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Getränkemarkt
by GW VERLAG
„Ein Kraftakt“
Im dritten Jahr der Corona-Pandemie wollen Brauer und Wirte nur noch eins: endlich ein normales Sommergeschäft. Doch so groß die Herausforderungen auch sein mögen – sie werden angenommen und gemeistert. Und neue Produkte gibt es obendrein zuhauf. Von Peter Erik Hillenbach
Birte Kleppien, Pressesprecherin der Radeberger Gruppe, antwortete auf meine Frage nach den Aussichten für das Gastgewerbe in diesem Jahr, 2022 sei mit „eingetrübten Aussichten“ gestartet. Sie beobachtete eine „deutlich spürbare Konsumzurückhaltung“ sowie angesichts der dauernd wechselnden Regelungen wie 3G, 2G oder 2G+ „Gästezahlen deutlich unter Vor-Krisen-Niveau“. Mit den Gastronomen litten die Brauer und mussten „den größten Absatzeinbruch in der Nachkriegszeit schlucken“. Dazu gesellten sich „massive Kostensteigerungen in allen Warengruppen wie Rohstoffe, Energie und Verpackungen, bei den Arbeitskosten durch Tarifabschlüsse sowie Preisexplosionen in der Logistik“. Unterm Strich also ein „Kraftakt, den die deutschen Brauer stemmen müssen“.
Das Statement aus dem Hause Radeberger spiegelt wider, was die von uns befragten Brauereien und Getränkehersteller im ersten Quartal des Jahres zur Lage auf dem Getränkemarkt zu sagen hatten. Drastischer formulierte es Michael Huber, Generalbevollmächtigter der Brauerei C. & A. Veltins: „Ein Jahr wie ein Erdbeben“ sei das vergangene gewesen, sagte er bei der Vorstellung der Jahresbilanz im Januar. Huber sagte harte Jahre der Konsolidierung voraus, „in denen es für viele um die Existenzfrage geht. Und auch die Gastronomie bedarf dringend einer Marktnormalisierung, um das Auf und Ab der Pandemiejahre mit geordneten Umsätzen hinter sich zu lassen.“
Verantwortung vom Acker bis ins Glas
Nachhaltigkeit. Darauf setzen eigentlich alle Unternehmen, wenig überraschend vor allem jene, deren Produkte die Verbraucher eh mit Begriffen wie „Heimat“ koppeln. So kann Josef Westermeier, Geschäftsführer Marketing und Vertrieb der Privatbrauerei Erdinger Weißbräu, aus voller Überzeugung argumentieren: „Regionalität gehört zu unserer DNA. Jedes Erdinger Weißbier kommt aus Erding, wird hier gebraut und hat damit auch garantiert die für ein Weißbier notwendige bayerische Heimat.“
Andere Anbieter lassen sich energiezertifizieren, schreiben sich Nachhaltigkeit in ihre Firmenregeln, pflanzen Bäume, setzen auf regionale Lieferketten. Bionade engagiert sich im Naturschutz und setzt sich für biologische Vielfalt ein, Radeberger baut den Callista-Hopfen für sein neues Radeberger Alkoholfrei mit echtem Pilsner-Geschmack bewusst im Elbe-Saale-Gebiet an.
Selbst ein globaler Player wie CocaCola setzt seit Jahren schon auf Regionalität und Nachhaltigkeit. Daniel Osterloh, Director Key Account Management AH-Markt, Coca-Cola Europacific Partners Deutschland: „Wir beobachten, dass sich Verbraucher verstärkt qualitativ hochwertige Getränke wünschen und sich immer öfter für die Glasflasche entscheiden. Beim Urlaubsziel fällt die Wahl häufiger auf heimische Regionen. In der Branche verstärkt sich der Trend zur Digitalisierung weiter. Diese Chancen möchten wir gemeinsam mit unseren Partnern in der Gastronomie und Hotellerie gezielt nutzen. Dafür haben wir unsere große Angebotsvielfalt mit einem Fokus auf Glasgebinde weiterentwickelt.“ Auf den Punkt bringt es Johannes Ehrnsperger, Inhaber und Geschäftsführer von Neumarker Lammsbräu: „Das allgemeine Bewusstsein für eine gesündere und nachhaltigere Ernährung hat auch im vergangenen Jahr weiter zugenommen. Immer mehr Menschen möchten wirkungsvollen Umweltschutz mit echtem Genuss verbinden. Als Bio-Pionier werden wir unser jahrzehntelanges Engagement für den ÖkoLandbau und damit für ein enkeltaugliches Wirtschaften konsequent fortsetzen. Unser Traditionsunternehmen übernimmt damit Verantwortung vom Acker bis ins Glas.“
Regionale Spezialität – oder alkoholfrei
Unter den zahlreichen Produktneuheiten fallen jene besonders auf, die strikt auf regionale Besonderheiten setzen – oder dem Zeitgeist entsprechend alkoholfrei sind. Oft genug sind es genau diese Biere, Limos oder Mixgetränke, die beim Gast einen Nerv treffen oder bei Awards besonders gut abschneiden. So wurde Beck’s Unfiltered aus dem Portfolio von Anheuser-Busch InBev in einer Verbraucherbefragung zum „Produkt des Jahres“ gekürt. Der gleiche Konzern launchte soeben mit Corona Cero eine alkoholfreie Variante des beliebten „mexikanischen“ Biers, das gern mit einer Limette im Flaschenhals getrunken wird.
Aus Köln meldete sich Thomas Deloy, Geschäftsleitung Marketing und PR der Privatbrauerei Gaffel, die das meiste Kölsch in der Gastronomie absetzt – der Rückgang beim Fassbier war daher zwangsläufig und die Absage des Sitzungs- und Straßenkarnevals „eine Katastrophe“. Deloy: „Gaffel Lemon haben wir letztes Jahr in der Dose eingeführt. Jetzt wird es das
WEB
nwww.ab-inbev.com n www.bionade.de n www.coca-cola-deutschland.de n www.erdinger.de n www.gaffel.de n www.karlsberg.de n www.krombacher.de n www.lammsbraeu.de n www.maisel.com n www.radeberger-gruppe.de n www.veltins.de n www.warsteiner.com
leichte Lemonbier mit zwei Volumenprozent Alkohol ab April in der Flasche geben. Hier rechnen wir auch mit einem Impuls für die Gastronomie. Gaffel Wiess, der unfiltrierte Vorläufer des Kölsch, entwickelt sich bestens, hat aber sein Potenzial in der Gastro bei Weitem nicht ausgereizt.“ Mit der DLG-Goldmedaille für Gaffel Lemon, dem Gaffel-Partyfässchen zu Karneval oder Plakataktionen mit FC-Köln-Trainer Steffen Baumgart weiß sich die Brauerei zudem nicht nur lokal immer wieder in den Medien zu behaupten.
Ebenso stark regional verankert sieht sich die in fünfter Generation familiengeführte Karlsberg Brauerei im saarländischen Homburg. Gerade deren Produkte in der Gastronomie wurden mit bedeutenden Preisen ausgezeichnet: Beim World Beer Award wurde das Karlsberg Kellerbier zum besten Lager der Welt gekürt, während die internationale Jury das Karlsberg Grapefruit alkoholfrei zum besten alkoholfreien Biermischgetränk der Welt ernannte.
Für die Brauerei Gebr. Maisel spricht Jeff Maisel wie folgt in Richtung Gastgewerbe: „Unsere Herkunft und Regionalität sind uns extrem wichtig, deshalb bauen wir unsere Brauerei zu einer Erlebnisdestination aus. Die Eröffnung des Liebesbier Urban Art Hotel ist der neueste Meilenstein. Mit unserem breiten Sortiment – alle auch als Fassbier erhältlich – bieten wir den Gastronomen und Hoteliers verschiedene traditionelle und moderne Bierspezialitäten an, die die Probierfreude der Gäste und deren Wunsch nach Vielfalt bedienen. Ob klassisches Weißbier Maisel’s Weisse, typisch bayerisches Bayreuther Hell, naturtrübfränkisches Aktien Zwick’l Kellerbier oder die Maisel & Friends Biere, die neugierige Bierliebhaber begeistern: Jeder Gastronom unterstreicht mit einer schönen Auswahl seine Bierkompetenz und begeistert damit seine Gäste.“
Vertraute Verwendungsanlässe
Auch für 2022 setzt Uwe Riehs, Geschäftsführer Marketing Krombacher Brauerei, auf „vertraute Verwendungsanlässe in der Gastronomie“. In diesem Jahr gibt es hier zunächst zwei Radler-Neuigkeiten: Krombacher Radler zuckerfrei und Krombacher NaturRadler. Damit baut Krombacher seine Kompetenz in diesem Segment aus, war man doch laut eigenen Angaben vor mehr als 20 Jahren erster nationaler Anbieter von Radler.
Mit 22 Sorten Bio-Bier und 13 Sorten BioLimonaden ist Bio-Pionier Neumarker Lammsbräu bestens in diesem Segment aufgestellt – auch in der Gastronomie. Neu in diesem Jahr: neben der Range der now light Bio-Limonaden sowie sechs neuen Sorten now Bio-Limonaden haben BioBauern, Händler, Gastronomen und Fans an der Entwicklung der limitierten Summer Edition now Fresh Berry mitgewirkt. Bei Bionade setzt man hingegen auf belebende Mate-Getränke und bietet den Partnern in der Gastronomie seit Februar Mate Pur und Mate Pfirsich auch in der 0,33-LiterLongneck-Flasche mit Kronkorken an.
„Pülleken boostert Veltins“, hieß es jüngst in der Fachpresse, und in der Tat ist die Neueinführung Helles Pülleken die erfolgreichste der Unternehmenshistorie. Neben Veltins Pils und der Erfolgsgeschichte Grevensteiner sorgte im vergangenen Sommer sicher auch der Neuling für den besten Juliausstoß der Brauereigeschichte und insgesamt für diese versöhnliche Jahresbilanz: „Mit Ausstoßzuwachs von 5,1 Prozent entzieht sich Brauerei C. & A. Veltins dem Abwärtssog der Brauwirtschaft“.
„Hell“ sieht auch die Warsteiner Brauerei ihre Zukunft: Mit dem Oberbräu Hell geht man ab Q1/22 deutschlandweit in Handel und Gastronomie an den Start – ein traditionsbewusstes Helles, das sich an die Freunde von süffig-milden Bieren richtet. Regional spricht Warsteiner mit dem Herforder Alkoholfrei ein stetig wachsendes Segment an – und setzt mit westfälischer Braukunst einmal mehr auf den gerade bei Bierliebhabern geschätzten Heimatbegriff.