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TOM WALSER

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THE CULINARY POET

THE CULINARY POET

Der mit dem Holz tanzt

Es ist einer dieser Glanztage, der kristallgrüne Walensee spiegelt das gleissende Sonnenlicht die Churfirstenwände hoch. Unser Weg schlängelt sich hinauf nach Oberterzen, am Fuss der Flumserberge. Ein alter blauer VW Käfer, das muss es sein. Und dann steht ein junger Mann vor mir, dessen Augen vor Begeisterung fast Funken sprühen. So sieht gelebte Leidenschaft aus.

Wer ist Tom Walser? Mein Vater fertigte schon die Spielklötze selber aus Holz. Ich war von klein auf von Holz fasziniert. Ich entschloss mich deshalb für eine Schreinerlehre, weil der Schreiner das fertige Produkt herstellt, sich um Oberflächen und Kanten bis ins kleinste Detail kümmert. Ich hatte das Glück, den Beruf in einem Betrieb zu erlernen, der nach alter Väter Sitte fast alles von Hand machte! Und das mit Hingabe zum Detail. Meine erste Festanstellung hatte ich in einem Betrieb, der komplett gegenteilig ausgerichtet war. Nun ging es darum, effizient eine grosse Menge an Spanplatten für Küchen zu fertigen. Dann ereilte mich die Schweizer Armee. Ich passte da überhaupt nicht rein mit meinem rebellischen Naturell. Aber die Armee gab mir Zeit, in den Spiegel zu schauen, mich mit mir selber zu beschäftigen. Ich sagte mir, ich fange nochmals bei Null an, die Welt ist für mich komplett offen, auch wenn dabei Pilot rauskommt. Entscheidend war für mich die Frage «auf welches Leben willst Du einmal zurückblicken?» Und ich sagte zu mir selber «wenn Du Dich entschieden hast, geh raus und mach es!».

Cristallino Tisch. Tischplatte Eiche geschruppt, gebürstet und Natur geölt.

— Diese Form der Selbstbeschäftigung mit 20 Jahren ist nicht gerade üblich… — Die grösste Überwindung für mich war, meinen Eltern, bei denen ich lebte, zu offenbaren, dass ich kein Angestellter mehr sein wollte. Ich wollte von diesem Moment weg meine eigene Vorstellung von Möbeln verwirklichen. Mir war klar geworden, dass ich nichts mehr brauchte als dies, um im Leben glücklich zu werden. Aber meine Eltern reagierten überraschend positiv! Sie gaben mir jede Unterstützung.

— Wie waren die ersten Schritte? — Ich fing mit 2000 Franken an, hatte einen rostigen Peugeot 306, da ich mir kein Nutzfahrzeug leisten konnte. Ein Freund, der Fotograf ist, erstellte mir professionelle Fotos, ich baute ihm im Gegenzug ein Fotoatelier aus Holz. Mein alter Lehrbetrieb schob mir einige Aufträge zu. Ich zeigte mich an Messen, war überall der Jüngste, musste mir schnell viel Wissen aneignen, um glaubwürdig aufzutreten. Meine Stärke ist meine Authentizität, meine Ehrlichkeit, die als oberstes Ziel verfolgt, etwas Schönes herzustellen.

— Dafür braucht es nun aber Talent… — Genau. Ich habe ein Gefühl für Holz. Mein Lehrbetrieb hat mir hier zudem das richtige Empfinden für hohe Wertigkeit vermittelt. Dafür bin ich dankbar.

— Lernt man Holz zu «lesen», wie der Kletterer seine Route am Berg? — Absolut. Dazu muss man sich aber von der Norm loslösen. Ich habe für mich die Natur entdeckt. Ich sehe Holz anders als die meisten meiner Branche. Dort wo andere Makel sehen (zB Astlöcher), sehe ich Leben, Potential, Vielfalt. Meine Kreativität bringt dann dieses Potential ans Tageslicht. Deshalb bin ich heute beim Fällen von Bäumen dabei, und beim Aufschneiden in der Schreinerei.

— Dann fällst Du da schon Vorentscheide? — Beim Aufschneiden sieht man, wie sich ein Baum präsentiert. Das Meisterstück ist der Esstisch, da dieser vom Mass her den ganzen Baum offenbart. Das sieht man schon in diesem Anfangsstadium. Für Sideboards nimmt man vielleicht eher ruhige Holzmaserungen. Ein Tisch kann auch mal wild daherkommen.

— Du setzt aber auch andere Materialien ein… — Mir passte es nie, wie andere es oft tun, alles nur aus Holz zu bauen. Holz sollte man als schmückendes Element einsetzen. In Kombination mit Stahl und Glas ergeben sich wundervolle Kontraste. Das macht letztlich das Design zeitlos, und das ist mein Weg.

— Was suchen die Menschen, die zu Dir kommen? — Erstens etwas Spezielles, man will sich mal was Schönes gönnen. Sie suchen auch die Geschichte hinter einem Möbelstück, kommen mich besuchen, können Materialien anfassen. Zur Geschichte gehört das regionale Holz. Oder, wie aktuell, ein Arvenbett dessen Arve bei Vollmond im Engadin geschlagen wurde. Wichtig ist, dass ich Kunden zu Hause besuche. Ich erfühle die Umgebung. Man verbringt viel Zeit, die meisten Kunden werden Freunde. Wir unterhalten uns über Gott und die Welt, so lernt man sich gegenseitig kennen, ich erfahre, wer die Menschen vor mir wirklich sind. So weiss ich am Ende auch, welches Möbelstück zu diesen Menschen passt. Die Freude bei Anlieferung des fertigen Möbelstückes ist dann meist riesig.

— Welche Schattenseiten hat es, seinen Traum zu leben? — Teilweise habe ich grosse Risiken auf mich genommen. Verzicht gehört zu diesem Weg dazu. Ich bin aber auch mit wenig zufrieden. Das Geld ist nicht das, was mich antreibt. Mich ausdrücken, ist mir viel wichtiger. Ich sag mir immer, ohne mich gäbe es den Tisch nicht, er ist Ausdruck meiner selbst. Mir ist es wichtig, etwas zu erschaffen, darauf blicke ich später gerne zurück.

— Dein nächste Grossprojekt? — In meinem Farbrikationsstandort hier am Walensee baue ich mir im Dachgeschoss auf 240m2 meine eigene Loftwohnung, mit eigener Sauna. Das wird von Design und Gestaltung her eine Herausforderung und viele Leute haben sich schon zur Eröffnung angemeldet…

Salontisch: Suppressible. Kombination von Aluminium, Olivenholz und Glas.

WALSERMOEBEL.CH

8884 Oberterzen | Switzerland

Interview/Words: Daniel Chardon

Leuchte Fiore

Altholz Balkenbett aus 400 Jahre alte Fichtenholz: Rifiuti di legno. Steckverbindungen halten das Bett zusammen, ein Blickfang sind die Holznägel.

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