Wittighäuser Hefte 26 - St. Martin

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St. Martin

in Poppenhausen

WITTIGHÄUSER HEFTE 26



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KIRCHENGESCHICHTE

VON MAINZ NACH FREIBURG

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BAUGESCHICHTE

ROMANIK BIS 20. JAHRHUNDERT

28 INNENGESTALTUNG

MISCHUNG VERSCHIEDENER STILE

33 TÖNE

GLOCKEN UND ORGEL

36 FARBDOKUMENTATION DECKENBEMALUNG 3 8 Impressum / Unterstützung

Die Glasnegativ-Aufnahme des Fotografen Wilhelm Kratt (1869-1949) stammt wahrscheinlich aus der Zeit von 1900 bis 1915 und zeigt die Ortsmitte von Poppenhausen mit den Höfen Englert und Maag in dem Zustand, wie man ihn grundsätzlich auch im Jahr 2016 vorfindet – im Hintergrund die Pfarrkirche St. Martin vor dem Umbau der 1920er Jahre © Landesarchiv Baden-Württemberg, Generallandesarchiv Karlsruhe 498-1, Nr. 2971, Bild 1

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KIRCHENGESCHICHTE VON MAINZ NACH FREIBURG

Die Christianisierung Frankens erfolgte wohl von Mainz aus, das seit dem 5. Jahrhundert Bischofssitz war und als Patron den heiligen Martin, der auch der Nationalheilige Frankens war, verehrte. Martinskirchen und Königsgüter begleiten rechtsrheinisch die Etappenlinien der fränkischen Landnahme. Dies zeigt, wie systematisch die weltliche Macht die kirchliche Missionierung unterstützte.

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Die Zeichnung des Tauberbischofsheimer Künstlers Hugo Pahl soll dem romanischen Originalzustand mit der wuchtigen Ringmauer um Kirche und Kirchhof entsprechen

Im Main-Tauber-Gebiet finden sich Martinskirchen in Tauberbischofsheim, Külsheim, Oberlauda, Königheim und in Poppenhausen. Diesen Urkirchen wurden die Pfarreien in den später gegründeten Siedlungen als Filialen unterstellt. Poppenhausen war die Mutterkirche von Unter- und Oberwittighausen. Im 8. Jahrhundert ordnete Bonifatius im Auftrag des Papstes die Diözesen in Deutschland, gründe-

te auch das Bistum Würzburg und wählte Mainz zu seinem Bischofssitz. Das Bistum Mainz schob sich mit dem Landkapitel Tauberbischofsheim wie ein Keil, von Miltenberg bis Kist vor den Toren Würzburgs, entlang der wichtigen Geleitstraße Frankfurt – Nürnberg ins Würzburger Land. Es ist wohl der überragenden Person des heiligen Bonifatius als Mainzer Erzbischof zu verdanken, dass der Mainzer Besitzstand, zu dem auch Poppenhausen als südöstlichste Pfarrei gehörte, unangetastet blieb. Auch spielte die Sicherung weltlicher Interessen eine Rolle, denn sowohl das Mainzer Stift Maria Greden, als auch das unter Mainzer Oberhoheit stehende Aschaffenburger Stift Peter und Alexander hatten bedeutenden Grundbesitz im Taubergau. Erste urkundliche Erwähnung Die erste urkundliche Erwähnung Poppenhausens datiert aus dem Jahre 1184. In einem feierlichen Privileg bestätigt Papst Lucius III. dem Stift Peter und Alexander in Aschaffenburg, einem der drei Archidiakonate des Erzbistums Mainz, das Eigentum an einem Hof in Poppenhausen, der Pfarrei das Recht auf Zehntbezug und stellt die in dieser Urkunde erwähnten Rechte des Stiftes unter seinen persönlichen Schutz. Damit wurden wohl schon längstens bestehende Strukturen bestätigt. Über die Gliederung des Landkapitels Taubergau geben Berichte über die in regelmäßigen Abständen stattfindenden Visitationen und Sendreisen Auskunft. Erstmals im Jahre 1344 erfährt man nähere Einzelheiten solcher Reisen. Die bischöflichen Abgesandten besuchten ihre Mutterkirchen


Aufnahme kurz vor dem Teilabriss des Langhauses aus dem Jahr 1921 – der Umbau hatte schon begonnen, wie die Steinhaufen am rechten Bildrand belegen © Erzbischöfliches Archiv Freiburg, B33/1003

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Die historische Karte von (Nord)Baden zeigt die Randlage von

Poppenhausen und

die relativen Entfernungen zu Mainz und Würzburg; Freiburg liegt noch weit außerhalb der Karte links unten

klärten Streitfragen und machten Verbesserungsvorschläge. In verschiedenen Archiven liegen aus den Jahren 1423, 1478, 1483, 1533, 1549 und 1625 Berichte über Sendreisen im Mittelalter, bei denen die Kommissionen täglich meist zwei oder drei Pfarreien besuchten. Einnahmen der Pfarrei Eigenartigerweise war Poppenhausen im Mittelalter als Freidorf weitgehend zehntfrei, das Recht auf Erhebung des Zehnten bezog sich auf die ehemaligen Filialen. In Unterwittighausen waren 24 Hübner und in Oberwittighausen fast alle Bauern der hiesigen Pfarrei zehntpflichtig. Außerdem musste der Pfarrer von Unterwittighausen 1/9 seiner Zehnteinkünfte der Pfarrei Poppenhausen abgeben. Der Zehnte stand zu 2/3 dem Grundherren, der dafür die Baulast an kirchlichen Bauten zu tragen hatte, und zu 1/3 dem Ortspfarrer zu und war ein Teil seiner Besoldung. Das Pfarrgut, mit einer Größe von etwa 80 Morgen (ca. 20 ha), lag je zur Hälfte in Poppenhausen und Oberwittighausen und wurde zeitweise vom Ortspfarrer, mit Hilfe seiner Pfarrkinder, selbst

bebaut, meist aber, vor allem in Oberwittighausen, verpachtet. Eine geräumige Scheune und Viehstallungen standen neben dem Pfarrhaus und waren von den Beständern des Stiftshofes zu unterhalten. Das sehr geräumige Pfarrhaus und der Hof wurden 1726 erbaut. Hierzu mussten die Hofbauern vertragsgemäß das Bauholz liefern. Die Wirtschaftsgebäude des Pfarrhofes wurden in der Mitte des 20. Jahrhunderts und das Pfarrhaus 1978 eingerissen und das Gelände verkauft. Insgesamt betrachtet war die hiesige doch sehr kleine Pfarrei, mit etwa 16 Herdstätten, eine gute Adresse, denn das Pfarrgut und die Zehnteinnahmen waren, neben den Stolgebühren (Vergütungen für Taufen, Trauungen, Begräbnisse), eine gute Existenzgrundlage. Die Besetzung der Pfarrei mit Priestern ist seit 1315 zeitweise und seit 1584 lückenlos nachweisbar. Im Jahre 1966 verabschiedete sich der letzte Ortspfarrer Theodor Ulmer. Danach wurde und wird die hiesige Pfarrei von Wittighausen und seit Neuestem von der Seelsorgeeinheit Grünsfeld betreut, die dem Dekanat Tauberbischofsheim zugeordnet ist. Wohl schon seit der Gründung des Dorfes war der Mainzer Erzbischof geistlicher Herr von Poppenhausen. Die über tausendjährige ungebrochene Zugehörigkeit zum Fürstbistum Mainz endete mit der Säkularisation im Jahre 1803, bei der die Kirchenstaaten aufgelöst und zerschlagen wurden. Die Pfarreien des Taubergaus wurden zumeist dem Bistum Regensburg, Vikariat Aschaffenburg zugeordnet. Im Jahre 1821 erfolgte die Gründung der Erzdiözese Freiburg, dem seit 1827 das gesamte Großherzogtum Baden angehört.


BAUGESCHICHTE ROMANIK BIS 20. JAHRHUNDERT

Den Bauherrn der romanischen Kirche erfahren wir auf Umwegen über die Filialkapelle St. Sigismund in Oberwittighausen. Beide Gotteshäuser wurden etwa zeitgleich in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts errichtet. Mündlich überliefert und später dokumentiert ist Folgendes: „Die Kapelle St. Sigismund soll der Edelmann zu Poppenhausen gebaut haben. Weil er aber den Bau nicht habe vollführen können, so habe er alle seine Güter an das Chorstift zu Aschaffenburg versetzt und so sei die Kapelle an Mainz gekommen.“ Bei dieser Bautätigkeit hatte er sich offensichtlich übernommen und musste sein Eigentum an das Stift St. Peter und Alexander in Aschaffenburg mit den Rechten auf Gülten und Zehnten abgeben, aber auch die Pflicht der Unterhaltung beider Sakralbauten, die für die Kirche in Poppenhausen teilweise auf den Beständer des Stiftshofes abgewälzt wurde. Das Eigentum des Stiftes wurde in der ersten das Dorf Poppenhausen betreffenden Urkunde, einem feierlichen Privileg aus dem Jahre 1184, dokumentiert und von Papst Lucius III. ausdrücklich bestätigt und unter seinen Schutz gestellt. Die wichtige Textstelle lautet: „curtem in Poppinhusin cum parrochia et decimes” (Hof in Poppenhausen mit Pfarrei und Zehnten) Zu dieser Zeit war offensichtlich die Pfarrei schon lange eingerichtet und die, noch heute teilweise bestehende, romanische Kirche erbaut. Sie wurde aus heimischem Muschelkalk in OstWestrichtung und, wie heute noch erkennbar, als Wehrkirche errichtet. Der im Verhältnis zum

damaligen Kirchenschiff wuchtige Turm verleiht der Kirche ein platzbeherrschendes Aussehen. In der Gemeinde waren damals offensichtlich die Strukturen für ein für kleindörfliche Verhältnisse doch monumentales Bauwerk vorhanden. Die erste Kirche in Poppenhausen war wohl ein einfaches Holzkirchlein, denn bei metertiefen Ausgrabungen in der Kirche und auf dem umgebenden Kirchhof beim Kirchenumbau im Jahre 1921 und auch bei Drainagearbeiten im Jahre 1999 fand man keine Fundamentreste, die auf einen massiven Vorgängerbau hinweisen. Dagegen wurden sehr viele menschliche Skelette, auch unter dem angrenzenden Weg und unter dem Fundament des Turmes, geborgen. Diese belegen, dass hier schon vor dem mittelalterlichen Kirchenbau, vielleicht schon seit der Gründung des Dorfes, eine Begräbnisstätte war. Diese Frage hätten systematische Grabungen sicher beantworten können. Gotische Inschrift aus dem Jahr 1225 An der Südseite des Kirchturms berichtet auf zwei Ecksteinen eine der ältesten gotischen Inschriften in unserer Region, die dem Jahre 1225 zugeschrieben wird, von einen Fridericus de crense als großherzigen Wohltäter. Dieses Adelsgeschlecht gehört auch zu den Stiftern des Klosters Bronnbach. Die Inschrift lautet: „Ich Friedrich von Krensheim habe für das Seelenheil meines Vaters und meiner Mutter und aller meiner Vorfahren als Meßstiftung fünf Äcker der Kirche in Poppenhausen geschenkt, die vier Unzen tragen; von einem (weiteren)schenke ich der Kirche drei Denare“. (nach Cucuel/Eckert)

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Auf die gleiche Zeit bezieht sich eine Urkunde, die von „im Turm eingehauenen Meß- und Feldgerthen, dem Maß, das die Filialgemeinden Unterund Oberwittighausen bei der Landvermessung zu gebrauchen schuldig sind“, berichtet. Die Inschrift 1577 über dem Sakristeiportal erinnert an eine notwendige größere Renovierung der Pfarrkirche. Schon 1562 berichtet Pfarrer Michael Klein dem Stiftskapitel in Mainz, dass die Kirche und der Pfarrhof baufällig sind. Aus den Jahren 1576 und 1577 liegen im Stiftskapitel Aschaffenburg zwei von Bürgermeister Martin Hönninger und der ganzen Gemeinde unterzeichnete Bettelbriefe vor. Hierin bekennt die Gemeinde, „dass die Gotteshauskasse ganz entblößt ist und die Kirche ganz baufällig und bös ist, wiederum aufgebaut werden muss, ehe sie ganz zuhauf fällt. Wie es die arme Gemeinde überschlagen hat, wird die Auferbauung weit über 100 Gulden kosten“. Die Bitten der Bürger wurden offensichtlich erhört und mit der Renovierung sofort begonnen. Diese Baumaßnahme erfuhr Ende des 16. Jahrhunderts mit der Erhöhung des Kirchturms im gotischen Stil ihren Abschluss. In der ersten vorhandenen Gotteshausrechnung aus dem Jahre 1591 sind Ausgaben von 40 Gulden für den Kirchturm belegt. Aus dieser Zeit wurden beim Umbau der Kirche im Jahre 1921 mit Ornamenten bemalte Deckenbretter geborgen (siehe Seiten 40 und 41), die bei der Renovierung 1817 überputzt und dadurch konserviert wurden. Beim Kirchenumbau im Jahre 1921 sollte das alte romanische Südportal abgebaut und im westli-

chen Giebel eingesetzt werden. Beim Abbau der Bogensteine stellte sich heraus, dass diese durch intensive Brandeinwirkungen ausgeglüht und porös waren und ersetzt werden mussten. Nach einer Mergentheimer Chronik wurde am s31. Oktober 1688 Poppenhausen von marodierenden französischen Soldaten abgebrannt. Wurde dabei versucht, die in die Kirche geflüchteten Dorfbewohner auszuräuchern? Renovierung von 1817 Eine umfangreiche Kirchenrenovierung stand im Jahre 1817 an und ist das Werk von Pfarrer Anton Steinam, der aus Tauberbischofsheim stammte. Er musste nach einer schweren Operation seine Lehrtätigkeit am Gymnasium aufgeben, übernahm im Jahre 1801 die hiesige Pfarrei und wirkte 40 Jahre segensreich in der turbulenten Zeit nach dem Zusammenbruch des Alten Deutschen Reiches bis zum beginnenden Kulturkampf in Baden. Der hochgelehrte Akademiker verstand sich gut mit den Ortsbewohnern und war sehr beliebt. Er verstand es zudem, seine Pfarrkinder für das Vorhaben zu begeistern. Über diese Bautätigkeit hat er eine aussagekräftige Schrift verfasst, die als zeitgeschichtliches Dokument und des besonderen Wertes wegen, gerne als Ganzes in seiner Satzgestaltung, aber in heutiger Rechtschreibung, übernommen wird: Vor dem Jahre 1817 war die hiesige Kirche in elendem Zustande. Der Eintritt in den Bodengang war etwa 3/4 Schuhe tiefer als dermalen. Die steinernen Platten waren alt, zertreten, und der Gang darüber war holperig. Auf der linken Seite der Kirchenwand war kein Fenster, auf der rechten


Nicht realisierter Umbau- und Erweiterungs-Vorschlag des Erzbischöflichen Bauamts aus dem Jahr 1916 – der romanische Urbau (leicht rot) wäre dabei strukturell komplett aufgelöst worden © Erzbischöfliches Archiv Freiburg

waren drei kleine Fensterlöcher gleich Schießscharten, wie noch eines rechts an der Orgelseite stehen blieb, ein solches war neben dem hohen Altare. Durch diese Beschaffenheit war die Kirche feucht, finster und kalt. Die Kälte war durch die durchziehende Luft umso heftiger, da kein Windfang vor der Kirchentüre war. Es war kein Beichtstuhl und keine Kommunionbank vorhanden. Am Platze, wo diese jetzt steht, musste man drei steinerne Tritte aufsteigen. Grad oberhalb dieser war oben herab bis zur Hälfte ein steinerner, unnützer Bogen angebracht, der das Antipendium sehr verdunkelte. Der Boden der Sakristei war gegen den jetzigen über einen Schuh höher und dadurch niedrig und überdies sehr feucht und kalt. Der Hochaltar hatte einen alten Kasten für das Sanctissimum und zur Aufbewahrung des Ciboriums, dann einige, gar geringe Holzfiguren. Der Muttergottesaltar linker Seite bestand in einer schlechten bretternen Rückwand und einer alten Marienstatue. Der jetzige Kreuzaltar war nichts als der platte Altarstein. Die Kanzel war ein unförmiger großer Kasten, der Taufstein ein hoher roher Steinklotz. Die alten Kirchenstühle waren mürb, schmal, zum Knien und Sitzen unbequem. Die Stiege auf die Emporbühne war alt und gebrechlich. Nach allen diesen Umständen war eine Verbesserung und Verschönerung dieser Kirche (des Gotteshauses) durchaus erforderlich. Aber woher konnte man die großen Kosten dazu hernehmen? Das Vermögen des Kirchenfonds war schmal, auch bei nötiger Sparsamkeit hoben sich Einnahmen und Ausgaben ein Jahr in das andere auf. Allein der Herr, welcher die Herzen und Gesinnungen der Menschen lenkt und leitet, wirkte zum Beginnen und Ausführen des guten Werkes zu seiner Ehre.

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Skizze des Erzbischöflichen Bauamtes Heidelberg zum geplanten Umbau (Stempel 9. Juni 1895) – in schwarz der bisherige romanische Teil, in rot der geplante Anbau © Erzbischöfliches Archiv Freiburg, B33/1004

Im Jahre 1817 war häufiger kaltes und langanhaltendes Regenwetter, und dadurch entstand ein sehr hartes Missjahr. Die Früchte auf dem Felde litten großen Schaden, und durchgehend fand eine üble Ernte statt. So z.B. wurden im Jahr 1818 noch Wicken, beregnet, beschneiet und mit Eis behangen, vom Felde heimgefahren. Die Früchte stiegen dank solchen Missgeschicks auf enorm hohe Preise, z.B. ein Malter Korn auf 20,25 Gulden (fl), ein Malter Weizen auf 36,40 fl, ein Malter Erbsen auf 32,36 fl u.s.w. Dieses Unglück für jene, welche Brot kaufen mussten, war Glück für die, welche Früchte verkaufen konnten. Mit überaus hoher Freude fuhr ein Bauersmann damals aus Würzburg zurück, da er vier Malter Korn dahin lieferte, und dagegen den Erlös von 100-150 fl einzog, für 5 Malter Weizen 200-240 fl, so nach Verhältnis mit Früchten anderer Art! Solches Heil widerfuhr der Umgegend, auch namentlich der hiesigen Gemeinde, die aus ihrer Ernte einen glücklichen Verkauf und hohen Gewinn machte. Anmerkung: Auslöser der Missernte und der nachfolgenden Hungersnot war der Ausbruch des Vulkans Tampora im heutigen Indonesien im Jahre 1816, dessen Aschewolken monatelang den Erdball umkreisten, für Kälte und Regenwetter sorgten und weltweit Missernten verursachten. Unterzeichneter benutzte dieses günstige Ereignis zur Umgestaltung und Verschönerung der hiesigen Kirche. Nebst dem auf dem 3. Sonntage im Advente eingeführten Dankfeste wurde von der Großherzoglichen Badischen Regierung für die abgewendete Gefahr und erhaltene Hilfe im Großherzogtume ein besonderes Dankfest auf den 19. Sonntag nach Pfingsten angeordnet und gefeiert. Der Pfarrer richtete seine Anrede an die Pfarrgemeinde dahin, nebst der kirchlichen Feier

und Dankbarkeit gegen Gottes außerordentliche Segnungen, in Hinsicht auf soviele anderen Gegenden, nach dem Beispiele Noe‘s, Jacob‘s und David‘s einen hohen Altar durch Geldbeiträge zu errichten. Und der Geist Gottes, der alles in allem wirkt, gab dem Vortrage Beifall und das Gedeihen. Der Pfarrer sammelte selbst von Haus zu Haus die Beiträge, so dass die linke nicht wusste, was die rechte gab. Gegen alles Erwarten kam alsbald in der kleinen Pfarrgemeinde von vierzehn Bauernfamilien und einigen Beisassen, nach freiem Herzenstriebe, nicht mit Unwillen oder aus Zwang, das bedeutende Opfer von 300 Gulden zusammen. Nebst dem gab ein einzelner Bürger 100 bare Gulden. Die erste Sammlung betrug demnach vierhundert Gulden. Ohne Verzug wurde der alte Altar, auch der oben benannte Bogen, weggeräumt, der neue Altar verfertiget und aufgerichtet. Angeregt war nun in den Herzen der Gemeinde der Eifer für das Haus Gottes, und es blieb nicht bei dem begonnenen Werke. Ein Bürger von hier gab 90 Gulden zur Erbauung des Muttergottesaltars. Auch kamen noch nachträgliche Spenden Geldes von einzelnen Pfarrkindern. Ferner sprach man in der Umgegend Guttäter um milde Gaben an, die gern geleistet wurden. Solcherweise wurde man in Stand gesetzt die zwei Nebenaltäre und Kanzel fertigen zu lassen. Aus freiem Antriebe ließ die hiesige Gemeinde den Boden der Kirche und der Sakristei mit neuen Platten belegen, die Altäre mit Steinen fassen, ganz neue Knie- und Sitzbänke aufsetzen. Die Frauen brachten gelöstes Buttergeld zur Einsetzung der fünf hohen Fenster. Die männliche Jugend ließ die neue Stiege zur Emporbühne durch ihren Beitrag fertigen. Nun stand das neue Werk im rohen Gewande da, wurde zwar einst-

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Barocker Innenraum von St. Martin vor dem Umbau vom Anfang der 1920er Jahre (oben) – die Kirche mit der Umfassungsmauer vom Anfang des 20. Jahrhunderts (mittig) – Blick ins Innere der Kirche mit der abgerissenen Südwand und dem Rundbogenportal (unten)

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weilen grundiert, aber da erhob sich abermals, wie anfänglich, die Frage, woher man die Kosten zur Fassung der Altäre und Kanzel nehmen könne, da die Gemeinde schon sehr großmütige und überreichliche Gaben gespendet hatte. Jedoch, wenn der Herr das Haus nicht aufbaut, so arbeiten die Bauleute vergebens daran. Die Hilfe kam vom Herrn: Durch Guttäter wurden vordersamt der Beichtstuhl, die Kommunionbank und der gläserne Lüster angeschafft. In Riedenheim, Landgericht Röttingen, war ein bejahrter Bürger und Witwer, der tausend Gulden in eine Kirche nach seiner Lebenszeit verwendet wissen wollte. Man bemühte sich, diese wichtige Gabe für die hiesige Kirche zu gewinnen. Die Verwandtschaft des Mannes und die dasige Pfarrgemeinde machte dawider nicht geringe Widersprüche und Hindernisse; doch die Sache wurde glücklich verwirklicht. Durch den Großherzoglich Badischen Gesandten in München wurde die Übergabe dieser Gelder aus dem Bayerischen hierher erwirkt, unter der Bedingung, dass eine Schenkung dieser Art, die aus dem Badischen in das Bayerische etwa geschehen möchte, statt finden solle. Der Empfang dieser Geldsumme erfolgte, und damit wurde die Fassung der Altäre und Kanzel bewerkstelligt, auch der vorhandene Himmel angekauft. Solcher Weise hat der, welcher das gute Werk angefangen, es vollendet. Nicht uns, o Herr! nicht uns, sondern Dir gilt die Ehre. Kommet, lasst uns anbeten, niederfallen und knien vor dem Herrn! Anmerkung: Der Guttäter aus Riedenheim, der 1000 Gulden spendete und dessen Namen Pfarrer Steinam verschweigt, war Adam Stoy, wie im Erzbischöflichen Archiv in Freiburg ermittelt wurde.


Richtfest mit Bauarbeitern auf dem Dachstuhl des neuen Teils, zum Hauptschiff umgewandelt, während das frühere im Hintergrund zum Seitenschiff „degradiert“ wurde – rechts im Anschnitt der in seiner Grundform unveränderte Kirchturm

Der Umbau von 1921 Bereits im Jahre 1870 fanden erste Gespräche zwischen dem Ortspfarrer Josef Achstetter und dem Erzbischöflichem Ordinariat über den Umbau der Kirche statt, denn am Kirchturm zeigten sich Risse und die Umfassungsmauern litten an aufsteigender Nässe. Außerdem war an eine Vergrößerung der Kirche gedacht. Die Baumaßnamen wurden jedoch vom Erzbischöflichen Bauamt als nicht so vordringlich eingestuft. Die Bürger von Poppenhausen ließen nicht von ihren Plänen, denn die Schäden an der Kirche wurden immer größer. Um die Gedanken und Pläne in die Tat umzusetzen, gründeten sie 1901 einen Kirchenbauverein. Schlossermeister Johann Michel übernahm den Vorsitz und wurde von fast allen Bürgern, allen voran Bürgermeister Johann Schenk und Kassenverwalter Sebastian Eck, der mit Hab und Gut für den Kirchenbau bürgte, sehr tatkräftig unterstützt. Bereits 1906 war ein Kapital von 11.300 Goldmark vorhanden. Jetzt konnte man ernsthaft an den Umbau der Kirche gehen. Der häufige Pfarrerwechsel in dieser Zeit behinderte den Fortgang der Planungen sehr. Vom Bauamt wurde zwischenzeitlich die Baumaßnahme befürwortet. Aber noch waren zwei Hindernisse aus dem Weg zu räumen, ehe der Bau beginnen konnte. Zunächst eines mit dem Denkmalamt, das das alte romanische Kirchlein unbedingt erhalten wollte und deshalb einen Neubau an einem anderen Ort vorschlug, was von den Bürgern rundweg abgelehnt wurde. Dieser heftige Streit behinderte jahrelang den Fortgang der Planungen und hatte zur Folge, dass sich der Baubeginn

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Skizze des Erzbischöflichen Bauamtes Heidelberg zum geplanten Umbau (Februar 1920) – in rot der neu errichtete Teil © Erzbischöfliches Archiv Freiburg, GR 1920 fb


verzögerte und wegen des beginnenden Ersten Weltkriegs vorerst ganz aufgegeben werden musste. Die Ortsbürger machten das Denkmalamt für den Wertverfall des Eigenkapitals verantwortlich und verlangten Schadensersatz. Sie drohten gar mit Grünsfeldhäuser Verhältnissen. Dort war in einer Nacht- und Nebelaktion ein dem Konservator wertvoll erscheinender „Heidenaltar“, der dem Ortspfarrer und den Leuten im Weg war, entfernt worden. Jetzt machte das Bauamt den Vorschlag, die Kirche in westlicher und nördlicher Richtung zu vergrößern. So wäre wenigstens die Ansicht von der Straße her unverändert geblieben. Dieser Vorschlag fand keine Zustimmung, weil das zusätzliche Platzangebot zu gering wäre. Man rechnete nämlich mit einem wesentlichen Bevölkerungszuwachs wegen der Steinindustrie in Krensheim und in Kirchheim. Auch fehlte nicht der Hinweis, dass die Frauen des Dorfes in ihrer weitausladender Gautracht an den Sonntagen mehr Platz bräuchten. Der Würzburger Architekt Hofmann schuf einen den Vorstellungen des Kirchenbauvereins entsprechenden Bauplan, der die gewünschte Erweiterung in Nord-Südrichtung darstellte und von allen Bürgern gutgeheißen wurde. In diesen harten Auseinandersetzungen hatte die Gemeinde mit dem von hier stammenden Pfarrer Andreas Eck einen kompetenten Mitstreiter. In einem von ihm angeregten Gutachten des anerkannten Experten Professor Albert Kuhn O.S.B. aus Maria Einsiedeln befürwortete dieser den Bürgervorschlag. Er sieht im kreuzförmigen Grundriss und der dreischiffigen Anlage des Langhauses den Grundgedanken großer romanischer Kirchen wiedergegeben und die alte Kirche gut in der neuen integriert.

Ein weiteres Problem stellte der Nachbarn Konrad dar, der einen schmalen Streifen zwischen der Straße und dem Kirchengelände nicht abtreten wollte. Erst 1914, inzwischen musste er als bankrotter Bauer sein ganzes Anwesen verkaufen, kam es mit dem Hofnachfolger Heer zu einer gütlichen Einigung. Dieser erhielt für seinen Streifen einen Garten neben seinem Anwesen. Genehmigung des Umbaus Endlich gab die Kirchenbehörde nach und genehmigte die Pläne nach der Vorstellung der hiesigen Bürger, verweigerte aber jegliche Bezuschussung. Der Kirchenbauverein, der inzwischen 80.000 bare Goldmark hatte, glaubte den Bau mit entsprechenden Eigenleistungen schultern zu können. Man hatte aber nicht mit der Inflation gerechnet, die noch manche Schwierigkeiten bereiten sollte. Die veranschlagten Baukosten, die vor dem Weltkrieg mit 78.000 Mark und bei der Bauplanung mit 160.000 Mark angenommen wurden, stiegen bis zum Baubeginn auf 292.000 Mark und sollten sich noch weiter erhöhen. Unter der Bauleitung von Maurermeister Georg Hörner aus Unterwittighausen wurde, noch vor der Plangenehmigung, die alte Kirche ausgeräumt und abgerissen und in der Pfarrscheune eine Notkirche eingerichtet. Noch brauchbare Einrichtungen, wie das Gestühl, den Beichtstuhl und die Seitenaltäre bekam der aus Poppenhausen stammende Dekan Andreas Eck für seine im Bau befindenden Filialkirche in Hoffenheim bei Sinsheim im Kraichgau geschenkt. Die Altäre wurden dort aber nicht aufgestellt, da sie nicht zum klassizistischen Hochaltar passten.

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Alter Hochaltar aus der Barockzeit im ostseitig gelegenen Chorraum der ursprünglich romanischen Kirche – links die mit einem Rundbogen ausgestattete Tür zur Sakristei und der Jahreszahl 1577, welche den Beginn umfangreicher Renovierungsarbeiten anzeigt

Abbruch und Neuaufbau Beim Abbruch stellte sich heraus, dass der Baukörper wesentlich schlechter war, als man annahm. Statt einiger Mauerdurchbrüche musste fast das ganze Mauerwerk abgetragen werden. In mühsamer, wochenlanger Handarbeit wurde in Eigenleistung der Gemeinde das Gelände um die Kirche metertief abgegraben. Dabei wurden im ehemaligen Friedhof sehr viele Gebeine aus vergangenen Jahrhunderten geborgen, die im Südosten des neuen Friedhofs würdevoll zum zweiten Mal bestattet wurden. Beim Aushub des Sakristeikellers drohte der Turm einzufallen und musste durch riesige Schrauben gesichert werden. Anfang Juni 1921 konnte endlich mit dem Bau der Kirche begonnen werden. Hierzu hatte die politische Gemeinde sämtliche Baustoffe, wie Steine, Kalk, Zement, Sand, Bauholz und Ziegel zu stellen, und die Bauern besorgten den Transport, zumeist von Ochsenfurt aus, kostenlos. Die wichtigsten Bauarbeiten wurden von folgenden Firmen ausgeführt: Maurerarbeiten: Georg Hörner, Unterwittighausen / Steinhauerarbeiten Simon Haaf und Josef Ank, Grünsfeld und Unterwittighausen / Zimmererarbeiten Franz Zimmermann, Vilchband / Dachdeckerarbeiten Markus Göbel, Tauberbischofsheim / Blechnerarbeiten Georg Walter, Bütthard / Tüncherarbeiten A. Thoma, Gerchsheim / Schreinerarbeiten Adolf Rappert, Unterwittighausen / Lackierarbeiten Markert, Tauberbischofsheim / Elektrische Installation Johann Michel, Poppenhausen

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Für Baumaterialien, vor allem Natur- und Kunststeine, wurden 116.823 Mark ausgegeben, die Baukosten betrugen 437.463 Mark, an Baubeiträgen waren 90.541 Mark zu entrichten. Die Gesamtkosten betrugen 528.004 Mark. Die Finanzierung erfolgte durch gesammelte Gelder des Kirchenbauvereins (80.000 Mark), einer freiwilligen Umlage nach Steuerregister (82.000 Mark), einem Beitrag des Kirchenfonds Rippoldsau (20.000 Mark), einem Beitrag des Heiligenfonds Forbach (20.000 Mark) sowie freiwillige Gaben der Gemeinde in mehreren Stückelungen (353.700 Mark).

Original-Aufzeichnung aus dem Kirchenarchiv Poppenhausen bezüglich der Finanzierung des Umbaus von 1921


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Das Chorraumgemälde von Franz Schilling aus dem Jahr 1947 zeigt Gott Vater im himmlischen Jerusalem – Komplettansicht auf der Doppelseite in der Heftmitte

Die im Poppenhäuser Heimatbuch von 1987 genannte Finanzierung bedarf der Korrektur, denn zum Kirchenbau gab es keinerlei Zuschüsse der Erzdiözese Freiburg. Lediglich die großherzigen Gaben aus Forbach und Rippoldsau wurden von der Diözese vermittelt. Die hiesige Gemeinde trug, für die heutige Zeit unvorstellbar, 517.700 Mark zum Bau bei und konnte sich dank der Überfinanzierung sogar eine neue Orgel und die Neufassung des Kreuzwegs leisten. Die feierliche Grundsteinlegung erfolgte am 26. Juni 1921 im Beisein von sieben Pfarrern aus den Nachbarpfarreien und einem sich anschließenden Dorffest auf der Wiese am See. Am 2. Juni 1922 wurde die noch rohe Kirche eingeweiht und am 17. Mai 1924 durch den Erzbischof Karl Fritz feierlich konsekriert. Freilich fehlten noch die Altäre und ein Geläute.

Ein zeitgenössischer Zeitungsbericht anlässlich der Einweihung in Auszügen: „Maria Heimsuchung war für die Pfarrgemeinde Poppenhausen ein großer Freudentag. Die neue Kirche wurde eingeweiht. Das neue Gotteshaus übertrifft das alte Kirchlein bei weitem an Schönheit und Würde. Nur eine reiche Gemeinde konnte den Bau noch vollenden. Es war eine lange Zeit, bis endlich die Mühe belohnt wurde. Schon im Jahre 1901 regten die Alten, die nun fast alle im Grabe schlummern, die Gründung des Kirchenbauvereins an. Die Gemeinde brachte Jahr für Jahr ihre Gagen. Im Jahre 1909 ging das erstmalige Gesuch an die Behörden, dem Bau einer Kirche näher zu treten. Der öftere Wechsel in der Leitung der Pfarrei zögerte den Bau hinaus. Der Weltkrieg und sein unseliger Ausgang und der unberechtigte Einspruch der


Kanzel im neoromanischen Stil aus dem Jahr 1923 mit Zugang aus der Sakristei

staatlichen Denkmalpflege schienen den Bau überhaupt vereiteln zu wollen. Im Frühjahr 1921 waren nach langen widerwärtigen Verhandlungen die Hindernisse beseitigt, der Bau konnte beginnen. Die Baukapitalien waren auf 80.000 Mark angewachsen, andere 80.000 Mark wurden in einer freiwilligen Steuer aufgebracht, 120.000 Mark werden noch durch örtliche Kirchensteuer erhoben. Mit einigen auswärtigen Gaben von 40.000 Mark standen zur Vollendung des Rohbaus nun 320.000 Mark zur Verfügung. Die Bewohner des Dorfes fronten in langer Tagesarbeit; Jung und Alt taten ihre Dienste, um Steine, Sand, Kalk und Bauholz herbeizuführen, an tausend Fuhren. Nun ist das Werk vollendet, ein schönes Werk, das unter den Dorfkirchen nicht an letzter Stelle stehen wird, ein Werk, das in späteren Jahrhunderten ein Denkmal der Baukunst sein und den nachkommenden Geschlechtern von dem Opfergeist ihrer Vorfahren zu Beginn des 20. Jahrhunderts erzählen wird. Der alte Turm aus dem 12. Jahrhundert blieb in seiner äußeren Erscheinung unangetastet. Das Schiff der alten Kirche, im Jahre 1818 durch stillose Fenster verändert und entstellt, ward zum größten Teil ein Opfer des Neubaus. Das alte Portal und die kleinen Fensterchen blieben erhalten. Die Erweiterungen, das heißt die Neubauten, stimmen zum Alten, erweisen sich aber unzweideutig als moderne Zutaten. Die historische wie die moderne Richtung in der Denkmalpflege kann gegen die Erweiterungen nichts einwenden. Die aus dem Kompromiss hervorgehende Kirche fügt sich gut in die Umgebung ein und bietet im Innern eine interessante Raumbildung. Die romanische Bauart ist bis ins Kleinste durchgeführt, ein imposanter Chor, die Seitenschiffe mit den wuchtigen Säulen und Bogen, das

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Im Gewölbe über dem neuen Hauptalter hat der Künstler Franz Schilling 1947 vier Heilige mit ihren Attributen dargestellt – es sind dies von links nach rechts Notburga, Kilian, Isidor und Rita

Auf Augenhöhe unterhalb der Malerei befinden sich als Halbreliefs die vier Evangelisten mit ihren Attributen, die wahrscheinlich vom damaligen Ortspfarrer Martin Stanislaus Sack erschaffen wurden – es sind dies von links nach rechts Matthäus mit dem geflügelten Menschen, Markus mit dem geflügelten Löwen, Johannes mit dem Adler und Lukas mit dem geflügelten Stier


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Der Marienaltar (linker Seitenaltar) ist ein Werk des Bildhauers Thomas Buscher aus Gamburg/München

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Türmchen zur Empore, die Turmkapelle unter dem massiven Turm geben dem Ganzen eine reiche Gliederung. Die Kommunionbank aus Eichenholz, sieben Meter lang, die Kanzel aus Muschelkalk, ein neuerstellter Altaraufbau, die neugefassten Stationen, alles in stilgerechter Ausführung, schmücken das Innere und sind lauter freiwillige Gaben. Am 6. Mai 1921 wurde die Pfarrscheuer als Notkirche bezogen, die während des Winters mit einem Privathaus vertauscht wurde. Am 26. Juni wurde der Grundstein gelegt und am 2. Juni d. J. (1922) war der feierliche Einzug in die neue Kirche. Zahlreiche Fahnen, reicher Blumenschmuck und ein festlich geschmücktes Gotteshaus kündeten den herbeigeeilten Verwandten und Bekannten die frohe Festesstimmung. Sechs Geistliche taten bereitwilligst die Dienste bei der Einweihung. Herr Pfarrer Anton Merkert in Elzenz nahm die Weihe der neuen Kirche vor; Herr Pfarrer Andreas Eck in Zuzenhausen (beide aus Poppenhausen stammend) legte seinen Landsleuten in einer volkstümlichen Predigt die Würde des Gotteshauses dar, das ein Haus Gottes und eine Gnadenstätte für die Gemeinde sein soll. Das feierliche Hochamt war das erste Dankesopfer an die Spender alles Guten. Ein von Herzen kommendes Te Deum schloss die kirchliche Feier, bei der die Mädchen die Muttergottesmesse von Brekle zum Vortag brachten. Eine 1922 gekaufte gebrauchte Orgel musste schon 1925 durch eine neue ersetzt werden. Im Jahre 1929 wurden von der Gießerei Gebrüder Klaus aus Heidingsfeld zwei neue Glocken gekauft, 1941 wieder abgenommen und zu Kriegszwecken eingeschmolzen.


Der Josefsaltar (rechter Seitenaltar) ist ein Werk des Bildhauers Fritz Zipf aus Unterwittighausen/München

Auf Initiative des aus Oberlauda stammenden Pfarrers Martin Stanislaus Sack wurde die Anschaffung neuer Altäre geplant. Zur Doppelprimiz der beiden Neupriester Karl Endres und Martin Hofmann im Jahre 1936 sollten die Altäre errichtet sein. Vom Erzbischöflichen Bauamt kam die Information, dass dazu keine Zuschüsse zu erwarten sind. Bei der Planung und Auftragsvergabe wollte man, sehr zum Ärger der Pfarrgemeinde, sehr wohl mitbestimmen und hatte aus der Schar der zum Teil örtlichen Mitbewerber (u.a. der Kunstmaler Willi Exner aus Poppenhausen und der Steinbildhauer Franz Hussy aus Unterwittighausen), die Gebrüder Metzger aus Überlingen vorgesehen. Pfarrer Sack, selbst ein begabter Hobbybildhauer, und sein Stiftungsrat hatten einige Änderungswünsche und der Preis war ihnen zu hoch. Die Verhandlungen mit der Firma Metzger verliefen ergebnislos und wurden zum Verdruss der Baubehörde abgebrochen. Der Ortspfarrer verhandelte nun mit dem sehr bekannten Münchner Bildhauer Professor Thomas Buscher, der aus Gamburg im Taubertal stammte. Im Jahre 1934 erhielt er für den Angebotspreis von 3.500 RM den Auftrag zur Erstellung des Hochaltars, einer Kreuzigungsgruppe aus Lindenholz, die am 16. August 1935 aufgestellt wurde. Die Finanzierung erfolgte mit einem namhaften Beitrag aus dem Erlös des Verkaufs der Riemenschneider-Pieta von Hof Lilach und Spenden einheimischer Bürger. Ebenfalls von Professor Buscher stammen die Planungen der Nebenaltäre. Aus Gesundheitsgründen konnte er nur den Marienaltar anfertigen. Der Josefsaltar ist das Erstlingswerk in Holz des aus Unterwittighausen stammenden Künstlers Fritz Zipf. Beide Altäre kosteten 3.750 RM.

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Tafel 6 des im Stil des Historismus gehaltenen Kreuzweges – siehe auch Foto auf Seite 34; dort sind drei Tafeln rechts der Eingangstür unter der Empore zu sehen

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Renovierung um die Jahrtausendwende Aufsteigende Nässe an den Grundmauern und eindringendes Regenwasser am undichten Dach der Kirche waren bereits 1970 Anlass, den Turm zu erneuern (61.000 DM). Im Jahre 1978 erfolgte die Trockenlegung der Fundamente des Kirchenschiffes, ein neuer Außenputz wurde aufgebracht und das Dach des Kirchenschiffes erfuhr eine Neueindeckung mit Biberschwanzziegeln. In Zusammenarbeit mit der politischen Gemeinde wurden 1984, anlässlich der 800-Jahr-Feier des Dorfes, im Rahmen der Dorfsanierung das Umfeld der Kirche und der Kirchplatz neu gestaltet und eine von Pfarrer Karl Endres gestiftete Schutzmantelmadonna errichtet. In dieser Zeit erstellte das Erzbischöfliche Bauamt in Zusammenarbeit mit dem Denkmalamt erstmals ein Konzept für die dringend notwendige Renovierung des Innenraums der Kirche, die 1999 in Angriff genommen wurde (etwa eine Million DM). Zuerst sollte eine erneute Trockenlegung der Fundamente erfolgen, da sich jene aus dem Jahre 1978 als nicht ausreichend erwies. Der Innenputz wurde in Eigenleistung der Gemeinde abgenommen und das Mauerwerk gesäubert, das schadhaftes Gebälk erneuert und die teilweise Neueindeckung des Daches ausgeführt. Nach Beendigung der Arbeiten wurde erfreulicherweise festgestellt, dass der Kostenplan sogar unterschritten werden konnte. Deshalb ging man die zunächst zurückgestellte Anschaffung eines neuen Zelebrationsaltars an. Professor Paul Brandenburg aus Berlin schuf für ein Honorar von 27.390 Euro eine bestens gelungene Komposition aus Bronze und Muschelkalk.


Kopie der berühmten Pieta von Tilmann Riemenschneider (zumindest aus seiner Werkstatt), erschaffen vom Würzburger Holzbildhauer Heinz Schiestl – bis 1926 befand sich das Original in der Hofkapelle in Hof Lilach

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INNENGESTALTUNG MISCHUNG VERSCHIEDENER STILE

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St. Martin ist mit für eine Dorfkirche beachtenswerten Kunstwerken ausgestattet. Schon das ursprüngliche Aussehen, ein romanisches Bauwerk aus dem frühen 12. Jahrhundert, wird wie auch die Sigismundkapelle in Oberwittighausen, von Kunsthistorikern zu den bedeutendsten sakralen Bauwerken der Salierzeit gezählt. Auch das stimmige Bild nach dem Umbau, im neoromanischen Stil, in den Jahren 1921/22 zeugt von gelungener Architektur. Die innere Ausstattung der mittelalterlichen Kirche ist leider nicht mehr bekannt. Man kann höchstens Vergleiche mit anderen Kirchen aus dieser Epoche anstellen. Das Bild nach der Renovierung im Jahre 1577 lässt sich andeutungsweise aus einem Bericht vor einer weiteren Renovierung 1817/18 nachvollziehen, bei dem der einstige Zustand der Kirche etwa 250 Jahre später beschrieben wird. Anlass der Baumaßnahme zu Beginn des 19. Jahrhunderts war der miserable Zustand des Gotteshauses und der Wunsch einer dem Zeitgeist entsprechenden Ausstattung. Hierüber hat der aus Tauberbischofsheim stammende Seelsorger Anton Steinam, der 40 Jahre in Poppenhausen wirkte, eine ausführliche Schrift verfasst, die auf Seite 8 dieses Heftes zu finden ist. Neben der Ausstattung mit einem neuen Fußboden, neuen Bänken, größeren Fenstern und einer neuen Kanzel war die Errichtung neuer Altäre das prägende Element dieser Renovierung. Der Hochaltar und die Seitenaltäre wurden 1817 im Rokokostil gefertigt und sind den Altären von Peter Wagner sehr ähnlich. Dies lässt vermuten,

dass sie aus der Werkstatt seines Nachfolgers Johann Baunach stammen könnten, was aber nicht belegt werden kann. Es war wahrscheinlich der Wunsch des Pfarrers oder der Gemeinde, die Altäre auch in diesem schon altmodischem, aber dem Kunstempfinden der Bürger entsprechenden Stil zu gestalten, denn der Klassizismus hatte mittlerweile die Rokokozeit abgelöst. Es war leider nicht möglich, den wirklichen Schöpfer der Altäre zu ermitteln, da in den Akten der Pfarrei keinerlei Hinweise zu finden waren und auch Experten nicht weiter helfen konnten. Im Jahre 1870 wurden im Zuge einer Innenrenovierung die Altäre von Johann Schächer aus Würzburg zum Preis von 700 Gulden neu vergoldet. Während die Seitenaltäre beim Umbau 1921/22 entfernt wurden, blieb der ehemalige Hochaltar an alter Stelle, im nunmehrigen Seitenchor der Kirche, erhalten. Im Jahre 1941 konnte er, dank einer großherzigen Spende von Dekan Andreas Eck (1868 -1942) an seine Heimatgemeinde, von der Firma Haselbrunner aus Würzburg renoviert und neu vergoldet werden. Bei der letzten Renovierung der Kirche 2002 wurde der Altar vom Restaurator Robert Bronold aus Gerlachsheim gereinigt und farblich aufgefrischt. Nach dem Umbau der Kirche Anfang der 1920er Jahre war aus finanziellen Gründen an die Ausstattung mit neuen Altären nicht zu denken. Man musste sich zunächst mit einem Notaltar begnügen. Für die Herstellung der Altäre konnte im Jahre 1935 Professor Thomas Buscher (18601937), ein Sohn der bekannten Künstlerfamilie aus Gamburg, gewonnen werden. Er war ein sehr vielseitiger Künstler, der je nach Wunsch des


Kreuzigungsgruppe aus Lindenholz von Thomas Buscher über dem neuen Hochaltar in einer angedeuteten Nische des Chorraums aus dem Jahr 1935

SCHNITZKUNST ZWISCHEN NEOGOTIK UND NEOBAROCK THOMAS BUSCHER

Thomas Buscher wurde als sechstes Kind des Steinmetzmeisters Friedrich Buscher und seiner Frau Dorothea am 7. März 1860 in Gamburg/Tauber geboren. 1877 begann er eine Bildhauerlehre in der Anstalt für Kirchliche Kunst des Münchner Architekten Joseph Elsner. 1880 schrieb er sich für die Bildhauerschule Knabl an der Königlichen Kunstakademie ein. Nach Abschluss des Studiums begab er sich 1884 nach Amerika und arbeitete in Chicago als Ornamentschnitzer in der Werkstatt seines älteren Bruders Sebastian Buscher, der sich einige Jahre vorher dort dauerhaft niedergelassen und die Bildhauerwerkstatt seines 1879 verstorbenen Onkels Franz Anton Buscher übernommen hatte. 1886 kehrte Thomas Buscher nach München zurück und führte zunächst Auftragsarbeiten für seinen früheren Lehrmeister Joseph Elsner aus. 1888 machte er sich als „Fertiger für Holzschnitzarbeiten aller Art“ selbständig. 1900 erwarb er in Münchner ein Wohnhaus, in dem sich auch sein Atelier befand. Am 13. Juni 1907 erhielt er die bayerische Staatsbürgerschaft und 1913 wurde er ohne Lehrverpflichtung zum königlich-bayerischen Professor für Bildhauerei an der Kunstakademie ernannt. Thomas Buscher spezialisierte sich vor allem auf Schnitz- und Bildhauerwerke für Kirchen, führte jedoch auch Aufträge für Grabmonumente und Kriegerehrenmale aus. Seit 1890 war er mit der Münchner Holzhändlertochter Creszentia Maria Mamhofer verheiratet. Der Ehe entstammten vier Töchter. Thomas Buscher verstarb am 13. Mai 1937 in Ammerland am Starnberger See.

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Auftraggebers in verschiedenen Stilen arbeitete. Am Hochaltar, den er 1935 als Fünfundsiebzigjähriger schuf, schnitzte er die Kreuzigungsgruppe in Lindenholz, anlehnend an den Baustil, in romanischem Art, während er beim Marienaltar, wie bei vielen anderen Altären, fast im Stile Riemenschneiders arbeitete. Aus gesundheitlichen und zeitlichen Gründen verzichtete er auf die Schaffung des von ihm entworfenen Josefsaltars, der mit seinem Einvernehmen von Bildhauer Fritz Zipf (1908 -1981) aus Unterwittighausen geschnitzt wurde. Es war das Erstlingswerk dieses jungen Künstlers in Holz. Vorher hatte er die steinernen Kriegerdenkmale in Unterwittighausen und Großrinderfeld geschaffen und im Zenit seines Könnens viele Kirchen im Raum München mit Kunstwerken verschönt. Erwähnenswert ist auch die Arbeit des damaligen Ortspfarrers Martin Stanislaus Sack, aus Oberlauda stammend, eines begabten Hobbyholzschnitzers. Er schuf, nach einem Entwurf Buschers, als Halbreliefs die anbetenden Engel zu beiden Seiten des Tabernakels, ebenso einen schönen Osterleuchter und wahrscheinlich auch die vier Evangelisten im Altarraum (siehe auch Seiten 22/23). Die Ausschmückung des Deckengewölbes im Chor der Kirche sollte im byzantinischen Stil mit einem Motiv aus der Geheimen Offenbarung als Mosaikarbeit erfolgen. Die veranschlagten Kosten in Höhe von 40.000 RM waren nicht zu finanzieren. Als machbare Lösung einigte man sich auf die Ausmalung, welche nur etwa ein Viertel davon kosten sollte. Schon im Jahre 1933 bewarb sich der Kunstmaler Franz Schilling, der in der Freiburger Diözese sehr

bekannt war, um den Auftrag zur Ausmalung des Chores. Es darf als Glücksfall gelten, dass er sich um den Auftrag in Poppenhausen bemühte und sich regelmäßig, noch als Ausgebombter in München, im Kriegsjahr 1945 in Erinnerung brachte. Er könne sofort beginnen, wenn es der Gemeinde gelänge die Farben zu besorgen. 1946 konnte der Auftrag zur Ausmalung der Kirche erteilt werden, aber erst mussten auf dem Schwarzmarkt die notwendigen Materialien besorgt werden – und das dauerte. An Arbeitskosten fielen weitgehend wertlose 8.830 RM an. Vielmehr war dem Künstler an einer Verköstigung in den hiesigen Bauernfamilien gelegen. Im Oktober 1947 war, unterbrochen von einer Erkrankung Schillings, das Werk vollendet. Die mittelalterlichen Kreuzwegstationen der alten Kirche wurden 1870 für 15 Gulden „gereinigt und gefirnisst“. Bereits 1855 und auch 1870 müssen jeweils „zwei Stationsbilder neugemacht“ werden. Im Jahre 1891 wurde ein neuer, holzgeschnitzter Kreuzweg feierlich eingeweiht, der wie überliefert aus einer Rhöner Manufaktur stammt und 2.100 Goldmark kostete, in den Kirchenrechnungen aber nicht erwähnt ist. Es ist daher anzunehmen, dass er spendenfinanziert wurde. Die in Halbreliefs gearbeiteten Stationen wurden 1922 im neoromanischen Stil neu gefasst und farblich aufgefrischt in der neuen Kirche aufgehängt und sind eine passende Ausschmückung. Ebenso erfuhren sie bei der letzten Kirchenrenovierung 2001 eine Säuberung, Wurmbehandlung und neue Farbgestaltung. Das bekannteste Kunstwerk in der Kirche, eine Pieta von Tilman Riemenschneider aus der Hof-


Vorskizze von Franz Schilling aus dem Jahr 1947 bezüglich der Ausgestaltung des neuen Hochaltares und des gewölbten Raumes darüber © Erzbischöfliches Archiv Freiburg, B33/1145

KUNSTMALER AUS RHEINHESSEN FRANZ SCHILLING

Franz Schilling wurde am 4. Oktober 1879 in Uelversheim in Rheinhessen geboren. Das Malen erlernte er vermutlich bei seinem Onkel Carl Philipp Schilling (1855 -1924), der in Freiburg eine Kunstmalerwerkstatt betrieb. Ab etwa 1902 wirkte Franz Schilling als Gehilfe seines Onkels bei der neoromanischen Ausmalung der Stadtkirche in Gengenbach mit. Im April 1903 ließ er sich vorübergehend in München nieder, kehrte aber etwa 1905 nach Freiburg zurück, wo er als Mitarbeiter seines Onkels bis 1907 federführend an der Ausmalung des Ordinariatsgebäudes beteiligt war. Am 21. Juni 1908 ließ sich Franz Schilling fest in Freiburg nieder, bezog bald darauf in der Rosastraße, im selben Haus wie sein Onkel, eine Wohnung und eröffnete spätestens im Jahr 1913 – ein genaueres Datum war bislang nicht zu ermitteln – ein eigenes Kunstmaleratelier. Im Jahr 1931 kehrte er wieder nach München zurück, arbeitete jedoch von dort aus auch in den Folgejahren immer wieder in der Erzdiözese Freiburg. So schuf er etwa für die Anfang der 1930er Jahre erbaute Christkönigskirche in Gottmadingen ein monumentales, im Jahr 1999 wieder freigelegtes und restauriertes Wandgemälde hinter dem Hochaltar. Die Ausgestaltung von St. Martin in Poppenhausen entstand 1947 unter materieller Mithilfe der Einwohnerschaft. Weitere Malerei von ihm findet sich im Münster St. Jakobus in Titisee-Neustadt, in St. Gebhard in Konstanz-Petershausen und in St. Aloysius in Steinbach (Saarland). Franz Schilling verstarb am 9. Juli 1964 in München.

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kapelle von Lilach, ist leider nur als Kopie vorhanden, da das Original verkauft wurde. Jedoch sollten zwei Nachfertigungen von einem namhaften Künstler gefertigt werden. Hierfür gelang es, den bekanntesten mainfränkischen Bildschnitzer des frühen 20. Jahrhunderts, Heinz Schiestl (1867-1940) aus Würzburg, zu gewinnen. Er entstammt einer bekannten Tiroler Künstlerfamilie, zog mit seinen Eltern nach Würzburg und erlernte dort den Beruf des Holzbildhauers. Dem schloss sich ein Studium an der Münchner Kunsthochschule an. Als gefragter Künstler verstand er es, Tilman Riemenschneider meisterhaft zu kopieren und schuf im fränkischen Raum im kirchlichen aber auch im privaten Bereich viele Kunstwerke, so auch diese zwei Repliken der Riemenschneider-Pieta von Hof Maria mit dem Kinde als Halbrelief eines unbekannten Künstlers

Lilach, die heute in der dortigen Hofkapelle und in der Pfarrkirche von Poppenhausen zu bewundern sind. Ein wertvolles Geschenk machte sich die Pfarrgemeinde im Jahre 2002 mit der Anschaffung eines neuen Zelebrationsaltars, der vom Bildhauer Paul Brandenburg geschaffen wurde. Dem 1930 geborenen und in der DDR aufgewachsenen Künstler wurde aus politischen Gründen ein Kunststudium versagt. Erst nach seinem Umzug nach Westberlin im Jahre 1952 konnte er ein solches an der Hochschule für Bildende Kunst aufnehmen und 1958 abschließen. Schnell wurde er ein gefragter Künstler im kirchlichen und profanen Bereich, der in Stein und auch in Metall viele Kunstwerke schuf. In mehr als 140 Kirchen in ganz Deutschland erstellte er im Sinne des Zweiten Vatikanums vor allem neue Altäre. Für Poppenhausen wählte er als Motiv den „Lebensbaum“. Auf einem lichtdurchfluteten Sockel mit filigranen Ästen und Blättern aus Bronze liegt, fast schwebend, der Altartisch aus Krensheimer Muschelkalk und ist ein gewollter Kontrast zum wuchtigen Hochaltar. Dieser Altar ist einer der wenigen, bei dem der heute im Ruhestand lebende Künstler Metall und Stein kombinierte, und den er mit Stolz als eines seiner besten Werke ansieht. Als Ersatz für die alten Gipsfiguren der Weihnachtskrippe konnten im Jahre 1994 dank großherziger Gaben einiger Familien und der Restfinanzierung durch eine Spende der Katholischen Frauengemeinschaft des Dorfes filigran geschnitzte Figuren angeschafft werden. Sie wurden vom Holzschnitzer Gerhard Michel aus Moos zum Preis von 2.470 DM geschaffen.


TÖNE GLOCKEN UND ORGEL

Der beherrschende Wehrturm der Kirche war schon beim Bau auch als Glockenturm geplant, worauf die großen romanischen Schallfenster hinweisen und mit drei Glocken bestückt, wie die Seildurchführungen im alten Chor belegen. Vergleichsweise kleine Glocken riefen damals nicht nur zum Gottesdienst, sondern waren auch Sturmglocken zu Zeiten innerer oder äußerer Gefahren. Die erste Erwähnung von Glocken erfährt man bezüglich eines Glockenstreits mit der Pfarrei Unterwittighausen. Aus dem verfallenen Turm der Filialkapelle St. Sigismund wurden um 1595 „beide schönen Glöcklein“ geborgen und in Unterwittighausen deponiert. Nach Beendigung der Renovierung um 1680 verweigerte die dortige Pfarrei die Rückgabe beider Glocken. Im Jahre 1777 werden in den Kirchenfondrechnungen Ausgaben für Eisen und Schrauben am Glockenstuhl der mittleren Glocke verbucht, also war auch damals ein dreistimmiges Geläute im Poppenhäuser Kirchturm. Im Jahre 1886 erhielt die Kirche ein neues Geläute, da das vorhandene, „uralte“ wegen Rissen in den Glockengehäusen und eines morschen hölzernen Glockenstuhls unbenutzbar war. Die Firma Gebrüder Klaus aus Heidingsfeld goss das neue Geläut aus Bronze; drei Glocken die 15,85 / 8,25 / 5,07 Zentner wogen und 1,50 Mark je Pfund, also 4.375,50 Mark kosteten. Zum gleichen Pfundpreis lieferte sie für 5.521,75 Mark auch einen neuen stählernen Glockenstuhl. In Zahlung ging das alte Geläut zum Pfundpreis von einer Mark und brachte 1.129 Mark ein. Eine Sammlung in der Gemeinde erreichte eine Summe von 2.710 Mark an freiwilligen Spenden. Die Restschuld beglich

vertragsgemäß die politische Gemeinde. Im 1. Weltkrieg mussten 1917 zwei Glocken für Rüstungszwecke abgegeben werden und die Pfarrgemeinde hatte sogar die Kosten für deren Abnahme und den Transport in ein Depot zu übernehmen. Wiederum von der Glockengießerei Gebrüder Klaus wurde das Geläut 1929 ergänzt. Zwei Bronzeglocken mit einem Gewicht von 925 kg kosteten 3.628 RM und wurden neben eines Zuschusses der Gemeinde umlagefinanziert. Nach zeitgenössischen Berichten harmonierten die beiden neuen Glocken nicht so recht mit der alten Glocke. Im Jahre 1941 erhielt die Kirche eine elektrische Läutanlage von der Firma Hörz aus Ulm für 2.100 RM und im gleichen Jahr mussten wiederum zwei Glocken abgegeben werden, die für Kriegszwecke eingeschmolzen wurden. In der Amtszeit von Pfarrer Theodor Ulmer wurden 1954 von der Glockengießerei Gebrüder Schilling aus Heidelberg drei neue Glocken zum Preise von 15.000 DM gekauft und die alte Glocke für 1.665 DM in Zahlung gegeben. Die Finanzierung erfolgte durch Beitragsveranschlagung der Pfarrgemeinde, wobei sich einige Familien besonders spendenfreudig zeigten. Das harmonische Geläute besteht aus: – der Martinsglocke, Ton „f“, mit der Inschrift: „Sankt Martin Bischof von Tours lehre uns den Glauben in liebender Tat zu bekennen“, und einem Gewicht von 1025 Kilogramm – der Marienglocke, Ton „as“, mit der Inschrift „Gegrüßet seist Du Maria Du Gnadenvolle der Herr ist mit Dir“, und einem Gewicht von 576 Kilogramm

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Die Empore trägt die leider nicht mehr bespielbare Orgel der Firma Michael Weise aus Plattling

– der Michaelsglocke, Ton „b“, mit der Inschrift „Heiliger Erzengel Michael Bannerträger im Kampf gegen Satan geleite die Seelen ins ewige Licht“, und einem Gewicht von 401 Kilogramm Im Jahre 1970 lieferte die Firma Hörz aus Ulm eine neue elektronisch gesteuerte Läutanlage für 4.167 DM. Bei der letzen Renovierung der Kirche wurden hölzerne Glockenjoche, ein sicherer Turmaufstieg und eine neue Funkanlage für die Turmuhr und das Schlagwerk für fast 12.500 Euro eingebaut. Kein Glück mit den Orgeln Die Orgel gilt als Königin der Musikinstrumente. Kleine Pfarreien konnten sich oft nur minderwertige Orgeln leisten und hatten oft auch nur weni-

ger begabte Organisten, die die Orgel „schlugen“. Wann die Kirche in Poppenhausen erstmals eine Orgel erhielt, ist unbekannt, denn die Unterlagen eines ehemals bestehenden Glocken- und Orgelfonds sind verschollen. Aus dem Jahre 1886 liegt erstmals eine Rechnung des Orgelbauers Dörr aus Hardheim vor, der für die Reparatur des Instruments 380 Mark berechnete, das auch später laufend Kosten verursachte. Im Jahre 1889 bot die Firma Laukhuff aus Weikersheim eine neue Orgel mit sechs Registern und 297 Pfeifen für 2.000 Mark an. Mit Rücksicht auf den geplanten Kirchenumbau wurde der Kauf zurückgestellt. Stattdessen kaufte man 1904 ein Harmonium zum Preis von 325 Mark. Nach dem Umbau um 1921 galt die erste Anschaffung einer neuen Orgel. Von der Orgelbauanstalt Voit aus Karlsruhe wurde 1922 eine gebrauchte pneumatische Orgel, die vorher in


der St. Bernharduskirche in Baden-Baden stand, für 12.850 Mark gekauft. Ein Fehlkauf, wie sich erweisen sollte, denn die Orgel war sehr störanfällig und funktionierte selten. In einem jahrelangen Streit konnte keine gütliche Einigung erreicht werden. Die Firma Voit beharrte darauf, ein fehlerfreies Instrument, das heute (1923) „über 100.000 Mark“ kosten würde, geliefert zu haben, führte das Versagen auf die stark wechselnden Feuchte- und Temperaturverhältnisse in der neuen unbeheizten Kirche zurück und zeigte sich nicht entgegenkommend. Die Gemeinde stand gezwungenermaßen vor der Anschaffung einer neuen Orgel. Im Jahre 1925, unmittelbar nach der Inflation, kaufte man wiederum ein pneumatisches Instrument von der Firma Michael Weise aus Plattling mit zehn Registern zum Preis von 6.330 RM. Es wurde von der politischen Gemeinde mit 1.800 RM bezuschusst, die Orgel von 1922 ging für 1.000 RM in Zahlung. Der Rest wurde auf die Bürger umgelegt mit dem Vorbehalt, dass alle Veranschlagten bezahlen – und alle bezahlten. Dieser Kauf war ebenfalls ein Missgriff, denn auch die neue Orgel war sehr störanfällig, musste ständig aufwendig repariert werden und ist seit den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts unbespielbar. Der Organist, Hauptlehrer Franz Günther, behalf sich zeitweise mit einem Harmonium. Seit dem Jahre 1982 erklang eine von Pfarrer Karl Endres seinem Heimatdorf gestiftete elektronische Orgel, die bei der Kirchenrenovierung im Jahre 2001 beschädigt wurde und nur noch beschränkt einsatzfähig ist. Nun standen zur Diskussion: die Reparatur der vorhandenen fest eingebauten

Orgel (75.000 Euro), der Kauf einer gebrauchten (25.000 Euro) oder die Anschaffung eines neuen Instruments (125.000 Euro). Pfarrer Elmar Landwehr und der Stiftungsrat entschieden, diese Sache zurückzustellen, da die noch anstehende Kirchturmsanierung als wichtiger angesehen wurde. Im Jahre 2016 fasste der Pfarrgemeinderat den Beschluss, wieder eine neue elektronische Orgel anzuschaffen. Man kaufte eine Viscount-Orgel mit zwei Manualen und einem Pedal zum Preis von fast 9.000 Euro. Der Erwerb wurde aus Rücklagen finanziert.

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Postkarte aus dem Jahr 1924 – nach dem großen Umbau

Zum Aufgabenbereich der politischen Gemeinde gehört seit der frühen Neuzeit die Anschaffung und der Unterhalt der Turmuhr. Wann hier erstmals eine angeschafft wurde, ist unbekannt. Im Zuge des Glockenkaufs wurde von Uhrmacher Ruf aus Bad Mergentheim für 650 Mark im Jahre 1886 auch eine neue Turmuhr angeschafft, weil die alte nicht mehr reparabel war. Bei der Turmsanierung 2004 bekam die Uhr für 2.300 Euro, gestiftet von einigen Bürgern und mitfinanziert von der politischen Gemeinde als Baulastträger, ein neues Aluziffernblatt und ein neues Zeigerpaar. Auch der Motorantrieb wurde erneuert und das Uhrwerk renoviert. Als letztes erhielt die Kirche ein elektronisch gesteuertes Schlagwerk.


FARBDOKUMENTATION DECKENBEMALUNG

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Ornamente der Deckenbemalung, aufgezeichnet im Juli 1921 kurz vor dem Abriss der Decke, 28 x 34 cm, Maßstab 1:10 © Landesarchiv Baden-Württemberg, Generallandesarchiv Karlsruhe 498-3, Nr. 171


Farbpause der Deckenbemalung, aufgezeichnet im Juli 1921 kurz vor dem Abriss der Decke, 100 x 53,5 cm, Maßstab 1:1 © Landesarchiv Baden-Württemberg,

Generallandesarchiv Karlsruhe 498-3, Nr. 172

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WITTIGHÄUSER HEFTE 26

Bei der Erstellung dieser Broschüre wurde u. a. auf die nachfolgend aufgeführte Literatur zurückgegriffen:

November 2016 Herausgeber: Gemeinde Wittighausen Recherche und Texte: Karl Endres, Poppenhausen Recherche und Gestaltung: Edgar Braun, Unterwittighausen und Höchberg office@grafik-braun.de Fotografie: Jochen Schreiner, Würzburg, www.jochenschreiner.de; Edgar Braun (Titelseite) sowie von unbekannten Fotografen Mitarbeit: Frank Lurz, Unterwittighausen Elke Schuler, Oberwittighausen László Strauß, Freiburg

Seite 39 Neuer Hochaltar aus dem Jahr 1935 mit der Kreuzigungsgruppe von Thomas Buscher Seite 40 Der Josefsaltar (rechter Seitenaltar) ist ein Werk des aus Unterwittighausen stammenden Bildhauers Fritz Zipf

Karl Endres / Roland Veith, Poppenhausen/ Tauberbischofsheim „Poppenhausen – Ein Bauerndorf im Gau“, 1987 Eigenverlag Adolf von Oechelhaeuser (Herausgeber), Karlsruhe „Die Kunstdenkmäler des Großherzogtums Baden, Band IV, Kreis Mosbach, 1. Abteilung Amtsbezirk Wertheim, 2. Abteilung Amtsbezirk Tauberbischofsheim“, 1898, Freiburg, Leipzig, Tübingen Erzbischöfliches Ordinariat Freiburg (Herausgeber), Christof Schmider „Das Erzbischöfliche Ordinariat Freiburg“ (Große Kunstführer, Band 221), 2007, Verlag Schnell & Steiner, Regensburg Archivalien aus dem Landesarchiv Baden-Württemberg, Generallandesarchiv Karlsruhe Archivalien aus dem Erzbischöflichen Archiv Freiburg (EAF)

Die Herstellung der Broschüre wurde großzügig unterstützt durch



www.wittighausen.de


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