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Dorfkneipe Hoeste in Ahaus-Wüllen
from gastrotel 3-4-2022
by GW VERLAG
Die Hoeste wurde auf Anhieb von den Gästen gut angenommen
Man bestellt und bezahlt über die QR-Codes auf den Tischen
Die Betreiber konzentrieren sich auf beliebte Getränke, dazu gibt‘s Pizza und Pasta von gegenüber
Ein Place to be nach der Pandemie
Ein Best-Practice-Beispiel aus dem Münsterland zeigt, was digitale Gastronomie in verlassenen Innenstädten schaffen kann. Von Marvin Liedmeyer
Seit über einem Jahr lag die Höstenpumpe, Restaurant und Dorfkneipe in Wüllen, einem Stadtteil der Digitalstadt Ahaus, verlassen da. Coronabedingt gab der ehemalige Betreiber den Betrieb auf, jetzt wurde er von zwei jungen Brüdern dank digitaler Unterstützung wieder zum Leben erweckt. Ende Juni 2022 eröffneten Ludwig (25) und Kilian (27) Groten die neue Hoeste mit erstmal 120 Sitzplätzen auf der Terrasse und einem Angebot an Getränken und Snacks. Ein echtes Speiseangebot gab es zum Start nicht, da die Innenräume noch renoviert wurden und für die Küche auch kein Personal zu finden war.
Bestellen, Musik hören und zahlen per Smartphone
Ohne Gastronomieerfahrung planten die Brüder, ihren neuen Betrieb so digital wie möglich aufzubauen. Um richtig effizient zu arbeiten und den Personaleinsatz auf ein Minimum zu beschränken, kam für Ludwig Groten nur der Einsatz von Self Ordering durch die Gäste in Frage. Da viele Ahauser Gastronomen (von Imbiss über Steakhaus bis zum Club) bereits die Software chayns für Bestell- und Bezahlprozesse (Selforder) nutzen, war es nur logisch, das bekannte System auch in der Hoeste einzuführen. Jetzt scannen die Gäste die QR-Codes auf den Tischen, bestellen über die digitale Speisekarte und bezahlen auch direkt per Smartphone. Bargeld gibt es in der Hoeste nicht. Selbst die Musik wird nicht über eine klassische Jukebox ausgewählt, sondern über einen Menüpunkt auf der Website. Die Gäste können sich mit ihren mobilen Endgeräten durch die vorher festgelegten Playlisten forsten und einen Song auf die Warteschlange setzen. Automatisch spielen die Musikboxen den gewünschten Song des Gastes, ohne dass sich jemand vordrängeln kann. Für die Songauswahl bezahlen muss man noch nicht, da es zu der guten Atmosphäre in der Hoeste beisteuert und auch die Schlager-Playlist nur zu einer bestimmten Zeit von Mitternacht bis zwei Uhr zur Verfügung steht. Durch die verschiedenen verschlankten Prozesse fallen viele Wege weg und der tägliche Betrieb ist mit nur einem Barkeeper unter der Woche und einem Barkeeper sowie einer Servicekraft am Wochenende möglich. Zum Glück, denn viel mehr Personal findet sich in diesem kleinen Stadtteil auch gar nicht.
Und was ist mit der Pizza?
Voraussetzungen, um die Hoeste so digital betreiben zu können, ist eine flächendeckende gute WLAN-Verbindung, ein Betriebssystem wie chayns, das die gesamte Zahlungsabwicklung und Kommunikation organisiert sowie zahlreiche Anwendungen bietet – und natürlich auch eine ganze Menge Mut, der sich direkt ausgezahlt hat. Direkt vom Start an wurde das Angebot gut angenommen, da die Gäste heutzutage ohnehin alles mit ihrem eigenen Smartphone machen. Warum dann nicht auch darüber bestellen oder die Musik auswählen, fragt Kilian Groten rhetorisch. Immer öfter fragten die Gäste aber auch nach einem echten Speiseangebot. Da kein
Koch zu finden war, suchten die Brüder nach einer Alternative und fanden sie in ihrem Self Order System und der Pizzeria von Gegenüber. Eine Auswahl an Pizzen wurde einfach in der digitalen Speisekarte ergänzt. Wenn jetzt in der Hoeste eine Pizza bestellt wird, landet die Bestellung auf dem Terminal der Pizzeria, wird zubereitet und über die Straße gebracht. Das geschieht ohne Plastiktüten und Pappkartons, direkt auf dem Teller. Eine Win-Win-Situation für Gäste, Pizzeria, Hoeste und die Umwelt.
Der Lieferant hat den Bluetooth-Schlüssel
Damit auch die Anlieferung von Getränken optimiert werden kann, wurde der lokale Getränkelieferant an das System gekoppelt. Denn nicht nur Self Order Prozesse lassen sich darüber abwickeln, sondern vieles mehr, unter anderem auch die Anbindung von Schließmechanismen und die damit verbundene Rechtevergabe. Diese Rechte bekommt der Lieferant für sein Smartphone, um dann die Bluetooth-Schlösser zu öffnen und den Nachschub ins Lager zu bringen. Das setzt natürlich Vertrauen voraus, führt aber dazu, dass beide Seiten von der Flexibilität profitieren. Ohne großen Aufwand und Investitionen haben die Brüder die Hoeste wieder zu einem Mittelpunkt der Wüllener Dorfgemeinschaft gemacht. Die Möglichkeiten der Plattform chayns unterstützen sie dabei, führen Getränke und Speiseangebote zusammen und erlauben einen wirtschaftlichen Betrieb auch in Zeiten von Personalknappheit. In der Zukunft soll auch noch mehr in Gebäudesteuerung investiert werden, sodass sich das gesamte Gebäude mit dem Smartphone ein- und ausschalten lässt und damit noch mehr Wege gespart werden.
PROFILE
• Die aufgegebene Dorfkneipe Höstenpumpe (Schankerlaubnis von 1820) wurde im Sommer 2022 von den Brüdern Ludwig und Kilian Groten übernommen • Sitzplätze: Knapp 200, davon über die Hälfte im provisorischen Biergarten • Der Betrieb läuft wochentags mit einem Barkeeper, am Wochenende mit Barkeeper plus
Servicekraft • Man setzt auf digitale Gastronomie: Getränke- und Essenbestellung, Bezahlen und weitere
Dienstleistungen laufen über das eigene Smartphone • Genutzt wird das Betriebssystem chayns von Tobit, einem in Ahaus ansässigen Software-
Unternehmen • Die Gäste bestellen Pizza, Döner und Pasta über chayns bei den Pizzerien Jeckys und Babas gegenüber, die Speisen werden ohne Verpackung über die Straße geliefert • Die große Küche der Dorfwirtschaft wird als Ghost Kitchen für ein Foodtruck-Unternehmen untervermietet und liefert ihre Speisen ebenfalls in die Hoeste • Beliebte Getränke: Pilsner Urquell, Berliner Luft, Sasse Kakao Nuss (regional), Lillet Wild Berry und „lange Getränke“ wie Sasse Korn-Cola und „Hoestensaft“ • Ab 22 Uhr wird automatisch eine neue Playlist eingeblendet: Die Gäste können sich dann mit ihren
Smartphones selbst Songs wünschen • www.hoeste-wuellen.de