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Spanischer Staat: Die PSOE–PODEMOS–Regierung will die Monarchie festigen

Der Internaciena Kolektivista Cirklo (Internationalistischer Kollektivistischer Zirkel) ist seit Jänner die Sektion des CoReP im Spanischen Staat Die Organisation vereinigt Genoss*innen mit unterschiedlicher politischer Vergangenheit und ist in klassenkämoferischen Gewerkschaften aktiv. Der IKC hat im vergangenen Jahr in die Bewegung in Katalionien eingegriffen ­ für das Selbstbestimmungsrecht der unterdrückten nationalen Minderheiten im Spanischen Staat, aber gegen die von Teilen der katalonischen Bourgeoisie propagierte Loslösung. Stattdessen progagiert der IKC den gemeinsamen Kampf aller im Spanischen Staat lebenden Lohnabhängigen, prekär Beschäftigten, Arbeitslosen und Renter*innen. Als Ausrdruck der nicht­nationalistischen Orientierung haben die Genoss*innen bewusst ihren Organisationsnamen auf Esperanto gewählt.

Die spanische politische Krise findet in einem neuen Rahmen des internationalen Klassenkampfes statt, wobei der unbefristete Streik im französischen öffentlichen Verkehrs (anderthalb Monate!) derzeit der wichtigste Meilenstein ist. Eine eindrucksvolle Welle von Rebellionen gegen Regierungen auf allen Kontinente (Algerien, Chile, Haiti, Libanon, Iran, Sudan, Hongkong….) hat der Welt die Zerbrechlichkeit des kapitalistischen Herrschaftssystems vor Augen geführt, das den Massen wachsende Armut aufzwingt. Eine Charakteristik haben diese Bewegungen gemeinsam: Die Mobilisierungen neigen dazu, sich der Kontrolle der alten reformistischen (politischen und gewerkschaftlichen) oder direkt bürgerlichen Führungen zu entziehen, so wie es bei den Unruhen in Katalonien im vergangenen Oktober der Fall war

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In Spanien prägt zurzeit die Ernennung der neuen PSOE­Regierung mit Pablo Iglesias als Vizepräsident und vier PODEMOS­Ministern „die politische Atmosphäre " des Spanischen Staates Die Regierungsbildung erforderte die Enthaltung, wenn nicht sogar Zustimmung, aller Arten von regionalistischen, nationalistischen und für die Unabhängigkeit eintretenden Parteien. Die meisten ­ und vor allem die wichtigsten (ERC [katalanische bürgerliche Partei] und PNV [baskische bürgerliche Partei]) repräsentieren direkt eine Fraktion der peripheren Bourgeoisien (die also nicht an den Schaltstellen des Zentralstaates beteiligt sind)

Kein Problem für unsere traditionellen Sozialdemokraten von der PSOE und die neuen von PODEMOS, diejenigen, die vor fünf Jahren noch „den Himmel stürmen“ wollten Das von ihnen angekündigte Regierungsprogramm stellt kein einziges strategisches Element für die Aufrechterhaltung des sozialen, politischen und wirtschaftlichen Status quo des Spanischen Staates in Frage.

Auf 50 Seiten voller Worthülsen wie „ wird überprüft, studiert, evaluiert, gefördert“ zeichnet sich das von Pedro Sanchez [Vorsitzender der PSOE] und Pablo Iglesias [Vorsitzender von PODEMOS] unterzeichnete Dokument viel mehr durch das aus, was die Regierung zu tun gedenkt

Nachdem zum Beispiel ein Abschnitt mit dem alten Wahlversprechen „Wir werden die Arbeitsrechtsreform von 2012 aufheben“ betitelt ist, wird in Folge klar, dass PSOE und PODEMOS nur einige der aggressivsten Aspekte dieser Reform aufheben wollen, während sie planen, einen Großteil davon (und alle früheren Arbeitsrechtsreformen in ihrer Gesamtheit) beizubehalten. Der Text verspricht scheinheilig „Fortschritte bei der Reduzierung von Prekarisierung und Armut“, obwohl gerade diese Reformen für die weit verbreitete Ausweitung der Prekarisierung in der Arbeitswelt, die daraus resultierenden Hungerlöhne und den Verlust von sozialen Rechten angesichts der Macht der Unternehmer verantwortlich sind. In diesem Zusammenhang muss die Ankündigung eines „neuen Arbeiterstatuts“ als Absichtserklärung verstanden werden, die Arbeitsreformen in den Rang eines Verfassungsgesetzes zu erheben und die für die Unternehmer kostenfreie Entlassung von Arbeitern einzuführen. Dazu soll der von der PSOE verteidigte sogenannte „österreichische Rucksack“ umgesetzt werden [eine Art Abfertigung neu, bei der die Unternehmer einen geringen Beitrag in einen Fonds einzahlen, auf dessen Leistungen erst bei Kündigung oder Pensionsantritt Anspruch besteht. Das System würde geltende Abfertigungsregeln aufheben]

Das Regierungsprogramm sieht die Neubewertung der Renten nach dem CPI [Verbraucherpreisindex] vor, die durch den großen Kampf der Rentner gewonnen wurde, aber es sieht vor, die Rentenreform der Regierung Zapatero beizubehalten und eine weitere zu verabschieden [2013 wurde von der PSOE­Regierung das Pensionsantrittsalter von 65 auf 67 Jahre erhöht. Die folgende konservativ­reaktionäre Regierung der PP [Volkspartei] setzte dann die jährliche

Rentenerhöhung aus, was zu massiven Protesten führte.]

Das Wohnungsproblem, das Millionen von Familien zur Verzweiflung treibt, wird mit schönen Worten angegangen („es wird gebremst… , es wird angeregt ...“), während sich Hunderttausende von Wohnungen in den Händen der Banken und Geierfonds befinden, die von den neuen Machthabern nichts zu befürchten haben

Der Religionsunterricht wird nicht mehr Teil des Lehrplans sein, aber die Finanzierung des privaten, meist religiösen Unterrichts und der Religion an öffentlichen Schulen wird nicht angetastet Die skandalöse Finanzierung der katholischen Kirche bleibt ebenfalls unangetastet durch die Regierung Rajoy nicht einmal ein wenig reduziert. Auch die berüchtigte Gefängnispolitik gegen baskische Gefangene, die von Felipe González eingeführt wurde, wurde nicht geändert [Vor dreißig Jahren beschloss die PSOE­Regierung, die baskischen politischen Gefangenen landesweit auf alle spanischen Haftanstalten zu verteilen. Die Maßnahme war damals schon illegal, da laut Gesetz jeder Häftling in einem Umkreis von 100 Kilometern um seinen Heimatort inhaftiert werden muss]. Die Verweigerung des Selbstbestimmungsrechts des katalanischen Volkes nimmt bei der PSOE­PODEMOS­Regierung die Form eines Dialogangebots „im Rahmen der Verfassung" an, das nur dazu dient, Zeit zu gewinnen, um die katalanischen

DieRegierung PSOE-Pedro Sánchez hat die Repressi‐on gegen Katalonien durch die Regierung Rajoy nicht einmal ein wenig reduziert.

Auch das Ausländergesetz, die Existenz der CIE [Internierungszentren für Ausländer ohne Papiere], die Militarisierung der Grenzen gegen Migranten, die NATO­Mitgliedschaft und die Interventionen der spanischen Truppen im Ausland fügen sich nahtlos in den „reformistischen“ Willen der neuen Regierung ein

Der gesamte Repressionsapparat wird aufrechterhalten. Aber keine Angst – die Erhöhung der Zahl der "staatlichen Sicherheitskräfte" und "ein Infrastrukturplan für die Guardia Civil [militarisierte Polizei]" wird (zumindest in zwei Punkten des Programms) bereits angedacht

Nicht einmal das „Ley Mordaza“ [wörtlich: „Knebelgesetz“, das die Meinungsfreiheit stark einschränkt] wird aufgehoben: Die Koalitionspartner kündigen einfach an, dass sie ein anderes Gesetz beschließen werden, welches das alte „ersetzt“ Wir können annehmen, dass sie dies im Einklang mit dem „Gesetz zur digitalen Knebelung“ [das der Regierung erlaubt, Websites ohne Gerichtsbeschluss zu schließen] tun werden, das vor Kurzem von der Regierung Pedro Sánchez gebilligt wurde, um die Unterdrückung von Massenprotesten gegen die Verurteilung katalanischer ProUnabhängigkeitsgefangener zu verschärfen.

Die Regierung PSOE­Pedro Sánchez hat die Repression gegen Katalonien

Mobilisierungen der letzten Jahre und die immer wiederkehrenden Massenproteste im Baskenland zu schwächen. Es sind diese Mobilisierungen, welche die Monarchie, d h das derzeitige System der politischen Herrschaft des Kapitals im Spanischen Staat, direkt infrage stellen

Kurzum, die neue Regierung beabsichtigt, einige Reformen anzubieten, um innerhalb der Arbeiterklasse (zu der die Rentner innen gehören), der unterdrückten Nationalitäten und der sozialen Sektoren mit der größten Mobilisierungsfähigkeit, wie Frauen und Homosexuelle, Illusionen in einen „Wandel“ zu säen

Die Regierung hat bereits die ausdrückliche Unterstützung der Gewerkschaftsbürokratien erhalten und die Zusammenarbeit mit den nationalistischen Führern und der Mehrheit der LGTB und der feministischen Bewegungen zugesagt bekommen, wie das die PSOE­Regierungen schon früher bei anderen Gelegenheiten erreicht haben Aber die politische Stabilisierung, die die historische Krise der Monarchie beenden und „sozialen Frieden“ erreichen soll, ist die Quadratur des Kreises, denn keines der Probleme, die der politischen Krise der letzten Jahre zugrunde lagen, wird gelöst werden.

Die Lebensbedingungen der Arbeiter­ klasse haben sich in den letzten Jahrzehnten aufgrund der aufeinander folgenden Wirtschaftskrisen, der Angriffe aller Regierungen (einschließlich jener der PSOE) gegen die alten sozialen Errungenschaften und jetzt noch mehr aufgrund des ungezügelten Anstiegs der Wohnungspreise stark verschlechtert Es gibt 3,2 Millionen Arbeitslose, und bei den Jugendlichen unter 25 Jahren liegt die Arbeitslosenquote bei 33,4% Die Löhne holen die sinkende Kaufkraft nicht mehr ein, 92% der neuen Arbeitsverträge sind befristet und die meisten von ihnen bloß für Stunden oder Tage gültig Der echte Acht­Stunden­Tag ist ein alter Traum. Und die nächste Krise rückt näher Dadurch werden die Forderungen der Bourgeoisie an die Regierung noch massiver werden, sie beim Kampf um ihren Anteil am schwindenden Kuchen zu unterstützen und die Arbeiter­ und Sozialkämpfe ohne allzu große Rücksicht zu unterdrücken.

Aus dem gleichen Grund wird die Aggressivität der Parteien des Trifachito [PP, Ciudadanos, VOX ­ „Trifachito“ ist ein neu geprägter Begriff, der das Bündnis zwischen den reaktionären Parteien charakterisiert „Tri“ steht für die drei Parteien, „facha“ ist umgangssprachlich für faschistoid oder faschistisch] gegenüber der Regierung der „linken“ Koalition zunehmen Egal wie sehr sich die Regierung als loyaler Manager des Kapitalismus und Verteidiger der Einheit Spaniens erweist ­ wenn etwas schiefgeht, zieht es der „Herr“ vor, direkt zu regieren, statt mittels Lakaien und Vermittlern.

Darüber hinaus wird die Botschaft des faschistischen Populismus von VOX gegen diese Art von Regierung wahrscheinlich ihr Gehör unter den Schichten der Kleinbourgeoisie, die von Verarmung bedroht sind, und sogar in einigen Teilen der Arbeiterklasse vergrößern. Diese sozialen Schichten werden, wenn sie nicht mehr erwarten, dass die Regierung ihre Situation verbessert und nicht sehen, dass die Organisationen der Arbeiterklasse für eine andere Zukunft kämpfen, besonders empfänglich für die reaktionäreren und offen arbeiterfeindlichen Reden, die unter dem Banner des Vaterlandes, der Rasse, der Religion und der männlichen Vorherrschaft geschwungen werden.

Kurz gesagt, wird sich diese PSOE­PODEMOS­Regierung für die Stärkung der bürgerlichen „Regierbarkeit" des Staates einsetzen, aber sie wird keinen einzigen Tag Aufschub von den Parteien, den Medien und dem Staatsapparat in den Händen der spanischen Rechten, den Erben des Francismus in all seinen Schattierungen, gewährt bekommen

Es ist die Pflicht von uns RevolutionärInnen, die sich der Organisierung einer echten ArbeiterInnenpartei verschrieben haben, die dafür kämpfen wird, der wirtschaftlichen, politischen und sozialen Fäulnis des Kapitalismus ein endgültiges Ende zu bereiten, klar auszusprechen: Trotz der Tatsache, dass eine andere politische "Stimmung" aufkommen mag, wird diese Regierung im Dienst der Bourgeoisie arbeiten und daher die Probleme der ArbeiterInnen nicht lösen. Auch wird sie die Nationalitäten im Spanischen

Staat nicht von der Unterdrückung befreien. Diese Regierung hat keine Zukunft. Nur wenn es uns gelingt, der Kapitalistenklasse die Macht zu entwinden und sie in die eigenen Hände zu nehmen, werden wir es verhindern, dass unsere Existenz von Tag zu Tag drückender und elender wird

Leo Trotzki über die spanische Revolution (1931)

Die Ausrufung der Republik ist jetzt die offizielle Kampflosung. Jedoch wird die Entwicklung der Revolution nicht nur die konservativen und liberalen Fraktionen der leitenden Klassen, sondern auch die republikanischen Fraktionen unter das Banner der Monarchie treiben ( ) Aber höchst wahrscheinlich wird die Monarchie von Madrid, wenn auch mit einem blauen Auge, sich bis zur Diktatur des Proletariats aufrecht erhalten

Die Republik ist selbstverständlich auch die Losung des Proletariats Aber für das Proletariat handelt es sich nicht einfach darum, den König durch einen Präsidenten zu ersetzen, sondern die ganze Gesellschaft von dem feudalen Unrat von Grund auf zu säubern. Hierbei tritt die Agrarfrage in den Vordergrund

Die auf dem spanischen Land herrschenden Beziehungen bieten ein Bild halb­feudaler Ausbeutung Das Elend der Bauern, besonders in Andalusien und Kastilien, das Joch der Junker, der öffentlichen Macht und der Kaziks3 haben schon mehr als einmal die Landarbeiter und armen Bauern veranlasst, ihren Unwillen öffentlich zu bekunden. Bedeutet dies, dass in Spanien, selbst mit Hilfe der Revolution, die Möglichkeit besteht, die bürgerlichen Beziehungen von den feudalen zu befreien? Nein, dies bedeutet nur, dass unter den in Spanien gegebenen Verhältnissen der Kapitalismus die Bauernschaft nicht anders als auf halb­feudale Weise ausbeuten kann Die revolutionäre Waffe gegen die Überbleibsel des spanischen Mittelalters richten, heißt die Waffe gegen die eigentliche Wurzel der bürgerlichen Herrschaft richten

Um die Bauernschaft dem Lokalismus und dem reaktionären Einfluss zu entreißen, benötigt das Proletariat eines klaren revolutionär­demokratischen Programms Der Mangel an Erde und Wasser, das Joch des Pachtzinses werfen klar und offen die Frage der Konfiszierung des privaten Grundeigentums zugunsten der armen Bauernschaft auf. Die Steuerlasten, die unerträglichen Staatsschulden, die bürokratischen Stehlereien und die afrikanischen Abenteuer erwecken die Frage nach einer billigen Regierung, die weder durch die Latifundienbesitzer, die Bankbesitzer oder die Industrieherren, noch durch den liberalen Adel, sondern nur durch die Arbeiter selbst gesichert werden kann Die von der Geistlichkeit und den Kirchengütern ausgeübte Herrschaft rückt eine demokratische Aufgabe in den Vordergrund: Trennung von Kirche und Staat und Entwaffnung der Kirche, indem ihre Reichtümer dem Volk zurückerstattet werden Selbst die abergläubischsten Schichten der Bauernschaft werden diese entscheidenden Maßnahmen unterstützen, sobald sie überzeugt sein werden, dass die Summen der Staatskasse, die bisher der Kirche zugegangen waren, sowie auch die Kirchengüter selbst nach der Säkularisierung keineswegs in die Taschen der liberalen Freidenker wandern werden, sondern zur Wiederaufrichtung der erschöpften bäuerlichen Wirtschaft dienen werden

Die separatistischen Tendenzen stellen der Revolution die demokratische Aufgabe der nationalen Selbstbestimmung. Diese Tendenzen haben sich in der Periode der Diktatur verschärft und veräußert Aber der „Separatismus" der katalanischen Bourgeoisie ist nur ein Spiel mit der Regierung von Madrid, nur ein gegen das katalanische und spanische Volk gerichtetes Werkzeug, während der Separatismus der Arbeiter und der Bauern die äußere Hülle ihres sozialen Unwillens ist. Diese beiden Arten von Separatismus müssen streng von einander unterschieden werden Nun muss aber die proletarische Vorhut, um die national unterdrückten Arbeiter und Bauern von ihrer Bourgeoisie zu trennen, in der Frage der nationalen Selbstbestimmung die kühnste und aufrichtigste Stellung einnehmen Die Arbeiter werden bis zuletzt das Recht der Katalanen und Basken, ihr unabhängiges nationales Leben zu organisieren, verteidigen, wenn die Mehrheit dieser Völker sich für eine vollständige Trennung aussprechen würde Dies bedeutet jedoch nicht, dass die vorgeschrittenen Arbeiter die Katalanen und Basken der Unabhängigkeit entgegentreiben werden. Im Gegenteil, die wirtschaftliche Einheitlichkeit des Landes, mit weitgehender Autonomie der nationalen Gebiete, würde in Bezug auf Kultur und Wirtschaft den Arbeitern und Bauern große Vorzüge bieten

Türkei: KRIEGSTREIBEREI UND DIE REVOLUTIONÄRKOMMUNISTISCHE HALTUNG IN IDLIB

Die folgende Analyse stammt von unseren türkischen Genoss*innen von Patrosuz Dünya. Sie wurde vor dem Treffen zwischen Erdogan und Putin Anfang März 2020 veröffentlicht.

Seit Beginn des syrischen Bürgerkriegs verfolgte das Erdoğan­Regime mit seiner Syrien­Politik klare neo­osmanische imperialistische Ziele. Mit Hilfe dschihadistischer Banden sollte die Herrschaft Assads beseitigt werden und die Türkei einen Teil der imperialistischen Herrschaft im Nahen Osten übernehmen Bereits angeklungen war diese Stoßrichtung im Frühjahr 2011, als es die ersten Proteste gegen Assad gegeben hatte: Man werde schon „in zwei Wochen“ in der Umayyaden­Moschee in Damaskus beten, verkündete Erdoğan, damals Regierungschef; seine Regierung, die seit Jahren an allen Kriegen in Syrien und im Nahen Osten als Provokateur beteiligt ist, zögert nicht, den Dschihadisten logistische und finanzielle Unterstützung zu gewähren

Gemeinsam mit den dschihadistischen Banden begann Erdoğan seine Eroberungs­ und Angriffspolitik – gegen Afrin, Cerabrus und Al­Bab Er griff in den Aufbau eines Piratenstaates in Syrien ein, indem er eigene Kolonialgouverneure für die besetzten Gebiete einsetzte. Erdoğan beschränkte seine imperialistischen Gelüste aber nicht auf Syrien, sondern wurde auch Juniorpartner bei der imperialistischen Intervention in Syrien

Der russische Imperialismus, der das Assad­Regime unterstützte, bewahrte es vor der Zerstörung und bildete die Basis für den Prozesses der Wiederherstellung seiner früheren Herrschaft Dies behinderte Erdoğns Vormarsch in Syrien Der Abschuss einer Suchoi­SU 24­Maschine der russischen Luftwaffe führte Ende November 2015 zu schweren Spannungen Erdoğan konnte dem von Russland verhängten Wirtschaftsembargo nicht standhalten, machte einen Rückzieher und justierte seine Beziehung zu Russland neu Auf verschiedene Arten hat das Erdoğan­Regime immer seinen Einfluss in Syrien aufrechterhalten können, indem es aus den Widersprüchen zwischen dem US­amerikanischen und russischen Imperialismus Nutzen zog und an Bewegungsspielraum gewann Nun hat es sein Beharren auf die Kontrolle über Idlib in einen richtigen Krieg mit dem syrischen Regime verstrickt.

Erdoğans Präsenz in Syrien hängt von den dschihadistischen Terroristen ab, die er als Bauern in seinem Schachspiel der Macht benutzt. Die Stärkung des Assad­Regimes engt die Bewegungsfreiheit der Dschihadisten deutlich ein Damit wird Erdoğans Plan, die Hegemonie in Syrien zu erringen, empfindlich gestört Die Auseinandersetzungen zwischen Dschihadisten und dem Assad­Regime in der Region um die syrische Stadt Idlib, die zu Zusammenstößen an der türkisch­syrischen Grenze führten, haben die TSK (türkische Streitkräfte) und die syrische Armee in einen de facto Krieg geführt

Erdoğan hat sich wie üblich als Schirmherr der Dschihadisten gebärdet. Angesichts des Fortschritts der syrischen Armee lässt Erdoğan ständig militärisches Material und Munition zu den türkischen „Beobachtungsposten“ schaffen Erdoğan erkannte die Erfolge der syrischen Armee als Kriegsursache an Die Dschihadisten, die angesichts der syrischen Armee in die Defensive gerieten, überleben dank Erdoğan Dessen Erklärung zu diesem Thema ist eine offene Kriegserklärung: „Wenn den türkischen Soldaten in ihren Beobachtungsposten oder anderen Orten auch nur der kleins­ te Schaden zugefügt wird, dann werden wir ab heute die Kräfte des Regimes überall angreifen, ohne an Idlib oder die Grenzen des Sotschi­Abkommens gebunden zu sein“ (Erdoğan vor AKP­Mitgliedern am 11 Februar 2020, Zitat: n­tv) Laut Verfassung liegt die Befugnis für eine Kriegserklärung beim Parlament Die Tatsache, dass Erdoğan diesen Schritt alleine gesetzt hat, ist der offensichtlichste Hinweis darauf, dass das Parlament zu einem wertlosen Instrument des Präsidialsystems wurde

Das Assad­Regime rückte indes weiter vor und ignorierte Erdoğans Herausforderung Nach offiziellen Angaben sind mindestens 34 türkische Soldaten gefallen. Das Erdoğan­Regime pumpt weiterhin Waffen und Munition in die Beobachtungsposten und heizt dadurch den Krieg an Devlet Bahceli, Führer der faschistischen MHP und Koalitionspartner der AKP, sagte am 11 Februar: Es gelte "Damaskus zu erobern", um sich für die getöteten Soldaten zu rächen "Lasst uns Syrien niederbrennen. Lasst uns Idlib zerstören! Verdammter Assad!"

Bahçeli will so die nationalistische Basis für den Krieg stärken. Er kann es sich leisten, jene Dinge auszusprechen, die Erdoğan nicht sagen will, um keine diplomatische Krise auszulösen Aber er drückt damit lautstark den ultimativen Kriegskurs der AKP­MHP­Allianz aus

WARUM IST IDLIB FÜR ERDOĞAN SO WICHTIG?

Idlib ist eine Grenzregion unter der Kontrolle von Dschihadistengruppen, der Erdoğan beraubt wird, wenn das AssadRegime die Kontrolle übernimmt Der türkische Imperialismus würde einen wichtigsten strategischen Stützpunkt verlieren

Wenn Idlib unter die Kontrolle des Assad­Regimes gerät, bedeutet das für die mit der Türkei verbündeten Dschihadisten einen schweren Schlag Dies könnte eine neue Flüchtlingskrise auslösen, die Erdoğan in große Schwierigkeiten bringen würde.

Der Fall Idlibs würde dem Assad­Regime moralischen Auftrieb geben und Erdoğan zwingen, das Regime anzuerkennen Das könnte die Grundlage für die Wiedererrichtung der Kontrolle der Regierung in Damaskus (mit Unterstützung des russischen Imperialismus) über Regionen wie Afrin und Cerabrus sein, in denen Erdoğan einmarschierte und seinen eigenen Piratenstaat gründete Das würde bedeuten, dass die gesamte syrische Politik, die Erdoğan im Laufe der Jahre verfolgt hat, gescheitert ist Das würde seinen politischer Ruf nachhaltig schädigen

Kurz gesagt, die einzige Möglichkeit, wie Erdoğan seine imperialen Ziele in Syrien dauerhaft erreichen kann, ist die Herrschaft über Idlib, selbst wenn er sie auf ein Minimum zurückfahren muss Dieses selbst verschuldete Dilemma kann ihn zu allen möglichen Wahnsinnstaten treiben

WAS GEDENKT ERDOĞAN ZU TUN?

Wir können das Agieren Erdoğans, einen der Hauptakteure des syrischen Bürgerkriegs seit 2011, unter zwei Überschriften kategorisieren:

Interne Und Externe Ziele

Beide Aspekte sind miteinander verflochten und ergänzen einander Mit dem Beginn des „arabischen Frühlings“ versuchte er, sich als Führer des Nahen Ostens und der islamischen Welt zu vermarkten, indem er sich das Image des „gemäßigten Islam“ gab Mit diesem Image hat er rein imperiale Ziele verfolgt

Indem er sich mit islamistischen und dschihadistischen Gruppen verbündete, wollte er ein „Global Player“ im Nahen Osten werden. Syrien war zweifellos das Land, in dem er die größten Anstrengungen unternommen hat, um dieses Ziel zu erreichen Erdoğan hat seine gesamte syrische Strategie auf den Sturz des AssadRegimes aufgebaut Ziel ist es, die dschihadistischen Gruppen an die Macht zu bringen und sie vollständig an den türkischen Staat zu binden. Kurz gesagt, Erdoğan möchte Syrien zu seinem Hinterhof machen

Ein weiteres Ziel ist die Fortführung der Kolonialpolitik gegen die Kurden in Syrien Seit dem syrischen Bürgerkrieg hat Rojava de facto einen unabhängigen Status und historische Errungenschaften erlangt Erdoğan will alle Errungenschaften der Kurden zerstören und sie zur winden, mit der er konfrontiert ist Kann er in Syrien einen Sieg erringen, wird er ein Nationalheld und kann 2023 als selbsternannter „neuer Gründungsvater der Türkei“ wieder nach der Macht greifen Immer wenn der Kapitalismus in eine globale Krise gerät, folgt eine Phase protektionistischer Politik Er greift dann zu imperialistischen Kriegen, um diesen „Stau“ zu überwinden. Erdoğans Situation ist nicht anders Er muss Syrien dauerhaft besetzen, um die Krise abzuwenden, die ihn im Inneren bedroht. Er will seine eigene Bourgeoisie mobilisieren, um die zerstörten Städte wieder­

Knechtschaft verurteilen. Zu diesem Zweck marschierte er in Afrin ein und begann dort dschihadistische Banden und seinen eigenen Piratenstaat aufzubauen. Erdoğans Hauptziel ist es, Rojava zu besetzen und zu kolonisieren

Er möchte die politischen und wirtschaftlichen Blockaden beseitigen, die er durch militärische Operationen im Inneren erlebt hat Parallel zu Erdoğans imperialistischen Zielen hat sich das Präsidialsystem entwickelt. Er benutzte jede Methode, um dieses Ziel zu erreichen und erreichte es schließlich auch Aber das „Präsidialsystem“, das in seiner Ein­Mann­Herrschaft gipfelte, war bald nicht mehr funktionsfähig

Erdoğan kämpft ständig mit politischen Krisen Politische Akteure, die Alternativen zu Erdoğan sein könnten, werden von seinen Rivalen ins Spiel gebracht Die wachsende Wirtschaftskrise nagt an seiner Herrschaft. Erdoğan hat keine andere Alternative als die politische und wirtschaftliche Krise zu über­ aufzubauen, indem er die besetzten Gebiete ausplündert

Dies sind Erdoğans Hauptziele Aber er steht sehr starken Rivalen gegenüber, die diese Absichten verhindern werden. Um seine Ziele zu erreichen, müsste Russland die syrische Regierung und den Iran fallen lassen Erdoğan hat weder die wirtschaftliche noch die militärische Macht, um das zu erzwingen Auch werden seine Verbündeten nicht hinter ihm stehen:

Die Türkische Republik (TC) hat sich Manövrierspielraum geschaffen, indem sie die Widersprüche des russischen und US­Imperialismus in Syrien ausnutzt. Manchmal war sie mit Russland, manchmal mit den USA verbündet

Dieses Fenster hat sich jetzt geschlossen. Da Erdoğans Manövrierrahmen nicht mehr besteht, wird er aggressiv Er kann nicht akzeptieren, dass nun eine Phase des Stillstands eingetreten ist. Er versucht, den Krieg so weit wie möglich zu verlängern, um diesen Prozess zu been­ den Erdoğan will Israel als Unterstützer gewinnen und Russland herausfordern. Er träumt davon, die NATO für seine imperialistischen Ziele zu mobilisieren, wenn sich der Krieg verschärft Das ist aber zugleich der Knoten, den er nicht auflösen kann: Die USA können Erdoğan nur in Bezug auf einige seiner Interessen unterstützen. Sie werden zurückstecken, wenn Erdoğan einen „heißen Krieg“ mit Russland provozieren will Die Türkei ist Mitglied der NATO, aber die NATO hat keinen Einfluss darauf, ob dieser Krieg im Einklang mit ihren eigenen imperialistischen Zielen ist Erdoğans Ziele sind groß, aber er verkörpert lediglich eine regionale Kraft, die sich am Fuße der imperialistischen Pyramide befindet

Zusammengefasst: Erdoğan tut größer als er ist, und er ist hartnäckiger als je zuvor. In diesem Fall sind das die Steine auf seinem Weg, die sein Ende bedeuten können

WIE WIRD DIE HALTUNG RUSSLANDS SEIN?

Die Haltung Russlands gegenüber Syrien war von Anfang an klar Während das Assad­Regime kurz vor dem Sturz stand, hat sich mit dem Engagement Russlands in Syrien die Balance verschoben Das Regime erholte sich mit Unterstützung Russlands wieder und eroberte viele Regionen zurück, die von den dschihadistischen Gruppen kontrolliert wurden

Mit dieser Änderung des Gleichgewichts ist eine Alternative ohne Assad hinfällig Die Präsenz Russlands in Syrien hängt vollständig vom Weiterbestehen des Assad­Regimes ab Deshalb wirkt jede Attacke gegen Damaskus indirekt auf Russland zurück Der russische Imperialismus rückte in der Region nach, nachdem der US­Imperialismus im Nahen Osten an Macht und Initiative verloren hatte Russland spielt eine Rolle als Spielmacher im Gleichgewicht des Nahen Ostens. Der Weg, diese Position aufrechtzuerhalten und zu festigen, führt über den endgültigen Sieg des Assad­Regimes Das wiederum würde die Zerschlagung aller dschihadistischen Gruppierungen bedeuten, deren Schirmherr die türkische Regierung ist Erdoğan kann sich nach seinen vollmundigen Siegesversprechen nicht mit einer kleinen Pufferzone an der Grenze zu Syrien be­ gnügen Das wäre dann die von den westlichen Imperialisten angedeutete „diplomatische Lösung“

Allerdings hat Erdoğan in Idlib eine internationale Legitimitätskrise: unter dem Vorwand der Terrorismusbekämpfung kämpft die türkische Armee im Bündnis mit islamistischen Milizen (HTS), die selbst die türkischen Behörden als terroristische Organisationen einstufen. Erdoğan ist bestrebt, der Schutzpatron der dschihadistischen Banden zu sein, die die Welt als Terroristen betrachtet, und versucht, dieselbe Methode in Libyen anzuwenden Aber im Libyenkrieg ist Russland der entscheidende Spielmacher. Auch dort stehen sich türkisch­imperialistische und russischimperialistische Ziele diametral entge­ nistische nationalistische Atmosphäre zu schaffen. Sie konnten jedoch nicht einmal ihre eigene Basis festigen Erdoğan versucht, die Sackgasse zu überwinden, in die er durch den Krieg geraten ist Aber die Idlib­Spirale zieht ihn in einen noch größeren Strudel In diesem Prozess sind Fraktionierungen und Brüche innerhalb der bürgerlichen Cliquen auf der Tagesordnung. Davutoğlu und Babacan, die sich von der AKP getrennt haben, sind in die politische Arena zurückgekehrt, und es gibt Brüche an den Rändern der AKP. Der Istanbuler Bürgermeister Imamoglu wird von bürgerlichen Medien als künftiger Präsident favorisiert Die Bourgeoisie hat also durchaus Alternativen zu Erdoğan Eine große Niederlage in Idlib könnte der Beginn des Prozesses sein, der sein Ende vorbereitet gen Erdoğans Politik bereitet den Boden für militärische und wirtschaftliche Konfrontationen mit Russland auf, welche die Ausweitung des Krieges möglich erscheinen lässt Die Erklärungen aus Russland sind klar: bei Idlib gibt es kein Nachgeben.

WAS SIND MÖGLICHE SZENARIEN?

Nachdem Erdoğan den Angriff auf Syrien befohlen hatte, griffen die türkischen Streitkräfte und Dschihadistengruppen die syrische Armee in Idlib an Russland reagierte auf diese Attacken mit Luftangriffen Erdoğans tatsächlicher Krieg gegen Russland und Syrien hat begonnen. Erdoğan ist entschlossen, diesen Krieg auszuweiten, während Russland entschlossen ist, in Idlib keine Zugeständnisse zu machen Die wahrscheinlichste Möglichkeit wären schwere militärische Angriffe und Wirtschaftsembargos seitens Russlands. Ein mögliches Wirtschaftsembargo gegen die Türkei könnte eine große wirtschaftliche Katastrophe nach sich ziehen, die Krise in der Türkei verschärfen und den Klassenkampf befeuern

Erdoğan und seine widerlichen Massenmedien, die sich in ein Kriegspropagandaministerium verwandelt haben, versuchten rund um die Uhr eine chauvi­

Die immer wieder hochkochenden Gerüchte über „Verschwörungen“ der Gülen­Bewegung sind ein Vorwand für die AKP, politische Konkurrenten wie die CHP zu verfolgen Wenn es zu einer Niederlage in Idlib kommt. könnten diese medial verbreiteten „Warnungen“ die Grundlage für einen Staatsstreich durch eine der sich bekämpfenden bürgerlichen Fraktionen, z.B. der „Eurasier“ (Erklärung weiter unten) sein

"Erdoğan kämpft in Idlib", sagte Präsident Trump in einer Erklärung. „Im Moment kämpfen dort viele Parteien, aber ich verhandle mit Präsident Erdoğan“ Trump unterstützt Erdoğan offen und Erdoğan spielt ständig seine Kriegskarte mit der Unterstützung von Trump aus Die aktive Teilnahme der USA am Krieg würde eine globale Kriegsgefahr für die Menschheit bedeuten.

Eine andere Möglichkeit besteht darin, dass Trump Erdoğan mitten im Krieg im Stich lässt, wenn sein „Freund“ zu einer Bürde für ihn wird Für Trump ist Erdoğan nur eine Figur auf dem Schachbrett

Erdoğan erklärt regelmäßig, dass die NATO eine Macht ist, die sich gegen Russland und Syrien durchsetzen kann Er fordert die NATO auf, ihn zu unterstützen. Obwohl es keine endgültige Erklärung für die Beteiligung an einem Krieg der Türkei gegen Russland gibt, ist es offensichtlich, dass die Regierungschefs der NATO­Staaten der aktuellen Situation mit Unbehagen gegenüber stehen

Erdoğan, der keine NATO­Unterstützung erhalten wird, könnte bald ziemlich einsam dastehen

WAS SOLLTE DIE HALTUNG DER REVOLUTIONÄREN KOMMUNISTEN SEIN?

Da es an der Idlib­Front keine Kurden gibt, kann das Erdoğan­Regime keine chauvinistische, nationalistische Atmosphäre im Land schaffen wie bei den Militärschlägen gegen die kurdischen Regionen Trotzdem werden ununterbrochen nationalistische Reden geschwungen, um die Opposition gegen den Krieg zum Schweigen zu bringen Die bürgerliche Opposition wiederum kommt zahnlos daher: Das Bündnis mit den Dschihadisten sei „ein Fleck auf der Ehre“ der türkischen Armee Es sei ein Krieg im Interesse der USA, der hier geführt werde, usw

All diese „Argumente“ sollen das Regime reinwaschen und verschleiern, dass es nicht um eine „schlechte Außenpolitik“ geht, sondern dass die türkische Bourgeoisie in der Region, zurzeit mehrheitlich noch hinter Erdoğan vereint, ihre eigenen imperialistischen Ziele verfolgt Dass es dabei gemeinsame Interessen mit dem US­Imperialismus gibt, ändert nichts an der spezifischen Rolle der türkischen herrschenden Klasse

Um eine klare Haltung gegenüber dem Imperialismus und dem imperialistischen Krieg einnehmen zu können, muss man den Kampf gegen die imperialistischen Ziele „seines“ eigenen Landes ins Zentrum rücken Als kommunistische Aktivisten begnügen wir uns nicht damit, die individuellen Handlungen des einen oder anderen Akteurs zu beurteilen Wir beurteilen die Klasse, die sie vertreten, ihre Rolle und ihre Stellung im internationalen imperialistischen Gefüge des kapitalistischen Systems Wir sind keine Historiker, keine Soziologen, keine Strategen; wir sind auch keine Ratgeber „unseres“ bürgerlichen Staates. Für uns ist der Marxismus eine Handlungsanleitung, um die Welt zu verändern Als Marxisten führen wir unseren revolutionären Kampf mit der Perspektive, den imperialistischen Krieg in einen revolutionären Bürgerkrieg umzuwandeln und leiten daraus unsere Agitation, Propaganda und organisatorischen Schritte ab Unser historisches und theoretisches Erbe gestattet uns, zwischen Gut und Böse zu unterscheiden,

Die einzigen Kriege, die wir unterstützen, sind die Klassenkriege des revolutionären Proletariats gegen die Bourgeoisie, die Kriege zur nationalen Befreiung, welche die kolonisierten Nationen geführt haben, um ihre Unabhängigkeit zu erkämpfen. Unser theoretisches Erbe bestimmt unsere Haltung gegenüber Eroberungskriegen der Bourgeoisie: Der Hauptfeind steht im eigenen Land, unsere Haltung ist die des revolutionären Defätismus, der Zersetzung der bürgerlichen Armee Heute gilt es, dieses Erbe aus den verstaubten Bücherregalen zu holen und seine Rezepte anzuwenden. Der Weg, um einen konsequenten Kampf gegen den Imperialismus zu führen, muss im Inneren und nicht außerhalb gesucht werden Das heißt: auf dem revolutionären Weg des Sturzes des Regimes des

Syriens;

• Im Nahen Osten und in Syrien ist es legitim, dass Assad und der russische Imperialismus eine Lösung der Konflikte in ihrem Sinn vorschlagen;

• Der Hauptschuldige an den Kriegen in Syrien und dem Nahen Osten ist der amerikanische Imperialismus;

• alle Flüchtlinge aus Syrien sind Dschihadisten oder deren Angehörige;

• Frieden kann es erst geben, wenn das Assad­Regime, unterstützt von Russland, wieder die Regierungsgewalt in Syrien hergestellt hat Alle diese Positionen bewegen sich, sozial und politisch, im Rahmen des imperialistischen kapitalistischen Systems.

WARUM VERTEIDIGT DER SOZIALCHAUVINISMUS DIE TERRITORIALE INTEGRITÄT SYRIENS?

Präsidentenpalasts und des bürgerlichen Staates, im Kampf Klasse gegen Klasse

Heute existieren im nationalen Rahmen verschiedene Cliquen innerhalb der Bourgeoisie, die von Zeit zu Zeit miteinander in Konflikt geraten Weiters gibt es immer die Konflikte, die durch die innerimperialistischen Konflikte ausgelöst werden Wenn versucht wird, diese Situation unter dem alten Blickwinkel des „Kalten Krieges“ zu sehen, wenn der Imperialismus auf die USA und einige Staaten der EU reduziert, wenn China und Russland nicht auch als imperialistisch eingeschätzt werden, versinkt man im Nationalismus Solche Versuche führen dazu, China und Russland gegenüber dem US­Imperialismus zu rechtfertigen, als „fortschrittlicher“ einzustufen Diese deformierte Vorstellung vom Imperialismus ist heute die Grundlage der sogenannten „eurasischen Fraktion“. Sie umfasst bürgerliche und „sozialistische“ Kräfte, ihre Position zur „syrischen Frage“ lässt sich folgendermaßen zusammenfassen:

• Verteidigung der territorialen Einheit

Zuallererst sind alle Grenzen das Erbe der Kolonialmächte Sie wurden als Ergebnis imperialistischer Handlungen gezogen. Deshalb sind alle Grenzen künstlich und Kriege unvermeidlich, solange es sie gibt Perioden, die im imperialistischen kapitalistischen System als Frieden dargestellt werden, sind stets nur Phasen der Vorbereitung auf neue Kriege. Ein endgültiger Frieden auf globaler Ebene ist nur durch die Abschaffung des imperialistischen kapitalistischen Systems und die Errichtung einer kommunistischen Welt möglich.

Die „territoriale Integrität“ eines Landes zu verteidigen, die „Interessen des Landes“ zu verteidigen, das „Heimatland“ zu verteidigen, bedeutet zunächst, die herrschende Bourgeoisie und ihren Herrschaftsapparat, den bürgerlichen Staat, zu verteidigen. Wenn der gegenwärtige Staat kein Arbeiterstaat ist, wenn nicht die Arbeiterklasse an der Macht ist, ist die Verteidigung des „Vaterlandes“ und der „territorialen Integrität“ das Werk von Sozialpatrioten, nicht aber der Sozialisten Der Charakter des Sozialchauvinismus folgt einer Linie, die die Arbeiter und Unterdrückten ruhig stellt und die bestehenden Regierungen unangetastet lässt, ohne den bürgerlichen Staat anzutasten. In Kriegszeiten stehen die Sozialchauvinisten auf der Seite ihres bürgerlichen Staates und fordern die ar­ beitenden Massen auf, ihr „Vaterland“ aufseiten der Bourgeoisie zu verteidigen. Die Opposition gegen die imperialistische Kriegspolitik Erdoğans auf die territoriale Integrität Syriens zu reduzieren ist impliziter Sozialchauvinismus. Der Rahmen bleibt die Vertretung der Interessen des eigenen bürgerlichen Staates Der Invasionskrieg wird von diesen „Oppositionellen“ abgelehnt, um das Überleben und die Zukunft ihres bürgerlichen Staates zu sichern Sie raten stattdessen dem Erdoğan­Regime und auch der CHP, einen Kompromiss mit Assad zu schließen Diese „freundschaftlichen Ratschläge“ sind ein heimtückischer Chauvinismus, weil das Problem auf die „territoriale Integrität Syriens“ reduziert wird Denn die Region, die als „territoriale Integrität Syriens“ definiert wird und das Baath­Regime beruhen auf der Besetzung des Territoriums Westkurdistans Die Verteidigung der territorialen Integrität Syriens ist nichts anderes als die Behauptung, dass der bürgerliche syrische Staat das Recht hat, Westkurdistan zu kolonisieren

DAS ASSAD­REGIME UND DEN RUSSISCHEN IMPERIALISMUS IN SYRIEN ALS LEGITIM ANZUSEHEN, BEDEUTET, DIE SYRISCHEN WERKTÄTIGEN DEM DSCHIHADISMUS UND BAATHISMUS AUSZULIEFERN

Der imperialistische Teilungskrieg im Nahen Osten, der in Syrien Gestalt angenommen hat, wird an vielerlei Fronten ausgefochten. Allen Seiten ist gemein, dass sie nach Beendigung des Kriegs ihre jeweilige Hegemonie errichten wollen Der imperialistische Hegemonialkrieg, der seit Jahren in Syrien und im Nahen Osten stattfindet, hat die syrischen Werktätigen ohne eine alternative revolutionäre Front dem Würgegriff der Baath­Diktatur und des Dschihadismus ausgeliefert Das Assad­Regime ist dafür ebenso verantwortlich wie Russland, die USA, die Türkei und der Iran. Wenn der US­Imperialismus als einziger Verbrecher oder Haupttäter betrachtet wird, legiti­ miert das die Hegemonie des russischen Imperialismus und die Diktatur von Assad Die Sozialisten sind weder Anhänger einer Polarisierung zwischen Imperialisten noch einer Polarisierung zwischen bürgerlichen Fraktionen auf nationaler Ebene Ihre Haltung ist klar: „Klasse gegen Klasse“ Sie widersetzen sich allen imperialistischen Bestrebungen und den reaktionären Kräften, mit denen die Imperialisten verbündet sind

Als Alternative zur Baath­Diktatur und zum dschihadistischen Faschismus, unter denen die syrischen Arbeiter leiden, entrollen sie das Banner der proletarischen Revolution Keine der bestehenden Parteien kann Frieden bringen; sie erklären bei jeder Gelegenheit, dass Kriege, Ausbeutung, Unterdrückung und Armut in irgendeiner Form immer weiterbestehen werden. Heute ist der klarste Beweis dafür, dass es keinen Glauben an die Revolution, den Sozialis­ und so eine revolutionäre Front zu schaffen. Jede sozialistische Bewegung, die keine Klassenperspektive gegen die Ausbeuter hat, ist dazu verdammt, von bürgerlichen Cliquen gefördert und ausgenutzt zu werden. Heute versuchen sie, mit bürgerlichen Fraktionen eine „demokratische“ Orientierung im Kampf gegen die Diktatur Erdoğan in der Türkei zu entwickeln.

ES IST EINE LIBERALE IDIOTIE ZU BEHAUPTEN, DASS DER SIEG DES ASSAD­REGIMES DER REGION FRIEDEN UND STABILITÄT BRINGEN WÜRDE

mus und die Arbeiterklasse gibt, wenn man den russischen Imperialismus und das Assad­Regime als legitim ansieht und sie schüchtern, aber explizit, als Alternative anpreist „Sozialisten“, die das Assad­Regime und den russischen Imperialismus rechtfertigen, argumentieren, dass es in Syrien keine starke revolutionäre Front gibt Daher müsse der Sieg des von Russland unterstützten AssadRegimes gegen die Dschihadisten und den US­Imperialismus unterstützt werden Genau darin liegt der Grund, warum sich keine revolutionäre Front in Syrien bilden konnte. Diese Perspektive wird von „sozialistischen“, „kommunistischen“ Gruppen in Syrien vertreten Ein bedeutender Teil der syrischen Sozialisten, die das Vertrauen in ihre eigene Kraft, die historische Rechtfertigung ihres Programms und die Arbeiterklasse verloren haben, gingen zur Vaterlandsverteidigung über, indem sie sich der Armee ihres bürgerlichen Staates anschloßen Sie beschützten den bürgerlichen Staat, den es niederzureißen gilt, mit ihrem Blut Andere „sozialistische“ und „revolutionäre“ Gruppen haben sich mit der FSA (Freie Syrische Armee, AntiAssad­Kräfte der syrischen Armee) verbündet, um zivilen Widerstand zu leisten

Immer wieder wird das „Argument“ wiederholt, dass mit dem Sieg des Assad­Regimes Frieden und Stabilität in der Region einziehen, der Krieg enden wird. Dieses Argument ist nichts weiter als ein liberales Geschwätz Es ist wahr, dass die Kämpfe mit dem vollständigen Sieg des Assad­Regimes für eine Weile aufhören könnten. Denn in seiner jetzigen Form hat der syrische Bürgerkrieg seine Grenzen erreicht und ist in ein langes, blutiges Patt übergegangen. Nach dem Sieg des Assad­Regimes wird die Anwendung der syrische Verfassung und der Wiederaufbauprozess des Regimes beginnen.

In diesem Prozess werden die Forderungen der Kurden; die Widersprüche zwischen der gegenwärtigen De­facto­Autonomie und dem aus dem Krieg siegreich hervorgegangenen Assad­Regime zum Angelpunkt werden In diesem Prozess möchte das Regime den Kurden möglicherweise keinen rechtlichen Status gewähren, was die Möglichkeit eines neuen Krieges in sich trägt Auch wenn dieses Problem ohne Krieg gelöst würde, der imperialistische Krieg im Nahen Osten schwelt weiter Die Arena des Nahen Ostens ist das größte Spannungsfeld der Welt und gleichzeitig ein Brennpunkt reaktionärer Bestrebungen und politischer Gelüste, geprägt durch nationale, religiöse und sektiererische Auseinandersetzungen.

Einerseits bleiben der US­ und der is­ raelische Imperialismus und das erweiterte Nahost Projekt seiner Verbündeten (z B Saudi Arabien) aufrecht Andererseits wollen in dieser Situation die Imperialismen Russlands und Chinas ebenfalls ihren Anteil am Nahen Osten sichern. Die Region wird also von zwei Seiten Ziel der Ausplünderung

Der Sieg des Assad­Regimes würde sich in die Ziele des russischen Imperialismus einfügen Syrien würde zum Hinterhof Russlands Der russische Imperialismus wird nicht zögern, Syrien für seine imperialistischen Ziele in der Region in Kriege aller Art zu verwickeln Kurz gesagt, die imperialistischen Säuberungen im Nahen Osten reißen die

Menschheit in einen neuen Weltkrieg

Unter diesen Bedingungen zu behaupten, dass die Verteidigung des künftigen Friedens und der Stabilität mit dem Sieg des Assad­Regimes erreicht würde, ist gleichbedeutend mit der Behauptung, dass die Bourgeoisie fähig ist, Frieden im Nahen Osten zu bringen, während tatsächlich die imperialistischen Kriegsglocken geläutet werden. Frieden im Nahen Osten ist nur durch proletarische Revolutionen und den Aufbau der Arbeiterräte im Nahen Osten möglich.

• Nein zum Krieg zwischen den Völkern und dem Frieden zwischen den Klassen!

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