Wittighäuser Hefte 22 - Frühgeschichte

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Frühgeschichte

Grabungsfunde aus der Gemeinde Wittighausen

WITTIGHÄUSER HEFTE 22



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HALLSTATTZEIT LATÈNEZEIT

12 ERNST WAHLE BADISCHE FUNDBERICHTE / 1925 16 KARTE DER FUNDSTELLEN 24 HOLGER BAITINGER DIE HALLSTATTZEIT IM NORDOSTEN BADEN-WÜRTTEMBERGS / 1999 29 WILFRIED BICKEL VIERECKSCHANZE BEI VILCHBAND / 1987

3 0 Impressum / Unterstützung

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GESCHICHTLICHER HINTERGRUND HALLSTATTZEIT

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Die Hallstattzeit ist eine Epoche (zwölftes bis viertes Jahrhundert v. Chr.) der älteren vorrömischen Eisenzeit in weiten Teilen Mitteleuropas, die vor allem durch eindrucksvolle Beigaben in den oftmals reich ausgestatteten Grabstätten dokumentiert ist. Der namengebender Fundplatz befindet sich oberhalb von Hallstatt am Hallstätter See in Österreich. Chronologie Nach einem von der Wissenschaft oft genutzten Schema werden die ausgehende Bronzezeit und die frühe Eisenzeit in vier Perioden eingeteilt: Hallstatt A–D. Davon gehören HaA (1200 1000 v. Chr.) und HaB (1000 bis 800 v. Chr.) zur bronzezeitlichen Urnenfelderkultur, HaC (800 bis 650 v. Chr.) und HaD (650 bis 450 v. Chr.) zur eisenzeitlichen Hallstattkultur. An die Hallstattzeit schloss sich die Latènezeit (Lt) an, die in die Perioden A–D unterteilt wird. Leittypen sind für HaC: Schwert Typ Mindelheim, Brillenfibeln, Harfenfibeln, Bogenfibeln und die Lanze; für HaD: Dolch und verschiedene Fibelformen. Auf Basis der sich rasch verändernden Fibelmode konnte HaD in drei Stufen unterteilt (D1–D3) werden. In HaD1 sind Kahn- und Schlangenfibeln vorherrschend, in HaD2 die Paukenfibel und in HaD3 die Doppelpauken- sowie Fußzierfibel. Der Übergang zur Latènezeit wird mit dem Auftreten von Tierfibeln, Certosafibeln (speziell ausgestalteter Fuß) und Marzabottofibeln (Merzabotto = Ortschaft in den italienischen Apenninen, etruskische Ausgrabungen) verknüpft.

Der namengebende Fundort Die Hallstattkultur steht üblicherweise für die Periode der älteren Eisenzeit. Am Salzberg bei Hallstatt wurde 1846 von Johann Georg Ramsauer ein ausgedehntes Gräberfeld entdeckt und teilweise ausgegraben. Dabei ließ er die Ausstattung jedes einzelnen Grabes durch vorzügliche Zeichnungen dokumentieren, eine Seltenheit in der Frühzeit der Archäologie. Das Gräberfeld liegt in einem Hochtal über dem Hallstätter See. In dem Gebiet findet man Siedlungsspuren, die bis ins Neolithikum zurückreichen. Die Hauptphase der Besiedlung reicht aber von HaC bis LtA. Danach scheint HalleinDürrnberg (bei Salzburg) die führende Position im Salzbergbau eingenommen zu haben. Das Gräberfeld umfasst über 1000 Gräber. 55 % davon sind Körpergräber, 46 % Brandgräber. Bei 26 % der Gräber handelt es sich um Waffengräber, die meistens am äußeren Rand des Gräberfeldes angelegt wurden, während sich die waffenlosen Gräber in der Mitte befinden. In Frauengräbern fand man Fibeln, Gürtel und Schmuck, in Männergräbern Nadeln und vor allem Waffen. Verbreitung und kulturelle Zuordnung Von Nordostfrankreich bis zum Nordwesten der Balkanhalbinsel hat man Überreste der Hallstatt-Kultur gefunden. Der Forscher Kossak teilte diesen Bereich 1959 in einen westlichen und einen östlichen Kreis. Der Westhallstattkreis umfasst NO-Frankreich, Süddeutschland, das Mittelrheingebiet, Böhmen und Oberösterreich;


zum Osthallstattkreis zählen Mähren, Niederösterreich, die Steiermark, das westliche Ungarn, Slowenien und das nördliche Kroatien. Diese Zuordnung erfolgte nicht auf Grund verschiedener Sprachen oder Dialekte, da diese nicht überliefert sind, sondern basiert auf den speziellen Ausformungen der materiellen Kultur und den Bestattungsbräuchen. Wurden im Westen wichtige Persönlichkeiten mit Schwert (HaC) oder Dolch (HaD) bestattet, gab man ihnen im Osten eine Streitaxt mit ins Grab. Im Westen gibt es reiche Wagengräber, während der Krieger im Osten mit seiner kompletten Bewaffnung, inklusive Helm, Brustpanzer etc., beerdigt wurde. Da keine Schriftzeugnisse überliefert sind, ist unbekannt, welche Sprache die Hersteller der charakteristischen materiellen Kultur sprachen. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden die Kulturen in der Region des Caput Adriae (oberes Ende der Adria) mit den Illyrern gleichgesetzt, inzwischen ordnet man die Osthallstattkultur oft den Kelten zu. Ob eine Gleichsetzung von materieller Kultur, Sprache oder gar biologischer Abstammung möglich ist, gilt inzwischen jedoch als fraglich. Sozialstruktur In dieser Zeit lässt sich eine deutliche Hierarchisierung der Gesellschaft feststellen, die sich besonders in reich ausgestatteten Bestattungen unter Grabhügeln, wie etwa dem Grab von Hochdorf an der Enz (Baden-Württemberg) teilweise mit der Beigabe von Wagen und Pferdegeschirr (Wagengrab) niederschlug. Das größte mitteleuropäische Hügelgrab dieser Zeit ist der Magda-

lenenberg in Villingen. Im 8. Jahrhundert v. Chr. wurde auch in Mitteleuropa Eisen verwendet. Das alte Fernhandelssystem für Kupfer und Zinn brach zusammen. Es bildeten sich neue Verkehrswege mit neuen Handelsstationen. Durch den Handel mit Eisen entstand eine neue Oberschicht, die ihren erwirtschafteten Reichtum in mediterrane Importe und „Fürstensitze“ (v. a. in Baden-Württemberg, der Schweiz und Ostfrankreich) investierte. Statt der in der Bronzezeit üblichen Großsiedlungen entstanden vor allem in Bayern nun Einzelhöfe. Diese Herrenhöfe signalisierten einen neuen Anspruch auf Eigentum und das Bedürfnis nach Abgrenzung und Repräsentation. Der Bestattungsritus änderte sich von den einheitlichen Urnenbestattungen der späten Bronzezeit zu teils pompösen Gräbern. Auch hier machte sich mit prunkvoll ausgestatteten Großgrabhügeln ein Repräsentationsbedürfnis bemerkbar. Diese Hügel dienten einer, selten mehreren Generationen als Grabstätte.

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GESCHICHTLICHER HINTERGRUND LATÈNEZEIT

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Die Latènezeit ist eine Epoche (fünftes bis erstes Jahrhundert v. Chr.) der jüngeren vorrömischen Eisenzeit in weiten Teilen Mitteleuropas. Der Begriff umfasst alle Materialgruppen dieser Zeit nördlich der antiken Welt. Dagegen hat die Bezeichnung Latènekultur die archäologischen Hinterlassenschaften der Kelten zum Inhalt. Namengebender Fundplatz war La Tène am Neuenburgersee in der Schweiz.

Gliederung und Entwicklung Eine erste Chronologie erarbeitete der Archäologe Otto Tischler im Jahre 1885 anhand typologischer Reihen von Fibeln und Schwertern. Seitdem erfolgt eine Einteilung in vier Abschnitte: FRÜHLATÈNE A

ca. 480 v. Chr. - ca. 380 v. Chr.

FRÜHLATÈNE B

ca. 380 v. Chr. - 280 v. Chr.

Entstehung, Datierung und Verbreitung

MITTELLATÈNE C

Die Latènekultur entwickelte sich unter mediterranem Einfluss zu Beginn des 5. Jahrhunderts v. Chr. aus der nordwestalpinen Hallstattkultur zu einer eigenständigen Kunst- und Kulturform. Diese war etwa zwischen 480 v. Chr. und 40 v. Chr. in Frankreich, der nordalpinen Schweiz, Süddeutschland bis zu den Mittelgebirgen, Österreich, Tschechien und Teilen Ungarns verbreitet. Die Genese der Latènezivilisation vollzog sich im so genannten „Westhallstattkreis“. Typische Gegenstände der Latènekultur, besonders aus Metall und Nachahmungen wurden vielfach auch in Norddeutschland, Polen, Skandinavien, Großbritannien und bis auf den Balkan gefunden. Sie sind für die Chronologie der Eisenzeit in diesen Regionen wichtig. Deshalb wird auch dort von Latènezeit gesprochen, obwohl die Latènekultur nicht bis in diese Regionen reichte. Träger der Latènekultur sind die seit dem 5. Jahrhundert v. Chr. in griechischen, später auch in römischen Quellen genannten Kelten. Zu den Besonderheiten der Kultur gehört Schmuck aus Glas wie Glasarmringe, Fingerringe und Ringperlen.

SPÄTLATÈNE D

280 v. Chr. bis 190 v. Chr. (regional bis ca. 150 v. Chr.) 190 v. Chr. bis um Christi Geburt

Latènekultur, Kelten und antike Überlieferung Die Späthallstattkultur und die Latènekultur gelten vor allem aufgrund antiker Textquellen als „keltisch“. Der Grieche Herodot schrieb im 5. Jahrhundert vor Christus über „Kelten“ an den Quellen der Donau. Ob es sich hierbei um die eisenzeitliche Heuneburg handelt, ist nicht abschließend geklärt. Zugleich erwähnte er auch Kelten jenseits der Meerenge von Gibraltar. Ob sich die Träger der Späthallstattkultur bzw. der Latènekultur selbst als ein Volk verstanden, ist sehr fraglich. Auch der Begriff „Kelten“, gr. keltoi, stammt höchstwahrscheinlich nicht von den so Bezeichneten selbst. Ob die damaligen Sprachgrenzen mit den Kulturgrenzen deckungsgleich waren, können wir mangels datierbarer Sprachzeugnisse der Späthallstatt- und Frühlatènezeit nicht wissen.


Von römischen Autoren wurden die Kelten als „Galli“, Gallier, bezeichnet. Dieser Name wird heute in Frankreich für die dortigen Träger der Latènekultur verwandt. Die Römer trafen in Gallien seit dem 2. Jahrhundert v. Chr. auf Kelten. Die anschließenden Kämpfe im Gallischen Krieg zogen sich bis zur Schlacht bei Alesia im Jahr 52 v. Chr. hin. Sie wurden von Gaius Julius Caesar in seinem Werk De bello Gallico ausführlich beschrieben, das die wichtigste schriftliche Quelle zur (Spät)latènekultur darstellt. Im Südosten Britanniens ist zum Ende der Eisenzeit der Einfluss der Latènekultur vom Festland her nachweisbar (Aylesford-Swarlington). Nach schriftlichen Quellen waren hier Belger aus Nordfrankreich eingewandert. Der Rest der britannischen Inseln ist archäologisch nicht zur Latènekultur zu zählen. Besser lassen sich Kelten dagegen weiter südlich nachweisen. Die Bevölkerung der Alpen war mit Ausnahme einiger Täler im Wallis und in den Ostalpen (östlich und südlich der Adula-Gruppe d.h. des Gotthardmassivs) weitgehend keltisch. Den größten Teil davon machten die Helvetier aus, deren Teilstamm der Tiguriner im Zuge des Einfalls der Kimbern und Teutonen einer römischen Armee um 107 v. Chr. bei Agen eine schmähliche Niederlage beigebracht hatte. Infolge der von Norden eindringenden Germanen versuchten die Helvetier unter Führung von Divico im Jahr 58 v. Chr. laut Caesar (De bello Gallico) durch das Rhônetal nach Süden auszuwandern, wurden in der Schlacht bei Bibracte jedoch von ihm besiegt und als Puffer zu den von Norden nachrückenden Germanen in die verlassene Heimat zurückgeschickt. Dabei wurde nur ein Teil der nach Cäsar zwölf großen vor dem

Auszug eingeäscherten Oppida wieder aufgebaut. Die Helvetier wurden dann relativ rasch romanisiert, doch ist deren Präsenz zumindest noch im 1. Jahrhundert in verschiedenen Eigen- und Ortsnamen sowie Heiligtümern gesichert. Frühlatène Innerhalb der späten Hallstattkultur sind nördlich der Alpen immer häufiger griechische und etruskische Importe festzustellen. Während der Späthallstattzeit sind dies auf die sehr reich ausgestatteten sogenannten Fürstengräber beschränkt. In der Frühlatènezeit werden die mediterranen Vorbilder zusätzlich nachgeahmt und daraus ein eigenständiger Kunststil entwickelt. Importe aus dem Mittelmeerraum und Gegenstände des neuen künstlerischen Stils finden sich nun zunehmend auch in weniger reich ausgestatteten Gräbern. Als Leitobjekt der Stufe Laténe A gilt besonders die Marzabottofibel. Kernbereiche dieser Kulturentwicklung sind besonders die Regionen am Nordwestrand der Hallstattkultur, wobei die Hunsrück-Eifel- und Marne-Mosel-Region sowie im Osten der Fundort Dürrnberg (Österreich) durch herausragende Bestattungen auffallen. In diesen drei Regionen ist die Frühlatènekultur anhand von reich ausgestatteten Gräbern und anderen Fundstellen des 5. und 4. Jahrhunderts v. Chr. besonders deutlich fassbar. In der zweiten Hälfte der Frühlatènezeit setzen große Wanderungsbewegungen ein. Diese Keltenzüge sind von römischen und griechischen Autoren erwähnt und beschrieben worden. So zogen Kelten nach Norditalien, siedelten sich in der Po-Ebene an und plünderten 387 v. Chr. Rom.

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Keltischer Hornhelm aus Bronze, etwa 150 - 50 v. Chr.

Mittellatène

– aus einer Grabung an der Themse im Stadtgebiet von London – Britisches Museum London

Während des 3. Jahrhunderts v. Chr. erreichen die keltischen Wanderungen das Donaubecken, Makedonien, Griechenland und Kleinasien. Für 281 v. Chr. sind militärische Erfolge der Kelten in Makedonien belegt. Gegen Ende der Frühlatènezeit werden die Bestattungen unter Hügeln durch Flachgräber abgelöst. Reich ausgestattete Gräber fehlen in der Mittellatènezeit weitgehend. Während der mittleren Latènezeit kommt es zu ersten Ansätzen einer Geldwirtschaft. Die Mehrheit der keltischen Münzen sind Nachahmungen griechischer und römischer Prägungen. Zugleich entstehen erste stadtähnliche, befestigte Siedlungen (oppida). Spätlatène In der Spätlatènezeit wird weiterhin in Flachgräbern bestattet. Gegen Ende dieser Epoche begegnen wir nun wiederum sehr reich ausge-

statteten Gräbern mit römischen Beigaben. Kennzeichnend für den letzten Abschnitt der Latènezeit sind die oppida. Aufgrund ihrer mit großem Aufwand errichteten Befestigungen, ihrer Größe und der teilweisen Erkennbarkeit von Handwerkervierteln werden diese Siedlungen als zumindest protourban eingestuft. In weiten Teilen des nordalpinen Verbreitungsgebietes gab es während der Spätlatènezeit sogenannte Viereckschanzen, rechtwinklige, mit Gräben und Palisaden umhegte Anlagen. Diese galten lange Zeit als Heiligtümer. Seit den 1990er Jahren werden auch wieder andere Funktionen wie die als landwirtschaftliche Gehöfte diskutiert. Spätestens in der zweiten Hälfte des 1. Jahrhundert v. Chr. scheinen die Fundplätze der Spätlatènekultur in Mittel- und Süddeutschland auszulaufen. Dies wird häufig mit den nach Süden vordringenden Germanen erklärt, wobei diese Frage archäologisch noch nicht geklärt ist. In Frankreich, aber auch im pannonischen Raum, insbesondere südlich des zu Budapest gehörenden Gellértberges, der das Oppidum der spätkeltischen Eravisker trug, bestanden die Fundplätze dagegen weiter. Dort konnten sich keltische Töpfertraditionen noch bis in das 2. Jahrhundert n. Chr. halten. Der von den Römern wahrscheinlich Mons Teutanus genannte Gellértberg blieb bis nach der Mitte des 3. Jahrhunderts von diesem Volk bewohnt. Es kann festgehalten werden, dass einige wichtige Zentren und Gebiete der Latènekultur nach der Eroberung stark römisch geprägte Mischkulturen ausbildeten bzw. den Grundstock einer individuellen provinzialrömische Kultur legten.


Siedlungen Innerhalb der Latènekultur lassen sich im Wesentlichen drei Siedlungsformen unterscheiden: befestigte Höhensiedlungen, die vor allem in der Frühlatènezeit bestanden, deutlich größere, stadtähnliche, befestigte Oppida, die vor allem aus der Spätlatènezeit bekannt sind und vor allem die große Zahl kleinerer, unbefestigter Siedlungen. Als seltene Siedlungsformen kommen große bäuerliche Siedlungen und einzelne Handwerkersiedlungen hinzu. Die latènezeitlichen Bauten bestanden wie beinahe alle der Vorgeschichte aus Holz. Es handelte sich ganz überwiegend um Pfostenbauten, d.h. die tragenden Holzpfosten wurden in regelmäßiger, rechteckiger Anordnung in den Boden eingegraben. Der Innenraum war durch die Pfosten oft in zwei oder drei Schiffe gegliedert. Aus Spanien sind auch runde Bauten bekannt. Die Wände wurden in der Regel aus zwischen den Pfosten verflochtenen Zweigen hergestellt und mit Lehm verstrichen. Aus einer Reihe von Siedlungen ist weißer Kalkverputz belegt, vereinzelt gibt es auch Hinweise auf farbige Bemalung. Neben Wohnhäusern, in denen gelegentlich auch noch Herde zum Kochen, Backen und Heizen nachgewiesen wurden, sind Grubenhäuser bekannt. Diese nur wenige Quadratmeter großen, zum guten Teil in den Boden eingegrabenen Bauten wurden vermutlich vor allem als Werkstätten genutzt, darauf weisen Webgewichte

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und Spinnwirtel für die Textilherstellung hin, die in vielen Grubenhäusern entdeckt wurden. Kleine Gebäude mit nur vier oder sechs Pfosten werden als Getreidespeicher gedeutet. In den ländlichen Siedlungen sind oft mehrere kleinere um eine größeres, mehrschiffiges Gebäude angeordnet. Offenbar handelt es dabei um Gehöfte mit je einem Wohnhaus und mehreren Scheunen, Werkstätten, Speichern und anderen Nebengebäuden. Solche Gehöfte konnten von Zäunen umgeben sein. Teilweise aufwendiger befestigt sind die sogenannten fermes indigènes, einzeln liegende Gehöfte, bei denen deutlich mehr Fläche von einem Zaun, einem Graben oder beidem umgeben war, als für die Gebäude erforderlich gewesen wäre. Solche Anlagen sind aus weiten Teilen Frankreichs bekannt. In Deutschland werden vergleichbare Anlagen als „Herrenhöfe“ bezeichnet, traten aber ganz überwiegend in der vorangegangenen Hallstattzeit auf und bestanden nur teilweise bis in die Frülatènezeit weiter.

Keltisches „Lebensbild“ aus der Latènezeit, etwa 100 v. Chr. – Ausgrabung Novartis Camp – Archäologische Bodenforschung des Kantons BaselStadt in der Schweiz


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Rekonstruktionszeichnung der Grablegung eines keltischen Kriegers (Fürstengrab aus dem 5. Jahrhundert v. Chr.) vom Glauberg, am Ostrand der Wetterau in Hessen – eine der bedeutendsten Fundstellen in Deutschland – Grabungen erfolgten von 1994 bis 1997

Beide Siedlungsformen gelten als Wohnsitze regionaler Führungsschichten. Die vor allem frühlatènezeitlichen Höhensiedlungen waren durch eine Holz-Erde- oder Holz-Stein-Erde-Mauer befestigt. Sie bestanden aus übereinander liegenden, längs und quer verlaufenden Stämmen, die rechteckige Kästen bildeten. In diese Kästen waren, offenbar abhängig davon, was in der Umgebung zur Verfügung stand, Steine oder Erde gefüllt worden. Die oppida waren dagegen in der Regel durch die von Caesar beschriebenen murus gallicus oder Pfostenschlitzmauern geschützt. Die murus gallicus ist durch horizontale Stämme gekennzeichnet, die durch lange Eisennägel verbunden waren und besaß eine Steinfassade, in der die Balkenköpfe sichtbar waren. Sie wurden vor allem in Westeuropa gebaut. Pfostenschlitzmauern hatten demgegenüber eine eher östliche Verbreitung und wiesen senkrechte Pfosten mit langen, waagerechten Ankerbalken sowie ebenfalls eine Steinfassade auf. In beiden Fällen waren die Zwischenräume zwischen den Hölzern mit Steinen und Erde verfüllt. Gräberfelder Bestattungen sind eine der wichtigsten Quellen zur Latènekultur. Zahlreiche Bestandteile einer Bestattung hinterlassen aber keine materiellen Spuren im Boden. Archäologisch sind deshalb nur die Grabstätten selbst zu erforschen. Diese werden sehr häufig auch für umfassende Fragen wie zur sozialen Ordnung, religiösen Vorstellungen oder Geschlechterverhältnisse herangezogen.

Während der Frühlatènezeit A wird ein Teil der Verstorbenen unter Grabhügeln beigesetzt. Dies geschieht zum Teil in Holzkammern und in aller Regel mit unterschiedlichen Beigaben. Am häufigsten sind hier Keramikgefäße; aber auch Bronzegeschirr und Wagen werden gelegentlich mitgegeben. Hinzu kommen oft Teile der persönlichen, am Körper getragenen Ausstattung wie Fibeln, Gürtel, Schmuck oder Waffen. Teilweise werden auch Werkzeuge und Nahrungsmittel mitgegeben. Die Bestattung in Hügeln erfolgt überwiegend als Körpergrab. Weitere Gräber in Form von Brand- oder Körperbestattungen werden als Nachbestattungen in bestehenden Hügeln angelegt, noch andere als Urnen- oder Brandschüttungsgräber am Rand oder im direkten Umfeld der Hügel. Schon in der Stufe Latène B laufen die sehr reich ausgestatteten Gräber aus. Nun werden überwiegend Flachgräber mit Körperbestattungen und bescheideneren Beigaben angelegt. Während der Mittellatènekultur sind Flachgräber mit Brandbestattungen die Regel. Sehr reiche Gräber wie in der Frühlatènezeit fehlen. In der Spätlatènezeit ist die Zahl der Gräberfelder in einigen Regionen auffallend gering. Möglicherweise werden hier die Toten auf eine Art und Weise bestattet, die keine Spuren im Boden hinterlässt. In anderen Regionen wie Gallien werden dagegen weiterhin Flachgräberfelder


angelegt. Gegen Ende der Spätlatènezeit kommt es in einigen Regionen auch wieder zu ausgesprochen reich ausgestatteten Gräbern. Gesellschaft Für die Spätlatènezeit liegt mit Caesars „Gallischem Krieg“ eine wichtige schriftliche Quelle zur sozialen Ordnung innerhalb der Latènekultur vor. Für die vorhergehenden Epochen und die Spätlatènekultur außerhalb Galliens können nur aus archäologischen Untersuchungen Schlüsse gezogen werden. Diese beruhen ganz überwiegend auf Grabbefunden, aber auch die Entwicklung der Siedlungsformen im Laufe der Latènezeit bietet einige Hinweise. Aus einer Reihe sehr reich ausgestatteter, sogenannter „Fürstengräber“ und zahlreichen aufwändig befestigten Höhensiedlungen wird von vielen Archäologen für die Frühlatènezeit der Schluss gezogen, es habe eine starke soziale Gliederung bestanden mit einer kleinen Zahl von „Fürsten“ an der Spitze. Diese hätten Bauern und Handwerker ihres Territoriums ebenso kontrolliert wie den Fernhandel. Sie seien in der Lage gewesen, ihre Macht an ihre Nachkommen zu vererben und hätten mit Hilfe importierter Luxusgegenstände den Lebensstil der etruskischen und griechischen Oberschicht kopiert. Andere Forscher sehen hinter den Prunkgräbern eher Adelige oder Häuptlinge mit nur temporärer Macht und begrenzter Kontrolle über Personen und Territorium. Das fast vollständige Verschwinden von sehr reichen Gräbern in der Mittellatènezeit kann als Beleg für eine größere soziale Gleichheit gedeu-

tet werden. Aber auch veränderte religiöse Vorstellungen und dadurch geänderte Bestattungsbräuche können diese Entwicklung verursacht haben. Caesar nennt innerhalb der gallischen Gesellschaft drei soziale Gruppen: Druiden, „Ritter“ und die breite Bevölkerung, die fast wie Sklaven behandelt werde. Er benennt auch verschiedene Adelige und Anführer, die über eine Gefolgschaft verfügten, Heiratsallianzen schlossen und im Krieg als Anführer fungierten. In Noricum entstand bereits um 170 v. Chr. aus einer Adelsherrschaft eine Monarchie. Die Druiden hatten nach Caesar Aufgaben als Priester, Richter und Lehrer. Funde von Fußketten deuten darauf hin, dass es Sklaverei gab, was auch von Caesar erwähnt wurde. Kunststile Ein wichtiges Definitionskriterium und Merkmal der Latènekultur ist die reiche ornamentale, teilweise auch figürliche Verzierung von Schmuck, Waffen und Gefäßen aus Metall. Hinzu kommen einzelne Steinstelen. Die Definition und Untergliederung von vier aufeinanderfolgenden Kunststilen der Latènekultur geht auf den Archäologen Paul Jacobsthal zurück, der 1944 die grundlegende Arbeit dazu publizierte. Er beschrieb die Übernahme und Umwandlung griechischer/ etruskischer Motive, pflanzliche Ornamentik, Tier- und Maskendarstellungen sowie Zirkelornamentik als wichtigste Merkmale „keltischer“ Kunst.

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ERNST WAHLE BADISCHE FUNDBERICHTE / 1925

Dr. Ernst Wahle, Professor für Ur- und Frühgeschichte an der Universität in Heidelberg, veröffentlichte in den „Badischen Fundberichten“ zeitgenössische Erkenntnisse der vor- und frühgeschichtlichen Forschung. Das erste Nachrichtenblatt erschien 1925 und beinhaltete neben Berichten aus Pforzheim und Lichtenau auch ausführliche Beschreibungen der Grabfunde in Wittighausen.

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Dr. Ernst Wahle, geboren am 25. Mai 1889

Grabhügelfund der Hallstattzeit in Oberwittighausen im Jahr 1911

in Magdeburg; gestorben am 21. Januar 1981 in Heidelberg Studium in Halle, Berlin und Heidelberg; Promotion 1913; von 1919 bis 1921 in der vorgeschichtlichen Sammlung am Städtischen Museum Heidelberg tätig; seit seiner Habilitation 1920 vertrat er bis zur Emeritierung 1957 die Ur- und Frühgeschichte an der Universität Heidelberg; seit 1934 Mitarbeit in der Sparte für deutsche Vorgeschichte des Kampfbunds für deutsche Kultur; 1933 trat er dem NS-Lehrerbund und 1937 der NSDAP bei; nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde er zunächst entlassen, erhielt aber bereits 1946 das Lehramt zurück

In dem Bezirk WINNE (auch IN DEN WINDEN benannt) des Waldes von Oberwittighausen befindet sich eine Gruppe von acht Grabhügeln. Sie ist bei E. Wagner (Fundstätten und Funde in Baden, II, 1911, Seite 458) kurz genannt; doch ist die dortige Angabe, dass sie im Walde „Zollstock“ liegen, nicht richtig. Vielmehr befindet sich in diesem letzteren Waldbezirk eine weitere, aber kleinere Gruppe von an Umfang geringeren Hügeln. Der Hügel 7 im Walde WINNE ist etwa 130 cm hoch und besteht aus Erde und Steinen. Er trägt die Spuren einer stattgehabten Ausgrabung in Gestalt eines schmalen Grabens, der, von dem Rande des Hügels herkommend, sich in seiner Mitte zu einem noch einen Meter tiefen Kessel erweitert. Er liegt auf dem Waldgrundstück des Herrn Gemeinderat Eck in Poppenhausen. Dieser öffnete den Hügel zusammen mit einem Bruder vor Jahren und hinterließ dabei die heute noch sichtbaren eben genannten Spuren. Die durch Jahre hindurch in Privatbesitz verbliebenen Funde befinden sich jetzt als Geschenk ihrer Finder im Heimatmuseum in Tauberbischofsheim.

An Fundstücken liegt folgendes vor (Abbildungen auf den Seiten 13 und 14): 1 Zwei in der Form einander ganz gleiche Fußringe aus etwa einem Millimeter starkem, nach außen gewölbtem Bronzeblech. Ihre Verzierungen sind als einen Millimeter breite Rillen ausgeführt; sie entsprechen einander genau hinsichtlich ihrer Anordnung auf den beiden Stücken. Der eine Ring ist fast vollständig erhalten, von dem anderen liegen noch drei Viertel in Gestalt dreier großer und eines kleinen Bruchstücks vor. 2 Ohrschmuck in Gestalt zweier einander ganz gleicher Hohlringe. Der eine ist leidlich gut erhalten, der andere nur sehr unvollständig, offenbar infolge der geringen Widerstandsfähigkeit des nur ganz dünnen, bronzenen Bleches. Auf der Mitte der Innenseite läuft eine Fuge geradlinig entlang. Das (abgebrochene) Ende bei a ist drahtförmig. Es besteht die Möglichkeit, dass zwei Stückchen dünnen Bronzedrahtes – ein nur schwach gebogenes von 12 Millimeter Länge und ein zweites halbkreisförmig gebogenes von 13 Millimeter Durchmesser – an das drahtförmige Ende des Ringes bei a gehören. Ihre Dicke und der Grad ihrer Biegung sprechen dafür, doch sind die Bruchstellen zu klein, als dass man sie mit Sicherheit aneinander passen könnte. 3 Bronzene, massive Fibel. In zwei aneinander passende Teile gebrochen. Die Achse der Spirale ist aus Eisendraht; die Nadel fehlt. An den Stellen a - d sind Aussparungen in der Bronze vorhanden, welche bei a, b und c eine feste, weiße Masse mit glattgestrichener Oberfläche als Füllung aufweisen. Bei d kann die Aussparung


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Grabbeigaben im Hügel 7, Nummern 1- 4,

a

Gebiet IN DEN WINDEN in Oberwittighausen: 1 Fußring 2 Ohrschmuck 3 bronzene, massive Fibel 4 Bernsteinring (alle Zeichnungen von Ernst Wahle) ©

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b

a d

c

3 e

Universitätsbibliothek Heidelberg

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Grabbeigaben im Hügel 7,

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Nummern 5 - 8, Gebiet IN DEN WINDEN in Oberwittighausen: 5 großes Gefäßbruchstück 6 kleiner Randscherben 7 Gefäßbruchstück 8 Gefäß

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genau studiert werden, weil hier die Füllmasse herausgefallen ist. Da, wo sie noch vorhanden, macht sie den Eindruck, als habe sie sich im Laufe der Zeit etwas zusammengezogen. (In der Zeichnung, welche die Fibel in der Aufsicht veranschaulicht, ist die Füllung c versehentlich weggelassen worden). 4 Zwei Ringe aus Bernstein, scharfkantig geschliffen, mit kreisrunder, zylindrischer Durchbohrung. In der Größe etwas voneinander verschieden: 27 und 31 Millimeter beträgt der größte Durchmesser. 5 Großes Gefäßbruchstück. Wandung dick und stark mit Quarzkörnern durchsetzt. Der obere Teil der Außenwand bis drei Zentimeter unter der auf der Schulter herumlaufenden Tupfenleiste ge-

glättet, von da ab die Außenhaut gerauht. Rand und Hals scharf profiliert. Größter Durchmesser des Gefäßes ehemals etwa 480 Millimeter. Farbe braun schattiert. 6 Ein kleiner Randscherben, sauber geglättet, braun schattiert; Größe des Randdurchmessers nicht mehr festsstellbar. 7 Ein Gefäßbruchstück, in der Machart Nummer 5 sehr ähnlich. Von einem wesentlich schlankeren Gefäß, dessen Maße infolge der Kleinheit des Scherbens auch nicht annähernd mehr erschlossen werden können. Mit kräftiger aufgesetztzer Tonleiste, welche durch tiefe, senkrechte Einschnitte gegliedert wird; darunter die Außenwand gerauht, darüber geglättet. Braun schattiert.


8 Ein fast vollständiges, noch in einem Stück erhaltenes Gefäß. Sehr unregelmäßig aus freier Hand geformt, ohne Standfläche. Farbe braun schattiert (zumeist schwärzlich braun). Ferner ist noch eine Anzahl menschlicher Knochen vorhanden, welche allem Anschein nach nicht von mehreren Individuen stammen. Über die Fundumstände aller genannten Stücke sind keine Notizen gemacht worden. Sie haben sämtlich nahe beieinander in der Mitte des Hügels gelegen, entweder auf dem gewachsenen Boden oder wenig über ihm. Ein menschliches Skelett in ungestörter Lage wurde nicht angetroffen, vielmehr lagen die Knochen nach Angabe von Herrn Eck wirr durcheinander. Auch wird darauf aufmerksam gemacht, dass der Hügel die Spuren einer bereits einmal stattgefundenen Öffnung äußerlich zu erkennen gab. Die Zusammensetzung des Fundes machte es sehr wahrscheinlich, dass bei der Grabung nur eine Bestattung angetroffen wurde. Sie nahm die Mitte des Hügels ein. Ob sie vollständig gehoben wurde oder nicht, muss dahingestellt bleiben. Eine später einmal vorzunehmende Nachuntersuchung wird neben dem Studium des Steinaufbaues des Hügels auch die Frage beantworten müssen, ob noch weitere Bestattungen in dem Hügel stattgefunden haben. Die Form der Beigaben verweist das Grab in die Hallstattzeit. Die eingehendere Besprechung der Fundstücke und ihre genauere zeitliche Festlegung soll erst dann erfolgen, wenn in diesen Blättern weiterer Fundstoff vorgelegt worden ist.

Grabfund der frühen Latènezeit in Oberwittighausen im Jahr 1922 Im Mai 1922 kartierte ich unter Beihilfe der Herren Oberförster Knierer (Gerlachsheim) und Waldhüter Lahner (Oberwittighausen) die im Walde von Oberwittighausen befindlichen Grabhügel. Ich suchte auch die Befestigungen, welche nach E. Wagner sich dort im Walde befinden sollen, ohne sie jedoch zu finden und ohne von den genannten Herren Anhaltspunkte hinsichtlich ihres Vorhandenseins zu erhalten. Aber gleich bei der Erwähnung des Wortes „Befestigung“ führte mich der Waldhüter zu dem im Gewann GRIES liegenden sogenannten „alten Raubschloß“. Nordwestlich des Dorfes Oberwittighausen dringt neben dem nach Lilach führenden Fahrweg die Feldflur keilförmig in den Wald ein. Dieses Gewann trägt den Namen GRIES und ein großer Acker in seiner Mitte gehört dem Philipp Wülk in Oberwittighausen. Auf diesem Acker sah ich eine leichte Erhebung, welche der Volksmund das „alte Raubschloß“ nennt. Der Hügel war dem Aussehen nach künstlicher Entstehung, noch nicht einen Meter hoch (wohl 70 bis 80 Zentimeter), der Umfang stark durch den darübergehenden Pflug verschleift, aber doch schön erkennbar, da kreisrund und deutlich herausgehoben aus der großen, einförmigen Ackerfläche. Auf ihm lagen im Gegensatz zu der Steinarmut der Umgebung einige Muschelkalksteine herum. Die mündliche Überlieferung in Oberwittighausen berichtet, dass ehedem, etwa um die Mitte des 19. Jahrhunderts, auf dem Hügel noch zahlreiche Steine lagen, und zwar einer fast neben dem anderen, „die schönsten obenauf, darunter richtige Quadersteine und auch Mauerreste“. Wegen dieser Steine lag

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n HÜGELÄCKER drei hallstattzeitliche Grabhügel

n VOGELHERD mehrere Grabhügel

n GRIES ein latènezeitlicher Grabhügel (siehe Seite 15)

n IN DER WINNE Gruppe von acht hallstattzeitlichen Grabhügeln (siehe Seite 12)

n n HOF LILACH / RÖTTERSBERG Grabhügelfeld mit vierzehn hallstattzeitlichen Hügeln, fünf davon liegen auf baden-württembergischem, der Rest auf bayerischem Boden

n Fundgebiet in Baden-Württemberg n Fundgebiet in Bayern

FRÜHGESCHICHTLICHE FUNDSTELLEN IN DER GEMEINDE WITTIGHAUSEN


n HÜTTENBERGWALD ein Grabhügel

n ZIMMERER GRUND Siedlungsreste

n GRÜBEL / LÜCKE / RÖTTEN angeblich hallstattzeitliche Siedlungsspuren

n HÖHBERG hallstattliche Siedlungsspuren

n WASSERLAND hallstattliche(?) Siedlungsreste

n BÜTTHARDER GEMEINDEWALD latènezeitliche Siedlungsfunde Viereckschanze (siehe Seite 29)

n BÜTTHARDER STRASSE Grube angeschnitten

n BEIM WASSERHOCHBEHÄLTER Feuerstelle angeschnitten

n GRÜNSFELDER WEG hallstattliche Siedlungsspuren

n GROSSER UHLBERG ein hallstattzeitlicher Grabhügel

n GRENZENMÜHLE hallstatt- oder latènezeitliche Siedlungsfunde


Grab-Lageplan im Gebiet GRIES in Oberwittighausen:

5 Querschnitt

6

➔ 4

4 bronzene Fibel

2 bronzene Fibel

5 Tongefäß

3 massive, bronzene Fibel

6 tierische Beigabe

der Hügel, mit einigem Strauchwerk bewachsen, brach inmitten des Ackers. Erst nach Entfernung einer Anzahl Fuhren voll Steine konnte man mit dem Pflug über die Erhebung hinweggehen. Die Ortsüberlieferung hat diesen Befund als die Reste eines Raubschlosses gedeutet, und berichtet weiter, dass es in seiner Umgebung spukte. Es wird erzählt, dass man dort des Nachts mitunter nicht habe vorbeigehen können, wenn im Nebel sich Gestalten zeigten, und dass man so zu einem Umweg gezwungen worden sei. Dieser im Jahr 1922 von mir schriftlich niedergelegte Befund deutete auf einen vorgeschichtlichen Grabhügel, eine Auffassung, welche bestätigt wurde, als der Besitzer des Ackers, Wülk, im November 1924 die Erhebung einebnete. Er konnte nicht über sie hinwegpflügen, ohne mit dem Ackergerät an Steinen hängen zu bleiben. Die bei der Abtragung erfolgende Aufdeckung eines Grabes mit Beigaben wurde von Herrn Hauptlehrer Meßmer in Oberwittighausen nach Tauberbischofsheim gemeldet. Das Bezirksamt verbot, gestützt auf die Polizeiverordnung vom 27. Juli 1914, sofort die Weiterarbeit für einige Tage, so dass der Bezirkspfleger, Herr Direktor Rach in Tauberbischofsheim, den Sachverhalt feststellen konnte. Es fand dann auch noch eine Nachschau durch den Schreiber dieses statt, welche auch der – heute noch nicht endgültig entschiedenen – Frage des Verbleibes der Funde galt. Vorläufig sind die Funde als Leihgabe des Besitzers dem Landesmuseum in Karlsruhe zugewiesen worden.

3 1 2

1 bronzene Fibel

Norden

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Grundriss

Meinen Tauberbischofsheimer Mitarbeitern danke ich für das auch in diesem Falle wieder in der Tat sich befundene Interesse. Auf Ihre Angaben


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gehen die wesentlichen Feststellungen des Fundberichtes zurück. In der Mitte des Hügels fand sich eine Art Pflaster von Steinplatten, etwa zwei Meter lang und 80 Zentimeter breit, von annähernd rechteckigem Grundriß. Die Frage, in welchem Niveau dieses Pflaster lag, ist nicht klargestellt worden. Es kann ebensogut in der Höhe der gewachsenen Oberfläche sich befunden haben wie darüber auf einer Unterlage von absichtlich hingeschüttetem Lehmboden oder darunter auf der Sohle eines in die Erde eingesenkten Schachtgrabes. (In der Planzeichnung, Abbildung Seite 18, ist die Steinschicht auf den gewachsenen Boden gelegt worden, um sie zur Anschauung zu bringen.) Auf diesem Pflaster lag ein menschliches Skelett in gestreckter Rückenlage; seine Längsrichtung weicht nur wenig von der Nordrichtung ab. Eigenartig war die Lage des rechten Armes, namentlich aber diejenige des Schädels. Ihn hat keiner der Tauberbischofsheimer Herren mehr „in situ“ (an Ort und Stelle) gesehen. Er soll nach den sehr bestimmten Angaben der Finder sich nicht in natürlicher Lage zu dem Knochengerüst befunden haben, sondern etwas rechts davon, und zwar eher unter als auf dem rechten Oberarm. Er habe dort so gestanden, wie wenn er auf die Basis gestellt worden sei. An Beigaben fanden sich bei dem Skelett vier bronzene Fibeln und ein Tongefäß. Während die Lage der Fibeln 1, 2, 3 genau bestimmt worden ist, kann von der erst nachträglich gefundenen Nummer 4 nur soviel gesagt werden, dass sie nahe dem Kopf gelegen hat. Als weitere Beigabe, Nummer 6, sind die Knochenreste eines kleinen Tieres zu nennen.

Um diese Bestattung herum wurde eine kreisförmige Setzung von großen Steinen festgestellt. Die hier verwendeten, um einen Durchmesser von nahezu sieben Metern angeordneten Blöcke waren so schwer, dass manche von ihnen nur von zwei bis drei Männern bewältigt werden konnten. Eine Bestimmung der Höhenlage dieses Steinreifes hat nicht stattgefunden. So dass die Frage offen bleibt, ob und gegebenenfalls wie weit er in den gewachsenen Boden eingetieft war. (Demgemäß macht auch in dieser Hinsicht die Zeichnung keinen Anspruch auf Genauigkeit.) Über dem Skelett lag in dem von dem Steinkreis umschlossenen Raum Erde (d.h. der helle, gelbbraune Lehm der Umgebung) mit meist kleineren

Grabbeigabe im Gebiet GRIES in Oberwittighausen: 5 Tongefäß


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Steinen gemengt. Dagegen war nahe dem Steinkreis in den oberen Teilen des Hügels die Zahl der großen Steinblöcke sehr ansehnlich; sie lagen dort meist unmittelbart nebeneinander, eine geschlossene Schicht bildend. Auch außerhalb des Kreises in den Randteilen des Hügels waren sie nicht selten, wenn auch mehr verstreut und nur in den Bereich des Pfluges zu finden. Es handelt sich also um ansehnliche Mengen von Steinen, welche bei der Errichtung des Hügels verwendet worden sind. Er hat nicht weniger als 21 zweispännige Fuhren voll geliefert, wobei nicht vergessen werden darf, dass schon früher einmal eine große Menge von Steinen abgefahren worden ist. In dem aufgeschütteten Erdreich fanden sich neben einigen (leider nicht aufgehobenen) Streuscherben an mehreren (im Lageplan-Grundriß schraffierten) Stellen unbedeutende Reste von verkohltem Holz, deren Tiefenlage man jedoch nicht festgestellt hat. Das Vorkommen dieser Holzreste beschränkte sich nicht auf den von dem Steinkreis umschlossenen Raum. Die Deutung dieses Fundes stößt nicht auf Schwierigkeiten. Es liegt ein ungestörtes Grab vor, über dem mit ansehnlichem Kräfteaufwand ein Hügel gewölbt worden ist. Die eigenartige Lage des menschlichen Schädels wird – die Richtigkeit der Beobachtung vorausgesetzt – durch eine Sackung des Bodens zu erklären sein. Man geht wohl nicht fehl in der Annahme, dass die Gestalt des Hügels ehedem anders war, als sie bei der jüngst erfolgten Abtragung festgestellt werden konnte. Wenn man sich vorzustellen sucht, wo die schon vor Jahrzehnten hinweggeführten Steine gelegen haben, dann kommt nur die Mitte

des Hügels dafür in Betracht. Der aus besonders großen Steinen bestehende Kreis war offenbar die Einfassung des Ganzen. Als der Raum in seinem Innern soweit aufgefüllt war, dass ein aus Lehm und wenigen Steinen bestehender Hügel vom oberen Rande des Steinkreises aus sich bis zu einer Höhe von etwa 90 Zentimeter über den gewachsenen Boden wölbte, begann man, auf diesem Hügel eine Schicht von größeren Steinen zu legen, welche seine Höhe bis mindestens 130 Zentimeter, vielleicht 150 Zentimeter oder noch mehr hat anschwellen lassen. Die Zerstörung dieses ursprünglichen Bildes wird mit dem Auseinanderfließen des Lehmes begonnen haben, welches auch der Steinkreis nicht ganz hat hindern können. Dann hat man einen großen Teil der Steinkappe entfernt, so dass man, wenn auch nicht leicht, mit dem Pfluge über die Erhebung hinwegkam. Aber diese Veränderungen haben nicht genügt, um das ehemalige Bild so zu zerstören, dass sein Wiederaufbau nicht mehr möglich wäre. Der bei der Errichtung des Hügels verwendete Stein ist der Kalkstein der Umgebung. Es muß aber auffallen, dass daneben – freilich nur in ganz geringem Ausmaße – auch ein anderes Gestein mit Verwendung gefunden hat. Es handelt sich nach der im Heidelberger Geologischen Institut vorgenommenen Bestimmung um einen kalkigen Sandstein aus der unteren Abteilung des mittleren Keuper; Buntsandstein ist es sicher nicht. Die Feststellung des nächsten Vorkommens dieses Gesteins bleibt der Geologie überlassen; es muss beachtet werden, dass die zwei dem Hügel entnommenen und mir vorgelegten Stücke dieser Art sehr wohl Gerölle aus einer Flußablagerung sein können.


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Grabbeigabe im Gebiet GRIES in Oberwittighausen: 3 massive, bronzene Fibel – Seitenansicht 3 massive, bronzene Fibel – Draufsicht 5 Tongefäß (historische Glaspositive aus dem Nachlass von Ernst Wahle, 1926 und 1934) ©

Universitätsbibliothek Heidelberg

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Die Bestimmung der neben dem Steinkreis gelegenen tierischen Beigabe (Nummer 6 des Planes) wird dem Heidelberger Zoologischen Institut verdankt. Danach liegt ein noch im Besitz des Milchgebisses befindliches, jugendliches Hausschwein vor. Leider ist nicht festgestellt worden, ob es in ganzem Umfange oder nur in einzelnen Teilen mitgegeben worden ist. Das menschliche Skelett, von dem wesentliche Teile gerettet sind und der anthropologischen Bearbeitung harren, ist nach ärztlichem Gutachten dasjenige einer Frau. Die bronzenen Beigaben bestätigen diese Geschlechtsbestimmung. Zu den in den Abbildungen auf den Seiten 21 und 23 widergegebenen Beigaben ist im einzelnen folgendes zu sagen: 1 Bronzene Fibel, massiv. Nadel und rechter Endknopf der Spiralrollenachse fehlen. Diese Achse aus Eisen. Zwei stilisierte Köpfe auf Bügel und Fuß: der eines vollbärtigen Menschen und eines Tieres, welches am ehesten an ein Schaf erinnert. 2 Bronzene Fibel, der Bügel hohl und nach der Nadel zu offen; trotzdem sehr massiv gegossen. Der rechte Endknopf der eisernen Spiralrollenachse fehlt. Zwei stilisierte, vollbärtige Menschenköpfe auf Bügel und Fuß, davon der letztere mit Schweinsohren. Die Formgebung des Bügels in der Seitenansicht an einen Delphin erinnernd. 3 Massive, bronzene Fibel. Ohne Federspirale; die Nadel bewegt sich um eine die beiden seitlichen Knöpfe verbindende Achse. Der dritte Knopf ist beiderseits der Nadel an dieselbe Achse

angeschlossen und mittels des so gebildeten Scharniers in beschränktem Maße beweglich. Auf dem Bügel ein menschlicher Kopf; der Fuß ist zu einem stilisierten Vogelkopf ausgestaltet. 4 Bronzene Fibel mit hohlem, nach der Nadel zu offenem Bügel. Die Hälfte der Spirale ist mit der Nadel zusammen abgebrochen, aber noch vorhanden. Die Spiralrollenachse aus Eisen, die Kopfplatte auf der Unterseite glatt. Auf dem Bügel ein stilisierter, bärtiger Menschenkopf, der Fuß durchbrochen gearbeitet in Gestalt eines ebenfalls stilisierten Tierkopfes mit geöffnetem Maul. 5 Tongefäß, bei der Auffindung wohl schon in Scherben aber als Ganzes noch in situ. Leider wurde den Bruchstücken nur wenig Beachtung geschenkt; immerhin genügen die spärlichen Reste zum gesicherten Wiederaufbau, denn gerade die für die Erkenntnis des Profiles wichtigen Stücke sind in ausreichender Anzahl und Größe vorhanden. Das Gefäß ist offenbar Handarbeit, hat schwarzbraune Farbe und zwei waagrechte Rillen auf der Schulter. Es ist sehr regelmäßig geformt, doch können kleine Unterschiede in der Profilgebung, wie übrigens auch hinsichtlich Stärke der Wandung in ein und derselben Höhe, festgestellt werden. Diese Beigaben ermöglichen die zeitliche Festlegung des Grabes. Es gehört in die Stufe A der Latènezeit. Sowohl die vier Maskenfibeln wie die Form der Flasche versetzen es übereinstimmend hierhin. Die künstlerische Auffassung dieser Zeit, in der Verzierung der Fibeln sich befundet, ist von der antiken Welt sehr stark beeinflusst.


Grabbeigabe im Gebiet GRIES in Oberwittighausen: 1,2,4 bronzene Fibeln

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– Vorderansicht

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1,2,4 bronzene Fibeln – Seitenansicht (historische Glaspositive aus dem Nachlass von Ernst Wahle, 1926) ©

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HOLGER BAITINGER DIE HALLSTATTZEIT IM NORDOSTEN BADEN-WÜRTTEMBERGS / 1999 24 Im Band 46 der Materialhefte zur Archäologie in Baden-Württemberg mit dem vollständigen Titel „Die Hallstattzeit im Nordosten BadenWürttembergs“ werden alle bisher bekannten Funde in unserem Raum wissenschaftlich aufgeführt, speziell der Ort, der Fund selbst, sowie die Aufbewahrungs- oder Ausstellungsstelle in einem Museum. Nachfolgend die im Buch aufgeführten Eintragungen, die das Gemeindegebiet von Wittighausen betreffen. Oberwittighausen

Dr. Holger Baitinger, geboren 1965 in Stuttgart Studium in Tübingen und München; Promotion 1995; Mitarbeit bei Grabungen in Olympia/Griechenland und am Glauberg (Hessen); Mitglied des Deutschen Archäologischen Instituts; Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Römisch-Germanischen Zentralmuseum in Mainz

n IN DER WINNE – 2 km NW Gruppe von acht Grabhügeln. Hügel 7 wurde vor 1925 durch Gemeinderat Eck (Poppenhausen) angegraben. Der Hügel bestand aus Erde und Steinen. Eck fand Knochen, offenbar nur von einem Individuum, die angeblich wirr durcheinanderlagen. „Nahe beieinander in der Mitte des Hügels gelegen, entweder auf dem gewachsenen Boden oder wenig über ihm“ wurde eine Reihe von Funden entdeckt, die entgegen Professor Dr. Ernst Wahle sicher nicht nur von einer Bestattung stammen. Funde: 1 Bronzeschaukelfußring, offen, breit bandförmig, Querschnitt konvex-konkav, Enden profiliert mit eingeschlagenen Kerben. Verziert mit vier schrägschraffierten Dreiecken und einem Wförmigen Band mit Schrägschraffur, das beidseits von je zwei eingeritzten Linien begleitet wird; in den drei Freiräumen sitzt je ein Kreisauge.

Durchmesser 108 x 81 mm. 2 Bronzeschaufelfußring, wie 1, ein Ende abgebrochen, verbogen. Verzierung wie 1, nur seitenverkehrt. Durchmesser 104 mm. 3 Bronzehohlohrring, beschädigt. Durchmesser 37 mm. 4 Bronzehohlohrring, wie 3, fragmentiert. Vielleicht hier zugehörig 5 Zwei Stückchen dünnen Bronzedrahtes. Länge 12 mm und 13 mm (verschollen). 6 Bernsteinringperle, kantig profiliert. Durchmesser 32 mm. 7 Bernsteinringperle, kantig profiliert. Durchmesser 26 mm. 8 Bronzefußzierfibel mit Armbrustkonstruktion, vasenförmige Fußzier separat gearbeitet und aufgeschoben, eiserne Spiralachse, Nadel fehlt. Fußzier mit (Korallen-?) Einlage, auf Vorder-, Ober- und Rückseite des Bügels Vertiefungen für Einlagen, diese selbst jedoch nur auf der Rückseite erhalten. Bügel mit Rillen und eingeschlagenen Punkten verziert. Länge 39 mm. 9 Tiefe Schale mit gekehltem Rand und Wackelboden, braungrau. Annähernd vollständig erhalten. Höhe 99 mm, Rundmaß 176 - 181 mm. 10 Bruchstücke von Gefäß mit steilem, nach innen abgestrichenem Rand und Tupfenleiste auf der Schulter, Unterteil bis zur Leiste gerauht. Durchmesser maximal 480 mm (verschollen). 11 Randscherbe von Topf mit ausbiegendem Rand, braun (verschollen). 12 Wandscherbe von Gefäß mit umlaufender Kerbleiste, unterhalb der Leiste gerauht, braun (verschollen).


Grabbeigaben im Hügel 7, Gebiet „in den Winden“ in Oberwittighausen (genaue Beschreibungen auf Seite 24) ©

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Konrad Theiss Verlag, Stuttgart

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Kommentar: Der Archäologe Nellissen führt zwei dünne Bronzearmringe an, die nach der Erstpublikation von Ernst Wahle (siehe Seiten 12 bis 23) nicht zu diesem Komplex gehören. Die Schale 9 legt Nellissen in Umzeichnungen vor, da sie angeblich verschollen sei. Tatsächlich ist die Schale noch vorhanden, die „Umzeichnung“ von Nellissen eindeutig falsch. Verbleib: Landschaftsmuseum Tauberbischofsheim im Kurmainzischen Schloß n GRENZENMÜHLE, am Hang zum Wittigbach hin – 0,6 km SW Hallstatt- oder latènezeitliche Siedlungsfunde. Verbleib: verschollen n RÖTTERSBERG, Wald – 1,8 km NNW Ein Grabhügel.

Poppenhausen n HOF LILACH, Grenze Bayern / Baden-Württemberg – 0,5 km OSO Grabhügelfeld mit vierzehn Hügeln, fünf davon liegen auf baden-württembergischem, der Rest auf bayerischem Boden. n HÜGELÄCKER – 1,5 km NNW, O der Straße Poppenhausen - Ilmspan Drei Grabhügel.

Unterwittighausen n GROSSER UHLBERG, Wald – 2,2 km W, 1,6 km SO Uhlberg Ein Grabhügel. Vilchband n HÜTTENBERGWALD, Wald – 1,6 km WSW Ein Grabhügel. n GRÜNSFELDER WEG – am N-Rand des Ortes beim Friedhof Hallstattliche Siedlungsspuren. Im September 1923 fand eine kleine Untersuchung durch Ernst Wahle statt. Verbleib: verschollen n BEIM WASSERHOCHBEHÄLTER, 30 m entfernt – am NO-Rand des Ortes Beim Bau einer Wasserleitung wurde im Mai 1973 eine Feuerstelle angeschnitten. Funde: 13 Randscherbe von bauchigem dünnwandigem Gefäß mit Trichterrand, schwarzgrau. Randdurchmesser 130 mm; 14 Randscherbe von Vorratsgefäß mit schwach ausbiegendem Rand und umlaufender Kerbleiste, orangerot, kalkgemagert; 15 Randscheibe von Gefäß mit ausbiegendem Rand und Bandhenkel, unterhalb des Henkelansatzes vertikale Kanneluren, ocker bis schwarzgrau; Scherben von dickwandigen Gefäßen. Verbleib: Württembergisches Landesmuseum Stuttgart


Grabbeigaben unterschiedlicher Fundstellen

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in der Gemeinde Wittighausen (genaue Beschreibungen auf den Seiten 26 und 28) Š

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n BÜTTHARDER STRASSE Beim Ausheben einer Baugrube an der Straße nach Bütthard wurde im April 1938 eine Grube angeschnitten, die noch 160 cm tief erhalten war. Funde: 16 Bruchstück von flacher Schale mit schlichtem Rand. Randdurchmesser 16 cm; 17 Bruchstück von schlichtrandiger Schale mit planer Standfläche. Randdurchmesser 25 cm; 18 Bruchstücke von dünnwandigem Schälchen mit schlichtem Rand. Randdurchmesser 11 cm; 19 Randstück mit schlichtrandigem Schälchen, Randdurchmesser 11 cm. Verbleib: Badisches Landesmuseum Karlsruhe n HÖHBERG, Umgebung GRAMMELTER WEG / EULENRAIN / HÖHBERGSHÖHE / STEINGRABEN, vor allem bei der sogenannten „Kreuzschleife“ – 1 km S Hallstattliche Siedlungsspuren. In den Jahren 1929 uns 1932 fanden hier kleine Untersuchungen durch Johann Lutz und Erich Wahle statt. Neben einem „Hüttengrundriß“ fanden sich Scherben und zwei Mahlsteine. Von dieser Fundstelle stammen wohl die folgenden Objekte. Funde: 20 Randscherbe von Schale mit verdicktem, leicht einbiegendem Rand, sekundär gebrannt; 21 Wandstück mit umlaufender Fingertupfenleiste; 22 Randstück von kleiner Schüssel mit schwach ausgiebigem Rand. Randdurchmesser 13 cm Verbleib: Badisches Landesmuseum Karlsruhe

n WASSERLAND, Ostteil der BOWIESER HÖHE, nahe dem Büttharder Gemeindewald – SO vom Ort Hallstattliche(?) Siedlungsreste. Verbleib: unbekannt n GRÜBEL / LÜCKE / RÖTTEN – ca. 1,1 km NO Angeblich hallstattzeitliche Siedlungsspuren. Verbleib: unbekannt n ZIMMERER GRUND – 0,8 km WSW Bei Straßenbauarbeiten wurden 1960 an verschiedenen Stellen Siedlungsreste beobachtet (Kulturschicht auf 37 m Länge und Gruben) Verbleib: Badisches Landesmuseum Karlsruhe n GENAUE FUNDSTELLE UNBEKANNT Funde: 23 Randscherbe von bauchigem Gefäß mit ausbiegendem Rand, orangerot; 24 Bruchstücke von schlichtrandiger Schale, Oberfläche abplatzend, dunkelbraungrau, außen unterhalb des Randes ein ca. 1,7 cm breiter Streifen flächig graphiert, auf der Innenseite Reste von Graphitendekor und flächiger Graphitierung, Randdurchmesser 22 cm; Wandscherben. Verbleib: Württembergisches Landesmuseum Stuttgart


WILFRIED BICKEL VIERECKSCHANZE BEI VILCHBAND / 1987

Innerhalb des Buches „1150 Jahre Vilchband 837 - 1987“ von Edwin Neckermann findet sich unter Kapitel 2 ein umfänglicher Text über die Frühgeschichte und entsprechende Fundort im Bereich des Ortsteils Vilchband. Anschließend Ausschnitte aus dem Teil, welcher sich mit der wichtigsten Fundstelle, der Viereckschanze, beschäftigt. Auf der Gemarkung Vilchband fanden sich latènezeitliche Spuren überall dort, wo auch solche der Hallstattzeit zutage getreten sind, besonders am Burgweg, sowie in und um den Friedhof. Als markantestes Erinnerungszeichen darf aber die Viereckschanze im Büttharder Wald angesehen werden. Sie liegt knapp einen Kilometer östlich des Dorfes, schon auf bayerichem Gebiet. Dies deshalb, weil die Vilchbander 1688 infolge einer Brandschatzung durch die Franzosen eine größere Geldsumme aufbringen mußten, es aber nicht konnten. Deshalb verpfändete man den Wald mit der Schanze an die Nachbargemeinde Bütthard, die den Vorgang aber später nicht mehr rückgängig machen wollte. Gleich nach dem Eintritt in den Wald, der hier die Gemarkungs- und Landesgrenze bildet, stoßen wir auf die Erderhebung. Es ist ein deutlich sichtbares Viereck von 120 x 120 m. Der vordere westliche Erddamm ragt bis in eine Höhe von zwei Metern auf. Die seitlichen Erhebungen sind etwas niedriger, und nur der östliche Teil ist teilweise fast verflacht. Der Ausdruck „Schanz“ für dieses Bauwerk ist daher auf diese äußere Form zurückzuführen. 1908 wurden vom Amt für Denkmalpflege in Würzburg unter der Leitung von G. Hock Grabun-

gen an verschiedenen Stellen der Schanze durchgeführt. Nach Mitteilung von Johann Lurz, auch der „Scherbendoktor“ genannt (siehe auch Wittighäuser Hefte Nummer 15 über Autoren aus der Gemeinde Wittighausen), der an den Grabungen beteiligt war, entdeckte man den Eintrag in das Erdwerk am östlichen Wall. In der südöstlichen Ecke wurden mehrmals Pfostenlöcher angeschnitten, die auf Gebäude schließen ließen. Ebenso fand man dort Feuerstellen, wie Kohlereste und geschwärzte Steine bezeugten. Bemerkenswert ist jedoch, dass der Brunnen außerhalb des umfriedeten Gebietes ungefähr 100 m südlich im Wald entdeckt wurde. Der Brunnenschacht ist heute noch deutlich sichtbar. Es muss aber angenommen werden, dass sich innerhalb der Anlage ein weiterer Brunnen befand, dessen Quelle vielleicht im Laufe des Jahres nachließ, so dass die Anlage eines Brunnens außerhalb erforderlich war. Auch vor dem Wall grub man nach und stellte fest, dass der Graben ungefähr etwa 150 cm tief gewesen sein musste. Die Grabenbreite betrug oben etwa 200 cm. Außerdem wurde ein Walldurchstich an der westlichen Seite vorgenommen und dabei Tonreste aus der späten Latènezeit zutage gefördert. Die „Büttharder Schanz“ dürfte in den letzten Jahrhunderten vor Christi Geburt von Kelten bewohnt gewesen sein. Sie ist neben den Grabhügeln das einzige oberirdische Zeugnis aus der Frühgeschichte – jedoch „knapp neben“ dem Gemeindegebiet gelegen.

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Die Viereckschanze im Büttharder Gemeindewald, historisches Glaspositiv (85 x 100 mm) von Ernst Wahle aus dem Jahr 1938 ©

Universitätsbibliothek Heidelberg


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WITTIGHÄUSER HEFTE 22

Bei der Erstellung dieser Broschüre wurde auf die nachfolgend aufgeführte Literatur zurückgegriffen:

März 2014 Herausgeber: Gemeinde Wittighausen Idee, Recherche und Gestaltung: Edgar Braun, Unterwittighausen und Höchberg office@grafik-braun.de Fotografie: Fibeln auf der Titel- und Rückseite Archiv des Badischen Landesmuseums Karlsruhe, Nummern C 11078 a/b; Seiten 21, 23 und 29 Glaspositive aus dem Nachlass Ernst Wahle, Universitätsbibliothek Heidelberg

Wilfried Bickel „Frühgeschichtliche Funde und Fundstätten“ aus der Heimatchronik „1150 Jahre Vilchband 837 - 1987“ von Edwin Neckermann Holger Baitinger „Die Hallstattzeit im Nordosten Baden-Württembergs“, 1999 Herausgegeben vom Landesdenkmalamt Baden-Württemberg, Band 46, Konrad Theiss Verlag, Stuttgart Ernst Wahle „Badische Fundberichte - Nachrichtenblatt für die vor- und frühgeschichtliche Forschung“, 1925

Mitarbeit: Karl Endres, Poppenhausen; Karin und Hans Lang, Bad Mergentheim; Frank Lurz, Unterwittighausen; Elke Schuler, Oberwittighausen; spezieller Dank an Claudia Wieland, Kreisarchivamtfrau, Landesarchiv Baden-Württemberg, Wertheim-Bronnbach Text Baitinger mit freundlicher Genehmigung des Autors

Die Herstellung der Broschüre wurde großzügig unterstützt durch die Grundschule Wittighausen.



www.wittighausen.de


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