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Hotel Reuner in Zossen

In der Region zuhause

Mit ihrer Küche der kurzen Wege versorgt Familie Reuner ihr Hotel und Restaurant im südlichen Berliner Speckgürtel mit Fleisch, Obst und Gemüse aus dem eigenen Garten. Das ist jedoch längst nicht alles, was dem Flair Hotel zum Thema Nachhaltigkeit einfällt. Mit Hotelier Daniel Reuner sprach Peter Erik Hillenbach

Hallo Herr Reuner, waren Sie heute schon in Ihrem Gemüsegarten? Was holen Sie denn im Spätherbst noch aus dem Beet? Täglich muss sich um den Garten gekümmert werden. Saisonal bedingt ist es im Frühling und Sommer sicherlich mehr, aber nur wer sein Feld, seinen Acker und die Gewächshäuser gut pflegt und vorbereitet, kann im nächsten Jahr wieder gute Ernte einfahren. Also nun wird vornehmlich gepflügt und das Feld vorbereitet, Samen getrocknet, um sie dann zu pikieren. Aktuell sind in der Miete eingelagert: Physalis, Rotkohl, Kohlrabi, Kürbisse, Sellerie, Zucchini und vom nahegelegenen Bauern Möhren und Kartoffeln.

Als Hotelier und Küchenchef stehen Sie für eine strikt regionale Küche, die in der Herbst- und Wintersaison auch heimische Wild-Schlemmereien einschließt. Würden Sie sagen, dass Ihr Restaurant mit diesem deutlichen Bekenntnis zu Produkten aus der Gegend ein sehr wichtiger Markenbotschafter für das gesamte Hotel ist?

Das Flair Hotel Reuner in Zossen aus der Luft: Links das Hotel von 1994, rechts der Neubau mit Photovoltaikanlage auf dem Dach

Unmittelbar hinter dem Hotel liegen die Gemüsegärten und Gewächshäuser, ferner die Areale für die Wildschafe sowie die Bienenstöcke

Uns sind die regionalen und saisonalen Produkte das wichtigste. Gern stehen wir für regionale Wertschöpfung. Unsere Familie betreibt das Hotel seit 1994 und hat es seitdem stetig erweitert. Hier in Zossen haben wir Wildschafe, Wollschweine, Hühner, Bienen und alle erdenklichen Gemüsesorten. Die Bienen liefern nicht nur Honig, sondern bestäuben unsere Felder und Obstbäume und sorgen so für höhere Erträge. Es kommt ausschließlich Regionales auf den Teller – und seien es Kartoffel-Möhren-Rösti aus dem Garten, mit ein bisschen Raffinesse angerichtet. Wir interpretieren auch Brandenburger Gerichte neu: Unser „Branden-Burger“ ist aus Rehragout, Preiselbeerrotkohl und Kartoffelkloß zusammengesetzt. Unsere ganze Familie arbeitet zusammen: Meine Mutter bäckt, mein Vater ist Jäger mit eigenem Revier, und mein Bruder betreibt den Gasthof Reuner eine halbe Stunde von hier – mit Hofladen, dem ehemaligen Konsum, wo er auch eigene Wurst herstellt. All diese Dinge kommunizieren wir auch aktiv auf unserer Webseite und in Imagefilmen.

Hotelier Daniel Reuner und seine Frau Silke führen ihr 1994 eröffnetes Hotel seit 2012 Flair Hotel Kooperation. Somit ist jedes Haus darum bemüht, mit all seinen Kräften seine jeweilige Heimatregion nachhaltig zu unterstützen. Unser Mehrwert ist der große, ehrliche Austausch untereinander. Entweder online oder persönlich.

Flair Hotels sind an ganz unterschiedlichen Standorten in ganz Deutschland und Österreich zuhause. Gibt es ein gemeinsames Regelwerk oder einen Kanon, an dem der Gast ein Flair Hotel erkennen kann? Sind zum Beispiel alle Häuser familiengeführt? Richtig. Uns alle in der Kooperation verbindet, dass wir familiengeführt sind. Unsere Häuser, ob im Norden, Süden oder Osten und Westen, repräsentieren immer ihren regionalen Standort. Es gibt gemeinsame Kriterien, die auch überprüft werden. Dazu gehören auch Merchandise-Artikel von Flair. Das Hotel sollte klar als ein Flair Hotel erkennbar sein. Das Logo sollte auf Homepage, Briefpapier, Visitenkarten, Reinigungsschildern, Desinfiziert-Schildern etc. gut sichtbar sein.

Das Restaurant kann sich aus eigener Zucht und Anbau weitgehend selbst versorgen. Gibt es weitere Bereiche, in denen Ihr Hotelbetrieb eine gewisse Unabhängigkeit von externen Anbietern erreichen konnte? Wir stehen für Nachhaltigkeit und Klimaneutralität. Wir sind zertifiziert von GreenSign mit dem Level 4. Deshalb sind wir auch seit vielen Jahren ein Referenzobjekt bei der DENA (Deutsche Energie-Agentur; d. Red.). Neben unserem Blockheizkraftwerk, welches Heizenergie zur Warmwasserproduktion umwandelt, haben wir eine große Photovoltaik-Anlage installiert. Sie besteht aus 96 Feldern und einem großen Industriespeicher. Wir haben eine digitale Heizungssteuerung, die mit unserem Hotelprogramm je nach Belegung die Zimmertemperatur steuert. Außerdem versorgen wir unseren Hotelbetrieb mit Erdwärme und haben mit unserem Energie-Scout so gut wie alle Lampen auf LED umgerüstet.

Sie sind 1. Vorsitzender der Flair Hotelkooperation. Die Flair Hotels zeichnet eine grüne Unternehmensphilosophie aus. An welchen Beispielen – auch aus anderen Häusern der Kooperation – könnten Sie das Bekenntnis zu Nachhaltigkeit, Klima- und Umweltschutz gut festmachen? „In den Regionen zuhause“, das ist unser Motto in der

FLAIR HOTELS Regionale Verbundenheit, Tierwohl, Verwendung von saisonalem Obst und Gemüse und die Implementierung regenerativer Energien in die Betriebe haben schon immer im Fokus der Flair Hoteliers gestanden. Die Häuser einer der größten Hotelkooperationen Deutschlands sind familiengeführt und das in der Regel seit Jahrzehnten. Weite Transportwege und Wegwerfmüll sind verpönt. Die Flair Häuser, die an attraktiven Standorten in ganz Deutschland und Österreich vertreten sind, setzen auf Bodenständigkeit, Holz und Materialien aus der Region, Produkte von den Landwirten nebenan, selbstgemachte Marmeladen, Kräuter und Gemüse aus dem Hotelgarten und vor allem auf Heimatverbundenheit. Die Mitarbeiter kommen meist aus demselben Dorf oder der Stadt und haben in der Regel kurze Wege zur Arbeit. Das Arbeitsklima ist herzlich und die Fluktuation gering, selbst jetzt in Zeiten der Pandemie. www.flairhotel.com/nachhaltige-flair-hotels Bleiben wir bei den Familien. Ihr eigener Standort im südlichen Berliner Speckgürtel macht das Hotel Reuner attraktiv für Geschäftsreisende. Für diese Klientel bieten Sie ja auch moderne Tagungstechnik an. Seit alle Welt coronabedingt nur noch zoomt, gibt es sicher auch bei Ihnen in Zossen Einbrüche in diesem Segment. Fangen Sie dies auf, indem Sie verstärkt auf Familien- und Freizeitangebote setzen? Unser Haus war durch den sehr guten Standort durchgehend für Geschäftsreisende attraktiv. Darüber sind wir auch sehr froh. Lediglich das Restaurant 1a war geschlossen. Touristische Übernachtungen waren viele Monate untersagt und demnach konnten wir da auch nicht mit Familien- und Freitzeitangeboten werben.

Sie sind Vizepräsident des DEHOGA Brandenburg. Auch dieser Verband klagt nach Corona vor allem über den Fachkräftemangel. Sie bilden ja selbst aus, sind gar ein ausgezeichneter TOP-Ausbildungsbetrieb der IHK Brandenburg. Wie sieht es in Ihrem eigenen Haus aus, bekommen Sie Nachwuchskräfte und konnten Sie Ihr Stammpersonal halten? Ja, wir freuen uns sehr, dass wir TOP-Ausbildungsbetrieb geworden sind. Aktuell haben wir sechs Auszubildende und drei Praktikanten. Es ist sicherlich

das schwierigste Thema in der Branche. Durchweg klagen alle Dienstleistungsbereiche in ganz Deutschland über Fachkräftemangel. Viele Betriebe wollen auch gar nicht mehr ausbilden, aber woher soll man sonst die Fachkräfte nehmen, wenn man selbst darin nicht fleißig war? Bei uns haben in diesen schwierigen Zeiten im Schuljahr 2020/21 zwei Auszubildende erfolgreich ihren Abschluss gemacht. Beide wurden von uns übernommen, nun ist eine noch in unserem Unternehmen. Bedauerlicherweise 50 Prozent Verlust.

Konkrete vertraute Punkte, etwa die regionale Küche („Brandenburger Gastlichkeit“), binden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter emotional leichter an ein Haus als abstrakte Ziele wie Nachhaltigkeit oder Klimaschutz. Wie beziehen Sie Ihre Leute ein, wie motivieren Sie sie? Einmal im Monat halten wir ein Meeting ab für alle. Dort werden alle aktuellen Themen besprochen. Auch zum Beispiel Bauprojekte wie bei der Photovoltaik-Anlage, was das bedeutet, wie wir alle davon profitieren, wenn der Strompreis nicht so hoch ist. Oder der Sensor für die Heizung, Wann wurde der eingebaut? Wie gehe ich bei der Zimmerkontrolle damit um? Themen wie diese vereinen alle.

Wie beziehen Sie auch Ihre Gäste in Ihr Engagement für Nachhaltigkeit, Klima- und Umweltschutz ein, wie nehmen Sie sie mit? Kommt das gut an? Vor allem beim Check In, Check Out und beim Verkauf von Produkten in einem netten Gespräch werden in Momenten, wo es passt, diese Themen mit angesprochen. Das ist immer ein gelungener Auftakt, denn die Gäste sind für Nachhaltigkeitsthemen und Klimaschutz sehr zu begeistern. Zusätzlich lässt sich bei einem geführten Rundgang durch unseren Garten und zu unseren Tieren ein Gespräch dazu führen.

PROFILE

nDas Hotel Reuner in Zossen südlich von Berlin ist familiengeführt und wurde 1994 eröffnet. Seit 2012 leitet es

Daniel Reuner n Drei Sterne Superior, 30 Zimmer in zwei Kategorien, überwiegend Geschäftsreisende n Mitglied der Flair Hotels, Green Chefs, TOP-Ausbildungsbetrieb,

DEHOGA-Gastgeber des Jahres 2022 „Brandenburger

Gastlichkeit“, dena-Modellbetrieb, GreenSign Level4-zertifiziert n 24 Mitarbeitende, davon sechs Auszubildende und drei

Praktikanten n Hotel und Restaurant 1a werden aus dem eigenen Garten versorgt: verschiedene Tiere, Obst und sehr viele Gemüsesorten n Mutter Reuner bäckt, Vater Reuner ist Jäger, Bruder Christian führt den Gasthof Reuner im nahen Baruth (Synergien zum

Beispiel durch Wildverwertung, Wurstwaren) n Nachhaltigkeit auch in der Technik: unter anderem BHKW,

Photovoltaik, LED-Beleuchtung n www.hotel-reuner.de/reuner/nachhaltigkeit/ n www.hotel-reuner.de/regionale-wertschoepfung/

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