Gringoz Magazine #16

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Unabhängiges Fanzine mit News, Reviews, Interviews, Games und Verlosungen zu Musikern, Konzerten und Festivals jedes Genres.

Ausgabe 16/2019

Neue Revolution

FEVER333

Kreativ zurück

TO THE RATS AND WOLVES

Rockstars der 2000er

GOOD CHARLOTTE



Wir sind wieder da Das Comeback 2019

Wer an den Weihnachtstagen zwischen all den Geschenken und Familienfeiern sehnsüchtig auf die kommende Gringoz Magazine Ausgabe wartete, musste sich leider mit einen Blick ins leere Schaufenster begnügen. Doch wir nutzten diese Winterpause, um für euch auch 2019 wieder voll dabei zu sein und euch im Bereich Kultur und aktuelle Neuigkeiten rund um die Musik zu informieren. Und wie könnte man dieses Comeback besser feiern, als mit einer Band, welche selbst ein Comeback hinter sich hat – wir haben für euch mit Good Charlotte auf ihrer letzten Tour geredet und auch für die Frischlinge von euch etwas aus der Glanzzeit dieser Band zusammengetragen, jeder der damals nicht mit Kajalstift bewaffnet und ziemlich ernsten Teenie Problemen sich durchschlagen musste, sei hier herzlichst eingeladen mal reinzuschnuppern – alle anderen natürlich auch. Als direkten Kontrast dazu durfte sich die aktuelle Platte der Progressive Metaller von Dream Theater unseren gnadenlosen Redakteuren im TrackByTrack Review stellen. Shred-Gott Petrucci meets Gringoz! Des Weiteren haben wir für euch die aktuellen Platten von Bands wie FEVER333, Papa Roach, den ziemlich geilen Jungs von Callejon und vielen weiteren Künstlern unter die Lupe genommen. Informiert euch also bei uns, welche Alben ihr verpasst habt und bei welchen ihr eventuell Glück hattet, diese noch nicht gehört zu haben. Doch wir können nicht nur verdammt gut beurteilen, wie stark die ein oder andere CD ist (wir haben immerhin immer recht), sondern haben uns auch zum Interview mit den Vollzeit Metal Backstreet Boys von To The Rats And Wolves getroffen, um über die aktuelle Platte und das verdammte Genre Trancecore zu plaudern. Auch die Metalcore Wegweiser von All That Remains konnten wir zu einem emotionalen Plausch über das tragische Ableben von Oli Herbert treffen. Wer jetzt denkt wir haben bei den Interviews unseren Fokus auf Metal gelegt irrt jedoch, denn Crossfaith Frontmann hat uns einige Details über die japanische Popkultur sowie deren Publikum verraten. Ihr merkt also, dass unsere aktuelle Ausgabe wieder voll mit allerlei Stuff ist, mit dem man sich beim nächsten Konzertabend zwischen den Bands köstlichst mit anderen austauschen kann, denn wo sonst soll man sich schon heute informieren, wenn nicht bei Gringoz?

eure gringoz Gringoz-Magazine

impressum Angaben gemäß § 5 TMG Gringoz Magazine Alexander Hoppen Rübenacher Straße 1 56218 Mülheim-Kärlich Vertreten durch: Alex Hoppen Kontakt: Telefon: 0170 – 289 46 41 E-Mail: info@gringoz-magazine.de RedakteurInnen dieser Ausgabe: Alexander Hoppen Jana Boese Linda Kasprzack Kevin Höfer Nils Boysen Jana Gall Niici Nico Simon Désirée Pezzetta ViSdPR: Alexander Hoppen, Für den Inhalt und der einzelnen Artikel ist der/die VerfasserIn verantwortlich. Diese geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Du hast Fragen, Anregungen oder Kritik auf Lager, möchtest uns mit Lobeshymnen überhäufen oder einfach mal „Hallo“ sagen? Dann schreib‘ uns über das Formular auf www.gringoz-magazine.de wir melden uns schnellstmöglich bei dir. Wenn du uns Promo- bzw. RezensionsMaterial zuschicken willst, sende dieses an: promo@gringoz-magazine.de

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16/2019

Inhaltsverzeichnis

14 INTERVIEW : TO THE RATS AND WOLVES Mit Cheap Love verbuchen die Jungs ihre nächste Hit Platte - Zeit für ein Interview

TITELSTORY : GOOD CHARLOTTE Nach über 20 Jahren Erfahrung mussten wir einf zu einem Interview beten, erwartet spannende D

18 REWIEWS CALLEJON, FEVER333, LÄSSING MATT CORBY, NEÀNDER PAPA ROACH, SET IT OFF SKUNK ANANSIE 4

34 INTERVIEW : CROSSFAITH Sänger Kenta Koie erklärt uns, wie Crossfaith überhaupt funktioniert Gringoz-Magazine


32 TRACK BY TRACK : DREAM THEATER Wir haben uns getraut, das aktuelle Werk von Dream Theater genau zu analysieren

LIVE REVIEWS : Alligatoah .............................................22 Turbostaat ...........................................26 Death Cab For Cutie ...........................28

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fach die Skatepunk Rocker von Good Charlott etails rund um Sport, Tour und Generation Rx

GAME REVIEW : Atlas.....................................................42 SPOTLIGHTS : DieTone ...............................................44 Watch Me Rise ....................................45

38 INTERVIEW : ALL THAT REMAINS Nach dem tragischem Ableben von Oli Herbert sammelte sich die Band zu einer aussagekräftigen Tour zusammen und moshten sich durch ganz Europa für Oli - alles Weitere erfahrt ihr hier Gringoz-Magazine

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TITELSTORY

GOOD CHARLOTTE


Wer Anfang der 2000er in der Skatepunk Szene unterwegs war, kam mit großer Wahrscheinlichkeit am damals frischen, positiven und aufbauenden Sound von Good Charlotte nicht vorbei. Wo das gleichnamige Debüt zwar als Erfolg galt, schlug der Nachfolger The Young & the Hopeless (welche auch auf aktuellen Good Charlotte Platten gerne mal thematisiert werden) alle Rekorde und beschwert der Band bis heute die verdiente Aufmerksamkeit. Was sich damit 2002 in Amerika wie ein Lauffeuer verbreitete, zog spätestens 2004 nach Europa als die Band The Chronicles of Life and Death und den damit verbundenen ersten deutschen Charterfolg in Form von I Just Wanna Live (wir erinnern uns an diesen Refrain, den gefühlt kein Mann richtig singen konnte) hierzulande ein – Good Charlotte waren aus der damaligen Skatepunk Szene nicht mehr wegzudenken. Regelmäßige Shows und Festivalauftritte gehörten zum Alltag der Band und ließen auf mit dem erfolgreichen Nachfolger Good Morning Revival nicht locker – vor allem dank Gastauftritt von Avenged Sevenfold Frontmann M. Shadows. Doch was sich zu dieser Zeit langsam zeigte, wurde mit dem Album aus dem Jahr 2010 nur noch deutlicher: Mit Cardiology wirkten Good Charlotte sowohl unter Fans als auch den Medien etwas ausgebrannt. Man muss nicht mehr über Teenieprobleme in den 30ern reden und generell wirkt die damals gefestigte Fanbase jetzt älter und hat damit auch einen anderen Fokus, daher Cardiology sowohl von den Medien als auch den Fans das allgemein schlechteste Album der Band.

Text: Désirée Pezzetta / Alex Hoppen Fotos: Markus Hillgärtner Gringoz-Magazine

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TITELSTORY Im September 2011 wurde dann erst mal der Stecker gezogen und Good Charlotte lag auf Eis. Mediale Aufmerksamkeit bekam die Band jedoch weiterhin, sei es durch die Juryauftritte von Frontmann Joel Madden bei The Voice oder den damaligen Umwelt Aktionen von Gitarrist Billy Martin – irgendwie waren Good Charlotte weg, aber immer noch Interessant genug um nicht vom Radar zu verschwinden. Am 3. November 2015 kam dann endlich die Erlösung für viele Fans und Good Charlotte verkündeten ihr Comeback und legten wenige Tage später direkt die erste Single aus ihrem folgenden Album Youth Authority auf den Tisch, auf dessen Platte die Jungs durchaus reifer wirken, ohne dabei den Touch der alten Tage abzulegen. Der Mix funktioniert und beschwerte der Band bis heute größere Auftritte, als zu ihrer besten Zeit. Ausverkaufte Touren und zuletzt Auftritte bei Rock am Ring / Rock im Park waren die Folge dieses Comebacks und machen Good Charlotte aus heutiger Sicht damit zu einem der gefragtesten Acts der alternativen Musikszene. Wir haben uns mit Gitarrist Billy Martin auf der laufenden Generation Rx Tour mal auf einen aktuellen Zwischenstand unterhalten und mit ihm Themen wie die Vergangenheit, Sport oder der generellen Generation Rx unterhalten – viel Spaß bei diesem Interview. Gringoz: Hey Billy, ihr seid momentan in Paris auf eurer großen Generation RX Tour – wie ist die Lage vor Ort? Billy: Super, wir sind erst eben hier angekommen, haben aber bereits vor ein paar Jahren hier im Zenith gespielt und freuen uns natürlich darauf, mit den neuen Songs hier einen Tourstop einrichten zu können. Gringoz: Wir sind uns verdammt sicher, dass das Publikum sich genauso auf euch freut. Ihr befindet euch ja gerade mitten auf eurer groß angelegten Generation RX Tour, genauer gesagt nach den Staaten ist jetzt Europa dran –

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wie ist die Stimmung aktuell zwischen den ganzen Konzerten? Billy: Aktuell hält sich die Stimmung wirklich gut. Wir waren ja lange Zeit eher ausgebrannt von den ganzen Touren und haben uns eine längere Pause gegönnt, bevor wir vor drei Jahren wieder aktiv als Good Charlotte fungierten. Die Energie und Leidenschaft, welche wir während der Pause gesammelt haben hält bis heute an und hält damit auch unsere Stimmung auf einem hohen Level. Es ist auch nicht selbstverständlich, dass nach so einer Pause das Interesse und das damit verbundene Publikum größer denn je ist, das macht uns natürlich auch glücklich, dass nach all den Jahren Gringoz-Magazine


den, du bist ständig umgeben von anderen Menschen, nie bis selten für dich und da brauch man einfach eine Kleinigkeit, welche den Geist ein Stückchen näher an die eigenen vier Wände bringt. Das macht das viele Reisen einfacher, man wirkt selbst nicht so gestresst und entspannt. Gringoz: Wir würden das wahrscheinlich keine 10 Tage aushalten, aber genau deshalb sind wir ja auch keine Musiker. Billy: Ab und zu brauchen wir ja auch mal einen DayOff, um wieder runterzukommen, das ist absolute wichtig. Man hat dann quasi als Crew einen Urlaubstag mitten in einer anderen Stadt, ist nicht so auf die Arbeit fokussiert sondern eher mit Freunden unterwegs – anders könnte ich mir eine Tour auch nicht vorstellen. Gringoz: Habt ihr auf Tour eigentlich die Möglichkeit, andere Sportereignisse weiterhin zu verfolgen wie zum Beispiel den letzten Superbowl – während dieser stattfand wart ihr ja gerade unterwegs von Italien nach Deutschland. Oder hast du dahingehend keine Interessen? Billy: Ich bin ein großer NBA (Basketball) Fan und wegen der Zeitverschiebung finden die meisten Spiele nach unseren Konzerten statt, dadurch bin ich da glücklicherweise nicht eingeschränkt, komme aber etwas später zum schlafen, was aber vollkommen okay ist.

wir immer noch treue Fans haben, welche gerne unsere Shows besuchen. Gringoz: Nach über 20 Jahren Tourkenntnis habt ihr sicherlich gute als auch schlechte Erfahrungen gemacht, gibt es da den ein oder anderen Rat, welchen du dir selber am liebsten damals mitgegeben hättest aus heutiger Sicht? Billy: Ich glaube, dass gerade diese Erfahrung von heute aus den eher schlechten Entscheidungen der Vergangenheit entstanden sind, wodurch man diese nicht auslassen sollte. Ich glaube etwas sehr Wichtiges auf so langen Touren ist es, etwas ganz alltägliches wie ein Hobby mit der Tour zu verbinGringoz-Magazine

Gringoz: Kommen wir noch mal auf den Superbowl zurück – stell dir vor ihr würdet die legendäre Halbzeit Show als Band spielen können – gäbe es da irgendwas verrücktes oder ein Statement, was ihr setzen wollen würdet? Billy: Der Druck im Superbowl spielen zu dürfen wäre natürlich verdammt hoch für uns. Aktuell fällt mir da auch ehrlich gesagt nichts ein aber ihr habt vollkommen recht, irgendwas cooles müsste dann von unserer Seite aus kommen – wir lassen uns was einfallen. Gringoz: Kommen wir mal zum Album- und Tournamen . Was genau hat es denn mit der Generation Rx auf sich? Billy: Das wird weitläufig glaube ich falsch verstanden hierzulande. Rx steht hierbei nicht für Rockx (oder Rocks), sondern wird gerade in Amerika umgangssprachlich genutzt, um die Einnahme von Medikamenten, die der Arzt dir verschreibt, zu beschreiben. Heutzutage ist so ziemlich alles,

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TITELSTORY womit ein Jugendlicher zu Kämpfen hat, durch irgendwelche Medikamente zu kurieren, laut allen Experten da draußen und komischerweise gibt es so viele Fälle von Depressionen und anderen Krankheitsbildern, dass es kaum vorzustellen ist, wie man früher ohne diese ganzen ärztlichen Auskünfte zurecht kam. Und gerade weil gefühlt jeder Teenager irgendwo mit etwas zu kämpfen hat, was ein Arzt mit Medikamenten behandeln will, haben wir das ganze Generation Rx genannt. Gringoz: Denkst du denn, der Druck auf die heutige Jugend ist höher, als vor ein paar Jahren? Billy: Ich glaube nicht, dass der Druck auf die Teenager höher ist, sondern dass Ärzte sich einfach dazu genötigt fühlen, eine Heilung für ihre Patienten zu finden und da wird dann etwas leichter mit Rezepten umgegangen, als es früher der Fall ist. Wir wollen diese Umgangsweise auch nicht hervorheben oder dem zusagen, aber ich denke es ist wichtig, dass wir diese Generation offen thematisieren und unsere Texte sich daran richten. Wir haben auf dem aktuellen Album uns inhaltlich nicht wirklich verändert, sondern eher den emotionalen Part über Schmerz und Lifestyle auf genau dieses Thema bezogen. Aber grundsätzlich denke ist, dass es keine gute Sache ist, wenn ein Kind zwischen 11 oder 13 Jahren durch Medikamente geistig beeinflusst wird und diese es dann vielleicht sogar noch abhängig machen. Gringoz: Ihr habt das aktuelle Album nur wenige Monate nach dem Ende der letzten Tour veröffentlicht, wie kam es dazu? Gingen die ganzen Aufnahmen aufgrund der Kreativität eurerseits so schnell über die Bühne oder entstand Generation Rx schon auf der letzten Tour halbwegs? Billy: Normalerweise entsteht so ein Flow ja durch das Management oder Reocrd Label, welches einen strickten Zeitplan für Tour und Album vorgibt, in unserem Fall ist es glücklicherweise ja so, dass wir da komplett unabhängig sind durch unser eigenes Label und uns diesen Zeitplan für uns aus freien Stücken so eng geschnitten haben. Der Vorgänger von Generation Rx ließ 4,5 Jahre auf sich warten und nach unserem Comeback war es uns einfach wichtig, dass wir den Fans klar vermitteln, dass wir wieder voll da sind und da war es für uns die beste Entscheidung direkt einen Nachfolger draufzulegen um den Fans auf keinen Fall den Eindruck vermitteln zu wollen, dass wir Gringoz-Magazine

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nach Youth Authority jetzt ewig mit diesem Set touren. Gringoz: Gibt es denn auf dem aktuellen Album einen Song, der dir besonders gefällt? Uns als Redaktion hat ja Cold Song umgehauen und eine Gänsehaut hervorgebracht. Billy: Das ist ein verdammt guter Song. Ich persönlich finde Shadowboxer wirklich gelungen, man versucht jedes mal im Studio natürlich etwas zu schaffen, was sich vom bisherigen Stoff abhebt, sei es jetzt härter, düsterer oder ganz was anderes. Die Atmosphäre in Shadowboxer ist für mich dunkler als bei jeden anderen Good Charlotte Song und genau diese Option hebt noch mal hervor, wie gut es ist, dahingehend unabhängig zu sein. Wir hatten überhaupt keinen Druck durch ein Label und konnten diesen und all die anderen Gringoz-Magazine


Songs nach freien Stücken entwickeln. Ich denke dadurch wurde Generation Rx auch genau das Album, was wir haben wollten. Gringoz: Gibt es für dich persönlich das ein oder andere Projekt, ganz egal ob jetzt musikalisch oder nicht, welches du gerne in der Zukunft angehen willst? Billy: Ich selbst bin ein großer Tierfreund und setze mich regelmäßig für größere Organisationen in Kampagnen ein und werde dies auch weiterhin tun. Damit bin ich sehr zufrieden, setze mir aber jetzt nicht das Ziel soundso viele Menschen mit meiner Meinung zu bekehren, ich denke wenn man das erzwingt, ist es keine eigenständige Entscheidung und verfälscht das Ergebnis zu sehr. Andere Projekte habe ich gerade nicht wirklich in Aussicht. Gringoz-Magazine

Gringoz: Zum Schluss noch was ganz wichtiges: Gibt es nach der Tour schon Pläne, wann ihr euch wieder in Europa blicken lasst? Ihr wisst hoffentlich, dass eure Fanbase euch hier stets vermisst, wenn ihr wieder über den großen Teich fliegt. Billy: Europa gehört eindeutig zu unseren liebsten Tourstationen und wir genießen es wirklich immer sehr, hier spielen zu dürfen. Auch die nächsten Stops haben wir schon auf dem Radar, dazu kann ich natürlich nicht allzu viel sagen aber wir versuchen natürlich, möglichst früh wieder hier spielen zu dürfen, wenn es geht sogar schon im Winter. Wir bedanken uns herzlichst bei Billy Martin für dieses unterhaltsame Interview und freuen uns schon auf die nächsten Shows – vielleicht ja wieder mit einem neuen Album, wer weiß.

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ONE PHOTO TELLS A STORY >> Parkway Drive am 25.01.2019 in Hamburg: Auf ihrer groĂ&#x;en Europa Tour heizen die Jungs jede Venue ordentlich ein.


Foto: Adina Scharfenberg


INTERVIEW

TO THE RATS AND WOLFES

Seit wenigen Tagen rotiert nun also die dritte Platte der Trancecore / Metalcore Durchstarter von To The Rats And Wolves auf den verschiedenen Geräten der Fans und sorgt großflächig für Begeisterung. Wir haben uns vor der Veröffentlichung von Cheap Love auf ein paar Worte mit den Jungs getroffen und einige Themen wie Genres, Facebook Kommentare und das große Jahre 2020 geplaudert. Wir entschuldigen uns schon mal vorab für die Formulierung im ersten Satz– nach diesem Interview kann man das Wort Trancecore wahrscheinlich vergessen – oder? Text: Alex Hoppen, Foto: To The Rats And Wolves

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Gringoz: Erst mal vielen Dank für eure Zeit! Aktuell scheint euer Alltag ziemlich stressig zu sein oder? TTRAW: Stress ist hier bei das richtige Wort, wir haben zwar die letzten 9 Monate keinen Gig mehr gespielt, haben aber dennoch viel zu tun. Wir machen alle wichtigen Aspekte soweit ja selber, da kommen schon einige Aufgaben auf uns zu – gerade in Sachen Merchandise und Design haben wir damit viel zu tun, da aktuell unser drittes Musikvideo in der Mache ist. Da sind wir wirklich sehr dankbar, dass unser Management uns da freie Hand gibt und wir unsere Kreativität dahin gehend so ausleben können. Gringoz: Was genau macht man denn so kurz vor und nach der Veröffentlichung einer neuen Platte? TTRAW: Das kriegen wir alles nicht so richtig mit, da aktuell ein echter Promotsunami auf uns einbricht mit einer Tour im Nacken, welche schon nächsten Monat startet. Aktuell proben wir noch die Songs der neuen Platte, damit wir live damit ordentlich durchstarten können. Sowas bleibt bei einer Produktion immer etwas auf der Strecke bis das Album fertig ist, da doch einige Änderungen der ersten Vorstellungen von Songs im Studio überarbeitet werden, daher macht so was erst mit dem „fertigen Produkt“ Sinn. Bisher fühlt sich das alles aber echt gut an und wir freuen uns schon darauf, die neuen Songs in einem Set mit unseren bisherigen Songs. Dazu kommt noch, dass wir mitten in der Produktion zu unserem dritten Musikvideo zu Cheap Love sind, welches zu Tourstart veröffentlicht wird. Gringoz: Das klingt ziemlich spannend! Wenn man sich mal euren Werdegang anschaut, stellen wir fest, das zwischen Album eins und zwei lediglich ein Jahr liegt, das aktuelle dritte Album hat dagegen zweieinhalb Jahre gebraucht, wie kommt so eine Dauer im Vergleich zustande? TTRAW: Tatsächlich hat die Entwicklung unseres Debüt Neverland auch gute zwei Jahre benötigt, um veröffentlicht zu werden. Nach unserem Plattendeal im Jahr 2015 musste nun mal ein frisches Album her, also haben wir Dethroned ziemlich schnell aufgenommen – wir sind wirklich stolz auf dieses Album, waren aber auch dankbar für das Vertrauen, dass wir für einen würdigen Nachfolger knapp zweieinhalb Gringoz-Magazine

Jahre Zeit bekommen haben. Das Ergebnis spricht hoffentlich für sich. Gringoz: Lest ihr eigentlich auch Facebook Kommentare bei neuen Songauskopplungen? Da ist ja von Fans über Hater alles dabei manchmal. TTRAW: Danny nimmt sich da wirklich jeden Kommentar zu Herzen und beantwortet meistens im Namen der Band die Kommentare, welche Feedback erwünschen. Da wir nun mal eine vielschichtige Band sind, gibt es natürlich auch negative Kommentare, welchen wir uns als Band dann aber auch gerne stellen – Feedback ist Feedback. Größtenteils versuchen wir aber uns davon zu distanzieren, gerade wenn man mitten im Prozess ist und man eine klare Vorstellung dessen hat, was man da erschaffen will. Gringoz: Könnt ihr uns das neue Album Cheap Love mal ganz grob beschreiben? TTRAW: Grundsätzlich lässt sich aus unserer Sicht sagen, dass wir uns immer noch treu blieben mit unseren Vorstellungen, die Bezeichnung einer Trancecore Band ist einfach fürchterlich, weil es eine Band so in eine Schublade steckt, in der man als Künstler sich vielleicht gar nicht sieht. Das wäre so, als würde man Metal einfach nur Metal nennen – total oberflächlich. Wir verbinden elektronische Elemente gerne mit harten Riffs, auch wenn die neue Platte gerade im elektronischen Aspekt einen Touch Major Lazer abbekommen hat. Dadurch hat sich einiges natürlich verändert, es gibt zum Beispiel deutlich weniger Breakdowns als auf den Vorgängern zu hören. Doch wir lieben die Entwicklung von To The Rats And Wolves und hoffen, dass unsere Fans diese nachvollziehen, verstehen und auch lieben lernen. Gringoz: Wo ihr gerade Trancecore sagt: Ihr werdet ja gerne mal mit Szenehelden wie Eskimo Callboy oder We Butter The Bread With Butter verglichen, auch das Wort Trancecore fällt dabei ziemlich oft. Gibt es aus eurer Sicht vielleicht auch eher internationale Künstler, mit welchen ihr euch vergleichen würdet? TTRAW: Wir verfolgen das Ziel, dass jede Platte auf ihre Weise unique ist, stilistisch ist es schwer sich da auf einen Künstler zu einigen – generell mögen wir Interpreten, die sich dasselbe Ziel stecken. Da kommt uns natürlich direkt

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INTERVIEW Bring Me The Horizon in den Sinn, welche sich mutig und für ihre künstlerischen Interessen gegen eine riesen Fanbase stellen und ihren Weg gehen. Da kann man nur den Hut vor Ziehen, da diesen Schritt auch viele Bands begangen haben, welche gescheitert sind. Gringoz: Bald geht´s ja endlich auf große Europa und UK Tour! Zusammen mit Breathe Atlantis und Flash Forward wird der März ja ordentlich laut bei euch. TTRAW: Das ist einfach so riesig, dass es noch nicht so ganz bei uns angekommen ist. Das liegt vor allem daran, dass wir wie gesagt mitten in den Proben sowie der Konfiguration der Lichttechnik sind.

hintereinander! Gibt es ein kleines Geheimnis, wie ihr euch auf Tour frisch haltet? TTRAW: Viel Alkohol! Dadurch vergehen die Tage schneller, man ist gut drauf und vier Konzerte kommen dir vor wie ein langes Konzert. Gringoz: Gibt es sonst noch etwas, worauf ihr euch 2019 freut? TTRAW: Natürlich sind wir auch echt heiß auf die Festivals im Sommer! Dazu kommen noch Konzerte in Ländern wie Belgien und Russland und und und.. gekrönt wird das alles im Herbst dann noch mit einer Support Tour, zu welcher wir noch nicht viel sagen können.

Gringoz: Ihr macht ja echt alles! Sogar das Licht?! TTRAW: Ja! Wir können es kaum abwarten, endlich wieder die Bühnen zu stürmen, und das zusammen mit zwei befreundeten Bands macht diese Tour umso schöner! Wenn man all diese Faktoren bedenkt, weiß man gar nicht, worauf man sich am meisten freut: Die Fans, die neuen Songs live oder endlich wieder dieses Tour Feeling!

Gringoz: Damit hätten wir eigentlich alles durchgesprochen, zum Abschluss fänden wir eine kreative Idee eurerseits für 2020 interessant, welche zwar nicht in Planung ist, aber doch ziemlich geil wäre? TTRAW: Da wäre eine ausgereifte Version der Split Tour von Parkway Drive und Heaven Shall Burn wirklich interessant. Nicht dass sich die Bands live stetig abwechseln, sondern dass wirklich durchgehend zwei Bands auf der Bühne stehen und Songs zusammen performen, egal ob in MashUp oder anderer Form – das wäre sick!

Gringoz: Wenn wir uns den Tourplan so anschauen, spielt ihr ja teilweise 3 – 4 Gigs

Gringoz: Ziemlich gute Idee! Wir bedanken uns für dieses Interview!

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REVIEWS

callejon

fever333

Wer Callejon kennt, weiß, dass die Band schon immer einfach das macht, worauf sie Bock hat. Wer die Combo kennt, weiß, dass sie schon immer irgendwie darauf gepfiffen hat, was „echter Metalcore“ ist (wenn Callejon überhaupt je eine reine Metalcore-Band waren). Die Idee eines Cover-Albums ist im CallejonKosmos nicht neu: 2013 wagte sich die Band mit „Man spricht Deutsch“ an ihre eigenen Interpretationen von Songs aus dem Deutschpop-Bereich. Das Konzept von „Hartgeld im Club“ ist dabei ziemlich spannend: Zwei Musikrichtungen verschmelzen lassen, die auf den ersten Blick sowohl musikalisch als auch visuell absolut gegensätzlich erscheinen. Symbiose statt Abgrenzung. Glücklicherweise bieten die letzten beiden Songs des Albums noch mal eine deutliche Steigerung – allerdings handelt es dabei nicht um Cover-Versionen, sondern Eigenkompositionen der Band. Der von Fans bereits lang herbeigesehnte dritte Teil von „Porn From Spain“ trumpft mit Gast-Parts von keinen Geringeren als Ice-T und K.I.Z. auf, wobei besonders letztere überragend abliefern. Auch wenn „Porn From Spain 3“ vor allem textlich nicht ganz so rough wie die beiden Vorgänger-Teile daherkommt, ist der Song ein definitiver Abriss-Garant für die kommenden Shows. Am eher enttäuschenden Gesamteindruck von „Hartgeld im Club“ kann das furiose Finale der Platte allerdings leider nicht mehr viel ändern. Das Album ist nach dem wunderbar facettenreichen und durchdachten „Fandigo“ ein ziemlicher Rückschritt auf musikalischer Ebene – wenngleich fairerweise erwähnt werden muss, dass man beide Alben vom Konzept und dem Vibe her nicht miteinander vergleichen kann und „Hartgeld im Club“ vermutlich als Spaß-Projekt der Band zu sehen ist.

Was ist das bitte für eine Kreativkanone, die FEVER333 hier auffahren? Ganz zu Anfang im Jahr 2017 gab es diesen ersten Secret Gig auf dem Parkplatz eines Donut Ladens, 2018 kam dann die erste durchschlagende Single und mit einer Hand voll athletischer Shows vor großem Publikum hauen uns die Jungs doch tatsächlich für 2019 das Debüt Album auf den Tisch incl. erster Zusagen für größere Festivals wie Rock am Ring/Rock im Park – bitte was?! Klanglich und inhaltlich orientiert sich das Debüt stark an der EP, ja wir würden bei der kurzen Zeitspanne fast sagen, dass die Songs hier in der selben Session teilweise entstanden sind, was überhaupt nicht schlimm ist, sondern viel mehr für die Kreativität der Band spricht – doch für die langsamen von euch: Wie klingt das ganze eigentlich? Der Sound erinnert an die besten Stärken verschiedener NuMetal / Crossover Bands – da haben wir die catchy Refrains eines Hollywood Undeads, die verspielten Electro Parts von Enter Shikari und gerade die markanten Rap Einlagen von Frontmann Jason Butler erinnern doch sehr an einigen Stellen an Rage Against The Machine – ja wir reden hier von dem Jason Butler, ehemals Sänger und Vollzeit Athlet der Band Letlive. Verpackt und angetrieben durch politische Botschaften schafft es FEVER333 damit durchaus im Ohr zu bleiben, was vor allem Songs wie BURN IT, ANIMAL oder das kleine Meisterwerk INGLEWOOD/ 3 zu verdanken ist, doch auch leisere Töne wie bei AM I HERE? schlagen gut ein. Mit diesem Debüt kann sich FEVER333 ohne Probleme mit den Größen der Szene messen und sorgt schon hoffentlich bald wieder für frischen Wind in live-Form, wir sind auf jeden all gespannt, wie der weitere Weg der Bad verlaufen wird. Bei diesem Tempo können wir in 5 Jahren hoffentlich schon ein BestOf Album bemustern. Alex Hoppen

Hartgeld im Club

STRENGTH IN NUMB333RS

Linda Kasprzack

sound konzept hörspass 18

sound

2,7

konzept

4,5

hörspass Gringoz-Magazine


lässing

matty corby

Es ist einfach nur unverschämt, draußen spielt das Wetter Ping Pong, der Brexit stellt sich als eine große Herausforderung da und mir gingen die Eiswürfel für einen Jacky Cola aus, was mir zumindest etwas Freude bereitet hätte. Frech genug, dass mich dann auf der vorliegenden CD von Lässing so ein bärtiger Frischling mit Kippe und einem grinsenden Gesicht im hellsten Sonnenschein anstrahlt – doch davon krieg ich auch keine Eiswürfel! Der Biographie entnehmen wir, dass dieser grinsende Sonnenschein nach zwei EP´s hier nun sein Debüt präsentiert – toll! Hören wir uns doch mal an, ob Sonnenschein auf 32 Minuten länge uns überzeugen kann. Es ist fast unverschämt, dass die anfangs herrschende selbst ironische und uns total ansprechende Antistimmung stark ansteckt, um mit einem schmunzeln an unserem viel zu warmen Jacky Cola zu nippen, während wir uns einiges über Teenager Probleme, zu ernst genommene Liebe, große Brüder und meinen beiden neuen Lieblingsohrwürmern Thomas und Nina anhören. Thematisch werden hier allerlei Situationen aufgerollt (Ba dum tss!), bei denen der Hörer einfach mitreden kann, da es Themen sind, mit denen die meisten schon zu kämpfen hatten. Verpackt jedoch mit einer Menge Humor, einer taktvollen musikalischen Untermalung und verdammt noch mal „mitsing“ Refrains, ist alles nur noch halb so schlimm und wir fangen an das Debüt von Sonnenschein Lässing zu genießen. Ja wir können uns sogar fast vorstellen, bei Songs wie „Du nimmst die Liebe zu ernst“ grinsend mit einem Feuerzeug vor der Bühne zu stehen wie bei diesen Rockballaden der 90er – weil wir es einfach können! Mit diesem Debüt hat Lässing alle Chancen die es braucht, um gerade im Sommer auf den Festivals im Kopf zu bleiben.

TV-Castingshows sind ein leidiges Thema. Während mehr oder minder begabte Musiker davon träumen, umjubelte Popstars zu werden, suchen die Macher nur nach dem größtmöglichen Entertainment für den geneigten Zuschauer, der die Einschaltquoten und somit auch die Werbeeinnahmen des Senders in die Höhe treibt. Ab und zu wird das Märchen von der großen Karriere aber doch wahr, wie im Falle von Matt Corby. Im November 2018 legt er nun mit Rainbow Valley einen neuen Longplayer vor, der so gar nicht in die Vorweihnachtszeit passen will. Wie macht er das nur, dass sich dem Hörer bei Zeilen wie „Cause when you fall I fall, when you break I break„ nicht die Zehennägel hochrollen und ihn stattdessen ein wohliges Gefühl durchströmt, das Viele wohl zuletzt in den 90ern bei den Kuschelrock Platten hatten? Eindeutig ist, dass Matt Corby von dem überzeugt ist, was er singt und komponiert hat. Ausgeglichene Emotionalität trifft es hier am Ehesten. Aber auch krisengeplagte Texte, wie im Nachfolgetitel Better performt Matt Corby so geschickt, dass sie gar nicht so schlimm und hoffnungslos klingen. Die obligatorischen Balladen finden sich unter dem tragisch schönen Miracle Love, dem bereits angesprochenen All fired Up und dem Opener Light my dart up, einem der stärksten Songs der Platte. Dann gibt es aber auch diese Stücke wie New day coming, die morgens als auch abends um Elf zünden. Matt Corby schafft auf Rainbow Valley etwas, was nur wenigen Künstlern gelingt. Er paart sein Gespür für Soul und Funk mit einem Indieeinschlag und klugem Songwriting, was ihn in der Summe unverwechselbar macht. In einem Moment klingt es nach 70er Jahre Psychedelic Rock, im nächsten nach einer Funkband aus derselben Dekade, um mit dem nächsten Takt das gesamte Konzept in das Jahr 2018 zu katapultieren.

Lass die schlechten Zeiten rollen

Rainbow Valley

Alex Hoppen

Désirée Pezzetta

sound konzept hörspass Gringoz-Magazine

sound

3,2

konzept

4,0

hörspass 19


REVIEWS -

neander

papa roach

Die Rahmenbedingungen für eine gute Platte stimmen: Aufgenommen in den Hidden Planet Studios, wo sich auch schon The Ocean, Asbest und Sun Worship eingefunden haben, gemischt unter anderem von Jan Oberg von Earth Ship und gemastert vom genialen Cult of Luna Drummer Magnus Lindberg, der sich in den letzten Jahren einen Namen aus (Obacht!) Master of Mastering gemacht hat. Folgerichtig kommt dabei ein postmetaleskes, Sludge und Doom angehauchtes Stück Musik heraus, das seine Wurzeln dennoch im Black Metal hat und ohne Probleme bei einem romantischen Lagerfeuer in der Nähe der Fantoft-Stabkirche in Bergen, Norwegen im Hintergrund laufen kann. Der Opener Khàpra gibt direkt mit seinen sphärischen Riffs die Richtung vor, die konsequent bei Thujen verstärkt werden, um sich nach einer druckvollen, sehr düsteren und bester old school Black Metal- Klimax selbst zurückzunehmen. Aas ist ein wundervoll melodisches Stück, das wiederum sämtliche bereits angesprochene Subgenres vereint, aber noch am Ehesten an Type 0 Negative erinnert, oder doch an Taake? Weg mit den Vergleichen- es klingt nach Neànder. Iimago ist mit nur drei Minuten Spielzeit der Ausreißer des Albums und setzt auf ausgeklügelte Melodiefolgen, die zum Träumen anregen, bevor es beim letzten Stück Møder noch mal richtig zur Sache geht. Nun, Ritualmusik- so weit muss man vielleicht nicht gehen, aber Fakt ist, dass auf 37 Minuten Gesamtspielzeit ein konformes Klangbild erzeugt wird, das schnell ins Ohr geht und dort bleibt. Dass Neànder ganz ohne Vocals auskommen schadet überhaupt nicht sondern ist dem Konzept tatsächlich dienlich. Starkes Debüt und auch live bestimmt großes Tennis.

Man kann über Papa Roach so einiges sagen und er gibt einige Dinge, die wir hierbei auch vor sämtlichen Kritikern verteidigen möchten: In über 15 Jahren Bandgeschichte, schafften es die Kalifornier es doch stets nie langweilig zu wirken – wie die nächste Platte klingt, könnte nicht mal Nostradamus wirklich einschätzen. So ist es fast schon traditionell alle zwei Jahre an der Zeit, zu sehen in welche Richtung es die Band diesmal schlägt. Eröffnet wird das ganze mit einem recht stimmigen Opener, welcher bereits live erste Erfolge und Jubel ernten durfte – „The Ending“ erinnert stark an die Titelmelodie von Stranger Things gepaart natürlich mit den grandiosen und vielseitigen Vocals von Jacoby Shaddix, welcher auch auf Album Nr. 10 wieder die volle Packung an Texten aus eigener Feder sprießen ließ. Dennoch fehlt bereits hier die Energy, welche wir von Alben wie The Connection (2012) kennen – und das war bereits von Kritikern als sehr soft beurteilt worden. Der richtige Zünder wird auf Who Do You Trust (2019) auch leider nicht gefunden, wo beim Vorgänger der Drahtseilakt zwischen OldSchool und Modern Rock glückte, wirkt diese Platte wie eine Veröffentlichung von Studiosongs, welche so von den letzten ALben es nicht auf auf die CD gepackt haben – es ist ziemlich cool und definitiv Papa Roach, aber irgendwie auch nur das Material, was man gern mal auf längeren Alben skipt. Natürlich kann man damit das Album nicht einfach abstecken und zwei Jahre abwarten, sondern sollte der Vielseitigkeit und Experimentierfreude der Band eine Chance geben, die Jungs von einer Seite zu hören, die man so noch nicht kannte – und haut es leider dennoch nicht vom Hocker und auch live gestalten sich sicherlich 50% der Songs als untauglich.

Nèander

Who do you trust

Désirée Pezzetta Alex Hoppen

sound konzept hörspass 20

sound

4,3

konzept

2,8

hörspass Gringoz-Magazine


set it off

skunk anansie

Bereits drei Jahre ist es her, seit Set It Off ihr letztes Album Upside Down veröffentlicht haben. Nach ihrem Wechsel von Equal Vision zu Fearless Records im letzten Jahr erscheint nun auch ihr neues Album Midnight. Auf ganze fünfzehn neue Songs dürfen sich die Fans der vierköpfigen Gruppe aus Florida freuen. Musikalisch erinnern Set It Off an All Time Low und diverse andere Pop-Punk Bands, stechen jedoch durch orchestrale Elemente heraus. Das neue Album beginnt spannend mit Killer In The Mirror, einem wütenden und schnellen Song. Schnell wird klar, dass Set It Off ihrem Stil treu geblieben sind. Dramatische Lieder, die mehr nach Musical klingen, sind genau ihr Ding. Auch Hourglass und Lonely Dance sind Lieder im typischen Set It Off Stil, mit eingängigen Refrains und einem gewissen Maß an Dramatik. Different Songs ist ein tanzbares gute Laune Lied, klingt jedoch, als hätte man es schon Mal im Radio gehört und auch For You Forever und Stitch Me Up klingen wenig einprägsam und langweilig. Mit Unopened Windows beweisen Set It Off, dass langsame, emotionale Lieder ihnen ebenfalls liegen und bringen etwas Abwechslung in das Album, dem es ansonsten leider an Abwechslung fehlt. Während die ersten Lieder vielversprechend klingen, verliert man nach der Hälfte des Albums den Hörspaß. Set It Off sind ihrem unverkennbaren Stil treu geblieben, jedoch fehlt dem Album gerade deswegen Abwechslung und nur wenige Lieder klingen wirklich „neu„. Vielleicht können die neuen Lieder mehr überzeugen, wenn Set It Off sie auf ihrer Tour in April spielen.

25 Jahre Skunk Anansie– kaum zu glauben, dass die Briten nun schon ein Vierteljahrzehnt lang im Business sind. Was Skunk Anansie damals noch besonderer machte, als heute, war ihre VorreiterRolle in der harten Musik. Keine weißen Männer mit langen Haaren, Bärten und altbackenen Kutten: Nein, Skunk Anansie haben eine schwarze, glatzköpfige Frontfrau, die nicht nur mit einer unvergleichlichen Stimme, sondern auch durch unerreichtes Charisma auf und abseits der Bühne bestach und immer noch besticht und dabei unbequeme Themen anschneidet. Skin, die selbst von Pavarotti für ihr Stimmorgan geadelt wurde, durchbrach seinerzeit alle üblichen Gender- Rassen und Rock n Roll- Klischees. Die Band hatte es mit Sicherheit nicht leicht, alle Kritiker zu überzeugen, aber die, die bei den zeittypisch produzierten Platten noch nicht an Bord waren, wurden spätestens beim ersten Song einer der explosiven Liveshows mitgerissen. 25LIVE@25 umfasst 25 Songs aus 25 Live Konzerten. Selten gelingt es Bands bei so einem Vorhaben, die Atmosphäre, die sich in einer Halle oder einem Event während eines Gigs entwickelt, auf Platte zu pressen. Die Scheibe umfasst Klassiker wie Hedonism, Secretly, Intellectualize my blackness, Weak, Selling Jesus, Baby Swastika und Charity, um nur einige zu nennen. 25 Livebretter, von denen keines den anderen nachsteht. Die Inbrunst, mit der Skin und ihre Band performen und Themen wie Rassismus, politische Missstände, Liebeskummer, Betrug, Religion und emotionale Instabilität auf die große Bühne bringen, ist nichts anderes als großes Tennis. 25LIVE@25 ist nicht nur ein versonnener Blick zurück in den musikalisch schönen Teil der 90er, sondern auch ein Einstieg für zukünftige Skunk Anansie Fans, die sich, fernab von Gender und Rollenbildern, gerne mit guter Musik umgeben.

Midnight

25LIVE@25

Jana Gall

Désirée Pezzetta

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sound

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LIVE REPORT

ALLIGATOAH >> 03.02.2019 – HAMBURG / SPORTHALLE >> SUPPORT: DAZZLE

Text & Fotos: Kevin Höfer Hamburg wird heute Zeuge davon, dass Spaß und Musik meist näher aneinander liegen, als erwartet, denn Alligatoah beschallt heute mit Witz und künstlerischem Talent die Sporthalle. Ob der gute genauso einschlägt wie bei seinen legendären Festival Shows, sehen wir uns genauer an. Das Erste, das einem beim Betreten der Sporthalle am heutigen Abend direkt ins Auge springt, ist der Altersdurchschnitt von gefühlt ca. 18 Jahren. Das Zweite das man dann spürt, wenn man sich zwischen den einzelnen Teenie-Grüppchen seinen Weg bis zur Bühne gebahnt hat, ist

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die Tatsache, dass sich jeder Einzelne auf den Auftritt von Alligatoah am heutigen Abend freut und darauf hin fiebert die eingängigen Texte des Deutschrappers mit zu grölen. Viele hatten sich vorab schon am Merch-Stand eines der neuen T-Shirts abgestaubt um es direkt zu präsentieren. Um Punkt 19.30 Uhr betritt aber zunächst einmal Dazzle zusammen mit seinem DJ die Bühne der ausverkauften Sporthalle in Hamburg. Wer ihn zuvor nicht kannte, weiß zumindest nach diesem Abend wie der junge Mann aus Berlin heißt und buchstabiert wird und wie man möglichst schnell viele Worte – vor allem Kraftausdrücke – in nur kurzer Zeit passend zum Gringoz-Magazine


Beat zu einem Satz formulieren kann. Nebenbei läuft ein Timer, der auf der Bühne stationiert ist, herunter, um uns alle daran zu erinnern, dass das wilde Gerappe über Parties, Drogen, Konsum und Kapitalismus nach 20 Minuten auch schon wieder vorbei ist. Die Vorband sei schließlich nur dafür da, die Leute einzuheizen und ihnen den Haupt-Act schmackhaft zu machen. Damit leitet Dazzle zu seinem Song „Hunger“ über, zu dem er feierlich seine eigene „Kuduro“-Tour im Frühjahr ankündigt und die Leute, die Hunger nach mehr von Ihm haben, um zahlreiches Erscheinen bittet. „Kindisch wer nicht kommt!“ Die Beats seines „Musikmeisters“, wie er ihn selbst betitelt, dropen und die Arme einiger weniger Kids in den ersten Reihen bewegen sich zum Rhythmus. Ein paar Wenige springen zu den Beats. Von dem Berliner sollte

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sich jeder selbst ein Bild machen und hat dazu am 7. März z.B.: in Stuttgart die Möglichkeit. Er kommt mit seiner Tour auch noch nach München, Hamburg, Leipzig und beendet diese kleine aber feine Musikexkursion in seiner Heimatstadt Berlin am 17.03.2019. Nach einer ca. 30minütigen Umbaupause, erstrahlt eine über die ganze Bühne reichende Leinwand mit der eingetopften Blume des neuen Albumcovers „StRwV – Schlaftabletten, Rotwein V“ im Lichte der Scheinwerfer und Alligatoah eröffnet mit seinem Counterstrike Song den letzten Abend seiner „Wie Zuhause“-Tour. Wie Zuhause soll man sich auch nach eigenen Angaben des Rappers fühlen, nachdem die Leinwand losgemacht wird und dahinter eine bunte Hotelkulisse offenbart. 21 Songs stehen auf der Setlist und zu einigen davon hat sich das

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LIVE REPORT Team unterschiedliche Umbaumaßnahmen am Hotel „Kalliforniah“ ausgedacht. So wird ein Teil des Hotels für den Song „Ein Problem mit Alkohol“ z.B.: in eine Bar umgewandelt oder schnell mal zu einer Müllkippe zu „Lass Liegen“. Nicht nur bei „Freie Liebe“ im Hippie-Zimmer sondern auch bei seinem deutsch-englischen Song „I Need A Face“ bezieht Strobel Battleboi Basti, getarnt als sein Hotelpage, mit ein. Der Arme muss zu jedem im Song genannten Gesicht die passende Mimik bereithalten. So bekommt man zwischen dem guten Mix aus alten und neuen Titeln auch etwas zu lachen. Da könnte man fast über die nächste Szene beim Konzert hinwegsehen, doch leider ist diese etwas zu krass. Vor dem Trauerfeier Lied sieht man plötzlich drei Sanitäter, die in die Menge stürmen und nach einiger Zeit eine Person auf einer Bahre aus dem Publikum tragen. Dies sieht Strobel in dem Moment taktloserweise als passende Schweigeminute an und unterbricht die Show nach „Namen machen“ für ein paar Minuten. Von

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einigen Seiten ertönen „Buuuuhs“ und ein Raunen geht durch die Reihen, viele Zuschauer schütteln auch mit dem Kopf. Unpassend, Herr Alligatoah, sehr unpassend. Zum Ende hin wird es zu „Hass“ und „Terrorangst“ auch ein wenig wilder im Publikum und mit den Aussagen aus dem Titel „Meinungsfrei“ wird sogar eine kleine aber feine Wall of Death besiegelt Als Zugabe gab es dann neben dem guten alten Klassiker „Willst du“ noch „Nicht wecken“ auf die Ohren. Passend zur Tourbetitelung beendet Lukas um kurz vor 22 Uhr mit dem letzten Song „Wie Zuhause“ seine Tour und entlässt das Publikum in die letzten Stunden der kalten Sonntagnacht. Zumindest, sobald wir die Venue verließen. Eine sehr gelungene Bühnenshow mit erzählerischen Inhalten und einer durchaus mitreißenden Songauswahl. Man hat sich durch die wechselnden Hotelkulissen und die einzelnen kurzen Erzählpausen gut unterhalten gefühlt. In diesem Sinne: „Tschau, ich bin raus. Wer suchet, verschwindet.“

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LIVE REPORT

TURBOSTAAT >> 07.02.2019 – BERLIN / ASTRA KULTURHAUS >> SUPPORT: THE BETHS

Text: Kevin Höfer Fotos: Jana Boese Turbostaat absolvieren heute eine ihrer zwei Releaseshows zu ihrem neuen Livealbum Nachtbrot (2019). Dass die beiden Konzerte in Flensburg und Husum innerhalb weniger Minuten ausverkauft waren, zeigt, wie angesagt die Band aus dem hohen Norden auch in ihrer Heimat ist. Heute ist es also endlich soweit und die Punkrocker bitten die circa 200 Zuschauer im Flensburger Volksbad zum Pogo. Das Volksbad ist für die Flensburger von Turbostaat ein Heimspiel. Regelmäßig finden hier Konzerte der Band statt, aber auch für die Lokal-

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matadore ist heute ein besonderer Tag. Das soeben veröffentlichte Livealbum Nachtbrot soll es in voller Länge zu hören und sehen geben. Nachtbrot ist eine Hommage an die 20jährige Bandgeschichte. Auf 21 Songs schaffen Turbostaat einen Querschnitt durch zwei Dekaden und sechs Longplayer. Auch wir verfolgen die Band schon seit gut zwölf Jahren und die Band ist immer noch so stark, kraftvoll und impulsiv wie am Anfang ihrer Karriere. Als Opener steht heute die Flensburger Band Angora Club auf der Bühne, die dem Publikum schon mal ordentlich versucht einzuheizen, was auch insgesamt gut gelingt. Kurz vor 22 Uhr kommen dann endlich Turbostaat auf die kleine Gringoz-Magazine


Bühne im Volksbad. Ruberst Grün ist der Opener, ebenso wie auf dem Livealbum, und das Publikum ist sofort dabei. An diesem Abend heißt das Motto: No fillers, just killers. Die Songauswahl der Band trifft genau ins Schwarze- alle Hits und Lieberhaberstücke sind darauf vertreten. Der Moshpit ist durchgängig von Anfang bis Ende des Konzerts vertreten. Schweißgebadete, eng aneinandergedrängte Körper, geben sich der Faszination der Turbostaatler hin. Seit unserem ersten Konzert 2007, damals noch als Support von Beatsteaks, hat die Band nicht an ihrer Kraft und Rotzigkeit verloren. Jeder Song an diesem Abend ist ein Highlight. Egal ob es sich nun um die schnellen und Moshpit sicheren Song handelt oder um einen langsameren Song. Fast 2 Stunden lang gibt die Band heute ihre Songs zum Besten. Das Highlight ist ganz klar der Song „Insel„ Die Songzeile, bei der alle zusammen „Husum„ schreien ist jedes Mal ein Gänsehautmoment. Die Atmosphäre der Homecoming- Show im

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Flensburger Volksbad ist sowohl für das Publikum, als auch für die Band etwas ganz Besonderes. Im Publikum trifft sich die gesamte Flensburger Konzertszene, sowie Freunde, Familie und Bekannte der Band. Turbostaat liefern heute mehr ab, als ein Releasekonzert- sie zelebrieren einen Abend mit Freunden, die sie schon 20 Jahre lang begleiten. Diese familiäre Atmosphäre macht Turbostaat und diesen Abend so besonders. Turbostaat haben auch nach über 20 Jahren nichts von ihrer Kraft verloren und wir freuen uns auf viele weitere Konzerte mit der Band. Wer die Jungs noch live erleben will, hat auf der doppelten Tour aktuell noch bis zum 23. März 2019 die Chance dazu! Verpasst die Jungs auf keinen Fall.

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LIVE REPORT

DEATH CAB FOR CUTIE >> 07.02.2019 – BERLIN / ASTRA KULTURHAUS >> SUPPORT: THE BETHS

Text: Désirée Pezzetta Fotos: Adina Scharfenberg Vor über 20 Jahren kam eine Indie-Band angefah-ren, ohne Strümpf und ohne Schuh... und das waren Death Cab for Cutie, die seit 1997 für klassischen Indierock ohne Kompromisse stehen. Die US-amerikanische Band aus Bellingfort lief bereits bei den eingefleischten Indiefans Anfang der Nuller Jahre rauf und runter, bevor der wohl größte Hit der Band „Soul meets Body“ für die Hoffnungsträger-Serie aller Endzwanziger-Singles „How I met your mother“ entdeckt und verwurstet wurde.

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Nun gibt es zwei Arten von Death Cab for Cutie, deren Bandnamen übrigens ein Songtitel der nicht minder grandiosen, artistischen Bonzo Dog Doo-Dah Band ist, die ihre Inspiration vermutlich aus einem Film Noir haben: Death Cab for Cutie vor und Death Cab for Cutie nach ihrem wegweisenden Album „Transatlanticiscm“, das die Band endgültig im Mainstream ankommen ließ. Vom rotzigen Spirit des 1998 erschienen „Something about Airplanes“ ist nicht so viel übrig, was die Musik nicht unbedingt schlechter gemacht hat, aber auch nicht cooler. Ebenso wie sich die Vita nach 2003 spaltet, tut es auch das Death Cab for Cutie auf Platte-Hörerlebnis und das Death Cab Gringoz-Magazine


for Cutie Live-Spektakel. Dass dieses nicht unbedingt deckungsgleich ist, wissen auch die circa 1500 Gäste im Astra Kulturhaus, die das Konzert bereits lange vor dem heutigen Spätwintertag im grauen Berlin ausverkauft haben. Live erlangt der philosophisch und musikalisch wertvolle Output der Parade-Indierocker nämlich noch einmal eine ganz andere Ebene. Alle Songs, die in den dunkelsten Stunden auf Dauerschleife im heimischen Plattenspieler totgedudelt wurden, weil nicht mal Morrissey so schön leiden konnte wie Ben Gibbards, nehmen auf der Bühne nochmals an Fahrt auf und verwandeln jedes noch so bewegungsunfähige Publikum in ein ekstatisch zuckendes Kollektiv. Nach einem ermüdenden Auftritt der neuseeländischen Indiepopper The Beths, die eindrucksvoll

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beweisen, dass man die Langeweile innerhalb eines Support-Slots von Song zu Song exponentiell steigern kann, wartet nun also die versammelte Indie-Elite Berlins ungeduldig auf das Erscheinen von Death Cab for Cutie, die pünktlich gegen 21 Uhr die Bühne betreten. Für die nächsten knapp zwei Stunden nimmt die Band das Astra mit auf eine gefühlsmäßige Achterbahn und durch ihren Backkatalog. DCFC sind vom ersten Takt an energetisch und präsent – Sänger Ben Gibbard muss sich regelrecht hinter das Mikrofon zwingen, das seinem Bewegungsdrang nur im Weg zu sein scheint. Er hüpft und zappelt und auch das Publikum kann nicht anders und fängt instantan an zum Beat der Band mit zu wackeln. Live bereichern Dave Degger, der optisch auch bei den Eels spielen könnte, an der Gitarre und Zac Rae, ein Protohipster mit Manbun und Weste, am Keyboard

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LIVE REPORT DCFC. Wie aus dem Bilderbuch sieht die Band aus, zumindest das, was man von ihr sieht, denn das Licht ist äußerst spartanisch gehalten. Bereits beim Opener „I dreamt we spoke again“ beweist das Publikum seine Textsicherheit, die es auch bei Klassikern wie „Goldrush“ und „Photobooth“ nicht einbüßt. Aber welcher Song aus der 24 Tracks umfassenden Setlist ist eigentlich kein Klassiker? Spätestens wenn sich Ben Gibbard ans Klavier setzt und dadurch die Intensität der Performance noch mal steigert, entfalten Death Cab for Cutie die ganze Magie ihrer Liveauftritte. Weitere Gänsehautmomente liefern das emotionale „Cath“, „Black Sun“ und natürlich „Soul meets Body“, bei dem das Publikum aus voller Kehle das Thema mitsingt. Nach Kurzer Pause

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kommt nur Ben mit seiner Gitarre zurück auf die Bühne und stimmt eine herzergreifende Akustikversion von „I will follow you into the dark“ an. Großes Kino, das keinen im Saal kalt lässt. Insgesamt vier Zugaben gibt es und das Konzert endet mit dem Titeltrack der 2003er Platte Transatlanticism. Jeder, der dir Möglichkeit hat, Death Cab for Cutie live zu sehen und sich unsicher ist, sollte sich an folgende Textzeile aus dem wunderschönen „I will possess your heart“ halten: You gotta spend some time, love You gotta spend some time with me And I know that you’ll find love I will possess your heart

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TRACK BY TRACK

DREAM THEATER Distance Over Time Man nehme die Elite der Prog-Metal Szene, schmeiße diese für mehrere Monate auf einen Bauernhof mitten auf dem Land, lässt diese miteinander agieren, füreinander kochen und wartet einfach ab. Was bei dieser Mischung rauskommt, wird noch mit einem Avenged Sevenfold Cover bestückt und einfach veröffentlicht, was soll bei Dream Theater schon schiefgehen? Ob diese durchaus interessante Entstehungsgeschichte dem Album nach einem viel diskutierten Vorgänger half, erfahrt ihr wie immer in unserem ausführlichen TrackByTrack Review. Text: Nico Simon, Alex Hoppen

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Track 1: Untethered Angel... Direkt im Opener zeigt Dream Theater ein wahres Zusammenspiel, bei dem kein Bandmember zu kurz kommt. Nach einem für ihre Verhältnisse kurzem Intro kriegen wir direkt die volle Packung an Harmonie, Groove und Riffs aufs Ohr. Stilistisch könnte man fast meinen, dass die ein oder andere Avantasia Platte im Nebenzimmer rotierte. Track 2: Paralyzed... Einfach und kurz – anders kann man diesen Song nicht beschreiben. Ein knappes Intro führt über eine schnelle, groovige Strophe direkt zum Refrain, welcher im Gegensatz etwas schleppend daherkommt. Dieser Stil ist zwar simpel, weiß aber doch zu gefallen. Gringoz-Magazine


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Track 3: Fall into the Light... Ein Intro, als wären Metallica mal auf einen Topf Kartoffelsuppe vorbeigekommen eröffnet uns einen der durchaus stärkeren Songs der Platte. Klassischer kann man einen Dream Theater Song fast nicht beschreiben und auch James LaBrie wirkt durchaus aufgeweckter, als bei Paralyzed. Track 4: Barstool Warrior... Der Song startet mit einem fröhlichen Flow eines Irish Folk Songs, welcher im krassen Kontext zu den düsteren Lyrics steht. Diese beschreiben die Situationen zweier Protagonisten, welche bei einem Drink über vergangene Lebensentscheidungen nachdenken. Track 5: Room 137... Komplett im Groove und als direkter Kontrast zum vorherigen Song finden wir in Room 137 eine musikalische Fusion aus Metal meets Classic Rock, kein Wunder, dass die meisten Riffs von Mastermind John Petrucci in diesem Song enthalten sind. Diese Verspieltheit kommt der Stimme von LaBrie allerdings gar nicht zugute – leider etwas zu experimentell. Track 6: S2n... Kann sich jemand an den letzten Opener von John Myung erinnern? Hier wird wohl eine Premiere gefeiert. Die zuvor stark kritisierte Experimentierfreudigkeit der Band zahlt sich hier gelungen aus – live wird dieser Song jedoch komplett anders klingen und so nicht durchführbar sein. Punkten tut das ganze mit einem sehr gut durchdachten und prägnanten Aufbau. Track 7: At Wit’s End... Kommen wir nun zum Marathon-Song des Albums. Der 9-Minütige Song startet mit einem schnellen Intro, welches man bewusst in die Länge zog, was dem ganzen aber nicht schadet. Djentig geht es in den Strophen weiter, bis hin zu einem sehr melodischen Refrain. Perfekt abgerundet wird das dann noch von einem starken balladischen Übergang. Track 8: Out of Reach... Endlich die Ballade des Albums! Diese sorgt gekonnt für Abwechslung und nimmt nach und nach an Intensität zu, um sich anschließend wieder in einem harmonischen Übergang wiederzufinden. Inhaltlich behandelt der Track die Elemente eines klassischen Lovesongs, was die Vermutung nahelegt, dass er sich um die typischen Probleme des Tourlebens dreht. Track 9: Pale Blue Dot... Hier finden wir den ersten und somit auch einzigen Song, der nicht nur aus den Klängen der Band besteht. Zu Beginn wurden hier schwer verständliche Funksprüche eingespielt, welche dann nach und nach hinter dem instrumentalen Intro verschwinden. Schnell bemerkt man hier die Stilmittel einer Oper, welche gepaart mit dem typischen Dream Theater Sound eine sehr bedrohliche Atmosphäre erschaffen. Diese findet ihren Höhepunkt in der Bridge, welche die musikalische Untermalung einer Verfolgungsjagd sein könnte.

fazit: Unglaublich, was ein Labelwechsel und eine bandinterne Besinnung abseits des Alltags ausmachen kann – Dream Theater wirken in Distance Over Time auf dem Höhepunkt der Kreativität, seit dem Ausstieg von Mike Portnoy. Stark anzumerken ist die durchdachte Variation der verschiedenen Bandmitglieder, welche sich musikalisch perfekt zuspielen. Die Band spielt durchweg mit neuen Einflüssen, findet aber immer wieder den Weg zurück zu dem Sound, welchen wir kennen und lieben. Gringoz-Magazine

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INTERVIEW

CROSSFAITH Japan verbindet man in erster Linie nicht mit harter Musik. Das Land des Lächelns exportiert eher Pop Idole und gecastete Frauenbands, als harte Mucker, die quasi eine einbetonierte Pommesgabel in die Luft strecken. Oder? Still und heimlich hat sich in Japan eine große Heavy Music Szene entwickelt, zu deren erfolgreichsten Vertretern auch die Trancecoreband Crossfaith gehört. Kurz vor ihrem umjubelten Auftritt im Berliner Bi Nuu haben wir uns mit Sänger Kenta Koie zum Plausch getroffen. Herausgekommen ist ein spannendes Interview und ganz neue Einblicke in die japanische Heavy Music Scene. Text: Désirée Pezzetta, Fotos: Jana Boese

Gringoz: Hey Kenta, danke, dass du dir Zeit für uns nimmst! Lass uns gleich loslegen. Welche Bands und Musikstile haben dich und euch als Band am Meisten beeinflusst? Kenta Koie: Linkin Park und Limp Bizkit sind wohl zwei der Gruppen, die uns am Meisten beeinflusst und inspiriert haben. Dann haben wir auch angefan-gen, richtig harte Musik zu hören, Metalcore und sowas. Wir lieben Killswitch Engage und Underoath. Aus der elektronischen Ecke würde ich sagen, sind unsere größten Einflüsse The Prodigy, The Chemical Brothers und ja, auch Skrillex. Gringoz: Ihr habt ja ein The Prodigy und auch ein Linkin Park Cover auf eurer neuen Platte. Ist das ein letztere ein Tribut an Chester? Kenta Koie: Ja, kann man so sagen. Beim Prodigy Cover lag der Fokus ganz klar darauf, den Song neu zu erschaffen. Beim Linkin Park Song ist es wirklich eine Art Tribut, wir haben nur sehr wenig geändert. Was aber auch daran liegt, dass die Songs von Linkin Park schon perfekt arrangiert und ausbalanciert sind, da gibt es nicht viel Spielraum für Verände-rungen, die die Songs bereichern würden.

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Gringoz: Auf eurem Track „Freedom“ feat. Rou Reynolds geht ihr ganz neue Wege. Wie kam die Kollaboration mit einem Rapper wie ihm zustande? Kenta Koie: Wir wollten mal in eine andere musikalische Dimension abtauchen und gerne sowas wie Hip-Hop ausprobieren, eigentlich mehr Trap. Ja, Trap Style. Wir haben uns überlegt, wenn der Song einen Trap Part bekommt, klingt er mehr nach Cyberpunk. Das erste Mal zusammen gespielt haben Crossfaith und Rou ja schon 2011, 2012 in Japan. Es passt ganz gut, denn sowohl Crossfaith als auch Enter Shikari sind musikalisch ziemlich komplex und einzigartig. Aber trotzdem gibt es einige Ähnlichkeiten zwischen unseren Bands. Deswegen haben wir Rou gefragt, ob er bei Freedom mitsingen möchte. Uns war auch wichtig, mal einen ganz anderen Einfluss aus anderen Ländern mit reinzubringen. Klar, wir sind japanische Typen in einer japanischen Band, aber wir wollten mit dem Song herausfinden, was Freiheit wirklich bedeutet und daher war es uns wichtig, auch seine Meinung dabeizuhaben. Gringoz-Magazine


Gringoz: Der Refrain von Wipe Out klingt wie aus einer 80er Jahre Comic Serie. Seid ihr Anime Fans? Kenta Koie: Ja, ich bin großer Anime Fan, genauso wie ein paar andere von uns. Wir sind halt aus Japan und da ist die Anime-Szene wirklich massiv und wir lieben es. Interessanterweise hat Teru (Terufumi Tamano, Keys/Synthies), der den Song geschrieben hat, zu der zeit überhaupt keine Inspiration aus Animes oder Videospielen gezogen. Erst als der Song fertig war, meinte Tatsuya, das klingt wie Wipe Out, die TV Show. Ich kenne die Show auch und dachte mir: „Ha, stimmt eigentlich, das ist es!“. Teru fand das natürlich überhaupt nicht! *lacht*. Gringoz: Ist es in Japan für Bands, die nicht Teil der Idol-Szene sind oder gecastet wurden, den Durchbruch zu schaffen oder überhaupt gehört zu werden? Kenta Koie: Jein. Durch Apple Music und Spotify können wir alle Bands auschecken und neue entdecken, uns Live Shows auf YouTube anschauen und sowas. Aber klar ist es immer noch hart. Gerade in Japan ist Popmusik halt der MainGringoz-Magazine

stream- naja, wie überall eigentlich. Aber es gibt echt einen Menge Rockfestivals in Japan, die sich vor Allem auf japanische Bands fokussieren und richtig viele Slots haben, das macht es für Undergroundbands natürlich leichter. Auf Heavy Bands bezogen ist das was Anderes, die haben es nach wie vor echt schwer. Gringoz: Glaubst du, dass sich die japanische Popkultur im Umbruch befindet? Der ganze lange Weg von Traditioneller Musik, über Visual Kei, die Idol Kultur und jetzt kommen immer mehr so Sachen wie Trancecore, Metalcore, Heavy Metal aus Japan rüber geschwappt. Gerade bei letzterem gibt es ja auch total oft Choreos und Castingbands, Babymetal zB. Legt die Popkultur eine härtere Gangart ein, auch wenn viele Bands trotzdem gecastet sind? Kenta Koie: Interessante Frage. Ich glaube, das ist ein weltweites Phänomen. Als Skrillex 2008, 2009 aufkam und auf einmal Dance Music mit heavy Sounds kombiniert hat, hat man weltweit versucht, das ein Stück weit zu imitieren und härter zu

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INTERVIEW werden. Japan hat außerdem eine riesige Heavy Metal Szene. Das sind vor Allem ältere Männer, die diese Art von Musik mögen. Und die Casting Agents fokussieren sich auf diese Zielgruppe und dann kommt eben sowas wie Babymetal raus. Das ist der Hintergrund dieser Projekte. Gringoz: In Japan gibt es auffallend viele rein weibliche Bands, die auch extrem gut ihre Instrumente beherrschen. Sowas kennen wir hier kaum, bei uns gibt es halt die Quotenbassistin. Ist in Japan die Vorstellung einer Rockband gender neutral? Ist es einfach egal, ob das Männer oder Frauen sind? Kenta Koie: Das kommt meiner Meinung nach noch aus der Idol Kultur. Ich kenne aber ein paar richtige rein weibliche Bands, wie zum Beispiel Yonige. Die werden gerade groß. Aber sowas wie Bandmaid oder Scandal, das ist nichts anderes als Idol Kultur. Das ist super Mainstream. Die sind natürlich auch alle bei den Major Labels. Gringoz: Welche Undergroundbands und -clubs in Japan sollte man auf dem Schirm haben? Kenta Koie: Oh, wir haben soooo viele Underground Venues! In Osaka solltet ihr unbedingt das Shin Kagura und das Hokage auschecken. Die beiden Clubs sind an der gleichen Adresse, nur auf unterschiedlichen Stockwerken. Das ist also alles in einem superschmalen, düsteren Gebäude und auf jeder Ebene ist was anderes. Es ist superklein, aber auch super populär für Punkrock und Undergroundshows erster Güte. Dem Sänger von Palm gehört das alles quasi. Ist übrigens eine super Band- checkt die mal aus!

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Gringoz: Kannst du eigentlich noch unerkannt auf die Straße gehen in Japan oder wirst du sofort von Fans belagert? Kenta Koie: Haha, ja klar! Es passiert schon mal, dass jemand auf mich zukommt und fragt: „bist du nicht der Sänger von Crossfaith?“ und ich dann so: „Ja, hihi. Aber um ehrlich zu sein passiert mir das hier bei euch öfter.“ *lacht*. Gringoz: Gibt es einen Unterschied zwischen der asiatischen und der europäischen Crowd? Kenta Koie: Absolut! Jedes Land hat ja eine unterschiedliche Crowd. Das japanische Publikum ist super höflich und versucht immer ganz genau zuzu-hören, was wir auf der Bühne sagen und die Leute sind auch echt super ruhig. In westlichen Ländern, also Europa, USA, UK, ist das ganz anders. Ihr trinkt halt eine Menge und schert euch um nichts. *lacht*

Gringoz: ja, wir sind nicht so höflich! *lacht* Kenta Koie: Ein weiterer Unterschied: nach einem Festival in Japan liegt nirgends Müll rum, die Leute nehmen ihren Dreck wieder mit! Dann kommt man auf Festivals außerhalb Japans und es sieht aus, wie Sau! Aber das ist trotzdem mehr Rock n Roll für mich als der seltsame Anblick eines total sauberen Festivalgeländes. Aber nehmt das bloß nicht als Entschuldigung, euren Müll liegenzulassen!

Gringoz: Würdest du in der Karriere mit Crossfaith irgendwas anders machen, wenn du könntest? Kenta Koie: Hm…. nein, ich glaube nicht *lächelt*. Crossfaith fühlt sich wie ein Zuhause an. Nein, ich würde nichts ändern!

Gringoz: Wunderschöne Schlussworte. Vielen Dank für das Interview!

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INTERVIEW

ALL THAT REMAINS

Wer Killswitch Engage und As I Lay Dying als die Vorreiter des Metalcore betrachtet, hat auch sicherlich die goldene Ära von All That Remains erlebt, denn diese Jungs liefern nicht nur seitdem regelmäßig saubere Platten ab, sondern schaffen es auch ohne Pause zu funktionieren. Der erste Dämpfer erfolgte leider am 17. Oktober 2018, als Gründungsmitglied Oli Herbert verstarb. Doch selbst das hielt die Jungs aus Massachusetts nicht davon ab, wenige Wochen später die geplante Europa Tour zu spielen. Wir haben uns mit Gitarrist Mike über einige dieser Geschehnisse unterhalten und möchten euch dieses Interview wärmstens empfehlen. Text: Alex Hoppen, Fotos: All That Remains

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Mike: Eigentlich das selbe wie sonst auch, die Fans und eben jene, denen wir unser Tun verdanken live zu unterhalten und zu erleben. Du siehst hinter einem neuen Album nicht viel von denen, die es wirklich unterstützen und eine Tour ist die beste Möglichkeit, das nachzuholen. Zudem haben ja nicht nur wir mit dieser Meldung zu kämpfen, sondern viele Fans haben gerade auf Facebook und Instagram ihr tiefstes Mitgefühl ausgesprochen was uns dazu brachte zu sagen „Hey, wir können die Tour nicht ausfallen lassen, sondern müssen mit diesen Menschen zusammen interagieren„. Es bringt nichts, wenn jeder für sich Trauer überwinden muss. Wir haben alle den selben Verlust. Gringoz: Wahre Worte. Dazu zählte Oli ja auch zu den präsenteren Menschen auf der Bühne. Mike: Er liebte die Touren und hing teilweise öfter nach einem Gig vor der Bühne, als im Backstage – die Fans waren sein persönlicher Ausstieg von allem schlechten, er machte es sich zur Bestimmung, andere glücklich zu machen. Die Aufmerksamkeit der Fans hat er voll verdient.

Gringoz: Hey Mike, vielen Dank für dieses Interview, wie geht es euch gerade? Mike:Ziemlich durchwachsen aber grundlegend gut – All That Remains genossen auf eine etwas negative und dämpfende Art ja etwas Berichterstattung vor dieser Tour, doch wir sind froh hier zu sein und spielen zu dürfen. Gringoz: Respekt, dass ihr so offen darüber reden könnt – was genau treibt euch nach dem Ableben von Oli dazu an, diese Tour trotzdem zu spielen? Gringoz-Magazine

Gringoz: Kommen wir doch zum Nachruf von Oli in Form eures aktuellen Albums Victim of the New Disease – wie fühlt es sich an, diese Platte endlich im Laden stehen zu haben? Mike: Sehr gut – die Tage und Wochen davor war es komisch, die letzte Platte zusammen mit Oli bereits zu kennen, obwohl diese noch nicht wirklich da ist für die große Masse. Das war bis dahin so unwirklich. Auch fingen die ganzen Vorbereitungen für die Tour eine Woche vorher erst an wodurch wir ziemlich lange aus diesem Bandalltag draußen waren um für uns selbst zu sein. Das tat gut, aber wir sind wie gesagt froh genau hier zu sein. Gringoz: Wie klingt die aktuelle Platte speziell für dich? Mike: Das ist immer eine sehr schwere Frage. Ich denke sie klingt genau wie erhofft – für Fans haben wir hoffentlich eine gute Mitte gefunden, zwischen unserer gesamten Diskographie, da gerade die letzten Platten etwas ruhiger wurden. Gringoz: Was ist dein persönliches Highlight auf der Platte?

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INTERVIEW Mike: Eindeutig der Song Wasteland – er hat einfach diese Oldschool Touch und stammt zudem aus meiner Feder, daher hab ich natürlich eine spezielle Bindung zu diesem Song – auch live ist das aktuell denke ich der Part der Show, wo ich am meisten in Aktion bin. Gringoz: Du bist also der Kerl für die härteren Sachen in der Band? Mike: Nein zum Glück nicht (lacht). Ich glaube wir können es durchaus als Stärke bei uns aufzählen, dass jeder mal ruhigere oder lautere Aspekte in der Musik beiträgt, da kommt nie Langeweile auf. Gringoz: Das heißt das nächste Album könnte wieder in eine komplett andere Richtung gehen? Mike: Ausschließen kann man das Gott sei Dank nicht. Gringoz: Wie wäre es mal mit Folk Einflüssen? Mike: Ich glaube das wäre neben Ska Punk das Genre, welches am wenigsten zu uns passt (lacht). Wir werden es sehen. Wir experimentieren auch aktuell viel mit unseren bestehenden Songs in einer Akustik Version herum, vielleicht hört man da in nächster Zeit noch etwas von uns, wer weiß. Gringoz: Das macht uns fast Angst, aber eine Akustik Version von eurem Hit This Calling wäre bei uns sofort in der aktuellen Playlist auf Dauerschleife! Mike: Und genau so muss es sein! Alles in Genres zu verpacken oder als Soft / Heavy abzutun ist absoluter Schwachsinn. Viele Bands haben mit solchen Stempeln zu kämpfen und Alben werden oft in Kapiteln betrachtet – bestes Beispiel hierzu ist

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Metallica mit St. Anger – das Album war wirklich gut, wird aber heute als negativ eingestuft wegen der komplizierten Bandsituation damals – dabei geht’s hier um die Musik. Gringoz: Ein aktuelles Beispiel hierzu wären ja die musikalischen Kollegen von As I Lay Dying – wie stehst du dazu? Mike: Kaum einer will seine Meinung dazu sagen, weil man so oder so verloren hat. Entweder stichst du den Menschen in den Rücken, mit denen du so manche Shows und Abende schon gespielt hast oder aber du hast ein total beschissenes Weltbild – so sehen es die Leute da draußen. Ich persönlich bin immer für den Weg der Vergebung und höre dort auf meinen Instinkt – wenn ich jemanden sehe, der seine Taten bereut, aber offen dazu steht und sich anprangern lässt, dann denke ich, dass dieser Mensch wirklich Buße tut und das bereut – dadurch sollte man auch Vergebung erfahren. Jeder macht Fehler und bittet irgendwann um Vergebung. Gringoz: Wie sieht es denn für das restliche Jahr 2019 aus? Mike: Das sieht alles ziemlich nach Alltag aus, wir spielen direkt zwei verschiedene Touren hintereinander in Amerika um anschließend Festivals im Sommer zu bespielen. Dahingehend sind wir schnell wieder im Sattel und machen genau das, was andere Bands auch tun. Gringoz: Gibt es dort auch Aussichten auf Festivals in Europa? Mike: Leider nicht – aktuell kann man dazu auch noch nicht viel sagen, aber vielleicht bringt der Herbst uns ja noch mal hier rüber. Wir halten euch auf dem Laufenden.

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GAMES REVIEW

ATLAS

Gut umgesetzte Piraten Spiele mit qualitativen Online Modus sind heutzutage noch seltener, als die ein oder anderen verborgenen Schätze in eben jenen Spielen. Kein Wunder also, dass bei eben jener spontanen Veröffentlichung aus dem Haus der ARK Entwickler die Käufer Schlange stehen, um den direkten Mitbewerber zu Sea of Thieves zu testen, denn was aus dem Hause des durchweg erfolgreichen ARK´s kommt, kann doch nicht falsch sein – oder? Wir sind für euch in See gestochen, um den Mythos Atlas endlich eine Bewertung zu verpassen, vor der sich noch heute (2 Monate nach Release) einige große Magazine streuben. Text: Alex Hoppen

42

Gringoz-Magazine


Grob gesagt ist ATLAS trotz einiger Versprechen nicht als direkter Mitbewerber zu bestehenden Titeln zu sehen, denn hinter den von den Entwicklern hoch gelobten Atmosphäre in einer riesigen Welt mit unzähligen Abenteuern und allerlei Inseln versteckt sich zwischen den Zeilen nichts anderes als ein ziemlich brutaler ReSkin zum bereits erfolgreichen Dino Survival Hit ARK. Die komplette Spielweise samt Menü, Taming, Models und Spielmechanik wurde einfach auf eine etwas größere Map verfrachtet, auf welcher wir gerade im PVP garnicht erst dazu kommen, die Endgame Inhalte zu genießen – das liegt an einem zwar ziemlich kreativen Server System, welches auf der anderen Seite jedoch dank China leicht zerstört wurde. Um ein authentisches MMO Feeling zu erzeugen bieten die Entwickler von Atlas nämlich MegaServer an, welche sowohl im PVP als auch im PVE für Europa und Amerika bereitstehen. Auf jeden der vier Server ist Platz für bis zu 40.000 Spieler gleichzeitig – wenige Wochen nach Release konnte dieses System sogar fast ohne Zwischenfälle so genossen werden – Hut ab! Leider wurde hier die Rechnung ohne die Asiaten gemacht, welche ohne Public Server doof aus der Wäsche kucken und einfach beschlossen haben auf dem europäischen PVP Server einen Mega Clan zu gründen und damit Angst und Schrecken in Form einer chinesischen Invasion zu verbreiten – ziemlich erschreckend und realistisch. Somit hat man als offizieller Spieler nun die Wahl zwischen der chinesischen PVP Hölle oder den leicht überfluteten PVE Flüchtlingen, welche sich lieber in Harmonie und Miteinander für das Piratenleben interessieren. Denn wenn man dem Spiel die nötige Zeit lässt und auch noch mit der richtigen Gruppe (alleine ist das Spiel fast unspielbar) an die Sache rangeht, eröffnet sich hier fast eine Offenbarung an Gameplay, welche mit wenigen Macken uns dennoch über die kalten Tage bringt.

sondern auch der Ehrgeiz endlich in See zu stechen. Denn wer es einmal schaffte sich einer Crew (diese kann man sich zur Not auch mit NPC Kollegen zusammenkaufen) anzuschließen, kommt auf hoher See aus Shanties und Raubüberfällen auf die Schiffe der Verdammten gar nicht mehr weg, da können wir auch mal über die Tatsache hinweg sehen, dass das gesamte Erscheinungsbild von Atlas eingefleischten ARK Spieler doch etwas zu viel Ähnlichkeit vorweist, um als 20€ teures eigenes Spiel zu glänzen. Atlas ist Himmel und Hölle zugleich – wer sich bei harten Wellengang auf die Reise einlässt und den ein oder anderen Würgereflex unterdrücken kann, wird am Ende mit einem atmosphärischen Meisterwerk in diesem Genre belohnt, welches sich ohne Probleme als den besten Piraten Survival Hit der letzten Jahre nennen kann.

grafik sound

Wer sich mit einer gut abgesprochenen und aufeinander eingestellten Crew auf einer Insel einnistet, um dort die zukünftige Galleone über Tage hinweg zusammenzubauen, wird nicht nur das Robinson Crusoe Fieber packen, Gringoz-Magazine

steuerung

3,3

atmosphäre spielspass 43


SPOTLIGHT

DIETONE Alternative Metal aus Flensburg Darf es mal etwas anderes sein? Diese vier Jungs aus Flensburg kommen mit einem erfrischend neuen Stil um die Ecke und sorgen auf ihren Konzerten einfach immer für super Stimmung. Ein wildes Gemisch aus diversen Musikrichtungen und ehrlich emotionalen Texten sorgen dafür, dass die ganze Bandbreite an Rocker-Lebensgefühl, Metalhead-Moschlaune und Tiefgang erfüllt wird. Kein Wunder also, dass uns bereits nach dem ersten gesehen Gig klar war, dass wir sie euch nicht vorenthalten wollen.

line up Vocals, Rythm Guitar Lead Guitar Bass Drums -

44

Hannes Dennis Nick René

Alle vier haben bereits langjährige Musikerfahrung und teils schon in anderen Bands gespielt, die jeweils unterschiedliche Richtungen vertreten haben. So erklärt sich auch der mal moderne, mal eher traditionelle Stil der Band, der hier einfach nicht näher benannt werden kann als mit den Worten: „Lüppt“ wie der bekanntlich wortkarge Norddeutsche sagt. (Höchstes Lob in diesen Kreisen) Mit ihrem ersten Album „Words of Solace“ und ihrem Auftritt als Vorband von Puddle of Mud, haben sie ihr können bereits unter beweis gestellt und arbeiten gerade an ihrem nächsten Album, auf das wir bereits gespannt sein dürfen. Sie selbst sagen über sich, dass für sie immer die Musik im Vordergrund steht und wem dieses altruistisch anmutende versprechen nicht genügt, der darf sich gerne selbst davon überzeugen. Auch im Social Media Bereich überzeugt DieTone regelmäßig mit unterhaltsamen Posts wie zum Beispiel zum Valentinstag, wer also auf eine Band mit einer Brise Entertainment steht, ist hier schon garnicht verkehrt. Live sind aktuell leider keine Shows von den Jungs auf dem Radar, wir informieren euch jedoch sehr gerne darüber, sobald es hier ein Update gibt. Gringoz-Magazine


WATCH ME RISE Post-Hardcore aus Frankfurt Eigentlich bräuchten wir mehr also einen Spotlight, um die jetzt kommenden Musiker vorzustellen, denn Watch Me Rise haben allein im letzten Jahr schon mehr organisiert und zustande gebracht, wie manch eine etablierte Band in zwei bis drei Jahren – und das alles ohne Management! Wer hier dachte, dass das Comeback von As I Lay Dying einschlug wie eine Bombe, hat Watch Me Rise eindeutig verpasst – also herhören (oder lesen). Selten erleben wir ein Debüt mit so viel Passion und Hingabe, wie die EP mit dem Namen Of Anxious Minds and Sleepless Nights – das Ding schlug ein wie eine Bombe und bescherrte Watch Me Rise zurecht einen riesigen Showkalender von Konzerten, welche sich über einen Zeitraum von bis zu sechs Monate strecken. Ohne dabei in einem verliebten Review zu landen, möchten wir hier die Kollegen von der Ox zitieren: „Die fünf Songs geben ein Gesamtbild ab, das nicht nur wahnsinnig hooklastig, sondern auch enorm unterhaltsam ist ... 9/10“ – spricht für sich, oder? Man merkt einfach in jeder Minute die direkten Einflüsse von Bands wie La Dispute, Movements oder Touché Amoré, ohne dabei in die gefährliche Kopie Spalte zu kommen. Die Kombination aus Passion, Engagement und Kreativität ist es, welGringoz-Magazine

che dafür sorgen wird, dass Watch Me Rise in Kürze schon für einen Spotlight absolut das falsche Format hergeben, aber aktuell können wir euch den heißesten Geheimtipp der alternativen Szene aus Frankfurt nur ans Herz legen. Geteilt wurde die Bühne bereits mit Größen wie Annisokay, Unleash The Sky oder den Killerpilzen und auch ihr könnt die Jungs noch live ab sofort erleben, denn vor Kurzem wurde erst eine Tour zusammen mit The Pariah bekannt gegeben, welche sich über den Zeitraum April / Mai erstreckt und sicherlich keinen Club ohne aufgewühlte Staubflecken zurücklässt. Wer jetzt noch nicht genug von der Band hat, kann sich auf Spotify die interne Tourbus Playlist der Jungs anhören.

line up Vocals Guitar Bass Drums & Vocals-

Josh Timo Chris Sven

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