ACT - Das Greenpeace Magazin

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04 | Dezember 2010 – Februar 2011

ENDLICHES GRÜN Weltweit werden die Wälder immer weniger. Auch der letzte Tiefland-Urwald Europas ist in Bedrängnis.

EUROPA ISST AFRIKA Die EU fischt Westafrikas Meere leer

TOD AUF RATEN Keine Zukunft nach dem Giftschlamm act

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EDITORIAL

Liebe Leserinnen und Leser! „Erst wenn der letzte Baum gerodet, der letzte Fluss vergiftet und der letzte Fisch gefangen ist, werdet ihr feststellen, dass man Geld nicht essen kann.“ Ich bin mir sicher, dass fast jeder von Ihnen diese alte indianische Prophezeiung kennt, die seit vielen Jahren so etwas wie ein Leitspruch von Greenpeace ist. Bei der Vorbereitung des aktuellen , das Sie gerade in Händen halten, musste ich an diese Prophezeiung denken. Denn in dieser Ausgabe werden alle Themen der Weissagung berührt: In Geschichten über bedrohte Wälder, die weltweit weniger und weniger werden. In einem Artikel über die riesigen Fangschiffe der EU, die vor Westafrikas Küste die Gewässer leerfischen. Und schließlich die berührende Reportage eines unserer Aktivisten aus Ungarn, wo eine giftige Schlammflut nicht nur Dörfer, Felder und Häuser vernichtet, sondern auch Flüsse vergiftet hat. Der letzte Baum, der letzte Fisch, der letzte Fluss – noch sind wir nicht so weit. Aber es werden weniger Bäume, weniger Fische und weniger saubere Flüsse. Jahr für Jahr, Monat für Monat, Tag für Tag.

In diesem Sinne haben wir das einem Relaunch unterzogen, und ich habe als Chefredakteurin die Verantwortung dafür übernommen. Das ist eine spannen­ de und mit viel Freude verbundene Aufgabe. Nun würde es mich sehr freuen, wenn Sie uns Ihre Meinung und Ihre Anregungen zum neuen mitteilen und an act@greenpeace.at schreiben. Wir lesen uns! Mit herzlichen Grüßen, Birgit Bermann, Chefredakteurin

IMPRESSUM Medieninhaber, Verleger und Herausgeber: Greenpeace in Zentral- und Osteuropa, Fernkorngasse 10, 1100 Wien; Tel. 01/54 54 580, www.greenpeace.at Spendenkonto: P.S.K. 7.707.100, www.greenpeace.at/spenden Redaktion: Birgit Bermann (Chefredak­tion), Brigitte Bach, Marco Häfner, Antje Helms, Jasmin Karer, Jutta Matysek, Bernd Schaudinnus, Herwig Schuster, Philipp Strohm, Jurrien Westerhof E-Mail: act@greenpeace.at Bildredaktion: Georg Mayer Artdirektion: Karin Dreher Fotos: Greenpeace, Florian Bolka, Georg Mayer Lektorat: Johannes Payer Coverbild: © Aleksander Bolbot, 2010, Benutzung unter Lizenz von Shutterstock.com Anzeigen­gestaltung: Florian Bolka Druck: Niederösterreichisches Pressehaus erscheint viermal jährlich auf 100% Recyclingpapier. Ab einer Jahresspende von € 40 wird Ihnen gratis zugesandt. Die nächste Ausgabe erscheint im März 2011.

FOTOS: © GP/GEORG MAYER, © GP/JURAJ RIZMAN, © GP/RENÉ HUEMER, © CHRISTIAN ÅSLUND/GP, © GP/FLORIAN BOLKA

Diese Dynamik der Zerstörung aufzuhalten ist das Anliegen von Greenpeace. Was als kleine Initiative begonnen hat, ist in bald vier Jahrzehnten zu einer der weltweit größten Umweltschutzorganisationen herangewachsen. In dieser Zeit gab es sensationelle, große und kleine Erfolge. Durststrecken, Rückschläge und Tiefpunkte. Nur eines gab es nie: aufgeben, zurücklehnen, resignieren. will Ihnen nicht nur einen Überblick über die drängendsten Umweltproble­ me, sondern auch einen Einblick in die tatkräftige Welt von Greenpeace geben.


INHALT 06 04 In Aktion 06 Alarmstufe Rot 08 Die schleichende Katastrophe 10 Europas letzte Riesen 13 Politischer Aktivismus auf der Anklagebank 14 Im Gespräch mit Ernst Ulrich von Weizsäcker 16 Afrikas Fisch für Europas Hunger 18 Erneuerbares Österreich 20 Mission Ölsuche 22 Gemeinschaft der Regenbogenkrieger

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König der Wälder: Im polnischen Bialowieza leben die letzten Wisente Europas in freier Wildbahn

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KLIMA: Erleuchtete Botschaften In Bodhgaya, wo Buddha vor tausenden Jahren Erleuchtung erlangte, wurde der Höhepunkt der Greenpeace-Tour „Urja Kranti Yatra“ zelebriert. Zahl­ reiche große und kleine Mönche versammelten sich vor der achtzig Meter hohen BuddhaStatue und ließen hell leuchtende Ballons mit aufrüttelnden Slogans in den dunklen Nachthimmel steigen. Die „Urja Kranti Yatra“-Tour führte durch zehn Distrikte Bihars, einer der ärmsten indischen Bundesstaaten, um die Menschen für erneuerbare Energien zu mobilisieren. In Bihar hat ein Teil der Bevölkerung noch keinen Zugang zu Elektrizität.

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Als Nestlé Mitte März erstmals mit dem von Greenpeace produzierten „Anti-KitKat“-Spot konfrontiert wurde, ahnte im weltgrößten Lebensmittelkonzern wohl niemand, welche Eigendynamik eine Kampagne im Zeitalter von Web 2.0 gewinnen kann. Die Botschaft von Palmöl aus Regenwaldzerstörung in Nestlé-Produkten verbreitete sich in Windeseile in sämtlichen sozialen Netzwerken und machte „Nestlé, give the Orang Utan a break“ zu einer der erfolgreichsten Online-Kampagnen aller Zeiten. Rund eine Viertelmillion Menschen unterstützten weltweit viele weitere Protestaktionen und erreichten somit gemeinsam, dass Nestlé auf die Greenpeace-Forderungen einging und künftig auf Palmöl aus Regenwaldzerstörung verzichtet.

UMWELTSCHUTZ: Kampagne für eine grüne Entwicklung Thailands Schutz der

Wälder, Stopp der Wasserverschmutzung, eine Energierevolution und nachhaltige Landwirtschaft … die Lis­te war umfassend, mit der Greenpeace während der „Turn the Tide“-Tour zu einer grünen Entwicklung Thailands aufrief. Das Flaggschiff „Rainbow Warrior“ war dafür zweieinhalb Monate in Südostasien unterwegs und bot die perfekte Plattform für das Wachrütteln von Politik und Bevölkerung. Ein Vorhaben, das dank Aktionen wie der Proteste gegen die Dreckschleuder-Fabrik Map Ta Phut (Bild) eindeutig gelang.

FOTOS: © JIRI REZAC/GP, © PRASHANT RAVI/GP, © SATAPORN THONGMA/GP, © WILL ROSE/GP, © PAUL HILTON/GP, © GP/GEORG MAYER, © GP/DANIEL BELTRÁ

URWALD: Mit Web 2.0 gegen Zerstörer Nestlé


„So etwas habe ich noch nie getan, aber wir müssen die gigantischen Ölbohrschiffe auf ihrer verrückten Reise nach den letzten Tropfen Öl unbedingt stoppen.“ Mit diesen Worten brachte der Greenpeace-Schwimmer Ben Stewart den Kampf gegen Tiefseebohrungen in arktischen Gewässern auf den Punkt. Fünfzig Stunden im eiskalten Meerwasser und hundert Stunden an der Ankerkette der „Stena Carron“ waren das Resümee der Blockade, die das Vordringen des Bohrschiffes des Energiegiganten Chevron zu einem Ölfeld westlich der schottischen Shetland­Inseln Ende September verhinderte. Bereits einen Monat zuvor zeigten Greenpeace-Aktivis­ ten unter extremen Bedingungen ihr Durchhaltevermögen und besetzten in Grönland vierzig Stunden lang die Ölplattform „Stena Don“ des britischen Unternehmens Cairn Energy. Die dreimonatige „Go beyond Oil“-Expedition des Greenpeace-Schiffes „Esperanza“ ist erst der ­Anfang eines intensiven Protests gegen den Raubbau der Ölindustrie in den empfindlichsten Ökosystemen unserer Erde.

ATOM: Stopp für Italiens Atompläne Nachdem italienische Umweltschützer Alarm geschlagen und im Kampf gegen den geplanten Wiedereinstieg Italiens in die Atomenergie um Hilfe aus Österreich gebeten hatten, setzten Greenpeace-Aktivisten im Rahmen einer umfassenden Kampagne jede Menge Warnsignale. Mithilfe von Sirenen, Strahlenschutzanzügen und Geigerzählern wurde die italienische Botschaft in Wien Mitte September zur atomaren Zone erklärt, um auch die Gefahr für Österreich durch den Bau grenznaher Reaktoren zu verdeutlichen.

TUNFISCH: Protest im Mittelmeer und in Österreich

IN AKTION

TIEFSEEBOHRUNGEN: Mit der „Esperanza“ drei Monate in Sturm und Eis

Ein einzelner Konsument kann nichts bewegen? Und ob! Während Greenpeace-Aktivisten im Mittelmeer friedlich gegen die Ausrottung des gefährdeten Blauflossentuns kämpften und dabei von französischen Fischern angegriffen wurden, zeigten Greenpeace-Spender dem Handel in Österreich, was sie wirklich wollen – nämlich ein nachhaltiges Fischsortiment in den Supermarktregalen. Viele abgegebene Protestcoupons brachten das Unternehmen „Vier Diamanten“ endlich zum Umdenken und zu einer Erweiterung seines Tunfischangebots.

GLETSCHERSCHUTZ: Eis statt Öl und Gas in Argentinien Alles andere als frostig war die Stimmung unter argentinischen Umweltorganisationen, als die Regierung in Buenos Aires im Oktober endlich ein Gesetz zum Schutz der Gletscher erlassen hat. Dieses ist das erfreuliche Ergebnis eines langen Kampfes von Greenpeace für den Erhalt der größten Eismassen Südamerikas und gegen deren Zerstörung durch die Gewinnung von Öl, Gas und Mineralien.

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ANALYSE DES GIFTSCHLAMMS

Hochgiftige Schadstoffe gefährden Mensch und Umwelt – für lange Zeit. Greenpeace hat sofort nach der Katastrophe Proben des Giftschlamms gesammelt und analysieren lassen. Die Ergebnisse sind alarmierend, gefunden wurden unerwartet hohe Schadstoffmengen. Vor allem Arsen stellt ein Problem dar, zusätzlich wurden bedenkliche Mengen Quecksilber, Cadmium und Nickel nachgewiesen. Arsen und Quecksilber sind hochgiftig und können das Nervensystem schädigen. Cadmium, ebenfalls hochgiftig, steht wie Arsen im Verdacht, krebserregend zu sein. Nickel ist ein bekanntes Allergen. Diese Schadstoffe können ins Trinkwasser gelangen und sich in der Nahrungskette anreichern. Die Korngrößenanalyse des Schlamms ergab, dass er zu 70 Prozent aus Teilchen besteht, die kleiner als 0,002 Millimeter sind. Trocknet er, können große Mengen Ultrafeinstaub entstehen. Dieser führt zu einer erhöhten Infektionsgefahr der Atemwege und kann Lungenerkrankungen verursachen. Greenpeace fordert von den Behörden, laufend Boden-, Wasser- und Luftproben genauestens zu untersuchen und anhand der Ergebnisse wirksame Maßnahmen zum Schutz von Bevölkerung und Umwelt zu setzen!

DAS IST DRIN IM SCHLAMM

Greenpeace sammelte unmittelbar nach der Katastrophe am Ort des Geschehens Schlammproben und gab die Ergebnisse umgehend an die Öffentlichkeit weiter. Von den Behörden, der Regierung oder der verantwortlichen Firma wurden keine brauchbaren Informationen über das wahre Ausmaß des Giftunfalls zur Verfügung gestellt.

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ALARMSTUFE ROT Mensch und Umwelt werden noch lange an den Folgen der Giftschlamm-Katastrophe in Ungarn zu leiden haben. Auch für Greenpeace-Aktivistinnen und -Aktivisten mit langer Erfahrung war der Einsatz ein zutiefst verstörendes Erlebnis. Bernd Schaudinnus erzählt, was er dort gesehen hat und nicht wieder vergessen wird.

FOTOS: © GP/PETER SOMOGYI-TÓTH (2), © GP/WALTRAUD HOLZFEIND (3), © GP/BERND SCHAUDINNUS (2)

Apokalyptische Bilder aus den betroffenen Dörfern im westlichen Ungarn. 40 Quadratkilometer Land wurden unter einer giftigen Schlammlawine begraben, neun Menschen starben. Die Bevölkerung steht vor dem Nichts, die Umwelt ist für viele Jahre schwer geschädigt. Ein normales Leben ist hier nicht mehr möglich.

Am 4. Oktober überrollte eine Giftlawine die Orte Kolontar und Devecser in Ungarn. Der Damm ei­ ner Aluminiumoxidfabrik war ge­ brochen und knapp eine Million Ku­ bikmeter giftiger Bauxitschlamm wälzte sich durch vier Ortschaften. Diese Information zu erhalten und sofort zu handeln ist beste Green­ peace-Tradition – wir nennen das „rapid response“. Alle anderen Din­ ge müssen zurückgestellt werden, und das gesamte Büro arbeitet in eine gemeinsame Richtung. Meine Kollegin Waltraud Holz­ feind und ich brechen sofort nach Ungarn auf, um Recherchen zu ma­ chen, Proben zu nehmen sowie die Situation vor Ort zu beurteilen. Was uns dort erwartet, lässt sich kaum beschreiben: Roter, ätzender Schlamm bedeckt alles – Straßen, Häuserwände und Gärten. Er ist in die Wohnungen eingedrungen, durch die zerborstenen Fenster­ scheiben und Türen hindurch. Die Innenhöfe – ein Chaos aus Schlamm und Hausrat. Dazwischen Men­ schen, die versuchen, mit bloßen Händen noch etwas zu retten – ein Heiligenbild, ein paar Topfpflanzen, Spielzeug. Viele Häuser sind schon verlassen, als wir eintreffen, die Bewohner ent­

weder im Krankenhaus oder im Nachbarort im Gymnasium notdürf­ tig untergebracht. Neun Menschen sind bei der Katastrophe gestorben (ertrunken oder vom ätzenden Schlamm regelrecht verbrannt wor­ den). 120 müssen sich noch Tage da­ nach im Krankenhaus behandeln lassen. Überall ist Polizei und Militär aufmarschiert, die Rettungskräfte sind im Dauereinsatz. Wir gehen mit Schutzausrüstung durch Kolontar und sehen fassungslos die furchtba­ re Zerstörung, die über den Ort her­ eingebrochen ist. Zwei Meter hoch sind die roten Markierungen an den Häusern, die die Schlammwelle hin­ terlassen hat. Ihre Gewalt war so stark, dass sogar Metallzäune und Mauern umgestoßen worden sind und Autos wie Spielzeug in der Land­ schaft herumliegen. Wir beginnen mit unserer Arbeit: Fotodokumentation, mit den Ein­ wohnern und Hilfskräften reden und Proben nehmen, um sie in Wien untersuchen zu lassen (siehe Kasten). Denn sowohl die Behörden als auch die für die Katastrophe verant­ wortliche Firma MAL stellen keine Daten zur Verfügung, und die Be­ völkerung bleibt im Unklaren dar­ über, wie giftig der Schlamm wirk­ lich ist, der sie überrollt hat. Es dau­

ert noch zwei Tage, bis darüber Klar­ heit herrscht – weil Greenpeace die Analyse der gesammelten Proben sofort an die Öffentlichkeit weiter­ gibt. Das Ergebnis sind hohe Arsen­ werte, Cadmium, Blei, Quecksilber und Chrom, um nur einige zu nen­ nen. Starke Umweltgifte, die sich in der Nahrungskette anreichern. Vor Ort messen wir noch den pH-Wert des Schlamms und stellen fest, dass es eine sehr starke Lauge ist – Nat­ ronlauge, mit einem pH-Wert von 14! Uns beobachten nicht nur die Bewohner und Hilfskräfte, sondern auch viele Medienvertreter aus ganz Europa. Sie alle warten auf Resulta­ te, die die Behörden nicht und nicht liefern. Schon allein unsere pH-Mes­ sung erregt die Menschen sehr, denn plötzlich ist ihnen die Gefahr, in der sie sich befinden, wesentlich klarer. Langsames Sterben Was mich aber am meisten betrof­ fen macht, so merkwürdig es auch klingen mag, ist das leise, unauf­ haltsame Sterben um mich herum. Die stark ätzende Lauge frisst sich langsam in den Boden, zerstört alles tierische und pflanzliche Leben, macht aus Holz und Wurzeln einen mürben Brei, kontaminiert den Bo­

den auf lange, lange Zeit. Ich stehe auf der Straße und blicke in den al­ ten Park von Devecser. Ein unglaub­ lich schöner Anblick. Goldenes Herbstlaub auf uralten Bäumen, ein schmaler Weg, unberührt von menschlichen Spuren. Aber es herrscht völlige Stille im Park, kein Tier, kein Mensch, nicht einmal ein Vogel ist zu hören. Keine Schaufel rührt sich, kein Bagger, der den knietiefen roten Schlamm beiseite­ schiebt. Der ganze Boden des klei­ nen Waldes ist vom roten Schlamm bedeckt. Der Wald steht da, in ­seiner herbstlichen Pracht, und ist doch schon tot, es wird keinen Frühling für ihn geben. So wie es auch in den Gärten und Feldern rund um Kolon­ tar und Devecser keinen Frühling geben wird. Dieser Anblick hat mich tief getroffen, und die Bilder sind in meinem Gedächtnis eingebrannt, so wie viele Bilder der Umweltzer­ störung, die ich schon gesehen habe. Menschliches Leid und die Zerstö­ rung unseres Lebensraumes wegen der kleinlichen, verantwortungs­ losen Geldgier einiger weniger. An solchen Tagen weiß ich genau, ­warum ich bei Greenpeace arbeite und warum es sich lohnt, gegen ­diese Umweltzerstörungen anzu­ kämpfen. n

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DIE SCHLEICHENDE KATASTROPHE 2011 hat die UNO zum Jahr der Wälder ernannt. Das ist dringend geboten, denn die weltweite Waldfläche nimmt rapide ab. Alle zwei Sekunden geht Wald in der Größe eines Fußballfeldes endgültig verloren. VON BIRGIT BERMANN

Ödnis, so weit das Auge reicht. Sattes, dichtes Grün ist einem leeren Braun-Schwarz gewichen. Statt einer le­ bendigen Geräuschkulisse herrscht Toten­ stille. Wenn die Baggerkommandos in den tropischen Regenwäldern der Welt auffahren, dann ist das dortige Leben der ­Vernichtung preisgegeben. Der „Gewinn“ ­solcher Zerstörung ist Weideland für ­Rinderfarmen, neuer Platz für Soja- und Palmölplantagen oder Tropenholz, das als besonders robustes Gartenmöbel in unse­ ren Baumärkten landet. Dieses Szenario findet am Amazonas, in Indonesien und im Kongo Tag für Tag und Stunde um Stunde statt. Und das in rasendem Tempo. Alle zwei Sekunden wird Wald von der Grö­ ße eines Fußballfeldes vernichtet. Wenn die Zerstörung so weitergeht, dann sind die tropischen Regenwälder schon in 100 Jahren nur mehr Geschichte. Insgesamt verliert der Planet 13 Millio­ nen Hektar Wald pro Jahr, so viel wie die Fläche Griechenlands. In den letzten bei­ den Jahrhunderten ist die Hälfte des ge­ samten Waldbestandes verloren gegangen. Die heutigen Wälder sind also fast nur mehr Restbestände, dabei sind sie für das Leben auf dem Planeten unverzichtbar. Wälder aller Vegetationen reinigen Was­ ser, regulieren die Temperatur, bilden Schutz vor Erosionen, Überschwemmun­ gen und Lawinen und filtern die Luft. Sie beherbergen einen unermesslichen Reich­ tum an Tier- und Pflanzenarten, und für

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1,8 Milliarden Menschen sind die Wälder Lebensraum und Lebensgrundlage glei­ chermaßen. Und zu guter Letzt bedeutet Klimaschutz Waldschutz. Ein Fünftel (!) der weltweiten Emissionen geht durch die Freisetzung des in Wäldern gespeicherten Kohlenstoffs auf das Konto der Waldzer­ störung – mehr als der gesamte Verkehrs­ sektor zusammen. Die beiden großen Tro­ penwaldvernichter Brasilien und Indonesi­ en hat der Raubbau an ihren grünen Schatz­ kammern schon an die Spitze der weltweit größten Klimasünder katapultiert. Rettungsanker Schutzgebiete Der Stopp der Abholzung und eine nach­ haltige Waldnutzung sind Ziele, für die sich Greenpeace an vielen Schauplätzen der Welt einsetzt (siehe Grafik). Und vor allem die ­Bewahrung noch intakter Wälder durch Schutzgebiete – denn was einmal verloren ist, kann nur mit großem Aufwand wieder rekonstruiert werden. Zwar führen Wieder­ aufforstungsprogramme in Teilen Asiens wieder zu einer Zunahme der Wälder, aber er wächst nur in der Fläche, nicht in der Sub­ stanz. Bei Tropenwäldern ist der Verlust noch dramatischer. Sie sind wesentlich ar­ tenreicher als normale Wälder und spei­ chern ein Vielfaches mehr an Kohlenstoff. Nur acht Prozent der intakten Waldfläche stehen weltweit unter Schutz. Greenpeace kämpft dafür, dass es jedes Jahr mehr wer­ den. Denn sonst heißt es schon bald: GREEN OVER für unseren Planeten. n

AMAZONAS Der Amazonas ist so groß wie die USA. 78 Millionen Hektar wurden bereits zerstört, größtenteils, um Weideland für 63 Millionen Rinder zu schaffen und um Soja anzubauen. 20 Millionen Menschen, viele davon Indigene, sind durch die Urwaldzerstörung in ihrer Existenz bedroht. Greenpeace kämpft seit vielen Jahren für den Amazonas – mit wichtigen Etappensiegen. Die vier größten brasilianischen Rinderfirmen haben sich verpflichtet, dem Amazonas kein zusätzliches Weideland abzuringen. Rodungen für den Sojaanbau konnten ebenfalls zurückgedrängt werden.


Greenpeace mit Kampagnen und Aktionen für bedrohte Wälder vor Ort aktiv Greenpeace Länderbüros mit nationalen Wald-Kampagnen auf Konsumenten-Ebene. Für den internationalen Waldschutz arbeiten weltweit alle Greenpeace-Büros. Noch intakter Waldbestand, Urwälder

FOTOS: © GP/RODRIGO BALÉIA, © GP/JIRO OSE, © GP/NATALIE BEHRING-CHISHOLM

Intakte Wälder unter 500 km2, nicht intakte Wälder und Forste

KONGO 86 Millionen Quadratmeter umfasst der afrikanische Urwald, der größte Teil liegt im Kongo. Industrieller Holzeinschlag bedroht den zweitgrößten Urwald der Welt massiv. Die Holzkonzerne­ profitieren von einer durch lange Bürgerkriege ausgehöhlten staatlichen Struktur. Bewohner werden für ihre Landrechte mit Salz und Bier abgespeist, bei Widerstand wird mit purer Gewalt reagiert. Kongo-Hölzer werden zu einem großen Teil in die EU exportiert. Greenpeace kämpft vor Ort und international gegen den brutalen Kahlschlag.

INDONESIEN Nirgendwo wird der Urwald mit 51 Quadratkilometern pro Stunde so schnell vernichtet wie in Indonesien – zumeist für Palmölplantagen. Palmöl wird als pflanzliches Fett in Lebensmitteln und Kosmetika verarbeitet. Der Lebensraum zahlreicher Arten gerät schwer in Bedrängnis, die Orang-Utan-Population ist dramatisch dezimiert. Zudem ist im Torfboden des indonesischen Regenwaldes zehnmal mehr Kohlenstoff gespeichert als in anderen Urwäldern. Greenpeace konnte internationale Konzerne dazu bewegen, ihre Verträge mit dem größten Palmölproduzenten Sinar Mas zu kündigen.

WÄLDER VOR 8.000 JAHREN

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EUROPAS LETZTE RIESEN

Es ist eine Vorstellung, die viel Fantasie beansprucht. Man stelle sich vor: ganz Europa ein einziger Wald. Ein imaginärer Blick aus dem Fenster: alles voll Bäume. Wien, ­Paris, Berlin und Rom: ein Urwald, wild, geheimnisvoll, undurchdring­ lich und märchenhaft. So hat Europa vor tausenden Jahren ausgesehen – ein durchgängiges Waldgebiet von der Atlantikküste bis zum Uralgebir­ ge, vom Polarkreis bis nach Sizilien. Bevölkert von Lebewesen, von de­ nen viele heute schon nicht mehr existieren. Seitdem ist viel geschehen. Der Urwald verschwand, die Zivilisation forderte ihren Raum, und auch wenn wir heute in Europa noch Waldflä­ chen haben – mit diesem Ur-Urwald haben sie nur mehr sehr wenig zu tun. Menschenhand hat eingegriffen und die Ökosysteme verändert, Wildtiere wurden ausgerottet, und Wälder haben sich in Forste verwan­ delt – mancherorts noch immer ein­ drucksvoll, aber natürlich nicht in dem Maße ursprünglich und unbe­ rührt wie früher. Im Nordosten Polens allerdings hat noch ein kleiner Rest von diesem

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Urwald überlebt. Bialowieza ist das Fenster zum alten Europa, der letzte Tiefland-Urwald des Kontinents. Als solcher ist er ein Museum – aber ­voller Leben. Der Wald, der sich auch großflächig ins benachbarte Weißrussland erstreckt, beherbergt 20.000 Tier- und 5.500 Pflanzen­ arten, darunter viele, die im restli­ chen Europa bereits stark dezimiert oder ausgerottet sind, sowie viele en­ demische Arten. Hier streifen einige hundert Exemplare des europäi­ schen Bisons, Wisente genannt, durch die Wildnis – die letzten, die in Europa noch in freier Wildbahn exis­ tieren. Wölfe, Luchse und Elche ha­ ben in Bialowieza ebenso ihr Refugi­ um gefunden wie eine Vielzahl selte­ ner Vögel, die das Herz jedes Orni­ thologen zum Rasen bringen. Doch nicht genug der Superlative: Hier ra­ gen Europas letzte Riesen in den Himmel – Bäume, die bis zu 60 Me­ ter hoch sind, einen Durchmesser von 1,80 Metern aufweisen und ein Alter von über 600 Jahren haben. „Es ist beeindruckend, weil man weiß, man ist an einem der letzten wirklich wilden Flecken dieser Erde“, erzählt Iwo Los, Kampaigner im

Greenpeace-Büro in Polen. „Am meis­ ten hat mich anfangs die Unordnung überrascht“, berichtet er über seine Eindrücke von diesem besonderen Ort. In Bialowieza herrscht nicht von Menschenhand geschaffene Struk­ tur, die wir von unseren Wäldern ge­ wohnt sind, sondern wilde Ordnung. Umgestürzte Bäume bleiben liegen, wie sie gefallen sind, und liefern in ihrem Zersetzungsprozess die Basis für einen neuen, fruchtbaren Le­ benszyklus im Wald. Moose und Flechten überziehen das Wurzel­ werk, und tausende Pilzarten wach­ sen auf dem Waldboden. Und auch der Geräuschpegel in Bialowieza ist so, wie man es sich von einem leben­ digen und vor allem ungestörten Wald ­erwarten würde: hoch – viele Lebe­wesen machen viele Laute. Paradies in Gefahr Doch wie könnte es anders sein: Auch dieses allerletzte Stück unbe­ rührter Wildnis ist bedroht. Nur 17 Prozent des polnischen Anteils an Bialowieza stehen als Naturpark und UNESCO-Welterbe unter strengem Schutz. Diese Kernzone kann man nur auf einigen schmalen Pfaden

© HEINRICH SEUL/GP, © GORDON WELTERS/GP, © GP/JURAJ RIZMAN, ©GP/JANUSZ KORBEL

Im Nordosten Polens steht Europas letzter Urwald. Seltene Wildtiere und endemische Pflanzen leben hier in einem Ökosystem, in dem nur ein Lebewesen fehl am Platz ist: der Mensch. VON BIRGIT BERMANN


Bialowieza ist mit seinem jahrhundertealten Baumbestand und seiner einzigartigen Fauna ein Relikt aus alter Zeit. Hier tummeln sich die letzten freilebenden Wisente Europas, Verwandte des amerikanischen Bisons. Greenpeace will deren Lebensraum retten und den letzten Tiefland-Urwald des Alten Kontinents bewahren.

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Klettern für die Bäume: Die GreenpeaceAktion an der Fassade des polnischen Umweltministeriums zeigte sofortige Wirkung, die Abholzungen wurden vorübergehend ausgesetzt. Für das einzigartige Ökosystem in Bialowieza sind die derzeitigen Quoten für den Holzeinschlag viel zu hoch angesetzt, bei speziellen Vogelpopulationen wurden bereits Rückgänge gemessen. Eine Ausweitung des streng geschützten Nationalparks auf das gesamte Areal des polnischen Teils von Bialo­ wieza würde den bedrängten Arten den Raum geben, den sie brauchen.

Streitfrage Abholzung Pro Jahr werden aus Bialowieza derzeit rund 110.000 Kubikmeter Holz für kommerzielle Zwecke aus dem Wald geholt – von den staatli­ chen Forstbetrieben, die direkt dem polnischen Umweltminister unter­ stehen. Zu viel, sagen Wissenschaft­ ler und Umweltschützer, die die Höchstrate an Schlägerungen, die der Wald verkraften kann, mit 30.000 Kubikmeter festgesetzt ha­ ben. Der seit langem hitzig debat­ tierten Abholzungsrate fehlt es da­ bei nicht an Absurdität. Denn die 110.000 Kubikmeter aus Bialowieza entsprechen nur rund 0,04 Prozent der polnischen Holzproduktion. Man könnte also die Bäume im Ur­ wald stehen lassen und den Entgang leicht mit Forstwäldern kompensie­ ren. „Hier zu schlägern ist ungefähr so, als würde man am Königsschloss in Warschau Ziegelsteine entneh­ men, um damit neue Häuser zu bau­ en“, kommentiert Bogdan Jarosze­ wicz, Direktor des geobotanischen Instituts in Bialowieza und altge­ dienter Kämpfer für den Wald, die Debatte. Neben der Quote für die Waldnut­ zung ist die Ausdehnung des Natur­ parks auf das gesamte Gebiet des

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FOTOS: © KAROL GRYGORUK/GP, ©GP/JANUSZ KORBEL (2)

und mit Sondergenehmigung ausge­ stattet betreten. Eingegriffen wird hier nur, wenn ein umgestürzter Baum den Weg versperrt (und auch dabei müssen Motorsäge oder ande­ re zivilisatorische Hilfsmittel drau­ ßen bleiben). Mehr Eingriff ist hier streng verboten. Im restlichen Gebiet werden je­ doch Schlägerungen für kommer­ zielle Zwecke vorgenommen. Erst seit acht Jahrzehnten bedient sich der Mensch Bialowiezas, davor war es jahrhundertelang als privates Jagdrevier der polnischen Könige und später der russischen Zaren zu einem großen Teil vor dem Zugriff der Menschen geschützt. Die letzten Jahrzehnte haben Bialowieza aller­ dings schon spürbar zugesetzt. Die uralten Baumbestände könnten be­ reits in zehn Jahren verschwunden sein. Beim Weißrückenspecht oder dem Dreizehenspecht werden schon Rückgänge gemessen. „Das sind so­ genannte bezeichnende Arten. Wenn diese Populationen zurück­ gehen, weiß man, dass etwas mit dem Ökosystem nicht stimmt“, er­ läutert Iwo.

polnischen Anteils an Bialowieza die zweite Kernforderung jener, die den Wald beschützen und in seiner Ein­ zigartigkeit erhalten wollen – mit Greenpeace an vorderster Front. Da­ bei kommt besonders aus der Bevöl­ kerung der umliegenden Dörfer teils enormer Widerstand. Sie wollen eine Ausweitung des Parks verhindern, da sie befürchten, ihre Jobs in der Forstbewirtschaftung zu verlieren und von den Erträgen des Waldes abgeschnitten zu werden. Neue Kon­ zepte wie ein nachhaltiger Touris­ mus in der Region und die Zusiche­ rung, den Wald in verträglichem Rahmen weiter nützen zu können, stießen bisher auf wenig Gegenliebe. Doch Bialowieza besetzt in Polen längst nicht mehr den Rang eines Re­ gionalthemas. In Umfragen spricht sich die Mehrheit der Bevölkerung für einen strengen Schutz des einzig­ artigen Naturwunders aus. Auch der polnische Umweltminister Andrzej

Kraszewski kommt um das Thema ­Bialowieza immer weniger herum. Im August hat Greenpeace sich dazu ent­ schlossen, seinen Forderungen mit­ tels Aktionen mehr Nachdruck zu verleihen, und einen riesigen Banner an der Fassade des Umweltministeri­ ums angebracht. Etappensiege Die Maßnahme zeigte Wirkung: Kraszewski sagte zu, die Schlägerun­ gen bis zum Ende der Vogelbrutsai­ son auszusetzen und die künftige Abholzungsquote auf 80.000 Kubik­ meter festzulegen – eine weitere Etappe, aber noch lange kein Sieg im Kampf um den Schutz von Bialo­ wieza. Greenpeace wird in den kom­ menden Monaten jedenfalls beson­ ders wachsame Augen auf den polni­ schen Umweltminister und seine Zusagen werfen. Bis es so weit ist und durch hartnäckige Umwelt­ schutzarbeit erreicht ist, dass der

ganze Wald unter strengen Schutz gestellt wird, müssen sich die Könige von Bialowieza, die Wisente, immer tiefer in die Kernzone zurückziehen. Denn auch wenn sie fast eine Tonne wiegen und eine Schulterhöhe von 1,80 Metern erreichen – Wisente sind äußerst scheue Waldbewohner. Und das Areal des streng geschütz­ ten Teils von Bialowieza ist mit rund 10.000 Hektar nicht gerade groß zu nennen angesichts der Tatsache, dass hunderte dieser mächtigen Le­ bewesen samt anderen Wildtieren wie Wölfen oder Luchsen dort Platz finden müssen. In den 20er-Jahren des letzten Jahrhunderts war das größte Landsäugetier Europas schon einmal ausgerottet. Ein aufwändiges Zuchtprogramm hat die Wisente in Bialowieza wieder heimisch werden lassen. Bedrängt man sie in ihrem letzten Refugium, dann hat Europa sein Fenster zur alten Zeit endgültig ­geschlossen. n


POLITISCHER AKTIVISMUS AUF DER ANKLAGEBANK

FOTOS: ©STEVI PANAYIOTAKI/GP (3)

Eine lebendige Demokratie braucht eine starke, engagierte Zivilgesellschaft. Doch die wird durch bedenkliche Gesetzesanwendungen in Bedrängnis gebracht. VON PHILIPP STROHM

Der Prozess gegen zwei japanische Greenpeace-Aktivisten ließ die Zivilgesellschaft nicht kalt – eine weltweite Protestwelle war die Antwort.

In Japan wurden vor kurzem zwei Greenpeace-Aktivisten verur­ teilt. Ihr Verbrechen? Sie hatten aus einer Lagerhalle Walfleisch entwen­ det und es als Beweismaterial an die Behörden übergeben. Sie deckten da­ mit einen ungeheuerlichen Korrupti­ onsskandal innerhalb der japani­ schen Walfangflotte auf: Deren Mit­ arbeiter hatten Walfleisch auf dem Schwarzmarkt verkauft, obwohl doch angeblich nur aus wissenschaftlichen Gründen gejagt wird. Es folgten Er­ mittlungen, doch nicht gegen die Walfänger. Plötzlich fanden sich un­ sere beiden Kollegen auf der Anklage­ bank wieder. Aus dem Sicherstellen von Beweismaterial war Diebstahl ge­ worden – das Ergebnis eines politisch motivierten Verfahrens. Auch in Europa ist das Recht auf Widerstand aus der Zivilgesellschaft keineswegs in Stein gemeißelt. 2009 wurden in Dänemark die „Red Carpet Activists“ festgenommen. Beim Kli­ magipfel in Kopenhagen gelang es den vier Greenpeace-Aktivisten, auf den roten Teppich der politischen Prominenz vorzudringen und dort ihre Botschaft auf einem Banner in die Kameras der internationalen

Presse zu halten. Sie wurden ohne konkrete Anklage für 20 Tage in Un­ tersuchungshaft festgehalten und warten seither auf eine Entscheidung der Gerichte. Auch in Österreich ist einiges in Schieflage. Hier ist der Mafiaparagraf 278a Thema. Er wurde bekannt durch den Tierschützer-Prozess, der seit über einem halben Jahr läuft. Der Pa­ ragraf behandelt eigentlich die „Bil­ dung einer kriminellen Organisati­ on“, doch für eine Anwendung reicht die bloße Unterstellung der Bildung einer solchen bereits aus, schon dür­ fen die Ermittler das gesamte Arsenal an Überwachungsmethoden abfeu­ ern. In einer solchen Situation wäre Greenpeace nahezu handlungsunfä­ hig, und Kampagnen gegen Atom­ kraftbetreiber wären nur noch schwer durchführbar. Paragraf 278a kann ­also missbraucht werden, um Wider­ stand aus der Bevölkerung mundtot zu machen. Die Liste der Kritiker am Mafiapa­ ragrafen ist lang. Amnesty Interna­ tional, die Rechtsanwaltskammer und der ÖGB sind nur einige davon, elf weitere NGOs kämpfen zusam­ men mit Greenpeace für eine Reform.

Doch die Politik und insbesondere die ÖVP mauert: Die Terrorgefahr mache besondere Maßnahmen nötig, und wer nichts zu verbergen habe, habe auch nichts zu befürchten, so der ­Tenor. Welcher Terror? Seit dem 11. September 2001 wird mit der Angst vor Terror Politik ge­ macht – und Angst ist quasi der Tur­ bo der Sicherheitsgesetze. Fakt ist je­ doch, dass Terroristen kein weiterer Flugzeuganschlag gelungen ist, und auch das Trinkwasser wurde nicht mit Anthrax verseucht – zum Glück. Was aber verseucht wurde, ist die Ge­ setzgebung in den westlichen Demo­ kratien. Und mit jedem neuen Sicher­ heitsgesetz kommt der Terrorismus seinem Ziel wieder ein Stück näher: der Beschädigung unseres demokra­ tischen Verständnisses. Und dafür brauchen die Bin Ladens dieser Welt wenig zu tun. Parteien wie die ÖVP positionieren sich als Ritter der Si­ cherheit und machen sich damit un­ gewollt zum braven Erfüllungsgehil­ fen demokratiefeindlicher Kräfte. Doch das ist nur eine Seite. Es lohnt ein genauerer Blick: Wer könn­

te denn noch Interesse an überzoge­ nen Sicherheitsgesetzen haben, die dann missbräuchlich gegen zivile Gruppen eingesetzt werden können? Es sind die Betreiber von Atomkraft­ werken, die Greenpeace handlungs­ unfähig sehen wollen, die Fleisch­ industrie hätte den Tierschutz gerne mundtot, und der Kampf gegen Kin­ derarbeit hat schon so manchem Be­ kleidungsunternehmen seinen Ruf gekostet. Solche Unternehmen sind gut vernetzt in der Politik, und so wird die Angst vor dem Terrorismus dazu genutzt, um Überwachungs­ möglichkeiten auszubauen. Zum Schutz der Bevölkerung vor Terroris­ mus, sagt die Politik. Zum Schutz der Unternehmen vor Kritik, freut sich die Industrie. n Infos zur Kampagne für eine Reform von 278 StGB auf: www.demokratieretten.at

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„WIR HABEN ALLEN GRUND ZU EINER KEHRTWENDE“ Lösungen statt düsterer Prognosen: traf den Naturwissenschaftler, Autor und international anerkannten Vordenker Ernst Ulrich von Weizsäcker zum Gespräch.

Fünfmal so viel gewonnene Produkti­ vität aus unseren Ressourcen – das ist laut Ernst Ulrich von Weizsäcker der Schlüssel zur Lösung der drängendsten Umweltpro­ bleme wie Klimawandel und der Raubbau an unseren Ressourcen. Wie das funktio­ niert, hat der Experte für nachhaltiges Wirtschaften in seinem neuen Buch „Fak­ tor Fünf“ detailliert aufgelistet – samt Plä­ doyer für das Erlernen einer neuen Ge­ nügsamkeit. Wir verbrauchen immer mehr Ressourcen in immer kürzeren Zeitspannen. Was hat das für Auswirkungen?

Es ist eine Tatsache, dass wir in weitem Umfang von der Substanz leben. Glückli­ cherweise ist die Erde ein riesiger Planet, und die Substanz erstaunlich groß. Aber wenn gleichzeitig die Zahl der Menschen sich vermehrt, die Technologie so plump bleibt, wie sie ist, und die Konsumbedürf­ nisse weiter ansteigen, dann muss man

anfangen, in Jahrzehnten zu rechnen, die Wann immer die Politik in der Lage ist, wir allenfalls noch Zeit haben. mehr Konsum anzubieten, macht sie das Beim Klimawandel spricht man von auch. Also ist realpolitisch der einzig ernst­ ­wenigen Jahren, die wir noch haben. haft beeinflussbare Faktor die Technologie. Reagieren sollte man rasch, auch wenn sich Die allerdings ist viel, viel flexibler, als sie der Klimawandel langsam vollzieht. Es typischerweise dargestellt wird. Da wird so wird immer wieder Eruptionen geben wie getan, als wäre ein Auto ein Auto und ein dieses Jahr die Fluten in Pakistan oder die Kühlschrank ein Kühlschrank, und als wä­ russischen Waldbrände. Dazu kommen ren die Herstellungskosten in Sachen Ener­ schleichende Dinge wie unbrauchbares gie, Wasser und so fort fast nicht veränder­ Wasser, fehlende Landreserven, Landkäu­ bar. Das ist total falsch. Die Technologie fe durch die Reichen mit der Folge von kann uns mindestens einen Faktor fünf an Hunger bei den Armen. Hieraus können Entlastung bescheren. politische Brände, also Bürgerkriege und Sie sagen, auf den Markt ist punkto Umgroße Kriege, entstehen. Wir haben allen weltschonung kein Verlass. Wer ist der Grund zu einer wirklichen Kehrtwende. Verbündete? Wie kann die gelingen? Ich will eine gute Balance und Symbiose Es gibt die berühmte IPAT-Formel: Um­ zwischen Staat und Markt. Viele Angel­ weltschaden (Impact) = Bevölkerung (Po­ sachsen meinen, der Markt sei aus sich pulation) x Verbrauch (Affluence) x Tech­ her­aus besser als der Staat. Nicht nur effi­ nologie (Technology). Die Bevölkerungs­ zienter, das könnte man ja noch schlu­ zahl zu beeinflussen ist schwierig. Der Ver­ cken. Aber besser – das ist grundfalsch. brauch ist politisch nicht verminderbar. Der Markt ist kurzfristig und profitorien­

FOTOS: ©GP/FLORIAN BOLKA

INTERVIEW BIRGIT BERMANN

»Energie und Rohstoffe sind so billig, dass die Verschwendung ökonomisch attraktiver ist als die Effizienz.« 14 act


tiert, aber effizient und innovativ. Die bei­ den letzten Aspekte will ich hinüber­ retten. Die Sozialverpflichtung, der Kli­ maschutz, die Langfristigkeit, das kann nur vom Staat kommen. Was ich mir vor­ stelle, ist eine staatliche, möglichst auch überstaatliche Politik der sozial verträgli­ chen, schrittweisen und langfristigen Er­ höhung der Preise für Naturverbrauch. Das dient der Abkopplung des Bruttoso­ zialprodukts (BSP) vom Ressourcenver­ brauch. Die ist noch gar nicht geschafft. Denn heute gilt: je höher das BSP pro Kopf, desto höher die CO2-Emissionen. In dieser Lage von den Völkern zu erwarten, dass sie CO2 einsparen, ist gleichbedeu­ tend mit Wohlstand einsparen. Das ma­ chen die natürlich nicht. Wie entkoppeln wir Wachstum und Wohlstand?

Wie vorhin gesagt ist eine Verfünffachung des Wohlergehens-Outputs pro Ressour­ cen-Input technisch überhaupt kein ­Pro­blem! Das scheitert nicht an der Tech­ nologie. Es scheitert an den ökonomi­ schen Randbedingungen. Energie und Rohstoffe sind so billig, dass die Ver­ schwendung ökonomisch attraktiver ist als die Effizienz.

druss und zu Krankheiten führt. Unsere Ökonomie ist ja sehr umsatzmaximierend angelegt und nicht wohlergehensmaxi­ mierend. Bis sich eine Alternative zum Bruttosozialprodukt durchgesetzt hat, das kann noch sehr lange dauern. Mit Aus­ nahme des Königreiches Bhutan kenne ich keinen Staat, der auch nur ernsthaft versucht hat, einen anderen Messwert zu etablieren. Sehen Sie uns derzeit als Gesellschaft auf dem richtigen Weg?

Ich sehe in der jungen Generation, auch in Amerika oder China, positive Zeichen. Die Menschheit ist nicht generell daran interessiert, ins Verderben zu rennen. Aber die Politik ist durch die Globalisie­ rung geschwächt worden: Der Markt ist heute weltweit, und Staat und Recht blie­ ben national. Jetzt darf man dreimal ra­ ten, wer gewinnt – natürlich der Markt. Ein Staat, der versucht, an den Weltmarkt­ kräften vorbei hohe Steuern für Soziales und Umwelt aufrechtzuerhalten, wird böse bestraft. Immer wieder gewinnen die Frechlinge, die in Rechts- oder Steuer­ oasen ausweichen, wo man für seine Schandtaten nicht bestraft wird. Und dann importieren wir die dort produzier­

nur können. Ich bin zu dem Ergebnis ge­ kommen, dass Europa gar nichts anderes übrig bleibt, als Klimapolitik zunächst zu­ sammen mit den Asiaten und den Ent­ wicklungsländern zu machen. Die Ameri­ kaner sind noch nicht so weit – und darauf sind sie sogar noch stolz. Die Idee, einen europäisch-asiatischen Pionierweg in die Realpolitik zu überführen, hängt wieder mit dem Faktor fünf zusammen. Wenn Europäer und Asiaten die technologische Entwicklung in diese Richtung mit einer ökologischen Preispolitik anstacheln und rentabel machen, wäre das glänzend für die europäischen und asiatischen Wirt­ schaften, und es wäre gut fürs Klima. Wir wären dann die Ersten, die die ineffizien­ ten Dinosauriertechnologien ausmustern. Die überlassen wir getrost den Amerika­ nern mit ihrer verschwenderischen Le­ bensweise. Irgendwann wird sogar der US-Senat merken, dass Europa und Asien schlauer waren. Wir brauchen also Ihrer Meinung nach einen starken Staat, der die Regeln durchsetzt. Und engagierte Bürger, die sich in Genügsamkeit üben. Wie wichtig ist eine Organisation wie Greenpeace?

Solche Organisationen sind sehr wichtig,

»Die Menschheit ist nicht generell daran interessiert, ins Verderben zu rennen.« ZUR PERSON

Prof. Dr. Dr. h. c. Ernst Ulrich von Weizsäcker (71) ist diplomierter Physiker, Chemiker und Professor für Biologie. Er war Direktor des Instituts für Europäische Umweltpolitik und Präsident des Instituts für Klima, Umwelt und Energie. Von 1998 bis 2005 saß er für die SPD im Deutschen Bundestag. Er ist außerdem Mitglied des Club of Rome, eines nichtkommerziellen Think Thanks, der sich mit Fragen der internationalen Politik und der Entwicklung der Menschheit beschäftigt. Ernst Ulrich von Weizsäcker ist verheiratet und hat fünf Kinder und sieben Enkelkinder.

Sie schreiben auch, wir müssen genügsamer werden. Und dass für wirkliche Veränderung wirkliches Wollen nötig ist. Wollen wir nicht genug?

Es war bisher keine gesellschaftliche Prio­ rität. Die historisch glücklichen Zeiten für Völker waren meist diejenigen, wo man von Armut zu Wohlstand übergegangen ist. Das ist tief verwurzelt. Aber wir er­ leben auch, dass Überkonsum zum Über­

ten Waren, und die schlagen die mit An­ stand hergestellten Waren preislich aus dem Feld. Das ist die soziale und ökologi­ sche Tragödie der Globalisierung. Kann ein Klimaabkommen der Prototyp für diese globalen Regeln werden?

Ja, das könnte es. Aber da gibt es einen großen Gegner, und das ist der amerikani­ sche Senat. Die wollen keine Global Gover­ nance, die bekämpfen das, wo immer sie

und Greenpeace ist besonders wichtig. Das ist ja eine der wenigen NGOs, die sich nicht einkaufen lassen, wie das besonders in den USA leider meist der Fall ist. Die Glaubwürdigkeit der Unabhängigen ist ein hohes und vehement zu verteidigen­ des Gut. Die freiwilligen Beiträge vieler tausender Unterstützer sind die Voraus­ setzung dafür, dass das hohe Gut der Un­ abhängigkeit erhalten bleibt. n

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AFRIKAS FISCH FÜR EUROPAS HUNGER Hochseetrawler aus der EU fischen vor der westafrikanischen Küste die Gewässer leer. Fang und Profit gehen nach Europa, der lokalen Bevölkerung bleiben leere Netze und ebensolche Teller.

April 2010: Nicht zum ersten Mal durchkreuzt ein GreenpeaceSchiff die Gewässer Mauretaniens. Dreimal so groß wie Deutschland, zählt dieser westafrikanische Staat zu den ärmsten der Welt. Maureta­ nien ist ein Land voller Widersprü­ che: Während der staubtrockene Wüstensand der Sahara fast überall bis ans Meer reicht und Landwirt­ schaft unmöglich macht, gehören die Hoheitsgewässer vor der Küste zu den zehn fischreichsten Regionen unseres Planeten. Tunfische, Makre­ len, Heringe, Sardinen, Barsche, Gar­ nelen und Tintenfische tummeln sich in diesem Meeresgebiet, wo nährstoffreiches Tiefenwasser an die Oberfläche steigt. Fischfabriken auf See Der Fischreichtum Mauretaniens ist damit die wichtigste, wenn nicht gar einzige Lebensgrundlage für sei­ ne Bevölkerung. Doch inzwischen bleiben die Teller der Fischer und ih­ rer Familien immer häufiger leer. Laut Umweltprogramm der Verein­ ten Nationen UNEP werden derzeit bis zu 90 Prozent des Fischfangs vor Westafrika nicht von einheimischen Schiffen betrieben. Die Schuldigen an der verheerenden Situation kann

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die Greenpeace-Crew an Bord der „Arctic Sunrise“ während einer fünf­ wöchigen Patrouillenfahrt vergange­ nen Frühling zahlreich ausmachen: Es sind Europas Fischer. 130 Hochseetrawler, vorwiegend aus Spanien, Italien, Portugal, Frank­ reich und Griechenland, dürfen in mauretanischen Hoheitsgewässern jährlich Fisch im Wert von über 1,5 Milliarden Euro fangen. Unter ihnen finden sich die größten schwimmen­ den Fischfabriken der Welt. Green­ peace sichtet die „Johanna Maria“, mit 119 Meter Länge eines der größ­ ten Schiffe der EU-Flotte. Heringe, Sardinen oder Makrelen: Bei einer Kühlkapazität von 280 Tonnen pro Tag wird der Fisch an Bord sofort weiterverarbeitet, tiefgefroren und erst in EU-Häfen an Land gebracht – das Schiff ist für Monate auf See. Hochgerechnet auf die gesamte EUFlotte sind die Fangmengen vor Mauretanien enorm, riesige Mengen an ungewolltem Beifang inklusive, der für den Rückgang vieler Arten wie Haie, Rochen und Meeresschild­ kröten verantwortlich ist. Es ist ein Konflikt zwischen Groß und Klein, Arm und Reich: In einem Gespräch mit Greenpeace beschwert sich der Kapitän der „Johanna Maria“ über

FOTOS: ©CHRISTIAN ÅSLUND/GP

VON ANTJE HELMS


die vielen kleinen Pirogen der Ein­ heimischen, die – seiner Meinung nach illegal – in „seiner“ Region fi­ schen, er müsse ständig aufpassen, um sie nicht zu überfahren. „Fish for Cash“ heißt das simple Geschäft: Gegen Geld für Fangquo­ ten, das in der Realität nie bei der lo­ kalen Bevölkerung ankommt, räu­ men die europäischen Schiffe die westafrikanische Küste leer. Die EU nennt es „Fischerei-Partnerschafts­ abkommen“ – für Greenpeace ist es das Paradebeispiel einer verheeren­ den EU-Fischereipolitik. Europa hat seine eigenen Gewässer bereits heil­ los ausgebeutet: 88 Prozent aller eu­ ropäischen Fischbestände gelten als überfischt. Derzeit ist die EU-Flotte in der Lage, zwei- bis dreimal mehr Fisch zu fangen, als es ökologisch für Europas Meere vertretbar ist. Der große Fisch-Hunger der EU kann also schon lange nicht mehr aus den eigenen Meeren gestillt werden. Um ihren Fischern „Zugang zu Fisch­

die Gewässer Senegals bereits als überfischt. Eine große Chance für die EU, den notwendigen radikalen Umschwung zu vollziehen, ist die anstehende ­Reform der sogenannten „Gemein­ samen Fischereipolitik“: Planmäßig alle zehn Jahre muss die EU ihre ­Fischereiregelungen überarbeiten. Das Zeugnis, dass die Europäische Kommission der jetzigen EU-Fische­ reipolitik in ihrem Grünbuch aus­ stellt, gleicht einer Bankrotterklä­ rung: Exzessive Subventionen durch Steuergelder, ineffektive Kontrollen und unzureichender politischer Wil­ le hätten zu massiven Überkapazitä­ ten und einer dramatischen Über­ fischung geführt. „Wenn wir jetzt nicht handeln, geht der Teufelskreis weiter“, schreibt die Kommission. In den kommenden zwei Jahren hat die EU also einiges zu tun, um aus einer verheerenden Fischereige­ setzgebung, die aus schnöden Ge­ schäftsinteressen Europas Meere

280 Tonnen Fisch werden auf der „Johanna Maria“ (l. und r.) ein­ gefroren – pro Tag! Die schwimmende Fischfabrik ist zwar das größte, aber bei weitem nicht das einzige Schiff, das unter EU-Flagge die westafrikanischen Fischgründe leerräumt. Greenpeace hat sich dem unrühmlichen Giganten auf die Fersen geheftet und seinen Raubzug auf See dokumentiert.

gründen zu sichern“, unterhält die EU daher 16 Fischerei-Partner­ schaftsabkommen. Allein mit west­ afrikanischen Staaten hat Brüssel sieben solcher Abkommen geschlos­ sen. Durch sie haben etwa 700 EUSchiffe Zugang zu – wie die Europäi­ sche Kommission es in ihren Hoch­ glanzbroschüren anpreist – „über­ schüssigen Fischbeständen, die ihre Partner nicht befischen können oder wollen“. Doch was für die ersten Fi­ schereiabkommen in den 1980erJahren noch gestimmt haben mag, gehört inzwischen der Vergangen­ heit an. Die Ausbeutung Westafrikas durch internationale Fischereiflot­ ten im industriellen Maßstab zeigt längst ihr wahres Gesicht: So gelten

leer zurückgelassen hat, einen mus­ tergültigen Mix aus Meeresschutz, nachhaltiger Fischerei, realistischem Flottenmanagement und gerechter Entwicklungspolitik zusammenzu­ stellen. Auch die ausbeuterischen Fi­ schereiverträge mit westafrikani­ schen Staaten müssen überarbeitet werden. Denn zur Armutsbekämp­ fung in Entwicklungsländern kann die Fischindustrie nur beitragen, wenn diese Länder an der Wert­ schöpfung gerecht beteiligt werden. Greenpeace wird in den nächsten zwei Jahren nicht nur in Brüssel ver­ stärkt auf Patrouille gehen, damit Eu­ ropas Fischer in Zukunft Makrelen, Heringe und Co. nicht auf Kosten ­Afrikas auf unsere Teller legen. n

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ERNEUERBARES ÖSTERREICH Innerhalb von einer Generation weg von Kohle, Gas und Öl? Das Institut für Höhere Studien hat im Auftrag von Greenpeace errechnet, wie dieses Szenario Realität wird. VON JURRIEN WESTERHOF

Gemeinsam mit der Gewerk­ schaft VIDA und der Energiegesell­ schaft EVN hat Greenpeace das ­Institut für Höhere Studien (IHS) ­beauftragt, ein Energieszenario zu entwickeln. Die zentrale Frage: Wie kann Österreich im Jahr 2050 zu 100 Prozent mit erneuerbaren Ener­ gien versorgt sein? Die gute Nach­ richt vorweg: Es geht! Wenn wir gleichzeitig in Energiesparmaßnah­ men und in den Ausbau von erneu­ erbaren Energien investieren, dann kann Österreich innerhalb weniger Jahrzehnte von Kohle, Gas und Öl unabhängig werden. Die Entscheidung, die Studie nicht alleine machen zu lassen, son­ dern Partner aus der Wirtschaft und der Arbeitnehmerseite zu suchen, stand für Greenpeace am Beginn des Energieszenarios. Denn wie die Energieversorgung der Zukunft aus­ sehen kann, beschäftigt ja nicht nur uns. Der Energieversorger EVN und die Dienstleistungs- und Verkehrs­ gewerkschaft VIDA kamen als Part­

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ner dazu – denn in Zukunft werden wir Energiegesellschaften brauchen, die Änderungen nicht nur mittra­ gen, sondern selber aktiv vorantrei­ ben. Und am Arbeitsmarkt wird es einschneidende Veränderungen ge­ ben: weniger Lkw-Fahrer, aber dafür mehr Solarinstallateure, um nur ein Beispiel zu nennen. Das IHS hat nicht nur berechnet, wie die Energieversorgung der Zu­ kunft aussehen kann, sondern auch was wir konkret tun müssen, um dorthin zu kommen. Das Ergebnis: Wenn wir jetzt anfangen, unsere Häuser und Büros zu sanieren, ­Güterverkehr von der Straße auf die Bahn verlagern, Spritfresser ge­ gen Elektroautos eintauschen und gleichzeitig in saubere Energien wie Sonne, Wind und Biomasse inves­ tieren, dann kann Österreich sich 2050 zu 99,28 Prozent mit erneuer­ baren Energien versorgen. Die Studie beschreibt nicht nur die zu setzenden Schritte, sondern wirft auch einen Blick auf unsere zukünfti­

gen Lebensrealitäten. Photovoltaik (Elektrizität aus Sonnenenergie) und Solarkollektoren (für Warmwasser) werden im Wohnbau Normalität sein. Neue Häuser werden Passiv­ hausstandard haben, also keine Ener­ gie mehr fürs Heizen brauchen. Investieren in die Zukunft All das geschieht natürlich nicht von selbst. Es muss massiv in die Sa­ nierung von Wohnungen und Häu­ sern investiert werden. Vor allem die über eine Million Bauten aus den Nachkriegsjahren bis ca. 1985 sind oft sehr schlecht gedämmt und wer­ den in vielen Fällen mit teurem Heizöl beheizt. Und gerade dort wohnen oft Menschen, die ohnehin nicht besonders viel Geld haben. Wenn man hier Dächer und Fassa­ den dämmt und Fenster und Hei­ zung austauscht, hilft man also nicht nur dem Klima, sondern auch den Bewohnern dieser Häuser. Auch der Verkehr wird 2050 ein anderer sein als heute. Es wird auch

in Zukunft Autos geben, aber diese werden meist mit Elektrizität fah­ ren. Derzeit kommen gerade die ers­ ten Elektroautos auf den Markt – die noch sehr teuer sind. Aber nicht nur der Preis wird sich ändern. Die Energie für den Betrieb wird nicht mehr aus Russland oder den arabi­ schen Staaten kommen, sondern eher von den Sonnenkollektoren am Dach der Garage oder dem nächsten Windpark. Gleichzeitig werden die Autos eine Rolle als Stromspeicher im Elektrizitätsnetz erfüllen – mit Batterien, die, nach eigenem Bedarf programmiert, in Ruhezeiten den gerade nicht gebrauchten Strom ins Netz einspeichern. Das, was jetzt von einigen Pionieren vorgemacht wird, ist 2050 die Norm. Durch die Einsparung im Verkehr und beim Heizen werden wir 2050 mehr als ein Drittel weniger Energie verbrauchen als heute. Der Strom wird dann im Mittelpunkt der Ener­ gieversorgung stehen, denn er hat gleich mehrere Vorteile: Er lässt sich

FOTOS: ©GP/SUNBEAM (2), ©MARTIN LANGER/GP

Das Beheizen von schlecht gedämmten Gebäuden ist gleichbedeutend damit, Geld zum Fenster hinauszuwerfen. 2050 wird das in Österreich der Vergangenheit angehören, sagt eine aktuelle Untersuchung des Instituts für Höhere Studien – sofern jetzt die richtigen Maßnahmen und Investitionen gesetzt werden. Dann könnte schon in wenigen Jahrzehnten der Ausstieg aus den schmutzigen Energien Kohle, Öl und Gas gelungen sein.


aus Wind, Sonne oder Biomasse er­ zeugen, ist relativ leicht zu transpor­ tieren, und Elektromotoren sind ge­ genüber Benzin- oder Dieselmoto­ ren viel effizienter. Die Ära des Öls wird weitestgehend zu Ende gegan­ gen sein – weil der Verkehr praktisch ohne Benzin und Diesel auskommt und Heizöl und Ölkraftwerke Ge­ schichte sein werden. Grüne Steuern Wie das Ganze finanziert werden soll? Die meisten Ausgaben werden sich rentieren, denn die Öl- und ­Gaspreise steigen, und erneuerbare Energien werden immer billiger. Auch Investitionen in Wärmedäm­ mung amortisieren sich dadurch schneller. Trotzdem wird massiv in­ vestiert werden müssen. Die Mittel dafür sollen unter anderem durch eine Ökologisierung des Steuersys­ tems generiert werden: Kernpunkt sind hier die Entlastung des Faktors Arbeit durch die Senkung der Lohn­ nebenkosten und die Belastung des Energieverbrauchs. So wird nicht nur Energieeffizienz gefördert, son­ dern auch die Schaffung neuer Ar­ beitsplätze. Bis diese Vision Realität wird, muss noch viel geschehen. Es gibt noch immensen Forschungsbedarf, und es sind große politische Hürden – Stichwort ökologische Steuer­ reform – zu überwinden. Aber bei immer mehr Technologien, wie zum Beispiel der Photovoltaik, steht der Durchbruch kurz bevor oder wird der Erfolg bereits sichtbar, wie bei der wachsenden Anzahl an Passiv­ häusern. Das Einzige, was es jetzt dringend braucht, ist eine Politik, die für diese Vision die geeigneten Rahmenbedingungen schafft – und der Rest wird folgen. n WEBTIPP

Download der Studie unter www.greenpeace.at/ energy-revolution act

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MISSION ÖLSUCHE Fast drei Viertel des im Golf von Mexiko während der BP-Ölkatastrophe ausgelaufenen Öls sollen auf wunderbare Art und Weise verschwunden sein. Greenpeace begab sich mit der „Arctic Sunrise“ auf Spurensuche. VON MARCO HÄFNER

74 Prozent des Öls vom Deep­ water-Horizon-Unglück sind ver­ schwunden! 3,3 Millionen Barrel der klebrigen Masse, die über Mona­ te hinweg aus einem Bohrloch im Golf von Mexiko sprudelte, sollen von dem Wunderbakterium der Klasse Gammaproteobacteria auf­ gelöst worden sein. So jedenfalls meldete es die US-Behörde für Mee­ res- und Klimaforschung NOAA ­Anfang August – und musste dafür reichlich Kritik einstecken. Auch Greenpeace beteiligte sich an dieser Kritik, und wer die Regen­ bogenkrieger kennt, der weiß, dass auf Worte Taten folgen. „Wir müs­ sen alle die wirklichen Ausmaße der Ölkatastrophe und auch die Grün­ de, wie es dazu kommen konnte, er­ fahren, um sicherzustellen, dass so etwas nie wieder passiert“, brachte Philip Radford von Greenpeace USA die Mission auf den Punkt. Mög­ lichst vielen Forschern sollte die Möglichkeit gegeben werden, drei Monate lang vollkommen unabhän­ gig und direkt am Unglücksort zu arbeiten. Aus der Greenpeace-Schiffsflotte wurde die „Arctic Sunrise“ für die Mission ausgewählt. Eigentlich ein Eisbrecher, war die „Arctic Sunrise“

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nach einigen Änderungen schließ­ lich am 12. August bereit, bei 30 Grad Celsius in die azurblaue See zu stechen – mit rund einem Dutzend Wissenschaftlern an Bord. Im Schlepptau zwei zentrale Fragen: Wo ist das Öl geblieben? Welche Ver­ änderungen sind im betroffenen Ökosystem zu beobachten? Gefährdete Pottwale Als erste Etappe auf der Suche nach dem Öl steuerte die Crew den Dry-Tortuga-Nationalpark am west­ lichen Zipfel Floridas an. An diesem wunderschönen Fleckchen Erde mit seinen atemberaubenden Unter­ wasserwelten wurden Wasserpro­ ben entnommen, um die darin ­enthaltenen Kleinstlebewesen auf Schadstoffe untersuchen zu kön­ nen. Anschließend wurde Kurs mit­ ten in das Herz des Unglücksgebie­ tes gesetzt, um sich dort der Wal­ populationsforschung zu widmen. Pottwale mögen zwar mächtig in der Größe sein, aber gegen die Ölschwa­ den im Wasser können auch die Herrscher der Meere nichts ausrich­ ten – sie verenden elend. Doch das ist noch längst nicht alles gewesen. Die Forschungsaufgabe, die dem aus Österreich stammenden Meeresfor­

scher Rainer Amon von der A&M Universität in Texas oblag, führte je­ den an Bord an die Grenzen seiner Kräfte. Ein riesiges stählernes Unge­ tüm zur Messung der Sauerstoff­ konzentration musste jeden Tag an einer anderen Stelle rund um das Bohrloch im Wasser versenkt wer­ den. „Von den Messungen, die wir vorgenommen haben, sehen wir bis 300 Meilen westliche Richtung ­klare Zeichen von Sauerstoffverarmung“, fasst Amon die aufwändige For­ schungsarbeit zusammen. Was sich schon für Laien nicht gut anhört, bekommt im Zusammenhang mit dem propagierten Ölfresser-Wun­ derbakterium noch eine zusätzliche Bedeutung. Hätten die Bakterien die klebrige, lebensfeindliche Masse wirklich vernichtet, müsste die ge­ messene Konzentration noch we­ sentlich niedriger sein. Denn die ­Mikroorganismen verbrauchen für ihre Arbeit Sauerstoff – und zwar wesentlich größere Mengen, als die Messwerte anzeigen. Die Forschungsergebnisse führ­ ten die Wissenschaftler zu einer neuen Annahme. Der Meeresbiolo­ ge Cliff Nunnally vermutet, dass sich das Öl hauptsächlich auf dem Meeresboden abgesetzt hat – also

FOTOS: © SEAN GARDNER/GP (2), © MANNIE GARCIA/GP, © TODD WARSHAW/GP

Tauchgang in die Tiefe (l.): Die Wissenschaftler untersuchen 500 Meter unter der Meeresoberfläche die Auswirkungen der Ölkatastrophe auf das sensible Ökosystem der Tiefsee-Korallen. Nach den Expeditionen in die Küstengewässer müssen die dafür verwendeten Schlauchboote wieder an Deck gehievt werden (r.).

gar nicht zersetzt wurde. Ist aber das Öl erst einmal dort angelangt, dau­ ert es Jahre oder Jahrzehnte, bevor es unter den herrschenden Extrem­ bedingungen zersetzt wird. Um die­ se These zu erforschen, wurden Bo­ denproben aus 1.300 Meter Tiefe eingeholt. Dabei kam Ernüchtern­ des ans Tageslicht: Bereits auf den ersten Blick war zu erkennen, dass sich Öl im Schlamm befindet. Die genauen Laboruntersuchungen wer­ den Gewissheit bringen. Doch schon


GREENPEACE AHOI! Der österreichische Aktivist Manuel Marinelli wird demnächst auf der „Arctic Sunrise“ anheuern.

Du warst schon einmal an Bord eines Greenpeace-Schiffes. Worum ging es dabei?

Zuletzt durfte ich am Flaggschiff, der „Rainbow Warrior 2“, dabei sein, um bei der Mission zur Rettung des Blauflossentuns im Mittelmeer zu helfen. Was wird dein Job an Bord sein?

Diesmal bin ich „Volunteer Deckhand“ (Matrose). Meine Aufgaben reichen vom Putzen der Toiletten bis zur Rostbekämpfung am Rumpf, zum Lackieren, Flexen und Deckschrubben. Wie alle an Bord werde ich zusätzlich Aktivist sein. Aber als Meeresbiologe darf ich bei etwaigen Datenerhebungen mithelfen und vielleicht auch als Fotograf aushelfen. Noch ist vieles offen, aber wie die Kapitäne immer sagen: „Well, there’s a lot uncertain, but that’s Greenpeace shipping!“ Wie kamst du dazu, mit Greenpeace zur See zu fahren?

Ich hatte bereits im Zuge der „Defending Tuna“-Tour die Möglichkeit, als Taucher an Bord zu sein, und bin auf den Geschmack gekommen. Ich liebe das Meer und Schiffe und habe mich auf Anhieb wohl gefühlt, was vor allem auch an der großartigen Crew lag. Jetzt darf ich einmal mehr an Bord sein!

jetzt ist klar, dass das Ökosystem im Golf von Mexiko noch lange mit den Folgen der Ölkatastrophe zu kämp­ fen haben wird. Angesichts der Schönheit dieser Gegend und der Gefahr, in der sich dieses Wunder der Natur befindet, mutet es unvor­ stellbar an, dass die US-Regierung das nach der Katastrophe ausgeru­ fene Moratorium zum vorläufigen Verbot von Tiefseebohrungen im Golf von Mexiko vorzeitig aufgeho­ ben hat. BigOil, die großen Player

der Ölbranche, haben also wieder den Freibrief erhalten, einzigartige Lebensräume auf der Suche nach Profit zu gefährden. Raus aus der Tiefsee! Die „Arctic Sunrise“ hat ihre Reise durch den Golf von Mexiko inzwi­ schen beendet. Ihre Mission glich je­ ner der „Calypso“, das Schiff des gro­ ßen Meeresforschers Jacques Cous­ teau. Dieser Visionär führte uns die „Wunder der Meere“ vor Augen, so

nah, als könnte man sie anfassen. 2010 war es die Crew der „Arctic Sunrise“, die auf Forschungsreise ging – leider nicht, um Naturwun­ der zu dokumentieren, sondern um die Folgen der Ölkatastrophe im Golf von Mexiko begreifbar zu ma­ chen. Und um wieder deutlich vor Augen zu führen, dass Bohrungen in so sensiblen Ökosystemen fahr­ lässig sind und dort nichts verloren haben. Deshalb fordert Greenpeace: „Raus aus der Tiefsee!“ n

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GEMEINSCHAFT DER REGENBOGENKRIEGER

Ohne seine vielen freiwilligen Helfer und Aktivisten könnte Greenpeace längst nicht so erfolgreich sein. Stellvertretend für viele haben zwei von ihnen erzählt, wie der Einsatz für den Umweltschutz ihr Leben veränderte. VON JUTTA MATYSEK

PIA GRUNNER

ROLAND KELLER links im Bild

„HEUTE BIN ICH MUTIGER UND KONSEQUENTER“

„ICH HABE SEHR VIEL AN LEBENSQUALITÄT GEWONNEN“

Seit über vier Jahren ist die 35-jährige Bibliothekarin Pia Grunner ­Aktivistin und ehrenamtliche Mitarbeiterin im Grazer Greenpeace-Büro. Ihr erster Einsatz ist ihr noch gut in Erinnerung: „Wir haben mit rund 200 Menschen in Brüssel bei einem Meeting der Fischereiminister das Gebäu­ de symbolisch vermauert. Das war wirklich toll. So viele Menschen aus so vielen Nationen, die gemeinsam gegen die Überfischung der Meere kämp­ fen – das gibt viel Energie.“ Bei Greenpeace ist sie deshalb, weil man hier etwas bewegen kann. „Ich wollte nicht nur im stillen Kämmerlein etwas für unsere Umwelt tun, sondern auf die Missstände aufmerksam machen.“ Als Gruppenkoordinatorin organisiert sie Infostände zu aktuellen Green­ peace-Themen, koordiniert Freiwilligentreffen oder bereitet Aktionen vor. Anstoß für den Umschwung in Richtung aktive Umweltschützerin war ihre heute 15-jährige Tochter. Sie hat den ersten Schritt gemacht, ist Vege­ tariern geworden und hat mich „mit ihrer Entschlossenheit zu einem an­ deren Leben inspiriert“, erzählt Pia. Die Lebensveränderung hat sich für die 35-Jährige gelohnt. „Ich habe von der ehrenamtlichen Arbeit enorm profitiert und gelernt, einige meiner Grenzen auszuloten. Ich versuche heute, mutiger und konsequenter zu sein in Dingen, die mir am Herzen liegen“, zieht Pia Resümee. Themen, zu denen sie aktiv sein möchte, gibt es genug: „Das Thema Gentechnik ist mir sehr wichtig, denn es betrifft uns alle direkt.“ Auch gegen Atomkraft enga­ giert sie sich: „Ich habe die Auswirkungen von Tschernobyl als Kind ja ­direkt mitbekommen.“ Aber eigentlich gibt es kein Umweltthema, das die Aktivistin kaltlässt. Ob die Verbauung unserer letzten frei fließenden Flüs­ se, die Regenwaldabholzung, die Überfischung der Meere, die drohende Wiederaufnahme des Kohlekraftwerks in Voitsberg –„einfach alles ist wichtig für mich!“ n

„Was ist der Sinn des Lebens?“ und „Was will ich aus meinem Leben machen?“ – diese Fragen standen für den heute 20-jährigen Roland ­Keller am Beginn seines Engagements für Greenpeace. Er schrieb eine ­E-Mail an die Freiwilligengruppe in Wien und kam zu einem Treffen – das war vor dreieinhalb Jahren, und der mittlerweile Geografie und ­Physik im Lehramt studierende Aktivist ist bis heute begeistert dabei. Er veranstaltet Straßentheater, hält Schulworkshops ab, läuft verkleidet bei Marathons mit und organisiert „Humanbanner“, Veranstaltungen und Infostände zu verschiedenen Themen, zu denen Greenpeace arbeitet. Dass er mit seinen Aktionen etwas zum Positiven verändern kann und durch sein Engagement Gleichgesinnte findet, ist für Roland nur ei­ ner der vielen Pluspunkte, bei Greenpeace dabei zu sein. „Ich habe die Möglichkeit, mich zu entfalten, kann selbst bestimmen, wofür ich mich einsetze, und werde hier wertgeschätzt“, erzählt er. Zuletzt hat er sich für die Änderung des Paragrafen 278 eingesetzt, mit dem auch gegen Vereinigungen wie Greenpeace vorgegangen werden kann. Gemeinsam mit anderen Freiwilligen und Mitarbeitern des Wiener Büros wurde ein Gefangenenzug organisiert, um auf die Gefährdung der demokratischen Grundwerte aufmerksam zu machen. Greenpeace hat jedenfalls sein Leben verändert, fasst Roland die Ent­ wicklungen der letzten Jahre zusammen. „Früher war ich eher ein unsi­ cherer Mensch, aber mit den Projekten und der Wertschätzung, die ich erfahren habe, sind mein Selbstwertgefühl und mein Selbstbewusstsein gestiegen. Ich habe sehr viel an Lebensqualität gewonnen.“ Dazu zählt auch das Zusammengehörigkeitsgefühl unter den Aktivisten. Neulinge lädt Roland herzlich dazu ein, vorbeizukommen und mitzugestalten. „Wir freuen uns über jeden, der da ist!“ n

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© Greenpeace / Florian Bolka

Was hast du heute vor? Du wilst dich für die Umwelt einsetzen? Du kannst warten, auch mal in der Kälte? Du kannst malen, klettern oder Tee kochen? Dann bist du bei uns richtig!

Taten statt Worte – melde dich unter: www.greenpeace.at/aktivisten | training@greenpeace.at | 0664 / 610 39 99 (Jutta)

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Werden Sie meine Heimat retten? Bitte unterstützen Sie die Arbeit von Greenpeace mit einer Baumpatenschaft. Ab € 20,– pro Monat investieren Sie in unsere gemeinsame große Vision – Rodungsstopps in den Urwäldern unserer Erde.

© Greenpeace / Natalie Behring-Chisholm

Werden Sie jetzt Baumpate unter: www.greenpeace.at/baumpatenschaft 24 viaactTel: 01/54-54 580/80 oder


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