dem großartigen Manfred Krug in der
Foto: © Defa Stiftung
Nach Ende des Zweiten Weltkriegs beschloss die sowjetische Besatzungsmacht, die ostdeutsche Filmindustrie schnell wieder an den Start zu schicken, freilich unter neuen Vorzeichen. Die Defa sollte – wie es damals von den Gründern formuliert wurde – „helfen, in Deutschland die Demokratie zu restaurieren, die deutschen Köpfe vom Faschismus zu befreien und auch
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Die frühen Jahre
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tretend für mehr als ein Dutzend Defa-Indianerfilme genannt. Großen Zulauf hatte auch eine Reihe von Gegenwartsfilmen, die dicht am wahren Leben dran waren. Allen voran „Die Legende von Paul und Paula" (1973), „Bis dass der Tod euch scheidet" (1979), „Solo Sunny" (1980) und „Coming Out" (1989). Letztgenannter war der erste Defa-Streifen, der eine homosexuelle Liebe thematisierte. Das Premierendatum lässt sich wunderbar merken, am selben Tag fiel die Mauer. Und ein DefaKinofilm wurde sogar für den Oscar nominiert: „Jakob der Lügner" aus dem Jahr 1974.
"Spur der Steine"
Experimente & Koproduktionen
Foto: © Defa Stiftung
Regisseur Frank Beyer ließ Manfred Krug im Spielfilm „Spur der Steine" in einer Szene zu einer Angebeteten sagen: „Mit dir würde ich mir sogar einen Defa-Film angucken." In diesem kleinen Heißer Sommer" Witz steckt eine tiefe Wahrheit, " denn viele Defa-Filme sind einfach nur langweilig. Mal scheiterte es an den ökonomischen Möglichkeiten, mal am Cast, mal an der Regie. Jedoch gab es immer wieder auch Ausnahmen. Hoch in der Gunst des Publikums standen zum Beispiel ab Ende der Sechziger die Musikfilme mit Frank Schöbel und Gojko Mitic als Chris Doerk. Die bei- Chef-Indianer der Defa den Sänger waren das Traumpaar des DDR-Schlagers und
mit „Heißer Sommer" (1968) und „Nicht schummeln, Liebling!" (1972) gelang ein opulenter Mix aus Pop, Gags und bis dato ungewöhnlicher Leichtigkeit. "Die Legende von Paul und Paula"
Schon in den Fünfzigern gab es Kooperationen mit anderen Ländern, neben einigen Ostblockstaaten auch mit Schweden und Frankreich. Das erklärt z.B., warum der Defa-Schinken „Die Abenteuer des Till Ulenspiegel" (1956) mit dem französischen Starschauspieler Gérard Philipe besetzt war. Die bekannteste Defa-Kollaboration ist aber zweifelsohne der Märchenfilm „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel". Der in Zusammenarbeit Drei Haselnüsse für Aschenbrödel" " mit der Tsche chos lowakei entstandene Klassiker läuft zu jeder Weihnachts zeit jeweils mindestens 20 Mal im Fernsehen. Eine Kooperation zwischen der DDR und der BRD entstand 1983 in Form des Streifens „Frühlingssinfonie" über das Leben von Clara und Robert Schumann mit Nastassja Kinski und Herbert Grönemeyer in den Hauptrollen. Die Krimikomödie „Der Bruch" (1989) war dagegen eine lupenreine Defa-Produktion, verpflichtet wurden aber dennoch Stars aus dem Westen: Götz George und Otto Sander. Foto: © Defa Stiftung
Die besonderen Filme
Kein Genre, das bei der Defa nicht umgesetzt bzw. zumindest nicht ausprobiert wurde. Es gab Literaturverfilmungen (z.B. 1950 Shakespeares „Die lustigen Weiber von Windsor", 1973 Fontanes „Unterm Birnbaum", 1976 Goethes „Die Leiden des jungen Werthers"), Mantel- und Degenfilme (etwa 1964 „Mir nach, Canaillen!" mit Manfred Krug), Dramen (1963 „Nackt unter Wölfen", 1968 „Ich war neunzehn"), Jugendfilme (1978 „Sieben Sommersprossen", 1979 „Und nächstes Jahr am Balaton") und Komödien (1973 „Der Mann, der nach der Oma kam", 1980 „Der Baulöwe"), aber auch Agentenfilme (1963 „For Eyes Only"), Western (1981 „Sing, Cowboy, sing") und Science Fiction (1960 „Der schweigende Stern"). Letztgenannter Streifen lief übrigens als „Raumschiff Venus antwortet nicht" auch in den westdeutschen Kinos. Foto: © Defa Stiftung
Hauptrolle. Der DVD/ Blu-ray-Ver markter Foto: © Defa Stiftung, Klaus D. Schwarz Icestorm veröffentlichte kürzlich eine DVD-Box mit zehn ehemals verbotenen Spielfilmen ...
Die Defa heute
Auch Kinder wussten DefaJuwelen zu schätzen: Ob Märchenverfilmungen oder Filme wie „Die Suche nach dem wunderbunten Vögelchen" (1964), „Alfons Zitterbacke" (1966) und „Ein Schneemann für Afrika" (1977). Nicht nur bei den Kleinen, jedoch vor allem bei ihnen, waren zudem die DefaIndianerfilme beliebt. Als Gegenentwurf zum Winnetou-Hype in der BRD wurden jedoch meist historisch verbürgte Stoffe umgesetzt. „Die Söhne der großen Bärin", „Ulzana" und „Blutsbrüder" seien stellverFoto: © Defa Stiftung, Norbert Kuhröber
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Die Defa-Geschichte dauerte bis 1995 und hat damit die DDR überlebt. Im Abspann des Films „Novalis – Die blaue Blume" ist von ihr letztmalig zu lesen. Um ihre wirklich spannende Geschichte zu erzählen, bräuchte man mindestens die komplette kult! -Ausgabe. Man müsste an Regisseure wie Frank Beyer, Heiner Carow, Egon Günther, Rolf Losansky, Konrad Wolf und Herrmann Zschoche erinnern sowie von Defa-Stars wie Angelika Domröse, Renate Blume, Renate Krössner, Rolf Hoppe, Erwin Geschonneck, Rolf Herricht, Winfried Glatzeder, Gojko Mitic, Armin Müller-Stahl und Manfred Krug erzählen. Viele Defa-Spielfilme sind heute regelmäßig im TV zu sehen, ein Großteil wurde auch auf DVD und Blu-Ray veröffentlicht. Der Defa-Film-Verwerter Icestorm inszenierte dazu einen eigenen Webshop, bei dem alle Defa-Schätze zu finden sind: www.spondo.de. Christian Hentschel 2/2017
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CD-Player Sony CDP-X 777 ES
Von Lothar Brandt
Meisterwerk der Technik! Es war einmal … da baute Sony die besten CD-Player der Welt. Und mit der Beste seiner Art war der CDP-X 777 ES. Der legendäre 3 mal 7" " räumte Anfang der 1990er alles ab. Ein Traum – bis heute.
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nd wenn sie nicht gestorben sind ... Tja, leider sind die meisten CD-Spieler aus der Gründerzeit quasi verblichen. Allenfalls noch ein paar verstreute Museumsstücke aus den frühen 1980er Jahren sind heute noch spielfähig. Die meisten geben nach Einlegen einer Silberscheibe, wenn überhaupt, nur noch ein verstörendes Klicken und Krächzen von sich. War wohl nix mit der unendlichen Lebensdauer, die man den Musikfans 1982 versprach, als die Compact Disc und die ersten kommerziellen Player auf den Markt kamen. Zumindest die Player segneten oft schneller das Zeitliche, als bei AnalogPlattenspielern neue Nadeln fällig waren. Aber System-Miterfinder Sony machte Dampf, entwickelte ab dem „Urvater" CDP-101 die Player in rasantem Tempo weiter. Sony marschierte lange vorneweg, andere Firmen, oft als Lizenznehmer, zogen nur nach. Ungefähr ab der zweiten Hälfte der 1980er war Sony der Unterhaltungselektronik-Gigant, der auf fast allen Feldern ganz vorne mitspielte. Mit Einführung der ES-Komponenten unterstrich der japanische Riese seine Ambitionen dann auch im so genannten High End, da, wo die teuren Exoten und die edelsten Titanen sich tummelten. Seite
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Im Halbjahrestakt ließ Sony neue Player-Flaggschiffe vom Stapel – und das schönste und edelste Stück rollte dann 1991 aus dem Entwicklungszentrum. Der CDP-X 777 ES, damals 3000 D-Mark teuer, wunderbar verarbeitet, technologisch ausgereift, klanglich fast unschlagbar und wunderschön mit seinen (von Banausen auch abnehmbaren) für die ES-Komponenten typischen Holzwangen. Sony baute danach zwar noch weitere auch sehr gute CD-Player, aber man sah, spürte und hörte zunehmend den Rotstift, den die Japaner im HiFi-Bereich angesetzt hatten. Schade drum. Wie schade, das können kult!-Leser vielleicht ermessen, wenn sie heute eine CD entweder in den Schlitz eines Computers stecken oder dazu ratternd und ruckelnd die Schublade eines aktuellen Players ausfahren. Beim Sony fuhr die Lade blitzschnell und fast unhörbar heraus – und nach dem ebenso flotten und leisen Einziehen war nichts mehr zu hören. Das Laufwerk, also der Teil des Players, der die CD unter dem Laser rasend schnell rotieren lässt, war ein Meisterwerk der Feinmechanik mit der werksinternen Bezeichnung KSS 281. Der Autor, damals wie heute wieder Tester bei einem HiFi-Magazin,
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ste sich auch der seinerzeit höchst fortschrittliche und für erwarb den Player direkt nach Erscheinen des Tests im April/Mai 1991. damalige Verhältnisse geradezu sensationell gut klingende Und seitdem läuft das gute Stück bei ihm. Und läuft. Und läuft. Und Pulse-Converter des 777 schon bald noch feineren, noch läuft noch immer so leise und ruckelfrei wie am ersten Tag ... genaueren Wandlern geschlagen geben. Was Schubladenmechanik und Laufruhe angeht, ging es seitdem Aber so, wie es für feine Autos Tuner gibt, so gibt es mehr oder weniger bergab, von ganz, ganz wenigen, sehr, sehr teuren die auch für feine HiFi-Komponenten. Jedenfalls Ausnahmen abgesehen. Warum? Weil zunehmend bot die deutsche Firma Swoboda Audio Kombilaufwerke gefragt waren, die auch Modification, kurz SAM, schon bald nach Computer-Discs, später DVDs und heute Serienstart verschiedene Tuning-Kits unter auch noch Blu-ray-Discs abspielen und auch anderem für den inzwischen nur noch „3 bespielen können und das CD-Geschäft sozumal (die) 7" genannten Top-Player an. Mitte sagen im Nebenerwerb betreiben. Und der der 1990er und dann noch einmal 2007 ließ Multibetrieb macht eben Lärm, ist kosteneffider Autor an seinem geliebten 777 so ziemlich alles zient kaum ruhig zu kriegen. Statt Vollmetall wie „upgraden", was nur ging. Übrigens arbeitete SAM im CDP-X 777 ES regiert Plastik, wohin man schaut. immer mit dem Placet des Großkonzerns. Das exzellente Laufwerk entApropos: Wenn man mal in den betagten Player schaut, können koppelt per Fadenaufhängung nach dem „String Suspension Concept" einem angesichts des Aufwandes schon die Tränen kommen. Das fängt SSC die Spannungsversorgung gefiltert, neu beim grundsoliden Aufbau an und hört bei der geregelt und stabilisiert, die Ausgangsstufe aufwändigen Stromversorgung mit eigenen frisch geliftet. Transformatoren für den digitalen und den Hersteller: Sony Das Ergebnis: Noch heute spielt der Superanalogen Part nicht auf. Wie bitte, analoger Modell: CDP-X 777 ES Sony in der recht manierlichen Anlage des Part? Bei einem CD-Spieler? Ja. Denn jeder Bauzeit: 1991–1993 Autors eine exzellente Rolle. Den kult!-Status Spieler muss, wenn er in einer konventionellen Damaliger Preis: 3000 DM = ca. 1500 € HiFi-Anlage arbeiten soll, die digitalen Daten hat er sich über ein Vierteljahrhundert ehrenMaße (B x H x T): 47 x 12 x 37 cm der Compact Disc in analoge Spannungen haft verdient. Wobei – die Technik schreiGewicht: ca. 18 kg umwandeln, mit denen ein normaler Verstärker tet eben weiter fort – er heute meist per Fernbedienung: mit 20er Tastatur etwas anfangen kann. Und dieser Digital Digitalausgang einen externen DAC beliefert, Regelbarer Ausgang Analog Converter, abgekürzt DAC, bildet mit der nochmals mehr Glanz und Details rüberKopfhörer: regelbar dem Laufwerk sozusagen das Herz-Kreislaufbringen kann. Doch auch mit Bordmitteln Analogausgänge: Cinch, XLR System eines jeden Players. Bevor spielt der Altmeister die meisten aktuellen Digitalausgänge: optisch, koaxial S/PDIF die Signale den Player verlassen, Player glatt an die Wand. Der mechanische Modifikation: Swoboda Audio durchlaufen sie noch eine anaTeil aber, das Laufwerk samt Schublade, Modification SAM 2+ loge Ausgangsstufe, um genug ist noch heute State Of The Art. Diese Wert im Top-Zustand Heutiger Saft liefern zu können. Beim DAC Langzeittauglichkeit ist geradezu märchenhaft ohne Modifikation: 600–800 € machte die Audio-Digitaltechnik beim Sony CDP-X 777 ES. Und wenn er nicht mit Modifikation: ab 1100 € die größten Sprünge. Und so musgestorben ist, so läuft er auch noch heute.
Daten & Fakten
Die Film-Klassiker der DEFA auf DVD bei
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(Ortstarif/Mobilfunk abweichend)
Werbe-Ikonen – Teil 4 Von Andreas Kötter
Die Odyssee des Camel-Manns
So richtig angekommen ist er nie, der Camel-Mann". Weder " an irgendeinem wie auch immer benannten Ziel noch bei mir. Der Mann, der allen Ernstes behauptete: Ich gehe mei" lenweit für Camel Filter", war ganz sicher kein Unsympath. Aber eben auch kein Marlboro-Mann". "
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er Cowboy aus der Marlboro-Werbung war ein Mann der Tat. Einer, der dich aufforderte: „Come to Marlboro Country" – und damit das Versprechen ablegte, dich mitzunehmen ins Sehnsuchtsland unserer Kindheit in den frühen 70er Jahren. Der „Camel-Mann" dagegen war ein Getriebener und, viel mehr noch als das tollpatschige „HB-Männchen", der ganz große Sisyphos der Werbe-Industrie. Wo selbst noch der HB-Giftzwerg „Bruno" am Ende seiner zunächst völlig aus dem Ruder laufenden Alltagsabenteuer mit spätem Gelingen belohnt wurde – eben in dem Moment, in dem er sich eine HB angesteckt hatte –, blieb der „CamelMann" ein ruheloser Geist. Ein kurzer Blick auf seine Schuhe sagte bereits alles. Einer, der sich buchstäblich die Sohlen durch- und die Füße wundlief für eine Filterzigarette, der taugte einfach nicht zum Weltenerklärer. Und mal ehrlich: Für eine Camel Filter wäre unsereins nicht mal bis zur nächsten Straßenecke, geschweige denn meilenweit gelaufen. Für das neueste „Bessy"-Heft? Ganz sicher! Für „Brauner Bär", das Eis mit dem Karamellkern von Langnese? Möglicherweise auch. Aber für eine Zigarette? Niemals. Damals nicht und heute noch weniger. Der „Camel-Mann" hatte außer seinem kernigen Aussehen einfach nichts zu bieten, schien aus dem Nirgendwo zu kommen und dorthin auch wieder zu entschwinden. Und das Ankommen interessierte diesen Drifter offensichtlich nur wenig. Natürlich könnte man ihm da aus heutiger Sicht einen ideologischen Überbau zugestehen und ihn als klassische Verkörperung einer „Der Weg ist das Ziel"-Philosophie begreifen. Alles schön und gut im Hier und Jetzt. Damals aber musste es im Leben eines Zehn- oder Zwölfjährigen noch möglichst zielgerichtet zugehen. Freitags war „Fix und Foxi"- und Badetag, und am späten Sonntagnachmittag ritten die Cartwrights über den Bildschirm. Sich in der Gegend herumstolpernd sinnlos die Füße plattzulaufen und die Schuhe zu ruinieren – das gestand unsereins damals allenfalls „Shenandoah" zu, dem „Mann ohne Namen". Kein Wunder also, dass der „Camel-" mit dem „MarlboroMann" auf der Attraktivitätsskala der freiheitsliebenden Werbe-Ikonen nie so recht mithalten konnte und längst Geschichte war, als der Marlboro-Cowboy noch eine ganze Weile gut zu tun hatte im „Marlboro Country". Dabei hatte alles doch so gut begonnen für die Marke mit dem Dromedar. Tabak-Tycoon Richard Joshua „R.J." Reynolds war einer der Pioniere dieser Industrie und brachte mit Camel 1913 die erste American Blend-Zigarette auf den Markt. Orientalisches Flair dank des weltberühmten Dromedars, einer Pyramide und einiger Palmen machte die Marke schnell zur erfolgreichsten Zigarette des Landes. Modell gestanden für das Kamel, das tatsächlich ein Dromedar Seite
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war, hatte Old Joe aus dem Zirkus Barnum & Bailey, der damals zufällig ein Gastspiel in Reynolds’ Heimatstadt Winston-Salem in North Carolina gab. Und bereits 1921 entstand auch der Slogan, mit dem der „CamelMann" sich auf seine nicht enden wollende Odyssee begab: „I’d walk a mile for a Camel" – „Ich würde meilenweit gehen für eine Camel Filter." Später gewann man sogar Westernlegende John Wayne als Testimonial. Dass Wayne unheilbar an Magenkrebs erkrankte und man dies nicht zuletzt auf seinen Konsum von drei, vier Schachteln Zigaretten am Tag zurückführte, war allerdings keine allzu gute Werbung (tatsächlich sollen die Dreharbeiten zum Abenteuerfilm „Der Eroberer" in Utah, nahe dem damaligen Atomwaffentestgelände der US-Armee, ursächlich für Waynes Erkrankung sowie der weiterer Crewmitglieder gewesen sein). 1968 kam die Camel zu uns, und mit dem Glimmstengel auch der erste europäische „Camel-Mann". Der hieß Dieter Scholz und war Modell, vor allem aber lebenslanger Nichtraucher. Der damals 30-Jährige lebte dank Camel den Jetset-Traum und drehte mal am Kilimandscharo, mal in der Serengeti. Schon 1971 aber war für Scholz, der viel später – ganz ohne esoterisches Brimborium – in der Eifel indianische Schwitzhüttenrituale abhalten sollte, Schluss mit dem sinnentleerten Herumirren. Und schon bald hatte der „Camel-Mann" per se seine Schuldigkeit getan. Erst sehr viel später sollte man aus dem Image des kernigen Abenteurers und unsteten Streuners noch einmal Profit schlagen: Die Camel-Modelinie scheint bis heute einigermaßen zu funktionieren. Auch wenn diese Klamotten zumindest meiner Meinung nach eher so aussehen, wie man sich das große Abenteuer vielleicht in Bayrischzell, Castrop-Rauxel oder Oberlungwitz vorstellen mag ...
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– Teil 5 –
Von Andreas Kötter
Unvergessene TV-Charaktere
Percy Stuart
So wie Percy Stuart (Claus Wilcke), so wollte wohl mancher Junge Ende der 60er Jahre irgendwann auch einmal werden – wenn man nicht gerade damit beschäftigt war, vielleicht dem Rifleman aus Westlich von Santa " Fé" oder dem Urwaldoktor in Daktari" nachzueifern. In der Rückschau " und eingedenk der mühseligen Erfahrungen und Fährnisse vieler Jahre würde heute aber wohl jeder, der halbwegs bei Verstand ist, ein Leben als Jetsetter, Globetrotter und Tausendsassa einem als alleinerziehender, hart schuftender Vater oder als Tierarzt irgendwo im schwülen Dschungel vorziehen.
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n einer Zeit, als unsereins mit den Eltern die Sommerferien im Allgäu verbrachte und eine Reise über die Alpen an einen der oberitalienischen Seen das Höchste der Gefühle in Sachen Internationalität war, verströmte „Percy Stuart" eine Weltläufigkeit, die man damals noch kaum kannte. Globalisierung war nicht einmal als Wort erfunden, und Orte wie Vera Cruz oder Mauritius tauchten im Erdkunde-Unterricht, der damals noch Heimatkunde genannt wurde, nicht auf. Titelgebende Begriffe wie Sombrero, Scheich, Hazienda oder Piratengold kamen einer ungeheuren Verlockung wie aus „Tausendundeine Nacht" gleich. Es war dieses Unbekannte – das Fremde und das Exotische –, das „Percy Stuart" Ende der 60er Jahre 52 Mal, zunächst noch in Schwarzweiß, später dann in Farbe, in deutsche Wohnzimmer brachte. Bereits der Titelsong, gesungen von Claus Wilcke selbst, machte jedem abenteuerlustigen Jungen den Mund wässrig. Percy Stuart war nicht nur „der Mann, der alles kann" und „ein Mann mit tausend Träumen", sondern vor allem derjenige, der sich diese Träume erfüllen konnte. Dass an all diesen mysteriösen Orten selbstverständlich „im schönsten Moment die größte Gefahr" lauerte, machte das Ganze erst richtig rund. Schließlich wollte man ja keine Pfeife sein, sondern ein ganzer Mann. Im Übrigen versprach der Song „in 99 Prozent auch ein Happy End". Da konnte man wirklich neidisch werden auf Percy Stuart, mit dem es das Schicksal auch sonst gut gemeint hatte. War er doch der Erbe eines amerikanischen Multimillionärs und fristete schon deshalb ein angenehmes Jetset-Leben. Dass der Vater den Filius in seinem Testament dazu verdonnert hatte, um die Aufnahme in den exklusiven Londoner Excentric-Club oder auch Club der 13 zu ersuchen, die an das Bestehen von 13 großen Abenteuern rund um den Globus gebunden war, stellte kein Problem dar, sondern war ein Glücksfall für Percy. Ein Geschenk für einen ohnehin Beschenkten, was unsereinem schon damals schlagartig klarmachte, dass die dümmsten Bauern eben doch die dicksten Kartoffeln ernten: „Abenteuer rund um den Globus", und das ganz für lau, wie es neudeutsch heißt – als ob das eine Bestrafung gewesen wäre für den Luftikus, der die Dinge ohnehin gerne mit Humor nahm. Seite
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Zudem hatte Stuart einen ungeheuren Schlag bei den Frauen. Damals mag das noch kaum beeindruckt haben, Mädchen waren in jenen frühen Jahren des Knabenalters ja bekanntlich in erster Linie doof. Heute aber muss man eingestehen, dass Percy nicht ganz Unrecht hatte, wenn er von Fall zu Fall das Nützliche mit dem Angenehmen zu verbinden wusste. Wie sein Alter Ego Claus Wilcke übrigens auch. Der brachte es als „Percy Stuart" dank einer Quote von bis zu 54 Prozent – in der heutigen TV-Landschaft unvorstellbar – nicht nur zu mehreren „Bravo"-Ottos, sondern wurde ebenfalls zum Frauenliebling. Und bis heute scheint auch Wilcke durchaus Schlag zu haben beim weiblichen Geschlecht. Dass der 77-Jährige zum vierten Mal verheiratet ist, mag noch keine große Meldung sein. Dass seine aktuelle Frau wie schon die dritte aber mehr als 30 Jahre jünger ist als er selbst, schon eher. Zumindest zeigt es, dass Wilcke, der immer noch gut aussieht, sich etwas bewahrt haben muss vom jugendlichen Charme, der seinen Percy Stuart ausmachte. Und wahrscheinlich lässt es sich so auch im fortgeschrittenen Alter noch ganz gut leben. 2/2017
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ENDZEITFILME
Die Verfalldaten der Apokalypsen Von Roland Schäfli
Hollywood hat uns immer wieder den Weltuntergang vorgemacht. Doch ein Blick auf die Chronik dieser Dystopien zeigt: Immer wieder überlebt unser Blauer Planet sein filmisch prophezeites Ende. Was wiederum zeigt: Das fantastische Spiel mit der Existenzangst des Publikums ist meist von kurzer Dauer.
In diesen Science-Fiction-Filmen ist der Zeitpunkt der Apokalypse bereits überholt:
Holocausts auf den 11. August 1966 anzusetzen. Der Zeitreisende muss mit ansehen, wie Lavaströme die zivilisierte Welt vernichten, bevor ihn die Zeitmaschine ins Jahr 802701 bringt.
1902:
Der allererste ScienceFiction-Film dauert 20 Minuten und handelt von der Reise zum Mond: „Le Voyage dans la Lune" entsteht 67 Jahre, bevor der erste Mensch tatsächlich seinen Fuß auf den Erdtrabanten setzt. Der Film sieht vor, dass die Astronauten sich gegen Mondbewohner zur Wehr setzen müssen. Es ist das erste Mal, dass Science mit Fiction gemixt wird – und die Realität der Mondlandung schließlich diese Fiction korrigiert.
1926: Der visionäre deutsche Ufa-Film „Metropolis" zeigt eine Großstadt im Jahr 2000. Die Arbeiterwelt malocht unter Tage, um den Herrschenden in ihren luftigen Wolkenkratzern den Luxus zu erhalten.
1965: In „Lemmy Caution gegen Alpha 60" ermittelt Geheimagent Eddie Constantine im Jahr 1990 im Stadt-Staat „Alphaville", wo Roboter bereits die Fäden ziehen. 1966:
Während des Welt raumrennens entstanden und nur wenige Jahre vor der Mondlandung, zeigt „Way … Way Out!", wie „Mondkalb" Jerry Lewis als US-Astronaut im Jahr 1989 das erste Mondbaby auf dem Erdtrabanten zeugen soll.
1968: „Planet Of The Apes" spielt 2000 Jahre in einer Zukunft, in der die Affen sich die Erde untertan gemacht haben. Nur die halb versunkene Freiheitsstatue zeugt noch von der menschlichen Rasse. Astronaut Charlton Heston soll gemäß Raumschiff-Anzeige am 14. Juli 1972 zum „Planeten der Affen" aufbrechen.
1933: Schon in einem der ersten Katastrophenfilme, in „Deluge", wird New York von einer Flutwelle weggespült – das vielleicht erste, aber nicht das letzte Mal, dass die Freiheitsstatue als Symbol für den Untergang der Menschheit herhalten muss. 1959:
1968: Im selben Jahr prophezeit „2001: A Space Odyssey", dass die Menschheit im Jahr 2001 mit einer Mission zum Jupiter unterwegs sein wird. Die gründlich misslingt, als der Schiffscomputer die Kontrolle übernimmt.
Die Angst vor der gegenseitigen atomaren Zerstörung gipfelt in „On The Beach": U-Boot-Kommandant Gregory Peck läuft „Das letzte Ufer" an – kann 1964 aber nur noch den Tod der gesamten menschlichen Rasse feststellen.
1960: „The Time Machine" spielt zwar im London
1971: „2001"-Regisseur Stanley Kubrick lässt mit „Clockwork Orange" eine weitere düstere Utopie folgen, die ein verrohtes und von jugendlichen
des Jahrs 1899, doch die Filmemacher ließen es sich nicht nehmen, das Datum des nuklearen
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Straftätern terrorisiertes „England in nicht allzu ferner Zukunft" zeigt. Die Brutalität einzelner Szenen wurde zum Zeitpunkt des Erscheinens heftig kritisiert, inzwischen haben die Taten der Jugendgang von Alex in der Realität längst ihre Entsprechung gefunden.
1971: „Omega Man" Charlton Heston ist der letzte
Überlebende eines Weltkriegs, der gemäß Kalender 1977 stattgefunden hat.
1973:
Erneut Charlton Heston: Als Polizist kommt er im „Jahr 2022 – die überleben wollen" der Regierung auf die Schliche. Sie füttert die Weltbevölkerung mit dem Präparat Soylent Green, das aus menschlichen Überresten besteht. Diese Dystopie einer überbevölkerten Welt mit überfischten Meeren und Mangel an Grundnahrungsmitteln kommt der heutigen Realität stellenweise bedenklich nahe.
1973: „Westworld" ist der ultimative Kick für
Erlebnisreisende: Im Vergnügungspark des Jahres 1983 dürfen Touristen menschlich wirkende Roboter abknallen.
1975:
Im Jahr 2012 wird New York nach einem Atomkrieg von verwahrlosten Banden bevölkert. Yul Brynner, in „Westworld" eben noch der mordende Roboter mit Kurzschlusshandlung, ist hier der „Ultimate Warrior". Ansichten des damals noch ganz neuen World Trade Centers verdeutlichen dem heutigen Zuschauer, wie schnell die harte Wirklichkeit einen Science-Fiction-Film wie „New York antwortet nicht mehr" einholen kann.
1979: Ein tiefgefrorener Kampfpilot taut in „Buck Rogers In The 25th Century" erst im Jahr 2491 wieder auf. Buck muss zur Kenntnis nehmen, dass die Erde, wie er sie kannte, im November 1987 durch einen Nuklearkrieg verwüstet wurde.
1991:
Der zweite „Terminator"-Streifen nennt den präzisen Tag des Weltendes: Am 29. August 1997 soll Cyberdyne Systems den Doomsday einläuten.
1993: „Jurassic Park" stellt die kühne Idee vor, Dinosaurier zu klonen. 2012 kommt eine Studie jedoch zum Schluss, dass die Erhaltungsmöglichkeiten von DNA innerhalb fossilierter Knochen – was der Filmplot als Erklärung für die Machbarkeit angibt – ausgeschlossen sei. 1995: In „Twelve Monkeys" haben sich die
Überlebenden im Jahr 2035 unter die Erde zurückgezogen. Bruce Willis wird in der Zeit zurückgeschickt, um die Ursache der globalen Viruskatastrophe zu finden, die sich 1996 ereignen sollte.
1996: Die „Klapperschlange" kommt zurück: in „Escape From L.A." ist nun Los Angeles wie seinerzeit New York zum abgeschlossenen Hochsicherheitstrakt mutiert. Und ebenso wie das Original, das 1997 spielte, wird auch diese Fortsetzung, im Jahr 2013 angesiedelt, bereits von der unerbittlichen Zeit eingeholt, die sich als schärfster Filmkritiker erweist. Denn bekanntlich sind weder N.Y. noch L.A. heute Freiluftgefängnisse. 1997: Als „Postman" zeigt Kevin Costner ein tristes Amerika, das im Jahr 2013 nach einem Atom- und dem darauffolgenden Bürgerkrieg am Ende ist.
1999: Der Plot des visionären ScienceFiction-Films „Matrix": Die Menschheit ist angeschlossen an eine umfassende Computersimulation, die ihr weismacht, im Jahr 1999 zu leben. Gemäß Filmdialog ist die tatsächliche Realität „2099 oder 2199, genau sagen kann das keiner". 2006: In „Children Of Men" ist die Menschheit vom Aussterben bedroht: Seit 2009 wurde kein Baby mehr geboren.
1981: In „Escape From New York" ist Manhattan im Jahr 1997 zu einem riesigen Hochsicherheitsgefängnis umfunktioniert worden.
2009: „District 9" geht als einer der wenigen Genrevertreter in der Zeit zurück und erfindet ein Ereignis im Jahr 1982: Damals soll ein riesiges Raumschiff in Südafrika gelandet sein. Bis 2009 ist aus dieser ersten AlienSiedlung ein gewaltiger Slum geworden.
1982:
Harrison Ford jagt als „Blade Runner" Replikanten im Jahr 2019. In dieser düsteren Zukunftsvision kann schon nicht mehr zwischen Menschen und Robotern unterschieden werden.
2009: Die amerikanische Luft- und Raumfahrtbehörde Nasa kürt Roland Emmerichs „2012" zum absurdesten Science-FictionFilm, der das Publikum mit falschen Angaben ängstige. Der deutsche Regisseur lässt bildgewaltig die Prophezeiung der Mayas wahr werden, deren Kalender für 2012 das Ende vorsah. Allerdings ist auch dieser ultimative Doomsday-Film nur drei Jahre nach seinem Erscheinen bereits überholt.
1989: Im zweiten Teil von „Back To The Future" reisen Marty McFly und Doc Brown ins Jahr 2015: Der besagte 21. Oktober wird weltweit von Anhängern der „Zurück in die Zukunft"-Trilogie als besonderer „Tag der Ankunft" gefeiert. Obwohl die versprochenen Erfindungen wie das schwebende „Hoverboard" leider nicht eintrafen. GoodTimes
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KLAUS FISCHER
Klaus Fischer ist eine der großen Legenden des deutschen Fußballs. Der ehemalige TopStürmer des FC Schalke 04 ist mit 268 Treffern nicht nur der zweitbeste Torschütze der Bundesliga überhaupt hinter Gerd Müller. Fischer schoss auch das "Tor des Jahrhunderts" und war der wohl beste Fallrückzieher-Spezialist aller Zeiten. Im Interview mit kult! spricht der ehemalige Nationalspieler und Vize-Weltmeister von 1982 über seinen berühmtesten Schuss, über sein bestes Spiel und über die Renaissance des klassischen Mittelstürmers.
Herr Fischer, lassen Sie den entscheidenden Moment am 16. November 1977 bitte noch einmal Revue passieren ... Im Länderspiel gegen die Schweiz stand es bereits 3:1 für uns, trotzdem haben wir weiter schnell nach vorne gespielt. So auch in der 59. Minute, über rechts mit meinem Schalker Vereinskameraden Rüdiger Abramczik, der ein sehr schneller Stürmer auf der Außenbahn war. „Abi" hatte die Fähigkeit, aus vollem Lauf wunderbare Flanken schlagen zu können. Dank seiner schnellen Vorstöße war es im Schweizer Strafraum nicht so voll, wie es sonst vielleicht der Fall gewesen wäre. Deshalb konnte ich den Fallrückzieher ideal ansetzen. Der Rest ist Geschichte.
Dieser Treffer wurde erst zum "Tor des Monats", dann zum "Tor des Jahres", später zum „Tor des Jahrzehnts" und schließlich zum "Tor des Jahrhunderts" gewählt. Machen Sie sich hin und wieder bewusst, dass dieser Treffer vielleicht das einzige "Tor des Jahrhunderts" überhaupt bleiben könnte, schließlich weiß niemand, ob in 30, 40 oder 50 Jahren überhaupt noch Bundesliga-Fußball gespielt wird?
Ab und zu wird man natürlich noch auf dieses Tor angesprochen, ansonsten denke ich aber nicht mehr allzu oft daran. Letztlich liegt es ja fast 40 Jahre zurück, und ich habe auch viele andere schöne Treffer erzielt.
In der Tat haben Sie Tore am Fließband erzielt, allein in der Bundesliga 268 an der Zahl. War das Tor gegen die Schweiz für Sie persönlich dennoch Ihr schönstes? Seite
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Persönlich würde ich ein anderes wählen, wenn es denn gezählt hätte (lacht). In einem Freundschaftsländerspiel gegen die UdSSR ist mir 1978 ebenfalls ein Fallrückzieher gelungen, der meiner Meinung nach noch schöner war als das „Tor des Jahrhunderts". Der damalige Bundestrainer Jupp Derwall hat sogar vom „schönsten Tor, das ich je gesehen habe" gesprochen. Das Problem war, dass der Schiedsrichter dieses Tor wegen eines vermeintlich gefährlichen Spiels von mir nicht gegeben hat. Das war wirklich sehr schade, denn diesen Ball habe ich noch besser getroffen als den ein paar Monate zuvor gegen die Schweiz.
Auch ein zweiter, weit wichtigerer Fallrückzieher als der gegen die Schweiz wurde zum "Tor des Jahres" gewählt ...
Sie meinen den Treffer zum zwischenzeitlichen 3:3-Ausgleich in der Verlängerung des WM-Halbfinales 1982 gegen Frankreich. Das war wohl tatsächlich das wichtigste Tor meiner Karriere. Wir lagen damals gegen die bärenstarken Franzosen mit Kapitän Michel Platini in der Verlängerung schon 1:3 zurück, und es waren nur noch rund 20 Minuten zu spielen. Dann aber gelang Karl-Heinz Rummenigge zunächst der Anschlusstreffer zum 2:3 und mir fünf Minuten später per Fallrückzieher das 3:3. Dieses Tor brachte uns ins Elfmeterschießen, das wir schließlich mit 5:4 gewinnen und so doch noch ins WM-Finale gegen Italien (1:3; Anm. d. Autors.) einziehen konnten.
Überhaupt waren Fallrückzieher Ihr Markenzeichen; wie viel war Veranlagung, wie viel war harte Arbeit?
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Fischer: Fallrückzieher waren für mich überhaupt kein Problem, die habe ich schon als Kind beim Fußballspielen auf der Wiese immer wieder auf spielerische Weise versucht. Wir haben damals beinahe jeden Tag Fußball gespielt, denn während unserer Kindheit Anfang der 60er Jahre gab es kaum andere Möglichkeiten der Freizeitbeschäftigung. Ich erinnere mich noch gut daran, dass ich in der Jugend erst bei meinem Heimatverein SC Zwiesel trainieren konnte, nachdem ich 1961 mit elf Jahren mein erstes eigenes Fahrrad bekommen hatte. Vorher war es kaum möglich, die acht Kilometer von meinem Wohnort Kreuzstraßl bis nach Zwiesel zu bewältigen. Eine Buslinie gab es nicht, und ein Auto hatten die Eltern damals sowieso nicht.
Einen Fallrückzieher-Spezialisten wie Sie gibt es heute nicht mehr. Woran liegt das?
Hin und wieder mag man schon noch den einen oder anderen Fallrückzieher sehen. Die resultieren dann aber eher aus Zufallsaktionen, aus Querschlägern oder Bällen, die nach oben abprallen, so dass ein Stürmer, der mit dem Rücken zum Tor steht, diese Situation für sich nutzen kann. Ganz bewusst geplante Fallrückzieher nach einer Flanke von außen aber sehe ich tatsächlich kaum noch. Meine Fallrückzieher resultierten fast immer aus von rechts geschlagenen Flanken von „Abi". „Abi" war bei Schalke damals der Nachfolger von Stan Libuda. Er konnte aus vollem Lauf mit der Innenseite flanken, und entscheidend dabei war, dass sich seine Flanken vom Tor wegdrehten. Das beherrscht heute kaum noch jemand. Die meisten Flanken drehen sich heute zum Tor und damit zum Torwart hin. Der hat es so viel leichter, diese Flanken zu berechnen. „Abis" Flanken aber waren für mich ideal. Der Ball kam immer so auf mich zu, dass ich ihn meist perfekt mit dem Spann treffen konnte – wie gegen die Schweiz.
"Tor des Jahrhunderts" hin, Fallrückzieher her – Ihr bestes Spiel dürfte aber wohl das Schalker 7:0 bei den Bayern am 9. Oktober 1976 gewesen sein, ein heute unvorstellbares Ergebnis ...
„Unvorstellbar", das war ein solches Ergebnis im Grunde damals auch, wenn man bedenkt, dass bei den Bayern unter anderem Maier, Beckenbauer, Schwarzenbeck, Rummenigge, Hoeneß und Müller auf dem Platz standen. Die Münchner hatten damals dreimal in Folge den Europa-Pokal der Landesmeister gewonnen und waren die beste Mannschaft Europas, wenn nicht der Welt. Dort 7:0 zu gewinnen, das war ein Wahnsinn, ein Spiel, das wie im Traum ablief ...
... ein Triumph, zu dem Sie gleich vier Treffer beisteuerten ...
Das ist richtig. Das gelingt einem nicht alle Tage. Vielleicht kann man deshalb wirklich sagen, dass dieses Spiel mein bestes überhaupt war. Wobei ich in einer Partie bei Hannover 96 auch mal vier Tore geschossen habe. Zur Halbzeit stand es noch 1: 0 für 96, am Ende aber haben wir 5:1 gewonnen, und ich hatte ebenfalls viermal getroffen.
Sie und Gerd Müller waren klassische Mittelstürmer par excellence und sind bis heute die besten Bundesliga-Torschützen aller Zeiten ...
Fotos: © Horstmueller
Es gab damals noch viele andere sehr gute Mittelstürmer wie Hannes Löhr beim 1. FC Köln, Manfred Burgsmüller bei Borussia Dortmund oder natürlich Jupp Heynckes bei Borussia Mönchengladbach, auch wenn der auf dem Papier eher ein Linksaußen war. Die haben alle wie am Fließband getroffen. Wenn heute einer aber nur 13, 14 Tore macht, wird er schon von vielen Clubs aus dem In- und Ausland umworben.
Der klassische Mittelstürmer schien zwischenzeitlich schon ausgestorben und wurde ersetzt durch die "falsche Neun". Wie denken Sie über die aktuelle Renaissance des zentralen Stürmers? Falsche Neun! Wenn ich das höre, bekomme ich Pickel. (lacht) Es geht doch gar nicht ohne einen zentralen Stürmer, der torgefährlich ist. Bloß gibt es die heute kaum noch ...
Wie viele Tore hat Mario Gomez denn in dieser Saison bisher geschossen?! Ich glaube, im Moment sind es neun, und die Saison ist bereits im letzten Drittel. Trotzdem muss Jogi Löw auf ihn bauen, denn ohne geht es auch nicht. Nehmen Sie doch die vergangene Europameisterschaft: Wir waren Frankreich im Halbfinale (0:2; Anm. d. Autors) haushoch überlegen, sind aber ausgeschieden, weil uns einfach die Leute gefehlt haben, die vor dem Tor wirklich gefährlich und auch mal in der Lage sind, einen Luftkampf zu gewinnen, um einen anderen Spieler, wie etwa Thomas Müller, in Position zu bringen. Mit Mario Gomez und Sandro Wagner muss Löw auf Stürmer setzen, die beide bereits um die 30 Jahre alt sind. Denn im Nachwuchsbereich haben wir null, ich betone, null solche Stürmertypen! Ich wüsste jedenfalls keinen, von dem man mit Sicherheit sagen könnte: Der wird irgendwann Nationalspieler und kann das Problem im Sturmzentrum beheben. Der klassische Mittelstürmer wird einfach nicht mehr ausgebildet. Das halte ich für einen großen Fehler.
Diese Entwicklung scheint Sie sehr zu ärgern?
Es gibt einiges, das mich ärgert. Nehmen Sie doch das Testspiel gegen England vor wenigen Wochen (1:0; Anm. d. Autors). Der Treffer von Lukas Podolski in seinem Abschiedsspiel hat nur überdeckt, wie wenig Bewegung im deutschen Spiel war. Es wurde doch kaum eine gefährliche Situation herausgearbeitet. Hätten die Engländer ihre Top-Chancen nicht so leichtfertig vergeben bzw. hätte Marc-André ter Stegen nicht so gut gehalten, Deutschland hätte schon zur Halbzeit deutlich zurückgelegen. Wenn ich mich dann aber mit Experten unterhalte, die selbst Nationalspieler waren – Namen möchte ich nicht nennen –, komme ich mir manchmal vor, als wären wir früher auf dem Feld nur spazierengegangen.
Diese Experten argumentieren, dass das Spiel heute viel schneller und athletischer ist als vor 30, 40 Jahren – zu Unrecht?
Natürlich ist das Spiel viel schneller geworden, vor allem das Spiel ohne Ball. Heute muss man als komplette Mannschaft extrem handlungsschnell sein. Was aber das Tempo und die Beschleunigung des Einzelnen betreffen, frage ich mich in 25 von 30 Spielen, die ich mir ansehe, wo bitte dieses Tempo sein soll?! Wofür haben wir früher überhaupt trainiert, wenn wir angeblich nur spazierengegangen sind?! Spazierengehen, das wäre auch ohne Training möglich gewesen (lacht). Dass ich in jedem Spiel wahrscheinlich 20, 30 Sprints über 30, 40 Meter gemacht habe, immer im höchsten Tempo, und dass ich gerade bei Standardsituationen auch Defensivaufgaben im eigenen Strafraum übernommen habe, davon wollen diese Experten heute nichts mehr wissen. Mein Spiel war geprägt von Zweikämpfen, ich wurde im Grunde über die vollen 90 Minuten von meinen Gegenspielern bearbeitet. Ein wenig scherzhaft haben die Trainer ihren Verteidigern damals mit auf den Weg gegeben, den Stürmern notfalls sogar bis auf die Toilette zu folgen (lacht).
Trotz all Ihrer persönlichen Erfolge hat es weder mit 1860 München oder Schalke noch später mit dem 1. FC Köln oder dem VfL Bochum zur deutschen Meisterschaft gereicht. In einer anderen Sportart aber durften Sie einen solchen Erfolg feiern ... (lacht) Das war im Eisstockschießen! Da war ich sogar zweimal Deutscher und einmal Europameister. Bei uns im Bayerischen Wald lag im Winter so viel Schnee, dass Fußball kaum möglich war. Also sind wir aufs Eisstockschießen ausgewichen. Und wir waren damals wirklich richtig gut und hatten große Qualität. Sonst wären diese Erfolge niemals möglich gewesen. Heute spiele ich nur noch selten, und wenn, dann in der Halle. Aber wenn es darauf ankäme, könnte ich es immer noch! Gar kein Problem! Andreas Kötter Klaus Fischer bei seinem Fallrückzieher 1982 im WM-Halbfinale
Mario Gomez oder Sandro Wagner sind solche Stürmertypen ... GoodTimes
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as haben ein tschechischer Schlagersänger und ein freches, kleines Insekt gemeinsam? Nun, nichts weniger als einen Pakt für die Unendlichkeit! Der tschechische Schlagersänger trägt natürlich den Namen Karel Gott und steuerte 1976 das Titellied für eine japanisch-deutsche Zeichentrickserie über dieses freche, kleine Insekt namens Maja bei, eine fröhlich-unbeschwerte Biene, die sich im Laufe von über vier Dekaden dann in die Herzen von Millionen Kindern wie Eltern weltweit eingeschlichen hat. „Die Biene Maja" nannte sich dieses Projekt folgerichtig, am 9. September 1976 war die erste Folge zum ersten Mal im deutschen Fernsehen zu bestaunen, davor bereits in Japan. Maja „fliegt durch ihre Welt, zeigt uns das, was ihr gefällt", singt Karel Gott im Songklassiker zur Serie, seinem sicherlich bekanntes ten Gassenhauer. Und genauso ist es: 104 Folgen lang besteht der „Summer" aufregende Abenteuer mit seinen tierischen Freunden, allen voran dem treuen, etwas schläfrigen Bienen-Kumpan Willi, Grashüpfer Flip, Stubenfliege Puck, Schmetterling Fritz oder Spinne Thekla. Und vielen, vielen liebenswerten Insekten mehr. Die Reihe wurde allerdings, ehe sie sich zum absoluten Publikumsliebling entwickelte, bei ihrem Start durchaus kritisch betrachtet, wie Josef Göhlen, der ehemalige Leiter des ZDFKinder- und Jugendprogramms, unmissverständlich zugibt: „Man hat in der ‚Biene Maja' Kitsch gesehen", sagt er. „In den 1970ern musste man die Kinder im Fernsehen erziehen. Ich hingegen wollte sie unterhalten, im besten Sinne des Wortes." Dass der flotte Brummer bei einigen TV-Verantwortlichen auf Widerstand stieß, hatte auch mit seinem Erfinder zu tun: Autor Waldemar Bonsels hatte sich die Figur ausgedacht, er war in den 1920ern einer der meistgelesenen einheimischen Schriftsteller überhaupt gewesen. 1912 war sein Werk „Die Biene Maja und ihre Abenteuer" erschienen, drei Jahre darauf der Nachfolger „Himmelsvolk". Bonsels, 1880 im Schleswig-Holsteinischen Ahrensburg geboren und 1952 in Ambach am Starnberger See gestorben, war ein vieldiskutierter Zeitgenosse. Einerseits stellte man den eher scheuen Zeitgenossen in eine Reihe mit klassischen Seite
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Romantikern wie Novalis oder Joseph von Eichendorff. Auf der anderen Seite war er glühender Antisemit und in den 1940ern Herausgeber der kriegspropagandistischen Münchner „Feldposthefte". Was nicht darüber hinwegtäuschen kann, dass die „Biene Maja"Geschichten speziell jungen und jüngsten Lesern bzw. Zuschauern die Liebe zu Tieren auf liebevollste Art und Weise näherbringt. Und darüber hinaus: Diese Biene ist eine wahre Emanze! Sie hat keine Scheu vor der Welt. Dem ewig näselnden, ein wenig drögen Willi gibt sie als Leitspruch immer wieder mit auf den Weg: „Wenn du dich nicht heranwagst an das, was du nicht kennst – dann bleib eben hier, wenn du zu feige bist." Wie auch immer: Dieses Insekt ist aus der TV-Welt nicht mehr wegzudenken. 2012 wurde eine neue, computeranimierte 3D-Serie entwickelt, die selbstredend auch auf Deutsch veröffentlicht wurde. Wobei sich die Figuren deutlich von ihren Vorgängern unterscheiden. Maja etwa ist deutlich schlanker als ihr Original, was sehr vielen Fans der ersten Stunde sauer aufstieß und gar zu Protesten führte. Die 78 je elf Minuten langen Folgen kosteten insgesamt zwölf Millionen Euro; die Serie startete im ZDF am 29. März 2013. „Am herausragendsten ist vielleicht, dass die ‚Biene Maja' sehr spielerisch die Welt entdeckt", meint Marcus Horn, verantwortlicher Redakteur beim ZDF für die Maja-Folgen von 2013. „Eventuell ist es das, was die Kinder so fasziniert, dass da jemand etwas darf, was bei ihnen so im Alltag nicht möglich ist." Unabhängig von der etwa steril gestalteten 3D-Maja der Neuzeit – wer die echte, anarchisch-fröhliche Biene aus ihren Frühtagen neu oder wieder entdecken will, hat dazu jetzt die einmalige Gelegenheit: Seit kurzem steht die Originalserie komplett mit allen 104 Folgen, erstmals technisch restauriert, in einer 14 Scheiben umfassenden Blu-ray-Box in den Läden, die Wuchtbrumme zeigt sich in ganz neuem Glanz. Kein Geringerer als Karel Gott schwärmt von dieser Edition: „Seit Generationen begleitet und begeistert die Biene Maja Kinder und ihre Eltern. Dass die berühmteste Biene und ihre Abenteuer jetzt in neuer Pracht erstrahlen, gefällt mir dabei besonders!" Michael Fuchs-Gamböck
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Das ewige Summen fur Jung und Alt
1984 strahlte das Zweite Deutsche Fernsehen von Anfang Januar bis Ende März jeden Donnerstagnachmittag „Die Kuschelbären" aus. Anschließend verschwanden die 13 Folgen weitestgehend in den Archiven. Unverständlich, handelt es sich doch um eine zeitlos liebevoll produzierte Puppenserie auf der Grundlage eines fast 100 Jahre alten Romans für Kinder.
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ie Hauptfiguren sowohl im Buch als auch in der österreichischpolnischen TV-Produktion sind drei Plüschbären, die an einem Sonntagnachmittag im Sommer von ihren Besitzern im Kindesalter wäh rend einer Waldwanderung lie gen gelassen und vergessen wer den. Ob das den Kids von heute mit ihren Smartphones passieren würde, steht hier glücklicherwei se nicht zur Debatte. Jedenfalls stellen Samtpfötchen, Knopfauge und Plüschohr – nachdem sie von einem Schmetterling auf der Nase aus dem Schlaf gekitzelt worden sind – fest, dass ihre Kinder Klaus, Karin und Hans verschwunden sind. Für inner halb von vier Wänden sozialisierte unschuldige Plüschtiere stellt das natürlich ein großes Problem dar, mit dem sie nichtsdestotrotz unterschiedlich umgehen. Plüschohr ist die Stimme der Vernunft in dem kuscheli gen Trio und verhält sich wie sein informeller Anführer. Knopfauge ist hingegen der Vorlauteste der drei, wodurch er sich so manches Mal unnötig in Gefahr begibt. Und für Samtpfötchen birgt offensichtlich alles Gefahren in sich, so dass sie von besagtem Knopfauge auch gern mal als „Heulsuse" bezeichnet wird. Dass sie als Mädchen die Schüchternheit in Person darstellt und ihr Kleid nicht schmutzig machen möchte, würde nicht nur Astrid Lindgren vermutlich nicht gefallen (immerhin stellt dies aber immer noch eine „Verbesserung" zum Buch dar, in dem die Leser es mit drei männlichen Bären zu tun bekommen). Eigentlich ist der Buchtitel „Was drei kleine Bären im Walde erlebten" allerdings zutreffender als die „Kuschelbären". Denn es wird schnell klar, dass Flora und Fauna des Waldes im Mittelpunkt der Serie stehen und der Irrweg der Spielzeuge aus Plüsch nur den wichtigen Ausgangs- und Endpunkt des Plots bildet. In jeder Folge treffen die lieben Bären auf leibhaftige Tiere, die so „menschlich" dargestellt werden, wie es in keiner Fabel gelungener pas sieren könnte: Eule Olga hat den Ruf als „Klugschwätzer" weg. Die nicht weniger redselige Elster Else klaut Löffel. Beim Konzert der Frösche geht GoodTimes
es darum, wer „der Größte" ist. Der Hase erscheint ständig zu spät zur Orchesterprobe, obwohl er wissen muss, dass ohne ihn nicht angefangen werden kann. Der schlaue Fuchs Gandolf möchte die drei Bären unbe dingt loswerden, kann sie aber nicht der Einfachheit halber verspeisen, weil er keine Holzwolle frisst. Natürlich heckt er dann einen anderen Plan aus, wie er sich der „kichernden Wollknäuel" entledigen könnte … Das alles soll aber nicht bedeuten, dass Plüschohr, Knopfauge und Samtpfötchen im Wald auf ausschließlich bösartige Tiere treffen wür den. Im Gegenteil, mehrere kommen ihnen in brenzligen Situationen zu Hilfe, so dass Kameradschaften entstehen. Da wäre beispielsweise der etwas tollpatschige Dachs, der das Spinnennetz zerstört, mit dem die Kuschelbären in einer Höhle gefangen wer den. Ein zunächst gewöh nungsbedürftiger Geselle wiederum ist der bebrill te Wichtelmann Peter, weil es sich bei ihm um kein Tier handelt. In diesem Fall orientierten sich die Serienmacher womöglich zu stark an der noch mär chenhafteren Buchvorlage. Peter hilft den Geschöpfen des Waldes, indem er die Flügel von Vögeln repariert und Samtpfötchen ein Glockenröckchen aus Laub, Blumen und Blättern maß schneidert, als ihr eigenes verschwun den ist. Nach einem wegen Regens bereits einmal verschobenen lauschigen Sommerfest und einem finalen Zusammenstoß mit dem Fuchs finden die drei Plüschbären dank der guten alten Räuberleiter und der Eule, die den Hofhund ablenkt, schließlich doch noch zurück. Die Lösung ihres Problems besteht – wie kindergerecht – aus einem Telefon, allerdings mit Wählscheibe den 80ern entsprechend. Ein Anruf bei ihren Kindern führt dazu, dass Plüschohr, Knopfauge und Samtpfötchen abgeholt und nach Hause gebracht werden. Ihre Fantasie anregende Geschichte ist besonders für die jüngsten Zuschauer geeignet. Herausgehoben werden sollte nicht nur die ausdrucksstarke Puppentechnik, sondern auch die schöne Musik von Piotr Hertel, da in jeder Folge mindes tens ein Kinderlied zu einem wichtigen Thema wie Freundschaft gesun gen wird. Erst seit 2014 ist der fast vergessene Serienklassiker wieder auf zwei DVDs erhältlich, nachdem er 20 Jahre lang nur noch von Zeit zu Zeit zu früher Stunde im Pay-TV aufgetaucht war. Thorsten Pöttger
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Abb.: © Pidax Film
Wie das Plüsch im Walde
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ull Problemo!" Zwei Worte genügen, um bei Millionen von Menschen in Deutschland ein Schmunzeln auszulösen, gute Erinnerungen zu wecken und an beste Fernsehunterhaltung „ zu erinnern. Vor fast einem Vierteljahrhundert – genauer gesagt am 5. Januar 1988 – flimmerte der charismatische Außerirdische Gordon Shumway, besser bekannt als Alf (Alien Life Form), im ZDF zum ersten Mal über (west-)deutsche Fernsehbildschirme. Mit seinen 95 Zentimetern und dem markanten eichhörnchenfarbenen Fell ist Alf der wohl berühmteste Flüchtling der 80er Jahre. Sein Heimatplanet Melmac wurde durch eine atomare Katastrophe vernichtet, in letzter Sekunde entkommt er mit seinem Raumschiff, irrt verzweifelt durchs All und kracht schließlich ins schmucke Einfamilienhaus der Familie Tanner, irgendwo in einem Vorort von Los Angeles. Schnell freunden sich Vater Willie, Mutter Kate und die beiden Kinder Brian und Lynn mit dem außerirdischen Besucher an. Der Familienrat beschließt: Alf darf dauerhaft im Haushalt der Tanners bleiben!
versprechen sich Willie und Kate nichts Gutes. Sie fürchten, dass Alf bei einer Entdeckung zu Forschungszwecken in einem Labor eingesperrt oder zum Testobjekt für skrupellose Militärs wird. Gerade die Versuche, Alf vor den – eigentlich freundlichen, aber auch ziemlich neugierigen – Nachbarn Trevor und Raquel Ochmonek zu verstecken, beschäftigen die Tanners in nahezu jeder Alf-Folge und bereichern die Serie um unvergessliche Momente. Und Alf-Episoden gibt es reichlich: Ganze 102 Sendungen von jeweils 24 Minuten Länge wurden in vier Staffeln produziert. Im Produktionsland USA lief Alf bereits am 22. September 1986 zum ersten Mal auf NBC. Der Erfolg war am Anfang überwältigend und kam für NBC wohl auch ein wenig überraschend, denn wirklich innovativ war das Alf-Konzept nun wirklich nicht. Bereits von 1963 bis 1966 wurde in der TV-Serie „Mein Onkel vom Mars" erzählt, wie ein Journalist mit einem Alien zusammenlebt. Von 1978 bis 1982 flimmerte „Mork vom Ork" über die amerikanischen Bildschirme. Star war auch hier ein Außerirdischer, dieses Mal in einer Wohngemeinschaft mit einer Frau. Als Kind, das in den frühen Neunzigern mit Alf aufgewachsen
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Doch im schnöden Alltag erweist sich das Zusammenleben mit Alf als ganz schön kompliziert. Das zottelige Weltraumwesen kommt eben aus einem völlig anderen Kulturkreis. So ist es auf Melmac beispielsweise völlig normal, Katzen als Leckerbissen zu verspeisen! Zudem ist Alf äußerst exzentrisch, verfressen und selbstbewusst. Mit seinen verrückten Ideen wirbelt der Extraterrestrische das beschauliche Leben der Tanners so richtig durcheinander! Vor allem mit der ordnungsliebenden Hausfrau Kate steht der Alien schon bald auf Kriegsfuß. Gleichzeitig müssen die Tanners ihr neues Familienmitglied so gut es geht verstecken, denn von einem Kontakt mit der Öffentlichkeit 2/2017
ist, muss ich allerdings doch betonen: Dieser Gordon Shumway ist keine Kopie von irgendwelchen anderen Außerirdischen. Er ist absolut unverwechselbar, eben ein waschechtes Original! Und seine rhetorische Begabung ist phänomenal, bei Alf sitzt wirklich jede Pointe. Natürlich habe ich als Kind versucht, die Witze von Alf auswendig zu lernen und mir seine sprachlichen Kunststücke einzuprägen. Viele seiner Kalauer konnte ich als Kind natürlich noch nicht so richtig verstehen. Trotzdem schaffte ich es, mit dem typischen Alf-Humor das eine oder andere Mal bei Gleichaltrigen oder sogar Erwachsenen Eindruck zu schinden! Alf war für mich damals tatsächlich so etwas wie ein Freund, ein Alltagsbegleiter, eine Brücke zwischen der vertrauten, kuscheligen Kinderwelt und dem fremden, komplizierten Erwachsenen-Universum. Denn Alf verband in den späten Achtzigern und frühen Neunzigern die Generationen: Kleine Kinder (wie ich), aber auch gestandene Erwachsene (wie mein Vater) lachten ausgiebig über die Spitzfindigkeiten von Alf. Der zottelige Außerirdische bot eben für jede Altersgruppe etwas und führte die Menschen so am heimischen Fernseher zusammen. Dies wirkt heute im Jahre 2017 – im Zeitalter von YouTube und Smartphones – tatsächlich wie aus einer anderen Welt! Gleichzeitig beweist diese generationenübergreifende Alf-Faszination das relative Niveau der Serie. Sicher, viele der Gags sind harmlose Albernheiten, doch auch ernste Themen ziehen sich wie ein roter Faden durch die US-Serie. So sorgt sich Alf um das (damals wie heute aktuelle) Bedrohungspotenzial von Atomwaffen oder warnt vor einer Selbstauslöschung der Menschheit durch Umweltzerstörung. Auch Themen wie der Tod von nahen Angehörigen, Einsamkeit im Alter oder die Abgründe von Drogen- oder Alkoholsucht werden ausgiebig thematisiert. Mit seiner kindlichen und unbefangenen, aber stets zutiefst besorgten und aufrichtigen Meinung regt Alf den Zuschauer dabei immer wieder zum Blick über den eigenen Tellerrand an. Seine außerirdische Perspektive will uns lehren, scheinbare Gewissheiten kritisch zu hinterfragen.
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Übrigens: Zu seinen deutschsprachigen Fans hat Alf ganz offensichtlich einen besonders guten Draht! Nur bei uns erschienen nahezu alle Folgen der TV-Serie als Hörspielkassetten mit der Originalsynchronisation. Das Hörspiellabel Karussell entfernte hierfür die aufgesetzten Lacher und fügte stattdessen eine Musikuntermalung sowie einen Sprecher hinzu. Dieser erklärte in bestimmten Situationen das Fernsehbild. Insgesamt erschienen 43 Kassetten (jede mit jeweils zwei TV-Folgen) sowie zwei MCs mit dem Titel „Weihnachten mit Alf". Stolze 90 der 100 in Deutschland ausgestrahlten Folgen fanden so den Weg auf das schwarze Magnetband und verkauften sich ausgezeichnet! Auch ich konnte mir als Kind nichts Schöneres vorstellen, als am Abend zu den vertrauten Klängen eines Alf-Hörspiels sanft ins Reich der Träume zu gleiten. Kleiner Tipp für den nächs ten Flohmarktbummel: Gerade die späteren Alf-Kassetten erzielen heute unter Sammlern Höchstpreise. Zum großen Erfolg – Alf ist bis heute die umfangreichste Hörspielumsetzung von TV-Originalaufnahmen – trug ganz sicher GoodTimes
auch die unvergessliche deutsche Stimme des Außerirdischen bei. Tommi Piper – schon damals ein erfahrener, gefragter Schauspieler und Synchronsprecher – lieh Alf seine rauchig-markante Stimme und erlangte so selbst in kürzester Zeit einen enormen Bekanntheitsgrad. Im amerikanischen Original wurde Alf übrigens von dem Schauspieler Paul Fusco gesprochen. Fusco war es auch, der die Serie produzierte und die linke Hand sowie den Mund von Alf steuerte. Zwei andere Puppenspieler kontrollierten die rechte Hand und die Mimik. In jenen Szenen, in denen
Alf komplett im Bild zu sehen ist, steckte der kleinwüchsige – leider im Juni 2016 verstorbene – ungarische Schauspieler Mihály „Michu" Mészáros in einem entsprechenden Kostüm. Interessant: Im Laufe der Serie kam dieses Ganzkörper-Kostüm immer seltener zum Einsatz, weil es in dessen Innerem aufgrund der Studioscheinwerfer schnell unerträglich heiß wurde! Schon als Junge waren für mich die monotonen Lacher aus der Konserve äußerst gewöhnungsbedürftig. Der Hintergrund ist, dass in den USA Sitcoms meist live vor Publikum aufgezeichnet werden. Da die Puppenspieler aber ständig ihre Position wechseln muss ten und zudem eine aufwändige Bühnenkonstruktion benötigten, musste Alf leider mit dieser Sitcom-Tradition brechen. Als Ersatz behalfen sich die Alf-Macher deshalb mit aufgezeichneten Lachern. Die Dreharbeiten fanden übrigens in den Studios der damaligen Columbia Pictures Entertainment Inc. (heute Sony Pictures Entertainment) in Culver City (Los Angeles County) statt. Das Haus der Tanners ist in der Serie nur in den Zwischentiteln von außen zu sehen. Die reale Vorlage wurde 1926 im Tudorstil errichtet, stand im kalifornischen Brentwood und wurde leider 2012 abgerissen. Die letzte Folge von Alf („Die Entscheidung") war übrigens als Cliffhanger-Doppelfolge geplant und sollte in der fünften Staffel fortgesetzt werden. Leider entschied sich NBC dann aber gegen eine Zukunft von Alf, und so endet die unvergess liche Serie völlig offen. Kurios: Im Jahre 1996 lief ein 92-minütiger Fernsehfilm ohne die Tanners auf dem NBC-Konkurrenzsender ABC. In Deutschland kam dieser – auch für mich als Fan bestenfalls mäßige Streifen – unter dem Namen „Alf – Der Film" sogar in die Kinos. Immerhin 392.957 Zuschauer konnten sich damals für den Stoff erwärmen. Hoffentlich wird Alf in greifbarer Zukunft erfolgreicher und vor allem origineller auf die Kinoleinwand oder die TV-Kanäle zurückkehren. Enormes Erfolgspotenzial ist weiterhin vorhanden, denn viele Millionen Fans auf der ganzen Welt lieben ihren haarigen Kumpel von damals auch heute noch heiß und innig! Nicolas von Lettow-Vorbeck 2/2017
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Von Thorsten Hanisch
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I. Vorgeschichte Nachdem in den ersten Folgen dieser kleinen Serie die beiden Seifenopern „Denver-Clan" und „Dallas", die beiden Aushängeschilder schlechthin für damaliges Edel-Drama-TV, ausführlich gewürdigt wurden, sollen im Folgenden die Titel aus der zweiten Reihe zu ihrem Recht kommen. Wobei das keineswegs despektierlich gemeint ist, denn auch die Produktionen im Schatten der Platzhirsche haben durchaus ihre eigenen Reize, allerdings hatte „Dallas" als quasi erstes Format dieser Art die Gnade der frühen Geburt und konnte sich direkt und auch noch ohne größere Konkurrenz in die Herzen der Zuschauer vorarbeiten. Zudem gab es zu diesem Zeitpunkt der TV-Geschichte auch nicht allzu viele Produzenten, die wahnsinnig genug waren, ein extrem kostspieliges, schlagzeilenträchtiges Mammutprojekt wie „Denver-Clan" anzugehen. Langer Rede kurzer Sinn: Es war von daher nur natürlich, dass die Nachfolgeformate nicht den gleichen Erfolg einheimsen konnten – eine Serie aber war dann doch relativ nahe dran, nämlich „Falcon Crest", die ebenso wie „Dallas" von der Produktionsfirma Lorimar finanziert und auf CBS ausgestrahlt wurde. Erfunden wurde „Falcon Crest" von dem im März 2016 verstorbenen Earl Hamner Jr., einem Drehbuchautor und Produzenten, der zuvor zwischen 1972 und 1981 einen gigantischen Erfolg mit der Familienserie „Die Waltons" hatte, die, was im Serienbereich bis dato verhältnismäßig ungewöhnlich war, auf einem Roman basierte, denn der Mann war auch Schriftsteller. Geboren wurde Hamner am 10.07.1923 in Schuyler, Nelson County, Virginia. Der Vater arbeitete in einer Seifenfabrik, die Mutter zog Earl und seine sieben Geschwister auf. Mitte der 30er Jahre schlug dann die Große Depression zu, das Familienoberhaupt verlor seinen Job, fand zwar eine neue Anstellung in Waynesboro, musste aber nun während der Woche in einer Pension leben und konnte lediglich am Wochenende nach einer langen Anreise und einem Sechs-Meilen-Marsch nach Hause Zeit mit seiner Familie verbringen. Dieser Sechs-Meilen-Marsch inspirierte Hamner viele Jahre später zum hier zu Lande nie ausgestrahlten „Die Waltons"-Pilotfilm „The Homecoming: A Christmas Story" (1971). Hamner entpuppte sich schon früh als schriftstellerisches Talent. Mit zwei Jahren konnte er bereits Zahlen schreiben, mit vier lesen, und im Alter von sechs Jahren wurde sein erstes Gedicht auf der Kinderseite einer großen Tageszeitung veröffentlicht. 1939 beendete er die Schule und ging auf die Universität, doch der Kriegsdienst verhinderte weitere akademische Ambitionen, und so landete er schließlich in England und danach in Frankreich, wo er Französisch lernte und viele Freunde fand. 1946 kehrte er in die USA zurück und studierte erfolgreich Publizistik, danach ging es zum Radio, anschließend zum Nachrichtensender NBC. 1953 erschien sein erster Roman, „Fifty Roads To Town", doch Hamner verdingte sich in den folgenden Jahren vor allem als Drehbuchautor für Film und Fernsehen, zu den bemerkenswertesten Arbeiten dürften acht Episoden für die populäre Serie „Unglaubliche Geschichten" (1962–1964), die seinen Durchbruch in Hollywood bedeuteten, und die Vorlagen zu „Im Paradies ist der Teufel los" (1963) und „Heidi kehrt heim" (1968) zählen. Und dann ist da noch Hamners zweiter Roman „Sommer der Erwartung", der 1961 erschien und den Autor – allerdings mit etwas Verzögerung – weltberühmt machen sollte: Das Buch über die Erlebnisse der Großfamilie Spencer wurde bereits 1963 mit Staraufgebot (Henry Fonda, Maureen O’Hara) verfilmt; als jedoch 1971 CBS das Potenzial des Stoffs erkannte, schrieb man TV-Geschichte: „Die Waltons" wurden geboren, die – eine weitere Besonderheit – in direkGoodTimes
tem Bezug zu ihrem Schöpfer standen, denn die TV-Serie basierte auf Hamners Kindheitserinnerungen. Doch hier soll’s natürlich nicht um eine liebenswerte Baptistenfamilie gehen, der Zusammenhalt wichtiger als alles Geld dieser Welt ist, sondern um eine despotische Weingutbesitzerin, die nach absoluter Gewinnoptimierung strebt und dafür notfalls auch gegen ihre eigene Familie vorgeht. „Die Waltons" liefen 1981 aus, und Hamner wollte als nächstes Projekt eine weitere Familienserie angehen, die dieses Mal in der Weinindustrie spielen sollte. Um die Studiobosse zu überzeugen, wurde ein einstündiger Pilotfilm mit dem Titel „The Vintage Years" produziert, der durchaus Anklang fand, allerdings wollten die Entscheidungsträger, dass die Sendung sich noch einen Tick mehr an „Dallas" orientiert (damals der größte Hit für CBS), das Drehbuch wurde also entsprechend modifiziert und der Film mit teilweise anderen Darstellern neu gedreht. „Falcon Crest" startete nur ein paar Monate später als „Denver-Clan", nämlich am 04.12.1981, direkt nach „Dallas" auf CBS. Das Doppel erwies sich als günstig: „Falcon Crest" wurde zum Erfolg und hielt sich 227 Episoden lang, der Stecker wurde erst am 17.05.1990 gezogen.
II. Worum geht’s? Gauner Turner Bates will Emma Channing, Tochter von Weingutbesitzerin Angela Channing, überreden, Tuscanny Valley hinter sich zu lassen, um so der Kontrolle und Aufsicht ihrer herrischen Mutter zu entgehen, denn die Beziehung der beiden wird im Channing-Clan nicht gerade gerne gesehen. Emmas Onkel Jason Gioberti will auch, dass Turner die Finger von Emma lässt, weswegen es zum Streit zwischen Turner und Gioberti kommt, in dessen Verlauf Letzterer über eine Brüstung fällt und stirbt, woraufhin sein Sohn Chase 50 Hektar des Weinguts erbt. Eigentlich keine schlechte Nachricht, doch Angela ist in ihren Augen Alleinherrscherin über das Weinimperium und will das auch künftig bleiben, weswegen sie mit allen Mitteln gegen Chase und seine Familie intrigiert. Ihr Enkel, der geld- und machtgeile Frauenheld Lance Cumson, steht ihr dabei zur Seite, verfügt aber nicht über die Disziplin und das Geschick seiner Großmutter ...
III. Auswertung „Falcon Crest" war zwischen 1982 und 1985 in den USA regelmäßig in den TV-Top-10 zu finden, in Deutschland feierte die Wein-Saga am 8. September im Vorabendprogramm der ARD Premiere, lief aber nur auf deren verschiedenen regionalen Sendern komplett. Das heißt, es liefen tatsächlich alle Folgen, im Gegensatz zu „Dallas" oder „Denver-Clan" wurde nichts unterschlagen, übereifrige Programmverantwortliche schnippelten dafür aber ebenso an den Episoden herum, wenngleich auch nicht ganz so derb gekürzt wurde wie bei „den großen Zwei": Unter anderem schnitt man in „Living Nightmare" (Staffel 6, Folge 2) die Alpträume von Maggie Channing heraus, die Übeltäter nannten die deutsche Version der Folge aber trotzdem „Alpträume". Bedauerlichweise liegt es mit der Homevideo-Auswertung im Argen: Zwar wurde bereits 2009 die erste Staffel auf DVD veröffentlicht, aber bisher folgten von den insgesamt neun nur zwei weitere, von denen die dritte lediglich in einer kleinen Startauflage in Form gepresster Discs verfügbar war, ansonsten als Disc On Demand von Amazon, allerdings wurde dieser Vertriebsweg mittlerweile eingestellt. Staffel 4 ist laut Warner nach wie vor in Planung, allerdings erfolgt 2017 keine Veröffentlichung. Vielleicht auch nicht die schlechteste Taktik: Wenn die Serie dann irgendwann mal komplett vorliegt, werden die meisten Interessenten bereits das Rentenalter erreicht und somit genug Zeit und Muße haben, sich dem Channing-Clan in aller Ausführlichkeit zu widmen. 2/2017
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Autogrammarchiv Norbert Arndt
IV. Die Darsteller die bereits üppig entlohnten „Denver-Clan"-Kollegen John Forsythe, Joan Collins und Linda Evans lagen mit Gagen von 1,5 bzw. jeweils 1,2 Nostalgie hin oder her, was 80er-Jahre-Primetime-Soaps auch heute Millionen knapp dahinter). noch ungemein faszinierend macht, sind die fast immer erstaunlichen Besetzungen. So tauchen auch hier wieder bekannte Gesichter (unter Lorenzo Lamas verkörpert – trotz Golden-Globe-Nominierung für anderem Morgan Fairchild, Anne Archer, Lauren Hutton, Robert Stack, „Falcon Crest" – künstlerisch und mit Sicherheit auch gagentechnisch Ursula Andress) in Gastrollen auf, aber auch die Hauptrollen wurden – das andere Ende der Fahnenstange. Lamas betrat am 20.1.1958 als bis auf Lorenzo Lamas, der hier noch am Anfang seiner Karriere stand Lorenzo Fernando Lamas die Welt – beileibe nicht von Debütanten gespielt, weswegen im Jane Wyman und ist der Stiefsohn der schauFolgenden kurz auf die wundervolle Jane Wyman (Angela spielernden 1940er-Jahre-SchwimmChanning) eingegangen wird; aber auch Lorenzo Lamas Ikone Esther Williams, die seinen (Lance Cumson) soll nicht zu kurz kommen, der Mann Vater heiratete, als er elf Jahre alt wurde in der Zeit nach „Falcon Crest" sicherlich nicht zum war. Williams und Lamas’ Mutter, die allergrößten Schauspieler unter der Sonne, hinterließ in den Schauspielerin Arlene Dahl (vor allem 1990er Jahren aber dennoch seine persönliche Duftmarke. bekannt durch den Jules-VerneKlassiker „Die Reise zum Mittelpunkt Jane Wyman wurde am 4.1.1914 in St. Joseph, Missouri, der Erde" von 1950), waren ziemlich als Sarah Jane Fulks Mayfield geboren, ihre Eltern lieeng mit Jane Wyman befreundet, ßen sich scheiden, als sie vier Jahre alt war, und gaben die ihm dann später auch die Rolle sie zu Pflegeeltern, die ihre in „Falcon Crest" verschaffte. Doch künstlerische Begabung noch bevor seine Schauspielkarriere erkannten und entsprechend begann, trainierte Lorenzo förderten (bereits mit acht Taekwondo und Karate und machte Jahren bekam sie Gesangsin beiden Sportarten den schwarzen und Tanzunterricht). Wyman Gürtel – dieser Umstand prädestibegann ihre Karriere 1930 als nierte ihn für den Karriereweg, den Jazzsängerin im Radio. 1932 er Anfang der 90er Jahre beschreizog sie nach Hollywood, weil ten sollte. „Schauspieler" stand aber sie eine berühmte Tänzerin schon von Kindesbeinen an auf werden wollte, und landete seiner Liste möglicher Berufe ganz beim Film, wo sie auch als oben, seine ersten Auftritte hatte er Tänzerin eingesetzt wurde, 1977 in zwei Episoden der Serie „Die zwei mit dem Dreh". Nach weiteren sich dann aber allmählich als Schauspielerin einen Namen machte und in kleineren Rollen in TV-Serien ergatterte Lamas eine größere Nebenrolle sehr vielen B-Filmen von Warner Brothers mitwirkte. 1941 schrieb sie mit im John-Travolta-Musical-Klassiker „Grease", der Durchbruch kam aber der bis dato längsten Kussszene (drei Minuten, fünf Sekunden) in „Der erst mit „Falcon Crest". Dennoch: Der Versuch, Schrecken der 2. Kompanie" Filmgeschichte. auf der großen Leinwand Fuß zu fassen, scheiterte, für „Body Rock" (1984) gab es sogar Ihren endgültigen Durchbruch verdankte sie die goldene Himbeere, was rückblickend aber 1944 der hier zu Lande nie veröffentlichten unfair erscheint, denn Lamas schlägt sich in Komödie „The Doughgirls", denn Regietitan der Hauptrolle durchaus wacker, vielmehr hat Billy Wilder war von ihrer Darstellung sehr der Film als solcher so seine Probleme – es angetan und gab ihr im Alkoholikerdrama ist durchaus bezeichnend, dass Musikvideo„Das verlorene Wochenende" (1945) die weibRegisseur Marcelo Epstein nach seinem Debüt liche Hauptrolle – die Kritiken waren euphokein weiteres Projekt mehr realisieren konnte. risch, und das Werk wurde mit vier Oscars ausgezeichnet, Wyman selbst ging aber leer Mit „Snake Eater" (1989) fand der attrakaus. Allerdings durfte sie sich bereits ein Jahr später für „Die tive Mime dann seine Nische: preisgüns Wildnis ruft" über eine Nominierung freuen, den Goldjungen tige, für den Videomarkt hergestellte sackte sie dann schlussendlich 1949 für die Darstellung des Actionfilme, in denen er mit seinem guten taubstummen Opfers einer Vergewaltigung im 1948 angeAussehen, seinen Kampfsportfähigkeiten laufenen „Schweigende Lippen" ein. Wyman war nun lange und seinem machohaften Auftreten punkZeit – zusammen mit Doris Day (die im Gegensatz zu Wyman ten konnte, ja, die die Marke „Lamas" allerdings eher auf Familienunterhaltung geeicht war) – der regelrecht etablierten, die auch in der ebengrößte Star der Warner-Studios und hatte 1950 sogar die Ehre, so actionbetonten TV-Serie „Renegade – zusammen mit Marlene Dietrich unter der Regie von Alfred Gnadenlose Jagd" (1992–1997) mit Erfolg Hitchcock auftreten zu dürfen (in „Die rote Lola"). an den Mann und auch nicht wenige Frauen gebracht wurden. Natürlich, Lamas Die nächsten Jahre brachten eine weitere Oscar-Nominierung ist kein Schauspieltitan, aber er ist bei wei(für „Das Herz einer Mutter", 1951) und Hauptrollen in gleich tem nicht so schlecht, wie aufgrund seiner zwei Filmen („Die wunderbare Macht", 1953, und „Was der Bekanntheit für actionlastige Stoffe gerne Himmel erlaubt", 1954) von Melodram-Legende Douglas Sirk, kolportiert wird; in der deutschen Version die ihr 1954 zu einem Platz unter den zehn kassenträchtigsten von „Renegade" zum Beispiel wird seine Stars verhalfen. Sie drehte dann zwar weitere Kinofilme, verlaLeistung vom ansonsten sehr geschätzten gerte ihren Schwerpunkt aber zunehmend Richtung Fernsehen, Synchronsprecher Ekkehardt Belle, dessen knarzendes, irgendwie „altes" wo sie unter anderem für ihre eigene Serie „Jane Wyman Presents The Organ zwar beispielsweise zum brummig-massigen Steven Seagal, aber Fireside Theatre" (1955 bis 1958) zwei Emmy-Nominierungen bekam. irgendwie so gar nicht zum drahtig-jugendlichen Lamas passt, deutlich „Falcon Crest" bedeutete für den einstigen Hollywood-Superstar, der runtergezogen, und auch über Michael Schwarzmeiers Organ in „Falcon acht Jahre lang auch mit dem einstigen US-Präsidenten Ronald Reagan Crest" kann man sich streiten, wirklich optimal ist das nicht. Wer den verheiratet war, einen zweiten Frühling und einen krönenden Abschluss Charismatiker jedenfalls mal im Originalton genossen hat, wird ihn mit der Karriere: Die Serie machte sie mit einer Gage von 1,6 Millionen Sicherheit mit anderen Augen sehen. Dollar pro Staffel zur bestbezahlten Seriendarstellerin der Dekade (selbst Seite
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VI. Fun Facts • Die Außenaufnahmen wurden auf dem Weingut Spring Mountain und auf dem Weingut Stag’s Leap Winery, beide im Napa Valley, Kalifornien, gedreht. Wer mal vorbeischauen will, bei springmtn. com und stagsleap.com gibt’s weitere Infos.
Foto: Bildarchiv Hallhuber
• In der Originalversion der Serie spricht Jane Wyman höchstpersönlich – neben Dauersprecher Roy Rowan – die Vorschau auf die jeweils nächste Episode.
v.l.: Lorenzo Lamas, Susan Sullivan, Abby Dalton, David Selby
Foto: Bildarchiv Hallhuber
Das Besondere an Lamas ist aber eigentlich der in den 1990ern etablierte so typische Lamas-Look, der sich total vom geschniegelten Lance Cumson absetzt: Mit seinen meist schulterlangen Haaren, seinen Rocker-Outfits, der offenbar selbst von führenden Fachärzten nur schwer in den Griff zu kriegenden Allergie gegen Oberbekleidung (man kann Wetten abschließen, dass sein von Michelangelo gemeißelter Stahlkörper in praktisch jedem Film und in jeder „Renegade"-Folge auf irgendeine Weise unauffällig-auffällig präsentiert wird) und seiner – schon in „Falcon Crest" oft aufblitzenden – absolute Überlegenheit ausstrahlenden Chefattitüde wirkt der Mann, als ob er auf einer komplett anderen Zeitachse wandelt. Lamas riecht nach Whisky, Barschlägereien, Komplettverweigerung von Gartenarbeit und anderem häuslichem Kleinkram, Legionen an willigen Verehrerinnen und, wenn man die glänzende Geschmeidigkeit seiner Haare in Betracht zieht, nach einer besonders teuren Pflegespülung. Das Schöne ist aber: Er weiß dieses Auftreten mit viel, immer leicht rotzigem Charme zu verkaufen, der Mann ist einfach eine Marke, ein Typ – er kann sich seine Art leisten, eben weil er es kann. Lamas hat der Nachwelt natürlich keine Klassiker wie Wyman hinterlassen, für einen gepflegten v.l.: William R. Moses, Dana Herrenabend kann man Filme Sparks, Robert Foxworth, wie „C.I.A. Codename Alexa" Susan Sullivan (1992), „Swordsman – Das magische Schwert" (1992), „Gladiator Cop" (1994) oder „Viper – Ein Ex-Cop räumt auf" (1994) aber trotzdem bedenkenlos empfehlen. Jedenfalls folgte in den 1990er Jahren eine ganze Reihe von B-Actionfilmen, bevor es dann ungefähr Anfang 2000 langsam, aber sicher in die C-Abteilung ging. Heutzutage ist der agile Mime in AsylumSchrottproduktionen zu sehen und sorgt unter anderem als Pleitegeier für Schlagzeilen.
V. Auch heute noch sehenswert? Ja, definitiv. „Falcon Crest" stellt sich genau zwischen „die großen Zwei": Der Serie geht das Exzessive von „Denver-Clan" ab, sie ist aber dafür rasanter und alles in allem auch deutlich leichtfüßiger als „Dallas", weswegen man sich ohne größere Durchhänger durch die Staffeln schauen kann. Ein Manko gibt’s aber (das alle drei Titel verbindet): Zum Ende hin geht die Puste aus, die neunte Staffel ist – auch aufgrund diverser Schwierigkeiten hinter den Kulissen – ein einziges Desaster. Dass dennoch ein halbwegs würdiger Abschluss gefunden wurde, ist einzig und allein Jane Wyman zu verdanken, die gegen ein offenes Ende intervenierte, da sie der Meinung war, dass man die Fans, die bis zum bitteren Ende durchgehalten hatten, auch belohnen müsse, und zu diesem Zweck sogar einen selbstgeschriebenen Schlussmonolog hielt. Dennoch: „Falcon Crest" macht trotz dieses „Defekts" immer noch ziemlich viel Spaß. GoodTimes
• Die Titelmelodie und der Soundtrack zur Episode 1 stammen vom legendären Soundtrack-Papst Bill Conti (Musik für Der Denver" Clan", Die Colbys", Rocky", James Bond 007 – In tödlicher " " " Mission") • Earl Hamner gab einigen seiner Figuren Namen mit einer besonderen Bedeutung: So steht zum Beispiel Angela im Lateinischen für Engel, natürlich ein ironischer Kontrast zur Figur, Emma kommt aus dem Germanischen und steht für allumfassend" bzw. universell", was " " die vielschichtige Figur gut umschreibt, Chase wiederum leitet sich von einem altfranzösischen Familiennamen ab und bedeutet Jagd", jagen" oder verfolgen", steht aber auch für Charles", was " " " " aus dem Deutschen kommt und freier Mann" bedeutet, eine gute " Beschreibung für seinen fortwährenden Kampf um die Freiheit seiner Familie und seines Besitzes. • Die Figur der Emma war ursprünglich eigentlich nur für fünf Folgen vorgesehen, kam dann aber so gut an, dass die Rolle beibehalten wurde. • Lorenzo Lamas' in der ersten Episode zwinkernder Schlaf zimmerblick ist auf seine starke Kurzsichtigkeit zurückzuführen. Jane Wyman sorgte dafür, dass er sich Kontaktlinsen zulegte. • Angela Gioberti ließ es auch hinter den Kulissen richtig krachen. Diva Wyman sorgte mit allerlei Sperenzchen dafür, dass die Dreharbeiten nicht unbedingt ein Zuckerschlecken waren: Mel Ferrer, Celeste Holm und Simon MacCorkindale nahmen wegen ihr dann schließlich auch den Hut. Besonders gebrutzelt hat es allerdings zwischen Wyman und Lana Turner, da Turner angeblich zu viel Aufmerksamkeit auf sich zog. Die beiden Frauen kamen offenbar dermaßen schlecht miteinander klar, dass Dialogszenen getrennt aufgenommen und später im Schnitt zusammengefügt werden mussten. • Eine geplante lesbische Beziehung zwischen Meredith Baxter und Erin Jones wurde wieder verworfen, da die streng katholische Wyman dagegen war. • Angela und Chase bekriegten sich auch im wahren Leben: Wyman und Robert Foxworth lieferten sich einen Kleinkrieg, der so weit ging, dass beide den Umkleidetrailer des jeweils anderen ausmaßen, nur um sicherzugehen, dass keiner mehr Platz zur Verfügung hatte. • Man hatte für die Rolle der Angela Channing erst eine andere Hollywood-Ikone, Barbara Stanwyck, im Blick, die lehnte allerdings ab und verwies auf ihre beste Freundin Jane Wyman. • Die Rolle der Francesca Gioberti wurde erst Sophia Loren angeboten, der man die Rolle mit der Aussicht auf eine Alexis-ähnliche Figur (das Biest" aus dem Denver-Clan") versuchte schmackhaft " " zu machen, denn die Loren war eigentlich auch tatsächlich die erste Wahl von Denver-Clan"-Produzent Aaron Spelling gewesen, " hatte allerdings zu viel Geld verlangt, weshalb Joan Collins die Rolle bekam. Die Verhandlungen bei Falcon Crest" scheiterten " erneut, und Gina Lollobrigida bekam den Part. • Kim Novaks Mehrfachrolle in der sechsten Staffel ist natürlich eine Verbeugung vor ihrem Auftritt in Hitchcocks Überklassiker Vertigo " – Aus dem Reich der Toten" (1958) – eine Szene wurde sogar am selben Ort gedreht (in der Nähe der Golden-Gate-Brücke). 2/2017
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MANFRED KRUG
Mensch (,) Manne! Z
umindest bislang ist Paul Stoever alias Manfred Krug der einzige „Tatort"-Kommissar, der nach gelungener Aufklärung eines Mordes am Ende eines Falls zusammen mit seinem Assistenten Peter Brockmöller alias Charles Brauer dem Publikum ein Ständchen singt. „Das dient der Entschleunigung", hat Krug einst der Presseagentur dpa verraten, „gerade nach harter Krimikost kann der Zuschauer bei unseren Liedchen die Atmung wieder auf normal schalten.”
Manfred Krug hatte am 8.2.1937 in Duisburg das Licht der Welt erblickt, an einem Rosenmontag übrigens und nicht lange vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs. Kurz vor Kriegsende – seine Familie wohnte in jener Zeit in Berlin – wurde Klein-Manne aus Furcht vor den Russen zu seiner Großmutter Lisa nach Duisburg zurückgeschickt. Der Vater, der an der Ostfront für Nazi-Deutschland gekämpft hatte, kam in britische Kriegsgefangenschaft, aus welcher er 1947 entlassen wurde. Die Ehe der Krugs war inzwischen zerrüttet, 1948 kam es zur Scheidung – mit der Folge, dass Mannes jüngerer Bruder ein Leben bei der Mutter vorzog, während der Ältere sich für den Vater entschied. Und der wiederum entschloss sich 1949, aus dem Westsektor Deutschlands in die soeben gegründete sozialistische DDR umzusiedeln. Dort setzte Manfred seine Schullaufbahn fort, nach deren Ende absolvierte er eine Lehre zum Stahlschmelzer, die er auch beendete. Seite
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Doch bereits als Teenager hatte er erste schauspielerische Erfolge. So war er von 1955 bis 1957 als Eleve in Bertolt Brechts legendärem Berliner Ensemble engagiert. Gleich im Anschluss mimte Krug dann jede Menge Charaktere sowohl in Fernseh- als auch Kinofilmen der DDR, bevorzugt trat er als Ganove oder Halbstarker auf. Privat wohnte er in seinen Anfangstagen als Schauspieler mit dem Schriftsteller Jurek Becker zusammen, eine legendäre Männer f reundschaf t , ehe er 1963 seine Ottilie ehelichte. Bald schon war Manfred Krug die ewigen Gaunerrollen allerdings leid und nutzte stattdessen sein vielseitiges Talent für die unterschiedlichsten Genres: Er gab den König Drosselbart im gleichnamigen Defa-Streifen oder den Brigadeleiter Hannes Balla in „Spur der Steine", die Inkarnation eines kämpferischen und charakterstarken Arbeiters, der durchaus nicht mit allem einverstanden ist, was in der sozialistischen Planwirtschaft „von oben" angeordnet wird. Krug mimte den Aufrechten derart überzeugend, dass die DDR-Regierung darin einen Appell zum Landesverrat witterte und die Produktion bereits nach drei Tagen aus den Kinos nahm und verbot.
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Autogrammarchiv Norbert Arndt
Berufung und lebendem Gesamtkunstwerk sprechen – gingen all die Dekaden Hand in Hand, ehe der vordergründig so Bodenständige, im Herzen aber schon mal Zerrissene am 21.10.2016 dann 79-jährig überraschend verstarb, obwohl er mitten in einem neuen Musikprojekt steckte ...
Foto: © NikMa Verlag
41 Mal verkörperte Manfred Krug zwischen 1984 und 2001 den Paul Stoever, war dadurch zeitweise der dienstälteste „TatortSchnüffler" – und auch weit über seinen Abschied bei der TV-Serie hinaus einer der umschwärmtesten: Noch 2008 wurde er bei einer Umfrage zum zweitbeliebtesten Kommissar gekürt. Nur Götz George als Horst Schimanski übertrumpfte ihn in der Beliebtheitsskala. Doch Krug, von seiner Umgebung meist „Manne" gerufen, war weit mehr als nur „der Stoever". Ein aufregendes Privatleben und seine Berufe als Schauspieler, Sänger, Schriftsteller – vermutlich muss man in diesem Fall eher von
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Apropos „Verbot": Ende 1976 erhielt Krug ein teilweises Berufsverbot verpasst, weil er wie etliche seiner Künstlerkollegen ein Protestschreiben gegen die Ausbürgerung des Liedermachers Wolf Biermann unterzeichnet hatte. Dieses Urteil war der Anfang vom Ende der Beziehung zwischen dem charismatischen Raubein-Mimen und der sozialistischen Wahlheimat. Am 19. April 1977 stellte der im Osten der Republik als Superstar Gefeierte einen Ausreiseantrag, der am 20. Juni desselben Jahres genehmigt wurde. Manfred Krug verließ Ost-Berlin und siedelte in den West-Stadtteil Schöneberg über. In jener Phase seines Lebens war Krug nicht nur als Schauspieler überaus beliebt, sondern seit Anfang der 1970er auch als Jazz-Chansonnier mächtig angesagt: Seine Alben verkauften sich wie warme Schrippen, würde der Berliner wohl behaupten.
Stimme sogar – und das völlig zu Recht – den German Jazz Award in Gold und Platin. Zwei Jahre später war Krug mittendrin im nächsten musikalischen Projekt, es sollte anlässlich seines 80. Geburtstags am 8. Februar 2017 in den Handel gehen. Alle Arrangements waren fertig, es fehlten lediglich die vokalen Beiträge des Jubilars. Dazu allerdings sollte es nicht mehr kommen, denn Manfred Krug erlag zuvor einer Lungenentzündung. Auf Grund dieses tragischen Umstands entschlossen sich spontan namhafte Schauspieler und Musiker, allesamt Bekannte oder Freunde des Maestros, die Platte gemeinsam zu Ende zu bringen. Denn sie wussten, wie viel Herzblut darinsteckte. Und daher hört man jetzt auf MANFRED KRUG – SEINE LIEDER, wie so unterschiedliche Künstler wie Jan Josef Liefers, Stefan Gwildis, Ulrich Tukur, Joy Fleming oder Bill Ramsey die eigentlich für „Manne" geschriebenen Kompositionen zum Besten geben, gemeinsam mit dem Filmorchester Babelsberg. Foto: © NikMa Verlag
„Und dann stand ich also im Westen", verriet der „eigentlich begeisterte Ossi", wie Krug sich selbst bezeichnete, 1991 dem TV-Magazin „Gong", „ein 40-Jähriger mit Glatze, von dem das West-Publikum noch nie etwas gehört hatte." Weil er – auch finanziell – Torschlusspanik hatte, legte Manfred Krug bis 1990 den „Kino-Krug" auf Eis und konzentrierte sich ganz auf die
Kooperation mit dem Fernsehen. Eine schon bald prächtig florierende Win-win-Situation für alle Beteiligten, denn so einen gestandenen Kerl mit seinem verschmitzt-verschwitzten Charme konnte man auch gut im West-TV einsetzen. 15 Jahre lang war Krug als Fernfahrer „Auf Achse", dann als der schon erwähnte „Tatort"-Kommissar Stoever unterwegs, in 34 Folgen als Schnüffler im „Detektivbüro Roth", satte 58 Mal mimte er einen eigenwilligen Anwalt in „Liebling Kreuzberg". Und er fuhr auch schon mal auf dem „Traumschiff" mit oder kasperte durch die „Sesamstraße". Ab den späten 1990ern kümmerte sich Krug auch wieder intensiver um seine Sangeskarriere, bewegte sich mit seinem Sound stets im weiten Spannungsfeld zwischen Jazz, Schlager und Chanson. Für das 2014 erschienene Werk AUSERWÄHLT gewann der glatzköpfige Mann mit der unnachahmlich ausdrucksstarken GoodTimes
Ramseys Beitrag ist übrigens ein Duett mit Charles Brauer. Der alte „Tatort"Weggefährte erinnerte sich anlässlich des 80. Geburtstages an den toten Freund in einem dpa-Interview wie
folgt: „Er war ein Choleriker, und auch ein schrecklicher Besserwisser. Darüber hat er sich selbst aber auch lustig gemacht – nach dem Motto: ‚Man bräuchte sicher 200 Jahre, um diese Marotten wegzubekommen.‘" Und weiter: „Bei Dreharbeiten brach das schon mal mehr durch, wenn er sagte: ‚Merkste denn nicht, dass da, wo du gerade stehst, kein Licht ist?' Manfred hatte die Gabe, seinen dicken Finger auf die schwachen Stellen von Drehbüchern zu legen. Das konnte er sehr viel besser als ich. Aber mit mir persönlich hatte er keinen Streit; ich konnte wirklich viel von ihm lernen. Punktum: Krug war ein – wenn auch eigenwilliger – wahrer Freund." Michael Fuchs-Gamböck 2/2017
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kult! Von Alan Tepper
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Bücher Kultbücher – geschätzt, geliebt, gelobt
berraschung! Ein Besuch des örtlichen Buchhändlers bestätigt einen unerwarteten Trend, denn die seit Jahren verpönte Science-Fiction-Literatur ist wieder zurück. Nach der Blütezeit, die in Deutschland von ca. 1960 bis 1980 anhielt, war es still um das Genre geworden, das leider immer noch mit dem Begriff Trivialliteratur gleichgesetzt wird. Science Fiction ist aber keine bloße Unterhaltungslektüre, die sich auf mehr oder weniger
spannende Weltraumabenteuer" beschränkt. Sie bietet Raum " für grenzenlose Gedankenspiele, literarische Experimente und vor allem Visionen. Und gerade dieser visionäre Aspekt ist ein Element, das einer sich immer stärker abkapselnden Gesellschaft Freiräume eröffnet und sie über den unbedeutenden Ego-Tellerrand schauen lässt. Viel Spaß beim Entdecken und Wiederentdecken.
John Dos Passos – Transfer" "Manhattan ohn Dos Passos (14. Januar 1896 – 28. September 1970) hat mit dem
Daphne du Maurier – "Rebecca" ftmals scheint es so, als sei die britische Autorin Daphne du Maurier
1925 erschienenen „Manhattan Transfer" nicht nur einen Kultklassiker verfasst, sondern zugleich einen Meilenstein der amerikanischen Literatur. Der in drei Teile gegliederte Roman erstreckt sich über einen Zeitraum von rund 30 Jahren und schildert das Leben in New York in all seinen Facetten – schon damals eine der impulsgebenden Metropolen der Welt. Um die Lebendigkeit und Farbigkeit der Stadt darzustellen, setzt der Autor mehrere Stilmittel ein. 1.) Der Leser erfährt nur das, was seine Protagonisten sehen, und wird dadurch zu einem stillen Zuschauer. 2.) Es gibt nur wenige durchgängige Charaktere, oftmals tauchen Personen nur ein einziges Mal auf. Damit erhöht Dos Passos die Multiperspektivität, womit der filmische Charakter, den viele Literaturkritiker dem Buch zuschreiben, gewährleistet ist. 3.) Darüber hinaus bieten die Protagonisten ein gesellschaftliches Spiegelbild. Anspruchsvoll, gelegentlich verwirrend, aber immer schillernd und lebendig!
(13. Mai 1907 – 19. April 1989) längst vergessen, aber dann taucht ihr Name im Zusammenhang mit Alfred Hitchcock auf, der diesen Roman 1940 meisterhaft in Szene setzte, und schon wird der immense Einfluss der Schriftstellerin deutlich. Die Verfilmung weicht stellenweise vom Original ab, das durch die klaustrophobischen Elemente und die dichte Erzählweise punktet. „Rebecca" schildert das Schicksal einer jungen Frau, die den Witwer Maxim de Winter kennen lernt, sich in ihn verliebt und auf dessen Anwesen Manderley zieht. De Winter erinnert sich jedoch ständig an seine erste Frau, die auf unerklärliche Art und Weise auf See ums Leben kam. Auch die Haushälterin Mrs. Danvers scheint von ihrer unheimlichen Anwesenheit wie besessen zu sein und macht deren Nachfolgerin das Leben zur Hölle. Nach zahlreichen Verwicklungen kehren de Winter und seine Frau eines Abends nach Manderley zurück, das in hellen Flammen steht ... Hochatmosphärisch und packend geschrieben.
Reginald Hill – letzte Stunde naht: Kriminalroman" "Die rotz der Dominanz der amerikanischen Krimis, die grundsätzlich
Ernst H. Gombrich – kurze Weltgeschichte für junge Leser" "Eine er österreichische Universalgelehrte Ernst H. Gombrich (30. März
auf Effekte, Rasanz und die gewohnte Prise Sex bauen, setzen sich bei den Lesern häufig britische Autoren hinsichtlich der Beliebtheit durch. Reginald Hill (3. April 1936 – 12. Januar 2012) zählt zu diesen Schriftstellern und erlangte große Popularität durch seine „Andrew Dalziel & Peter Pascoe"-Reihe, die ein recht unterschiedliches Ermittlerteam der Yorkshire-Polizei zum Zentrum hat. Im letzten, jetzt erst übersetzten Roman um die beiden Protagonisten beschränkt sich die Handlung auf einen einzigen Tag, wodurch die Dichte und Detailliertheit der Erzählung gewährleistet ist: Dalziel wird von einer Frau angesprochen, die ihren vor sieben Jahren verschwundenen Mann für tot erklären lassen will, da sie nun mit einem Polizisten zusammenlebt. Doch warum wird die gute Dame von einem Killerteam verfolgt, und wieso tauchen plötzlich Politiker, Reporter und Kollegen auf, die sich penetrant einmischen? Spannend, abwechslungsreich und speziell durch das unvorhersehbare Ende überzeugend.
1909 – 3. März 2001) – so etwas gab es auch einmal, vor vielen, vielen Jahren – mit 13 (!) Ehrendoktortiteln und einem Lehrstuhl am Warburg Institute in London, gehörte zu den wenigen Akademikern, die sich perfekt in ihr Gegenüber hineinversetzen konnten und den Rezipienten auf Augenhöhe ansprachen. Aus diesem Grund ist seine kurze Weltgeschichte, die erstmalig 1936 erschien, höchst lehrreich, aber nie zu komplex oder unangenehm detailliert. Von der Entstehung der Welt über die ägyptische, griechische und römische Geschichte – nicht zu vergessen die Weltreligionen – bis zur Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg (dieser Teil wurde später verfasst) vermittelt er ein Füllhorn an Wissen mit dem Unterton eines ungemein sympathischen Erwachsenen, der während einer gemütlichen Kaminstunde erzählt. Natürlich sind einige Perspektiven aus heutiger Sicht überholt, doch das immense und auf so knappem Platz vermittelte Wissen rechtfertigt die Lektüre des vorzüglichen Buches.
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Arthur C. Clarke – 2001 – "Odyssee im Weltraum: Die komplette Saga" rthur C. Clarke (16. Dezember 1917 – 19. März 2008) als einen
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einer der Kandidaten, die im Zuge des aktuellen Science-FictionRevivals neu entdeckt werden. Die meisten Leser kennen sicherlich die grandiose Verfilmung des Romans aus dem Jahr 1960, die trotz einiger aus heutiger Sicht überholter Effekte und Kostüme (!) einen Zauber ausstrahlt, dem man sich nur schwerlich entziehen kann. Ähnlich brillant ist die neu übersetzte Ausgabe von dtv, die neben dem Text im Anhang Wissenswertes zum Autor liefert sowie Anmerkungen und eine Zeittafel, wodurch besonders die politischen Dimensionen von Wells' Schaffen verdeutlicht werden. Der Roman erzählt die Geschichte eines genialen Forschers aus der Ich-Perspektive, dem der Bau einer Maschine gelungen ist, mit der er durch die Zeit reisen kann. Von seinen akademischen Freunden mit Skepsis bedacht, beginnt er einen Selbstversuch und reist in eine weit entfernte Zukunft, in der sich ein Zweiklassensystem etabliert hat. Auf der Erdoberfläche leben die Eloi und in Bergwerken die Morlock, die sich die Eloi als „Nahrungsvorrat" halten. Nach einigen Abenteuern gelingt dem Zeitreisenden die Flucht in eine noch entferntere Zukunft, wo er das Ende der menschlichen Existenz erlebt. Wieder zurück, schenkt ihm niemand Glauben, und er macht sich mit einer Kamera erneut auf eine Reise, von der er aber nie zurückkehrt. Spannend, visionär und gekonnt erzählt. Der Berliner Egmont-Verlag hat von seinem zweiten, überaus wichtigen Werk „Der Krieg der Welten" eine von Thilo Krapp illustrierte und konzipierte Graphic Novel veröffentlicht. Sie punktet durch den Aufbau, die Erzählweise und die atmosphärischen Zeichnungen, die einiges an Emotionen vermitteln. Allerdings richtet sich der grafische Teil grundsätzlich an ein jüngeres Publikum unter, sagen wir, 50 Jahren, da ältere Leser überwiegend von der Marvel-Ästhetik geprägt sind und/oder den frankobelgischen Illustratoren und somit der dunkleren Kolorierung sowie dem Stil wahrscheinlich eher skeptisch gegenüberstehen. Die wunderbare Welt der Comics
Die Sprechblase
der bedeutendsten Science-Fiction-Autoren des 20. Jahrhunderts zu beschreiben, stellt sicherlich keine Übertreibung dar. Im Gegensatz zu vielen hochkarätigen Kollegen hatte er das Glück, dass eine seiner Kurzgeschichten verfilmt wurde, der Film sich zu einem gigantischen Erfolg entwickelte und sein Name seitdem mit dem Genre beinahe schon zwangsläufig assoziiert wird. Der Titel der Short Story lautete „Der Wachposten" (englischer Titel: „The Sentinel"), der 1969 veröffentlichte Film hieß „2001: Odyssee im Weltraum" und ist zweifellos eines der Meisterwerke des Kinos, nicht zuletzt aufgrund des visionären Regisseurs Stanley Kubrick und des bombastischen Einsatzes der Filmmusik. Clarkes Kurzgeschichte wurde als Ausgangspunkt genommen, von dem aus Kubrick und er selbst das Drehbuch schrieben. Für den sich gelegentlich vom Film unterscheidenden Roman zeichnete Clarke hingegen allein verantwortlich. Nach einer Darstellung der Urzeit springt der Autor ins Jahr 1999 und beschreibt die Entdeckung eines rätselhaften Monolithen auf dem Mond, woraufhin eine Expedition zu einem Saturn-Mond aufbricht, um das Mysterium zu klären. Die beiden Astronauten David Bowman und Francis Pool erleben einen Horrortrip, als das Elektronengehirn HAL 9000 plötzlich menschliche Charakterzüge annimmt, danach Fehlfunktionen hat und schließlich Besatzungsmitglieder tötet. Nur Bowman überlebt. Nachdem er HAL heruntergefahren hat, nähert er sich immer weiter seinem Bestimmungsort, wo er einen noch größeren Monolithen entdeckt und von diesem absorbiert wird. Es folgt eine Wiedergeburt als „Sternenkind", die im Film meisterhaft umgesetzt wird. Die aktuell bei Heyne publizierte Taschenbuchauflage enthält neben dem Klassiker die drei Fortsetzungen, nun als „2010: Odyssee II" (1982), „2061: Odyssee III" (1988) und „3001: Die letzte Odyssee" (1997) betitelt, die ähnlich mystisch angelegt sind. Ein Meisterwerk, in dem große Visionen angesprochen werden.
H.G. Wells – "Die Zeitmaschine"/ Krieg der Welten" "Der .G. Wells (21. September 1866 – 13. August 1946) ist natürlich auch
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SIGURD „Der Fluch von Rothenstein“
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Hansrudi Wäscher
DER FLUCH VON ROTHENSTEIN
Hansrudi Wäscher
Gerhard Förster •
Martin Frei
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Edition Sprechblase
Ein blutsaugender Graf und wahrer Gentleman Christopher Lee versah die Rolle des Bösewichts mit der Aura des Adligen. Er verband das abgrundtief Böse mit besten Manieren. Was seine Schurken umso gefährlicher wirken ließ. Kein Wunder: Er war auch in echt "Sir Christopher".
Foto: Bildarchiv Hallhuber
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Filmbranche", resümierte Lee dann. An Bescheidenheit war zwar ein Mangel zu erkennen, aber seine Schätzung konnte durchaus stimmen: Selbst gegen die drei Musketiere war er mit blankem Stahl angetreten. Und zum Ende seiner langen Karriere nahm er es sogar noch mit dem Lichtsäbel gegen Jedis auf. Unsere zweite Begegnung fand beim Filmfestival von Locarno statt: Da hatte Lee für ein Interview zugesagt. Doch der
Interviewer kam nur dazu, eine einzige Frage zu stellen – denn als der faszinierende Geschichtenerzähler, der er war, verstand es der nun schon 90-Jährige, seine Anekdoten so gekonnt ineinanderfließen zu lassen, dass keine Nachfrage nötig war. Und wenn der Interviewer dennoch eine Frage einwerfen wollte, schnitt Lee ihm höflich, aber bestimmt das Wort ab: „Sie haben mich doch eingeladen, damit ich rede." Nicht ohne Stolz
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Autogrammarchiv Norbert Arndt
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ch traf Christopher Lee zweimal. Das erste Mal war bei der Premiere von „Nachtzug nach Lissabon", einem der zahllosen Filme, denen er am Ende seiner Karriere allein durch seine kurze Anwesenheit zu Klasse verhalf. Das war 2013, zwei Jahre vor seinem Tod. Sir Christopher stützte sich auf einen Gehstock mit silbernem Griff, der direkt aus dem Requisitenfundus der Hammer-Studios hätte stammen können. Und diese Augen! Dunkel wie Holzkohle, ständig Blickkontakt suchend – sie gaben einem das Gefühl, die vollste Aufmerksamkeit der Kinolegende zu genießen. Das so aristokratisch wirkende Gesicht war umrahmt von schlohweißem Haar – schon dem Aussehen nach war er ein Gentleman mit formvollendeten Manieren. Stolz verwies Lee darauf, dass er noch immer alle seine Fechtduelle selbst austragen könne. Und mit einem leicht makabren Lächeln – das ja ausgezeichnet zu ihm passte – zeigte er auf eine alte Handverletzung, die er Errol Flynn zu verdanken hatte. Als „schwarzer Prinz" hatte Flynn einst recht rücksichtslos das Schwert auf seinen Kollegen niedersausen lassen. „Ich habe mehr Schwertkämpfe ausgetragen als irgendjemand sonst in der Foto: Bildarchiv Hallhuber
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Kino-Bösewichte: Teil 4 Christopher Lee
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Das Beste aus 30 Jahren
Foto: Wikipedia/Avda
stellte er eine restaurierte Kopie des Horrorfilms „The Wicker Man" vor, den er nicht nur seinen besten Film nannte, sondern den er gerade heraus als besten englischen Film aller Zeiten bezeichnete … Christopher Lee hat ja wirklich alles getan, um das Image des Grafen Dracula abzuschütteln – das er selbst durch immerhin acht Filme zementiert hatte –, doch so einfach war der Vampir eben nicht totzukriegen. Ganz egal, was Lee machte (und er machte viel, er war ja auch Frankenstein, Dr. Fu Manchu oder die Mumie, 280 Filmrollen insgesamt), in der Vorstellung des Publikums war er eben der Graf mit blutunterlaufenen Augen und, wenn das Blut ihn lockte, hervortretenden Reißzähnen. Und immer, wenn er am Ende zu Staub zerfiel, weil ein Lichtstrahl ihn traf oder ein Holzpflock ihm durchs Vampirherz getrieben wurde – vorzugsweise von seinem Freund und langjährigen Kollegen Peter Cushing, mit dem er Tür an Tür wohnte –, dann wusste das Publikum: So leicht ist Dracula nicht umzubringen – Fortsetzung folgt! Lee war klar: Dracula hatte ihn 1958 berühmt gemacht – „und dafür bin ich dankbar. Aber ich mag keine Schubladen." Ein weiterer Höhepunkt seiner Karriere als schillernder Erzschurke war der Auftritt in der 007-Serie: Als Berufskiller Scaramanga, der titelgebende „Mann mit dem goldenen Colt", bewies er ausgezeichnete Umgangsformen, wenn er seinem Opfer Roger Moore Champagner servieren ließ … Als Zauberer von Mittelerde stellte Lee sich in der „Lord Of The Rings"Verfilmung dann noch einer ganz neuen Generation von Kinogängern vor. In seinen letzten Jahren war er überhaupt gleichsam zum ewigen Gaststar geworden: Er war eine Art Maskottchen in den Filmen von Tim Burton, Steven Spielberg holte ihn für einen Kurzauftritt als lächerlicher Nazi in seinem Film „1941", und wenn in „Gremlins" ein verrückter Wissenschaftler benötigt wurde, dann fiel die Wahl selbstverständlich auch auf Christopher Lee. Durch seine Rollen als Fürst der Karpaten oder Count Dooku war er auf der Leinwand längst in den Adelsstand aufgenommen – bis ihn schließlich Königin Elisabeth auch im wirklichen Leben in den Rang eines Ritters erhob und er sich „Sir Christopher Lee" nennen durfte. Der Engländer beherrschte viele Sprachen, sprach unter anderem in zwei Edgar-Wallace-Filmen sich selbst in Deutsch und verstand sich als Weltbürger. Er kehrte Hollywood den Rücken, um in Europa zu leben, und verbrachte viele Jahre in der Schweiz. Doch als er am 7. Juni 2015 verstarb, kurz nach seinem 93. Geburtstag, war der aus London Gebürtige zurück in seiner Heimatstadt. Roland Schäfli
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Peeping Tom" " (Augen der Angst)
Von Thorsten Pöttger
Wie ein Skandalfilm beinahe Karlheinz Böhms Karriere ruinierte Hätte es 1960 bereits das Internet mit seinen sozialen Netzwerken gegeben, wäre der Shitstorm im Stile folgender Schlagzeilen programmiert gewesen: Sissis Märchen-Kaiser ist ein Psychopath!" " "Der Traum der deutschen Schwiegermütter leidet an einer sexuellen Neurose!" Die deutschen Kinobesucher zu Zeiten des Nachkriegs-Booms waren noch nicht bereit für Gewalt, Lust und Voyeurismus. "Peeping Tom" ("Augen der Angst") war seiner Zeit voraus. Oder war er dem Publikum in der Spätphase des anheimelnden Schnulzenfilms bloß zu komplex?
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omy Schneider und Karlheinz Böhm standen nicht nur für die „Sissi"Filme zusammen vor der Kamera. Gemeinsam war beiden auch, dass sie zeitlebens mehr oder weniger vergeblich versuchten, sich von den einengenden Rollen der erfolgreichen Trilogie zu lösen. Böhm gab dies 1980 in einem Interview mit der Münchner „Abendzeitung" auch offen zu: „Man war ja selber ein Opfer dieses Tanzes um das Goldene Kalb des Wirtschaftswunders wie die restlichen Bundesbürger, man hat davon profitiert, man war eingelullt, man hatte seine Kritikfähigkeit verloren. Davon wollte ich mich in einem drastischen Schritt lösen." Oberflächlich betrachtet, wurde Böhm mit der Hauptrolle in „Peeping Tom" (englischer Begriff für Voyeur/Spanner) seinem Image als netter Junge von nebenan weiterhin gerecht: Mark Lewis verdient seine
handelt. Eben jener berühmte Vater hat die Grundlage zu einer Seelenstörung seines Sprösslings gelegt, indem er ihn im vermeintlichen Interesse der Wissenschaft für Angststudien missbraucht hatte. Das eigentlich Schockierende an „Augen der Angst" ist, dass sich diese Vorgeschichte, die Mitleid mit dem Täter erregt, erst im Laufe des Films herauskristallisiert – und die dazugehörigen furchterregenden Szenen von Regisseur Michael Powell selbst in seinen eigenen vier Wänden mit seinem siebenjährigen Sohn gedreht wurden! Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund erklärt sich, dass der durch eine langjährige Kooperation mit dem Produzenten Emeric Pressburger bekannt gewordene Filmemacher mit „Peeping Tom" seine Karriere noch stärker aufs Spiel setzte als Hauptdarsteller Böhm.
Brötchen als Kamera-Assistent in einem Filmstudio. Seine Nachbarn im Haus wissen nicht einmal, dass es sich bei dem sanften jungen Mann um ihren Vermieter sowie den Sohn eines berühmten Psychologen
Dass der Streifen einen solch großen Skandal auslöste, kann letztlich aber weder an der Darstellung von Sex noch von Gewalt gelegen haben. Eine nackte Brust wurde aufgrund einer Auflage seitens der
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Lewis dann für eine Nachbarin romantische Gefühle entwickelt, stellt sich für seine Mitmenschen heraus, was sich hinter seiner bürgerlichen Fassade verbirgt – mit einem zusätzlich tragischen, letztlich unausweichlichen Ende. Die Kritiken für „Peeping Tom" fielen zunächst vernichtend aus. Karlheinz Böhm verstand die Welt nicht mehr, war er doch der festen Überzeugung, mit „Augen der Angst" ein Weltstar zu werden. Als er gemeinsam mit seinem Regisseur nach der Premiere des Films in London vor dem Kinosaal auf das geladene Publikum wartete, wurden beide keines Blickes gewürdigt. Auch Powells persönliche Meinung über sein Werk war zunächst eher exklusiv: „Peeping Tom" sei kein Horrorfilm, sondern „ein Film des Mitleids, der Beobachtung und der Erinnerung, ja! Es ist ein Film über das Kino von 1900 bis 1960. Ein Film, der in den kommenden Jahren mit Freuden genossen wird." Der Regisseur sollte schließlich insofern Recht behalten, als sein angebliches Skandalwerk von keinem Geringeren als Martin Scorsese 1979 für eine Wiederaufführung auf dem New Yorker Filmfestival aus der Versenkung geholt wurde. Seitdem reicht das Renommee von „Augen der Angst" nicht nur für Produzenten von DVD-Serien vom wahren Klassiker bis zu einem Meisterwerk der Filmgeschichte ...
FSK geschnitten, und von den Mordopfern sind in erster Linie ihre angstverzerrten Gesichter zu sehen. Das eigentlich Skandalöse dürfte vielmehr gewesen sein, dass genau daraus Protagonist Mark Lewis seinen Lustgewinn bezieht – und gleichzeitig so charmant von Böhm dargestellt wird. Die Situation: Der Kameramann verdient nebenbei Geld durch das Ablichten von Nacktfotos attraktiver Frauen, die er mit Hilfe einer perversen Apparatur ermordet. Sein Ziel ist es, die Damen dazu zu bringen, dass sie ihren
eigenen Tod betrachten, den er gleichzeitig in Bild und Ton festhalten will. Dies versucht er mit Hilfe eines an seiner Kamera angebrachten Spiegels sowie eines Mordinstruments in Gestalt eines Messers, das sich in einem nach vorne ausklappbaren Stativbein befindet. So wenig, wie es einem seiner Opfer gelingt, seiner schwerfälligen Waffe zu entkommen, so wenig gelingt es Lewis, den für ihn entscheidenden Moment auf Zelluloid zu bannen. Die bereits im Vorspann eingeweihten Zuschauer des Films werden dabei zu Voyeuren vierten Grades: Sie sehen, wie der Regisseur sieht, wie Mark Lewis sieht, wie seine Opfer sich sehen, wenn sie beim Sterben gefilmt werden … Als
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Saurier zu den Waffen! I
n den frühen 90er Jahren des letzten Jahrhunderts grassierte auf der ganze Welt eine heftige Epidemie: das Dino-Fieber. Im Jahr 1993 erreichte das Riesenechsen-Fieber durch den Film „Jurassic Park" von Steven Spielberg schließlich seinen absoluten Höhepunkt – und flachte danach für den Rest des Jahrzehnts wieder deutlich ab. Die gigantische Medienhysterie um die Urzeitechsen im letzten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts macht vergessen, dass Dinosaurier auch in den Achtzigern in vielen Kinderzimmern ein wichtiges Thema waren: Verantwortlich dafür war ausnahmsweise aber mal nicht Hollywood, sondern ein US-Spielzeugunternehmen. n den 80er Jahren suchte die Firma Tyco Toys fieberhaft nach neuen zündenden Produktideen, um weiterhin harte Dollars mit den lieben Kleinen zu verdienen. Schließlich ersannen die TycoManager ein ebenso innovatives wie kurioses Konzept: Wie wäre es, wenn man uralte Echsen mit futuristischen
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Waffensystemen kombinieren würde? Erdmittelalter meets Space Age – konnte sich ein solch abgedrehtes Konzept durchsetzen? Es konnte – und im Jahre 1988 stand in den USA schließlich eine brandneue Spielzeugserie mit dem klangvollen Namen Dino-Riders in den Verkaufsregalen. Um die Aufmerksamkeit der jungen Zielgruppe auf sich zu ziehen, wurden die neuartigen Figuren in aufklappbaren Pappschachteln angeboten. Packende Kampfillustrationen und ein sehnsüchtiger Blick auf den jeweiligen Dinosaurier, eine kleine Action-Figur sowie die passenden Waffen ließen die Fantasie vieler Kinder Purzelbäume schlagen. Auch ich konnte mir als Sechsjähriger nichts Begehrenswerteres auf der Welt vorstellen als ein solches Dino-Riders-Spielzeug! Mein erstes Geschöpf aus dieser Reihe – ein Dimetrodon (übrigens kein Dinosaurier, sondern ein Pelycosaurier) – in Händen zu halten und damit zu spielen, daran erinnere ich mich auch heute noch so gut, als wäre es gestern gewesen! Und die kleinen Dino-Riders-Comic-Hefte in jeder Packung habe ich so oft durchgeblättert, bis die Seiten auseinanderfielen! ie findigen TycoManager hatten aber noch weitere Asse im Ärmel, um den Verkauf ihrer neues ten Kreation kräftig anzukurbeln. Zeitgleich mit dem Start der Spielzeuglinie wurde in den USA ab dem 2. Oktober 1988 auch die Zeichentrickserie
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„Dino-Riders" ausgestrahlt. Im Mittelpunkt der Handlung stehen die Valorianer: Diese friedlichen und telepathisch begabten Menschen werden auf ihrem Heimatplaneten von den bösen Ruloniern – Humanoiden mit Köpfen von Insekten, Reptilien oder Fischen – angegriffen. 400 Valorianer entkommen dem Massaker in einem großen Raumschiff, welches gleichzeitig eine Zeitmaschine ist. Mittels einer Gerätschaft namens Space-Time Energy Projector reisen die Valorianer in unser heimisches Sonnensystem und landen schließlich auf der prähistorischen Erde. Leider halten sich die Rulonier aber mittels eines Traktorstrahls am Valorianer-Raumschiff fest und folgen auf diese Weise ins Erdmittelalter! Schnell arrangieren sich die erbitterten Kontrahenten dann mit der neuen Situation: Valorianer und Rulonier rekrutieren Dinosaurier als Reittiere und statten diese mit den Waffen aus ihren abgestürzten Raumschiffen aus. Natürlich überreden die guten Valorianer die Urechsen auf friedliche Weise (durch ihre telepathischen Fähigkeiten) zur militärischen Zusammenarbeit,
während die bösen Rulonier auf schmutzige Tricks setzen. Sie fangen die arglosen Dinos ein und bestücken diese mit so genannten Brain-Boxes: Helmen aus Metall, mit denen die Tiere von ihren Herren kontrolliert werden und so in blindem Gehorsam in den Kampf ziehen. a beide Parteien in ihre eigene Zeit und Galaxie zurückkehren wollen, entbrennt ein beinharter Kampf um den Space-Time Energy Projector und die zum Betrieb notwendigen Materialien. Der bösartige Krulos kommandiert die Rulonier, die edlen Valorianer folgen dem tapferen Questar. Gut zu wissen: Den Namen Dino-Riders geben sich nur die guten Valorianer. Auch wenn sie sich vielleicht ein wenig zu fantas tisch anhört, ist die Dino-Riders-Hintergrundstory recht durchdacht und bietet reichlich Raum für spannende Saurier-Schlachten. Ob der Kampf Gut gegen Böse – beziehungsweise Telepathie versus BrainBoxes – auf die späte Phase des Kalten Krieges anspielt, bleibt natürlich
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pure Spekulation. Fakt ist, dass die Sowjetunion im Jahr 1988 mit ihrer großen, Perestroika genannten Restrukturierung begann. Diese sollte – im Nachhinein betrachtet – den Anfang vom Ende des sozialistischen Riesenreiches markieren. Auch der Abzug der Roten Armee aus Afghanistan sowie der Besuch von Ronald Reagan in der UdSSR waren historische Ereignisse des Jahres 1988 und Wendepunkte im Kalten Krieg. och zurück ins (glücklicherweise meist unpolitische) Kinderzimmer: Leider wurden nur 14 Folgen der Zeichentrickserie produziert, obwohl die Grundidee sicher mehr Material hergegeben hätte. Dass die Serie ohnehin nur als Dauerwerbespot für die Spielzeuge gedient habe, behaupten einige Stimmen im Internet. Auffällig ist tatsächlich, dass die ersten Folgen der Zeichentrickserie noch eine beachtliche zeichnerische Qualität aufweisen, diese dann aber immer stärker nachlässt. Interessant: Deutsche Zuschauer kamen mit den animierten Abenteuern der Dino-Reiter wesentlich später in Kontakt als das US-Publikum. Erst ab dem 7. März 1992 liefen die Dino-Riders bei uns im TV. Eine solche Verzögerung wäre 2017 im Zeitalter von YouTube und Facebook absolut undenkbar!
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Torosaurus mit einer batteriebetriebenen Lauffunktion. Ohne Gebrüll, dafür aber recht zügig marschierten die Tyco-Ungetüme durch unzählige Kinderzimmer! Interessant ist, dass das US-Unternehmen die Dinos von Anfang an darauf auslegte, auch ohne die martialischen Waffensysteme einen hohen Spielwert zu bieten. So kann jeder Saurier ganz einfach aufgerüstet und auch blitzschnell wieder demilitarisiert werden. Womöglich war diese spontane Abrüstungsoption im friedensbewegten Westdeutschland der Achtziger und Neunziger hilfreich, um auch pazifistische Eltern zum Kauf des Herzenswunsches ihres Kindes zu bewegen. uf jeden Fall überzeugte die hohe künstlerische Qualität der Dino-Riders-Figuren die Smithsonian Institution, eine bedeutende US-amerikanische Forschungs- und Bildungseinrichtung, die auch zahlreiche Museen (beispielsweise das National Museum Of Natural History in Washington, D.C.) betreibt. 1992 wurden die Dino-Reiter unter dem Namen „The Smithsonian Institution: National Museum Of Natural History – Dinosaur And Other Prehistoric Reptile Collection" erneut veröffentlicht – natürlich ohne Waffen und Figuren! Die eiszeitlichen Säugetiere der dritten Serie wiederum eroberten unter dem Namen „The Smithsonian Institution: National Museum Of Natural History – Ice Age Mammal Collection" erneut die Spielwarenläden.
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er kommerzielle Erfolg der Dino-Riders übertraf übrigens alle Erwartungen von Tyco: Nicht nur in Nordamerika, sondern auch in Europa und Japan war die Serie ein absoluter Verkaufsschlager! Sogar Merchandising-Produkte wie Puzzles, Flugdrachen, T-Shirts, Turnschuhe, Malbücher, Stickeralben oder Rucksäcke kamen nach und nach auf den Markt. Da ist es dann kaum verwunderlich, dass beachtliche drei Serien der Spielzeuge aufgelegt wurden. Neben klassischen – und wohl den meisten Menschen vertrauten – Dinosauriern wie Tyrannosaurus Rex, Triceratops und Stegosaurus wurden auch absolute Zungenbrecher wie Pachycephalosaurus, Quetzalcoatlus und Pachyrhinosaurus in den Kampf geschickt. Als kleines Kind waren mir (und Zigtausenden meiner Altersgenossen) diese sperrigen griechischen oder lateinischen Namen übrigens genauso vertraut wie Mama, Auto und Bär. Danke Dino-Riders für diese frühe Heranführung an die Naturwissenschaften! Übrigens: Die dritte (und letzte) Serie der DinoRiders präsentierte neben Dinosauriern auch urzeitliche Säugetiere wie Mammut, Säbelzahntiger oder Riesenfaultier. amit an dieser Stelle jedoch kein falscher Eindruck entsteht: Obwohl die Dino-Reiter raffiniert vermarket wurden und nicht gerade güns tig den Besitzer wechselten, waren diese Spielzeuge mehr als bloße Geldschneiderei. Bis heute beeindruckt mich die hohe Qualität der Serie. Vor allem die Dinosaurier sind für Kinderspielzeuge unfassbar detailverliebt und naturalistisch gestaltet. Die Bezeichnung „Rekonstruktion in Museumsqualität" auf den Verpackungen ist wahrlich keine Übertreibung! Zudem bestachen einige Dinos wie der Tyrannosaurus Rex oder der
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uch fast 30 Jahre nach ihrem Debüt sind die Dino-Riders unvergessen! Davon künden zahlreiche liebevolle, vorbildlich gepflegte und äußerst umfangreiche Fanseiten im Internet. Gefragte und wertvolle Sammlerstücke sind die Dino-Riders-Spielzeuge ohnehin schon seit vielen Jahren. Und die Saurierreiter könnten auch in Zukunft wieder für Schlagzeilen sorgen. Ende 2015 machte in der Filmbranche das Gerücht die Runde, dass der Spielzeug-Gigant Mattel einen DinoRiders-Kinofilm plane. Der Zeitpunkt wäre jetzt günstig, schließlich sind die Dino-Reiter-Kids von damals heute im besten Erwachsenenalter und wären einem nostalgisch angehauchten Action-Spektakel à la Jurassic World wohl sehr zugetan. Nicolas von Lettow-Vorbeck
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Wencke Myhre
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Göre höchst erfolgreich Lieder nicht mehr nur auf Norwegisch, sondern auch auf Deutsch, Schwedisch, Dänisch und Englisch. Es folgte eine unvergleichliche Karriere. Alles lief prächtig, was berufliche Dinge betraf. Privat allerdings taten sich immer wieder Abgründe auf. Drei Ehen, aus denen vier Kinder hervorgingen, scheiterten. Am schlimmsten war das Ende der Liaison mit dem zweiten Gatten, Regisseur Michael Pfleghar, der sich 1991 das Leben nahm. Auf den Suizid von Pfleghar angesprochen, verfiel Myhre selbst beim Interview mit dem Online-Portal t-online.de 22 Jahre später in eine traurige Stimmung: „Das kam wie ein Schock", meinte sie betroffen. „Ich ahnte damals zwar, dass es Michael nicht gut ging. Wir waren damals ja ein bisschen getrennt, er lebte in Oberhausen, ich in Oslo. Doch er hatte sich eine Wohnung in Oslo angemietet, wo ihn die Kinder manchmal besuchen konnten. Ich dachte sogar: Vielleicht schaffen wir es und finden uns wieder. Und dann kam diese unvorhergesehene Nachricht." 2011 folgte dann der verheerende nächste private Rückschlag: Es wurde Brustkrebs bei ihr diagnostiziert! „Durch meine Erkrankung vor zwei Jahren hatte ich viel Zeit, weil ich nicht auf die Bühne wollte", verriet Myhre 2013. Anlass für dieses Gespräch war PR für die kurz zuvor erschienene lesenswerte Biografie „Die Wencke", in der die Krankheit, mittlerweile überwunden, doch eine zentrale Rolle spielte. „Ich fing an zu schreiben, und ich merkte, es tut mir gut, und es kamen viele tolle Geschichten auf, die ich auch meinen Kindern erzählen wollte …" Inzwischen ist Wencke Myhre mit sich und ihrem Dasein weitgehend im Reinen, schließlich ist sie ein überzeugter Familienmensch, hat seit mehreren Jahren eine Beziehung mit dem Musiker Anders Eljas und neben vier Kindern aktuell zehn Enkel. Und was ist aktuell das Geheimnis von Wencke Myhres „ewigem Jungbrunnen", will t-online.de von der Strahlefrau 2013 erfahren? „Das Geheimnis liegt in meinem Beruf", antwortete sie. „Daran, dass ich ihn mag und dass er mich inspiriert. Ich übernehme stetig viele neue Aufgaben und werde dadurch auf Trab gehalten. Ich lese viel. Ich bin sehr wach. Ich bin wacher jetzt als mit 20. Ich glaube, es ist wichtig, ein gesundes Leben zu führen und viel Liebe um sich zu spüren. Man braucht kein Botox und solche Sachen, wenn man von innen strahlt." Foto: © Frederik Arff
er Zeit seines Lebens unprätentiöse Showstar mit dem Wonneproppen-Appeal beging am 15. Februar seinen 70. Geburtstag, und zu diesem Anlass wurde die für Fans (und nicht nur diese) unverzichtbare Doppel-CD SINGEN … GROSSE ERFOLGE & RARITÄTEN in den Handel gebracht. Die aus satten 53 Stücken bestehende Kompilation ist wie ein grelles akustisches Knallbonbon, ein „Gute Laune"-Garant, wenn man beim Lauschen nicht Ansprüche wie bei der hehren Hochkultur stellt. Man kann sich damit einfach gut zwei Stunden lang prächtig unterhalten lassen, Ü50-Jährige sowieso, weil bei denen als Bonus viele verschollen geglaubte Erinnerungen an Kindheit und Jugend wieder hochkommen. Durchweg positive Erinnerungen, wohlgemerkt: an den ersten Schwarm, an dieses so vage, beinahe kindliche Gefühl von jugendlicher Verliebtheit, bei der Sexualität eine absolut untergeordnete Rolle spielte, selbst wenn das erotische Knistern durchaus irgendwie/irgendwo zu spüren war und es kribbelte ... Wencke Myhre war seit jeher der Inbegriff dieses Gefühls-Wirrwarrs, gerade weil sie in der Öffentlichkeit als personifizierte Frohnatur rüberkam. Außerdem ist die in Oslo Geborene Profi durch und durch, steht seit Kindesbeinen im Rampenlicht. 1958 wurde dem Myhre-Clan in seiner Heimat gar der Preis für die „musikalischste Familie" verliehen. Bereits vier Jahre zuvor hatte Klein-Wencke zusammen mit Vater Kjell und Bruder Reidar ihren ersten öffentlichen Auftritt als Sängerin. Folgerichtig gewann die stets Ehrgeizige und Talentierte 1960 beim Talentwettbewerb „Chat Noir" in Oslo den ersten Preis. Gleich darauf erhielt Wencke an ihrem 13. Geburtstag einen hochdotierten Plattenvertrag. Und wiederum ein Jahr später folgte ihr TV-Debüt in der Heimat. Von da an war sie Dauergast im Radio wie auf der Mattscheibe. Doch Wencke Myhre wollte nicht ausschließlich ein nationaler Superstar sein. 1964 unterzeichnete sie (bzw. ihr Vater) deshalb einen Vertrag mit dem Label Polydor und hatte bei der Sendung „Schaubude" ihren ersten Auftritt im deutschen Fernsehen. Fortan trällerte die frech-unbeschwerte
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Den Kerl mit dem knallroten Gummiboot" hat sie unsterb" lich gemacht (und er sie im Gegenzug ebenfalls ...), auch ihren Peter" kennt man bereits seit 1964, und dass man in " Liebesdingen nicht gleich in jeden Apfel beißen" soll, hat " zumindest der Anhänger von locker-leichtfüßigem Schlager seit über einem halben Jahrhundert verinnerlicht. All diese Typen und Weisheiten – und noch viele, viele mehr – werden dem Zuhörer von einer norwegischen Sängerin nahegebracht, dem Inbegriff der kess-naiven skandinavischen " Wuchtbrumme": Wencke Myhre. Von Michael Fuchs-Gamböck
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DIE WELT HINTER DEN BILDERN Michelangelo Antonionis Kultfilm Blow Up" faszi" nierte als stylish-cooles Porträt des Swinging London ein weltweites Massenpublikum. Die tiefgründigeren Fragen der Geschichte beschäftigen Interpreten bis heute. Vor 50 Jahren trat der Film seinen Siegeszug durch die Kinos an. Von Michael Klein
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er sich in der zweiten Hälfte der 60er Jahre in London aufhielt, konnte sich im Grunde alle anderen Orte sparen, denn die englische Metropole war der Nabel der damaligen Welt. Die Beatles, die Stones, die Carnaby Street, völlig neue Freiheiten in Kunst und Leben, eine jugendliche Aufbruchsstimmung, offen, kreativ und rebellisch, wenn es darum ging, das Korsett starrer Konventionen abzustreifen, hier hatten sie ihr stilbildendes Zentrum. Michelangelo Antonioni, der Regisseur hochanspruchsvoller, brillanter Filme, in denen sich Poesie und Philosophie verbinden und die bei internationalen Festivals die großen Preise einheimsten (den Produzenten beim Rechnen jedoch die Sorgenfalten auf die Stirn trieben), hatte sich Mitte der 60er Jahre für einen neuen Film von der Kurzgeschichte „Der Teufelsgeifer" des argentinischen Schriftstellers Julio Cortázar inspirieren lassen. Freilich verlegte Antonioni sie bewusst von Paris eben nach London, und im Zuge der Weiterentwicklung des Stoffs mit Ko-Autor Tonino Guerra entfernte sich das Drehbuch immer weiter von der Vorlage. Denn das London der damaligen Zeit ist nicht einfach Kulisse, sondern essenzieller Bestandteil des Films. Die Hauptfigur des Kult-Streifens ist der immens erfolgreiche, mitten in Swinging London lebende Fotograf Thomas, der für die großen Zeitschriften und Modemagazine der Welt arbeitet und fürstlich verdient. „Thomas hat die neue Mentalität gewählt", beschrieb Antonioni selbst seinen Protagonisten Seite
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und den Ansatz des Films, „die in Großbritannien mit der 60er-Jahre-Revolution in Lebensstil, Verhalten und Moral um sich griff, vor allem unter den jungen Künstlern, Publizisten, Stilbildnern und Musikern, die Teil der Popbewegung waren." Für die Figur von Thomas standen die großen Namen der Londoner Modefotografie Pate, allen voran David Bailey, aber auch Terence Donovan oder Brian Duffy, die ihren Bildern eine bis dahin nicht gekannte Frische, Jugendlichkeit, Natürlichkeit und Dynamik verliehen. „Blow Up" – der Titel des Films – ist der fotografische Fachausdruck für „vergrößern". Und dieses Motiv blieb letztlich das einzige, das Antonioni aus der literarischen Vorlage noch übernahm: die Suche nach unschärfer werdenden Details in immer neuen Bildvergrößerungen. Zum ersten Mal sieht der Zuschauer Thomas (David Hemmings), wie er, in Lumpen gekleidet, Obdachlose in einem Asyl fotografiert und anschließend im eigenen Rolls Royce zu seinem Studio fährt. Ein belangloser Zufall führt ihn in den fast menschenleeren Maryon Park. Nur ein Paar ist dort zu sehen, offensichtlich ein Liebespaar. Thomas folgt ihm, beginnt zu fotografieren. Bilder einer Idylle zwischen im leichten Wind sacht rauschenden Bäumen. Als das Paar auf ihn aufmerksam wird, fordert die Frau (Vanessa Redgrave) den Film von ihm. Er verweigert dies. Sie bittet drängend, ohne Erfolg. Wenig später sucht sie ihn in seinem Studio auf, bietet ihren Körper im Austausch gegen den Film an, den sie nicht erhält. Thomas, der u.a. an einem fotografischen Porträt der Stadt London arbeitet und seinem Verleger gegenüber die Parkbilder als idealen Abschluss für das geplante Buch beschreibt, weil sie etwas „Stilles, Friedliches" hätten, fragt sich nach dem Grund für dieses hartnäckige Insistieren, den Negativfilm von ihm zu bekommen. Er entwickelt die Bilder, studiert sie genau und entdeckt im Prozess immer neuer Ausschnittvergrößerungen eine ganz andere Geschichte hinter der, die er im Park gesehen hat: Es hat ein Mord stattgefunden. Die aus einiger Entfernung aufgenommenen Fotos zeigen in extremer Vergrößerung sowohl eine aus dem Schutz eines
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Gebüschs hervorgestreckte Schusswaffe als auch die Leiche. Thomas fährt in den Park, der Tote liegt noch immer dort. Es ist Nacht. Thomas will mit jemandem über seinen Fund reden. Er fährt zu einem befreundeten Künstlerehepaar, das er beim Liebesakt antrifft und nicht stören will. Er sucht seinen Verleger auf, der gerade eine Drogenparty gibt und, im Rausch, völlig gleichgültig reagiert. Als Thomas in sein Studio zurückkehrt, sind seine Negativfilme und Abzüge gestohlen. Thomas fährt zurück in den Park. Der Tote ist verschwunden. Der sensationelle kommerzielle Erfolg von „Blow Up" verblüffte sogar die Produzenten des Films. Die Kriminalgeschichte, die nach für nach eine mögliche, rätselhaft bleibende Mordtat enthüllte, sanften Thriller-Sog erzeugte und zugleich – die Genrekonventionen durchbrechend – in der Nicht-Auflösung eine Atmosphäre des Unheimlichen hinterließ, war einer seiner Gründe. Der zweite liegt im präzisen Porträt des damals weltweit in Mode befindlichen Swinging London, eingefangen in einer wegweisenden, hocheleganten Ästhetik, die jeden Muff wegbläst und auf seinerzeit Skandal-erregende Weise einer neuen Freizügigkeit Raum gibt, das alles begleitet von einem fulminanten Soundtrack von Herbie Hancock. Unter anderem erlebt man in einem Beatschuppen einen Auftritt der Yardbirds, bei dem eine Gitarre zertrümmert wird, betritt das Gruppengelage einer Haschparty und wird wiederholt Zeuge einer erotischen Zwanglosigkeit, die ein neues Verhältnis zwischen Mann und Frau bzw. Künstler und Model vor Augen führt. Optisch kommt das modern, attraktiv, innovativ, farbstark und sexy daher. Antonioni zeigt diese neue Freiheit in Sachen Drogen und Sex freilich komplex und durchaus nicht ohne Zwiespältigkeit, wie denn überhaupt der gesamte Film in tieferen Schichten von bedeutsamen Themen grundiert ist. „Blow Up" ist im Kern eine Reflexion über die Wirklichkeitswahrnehmung des modernen Menschen, über seinen Wirklichkeitsverlust im medialen Zeitalter, über seinen Selbstverlust im Konsum, und ganz nebenher präsentiert Antonioni auch einen kleinen Exkurs seiner Filmtheorie von der Suche nach der Geschichte hinter den Bildern. Thomas, der Protagonist, ist in seiner vermeintlichen Coolness und Lässigkeit glatt, ohne Irritation, oberflächlich, selbstbezogen. Er agiert im und für den Moment, sein Leben nach Reizen ausrichtend – der jeweils stärkere bestimmt sein Handeln. Ein anderes Entscheidungskriterium gibt es nicht: keine Gefühle, keine Moral, kein Gedanke an Verantwortung. Thomas vergrößert die Fotos, die die Tat im Park zeigen, und hat bereits einen Ausschnitt entdeckt, auf dem die Schusswaffe zu erkennen ist, als zwei junge Mädchen (Jane Birkin und Gillian Hills) in seinem Studio auftauchen, GoodTimes
die Models werden und sich von ihm fotografieren lassen wollen. Sogleich überwiegt der Reiz, den die Mädchen in ihren knappen Miniröcken ausstrahlen, und es kommt zu einer ausgelassenen erotischen Spielerei. Als Thomas nach einer Weile die Lust verliert, überwiegt wieder der Reiz der offenbarten Mordgeschichte, und er schmeißt die Mädchen kurzerhand hinaus. Angesichts dieser Ausrichtung auf den momentanen Reiz und im Hinblick auf Thomas' ständige Wahrnehmung seiner Umwelt durch das Foto-Objektiv verschwimmen die Grenzen zwischen Realität und Illusion. So sehr, dass man Antonioni bis zuletzt im Unklaren lässt, ob man in der Abfolge der Bildvergrößerungen eine (in der Logik des Films) reale, mögliche oder lediglich imaginierte Geschichte sieht. Und Thomas' Manie, alles und jeden zu fotografieren, entpuppt sich im Verlauf der Handlung
immer mehr auch als untergründiger Versuch, sich einer ungewissen Realität auf Umwegen zu versichern. Keine einzige Figur des Films ist in der Lage, auf etwas oder jemanden ernsthaft einzugehen, an die Stelle von Bindung und Nähe tritt eine Erotik, die zum Zeitvertreib ohne Bedeutung, zum Konsum oder zu einem Mittel zum Zweck wird. Der Verlust der Wirklichkeit, der Verlust der individuellen Persönlichkeit, der Verlust an Orientierung durch den Reiz der sich verselbständigenden Bilder und Abbilder – diese erstaunlich kritische Vision hat seit damals noch an Aktualität gewonnen. Antonioni zeigt das Faszinierende und Schillernde des neuen Zeitgeists und hält ihm bereits einen verblüffend genauen Spiegel vor, der die Irrwege deutlich macht. „In ‚Blow Up’ wollte ich die Frage nach der Realität unserer Erfahrung stellen", schrieb Antonioni später. „Dies ist ein entscheidender Punkt im visuellen Aspekt des Films, denn eines seiner Hauptthemen ist, den korrekten Wert der Dinge zu sehen oder nicht zu sehen." Tendenzen des Realitätsverlusts in virtuellen Welten, eine Kurztaktung des Bewusstseins und ein „Stattfindungszwang" über mediale Vermittlung – all dies ist in „Blow Up" bereits angedeutet und vorgezeichnet. Als „Blow Up" 1967 in die Kinos kam, wurde er auf Anhieb ein kolossaler Erfolg. Ein jugendliches Publikum strömte in die Kinos und war ebenso begeistert wie die Cineasten-Schar und die Kritiker. Im Mai 1967 erhielt der Film die Goldene Palme beim Filmfestival in Cannes. Er wurde beinahe unmittelbar zum Kult-Film, und seine Vielschichtigkeit und Weitsicht führten dazu, dass er diesen Status nie verloren hat und heute gleichermaßen spannend zu sehen ist wie seinerzeit. Von den Dreharbeiten gibt es übrigens etliche schöne Anekdoten, deren Wahrheitsgehalt nicht genau abzuschätzen ist. Aber glaubhaft ist die folgende, die Paul McCartney über die Haschpartyszene erzählte: „Ich erinnere mich, wie es damals in der Stadt hieß: ‚Hey, da gibt’s einen Typen, der zahlt den Leuten Geld dafür, dass sie an einen Ort in Chelsea kommen und sich da mit seinem Stoff volldröhnen.’ Natürlich ging das in unserer Meute rum wie ein Lauffeuer. Es war wie beim Blutspenden, jeder kriegte Geld dafür, Pot zu rauchen." Fünf Tage lang wurde gedreht und sehr viel Cannabis verbraucht, aber im Film dauert die Szene weniger als eine Minute ... 2/2017
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STRICKEN IN DEN 80ERN In den 80er Jahren, als es noch keine Handys gab, Telefone noch Wählscheiben hatten und chil" len" noch abhängen" hieß, ging " ohne sie gar nichts: Stricknadeln. War die Beschäftigung mit Socken, Pullovern oder Handschuhen bis dahin eine freudlose, nachgerade spießige Angelegenheit gewesen, in etwa so cool wie Bügeln oder Stopfen, avancierten Handarbeiten Ende der 70er bei Menschen aller Altersgruppen zum absoluten Modetrend. Praktisch an jeder Ecke eröffnete ein Wollgeschäft, und fortan wurde nicht nur zu Hause vor dem Fernseher gestrickt, sondern praktisch überall: im Bus, auf der Parkbank, in der Schule, während der Vorlesung und spätestens ab 1983 auch im Bundestag. Von Susanne Buck
Abhängen mit Wolle und Wildkirschtee
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ort rückte am 14. März mit den Grünen eine bunt zusammengewürfelte Fraktion ein, über die im „Spiegel" zu lesen war: „Dass der eine oder die andere strickt, (...) damit muss das Parlament nun rechnen." Das Bild der Abgeordneten, die während der Sitzungen unter dem Tisch noch mindestens zwei Stricknadeln und ein Wollknäuel koordinierten, hat sich so tief ins kollektive Gedächtnis eingeprägt, dass der Ur-Grüne Ludger Vollmer noch 40 Jahre später in einem Interview für die „Frankfurter Rundschau" danach gefragt wurde. Er selbst strickte damals nicht. „Als Volksschüler sollte ich mal Häkeln lernen, aber viel weiter als bis zur Luftmasche bin ich nicht gekommen." Strickende Abgeordnete – auch männliche – gehörten jedoch bei den Grünen zum Selbstverständnis. „Die Kritik an der Industriegesellschaft war ein wesentliches Motiv der Parteigründung", erläutert Vollmer. „Stattdessen sollten wieder traditionelle Produktionsformen etabliert werden. Dazu gehörte auch, dass man sich mit Schafswolle die eigenen Pullover strickt. Mich persönlich hat das Geklapper der Nadeln oft genervt. Und wenn man eine Rede hielt, wusste man häufig gar nicht, wie man aufs Publikum wirkte. Da saßen im Saal lauter strickende Frauen, die ihre Lippen allenfalls zum Maschenzählen bewegten. Ob sie das Gesagte für gut oder für bescheuert hielten, konnte man nicht erkennen." Manch einer unter den strickenden Müslis wusste auch genau, dass er bei der Damenwelt Pluspunkte sammeln konnte. Christoph Quarch, Jahrgang 1964 Seite
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und Autor das Buches „Wir Kinder der 80er", bekennt: „Socken waren meine Spezialität, da konnte ich doch sicher sein, dass die Mädchen meine Fertigkeiten bewundern würden. Aber auch der 18 Nummern zu große blaue Selfmade-Wollpulli mit dem großen C auf der Brust erfüllte mein Öko-Herz mit Stolz. Darin konnte ich mich bei Stromausfall im Doppelpack mit meiner Süßen wärmen." Die Anfer tigung v o n Woll sa c h e n aller Art war vor allem für Mädchen ein willkommener Anlass, sich zu Hause oder im Jugendzentrum zu treffen, stundenlang gemeinsam abzuhängen, Strickmuster auszutauschen, parfümierten Tee zu trinken und dazu Pink Floyd, Barclay James Harvest oder
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David Bowie zu hören. Mancher Liebeskummer wurde beim Maschenzählen begraben, manche erste Liebe mit einer flauschigen Herzensgabe in Form von Handschuhen, Schal oder Stulpen bedacht. Zum Teil spielte es gar keine Rolle, ob die Werke fertiggestrickt, nur geplant oder nach Jahren halbfertig entsorgt wurden. Entscheidend war das Stricken selbst, und das Nadelspiel war ohne Zweifel ansteckend. Der Weg vom Strickfieber bis zur Sehnenscheidenentzündung war da oft nicht weit, wie die Autorin dieses Beitrags aus eigener Erfahrung zu berichten weiß ... Bald trug nur noch eine Minderheit grobe Öko-Pullis in Naturfarben. Stattdessen machten gestrickte Kunstwerke mit riesigen knallbunten Farbmustern das Rennen. Vor allem Bildpullover mit Motiven à la Miró oder Keith Haring waren modische Statements, die mit strukturierten Garnen und fetten Schulterpolstern wirksam in Szene gesetzt wurden. Anleitungen zum Nachstricken gab es viele: Schon 1976 hatte Tchibo „Das große Buch der Handarbeiten" herausgebracht, einen großformatigen Wälzer, dem ein sensationeller Verkaufserfolg beschieden war und in den nächsten Jahren weitere Bände folgen sollten. Strick-Zeitschriften vermehrten sich explosionsartig; sie hießen „Anna", „Ingrid", „Sandra", „Strick und Chic" oder „Diana". Nahezu jede Frauenzeitschrift brachte Strickanleitungen, besonders die „Brigitte", von der es auch Strickbücher gab. Bald schon wurde die Saison für Strickmoden auf das ganze Jahr ausgeweitet. Magazine wie „Ratgeber für Frau und Familie", die bis dahin ihre Strickanleitungen auf die Vorweihnachtszeit beschränkt hatten, versorgten ihre Leserinnen nun das ganze Jahr über damit, angefangen mit den schönsten Frühjahrsmaschen über Sommerpullover aus Bändchengarn und gestrickte Sonnentops bis hin zu Herrenpullovern in Herbstfarben und gemusterten Fausthandschuhen. In der DDR gab es „Modische Maschen", ungleich begehrter waren jedoch Handarbeitshefte aus dem goldenen Westen, deren Anleitungen mühselig mit der Hand kopiert und von Strickerin zu Strickerin weitergegeben wurden. Modisch am Puls der Zeit war insbesondere die Zeitschrift „Nicole", die von Oktober 1977 bis Februar 1988 erschien. Ein Pullover mit buntem Norwegermuster in der Januarausgabe 1981 war so erfolgreich, dass wenig später fast das gleiche Modell fertig in einem Katalog angeboten wurde. Die Leserinnen von „Nicole" machten ihrem Ärger in Briefen an die Redaktion Luft. Zwei Cousinen schrieben: „Wir sind (...) seit Jahren begeisterte Strickerinnen. So haben wir mit viel Freude und auch Mühe den Titelpullover von Heft 1/81 erarbeitet, um ein Stück zu haben, das nicht jeder hat (...) Wir finden es empörend, dass praktisch jeder diesen Pullover käuflich erwerben kann und sehen unser Selbstgestricktes im Wert gemindert." Die Rechtsabteilung von „Nicole" fand schließlich heraus, dass die Pullover von einem Zulieferer aus Italien stammten; von einer Klage sah man aus Kostengründen dann aber ab, zumal das Versandhaus zusicherte, das Corpus Delicti nur noch begrenzte Zeit zu vertreiben. Dies sollte jedoch nicht die letzte Auseinandersetzung zum Thema Plagiat bleiben, und die Redaktion wurde zeitweise mit Briefen aufgebrachter Leserinnen geradezu überschüttet. Im Winter 1983/84 fielen im OttoKatalog gleich drei Pullover ins Auge, die Modellen aus „Nicole" zum Verwechseln ähnlich sahen. Diesmal leitete die Rechtsabteilung Schritte gegen den Otto-Versand ein; der Vorwurf des Kopierens wurde zum Teil anerkannt. „Die Sache hat auch ein erfreuliches Ergebnis", verkündete dann die Redaktion den Leserinnen. „Es wurde vereinbart, dass in Zukunft GoodTimes
vor Erscheinen eines Katalogs die Kollektion auf Plagiate hin überprüft wird. Wir haben dafür unsere Mitarbeit angeboten." Unterwegs war inzwischen der Beutel mit dem Strickzeug stetiger Begleiter. Zu Hause gehörten Körbe mit angefangenen Projekten, Wollknäuel und Nadeln zum Alltag und waren in nahezu jedem Wohn- und Schlafzimmer anzutreffen. Seltener, aber mit steigender Tendenz, traten dort Strickmaschinen in Erscheinung, mit denen man über Lochkarten (später auch elektronisch gesteuert) farbige Flächenmuster ausarbeiten konnte. Erst am Ende der 1980er Jahre ebbten die Strickwelle und deren Präsenz in den Medien allmählich ab. Stricken blieb zwar beliebt, war aber kein Volkssport mehr. Manches Wollgeschäft schloss unbemerkt seine Pforten, und Pullover wurden wieder ohne Gewissenbisse in fertiger Form gekauft. Seit ein paar Jahren feiert das Stricken jedoch eine Renaissance. Wer heute sicher sein möchte, dass er etwas wirklich Einzigartiges trägt, muss selbst zu Nadel und Wolle greifen. „Die Handarbeit ist wieder in der Gesellschaft angekommen", bestätigt Angela Probst-Bajak von der Initiative Handarbeit in Baden-Württemberg. Aber sie ist nicht das einzige Hobby. „Wir wollen nicht 100 Stunden über einem Teil sitzen." Deshalb werden inzwischen dicke Garne verwendet, die m a n
mit großen Nadeln verarbeitet. „Das ist ganz einfach und ganz schnell gemacht." Das Internet unterstützt diesen Trend: In unzähligen Blogs und Podcasts berät sich die globale Strickgemeinschaft gegenseitig bei der Wahl von Mustern und Wollsorten. HandarbeitsCommunitys, in denen Mitglieder ihre Projekte zeigen, schießen wie Pilze aus dem Boden. Zudem fallen dem aufmerksamen Beobachter auf der Straße bunt umstrickte Straßenlaternen oder Parkbänke ins Auge. „Urban Knitting" oder „Guerilla Knitting" nennt sich diese ganz andere Art der Strickkunst, die sich in den Innenstädten ausbreitet. Als Erfinderin dieser Straßenkunst gilt die Texanerin Magda Sayeg. Der Legende nach begann sie 2005, mit ein paar Freundinnen bunte Strickhüllen über Parkuhren, Straßenschilder und Wegpfosten zu stülpen. Böse Zungen behaupten, sie hätten verunglückte Pullover, die sie selbst nicht anziehen wollten, heimlich auf Ampelanlagen oder Straßenschildern entsorgt. Inzwischen ist daraus eine ganze Bewegung geworden. Menschen greifen zur Stricknadel, um mit bunter Wolle gegen das Großstadtgrau, gegen Beton und mitunter sogar gegen Panzer anzustricken. Wobei wir wieder beim Statement im öffentlichen Raum angekommen sind. 2/2017
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Als die Welt durchdrehte Sie hatten die schönsten Lieder, die heißesten Frauen in der Band und die bizarrsten Klamotten am Leib: Abba. Natürlich sahen das damals, als die vier Schweden 1977 sprichwörtlich durch die Decke gingen, viele Teenager und gestandene Rockfans ganz anders, denn Abba waren keine Gruppe im herkömmlichen Sinne, sondern eine Glaubensfrage. Entweder – oder. Und so fanden die Gegner des Quartetts dessen Musik scheiße" und den Anputz peinlich". Nur bei den Mädels hätten sich auch Hard " " Rocker – sagen wir mal – herabgelassen ... war alles Abba: Mit "Dancing Queen" verbuchte die Band in den USA ihre erste und einzige Nummer 1, „Abba – The Movie" kam in die Kinos, die Royal Albert Hall wurde zweimal ausver kauft, und ABBA – THE ALBUM erschien. Bis heute dürfte es sich beinahe 10 Millionen Mal verkauft haben, 1977 spielten aber andere Zahlen eine bedeutendere Rolle: Gesamtkunstwerk Abba In der Volksrepublik Polen wurden von der LP eine Million Einheiten abgesetzt. Bei der Beschränkung des Vinylkontingents und den knappen Devisen in den Ost blockstaaten eine Sensation. In der Sowjetunion war es noch krasser: Dort wurden nach 200.000 Exemplaren die Maschinen im Presswerk ausge schaltet, obwohl das Riesenreich gut und gerne 40 Millionen Alben vertragen hätte – heißt es in der Rückschau. Und sah man die hysterischen Gesichter der australischen Fans im AbbaFilm, war man geneigt, von einer AbbaMania sprechen zu wollen. Die Schweden hatten sich lange schwergetan, live aufzutreten. Verständlich, denn zuvor hatte es die gerechte Geschlechteraufteilung innerhalb einer populären MainstreamFormation so nicht gegeben. Erst recht nicht in der Konstellation zweier Liebespaare. Wie sollte man junge Fans mit Storys, die eher an die eigenen Eltern erinnerten, auch aus der Reserve locken? Dass das Potenzial begeisterter Konzertgänger dann am Ende doch viel größer war als vermutet, sei dahingestellt. Auf jeden Fall war im Abba-Stall die Parole herausgegeben worden, das Doppelduo aus seiner biederen Spießerecke herauszuholen. Der Fokus wurde also verstärkt auf die Individuen gerichtet. Und es waren auf einmal nicht mehr einfach die vier aus Schweden, nicht mehr Anni-Frid Lyngstad und Benny Andersson oder Agnetha Fältskog und Björn Ulvaeus, sondern Frida, die Rampensau, Agnetha, die Sexbombe, Björn, der Rockstar, und Benny, der Soundtüftler. Benny und Björn liebten es, im Studio zu sitzen und über Melodien und Arrangements zu grübeln. Dabei galt ihre Art zu arbeiten als äußerst harmonisch. Sie schrieben ihre besten Songs nicht aus zwischenmensch lichen Konflikten heraus, sondern in absolutem Einvernehmen. Dieses GoodTimes
blinde Verständnis brachte sie 1975 auf "SOS", jene Nummer, die Abba vom "Waterloo"-Fluch befreite, der sich seit dem Grand-Prix-Sieg im April 1974 an ihre Fersen geheftet hatte. Zwar war die Gruppe vor allem in Deutschland und Schweden seit dem Abräumer omnipräsent, künst lerisch kam man aber keinen Fußbreit voran. "SOS" änderte das. Der Song hatte mit seiner sich langsam aufbau enden Strophe und dem explodierenden Refrain eine Dynamik, wie sie für Poplieder ungewöhnlich war. Diese den beiden Komponisten in den Schoß gefallene Erfolgsformel wurde später häufig variiert und fand besonders in "Knowing Me, Knowing You" (1977) ihre Bestätigung. Beide Stücke sagen viel über Abba. Zum Beispiel, dass Benny und Björn ein gutes Gespür für Trends besaßen. Waren Sachen wie "VoulezVous" (1979) stramme Disco-Nummern, unterstützten die beiden Songschreiber die dynamische Wirkung von "SOS" und "Knowing Me, Knowing You" mit Rockeinflüssen. Besonders bei "Knowing ..." hat die Gitarre im Refrain eine gewisse Härte, die man in dem Rausch der großartigen Melodie gar nicht so dominant wahrnimmt, wie sie in das Klangbild einsortiert wurde. Überhaupt – die Arrangements. Abba-Songs waren spätestens seit "SOS" ein wahres Meer an Klängen, die in unbeschreiblicher Perfektion miteinander schwangen. Erst in ihre Einzelteile zerlegt, offenbarten die Lieder der Schweden die kompliziertesten Strukturen. Zusammengefügt wurden sie zum Synonym für Leichtigkeit. Die Melodien gingen meist bis an die Grenzen machbarer Brillanz. Lediglich die individuellen Geschmäcker der Konsumenten erlaubten sich Einordnungen, durften zwischen „besonders" oder „weni ger" gelungen unterscheiden. Foto: © Bubi Heilemann
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Stellen wir nur "Knowing …" und "Dancing Queen" (1976) einander gegen über. Letztgenannter Song ist praktisch die Erkennungsmelodie von Abba und kompromisslos auf Disco getrimmt. Zwar ist das "SOS"-Strickmuster – dezente Strophe und alles überstrahlender Refrain – auch hier erkennbar; um die zwingende Tanzbarkeit zu erhalten, gibt es allerdings keine rhythmische Variation (von einem kurzen verspielten Übergang nach jedem Kehrreim ein 2/2017
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Brave Liebespaare: Popstars, wie sie sich die Eltern für ihre Kinder wünschten
"Knowing ..." verkaufte sich als Single weltweit keinen Deut schlechter als all die anderen großen Abba-Hits, wurde jedoch mit Platz 14 ausgerechnet in den USA doch recht stiefmüt terlich behandelt. Aber die Affinität der Amerikaner zur Rockmusik hatte wegen der Disco-Welle auch gerade ausgesetzt. Vielleicht ist es ausgerechnet dieser einzige Ausreißer nach unten, der "Knowing Me, Knowing You" bis heute im Fundus der vielen Abba-Hits in die dritte Reihe verbannt. Agnetha zum Sexsymbol aufzubauschen, funktionierte anfangs. Blond, introvertiert, gut gebaut – viele Männer mochten das. Da war der Kult um ihren runden, aber sehr wohlgeformten Po nur noch die Zugabe. Vor allem der Abba-Film rückte dieses erotische Detail in den Vordergrund, was nach sich zog, dass auch Musikmagazine sich ein gehend mit diesem Körperteil Agnethas beschäftigten. Was der Film ebenfalls kolportierte, war eine dezente Anspannung Fridas, der der Po-Irrsinn gehörig auf die Nerven ging. Inwieweit das dramaturgisch überhöht wurde, soll hier nicht Gegenstand sein, allerdings gibt es Szenen aus den Live-Auftritten Abbas, in denen Agnetha während einer Gesangspassage von Frida mal kurz den Allerwertesten zum Publikum dreht, was dieses mit einer Kreischattacke beantwortet. Für Frida recht despektierlich. Dass da viel Wind um fast nichts gemacht wurde, ist daran zu erken nen, dass eigentlich die rothaari ge Frida jenes Feuer versprühte, das man gemeinhin als „erotische Ausstrahlung" bezeichnet. Unab hängig von ihrer Top-Figur hatte sie eine gewisse Wildheit, blickte her ausfordernd, beherrschte aufreizen de Bewegungen und strahlte einen Hauch von Verruchtheit aus. Agnetha wirkte dagegen immer etwas bieder, was sie schließlich auch war. Wer Trotz silberfarbener genau hinschaute, konnte erkennen, wie unwohl sie sich oft in den zu Ganzkörperverhüllung – Frida war heißer als die schrill viel zeigenden Bühnenoutfits fühlte. ausstaffierte Agnetha Es gibt viele TV-Auftritte, die das Seite
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mal abgesehen). Das Lied beginnt darüber hinaus mit dem Refrain, der sich in langen epischen Tönen suhlt, zu denen man die Arme ausbreiten möchte. Der beinahe kitschige Pomp wird mit Streicherwänden noch ver stärkt und dudelt die Tanzwütigen unter der Spiegelkugel besoffen. Nett anzuhören, aber weit weg von Musik, die damals im Allgemeinen als ernstzunehmend galt. Anders "Knowing ...". Der Song hält sich nicht lange beim Intro auf, und die warme Stimme Fridas geleitet in eine erst einmal eher dürftige Melodie. Doch schon mit der dritten Zeile, „Walking through an empty house", erfährt der Song eine Steigerung, die einen am Schlafittchen packt und in die Höhe reißt, damit man beim Refrain nicht so viel Anlauf nehmen muss. Das, was sich bei „Knowing me, knowing you/There is nothing we can do" über einen ergießt, ist an Größe kaum zu überbieten. Allein die parallel laufenden unterschiedlichen Gesangsmelodien der Frauen und die von Björn sind der blanke Wahnsinn.
belegen. Genannt sei hier aber nur die Präsentation von "Honey, Honey" in der 26. Starparade am 16. Mai 1974. Während Frida in einem silberfarbenen Jumpsuit auftritt, trägt Agnetha rote Hotpants, Overknees und ist bauch frei. Trotzdem – oder vielleicht genau deswegen – wirkt sie schüchtern, bewegt sich betont zurückhaltend zum Rhythmus. Teilweise sieht es sogar so aus, als könne sie nicht recht tanzen. Frida hingegen ist wie gewohnt gelöst. Zwar zappelt sie nicht herum, wirkt aber so, als wäre sie mit der Situation komplett zufrieden und hätte Spaß an dem, was sie da tut.
In den Fokus der Modepolizei gerie ten Abba erst spät. Natürlich waren die zum Teil gewagten Outfits in den 70ern schon Gegenstand so mancher Debatte unter Musik- und FashionFans, so richtig los ging es aber erst in den 90ern, als Abba in regelmäßi gem Abstand ihr Revival erlebten und die Schwulen-Community die Band für sich beanspruchte. Dies wiederum hatte nicht zuletzt die Electro-PopBand Erasure mit ihrer EP „AbbaEsque" (1992) zu verantworten. Das zum Song "Take A Chance On Me" gedrehte Video präsentierte eine Travestieshow von Sänger Andy Bell und Keyboarder Vince Clarke, die beide in die Klamotten von Frida und Agnetha geschlüpft waren. Plötzlich gehörten Abba-Songs und als Abba-Sängerinnen verkleidete Männer auf Paraden beim Christopher Street Day zum Standard. Auch Björn und Benny, die als Schwuchteln dargestellt wurden, blieben nicht verschont. Björn Ulvaeus fand das alles gar nicht lustig, weshalb er in Interviews diesem Zirkus eine klare Absage erteilte und betonte, Abba seien „keine homosexuelle Band" gewesen. Stilechte Roben beim Auftritt vorm schwedischen Königshaus
Zurück zum Look. Der war – gemäß der Glam-Rock- und Disco-Ära – nicht selten schrill. Besonders Benny und Björn hatten darunter einige Male zu leiden, während die beiden Frontfrauen meist eine außerordent lich gute Figur machten. Da spielte es keine Rolle, ob sie nun in RokokoRoben vor der schwedischen Königsfamilie auftraten oder in den kochendheißen, legendären Cat-Minikleidern, die so knapp geschnitten waren, dass sie zwei Zentimeter der riskanten Slip-Zone blitzen ließen, über die Bühne sprangen. Diese Mini-Kimonos trugen Agnetha und Frida bei TV-Auftritten 1975 relativ häufig. So auch bei einer Show im schwedischen Fernsehen, in der sie "So Long" zum Besten gaben. Abgesehen davon, dass dieser Song der Nachweis ist, dass Abba auch Glam Rock konnten, hat hier Frida ihren großen Moment. Zeigefreudig stellt sie ein Bein aufs Klavier und lässt tief blicken, nebenbei rockt sie Agnetha in Grund und Boden.
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Autogrammarchiv Norbert Arndt
Als Abba während der und nach den jeweili Und das trieb zum gen Trennungen der Paare ernsthafter wur Teil echt verrückte den (Björn und Agnetha trennten sich 1978 Blüten. Die schil und ließen sich 1980 scheiden, Benny und lerndste dürfte die Frida gingen 1981 auseinander), die Musik nicht schwedische Band mehr nach Hitmaschine klang, sondern Anspruch Black Sweden gewe suggerierte (SUPER TROUPER – 1980, THE sen sein, die MetalVISITORS – 1981), verloren auch die Frauen ihre und Hard-RockLust auf Anmache. Hochgeschlossen und mit Standards mit AbbaHeimchenfrisuren hatten die beiden einstigen Songs verquickte. visuellen Mittelpunkte diesbezüglich fast gar "Take A Chance On nichts mehr zu bieten. Auch waren die Songs Me" überlagerte sich der beiden LPs – bei aller musikalischer Qualität mit "Enter Sandman" – eher was für Hausfrauen in der Enddreißigervon Metallica, Krise. Das Glitzerspektakel war vorbei. Die beiden "Mam ma Mia" gab Männer logen nicht, als sie bei einem der letzten es mit "Smoke On Trotz anfänglicher Skepsis: Abba funktionierten auch live TV-Interviews im Dezember 1982 davon spra The Water" von Deep chen, dass es die Band weiter geben Purple, und "SOS" wurde "God Of Björn ist zwar der König, Blickfang sind aber die beiden Damen werde, neue Songs in der Mache Thunder" von Kiss zur Seite gestellt. in ihren legendären Katzen-Minis, die tief blicken ließen seien und lediglich eine Pause ein Das ist nicht nur witzig, sondern gelegt werden solle. Allerdings kam beweist auch das enorme musikalische das Quartett nicht wieder zusam Verständnis der Protagonisten. Zu men. Speziell die Mädels hatten die keiner Zeit stören sich diese so unter Lust verloren. Schnell ließen sie sich schiedlichen Songs, im Gegenteil, es schöne Augen machen und zu Sologelingt eine perfekte Verschmelzung. Ausflügen verführen. Da sprangen dann zwar ein, zwei Hits heraus, die Wie gut Abba-Material im Stahlmantel Qualität des Abba-Materials erreich funktioniert, zeigten Sargant Fury mit ten diese allerdings nicht ansatzweise. "Eagle". Auch Yngwie Malmsteens Version von "Gimme! Gimme! Gimme!" Dass sich schließlich die analytischen ist Stadionsport. Ausgerechnet die Rockfans irgendwann für die Musik Rocknummer "Knowing Me, Knowing von Abba interessierten, hing mit pro You" funktioniert in der Tad-Moroseminenter Fürsprache zusammen. So, Variante jedoch nicht. wie der Kopf der deutschen ThrashMetal-Band Sodom sich einst als Wie sehr sich die Metaller mit dem Udo-Jürgens-Fan outete (die Band Schaffen Abbas auseinandersetzten, coverte sogar "Aber bitte mit Sahne") dokumentiert ein Tribute-Sampler von und in der Heavy-Metal-Szene einen 2001. Da wird nicht doof rumge Run auf die LPs des Österreichers bolzt, sondern ernsthaft transferiert: lostrat, machte Lemmy Kilmister von Die düsteren, orientalisch und klassisch der englischen Gruppe Motörhead angehauchten Therion nehmen sich Abba salonfähig. Er lobte in mehreren "Summer Night City" vor, die Powerseiner zahlreichen Interviews die hohe Metal-Band Metalium wuppt "Thank Qualität der Abba-Songs: Besonders You For The Music", und "SOS" von beeindruckt sei er von den komplexen Paradox ist genial. Auch die Auffassung Arrangements, die man streckenweise von At Vance, diesen Song zu einer nicht einmal ohne Weiteres entschlüs Heavy-Metal-Hymne zu machen, ist seln könne, meinte er. Und wenn eine große Sache. Und sogar ziemlich eine Ikone wie Lemmy Abba moch stark am Original. Eine Verbeugung te, durften sich auch die heimlichen vor dem Schaffen der schwedischen Abba-Fans unter den Headbangern Pop-Idole ist gar die Thrash-Metaloffenbaren. Version von "Voulez-Vous" der schwe dischen Morgana Lefay. Abba Poster und In den schrägen 80ern gaben sich Abba bieder
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Discographie erhältlich im Shop auf Seite 39
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Die Spekulationen um einen noch maligen Auftritt Abbas reißen nicht ab. Sobald das Quartett bei Großereignissen aufeinandertrifft, wird mit einem baldigen Live-Ereignis im Wembley-Stadion gerechnet. Bisher bewahrheiteten sich solche Gerüchte allerdings nicht. Aber Abba sind nun mal auch nicht Led Zeppelin. Wie gut die Musik der vier Schweden auch gewesen sein mag – ein großer Teil der Wirkung der Gruppe hat sich aus dem Visuellen entwickelt. Damit die Stücke auf der Bühne schil lern, benötigen sie die Schönheit der Jugend. Es ist schwer vorstellbar, dass sich die Magie von "SOS" oder "Dancing Queen" mit Agnetha oder Frida im Greisenalter auch nur ansatzweise entwickeln könnte. Und auch Björn und Benny, die beiden Sunnyboys, die immer lächelnden Popschmiede, würden am Ende als Großväter in Erinnerung bleiben, die sich durch "Fernando" oder "Rock Me" geschnauft hätten. Alles ist gut so, wie es ist. Jens-Uwe Berndt 2/2017
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SUZUKI GT 750
Der Wasserbüffel
Alte Motorräder sind schön(er). Eine Aussage, die mehr ist als nur subjektive Meinung. Schließlich setzen die meisten der renommierten Hersteller längst auf den Retro-Trend. Stellvertretend für neue Bikes, die auf alt machen, könnte man die BMW R nineT nennen, die Ducati Scrambler, die Moto Guzzi V9 Bobber oder die Yamaha SCR950. Reizvolle Gefährte allesamt, keine Frage. Aber doch keine Originale. Im Gegensatz zur Suzuki GT 750. Der "Wasserbüffel", wie sie alsbald nach ihrem ersten Erscheinen auf der Tokyo Motor Show 1970 genannt wurde, gehört neben der Honda CB 750 Four und der Kawasaki Z 900 nicht nur zu den ikonischsten Motorrädern der 70er Jahre, sondern vor allem auch zu den schönsten.
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nde der 60er revolutionierte Honda den Motorradbau und brachte mit der CB 750 Four das erste Großserien-BigBike der Postmoderne auf den Markt. Andere Hersteller folgten alsbald, so zum Beispiel Kawasaki mit der nicht minder legendären Z 900. Beiden zweirädrigen Männerträumen war gemein, dass die Hersteller für ihre Top-Modelle auf zukunftsorientierte Vierzylinder-Viertaktmotor-Technik setzten. Und auch in Europa vertrauten die renommierten Hersteller wie BMW mit der R 75/5 oder Triumph mit der Trident dem Viertakt-Prinzip. Bei Suzuki dagegen zierte man sich diesbezüglich noch. Die stärkste Maschine des Unternehmens aus Hamamatsu, einer rund 200 Kilometer südwestlich von Tokio gelegenen Stadt mit etwa 800.000 Einwohnern, das heute nach Honda der zweitgrößte Exporteur von Motorrädern Seite
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überhaupt ist, war Mitte der 70er Jahre die GT 750. Die hatte vor allem gegenüber der nationalen Konkurrenz im technikbegeisterten Japan gleich mit zwei (vermeintlichen) Nachteilen zu kämpfen. Zum einen arbeitete der Motor des Dreiviertel-Liter-Bikes noch nach der simpleren Zweitakt-Technik, zum anderen handelte es sich „nur" um ein Dreizylinder-Aggregat gegenüber den nationalen vierzylindrigen Konkurrenzprodukten. Dass Suzuki lange am Zweitakt-Prinzip festhielt, erklärt sich nicht zuletzt aus den Rennsporterfolgen, die die Marke damals damit erzielen konnte. Vielleicht sollte man an dieser Stelle – ohne allzu tief in die Materie einzutauchen und zu technisch zu werden – zunächst den grundlegenden Unterschied zwischen einem Zweitakt- und einem Viertaktmotor aufzeigen.
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Zweitaktmotoren: Was nicht vorhanden ist, kann auch nicht kaputtgehen Der Zweitaktmotor braucht im Gegensatz zum Viertaktaggregat für eine vollständige Umdrehung der Kurbelwelle lediglich zwei Takte. Zudem benötigt ein Zweitaktmotor weniger mechanische Bauteile als sein viertaktendes Pendant. Unter anderem „fehlen" dem Zweitakter Nockenwelle und Ventiltrieb, was ihn entsprechend wartungsfreundlicher macht. Wie heißt es doch so schön im Motorenbau: „Was nicht vorhanden ist, kann auch nicht kaputtgehen." Diese Vorteile erkaufte sich der Zweitaktmotor aber mit einer ganzen Reihe von konzeptionsbedingten Nachteilen. So störten sich damalige Zeitgenossen nicht nur am oftmals ungehobelten Motorlauf der Zweitaktmaschinen und dem damit verbundenen Lärm, sondern vor allem am – im Vergleich zu ähnlich leistungsstarken Viertaktbikes – häufig höheren Benzinverbrauch. Deshalb galt die GT 750, die 1970 auf der Tokyo Motor Show dem Publikum vorgestellt wurde (in die Showrooms europäischer Händler kam das Bike erst 1972), manch einem bereits als „Yesterday’s Model", als Modell von vorgestern, und damit ein Stück weit als Anachronismus. Neben Suzuki hatte damals lediglich Kawasaki – neben der modernen Z 900 – mit der 500 H1 „Mach III" (ab 1968) und der 750 H2 „Mach IV" (ab 1971), dem mit 74 PS stärksten Serienzweitakter überhaupt, großvolumige Dreizylinder-Zweitakt-Motoren im Programm. Vor allem die 500er „Kawa" aber „genoss" den zweifelhaften Ruf, dass ihr Motor weit schneller war als ihr Fahrwerk. Eine Maschine zum ungenierten Heizen, womöglich gar angeberisch auf dem Hinterrad, das war die GT 750 dagegen nie. Tatsächlich erwarb sich der „Wasserbüffel", wie die „Suzi" wegen ihrer bulligen, sich aus dem Drehzahlkeller heraus kraftvoll entfaltenden Leistungskurve, ihrer – nicht nur für einen Zweitakter – enormen Laufruhe und schließlich wegen der aus thermischen Gründen notwendigen Wasserkühlung alsbald liebevoll getauft wurde, schnell den Ruf eines feinen Tourenmotorrads. Mit 67 PS war die GT 750 zwar längst nicht das potentes te Bike ihrer Zeit. Aber sie setzte ihre Pferdestärken so eindrucksvoll in Szene, dass nie auch nur der leiseste Verdacht aufkommen konnte, man hätte mit ihr untermotorisiert sein können. Lediglich beim Thema Verbrauch konnte der „Wasserbüffel" sein zweitaktendes Herz nicht verheimlichen. Neun bis zehn Liter auf 100 Kilometer waren und sind eher die Norm als die Ausnahme. Aber nicht nur technisch mit dem Alleinstellungsmerkmal des wassergekühlten Dreizylinder-Zweitaktmotors, sondern gerade auch optisch hat(te) die Suzuki einiges zu bieten.
Heute gilt der "Wasserbüffel" als Klassiker Die Linienführung der GT 750 ist – abgesehen vom Wasserkühler – der der 750er Honda nicht unähnlich, auch weil man in Hamamatsu zwecks Symmetrie eine wunderschöne Drei-in-vier-Auspuffanlage verbaute GoodTimes
(der mittlere Zylinder hatte einen gegabelten Krümmer), im Gegensatz etwa zur asymetrischen Drei-in-drei-Anlage der Kawasaki „Mach IV". Ohne Frage darf man die GT 750 heute als klassische Schönheit bezeichnen und in einem Atemzug nennen mit den anderen Beaus dieser Epoche. So verwundert es nicht, dass Suzuki bis zum Auslaufen der Baureihe 1977 gute Geschäfte machte mit der GT 750. Im Laufe der fünf Modelljahre und der entsprechenden Modellpflege wurden zudem immer wieder Verbesserungen durchgeführt. So wurde die ursprüngliche, zwar wunderschön anzuschauende, aber auch störanfällige und nicht besonders wirkmächtige Duplexbremse schon im zweiten Modelljahr durch eine Doppelscheibenbremse ersetzt. Und im letzten Modelljahr, 1977, bediente man sich für Schutzblech und Rücklicht bei der ein Jahr zuvor eingeführten GS 750. Denn nun hatte man auch bei Suzuki verstanden, dass großvolumige Zweitaktmotoren, nicht zuletzt durch die verschärften Abgasbestimmungen auf dem besonders wichtigen amerikanischen Markt, keine große Zukunft mehr haben würden. Die GS- und damit die erste Viertaktbaureihe der Marke war Suzukis R e a kt i o n auf diese Erkenntnis. Vor allem die vierzylindrige GS 750 sollte ein voller Erfolg werden und gilt heute als ein Motorrad, das damals manches besser gar konnte als zum Beispiel Kawasakis Z 900 oder Hondas CB 750. Das aber ist eine andere Motorradgeschichte. Die GT 750 wiederum genießt heute zu Recht den Ruf, ein ähnlich ikonischer Klassiker zu sein, wie es die Honda oder die Kawasaki schon beinahe seit ihrem ersten Erscheinen sind. Ein Klassiker mit echten Alltagsqualitäten, schließlich gilt der „Wasserbüffel" als wahrer Langstreckenläufer. Laufleistungen von 100.000 Kilometern und mehr sollen keine Seltenheit und auch kein Problem für den Motor sein. Nichtsdestotrotz schrumpft das Angebot an tauglichen Maschinen allmählich. Aktuell finden sich auf mobile.de gerade einmal sieben Exemplare, wobei die Preise zwischen 5000 und 13.000 Euro liegen. Da für Originalersatzteile wie die Drei-in-vierAuspuffanlage (wenn überhaupt verfügbar) horrende Preise aufgerufen werden, gilt – wie fast immer beim Erwerb eines Oldtimers –, dass die teurere meist auch die bessere Wahl ist. Anmerkung: Als weiterführende Lektüre sei allen Fans japanischer Motorradklassiker die feine Website nippon-classic.de empfohlen. Andreas Kötter 2/2017
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YUL BRYNNER
Er war der König von Siam, und etwas Geringeres konnte er auch gar nicht sein. Doch wer war Yul Brynner? Über die Premiere von Der König und ich" schrieb die "New " York Times": Mister Brynner ist, ganz einfach, der König. " Mensch und Rolle haben sich verbunden zu einem Image, das Teil unseres kollektiven Bewusstseins geworden ist wie die Freiheitsstatue." Als Glatzkopf Yul Brynner 1951 auf der Bildfläche erschien, war er ein sofortiges Ereignis. Jedem war unmittelbar klar: Dieser Mann, aristokratisch und autoritär, ist zum König geboren! Und Brynner ließ alle gern in dem Glauben. Selbst als er noch unbekannt war und keinen Cent besaß, tafelte er mit Kaviar und Champagner. Jean Cocteau sagte einmal: Yul Brynner muss verrückt sein " zu glauben, er könne Yul Brynner sein." Und obwohl er nun schon drei Jahrzehnte tot ist, wirkt sein Magnetismus" nach " wie vor. Gleich zwei neue Remakes stützen sich auf seine größten Erfolge: den Edelwestern Die glorreichen Sieben" " und den visionären Sci-Fi-Thriller Westworld", der " als HBO-Serie wiedergeboren wird. Der König ist unvergessen ...
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ul Brynner hat seine Spuren so gut verwischt, dass nur das Image über dauerte. Als sich 1951 die Medien für ihn zu interessieren begannen, legte er sich eine Lebensgeschichte zurecht, die zum König von Siam passte. Er fügte hinzu, ließ weg, erfand neu. Einmal behauptete er, seine Familie sei fast so alt wie die Mongolei selbst. Und dass seine Blutlinie zu Dschingis Khan zurück re i c h e . Seinem Vater gab er den Namen Taidje Khan, und er, Yul, sei im Palast erzogen wor den. Tatsächlich zerstritt er sich mit seiner Schwester, als sie in einer Zeitung ihre Herkunft klar stellte: „Die schreckliche Wahrheit über Yul Brynner" – ein jahrelanges Zerwürfnis war die Folge. In einer anderen Version erklärte er wieder Seite
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um kurzerhand Japan zum Geburtsort, wo er als Kind rumänischer Zigeuner zur Welt gekommen sei. Sein Alter gab er damals manch mal mit 36 an, dann wieder mit 41. Ein Hollywood-Produzent sagte einst: „Yul erzählte mir sechs Versionen seiner Geburt. Ich glaubte sie alle." Endgültig richtiggestellt hat Tochter Vic toria die Brynner-Vita, als sie 2010 einen prachtvollen Bildband mit den Aufnahmen des Hobby-Fotografen Yul Brynner veröffentlichte. Gemäß dieser Biografie erblickte Yuli Borisovich Bryner am 11. Juli 1920 in Wladiwostok, Russland, das Licht der Welt. Als er sechs war, zog die Familie nach China, wo er die amerika nisch-russische Sprachschule besuchte. Mit 16 ging er ab, um Musiker zu wer den, tourte mit einer Gruppe von Zigeunern durch die dekadenten russischen Nachtclubs von Paris (war aber selbst kein Zigeuner, obwohl er bei "Könige der Sonne" 1963 jeder Gelegenheit darauf verwies und deren Lieder zum Besten gab). Auch, dass er an der Sorbonne studiert habe, war eine Ausgeburt seiner Fantasie. Wahr hingegen ist, dass er beim Cirque d’Hiver als Trapez-Artist auftrat. Mit 20 schrieb er sich bei Michael Tschechow für ein Studium der Schauspielerei ein. 1945 spielte er seine erste Broadway-Rolle, ein Stück von Shakespeare.
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"Der König und ich" 1956
Fotos: Bildarchiv Hallhuber
Fotos: © Roland Schäfli
Äquivalent zum Sex-Appeal einer Marilyn Monroe. In diesem Sinne fuhr er fort, seine Lebensstory so glamourös wie möglich zu schrei ben. Indem er nach Jean Cocteaus Motto lebte: „Wenn du ein Star wirst, stelle sicher, dass dein Publikum nie denken könnte, auch du könntest zur Toilette gehen." Für einen „europä ischen Aristokraten" oder „mongolischen Prinzen" ziemte sich das natürlich nicht. Yul Brynner hatte sich selbst erfunden. Er ließ das „e" bei Yule weg, fügte dem „Bryner" ein „n" hinzu und behaup tete stets, Weltbürger zu sein. So fühlte es sich für ihn auch richtig an, Schweizer zu werden. 1964 ver 2014 hat die Schweizer Gemeinde Möriken-Wildegg den Dorfplatz in Anwesenheit von Rock Brynner, suchten die seinem Sohn, nach ihrem berühmten Bürger benannt. US-Steuerb e hörden, den Weltenbummler einzufangen. Brynner, auf dem Papier amerikanischer Staatsbürger, erklärte aus steuerlichen Gründen, er habe 1958 den Wohnsitz nach Lausanne verlegt. Die Steuerfahnder wollten aber dennoch zwei Millionen Dollar. Nun sagte er von sich, Schweizer zu sein. Auch das: teils wahr, teils erfunden. Tatsächlich war er der Sohn eines Schweizers und einer russischen Mutter und berief sich nun auf seine „Wurzeln": Er besaß das Bürgerrecht der Gemeinde Möriken-Wildegg, von wo aus sein Vater damals aufge brochen war. 1967 stattete der Star seinem Heimatdorf einen vielbe GoodTimes
zwischen zwei "Spion Fronten" 1966
"Adios, Sabata" 1971
Aufführungen, an deren Ende er stets zu sterben hatte. Manchmal zweimal täglich. Aufs echte Sterbebett wollte sich Yul Brynner noch nicht zwingen lassen. Die letzte Vorstellung gab er am 30. Juni 1985: Da mussten die Ärzte seine Qualen mit Morphium betäuben. Am 10. Oktober, als die Krankenschwester schon annahm, er sei tot, tat Yul Brynner – er war bis zuletzt für eine Überraschung gut – noch einen letzten Atemzug. Begraben wurde der Nomade in der Normandie. Doch selbst nach seinem Tod musste der König das letzte Wort haben. Neun Monate zuvor hatte er sein Kettenrauchen öffentlich bereut. Der American Cancer Society gab er die Erlaubnis, aus dem TV-Interview einen Satz für ihre Anti-Raucher-Kampagne Spurensuche am Genfer See: Das weitläufige Anwesen bei zu verwenden: „Jetzt, da ich tot bin, sage ich Chanivaz ist noch heute für Besucher gesperrt.
Eingelassen in den Yul " Brynner Platz": Jeder seiner Filme ist in Stein gemeißelt.
ert Arndt
"Die zehn Gebote" 1956
achteten Besuch ab, spendete einen Geldbetrag – und fühlte sich fortan als Schweizer. Am Genfer See gehörte ihm ein Anwesen bei Chanivaz. Dort kre denzte er einen 1934er Chateau Margaux, für spezielle Gelegenheiten hatte er immer zwei Flaschen des 1928 Lafite Rothschild im Keller. Der ganze Lac Leman war seine Spielwiese: Er kreuzte den See auf Wasserskiern. Doch ebenso schnell konnte der Rastlose, der vier Ehen hinter sich brachte, einen Wohnsitz auch wieder aufgeben. Aufgegeben hat er irgendwann auch den Wunsch, ein ernsthafter Schauspieler in ernstzunehmenden Filmen zu sein. Bei „Taras Bulba", einem unmöglichen Historienschinken, von dem er sich viel ver sprochen hatte, verlor er das Interesse an der Qualität. Ab da zählte nur der jeweils nächs te Scheck, der seinen extravaganten Lebensstil finanzieren sollte. Einer seiner letzten Filme war beinahe B-Movie-Level: „New York antwortet nicht mehr" – der Glatzköpfige als Krieger im postnuklearen Big Apple. Der Broadway rettete ihn schließlich 1977 vor dem Mittelmaß: Yul kehrte als „König" zurück. 4633 Mal spielte er seine beste Rolle. Als bei ihm Lungenkrebs diagnos tiziert wurde, spielte er trotzig weiter. Kämpfte sich unter Schmerzen durch jede der dreistündigen
euch: Raucht nicht!" Der König ist tot, lang lebe der König. Roland Schäfli 2/2017
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Autogrammarchiv Norb
Für die Verfilmung von „Der König und ich" nahm er den Oscar in der Königsdisziplin entge gen: gleich den Hauptdarsteller-Oscar für seine erste Kinohauptrolle. Yul lächelte huldvoll: „Ich hoffe, das ist kein Fehler, denn ich gebe ihn nicht zurück." Und gleich in seinem nächsten Film trumpfte er monumental auf: als Pharao in „Die zehn Gebote". Es ist schwer, sich jemand anderen als Brynner in dieser Rolle des absoluten Herrschers vorzustellen: Im SandalenKostüm mit ägyptischem Kopfschmuck hätte jeder andere komisch gewirkt. „So soll man es schreiben, so soll es gesche hen!" Diesen Machtanspruch hatte er im Übrigen auch im Privatleben. Regisseur John Frankenheimer sagte: „Er liebte es einfach, ein Star zu sein. Er liebte das gute Leben." Co-Stars wie Kirk Douglas haben fest gestellt: Wer mit Yul im selben Streifen spielte, der wurde von ihm übertroffen – er beanspruchte den größten Wohnwagen, er mietete für sich das größte Haus. Egal, in welcher Rolle: Yul war majestätisch. Als Anführer von sieben Revolverhelden ebenso wie als Indianerhäuptling in „Könige der Sonne". „Newsweek" titelte: „Bald but Big Box Office!" Glatzköpfig, aber ein Kassenmagnet. Der Mann ohne Haare war das maskuline
Ka m pfs t e r n Galac tica
Von Michael Lange
FLUCHT OHNE ENDE
Der unfassbare Erfolg von George Lucas' "Krieg der Sterne" sorgte für eine neue Kinowelle: Science-Fiction-Filme. Glen A. Larson hatte allerdings eine andere Idee. Er wollte nicht nur einen Film machen, er wollte eine ganze SF-Serie drehen. Sein Ausgangspunkt: Die letzten Menschen fliehen vor ihren Besatzern und machen sich auf die Suche nach einem sagenumwobenen Planeten, auf dem man in Frieden leben kann.
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arson schloss sich kurzerhand in seinem Büro ein und ersann eine epische Serie. Dabei bediente er sich der ägyptischen Mythologie ebenso wie der römischen. Er „lieh" sich Begriffe und Bezeichnungen aus und gab ihnen eine neue Bedeutung. Die Bösen waren die Zylonen, Roboter, die von einer außerirdischen Rasse erschaffen und gebaut wurden. Diese wandten sich schließlich gegen ihre Erbauer und bildeten einen eigenen Staat, mit eigenem Herrscher, der auf einem schmucklosen Thron saß, hoch über seinen Untertanen. Bei Universal brachte der Serien-Erfinder Larson (u.a. „Das A-Team", „Magnum") seine Idee dann erfolgreich unter. Das Studio kleckerte nicht, sondern begann gleich zu klotzen, und ernannte den ehemaligen „Star Wars"-Trickser John Dykstra mit seiner neuen Trickkamera-Technik zum SpecialEffects-Verantwortlichen. Ebenfalls aus dem „Star Wars"-Universum stieß Produktionszeichner Ralph McQuarrie hinzu, Komponist Stuart Phillips steuerte die Musik bei. Seite
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Als Darsteller konnte an erster Stelle Lorne Greene gewonnen werden, der zuvor erfolgreich in „Bonanza" allen Widrigkeiten getrotzt hatte. Ihm zur Seite gestellt wurden die Jungspunde Richard Hatch, frisch aus den „Straßen von San Francisco" zurück, und Dirk Benedict, der später beim „A-Team" anheuerte. Damit es wirklich familientauglich wurde, stieß Kinderdarsteller Noah Hathaway als Boxey dazu. Seine Mutter spielte Jane Seymour, die später auf James Bond traf. Den Verräter Graf Baltar gab Dauerfiesling John Colicos. Terry Carter heuerte als Erster Offizier der Galactica an. Ja, und Boxey bekam einen Spielgefährten: einen in einem Kostüm steckenden Schimpansen – Muffet. Als Gaststars traten schließlich u.a. Fred Astaire oder auch Patrick Mcnee auf ... Die Zylonen waren allesamt Stuntmänner, die in ihren Rüstungen kaum etwas sehen konnten. Viele brachen wegen der Hitze in den Kostümen zusammen. Im Laufe der Dreharbeiten 2/2017
wurden allerdings immer weniger ZylonenRüstungen hergestellt, da diese sehr teuer waren. Universal brachte wenig später schon den Kinofilm „Kampfstern Galactica" mit einem völlig neuen Tonverfahren auf die Leinwand. Und ein Jahr danach rollte bereits ein weiterer Film auf die Zuschauer zu: „Kampfstern Galactica – Angriff der Zylonen" mit Lloyd Bridges als Cain, Commander des verschollen geglaubten Kampfsterns Pegasus. Der deutsche Kinogänger wusste indes nicht, dass diese beiden Kinofilme eigentlich Zusammenschnitte aus jeweils drei Folgen der ihm unbekannten amerikanischen TV-Serie waren. In den USA war die Serie zu Beginn noch recht erfolgreich gelaufen, jedoch sanken die Zuschauerzahlen dann mit jeder Folge rapide. Die Folgen mit den Zylonen waren sehr beliebt. Dann aber stellte sich alsbald das Gefühl der Wiederholung ein; man sah plötzlich, dass es etwa immer wieder dieselben Flugsequenzen waren, in denen die Zylonen-Raumschiffe aus ihrer Formation flogen, oder auch die Viper-Piloten immer wieder die gleichen Manöver wiederholten. Zudem wurden auch die Storys insgesamt mit fortschreitender Dauer einfallsloser. Jane Seymour starb deshalb bereits in der sechsten Folge den Serientod, da sie sich lieber anderen Projekten zuwenden wollte. Nach 22 Folgen stoppte Universal schließlich die Ausstrahlung. Glen Larson sollte seine Serie überdenken. Er setzte sich erneut in sein Büro und krempelte die Serie um. Heraus kam „Galactica 1980" mit neuen Darstellern. Neben dem mittlerweile bärtigen Adama war nur noch Herb Jefferson jr. übrig. Verschwunden waren Apollo und Starbuck und all die anderen. Als sich wenig später allerdings auch hier ein Sinkflug in der Popularität abzuzeichnen begann, trat Dirk Benedict als Starbuck zur Ehrenrettung in der letzten Folge an. Die letzten Schimpansin Eve im Kostüm Menschen führte das blonals Muffet de „Sternenkind" Dr. Z., ein allwissender und alles planender Teenager. Die Erde war endlich gefunden worden, doch die Zylonen waren bereits unerkannt dort gelandet. Die Serie startete ebenfalls mit einem aus drei Serienfolgen zusammengeschnittenen Kinofilm. Der Film ging allerdings insbesondere wegen der ziemlich schlechten und unglaubwürdigen Tricks unter. Das Ende der Serie kam dementsprechend bereits nach zehn Folgen. Die deutschen Zuschauer bekamen die Reihe übrigens erst 1988 zu sehen. Allerdings setzten hier die Verantwortlichen die Schere an und schnitten manche Szenen einfach heraus. Erst als im Zuge der Digitalisierung die Serie auch auf DVD erscheinen sollte, wurden die Szenen wieder eingefügt. Allerdings mussten sie nun mit anderen Synchronsprechern eingedeutscht werden, da u.a. Friedrich Schütter, die deutsche Stimme von Lorne Greene, zwischenzeitlich verstorben war; Wilfried Freitag, der den Apollo sprach, wurde durch Philip Moog ersetzt. Anfang 2000 kamen Gerüchte auf, dass ein Reboot der Serie anstehe. Hintergrund: Apollo-Darsteller Richard Hatch hatte seine Galactica nie vergessen und arbeitete nun daran, die Serie wiederzubeleben. Tatsächlich kam 2004 eine Miniserie auf die US-Bildschirme: „Battlestar Galactica BSG". Edward J. Olmos war Commander Adama, gesprochen von Thomas Fritsch, Jamie Bamber sein Sohn Lee Adama, Michael Hogan Colonel Saul Tigh. Katee Sackhoff war als weibliche Viper-Pilotin Starbuck zu sehen und James Callis als Dr. Gaius Baltar. Richard Hatch GoodTimes
übernahm die Rolle des Adama-Gegenspielers Zarek. Der Look hatte sich mittlerweile stark verändert: War in der ursprünglichen Serie noch alles strahlend frisch, wirkte die neue Galactica alt, lädiert und dringend reparaturbedürftig. Die Miniserie bestand aus insgesamt vier zusammengeschnittenen Folgen, welche eine Gesamtlaufzeit von drei Stunden aufwiesen. Die Tricks stammten aus dem Computer. Der Zuschauer hatte nun das Gefühl, mit in der Viper zu sitzen. Eine entfesselte Kamera war gang und gäbe. Die Grundidee war zwar erhalten geblieben – die Zylonen hatten die Menschen auf ihren zwölf Planeten angegriffen, nachdem der Egomane Dr. Baltar den Zugangscode der planetaren Verteidigung verraten hatte. Die Zylonen selbst waren nun aber nicht mehr nur seelenlose „Blechdosen", sondern besaßen ein menschliches Aussehen. Starb ein Zylone, wurde er in einem so genannten Auferstehungsschiff mitsamt seinem bisherigen Wissen in einem identischen neuen Körper wiedergeboren. Also begann das große Rätselraten, wer denn nun ein Mensch bzw. ein Schläfer der Zylonen war. Und dazu gab es auch noch die Kampfroboter. Trickaufbau 1978
Die Haltung, welche die Serie transportierte, war nun düster. Jeder sollte jedem misstrauen. Geblieben war der später auftauchende zweite Kampfstern, diesmal mit Michelle Forbes als Admiral Cain. Die Schöpfer der neuen Serie machten alles anders. Sie zeigten nun auch die Toiletten, den Maschinenraum und die engen, muffigen Unterkünfte Während ganzer vier Staffeln wurde in der von der Familienserie zur „Militärserie" mutierten Reihe nach der Erde gesucht. Danach war Schluss. Die Galactica wurde mitsamt den restlichen Schiffen in die irdische Sonne geflogen, während die letzten Überlebenden auf der frühzeitlichen Erde einen Neuanfang wagten. Auf DVD kam die Ur-Serie 2013 als digitalisierte Neufassung von Koch Media in einer ansprechend gestalteten DVD-Box heraus. Auf den insgesamt zehn DVDs waren alle Folgen der ersten und zweiten Staffel inklusive einiger Features aufgespielt. Zudem gab es Interviews mit Larson und den Darstellern, und auch ein Blick hinter die Kulissen wurde geworfen. Die Box zierte ein Zylonen-Helm ... 2015 wurde der erste Kinofilm erstmalig komplett auf DVD bzw. Blu-ray veröffentlicht. Auch hier wurde das Reboot wenig später nach der Ausstrahlung auf DVD und Blu-ray veröffentlicht. Der Soundtrack von Stu Phillips und Bear McCreary erschien auf CD. Glen A. Larson, das Mastermind hinter „Kampfstern Galactica", war im November 2014 verstorben. 2/2017
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zum 60.
Foto: © Curt Themessl
Schrill, zerrissen, nachdenklich
Von Philipp Roser
Wie er seinen 60. Geburtstag am 19. Februar gefeiert hätte? Wohl mit einer großen Party – oder ganz zurückgezogen. Man kann nur spekulieren, ist Johann Hölzel, bekannter unter seinem Künstlernamen Falco, doch am 6. Februar 1998 nahe Puerto Plata in der Dominikanischen Republik bei einem Autounfall ums Leben gekommen – ein Ereignis, um das sich seither zahllose Legenden, Gerüchte und Spekulationen ranken. Die natürlich 60 Jahre nach seiner Geburt in der österreichischen Hauptstadt wieder wild wucherten, befeuert durch allerlei mehr oder weniger ernsthafte "neue" TV-Dokumentationen. Und ebenso lag es auf der Hand, dass aus der musikalischen Hinterlassenschaft erneut Kapital geschlagen wurde. Dies allerdings mit Stil, sprich per Doppel-CD und Doppel-LP sowie in einer drei CDs umfassenden, limitierten Premium Edition: einer chronologischen Werkschau der Jahre zwischen 1981 und 1998.
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ußen vor blieb dabei die frühe Schaffenszeit des Mannes, der eine Bankkaufmannslehre geschmissen und seine Musikerlaufbahn als 17-Jähriger mit der Band Umspannwerk gestartet hatte. Dies noch als Gitarrist, doch bald sattelte er auf den Bass um; er tingelte 1977 nach einem Semester als Student am Wiener Musikkonservatorium einige Monate lang in West-Berlin durch dortige Jazzclubs, ehe er sich der Legende nach am 1.1.1978 den Künstlernamen Falco zulegte – angeblich inspiriert durch den DDR-Skispringer Falko Weißpflog, den er am Fernseher beim Neujahrsspringen der Vierschanzentournee erlebt hatte. Er agierte zunächst als Falco Gottehrer und Falco Stürmer, schloss sich in Wien dem Ersten Wiener Musiktheater an, aus dem wenig später die avantgardistische Rocktheatertruppe Hallucination Company hervorging. Doch schon damals war der Musiker umtriebig, geradezu rastlos Seite
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– es zog ihn 1978 zu den AnarchoRockern Drahdiwaberl, und er betrieb nebenbei seine eigene Band Spinning Wheel. Mit Drahdiwaberl eckte er immer wieder an, provozierte – und machte erste Erfahrungen mit dem Radio: Das von ihm geschriebene und gesungene Lied "Ganz Wien" über den dortigen Drogenkonsum wurde von den Rundfunkstationen boykottiert. Was ihm Jahre später solo mit "Jeanny" in Deutschland erneut widerfahren sollte. Seine Solo-Aktivitäten startete Falco 1979 mit der Single "Chance To Dance"/"Summer", die allerdings erst 28 Jahre später veröffentlicht wurde. Dank reichlich Radio-Airplay gelangte Falcos erste offizielle Single "That Scene", die englische Version von "Ganz Wien", 1981 bis auf Platz 11 der Ö3-Hitparade – und fand sich 1982 auf seinem ersten Album EINZELHAFT wieder. Erfolgreicher wurde allerdings eine andere Auskopplung von dieser LP, "Der Kommissar", mit dem
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Falco auch erste europaweite Erfolge sowie Beachtung in Nordamerika einfuhr – in Kanada wurde die Single mit Gold ausgezeichnet. Der Rest ist Geschichte, auch die Dauerpräsenz in den Boulevardmedien. Dass sich hinter dem schrillen Selbstdarsteller Falco aber auch ein nachdenklicher Künstler und Mensch verbarg, konnte kult!-Mitarbeiter Philipp Roser erleben, als er den Wiener am 21.9.1992 traf – da setzte Falco mit dem Album NACHTFLUG zu einem vielbeachteten Comeback an. Er hatte eine Talfahrt hinter sich, nachdem er zuvor mit dem vielfach gecoverten "Rock Me Amadeus" 1985 auf dem Musik-Olymp ganz oben gestanden war. Übrigens ist der Hit bis heute das einzige deutschsprachige Lied, das sowohl an die Spitze der US-Billboard-Charts wie auch der UK-Charts gelangte, desgleichen in seiner Heimat und in Deutschland, wo die Pop-Rap-Nummer wie in einigen anderen europäischen Ländern bereits im Mai 1985 erschienen war. Im Folgenden finden sich Auszüge aus dem Gespräch, das in Falcos Wiener Privatwohnung stattfand.
Wie ist es denn, sich jetzt wochenlang den Mund fusselig reden zu müssen? Es fehlen – und das wissen alle Journalisten – genetische Tausendstel-Millimeter, und ich wäre ein Journalist (lacht). Infolgedessen glaube ich, dass sie mich ja im Grunde ihres Herzens doch als einen von ihnen anerkennen, doch sie sagen's natürlich nicht so laut. Aber im Prinzip gefällt es ihnen schon, dass einer so schreibt und so einen journalistischen Stil hat wie ich, so einen ätzenden Stil. It's a part of the game, ich sage Ihnen ganz ehrlich: Ich hasse die Arbeit ...
Diesen Teil der Arbeit? Ich hasse die Arbeit überhaupt. Ich würde gerne mit meiner Frau, die ich nicht habe, leider, am Fluss sitzen, würde schauen, wie das Wasser vorbeizieht. Ich mache meinen Beruf aus drei bestimmten Gründen. Erstens, um das Geld zu verdienen, mir einen adäquaten Lebensstil, eine Lebensqualität leisten zu können. Zweitens aus dem Grund, weil ich nichts anderes Gescheites gelernt habe; und ich glaube, dass meine Talente halt dort liegen. Sänger, Interpret, Schreiber, Performer – ich bin kein Entertainer! Ich bin kein Schulterklopfer-Typ. Also um meine kreativen und meine künstlerischen Ambitionen ausführen zu können. Der dritte Punkt und der wesentliche ist – das mag für einen 50-Jährigen vielleicht lächerlich klingen, ist für mich als 35-Jährigen aber naheliegend: nach 15 Jahren endlich einmal dort zu sein, eine gewisse Stilsicherheit zu haben. Ich bin heute, 1992, das, was ich 1980 gerne gewesen wäre. Natürlich war der ganze kommerzielle Erfolg ein recht gutes Investment, aber besonders glücklich hat er mich nicht gemacht. Ich bin nicht der raunzende, greinende Wiener, der sagt, „ach, der Welt geht's so schlecht!" Es geht mir fantastisch, aber – und das ist der dritte Punkt: Ich möchte auf ein Niveau kommen, das lebensfähig ist; wo es also nicht allzu hoch hinaufgeht, aber wo die Seele – ohne pathetisch wirken zu wollen – in der Lage ist, mit dem Leben mitzuwachsen. Und in meinen letzten zehn Jahren war das totale Chaos. Ich habe soviel Erfolg gehabt, was der Gesundheit ganz sicher nicht zuträglich war.
Fotos: © Universal Music
Sie sind öffentliche Reizfigur ... Ich bin halt ein Wiener. Ich meine, ich bin nicht jedermanns Sache, ich habe keine Mitte, ich bin entweder ziemlich gut oder ganz schlecht – Tagesverfassung, kommt drauf an. Ich habe meine Familie in den Griff bekommen. Ich habe lange Zeit konsequenteste Aufarbeitung betrieben. Ich habe jetzt mein siebtes Album auf dem Markt, und ich kann nur sagen: Ich habe mein Bestes getan und wesentlich besser gearbeitet als in den letzten fünf Jahren. Ich glaube, es GoodTimes
gibt in Deutschland – und da bin ich ganz ehrlich, vielleicht zu ehrlich – eine ganze Menge verbrannter Erde aufzuarbeiten. Verbrannte Erde, die daraus entstanden ist, dass ich nicht mehr bei mir war. Ich war außer mir.
Sie meinen die Exzesse, mit denen Sie durch die Medien gegeistert sind? Exzesse ist kein gutes Wort. Ich halte den Exzess für eine Form der Lebensqualität, aber in vier Wänden und mit Freunden: Man braucht sein Innerstes nicht nach außen zu stülpen. Was Sie mir jetzt sagen, das ist zu einem gerüttelt Maß, zu 90 Prozent kolportiert. Und da ist vielleicht ein Fünkchen Wahrheit dahinter, und alles andere stammt nur aus Archiven von Zeitungen und Headlines und Wahnsinn – es kümmert mich nicht. Ich bin vielleicht ein Enfant terrible der 90er Jahre; in den 80er Jahren habe ich gelernt, was es heißt, Enfant terrible zu sein. Es heißt nämlich zu sagen: Junge, halte dein Business cool, halt dein Team cool, halte deinen Kader cool, schau, dass du dir einen Kader von Journalisten aufbaust! Du wirst immer die haben, die dich in den Arsch treten, aber mein Gott – na und! That’s a part of the game! Schau, dass du das cool (hältst), dann kannst du dir auf der anderen Seite auch etwas leisten.
Wie ist das zu verstehen, sich einen Kader von Journalisten aufzubauen? Ich bin bestürzt – und nicht nur ich – über das Klima, das da in den letzten zehn Jahren eingezogen ist. Die Verfechter dieses Klimas werden sagen: „Alles, was vorher war, war Hofberichterstattung!" Ich sage, es ist schlimm, denn unsere Presse spiegelt ja nur das Interesse des Publikums. Meine Tochter mit sechs Jahren sieht sich Gruselfilme an. Da muss ich abdrehen! Und das ist für die ganz normal. Ich glaube, dass die Schmerzgrenze, die Hemmschwelle bei den Leuten durch die 80er Jahre, durch diese Überflutung von elektronischen Medien so hoch geworden ist, dass man ihnen wirklich mit dem Holzhammer auf die Birne hauen muss, damit man irgendwie noch durchkommt. Ich habe das, glaube ich, lange genug gemacht, mit großem Erfolg; und habe mir dann gedacht: Junge, du bist jetzt 29, du warst mit 23 Dollar-Millionär; du könntest dich durchaus zurückziehen auf das Schlösschen mit 24 Affen und 22 Bodyguards – du tust es nicht! Du bleibst hier, wo du zu Hause bist (trinkt einen Schluck)! Das war Mineralwasser! Und da habe ich mir gedacht, du musst dich aber als freischaffender Künstler in irgendeiner Art und Weise verändern. Es ist wesentlich größeren Männern als mir schon passiert, dass sie sich in die falsche Richtung verändert haben. Ich dachte, ich habe ein Kind; ich dachte, ich habe eine Frau; ich dachte, ich habe eine Familie – es ist nichts von diesem Sicherheitsnetz übriggeblieben, nichts. Nur meine Tochter, die ich sehr liebe und für die ich alles tun würde; die ich auch, wenn es sein müsste, zu mir nehmen würde. Auch kein Management war für mich ein Sicherheitsnetz. Die arbeiten alle mit demselben Schmäh zu sagen: „Junge, jetzt haben wir volle Hosen, jetzt können wir gut stinken." Wenn ich dann frage: „Was ist, wenn wir die vollen Hosen nicht haben?" „Na, dann werden wir uns was einfallen lassen!" Einen Scheiß lassen sie sich einfallen! Sie beharren auf den Kontrakten, sie kassieren ihr Geld – alles, was der Künstler als Kopf nicht kann, kann auch der ganze Rattenschwanz hinter ihm nicht. Damit meine ich nicht die Industrie, da meine ich Personal Management. Meine Sicherheitsnetze haben nicht funktioniert, und ich habe vier Jahre gebraucht, um mein Leben so in Ordnung zu bringen, maßzuschneidern, dass ich heute mit Ihnen hier ruhigen Gewissens sitzen und Ihnen die Wahrheit erzählen kann. 2/2017
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Von Horst Berner
Jede Generation hat ihre Unterhaltungsspiele, die Kinder oder Jugendliche ins Schwärmen gebracht haben, auch wenn irgendwann im Leben der Punkt kommt, an dem diese schiere Begeisterung dem Erwachsenwerden weicht. Eines der erfolgreichsten Produkte der modernen Spiele-Industrie ist das vom Japaner Satoshi Tajiri entwickelte Videospiel Pokémon. Seit zwei Jahrzehnten am Markt, haben es viele Nutzer in bester Erinnerung, doch es hat bis heute nichts von seiner Anziehungskraft verloren.
Eunter den Suchmaschinen, zum Jahresende 2016 seine Liste der welt-
s war eine kleine Sensation, als der Internetriese Google, Weltmarktführer
weit meistgesuchten Begriffe bekanntgegeben hat: Auf Platz 1 landete tatsächlich das Handygame Pokémon GO vor Apples iPhone 7, dem Kandidaten und jetzigen US-Präsidenten Donald Trump und dem am 21. April 2016 verstorbenen Musiker Prince. Auch in Deutschland landete das Schlagwort ganz weit vorne und belegte Platz 2 nach UEFA Euro 2016. Andererseits, eine Erfolgsgeschichte war Pokémon von Anfang an. Pokémon Trading Card 1996 eroberten die Taschenmonster (engl. Pocket Monsters) der ersten mit Aquana und Generation die Herzen vieler Role-Playing-Game-Fans im Sturm, als Stickeralbum von Merlin Bilderdienst 1999 der japanische Hersteller von Videospielen und Spielkonsolen Nintendo im Franchise-System die Spiele für den Game Boy herausbrachte. Die durch die Veränderung der geografischen ursprüngliche Idee zu den Pokémon hatte Satoshi Tajiri (*1965), die er – Position des Spielers beeinflusst wurde. zusammen mit seinem Freund Ken Sugimori (*1966), der die Zeichnungen Eine große Bedeutung kommt dabei dem der Charaktere anfertigte – in seiner Softwarefirma Globalen Positionsbestimmungssystem (GPS) zu, Game Freak ausbrütete. Die Attraktion des Spiels das durch Echtzeitlokalisierung die Standortdaten führte im Lauf der Zeit zu einer mittlerweile fast des Spielers ermittelt und ihn virtuell auf einer unüberschaubaren Palette an Produkten. Neben Landkarte positioniert, die auf dem Kartenmaterial den Videospielen (wovon bis Ende Mai 2016 von Google Maps basiert. Schöne neue Welt, in der laut Eigenangabe von The Pokémon Company sich die materielle Welt mit der virtuellen Spielwelt weltweit 280 Millionen verkauft wurden) zählen vermischt … Niantic, das Entwicklerstudio für hierzu speziell die Sammelkartenspiele (aktuell Computerspiele (Ingress, Pokémon GO) mit Sitz gibt es etwa 7000 unterschiedliche Karten, die in San Francisco, ließ ermitteln, dass Pokémonsich in 74 Ländern 21,5 Milliarden Mal verkauft GO-Spieler bis zum 7. Dezember 2016 sage und haben), die im Fernsehen und auf DVD dargebotenen Anime-Serien, schreibe 8,7 Milliarden Kilometer gelaufen waren, dabei 88 Milliarden 19 Kinofilme, mehrere Manga-Reihen sowie unzählige Pokémon gefangen und 600 Millionen Mal die Pokémon-GO-App herMerchandisingartikel. Nicht schlecht für ein Rollenspiel, bei untergeladen hatten. dem es, vereinfacht gesagt, darum geht, verschiedenartige Ein No-go für dieses Spiel besteht allerdings im bevölkerungsreichs Fantasiewesen mit speziellen Begabungen und so schilten Staat der Erde, in China, wo es aufgrund von dessen Anbindung lernden deutschen Namen wie Aquana, Bisaflor, Glutexo, an Google Maps aus Sicherheitsgründen verboten ist. Das hindert die Knuddeluff oder Schiggy zu fangen, chinesische Wanda Group – seit Januar 2016 aufzuziehen und zu trainieren, um Mehrheitseigner des US-Unternehmens Legendary im Kampf gegen andere Teams den Entertainment – jedoch nicht daran, in die Marke Titel eines Meisters zu erringen. Pokémon zu investieren. Noch 2017 soll das Game Boy Color Dass dieses Kultspiel seinen Reiz Hollywood-Studio Legendary einen Realfilm prosogar im Freien entfalten kann, duzieren, der die bekannteste Pokémon-Figur zeigte die Einführung von Pokémon in den Mittelpunkt rückt und den Arbeitstitel GO im Juli 2016. Auf Mobilgeräten „Detective Pikachu" trägt. An der (Smartphones, Tablets) ging die Jagd Seite von Pikachu steht natürlich nach inzwischen über 800 bekannten der junge Freund Ash Ketchum, der 2016 erschien die komplette erste und zweite Staffel der Pokémon-Figuren weiter, wobei dann zum ersten Mal von einem Pokémon, Goldene Pokémon-Trickfilme auf 13 DVDs bei Studio Hamburg Enterprises Schauspieler verkörpert wird ... Edition von Nintendo der Spielverlauf nun auch Seite
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Abb. © The Pokémon Company 2017; Nintendo 2017
SCHNAPP SIE DIR!
Start am 21. Apri l 2017
Perry Rhodan muss zum Planeten Terminus vorstoßen.
PERRY RHODAN-Terminus: zwölf spannende Science-Fiction-Romane. www.perry-rhodan.net Kostenloses Infopaket inklusive Probeheft anfordern bei: PERRY RHODAN-Kommunikation I Stichwort »Kult« Postfach 2352 I D-76413 Rastatt
© Pabel-Moewig Verlag KG, Illustration: Dirk Schulz
Uralte Obelisken weisen eine Spur in die Vergangenheit.
Charms
Die faszinierende Welt der kleinen Schmuckstücke
Jung und Alt bekommen glänzende Augen, denn kleine Anhänger für Bettel- und Glücksarmbänder erfreuen sich nach wie vor seit nunmehr über hundert Jahren großer Beliebtheit. Die beeindruckenden Schmuckstücke werden heute allgemein „Charms" genannt. Sie sind etwas ganz Individuelles, das man harms werden aus unter- sammeln kann. Sie lassen sich beliebig kombinieren und er mir. Für fünf Euro das Stück schiedlichen Metallen und schnell und einfach zu einem Armband hinzufügen. Jeder gehörten sie mir, und ich war Kunststoffen hergestellt. Anhänger hat seine ganz spezielle Bedeutung. Charms glücklich. Vorherrschend findet man jedoch können von Liebe, Glück und Freundschaft erzählen. Am darauffolgenden Tag schlenArmbänder aus Silber und gelegentlich auch aus Gold. Sie halten die Erinnerung Sie werden an einem Armband mit Kettengliedern derten wir durch die Altstadt von an kleine Lichtpunkte im Alltagsleben eingehängt, das am Handgelenk getragen Weiden. Wieder und wieder erkundigte wird. Man nennt sie auch „Jou-Jous", ich mich in den Souvenirläden nach den wach und bewahren wundervolle Momente Wappenanhängern. Eine nette Verkäuferin ein Leben lang. Die Charms ermöglichen so Glücksbringer, Glaubenszeichen kannte diese kleinen Kunstwerke, konnte mir die Erschaffung eines strahlenden Juwels voller oder Liebeszeugnis.
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aber leider keine zum Verkauf anbieten, dafür jedoch sehr viel Interessantes berichten.
Magie, angefüllt mit wunderschönen Erinnerungen, Träumen und Wünschen.
Eigene Erfahrungen mit dem Thema Charms machte ich im Rahmen einer siebentägigen Flugreise quer durch Deutschland. An einem dieser Tage fiel mein Blick auf ein paar seltsam geformte Wölkchen, die irgendwie aneinandergereiht zu sein schienen. Die Wolkenketten erinnerten mich nebulös an Armbänder mit kleinen Anhängern, die meine kleine Schwester vor über 50 Jahren von unserer Großmutter während des Sommerurlaubs geschenkt bekam. Ob es die wohl heute noch gibt, fragte ich mich. Auch mein Co-Pilot konnte sich noch schwach an die Wappenanhänger erinnern, und so beschlossen wir kurzerhand, auf unserer Reise in den Souvenirläden nach diesem Kleinod zu fragen. Die erste Etappe unserer Reise führte uns nach Föhr. Der Flugplatz liegt nahe der Stadt Wyk. Nach einem kurzen Spaziergang erreichten wir die Promenade, auf der es von Menschen nur so wimmelte. Wir schlenderten die Prachtstraße entlang und entdeckten dann auch gleich ein typisches Geschäft mit Andenken aller Art. Der Laden war gut besucht. Wir schauten uns um, und ich versuchte, dem Ladeninhaber begreiflich zu machen, was mein Begehr war, aber er wollte mich nicht verstehen. Da entdeckte ich plötzlich zwei fingernagelgroße Wappenanhänger zwischen verschiedenen Schiffsmodellen an einer Pinnwand. Der Ladenbesitzer wusste gar nicht mehr, dass sich solche Anhänger noch in seinem Besitz befanden – denn seit 30 Jahren habe keiner mehr danach gefragt, erzählte Seite
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Die kleinen Anhänger aus Silber bezeichne man heute als „Charms". Sie würden an so genannte Bettelarmbänder (engl. „charm bracelet") befes tigt. Der Ursprung des Namens reicht weit in die Vergangenheit zurück. Vermutlich wurden in alten Zeiten die Armbandanhänger zusammengebettelt oder für kleine Gefälligkeiten erbeten. In Deutschland gab es schon Ende des 19. Jahrhunderts die kleinen Anhänger in vielen Großstädten als Reise-Andenken zu kaufen. Sie zeigten Stadtwappen, Städte-Ansichten, berühmte Gemälde, bekannte Personen oder bestimmte Ereignisse. Die frühen Silberanhänger waren selten emailliert, zeigten aber fein gearbeitete Stadtansichten oder Landeswappen. In den 20er Jahren erlebten die Wappenanhänger dann ihre erste große Blütezeit, und in den 30er Jahren rückten dann die damaligen deutschen Ostgebiete in den Blickpunkt. Der große Durchbruch der Wappen anhänger fand während der Wirtschaftswunderjahre statt. Äußerst beliebt und weit verbreitet waren damals f ingernagelgroße
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w a p p e n f ö r m i g e Anhänger mit Stadt wappen oder Städte- bzw. Länderansichten (engl. „enamel travel shield charms"). Diese kleinen Kunstwerke bestanden vorzugsweise aus Silber und Emaille, waren handbemalt und vermutlich oft in Heimarbeit gefertigt worden. Der Silberanteil war jedoch recht unterschiedlich und lässt sich auf dem rückseitigen Stempel leicht ablesen. In wirtschaftlich schweren Zeiten war übrigens statt Silber häufig auch Aluminium oder Blech unterschiedlicher Güte verwendet worden. Vor dem Zweiten Weltkrieg waren die Anhänger meistens aus 925er, 900er oder 835er Silber, in den 50er Jahren vorwiegend aus 800er Silber. Besonders die Anhänger aus den 80er Jahren wiederum waren oft nur versilbert, nicht emailliert, und mit Papierfoto und Plastikbeschichtung versehen. In jeder größeren Stadt in Deutschland, an bekannten touristischen Zielen oder Veranstaltungsorten konnte man die kleinen Kunstwerke kaufen. An jedem Kiosk und in jedem Souvenirlädchen waren sie wahre Verkaufsschlager, obwohl nicht billig, aber die Andenken symbolisierten Reisefreiheit und wirtschaftlichen Aufschwung. Nach den entbehrungsreichen Kriegsjahren ging es den Menschen wieder merklich besser, ein gewisser Wohlstand breitete sich aus, und das wollte man auch nach außen hin zeigen. Oftmals wurden die Anhänger nicht nur zur eigenen Verwendung, sondern auch als Geschenk oder Mitbringsel für die Daheimgebliebenen gekauft. In der Altstadt von Weiden entdeckte ich einen Antiquitätenladen für Schmuck. Hoffnungsvoll erkundigte ich mich nach Wappenanhängern. Der Geschäftsinhaber überlegte kurz und meinte, er müsse noch zwei Bettelarmbänder mit vielen Anhängern irgendwo liegen haben. Nur wo genau, das wusste er nicht. Der freundliche Herr öffnete einen riesigen Schrank, durchsuchte ein paar Schächtelchen und wurde schließlich fündig. Zwei Bettelarmbänder mit jeweils 20 Wappenanhängern. 35 Euro verlangte er für ein Armband. Ich kaufte beide und musste nur 60 Euro zahlen. Wir plauderten noch eine Weile gemütlich miteinander, und auch der Antiquitätenhändler berichtete mir allerlei Wissenswertes über die Wappenanhänger. „In den 60er und 70er Jahren, da habe man diese Schmuckstücke noch sehr gut verkaufen können. Die Dinger gingen weg wie ,warme Semmeln', und es gab sie nicht nur in Deutschland, sondern auch in Österreich, Italien, Spanien, Belgien, Holland, Frankreich, England, in Skandinavien und sogar in den USA zu kaufen." GoodTimes
Auch heute noch kann man vereinzelt in Touristenhochburgen entlang des Rheins, am Bodensee und in der Lüneburger Heide die legendären Wappenanhänger aus über 30 Jahre alten Beständen ergattern. In den letzten Jahren ist das Interesse an den silbernen Qualitätsanhängern aus den 50er und 60er Jahren wieder stark angewachsen und die Nachfrage groß. Die Trödelmärkte als Quelle der gesuchten Raritäten sind heute so gut wie leergefegt. In Antiquitätengeschäften, besonders in den Touristenhochburgen, findet man sie mit etwas Glück noch ab und zu. Aber es gibt ja die Online-Plattformen wie eBay und DaWanda, auf denen ständig Einzelstücke und auch ganze Bettelarmbänder zur Versteigerung anstehen oder oft auch zum Sofortkauf angeboten werden. Aber Vorsicht ist geboten. Der Markt bei Wappenanhänger ist ein Sammlermarkt und unterliegt damit seinen eigenen Gesetzen. Frauen und auch Männer sammeln aus ganz unterschiedlichen Gründen. Der Marktpreis ist dabei abhängig von Angebot und Nachfrage, vom Alter und vom Zustand der jeweiligen Anhänger. So kann man zum Beispiel einen Anhänger vom Kölner Dom sicher bei eBay schon für kleines Geld erwerben, wenn es sich um Massenware handelt. Dasselbe Motiv vom Anfang des letzten Jahrhunderts in gutem Zustand wird allerdings wesentlich mehr kosten. Fantasiepreise sollte man dabei immer kritisch hinterfragen! Eine wundervolle Sammlung von BettelarmbandWappen-Anhängern mit über 8000 (!) Exponaten aus allen Gegenden Deutschlands sowie dem europäischen und außereuropäischen Ausland, sicher eine der größten ihrer Art, besitzt Irene Pohlmann. Die kleinen Kunstwerke, die vorzugsweise aus Silber und Emaille bestehenden Anhänger mit nationalen und internationalen Städte- und Länderwappen, mit bekannten und weniger bekannten touristischen Zielen, sind ihr Hobby und ihre ganz große Leidenschaft. Auf ihrer immer noch im Aufbau befindlichen SammelparadiesGalerie-Webseite (www.leotigress. de) hat die nette Dame inzwischen über 4000 Wappenanhänger veröffentlicht. Mindestens genauso viele warten noch auf eine Bearbeitung. Ihre Wappenanhänger, und auch ihr Schmuck, sind bis auf wenige Ausnahmen übrigens auch käuflich zu erwerben. Aus alten Stücken fertigt sie zudem neuen Schmuck,
wie Ohranhänger, Schlüssel- oder Taschenanhänger. Tipp: Irene Pohlmann hilft Interessierten auch gerne bei der Suche nach bestimmten Wappenanhängern oder bestückt ein Bettelarmband nach Kundenwünschen ganz individuell ... Hans-Joachim Neupert 2/2017
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Abb. © Märklin
Der ungebrochene Mythos der Modelleisenbahn-Romantik Märklin ist damals wie heute ein Marken- und zugleich ein Gattungsname, wenn es um das Thema Modelleisenbahnen geht. Der Göppinger Traditionsbetrieb weckt Kindheitserinnerungen an die erste eigene Eisenbahn unterm Weihnachtsbaum. Den Anfang machte meist eine Starterpackung, und es endete mit immer größer werdenden Anlagen auf Sperrholzplatten, die bis ins hohe Erwachsenenalter angeschafft wurden. Und dabei fing bei Theodor Friedrich Wilhelm Märklin vor über 150 Jahren alles ganz anders an als geplant …
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er gelernte Klempner T.F.W. Märklin gründete im Jahr 1859 die Firma Wilhelm Märklin in Göppingen und begann zunächst mit der Produktion von Blechspielzeug für Puppenküchen. Märklin erkannte jedoch, dass dieses Geschäft nur saisonal ausgerichtet war, und stellte schon bald auch noch Produkte für den herkömmlichen Haushalt her. Anfangs erledigte Familie Märklin die Firmenaufgaben in ihrem kleinen Betrieb noch per Arbeitsteilung. Theodor Friedrich Wilhelm war für die Produktion zuständig, seine Frau Caroline kümmerte sich um den Verkauf. Sie durchreiste dabei Süddeutschland und die nahe Schweiz. Eine Frau in dieser Funktion Seite
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war zur damaligen Zeit noch sehr ungewöhnlich, und man kann die gebürtige Caroline Hettich rückwirkend als die erste weibliche Handelsreisende überhaupt bezeichnen. Dank ihrer Tatkraft wuchs die Firma kontinuierlich, und die bisherigen Räumlichkeiten wurden bald zu klein für das aufstrebende Unternehmen. Das junge Paar hatte außerdem noch fünf Kinder zu versorgen – die beiden Töchter Märklins aus erster Ehe sowie die gemeinsamen Söhne Wilhelm, Eugen und Karl. Mitten in der Expansionsphase starb dann T.F.W. Märklin 1866 durch einen Sturz von der Kellertreppe. Durch den frühen Tod war der
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fand sich ein schier endlos langer Verkaufsgang mit den aktuellen Primex-Produkten. Und es gab vieles zu bestaunen, vom Gleismaterial (in Weiß statt im klassischen Märklin-Braun), Loks und Anhänger und natürlich auch Zubehörteile wie Gebäude, Figuren, Straßenfahrzeuge sowie Material zur Landschaftsgestaltung. Und mit etwas Glück und dank klassischen Kinderlächelns landete immer etwas aus dem Primex-Sortiment in unserem Einkaufswagen. Meine Wunschliste zu Weihnachten wäre sonst bereits während des Jahres zu groß geworden, das sah irgendwann sogar auch meine Mutter ein. Für Schlagzeilen sorgte 1972 die Einführung der Spur Z. Der so genannte Märklin Mini-Club war mit nur 6,5mm Spurweite und dem Maßstab 1:220 zu dem Zeitpunkt die kleinste Elektro-Serieneisenbahn der Welt. Besonders exklusiv war damals das NOCH Modellbahn-Kofferset mit einer Komplettanlage auf wirklich kleinstem Raum. 1984 wurde die bis dahin analoge MärklinWelt dann digital. Die Mehrzugsteuerung „Märklin digital" kam in den Handel, und Züge und Magnetartikel konnten von nun an unabhängig voneinander mit oder ohne Computer auf einer Anlage gesteuert werden. Spätestens jetzt waren dem Anlagenbau und -betrieb nahezu keine Grenzen mehr gesetzt! Ein wichtiges Marketinginstrument der Firma sind stets die hauseigenen Kataloge gewesen. Von 1921 an erschienen sie regelmäßig jedes Jahr als nummerierte Endkundenkataloge. Für mich waren diese Jahreskataloge immer ein bereits vorgedruckter Weihnachts-Wunschzettel, wo man nur noch Kreuze an die jeweiligen Bilder der Loks und Anhänger machen musste. Einfacher konnte man es Kindern und Eltern nicht machen. Pünktlich zu Heiligabend wurde unserer Märklin-Anlage aus dem Hobbykeller im Übrigen auch die Ehre zuteil, für die Weihnachtstage ins Wohnzimmer umziehen zu dürfen. Für mich das Highlight des Jahres. 2009 folgte dann der Schock für alle Fans der Marke – nach mehreren verlustreichen Jahren musste die Traditionsmarke schließlich Insolvenz anmelden. 2013 wurde Michael Sieber, bekannt als Bobby-Car-Produzent und Pionier der deutschen Spielwarenindustrie, neuer Mehrheitseigentümer und Retter bei Märklin. Die verbleibenden 480 Märklin-Angestellten erhielten eine Eisenbahn-Romantik mitten im Wohnzimmer Arbeitsplatzgarantie bis 2019. Heute scheinen die Geschäfte wieanno 1982 beim Autor der zu laufen. Die Emotionen, die Generationen von Kindern bis ins Erwachsenenalter empfunden haben, sichern Märklin eine unverwechselbare Aura. Altes Spielzeug hat einen legendären Ruf, der auf die Produkte der neueren Zeit übergegangen ist. Aktuell sind es die hochwertigen Lokomotiven, mit denen die Marke ihre Freunde in aller Welt zu begeistern versteht. Der Kult bleibt am Leben – auch 157 Jahre nach T.F.W. Märklins Idee, sich mit Blechspielzeug selbstständig zu machen! Markus Nöth
Fortbestand der Firma zunächst gefährdet, doch seine Frau Caroline ergab sich nicht dem Schicksal, sondern kämpft für das Erbe ihrer Söhne. Sie heiratete ein zweites Mal. Etwas anderes blieb ihr gar nicht übrig, denn nach der damaligen Gesetzeslage war sie als Frau „geschäftsunfähig". 1888 übernahmen ihre Kinder Eugen und Karl dann das Unternehmen und nannten es fortan Gebrüder Märklin. Auf der Leipziger Frühjahrsmesse präsentierten sie 1891 eine Uhrwerkbahn („Storchenbein") mit Schienenanlagen in Form einer Acht. Märklin war Vorreiter bei dieser Entwicklung! 1892 trat Emil Friz als weiterer Gesellschafter in die Firma ein. Der ehrgeizige Friz wollte das Unternehmen zur größten Spielwarenfabrik der Welt machen. 1895 wurde die mit Dampf und Elektrizität betriebene Eisenbahn der heute gesuchten Spur 1 eingeführt. Die weiteren Jahre waren geprägt von bahnbrechenden Neuerungen und Innovationen wie dem Meccano-Metallbaukasten. 1909 umfasste die Märklin-Produktpalette bereits 90 verschiedene Dampfmaschinenmodelle, Puppenstubenzubehör, Karussells, Autos, Flugzeuge, Schiffe, Kreisel und Metallbaukästen. Als weiterer Meilenstein wurde 1926 die elektrische Bahn mit 20 V Wechselstrom eingeführt. Eine Glühlampe als „Vorwiderstand" erlaubte nun endlich auch einen Spielbetrieb ohne Laufzeitbeschränkung wie noch zu Zeiten von Märklins Uhrwerkbahn. Zwischen 1928 und 1933 begann schließlich die Produktion der Modelleisenbahnen und die Präsentation des ersten Krokodils in den Baugrößen 0 und 1. Mittlerweile boomt auch das Auslandsgeschäft. Märklin beschäftigte um 1928 bereits über 900 Mitarbeiter. 1935 kam die Spurweite H0 auf den Markt und hatte so großen Erfolg, dass als Folge die weiteren Spur größen immer weniger Berücksichtigung erfuhren und danach kaum noch hergestellt (Spur 1) oder ganz aufgegeben (Spur 0) wurden. Der Siegeszug begann und beschert Märklin eine immer größer werdende Nachfrage nach Modelleisen bahnen in den 1950er und 1960er Jahren. 1969 feierte das K(unststoff)-Gleis seine Premiere. Im selben Jahr starteten paral lel unter der Handelsmarke Primex vereinfachte und Märklin-kompatible Modellbahnprodukte für den kostenbewussten Modellbahneinsteiger, von denen ich damals – noch ohne eigenes „Märklin-Budget" – notgedrungen auch einer war. Spontan und ohne Überredungskunst war ich immer sofort mit dabei, wenn meine Eltern ihre Wochenendeinkäufe im KonsumSupermarkt erledigten. Denn hier
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60 JAHRE GASTON
fälle in e R d n u e l l ä f Ein am Fließband! Mit seinen Ideen und Erfindungen treibt Gaston die Redaktion eines Comic-Verlags an den Rand der Verzweiflung. Von 1968 bis 1978 waren seine höchst amüsanten Eskapaden zuerst in den Publikationen von Rolf Kauka zu sehen, ehe sie ihre hiesige verlegerische Heimat ab 1981 in den Albumreihen von Carlsen fanden. Von André Franquin im Jahr 1957 für die belgische Comic-Zeitschrift "Spirou" ersonnen, treibt der schräge Spaßvogel seit nunmehr sechs Jahrzehnten seinen Schabernack.
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indiger Tüftler, lebensfroher Chaot, unkonventioneller Musiker, besorgter Kollege, großer Tierfreund, beherzter Umweltschützer und ewiger Querdenker mit Neigung zur Subversion – Gaston (Nachname: Lagaffe) ist eine wandelnde Katastrophe und zählt gerade deshalb zu den populärsten Figuren der frankobelgischen Comic-Literatur. André Franquin (1924–1997), einst auch Kultzeichner der Serie „Spirou und
André Franquin (*3. Januar 1924 in Etterbeek, Brüssel; † 5. Januar 1997 in Nizza)
Fantasio" und geistiger Vater des Marsupilami, brachte seine Lieblingsfigur – mit etwas Hilfe des damaligen Chefredakteurs Yvan Delporte (1928–2007) – erstmals am 28. Februar 1957 für die Nummer 985 von „Spirou" zu Papier. Obwohl Gaston anfangs nur sporadisch durchs Heft lümmelte, wurde er ab der Nummer 1025 vom 5. Dezember 1957 zum Titelhelden einer eigenen Serie und verzückte fortan Woche für Woche die Leserschaft mit einem launigen Ausrutscher (franz.: la gaffe). Da sein eigentliches Aufgabenfeld im Verlag von Beginn an im Unklaren geblieben ist – bisweilen kümmert Erster Auftritt von Gaston in der Redaktion von "Spirou" – er sich um die Nr. 1559 bringt am 29.2.1968 den 500. Gag von Gaston Originalzeichnung von Franquin Leserpost oder Seite
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erledigt allerlei Besorgungen inner- und außerhalb des Verlags –, nutzt er die Zeit für fantasievolle Experimente. Diese und deren fatale Folgen hat Franquin in unzähligen Illustrationen und weit über 900 halb- und ganzseitigen Comics (der letzte erschien in der Nummer 2776 von „Spirou" am 25. Juni 1991) auf unglaublich witzige Art in einem nervösen, gleichwohl brillanten Strich dargestellt. Allein Gastons Erfindungen, ob nun ein „Rollenkoffer mit Elektromotor", das „Einschienensystem zur Buchbeförderung" oder der „erste Rasenmäher der Welt, der beim Mähen Rücksicht auf die Gänseblümchen nimmt", sind die reinen Brüller. Musikalische Neigungen befriedigt der stets in Jeans, mit eingelaufenem grünen Rollkragenpulli und blauen Espadrilles gezeigte AnarchoTyp mit seiner Band The Kings Of Sound, die anhand des von
Gaston und die Kings Of Sounds 2/2017
Abb. © André Franquin, Gaston Lagaffe, éd. Dupuis / Carlsen Verlag 2017
ihm ausgeklügelten Gastophons für heftige „Vibrations" sorgen. Dazu kommt seine Begeister ung für den unverwüstlichen O l dt i m e r Gaston und sein Karotten-Gewehr des Modells Fiat 509, die Charaktere der Serie abbilden. Des Weiteren entsteht zursorgsame Pflege der von ihm in die Redaktion zeit der Film „Gaston Lagaffe", den der französische eingeschleusten Tierchen der Gattungen Goldfisch, Regisseur Pierre-François Martin-Laval mit Théo Igel, Katze, Lachmöwe, Maus, Schildkröte und Fernandez in der Hauptrolle und Alison Wheeler als Schnecke sowie – bei allem Respekt für die anderen M'oiselle Jeanne (dt. Fräulein Trudel) dreht. Verlagsmitarbeiter – seine schieIn Deutschland war es zunächst Rolf Kauka (1917– re Anbetung von 2000), der das Unikum in Jugendzeitschriften Fräulein Trudel, wie „Fix und Foxi", „Primo", „Fix und Foxi Extra", ihres Zeichens „Kauka Comic" oder „Kauka Super-Serie" präsenSekretärin im tierte. Dass bei ihm Gaston zum stotternden Jo-Jo Haus. Kurzum, (abgeleitet von Josef) verkümmerte, schmälerte der geborene zwar kaum den Erfolg, Kenner des Originals atmeFaulenzer beweist ten aber trotzdem auf, als Carlsen in den frühen stets aufs Neue, dass er nicht nur ein kleines Genie mit großem Herzen, sondern auch ein Mann der Taten "Gaston"-Album von Dupuis ist. Originalton Franquin: „Er besitzt diesen unbewuss ten Hang, Katastrophen zu produzieren. Sehr oft Mein kleiner wird dies bedingt grüner Kaktus ... durch arglo- Gaston und der se Erfindungen. Autor des Artikels Rarer Sonderband von 1989, in dem Franquins So verursacht in Brüssel "Gaston"-Werbecomics für Philips nachgedruckt sind. beispielsweise das 80er Jahren die Lizenz für die Serie erwarb. Seit jener mit Kohle betriebeZeit hat der Hamburger Verlag den Franquin-Klassiker ne Auto von Gaston in adäquater Form in mehreren Ausgaben veröffentetliche Missgeschicke, licht. Zwischen 2008 und 2010 erschien dann die dient aber gleichzeibis heute verfügbare „Gaston"-Edition, in deren 19 tig auch zum Grillen Alben alle Gags in chronologischer Reihenfolge, digital von Fleischspießchen restauriert und textlich überarbeitet beim Picknick mit vorliegen. Fräulein Trudel … Oder er erfindet ein Wahre Fans werden aber kaum Gewehr, mit dem auf die Gesamtausgabe „Der er Karotten für die ganze Gaston" verzichten wolHasen während der len, die Carlsen Ende des Jahres Jagdzeit abfeu2015 in den Buchhandel brachert, damit sie beste. Auf über 1000 Seiten, versere Augen bekomteilt auf fünf Bücher im Format Nr. 4115 "Spirou" feiert in ihrer men und die Jäger 30x22,5 cm, sind nicht nur schon von weitem Ausgabe vom 22. Februar 2017 das alle „Gaston"-Strips aus „Spirou" Geburtstagskind und wird bei die- nachgedruckt, hier finden sich Der ganze Gaston" erkennen." " ser Gelegenheit zu "Gaston" von Carlsen Katalog zur Ausstellung auch noch Werbecomics, Plakate, 60 Jahre Gaston", Bibliothek Mit ihrem originellen Konzept Anzeigen, Skizzen und Reinzeichnungen für " im Centre Pompidou, Paris, und den omnipräsenten Späßen die Titelbilder der Alben sowie Text- und (Dezember 2016 bis April 2017) in Text und Bild erwies sich die Bildfolgen, die im redaktionellen Kontext von Serie „Gaston" rasch über den französischen Sprachraum hinaus „Spirou" entstanden sind. Einen zusätzlichen als Renner. In viele Sprachen übersetzt, wurde sie millionenfach Mehrwert schaffen in jedem Band die kenntaufgelegt und verkauft. Besonders verehrt wird die Figur natürlich nisreich geschriebenen Vorworte und 40-seitiin Belgien, wo in der Hauptstadt Brüssel eine „Gaston"-Szene eine gen Hintergrundberichte zur Serie im Anhang. Hausfassade in der Rue de l’Ecuyer ziert, eine große Skulptur von Das Ganze offeriert sich in einer schmucken ihm in unmittelbarer Nähe des belgischen Comic-Museums auf dem Box, die, ohne Übertreibung, eine Zierde Boulevard Pachéco steht und es sogar eine Rue Gaston Lagaffe beziefür jede Comic-Sammlung ist. Eine würdige hungsweise Guust Flater Straat (so sein niederländischer Name) gibt. Aufbereitung des Meisterwerks von André Zu Beginn des Jubiläumsjahres, am 30.1.2017, ehrte ihn die belgische Franquin; feineren Lesespaß kann es nicht Post mit einer Blockausgabe, deren fünf Werte die bekanntesten geben! Horst Berner GoodTimes
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kult! verlost unter allen Einsendungen des Lösungswortes:
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Füllen Sie das Kreuzworträtsel aus. Die Buchstaben in den mit Ziffer und Kreis markierten Kästchen ergeben das Lösungswort. Senden Sie uns eine E-Mail, ein Fax oder eine frankierte Postkarte mit dem Lösungswort an: NikMa Verlag · Kennwort kult!-Verlosung" " Eberdinger Str. 37 · 71665 Vaihingen/Enz Fax: 0 70 42/37660-188 · E-Mail: goodtimes@nikma.de
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Einsendeschluss: 15. Juli 2017 Die Gewinner werden schriftlich benachrichtigt. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Gerichtsstand ist Stuttgart.
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Lösungswort kult! Nr. 15: Roadmovie
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