Wittighäuser Hefte 27 - NABU 40 Jahre

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NABU

40 Jahre Natur- und Umweltschutz in der Gemeinde Wittighausen

WITTIGHÄUSER HEFTE 27



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ZAHLEN, DATEN, FAKTEN

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WIE 1976 ALLES BEGANN

16 KINDER- UND JUGENDARBEIT 22 BEREICHERUNG DES DORFLEBENS 24 NATURDENKMAL AM RIED 30 NATURDENKMAL MÜHLBERG 34 VORSICHT: WITTIGBACHBEGRADIGUNG! 36 TÜMPEL UND SEEN 40 AMEISEN, HIRSCHKÄFER & CO. 4 2 Impressum / Unterstützung

Titelseite Zwei Ried-Impressionen, junge Rohrweihe und Erdkröte Seite 2 Die Riesenbank am Ried wird von den Kindern der Klasse 4 (2015/2016) der Grundschule Wittighausen in Beschlag genommen – neben der Straße von Unterwittighausen nach Bütthard gelegen (im Hintergrund ist übrigens der Krötenschutzzaun zu sehen) bietet sie einen guten Blick übers Naturdenkmal Aufkleber der Jugendgruppe aus dem Jahr 1986

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NABU-BUNDESVERBAND ZAHLEN, DATEN, FAKTEN

Bereits im Jahr 1899 wurde der NABU in Stuttgart von Lina Hähnle als „Bund für Vogelschutz“ gegründet. 1990 fand der Zusammenschluss mit den in der ehemaligen DDR neu gegründeten Landesverbänden zum Naturschutzbund Deutschland (NABU) statt.

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Anstecknadel des Deutschen Bundes für Vogelschutz aus den 1980er Jahren mit 21 mm Durchmesser

Die von Lina Hähnle gegründete Vereinigung wurde in den Jahren 1938 bis 1945 als „Reichsbund für Vogelschutz“ gleichgeschaltet, jedoch schon ab 1946 erfolgte unter der Präsidentschaft Hermann Hähnles (1878-1965) der Wiederaufbau als BfV. 1965 wurde dieser in „Deutscher Bund für Vogelschutz“ (DBV) umbenannt und in Landesverbände untergliedert. Im Jahr 1990 fand dann der Zusammenschluss mit den in der ehemaligen DDR neu gegründeten Landesverbänden zum „Naturschutzbund Deutschland“ (NABU) statt. Der NABU hatte Ende 2015 rund 590.000 Mitglieder und Förderer (einschließlich LBV) und ist in allen Bundesländern mit etwa 2.000 Orts-, Kreis- und Fachgruppen aktiv.

Die Schwäbin Lina Hähnle (1851 - 1941) kann als die Urmutter des NABU bezeichnet werden

Das NABU-Mitgliedermagazin „Naturschutz heute“ erscheint viermal im Jahr und wird in einer Auflage von mehr als 330.000 Exemplaren verbreitet – damit ist es die auflagenstärkste Umweltzeitschrift im deutschsprachigen Raum. Seit 1971 bestimmt der NABU alljährlich den „Vogel des Jahres“, der jeweils stellvertretend auf die Gefährdung und Umweltprobleme eines Lebensraumes aufmerksam machen soll. Die Aktion ist die älteste ihrer Art in Deutschland und hat mittlerweile eine Vielzahl von Nachahmern gefunden. Eine besondere Nachfolge-Aktion ist vom NABU selbst initiiert worden: Seit 1993 benennt der NABU alljährlich den „Dino des Jahres“. Mit diesem Preis werden Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens ausgezeichnet, die durch besonders rückwärtsgewandte Entscheidungen oder herausragend tolpatschige Äußerungen in Sachen Umwelt und Natur von sich reden gemacht haben. Die Jugendorganisation des NABU, die Naturschutzjugend (NAJU), engagiert sich in rund 1.500 Kinder- und Jugendgruppen im Natur- und Umweltschutz. Sie ist mit rund 70.000 Mitgliedern bundesweit die größte im Naturschutz tätige Jugendorganisation. Mit dem Michael-Otto-Institut in Bergenhusen und dem Institut für Ökologie und Naturschutz in Eberswalde unterhält der NABU-Bundesverband zwei wissenschaftliche Einrichtungen. Ein vielseitiges Informations- und Bildungszentrum für die Bevölkerung, die Blumberger Mühle, wurde 1997 in Schorfheide-Chorin bei Berlin eröffnet.


NABU-GRUPPE WITTIGHAUSEN WIE 1976 ALLES BEGANN

Am 20. Juli 1976 wurde auf Anregung von Leo Englert, Oskar Dörr (Kreisvorsitzender DBV) und Johann Hofmann (Ortsvorsitzender DBV Grünsfeld) die Wittighäuser Ortsgruppe des „Deutschen Bundes für Vogelschutz“ im Gasthaus „Zum Löwen“ gegründet. Gründungsmitglieder waren Marianne und Günther Auernhammer, Anton Dürr, Leo Englert, Georg Fuchs, Roland Köhler, Hans Kostka, Hermann Michel, Otto Simon und Erhard Ziegler. Ried, Werkraum und Nistkastenbau Von Anfang an beschränkte sich die Gruppe nicht nur auf Nistkastenbetreuung und Vogelfütterung. Schon im ersten Vereinsjahr gestattete der Wittighäuser Gemeinderat unter Leitung von Bürgermeister Erhard Ziegler das ausgetrocknete Ried mit einem Labyrinth-System zu versehen. Kaum war Wasser da, stellte sich Leben in Fülle ein. Unterstützung erhielten die Helfer besonders von Forstwart Stephan Grethlein, Bürgermeister Erhard Ziegler und Max Braun vom Landratsamt Main-Tauber-Kreis. Dies war auch nötig, denn man hatte noch keinen Pfennig Geld in der Kasse! Forstwart Grethlein versprach zudem, das Projekt nicht im Regen stehen zu lassen und notfalls die Arbeiten über den Forsthaushalt zu finanzieren. Er war der Meinung: Hier wird sich der Verein ein Denkmal setzen. Zur allgemeinen Freude hat die Finanzierung über den DBV-Landesverband dann doch geklappt. Schon 1982 entdeckte die Rohrweihe das neu geschaffene Paradies und nahm es in Besitz. Seither ist sie dem Ried als Brutvogel treu geblieben,

einmalig im Main-Tauber-Kreis. Noch heute ist das Feuchtgebiet das wichtigstes Vereinsprojekt, auch wenn der Biber, der sich seit einigen Jahren dort „eingenistet“ hat, andere Vorstellungen hat als viele Mitglieder.

Gründungsmitglieder 1976: Hans Kostka, Günther Auernhammer und Anton Dürr vor dem „ersten Vereinsheim“, einer leerstehenden Behelfswohnung auf dem Grundstück

Die Gemeinde Wittighausen hatte in den 1970er Jahren etwa einhundert Schwegler-Nistkästen aus Beton in den Wäldern hängen, die der damaligen DBV-Ortsgruppe zur Betreuung übergeben wurden. Die Vergütung dafür war die erste sichere Einkunft. Leider ließ der Zustand der Behausungen sehr zu wünschen übrig, sodass nach Grünsfelder Vorbild Nistgelegenheiten aus Ablaufrohr hergestellt wurden. Dadurch tat sich ein neues Problem auf. Der Verein hatte bis dato keinen eigenen Werkraum oder auch nur einen festen Treffpunkt. Die ersten eigenen Nistkästen entstanden in der Werkstatt von Hermann Michel. Bald stellte Anton Dürr die leerstehende Behelfswohnung hinter seiner Scheune zur Verfügung. Diese war nicht nur ein Werkraum, sondern fast schon ein Vereinsheim. Die Nistkästenproduktion entwickelte sich zu einer regelrechten Serienfertigung mit gegossenen Dächern aus Beton. Rund dreihundert

der Familie Dürr in der Vilchbander Straße

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dieser Röhren wurden in den Wäldern aufgehängt. Im Laufe der Zeit stellte man aber fest, dass die aus Beton gefertigten Dächer bei einem Wetterumschwung schwitzen. Sie wurden daraufhin durch (auf der Drehbank) tiefgezogene Blechhauben ersetzt. Bei starker Sonneneinstrahlung heizten sich die Kunststoffröhren zudem auf ... Arbeit hin, Arbeit her – es wurde wieder auf die herkömmlichen Holzbauweise zurückgegriffen. Ein Beobachtungsansitz am Ried sollte entstehen. Auch dieser wurde in der Werkstatt Michel gefertigt, stabil, fast für die Ewigkeit gebaut. Heute ist er im Weidendickicht verschwunden. Im Lauf der Jahre schuf der Verein nicht nur Nistmöglichkeiten für Meisen, Kleiber und Fliegenschnäpper, auch Turmfalken, Schleiereulen, Wald- und Steinkäuze, Rauchschwalben, Fledermäuse, Hornissen und Wasseramseln wurden passende Behausungen angeboten.

Zeltlagerromantik in den 1980er Jahren: Jugendleiter Günther Auernhammer ehrt in Schondra die „Blumenkinder“ (v.l.n.r.) Rainer Igerst, Bernhard Fell und Rainer Deubel für ihre mehrmalige Teilnahme; beim Zeltlager in Werbachhausen war nach dem aufstehen und Schlafsack lüften erst einmal ausruhen angesagt Nikolaus im Vereinsheim in den 1980er Jahren: Astrid und Georg Auernhammer werden vom Nikolaus Alfred Wülk „beurteilt“ und höchstwahrscheinlich gelobt – den Gesichtern nach zu urteilen


Kommunale Bürgeraktion Baden-Württemberg Wer freut sich nicht, wenn seine Arbeit gelobt wird? 1980 bewarb sich der Verein beim Wettbewerb „Kommunale Bürgeraktion BadenWürttemberg“ zusammen mit 214 weiteren Gruppen und Einzelpersonen. 38 von ihnen wurden ausgezeichnet, darunter die junge Wittighäuser Vereinigung. Bei der Preisverleihung durch Ministerpräsident Lothar Späth stand auch Roman Herzog dabei, damals Innenminister in Baden-Württemberg, später Bundespräsident, und raunte: „Ich habe euch ausgesucht.“ Kinder- und Jugendarbeit Sehr bald nach der Vereinsgründung fanden zahlreiche Jugendliche und Kinder Interesse und Gefallen an der örtlichen Naturschutzarbeit. Das Erlebnis, gemeinschaftlich etwas zu unternehmen, etwas Konkretes zu schaffen und auch Erfolge zu sehen, war für die Heranwachsenden faszinierend. Die Gruppe unter Leitung von Günther Auernhammer entwickelte sich zu einem festen Standbein der Vereinsarbeit und war bei allen Aktionen eingebunden. Die Nistkastenkontrolle und Reinigung ging ganz in ihre Verantwortung über. Jährlich organisierten Marianne und Günther Auernhammer ein Zeltlager an unterschiedlichen Standorten, von Kochendorf bis in die Rhön und nach Aschbach im Elsass. Apropos Aschbach, in der inoffiziellen französischen Partnergemeinde gestaltete die DBV-Ortsgruppe im Jahr 1987 ein Sommerlager zusammen mit vielen dortigen Kindern und Jugendlichen und war 1988 aktiv beim ersten Aschbacher Hand-

werkerfest mit einem Sonderdruck vertreten. Mit einem Lichtbildervortrag stellte sie die Gesamtgemeinde Wittighausen vor, spielte Theater und pflanzte zur Erinnerung eine Linde. Angestoßen wurde dieser Besuch durch die Freundschaft der beiden Kirchenchöre Aschbach und Wittighausen, initiiert von der in Aschbach aufgewachsenen und damals in Wittighausen lebenden Grundschullehrerin Josephine Jahn (verwitwete Kaiser). Auch die Wittighäuser Grundschule profitiert bis heute durch Vorträge und Wanderungen, die Mitglieder des Vereins für die Klassen durchführen.

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Sonderdruck anlässlich des Handwerkerfestes in Aschbach im Jahr 1988 Die von Druckerlehrling Udo Hönninger organisierte Sonderdruck-Aktion wurde mittels einer handbetriebenen Druckerpresse vor Ort realisiert (oben) Der Aschbacher Bürgermeister Gerard Strasser, mit Mikrofon, bedankt sich beim Wittighäuser DBV-Freundeskreis für den Sonderdruck; rechts sein Amtskollege Werner Hoos; weiterhin von links nach rechts Josephine Jahn, Günther Auernhammer, der Pfarrer von Aschbach und der Pfarrer von Wittighausen, Benno Emmert (unten)


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Bau des Vereinsheims 1984 Wo Kinder und Jugendliche sich treffen, geht es lebhaft und laut zu. Der Treffpunkt bei Anton Dürr am Samstag Nachmittag führte bald zu Ärger mit der Nachbarschaft, obwohl die Jungs und Mädels sich nichts zuschulden kommen ließen. Als Konsequenz zog man bei Anton aus und im ehemaligen Stall des Gasthauses „ Zum Löwen“ ein. Es dämmerte die Einsicht: Ein eigenes Heim war nötig. Trotz intensiver Bemühungen war im Ortskern von Unterwittighausen nichts zu finden. Glücklicherweise konnte bald ein Grundstück oberhalb des Sportplatzes erworben werden. Helmut Pfitzner, der dem Verein wohlgesonnen war, versprach für den Plan zu sorgen und beauftragte den Architekten Herbert Klingert. Das Kreisbauamt Tauberbischofsheim behandelte das Vorhaben leider unfair. Hermann Michel, lange Jahre Gemeinderat, kannte die Problematik eines Baues im Außenbereich, auch wenn das Sportheim des SV Wittighausen schon in der Nähe stand. Er bemühte sich beim zuständigen

Neubau Vereinsheim 1984: Die Vereinsjugend beim Steine räumen auf dem Baugelände; darunter die Betonmischer-Crew mit (v.l.n.r.) Emil Igerst, Stefan Max und Erwin Guggenberger Jugendgruppe in den späten 1980er Jahren im Vereinsheim: Von links nach rechts sind auf der Bank sitzend Astrid Gans, Udo Hönninger, Ellen Walter, Marion Eberl, Stefan Max, Peter Schwägerl, Peter Lakatos, auf dem Boden sitzend Günther Auernhammer, Christine Walter (Schwägerl), Bernhard Fell und Alexandra Englert zu erkennen


Kreisbaumeister um ein Vorgespräch, um eine genehmigungsfähige Planung erstellen zu können. Dieses Gespräch kam leider nie zustande. Als dann der Plan nach den Vorstellung der Herren Pfitzner und Klingert vorlag (Herr Pfitzner war der Meinung, eine Hundehütte bauen wir nicht), war klar, dass dieser Bau nie genehmigt werden würde. Wieder bemühte sich der Erste Vorsitzende um ein Gespräch mit dem Kreisbaumeister. Dieser war nie erreichbar. Erst eine List von Hans Reinhard, damals hauptamtlicher Ansprechpartner in der Telefonzentrale des Landratsamtes, brachte den Kreisbaumeister ans Telefon. Dennoch gab es keine Bereitschaft für ein klärendes Gespräch – der Plan sollte einfach eingereicht werden. Dies geschah mit dem erwarteten Ergebnis: Antrag abgelehnt, mit einem bitterbösen Begleitschreiben. Hermann Michel schilderte daraufhin in einem Brief an Landrat Georg Denzer, wie mit dem Verein umgesprungen wurde – bald darauf durfte ein Plan eingereicht werden, nach eigenen Vorstellungen und Bedürfnissen. Dieser von Peter Reichert gezeichnete Entwurf wurde genehmigt. Wer letztendlich seine schützende Hand über das Projekt gehalten hat, ist nicht bekannt. Es sei ihm trotzdem herzlich gedankt. Was im Januar 1984 begann, war eine großartige Gemeinschaftsleistung. Alle Mitglieder, denen

Neubau Vereinsheim 1984: Kellerverschalung mit Tafeln, die im Rahmen des Klärwerk-Neubaus von der Gemeinde zur Vefügung gestellt wurden; (v.l.n.r.) Helmut Fell, Georg Fuchs, Hermann Michel und Otto Deckert mit den Schaltafeln; die Hütte im Rohbau

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es möglich war, brachten ihr handwerkliches Können ein. Auch Handwerker, die nicht Mitglied des Vereins waren, halfen mit. Dies war vor allem dem Einsatz von Leo Englert zu verdanken, der selbst ganz im Hüttenbau aufging, als wäre es sein eigenes Haus. Sehr große Unterstützung erfuhren wir von Bürgermeister Werner Hoos, der immer ein offenes Ohr für das Vorhaben hatte. Auch Wittighäuser Firmen halfen bereitwillig. 1986 war der Bau des Vereinsheimes vollendet, pünktlich zur Feier des zehnjährigen Bestehens Ende August. Der Mut fehlte, ein großes Zelt zu bestellen – ein Partyzelt für 200 Besucher musste reichen. Als dieses stand, war die Enttäuschung bezüglich der Dimension groß und mit Stangen sowie Planen wurde ein abenteuerlicher Anbau gefertigt. Trotzdem konnten am Festsamstag nach dem Gottesdienst und Festzug zum Sportplatz nicht alle Gäste untergebracht werden. Pfarrer Benno Emmert weihte die Hütte mit einer sehr würdigen Feier am Festsonntag ein. Gesellige Aktivitäten Immer nur arbeiten macht auch keinen Spaß. Darum wurde ein monatlicher Stammtisch eingerichtet, abwechselnd in den örtlichen Gastwirtschaften. Es wurde von Anbeginn an kein Stammlokal gewählt, um überall präsent sein zu können. Fast jährlich bot der Verein einen Ausflug an. Der erste führte in die Rhön und nach Fladungen an die damalige Zonengrenze. Dann folgten Wien und der Neusiedler See, Prag, der Gardasee, das Wallis, Boden- und Federsee, Oberschwaben,

Helgoland, die Lüneburger Heide, Hamburg, die Mecklenburgische Seenplatte, Berlin, der Spreewald, der Südschwarzwald, die Eifel, Brügge, der Keukenhof, der Bayerische Wald – und noch einige Ziele mehr. Das Programm wurde selbst gestaltet und vom Busunternehmer lediglich durchgeführt. Praktischer Naturschutz und Wallfahrt Der extrem trockene Sommer 1976, der die Baggerarbeiten am Ried erst möglich machte, veranlasste den Verein, in den Wäldern Vogeltränken aus alten Schlepperreifen aufzustellen, die regelmäßig mit Wasser versorgt wurden. In den schneereichen Wintern der ersten Vereinsjahre fand man es nötig, Futterplätze anzulegen – im Uhlberg, im Bergwald, am Ried, im Balderslag und in einigen Ecken von Oberwittighausen. Bei tiefem Schnee waren einige dieser Futterstellen nur mit einem mit Ketten bestückten Schlepper zu erreichen. Das benötigte Futter stellten die örtlichen Lagerhäuser kostenlos zur Verfügung. Besonders Vereinsmitglied Hans Lurz half immerfort. Als die Winter milder wurden, bot man nur noch für die Weichfresser selbstgefertigte Fettknödel an. Das waren die bescheidenen Anfänge, ein Netz von kleinen Rückzugsgebieten in Wittighausen einzurichten. Kleine Wasserflächen wurden geschaffen und Grundstücke gekauft, die dann der Natur überlassen wurden. 312,09 ar sind inzwischen in Vereinsbesitz. Aus der Baugeschichte eines dieser Tümpel, angestoßen durch eine Wette, ging die größte öffentlichkeitswirksame Jahresunternehmung hervor: die Muttergottes-


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wallfahrt zum Käppele nach Würzburg. German Statt aus Kirchheim wettete mit Anton Simon aus Oberwittighausen: „Wenn Du einen Tümpel (kleines Feuchtgebiet) in Deinem Waldstück in Oberwittighausen graben lässt, dann laufe ich barfuß 27 km zum Würzburger Käppele!“ Anton ließ es zu, der Tümpel wurde angelegt. Die Vogelschützer wollten German nicht alleine nach Würzburg laufen lassen und 40 Wallfahrer schlossen sich ihm am 15. August 1982 an – aber mit Schuhen. Unterwegs kamen immer noch weitere Mitwanderer dazu, weshalb die Gruppe mit 89 Pilgern am Käppele eintraf. Immer am Sonntag nach Maria Himmelfahrt macht sich eine große Mitgliederzahl auf den Weg. Bei Gebet und Gesang wird Gottes Schöpfung gelobt. Für Verpflegung unterwegs ist natürlich auch bestens gesorgt. Um etwa 11 Uhr ist das Ziel erreicht und der sich anschließende Gottesdienst ist der Höhepunkt der Veranstaltung. Feste mit Vergnügungen und Weiterbildung Ohne Finanzen und Rückhalt in der Bevölkerung geht wenig. Will ein Verein etwas bewirken, braucht er Geld und Anerkennung bei den Menschen. Schon 1978 lud man zum „Maifest auf der Tenne“ in die Scheune und den angrenzenden Hof von Anton Dürr ein. Die Jugendlichen vergnügten sich bei einer Plattenparty – damals ein echter Hit. Dieser Plattenparty folgten später noch weitere, organisiert von Georg Fuchs. Das Hervorstechende dieses Maiabends: Die Jugendlichen verhielten sich vorbildlich. Der selbst hergestellte Rollbraten erwies sich als kulinarischer

Hit und so wurde bis in die späte Vollmondnacht hinein gefeiert. Nie mehr gab es bei einem NABUFest eine so traumhafte Kulisse. Zu nachfolgenden Festlichkeiten wurde dann in den Saal und an den Vorplatz der Kindertagesstätte in Unterwittighausen eingeladen – in eigener Regie oder auch in Zusammenarbeit mit dem Forstamt. Immer mit einem naturbezogenen Thema, mit Quizspielen oder auch anderen Belustigungen wie Ballonschießen, Wettsägen, Ringelstechen auf dem Fahrrad oder Ballonraten: Wie viele Ballone sind im Auto?

Die Wittighäuser NABUWallfahrer auf dem Weg zum Käppele in Würzburg


NABU-Stand beim Hoffest des Biolandhofes Haaf: Von links nach rechts Albin Wolfert, Peter Eberl sen., Leo Englert, Gerd und Karin Konrad, Marianne und Günther Auernhammer sowie Hermann Michel

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Pferde- und drei Schleppergespannen und den dazugehörigen Fußgruppen. Die 1150-Jahrfeier 1987 in Vilchband wurde mit zwei Gespannen und Fußgruppen beschickt. Bei der 950-Jahrfeier 2010 von Unter- und Oberwittighausen betrieb die NABU-Gruppe zwei Stationen, zusammen mit dem Kirchenchor, in den Höfen von Gerd Konrad und Edwin Schmitt. Neben der Bewirtung wurde eine Bilderausstellung mit dem Titel „Entwicklung in der Landwirtschaft von den Anfängen bis heute“ gezeigt. Zudem eine Bilderserie über die Jahre des Dritten Reiches bis 1950. Weitere Angebote waren Holz drechseln, Armbrust schießen, Seile anfertigen, Volkslieder singen, Lichtbilder über Vereinsveranstaltungen anschauen und eine Ausstellung über Neophyten (eingeschleppte Pflanzen). Eine Hauptattraktion des Jubiläumsfestes waren zwei Reitkamele, die an den beiden Tagen unermüdlich unterwegs waren.

NABU-Stand beim Hoffest des Biolandhofes Haaf: Ganz hinten Thomas Ulsamer, Carmen Wolfert und Hermann Michel sowie davor die Gewinner des

Beim Hoffest des Biolandhofes Haaf in Oberwittighausen im Jahr 1998 war die Ortsgruppe mit einem Stand zum Thema Wildblumen vertreten. Kommentar eines Besuchers: „Ihr höd ja lauder Ungraud do.“

Blumenquiz

Nach Fertigstellung der neuen Grundschule verlagerten sich die Festivitäten dorthin, auf den Vorplatz und in die Aula. Einige Male wurde die Bewirtung bei den Musikfesten der Unterwittighäuser Musikkapelle übernommen. Auch verging damals kein Festzug eines Vereins ohne NABU-Beteiligung. Besonders zu erwähnen ist hierbei die 800-Jahrfeier 1984 bezüglich der erstmaligen Erwähnung des Ortsteils Poppenhausen. Der Verein beteiligte sich mit einem

Von Ostermontag bis Pfingsten bietet der Verein an den Sonntagen in den Morgenstunden fünf bis sechs naturkundliche Wanderungen an. So lange sich die Veranstaltungen finanziell selbst getragen haben, ließ man auch die Faschingszeit nicht ungenutzt verstreichen und konnte durchaus neben manchem Fernsehfasching bestehen. Beginnend mit dem Buß- und Bettag wurde in den Wintermonaten zu naturkundlichen Dia- und Filmabenden eingeladen, bis das Fernsehen in diesem Bereich bessere Sendungen anbot. In der Vorweihnachtszeit übernahmen die Vereinsmitglieder für die Gemeinde den Christbaumund Zierreisigverkauf aus dem Gemeindewald. Als dort keine Christbäume mehr zu schlagen waren, halfen örtliche Privatwaldbesitzer aus. Bald konnte jedoch mit den gewerbsmäßigen


Händlern nicht mehr Schritt gehalten werden. Um mit interessierten Menschen ins Gespräch zu kommen, nutzt der Verein von Anbeginn an den Wittighäuser Weihnachtsmarkt. Dabei gibt es an einem Stand immer ein naturbezogenes Grundthema mit einer kleinen Ausstellung anzuschauen, dazu ein Quiz und eine interessante Schätzfrage. Es gibt Besucher, die eigens deswegen den Stand besuchen: „Was gibt es diesmal zu schätzen?“ Krötenwanderung und Ried 2006 wurde die NABU-Gruppe erstmals auf die Krötenwanderung am Ried aufmerksam. 2007 organisierte sie zusammen mit dem Umweltamt des Landkreises Würzburg, dem Landschaftspflegeverband in Ochsenfurt sowie der baden-württembergischen Straßenmeisterei eine länderübergreifende Aktion. Der Landschaftspflegeverband stellt den Krötenzaun in Bayern, die Straßenmeisterei den in ihrem Gebiet und der NABU übernimmt die Betreuung. Je nach Witterung steht der Zaun sechs bis acht Wochen. Die Anzahl der „übersiedelten“ Kröten ist sehr schwankend – es sind zwischen 300 und 1100. 2011 wurden die ersten Biberspuren am Ried entdeckt. Inzwischen hat er sich dort fest etabliert und alles nach seinen Bedürfnissen umgekrempelt. Ein großer See ist entstanden. Die Flora hat verloren, die Wasservögel haben gewonnen. Die Schachblumen sind buchstäblich ersoffen, die Schwertlilien ebenfalls sowie Espen, Erlen, Feldahorn, Birken und etliche Weiden. Einige Weiden hat der Biber gefällt. Die Schwertlilien

am Ufer haben überlebt. Jetzt gibt es Wasserrallen, Blässhühner, Krickenten, Bekassinen, Nilgänse und der Schwarzspecht bearbeitet die abgestorbenen Bäume. Die Rohrweihe hat sich nicht beeindrucken lassen, sie brütet nach wie vor. Die Gemeinde konnte drei Grundstücke zwischen Ried und Straße erwerben. Dadurch wird die tiefgreifende Veränderung abgemildert. Seit 2015 lässt Bürgermeister Marcus Wessels diese Flächen von einer Wasserbüffelherde abweiden. Auch die Grundstücke der NABU-Gruppe sind zum größten Teil einbezogen. Wir sind gespannt, wie sich Flora und Fauna verändern werden. Große Hoffnungen, den Interessenkonflikt zwischen Landwirtschaft und Biber beizulegen, werden in die angelaufene Flurbereinigung gesetzt. Es wird aber noch Jahre dauern. Glaubt man den Ergebnissen von Umfragen, so haben Natur- und Tierschutz einen hohen Stellenwert in der Bevölkerung. Der tägliche Augenschein lässt daran zweifeln. Der ehemalige Bundespräsident Theodor Heuss machte zum Thema Natur- und Tierschutz folgende bemerkenswerte Aussage: „Allein schon, dass es das Wort Tierschutz gibt, dass man per Gesetz Tiere vor uns Menschen schützen muss, weil wir Menschen anderen Lebewesen ihren Lebensraum widerrechtlich streitig machen, ist eine Bankrotterklärung der Menschheit. Der Mensch meint, er allein stehe im Mittelpunkt der Schöpfung. Ich teile diese Auffassung nicht. Tiere sind wie wir ein gleichberechtigter Teil der Schöpfung.“ Bedenken wir seine Worte und handeln wir danach! (Hermann Michel)

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1. Vorsitzender Hermann Michel

seit 1976

2. Vorsitzender Leo Englert Gerd Konrad

1976 - 2007 seit 2007

Kassenwart Marianne Auernhammer seit 1976 Schriftführer Leo Englert Jürgen Hönninger

1976 - 2002 seit 2002

Jugendleiter (teilweise mehrere Personen) Günther Auernhammer 1976 - 1991 Udo Hönninger 1992 - 1995 Peter Lakatos 1992 - 1995 Stefan Max 1992 - 1995 Christine Walter (Schwägerl) 1992 - 1995 Ellen Walter 1992 - 1995 Peter Schwägerl 1992 - 1995 Karin Hussy (Konrad) 1992 - 2012 Gerd Konrad 1996 - 2012 Jürgen Hönninger seit 2002 Beisitzer Günther Auernhammer Holger Deckert Otto Deckert Anton Dürr Peter Eberl sen. Bernhard Fell Georg Fuchs Ingbert Gans Alfons Henneberger Udo Hönninger

seit 1992 1997 - 2002 1983 - 1991 1976 - 1980 1986 - 2007 1986 - 2002 1980 - 1991 1986 - 1991 seit 2007 1986 - 1997

Karin Hussy (Konrad) Gerd Konrad Hans Kostka Jürgen Landwehr Stefan Max Klaus Moll Rudi Moll Rainer Rösch Alois Schwägerl Martha Schwägerl Edwin Schmitt Otto Simon Ellen Walter Albin Wolfert

seit 1991 2002 - 2007 1976 - 1983 seit 2012 1986 - 1991 seit 2007 1980 - 2007 2007 - 2012 1991 - 2002 1997 - 2002 seit 2002 1976 - 1980 1991 - 1997 1980 - 1997 2002 - 2007

Mitglieder 1976 am Gründungstag Günther Auernhammer Marianne Auernhammer Anton Dürr † Leo Englert Georg Fuchs Hermann Michel Roland Köhler † Hans Kostka † Otto Simon † Erhard Ziegler †

Ingbert Gans Rita Hoos Werner Hoos † Hans Lurz † Ernst Michel Valentin Ohnhaus † Franz Reichert † Valentin Reinhard † Else Schmid † Hildegard Schwägerl Anton Simon Franz Wolfert † Hedwig Wolfert

im Gründungsjahr Gerda Deckert † Otto Deckert †

Eine umfassende und lückenlose Nennung aller Mitglieder an dieser Stelle ist aus Platzgründen leider nicht möglich.


10-Jahre-Feier 1986: Bei der Mitgliederehrung sind von links nach rechts zu erkennen Roland und Martha Köhler, Ingbert Gans, Georg Fuchs, Otto Simon, Leo Englert, Edwin Bauer (DBV-Kreisvorsitzender), Marianne und Günther Auernhammer, Anton Dürr, Gerda und Otto Deckert, Bürgermeister Werner Hoos und Hermann Michel (verdeckt Inge Michel)

35-Jahre-Feier 2011: Von links nach rechts Leo Englert, Jürgen Hönninger, Hermann Michel und Günther Auernhammer im Gasthaus „Zur Eisenbahn“

Die Vorstandschaft 2016 vor dem Vereinsheim: Von links nach rechts Jürgen Landwehr, Günther Auernhammer, Gerd und Karin Konrad, Edwin Schmitt, Jürgen Hönninger, Alfons Henneberger, Marianne Auernhammer und Hermann Michel (es fehlt Klaus Moll)

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BASIS DES VEREINSLEBENS KINDER- UND JUGENDARBEIT

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Zeltlager 2007: In Königheim gab‘s Stockbrot überm Grillfeuer – (v.l.n.r.) Matthias Zorn, Lioba Dertinger, Martin Dörr, Linus Häußler, Frederik Rösch, Philipp Dertinger, Kerstin Hönninger, David Hönninger, Steffen Höppel, Marvin Rösch,

Schon bei den ersten Projekten nach der Vereinsgründung unterstützten die Kinder ihre Väter bei vielen Arbeitseinsätzen. Von diesem Interesse angetan war es für Günther Auernhammer sofort klar, dass zu einem intakten und erlebnisreichen Vereinsleben auch die Kinder- und Jugendarbeit gehört. Und er übernahm deren Leitung.

Tobias Höppel, Sebastian Wülk, Jannik Rösch, Volker Ohnhaus

Mehrtägige Zeltlager Zeltlager 2009: In Höpfingen wird die Fahne gehisst – von hinten nach vorne Jochen Steinshorn, Jan Hönninger, Daniel Dörner, Julia Diemand, Amelie Kraus, Bastian Arbinger, Paul Konrad, Kevin Janojkic, gebückt Thomas Ulsamer

Der Höhepunkt im Vereinsjahr ist für viele Kinder und Jugendliche sicherlich das mehrtägige Zeltlager. Ein erstes wurde 1978 in Schefflenz bei Osterburken durchgeführt – dieses sollte nicht nur Urlaub sein, sondern auch dazu beitragen, dass die Teilnehmer ihr Naturwissen erweitern und intensivieren können. So stand jedes Zeltla-

ger unter einem anderen Thema, beispielsweise Greifvögel, Leben am Wasser, Hecke, Unsere Umwelt, Leben am Waldesrand … Bei einer Ortserkundung nahmen die Jugendlichen Kontakt mit der einheimischen Bevölkerung auf, bei der Lagerolympiade konnten sie ihre Geschicklichkeit und Schnelligkeit testen. Beim Essens- und Spüldienst wurde Verantwortung übernommen und die soziale Kompetenz gestärkt. Von 1978 bis 2016 wurden insgesamt 38 Zeltlager durchgeführt. 2015 waren die Teilnehmer anlässlich einer Übernachtung besonders von den Wölfen im Tierpark Bad Mergentheim begeistert, 2016 von den Tipizelten im Tierpark Sommerhausen. Jährliche Aktionen und Exkursionen In der Regel treffen sich Betreuer und Kinder alle 14 Tage zu den verschiedenen Aktivitäten. Im Frühjahr wird mit großer Begeisterung der Krötenzaun zwischen Ried und der Straße nach Bütthard abgegangen, die Amphibien eingesammelt und „in Sicherheit“ gebracht. Hierzu wird seit 2009 in enger Zusammenarbeit mit der Grundschule Wittighausen eine Krötenexkursion für die Viertklässler durchgeführt. Mit einer jährlichen Müllsammelaktion entlang von Straßenböschungen wird aktive Umweltbildung betrieben. In den Anfangsjahren wurden auch Wald- und Bachsäuberungsaktionen von der Jugendabteilung durchgeführt. Um die Mitbürger für die beginnende Mülltrennung zu sensibilisieren, sortierte und trennte man den Müll aus den Haushaltsmülltonnen zu repräsentativen Zwecken.


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Müllsammelaktion 2013: Allerlei Unrat brachten die Kinder von ihrer Sammelaktion mit zum Treffpunkt – fleißig waren von links nach rechts Marcel Klinger, Maren Riemann, Franka Michel, Robin Wolf, Ralf Riemann und angeschnitten Jasmin Klinger, vorne Nils Wolf Rehübernachtungslager 2015: Bei einer winterlichen Exkursion fanden Aaron Dörr und Lukas Liebenstein diese schneefreie Stelle, ein eindeutiger Hinweis auf die Schlafstätte eines Rehes


Mit dem Erwachen der Natur aus dem Winterschlaf und der einsetzenden Blüte wurden und werden Blütenwanderungen durchgeführt. Nicht nur die Farbenpracht ist eine Augenweide, sondern auch der Geruch von blühenden Sträuchern imponiert den Kindern. Wer beispielsweise schon einmal an Flieder oder Weißdorn gerochen hat, kann dies bestätigen. Im Mai beobachten die Teilnehmer bei der Aktion „Stunde der Gartenvögel“ welche einheimischen Singvögel bei uns vorkommen und tragen somit zu einem deutschlandweiten Monitoring bei, mit dem untersucht wird, wie sich die heimische Vogelwelt verändert. Im Sommer geht‘s auf eine heimische Blumenwiese in Oberwittighausen zur Schmetterlingsexkursion. Mit selbstgebastelten Netzen werden Schmetterlinge gefangen, mit Hilfe eines Tierund Pflanzenführers die Art bestimmt und anschließend wieder freigelassen. Wissensvermittlung im Wald Kranke Bäume mit Spechthöhlen wurden vor Jahren noch konsequent im Wald beseitigt. Zum Glück hat ein Umdenken stattgefunden und diese Bäume werden inzwischen geschützt. Als Ersatz für fehlende natürliche Nisthöhlen wurden über 300 Nistkästen für Höhlenbrüter wie Meisen oder Kleiber in den Wäldern um Wittighausen aufgehängt. Mit großem Eifer beteiligten sich auch schon immer Kinder und Jugendliche an diesen Arbeiten. So werden nicht nur Nistkästen bemalt, um im kahlen Winter für einen Farbtupfer in den Gärten zu sorgen, auch ein Großteil der Reinigung wird vom Nachwuchs übernommen.

Nistkastenbau 2012: Neben den handwerklichen Fähigkeiten wurden auch die künstlerischen benötigt – vorne links Amelie Kraus

Bei dieser Säuberungsaktion wird anhand des Nistmaterials die Vogelart bestimmt und dokumentiert. Ein Belegungsgrad von über neunzig Prozent ist Beweis dafür, dass die Vögel diese Nisthilfen gerne annehmen. Besonders erfreut zeigen sich die Helfer, wenn die Kästen zudem noch mit Siebenschläfern belegt sind. Die Nistkastenkontrolle wird auch dazu genutzt, um einen Tag des Wittighäuser Ferienprogramms zu gestalten und somit noch mehr Kinder für den Naturschutz zu begeistern. Tradition ist es, auch mit den Vorschülern des Kindergartens einen Vormittag lang Nistkästen zu reinigen. Weiterhin werden auch die Hornissenkästen mit ihren imposanten Wabenbauwerken und die Haselmausdomizile kontrolliert und gereinigt. Bei Schnee wird im Winter nicht nur gemeinsam Schlitten gefahren, sondern es lassen sich auch Tierspuren bestimmen.

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Stunde der Gartenvögel

Nestbau und Apfelsaftherstellung

2013: Gezählt und bestimmt wird, was vor das Fernglas kommt – Robin Wolf und Lukas Liebenstein bei der Arbeit Krötenumzug 2015: Die im schwarzen Eimer „gefangenen“ Erdkröten werden mittels des weißen Eimers ins Zielgebiet am Ried gebracht – die beiden Helfer sind Lennard Herz und Maren Riemann

Aber auch viele Einzelprojekte konnten im Laufe der Jahre verwirklicht werden, beispielweise in den 1990er Jahren die Bepflanzung und Begrünung einer Pseudotrockenmauer in der Wittigostraße. Für Wildbienen wurde 1990 eine große Lehmwand als Nist- und Unterschlupfmöglichkeit gestaltet und errichtet, 2004 Mehlschwalben durch vorgeformte Schwalbennester aus Lehm und Stroh unterstützt. Den Kindern machte dies zwar großen Spaß, die Schwalben waren aber mit dieser Bauform nicht einverstanden und nahmen die Nisthilfen leider nicht an. Auch der Bau eines Eisvogelblocks im Jahre 2004 am Ried führte nicht zum Erfolg. Eisvögel kann man immer wieder beim Fischen am Eisweiher beobachten, sie bevorzugen aber ihre selbstge-

bauten Bruthöhlen (speziell an steil abfallenden Lehmufern des Wittigbaches). Immer wieder beliebt ist auch das Herstellen von Apfelsaft. Diese Aktion beginnt schon im Frühjahr, wenn die blühenden Apfelbäume besucht und die Bienen beim Bestäuben beobachtet werden. Unterm Jahr wird dann immer wieder die Fruchtentwicklung verfolgt. Zur Erntezeit im Herbst werden die Äpfel gemeinsam eingesammelt, gewaschen und gemahlen. Durch das Abpressen wird der Saft gewonnen, den die Kinder mit großem Genuss verkosten und voller Stolz mit nach Hause nehmen. Auch wenn die Kinder- und Jugendarbeit immer einem Auf und Ab unterliegt, so ist es doch unverzichtbar, Kinder für die Belange des Naturschutzes zu sensibilisieren. (Jürgen Hönninger)


Mosten 2009: Mittels einer kleinen Presse erzeugen die Kinder im Hof von Gerd und Karin Konrad in der Königstraße ihren eigenen Apfelsaft – an der Presse Amelie Kraus, rechts daneben Julia Diemand und Jannik Rösch

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ANGEBOTE UND AKTIVITÄTEN BEREICHERUNG DES DORFLEBENS

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Schon seit seiner Gründung arbeitet der Verein nicht im Verborgen, sondern seine Aktivitäten sind stets so ausgelegt, dass Sie der einheimischen Bevölkerung zugänglich sind und dem Allgemeinwohl dienen. Naturkundliche Wanderungen Seit 1976 werden jährlich bis zu zehn naturkundliche Wanderungen öffentlich angeboten und die Bevölkerung hierzu eingeladen. Dabei steht die Beobachtung der heimischen Vogelwelt im Vordergrund. Viele Naturfreunde aus Wittighausen erkennen durch ihr geschultes Gehör eine Vogelart an ihrem Gesang. Beispielsweise bekommt man eine Nachtigall nur selten zu sehen, da sie sich gerne im Inneren von Hecken aufhält. Der Experte kann sie aber sofort an ihrem wunderschönen und eindringlichen Gesang erkennen. Durch das Protokollieren der vorgefundenen Vogelarten über Jahre hinweg lassen sich viele Veränderungen erkennen. Neben der Vogelwelt wird auch auf die Botanik eingegangen. Was sind Heilkräuter oder was bieten die Pflanzen den Insekten als Gegenleistung für die Bestäubung an? Dieser Frage gingen die Wanderer in den ersten Exkursionsjahren schon ab fünf Uhr in der Früh nach, einige Jahre später war der Beginn auch eine Stunde später und seit etwa zehn Jahren starten die Interessierten noch weniger zeitig ... Am 1. Januar und am 1. Mai werden Nachmittagswanderungen angeboten. Bachbegehungen, Fledermaus-, Biber- oder Heuschreckenexkursionen finden großen Zuspruch und eignen sich zudem sehr gut als Familienveranstaltung.

Weihnachtsmarkt, Dorffest, Ausflüge... Seit Beginn des Wittighäuser Weihnachtsmarktes im Jahre 1998 ist die NABU-Gruppe mit einem Informationsstand dort vertreten. Einerseits kann dadurch die Bevölkerung über die aktuelle Arbeit (Vögel, Pflanzen, Biber, Trockenmauer …) informiert werden, zum anderen wird mit kleinen Rätselaufgaben (Blätterquiz) die Umweltbildung gefördert. Sehr beliebt ist die alljährliche Schätzfrage, die Kinder erfreuen sich speziell am Tastkasten. Im Jahre 2010 beteiligte sich der Verein am Dorffest anlässlich der 950-Jahr-Feier von Unter- und Oberwittighausen mit ausführlichen Informationstafeln und sorgte mit dem „Kamelreiten“ für eine der großen Veranstaltungs-Attraktionen. In Zusammenarbeit mit dem Kirchenchor wurde eigener Apfelmost hergestellt und zur Brotzeit angeboten. Die Teilnahme an den Festumzügen der örtlichen Vereine versteht sich von selbst und die mehrtägigen Busreisen stehen allen Natur- und Kulturinteressierten offen. Aktion „Rund um die Natur“ Mit dem kulturellen Angebot „Rund um die Natur“ ist die NABU-Gruppe Wittighausen ein wichtiger Teil des gemeindlichen Lebens und stellt einen echten Mehrwert für die örtliche Bevölkerung dar. Bereits 1980 wurde diese Arbeit durch das Land Baden-Württemberg als „Vorbildliche Kommunale Bürgeraktion“ ausgezeichnet. Ministerpräsident Lothar Späth lud zum Empfang nach Stuttgart und überreichte eine Urkunde. (Jürgen Hönninger)


Steinbruchwanderung 2015: Die Natur beobachten von links nach rechts Hermann

Weihnachtsmarkt: Links Kerstin und Jürgen Hönninger, rechts Hermann Michel sowie

Michel, Volker Wolfert und Felix Reichert

weitere Besucher des NABU-Standes in der Garage von Herbert Reinhard

Kamelreiten 2010: Anlässlich des Dorffestes zur 950-Jahr-Feier von Unter- und Ober-

Ehrung 1980: Baden-Württembergs Ministerpräsident Lothas Späth gratuliert dem

wittighausen organisierte die NABU-Gruppe ein etwas exotisches Kamelreiten;

Vorsitzenden der NABU-Gruppe Wittighausen Hermann Michel, rechts Günther Auern-

der Vorsitzende Hermann Michel sitzt fest im Sattel

hammer und Umweltminister Gerhard Weiser

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QUELLE UND FEUCHTGEBIET NATURDENKMAL AM RIED

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Labyrinthplan 1976: In der Skizze von Hermann Michel wird die Neugestaltung des Rieds genau durchdacht

Bereits im Gründungsjahr der NABU-Gruppe Wittighausen 1976 gab es Planungen für ein Feuchtgebiet am Ried im Bereich des Insingerbaches, die dann auch tatkräftig umgesetzt wurden. Landläufig versteht man unter der Bezeichnung „Ried“ ein feuchtes, oft mooriges, meist mit Schilf und Sauergräsern bewachsenes Gelände. Die Entstehung eines solchen Biotops setzt einen gering durchlässigen Untergrund und einen bis nahe an die Oberfläche reichenden Grundwasserspiegel oder aber offene Wasserflächen voraus. Eine wichtige Rolle spielen Feuchtgebiete im Wasserkreislauf einer Landschaft. Sie binden durch ihre Rückhaltekraft große Mengen von Regenwasser und schützen Flussniederungen vor Überschwemmungen. Während trockener Zeiten geben sie verzögert und gleichmäßig wieder Feuchtigkeit ab.

Erste Arbeiten im Jahr 1976 Neben dem Eisweiher, der zu dieser Zeit als privater Fischteich genutzt wurde, fand man 1976 einige feuchte Wiesen vor, die mehr oder weniger landwirtschaftlich genutzt wurden. Zunächst wurde ein Labyrinth aus Gräben angelegt. Aus der alten Riedquelle, die von 1922 bis 1957 als zusätzliche örtliche Wasserversorgung in Betrieb war, wurde frisches Quellwasser eingeleitet. Viele freiwillige Helfer pflanzten über 350 Beerensträucher und Bäume. Im Laufe der Jahre entwickelte sich eine immer größere Schilffläche, was zur Ansiedlung vieler bedrohter Vogelarten wie Rohrammer, Teichrohrsänger oder Kiebitz führte. Auch die Rohrweihe hat hier ein neues Zuhause gefunden und zieht seit 1982 erfolgreich ihre Jungen groß. Als Bodenbrüter ist ihr Nest durch das Schilf und das umgebende Wasser vor Räubern geschützt. Das Ried ist der einzige Standort der Rohrweihe im Main-Tauber-Kreis – das Landratsamt hat es auch deshalb als Naturdenkmal ausgewiesen. Gefahr durch gefallenes Grundwasser 1989 wurde der Insingerbach so tief ausgebaggert, dass der Grundwasserspiegel sich absenkte. Auch durch die außerordentliche Trockenheit in diesem Jahr drohte das Ried auszutrocknen. Der Versuch, mit Hilfe der Feuerwehr die Labyrinthkanäle durchzuspülen und wieder zu bewässern, brachte nicht den gewünschten Erfolg. Erst der Einbau von Sohlschwellen ins Bachbett durch die NABU-Gruppe konnte den Grundwasserspiegel wieder anheben. Die Wasserfläche


Neugestaltung Ried 1976: In der linken Spalte sieht man oben Otto Merkert mit einem Radbagger beim Aushub der Labyrinthkanäle; darunter eine Baumpflanzgruppe mit Hermann Michel, Ludwig Reinhard, Alois Edelmann, Edgar Braun und Albin Wolfert; ganz unten auf dem Gruppenbild stehend (v.l.n.r. ) Günther Auernhammer, Alois Edelmann, Hermann Englert, Ludwig Reinhard, Leo Englert, Alois Schmitt, Alfred Schenk, Georg Fuchs, Albin Wolfert, Edgar Braun, sitzend Valentin Reinhard, Hermann Michel mit Sohn Martin, Edith Michel, Herbert Reinhard, Helmut Schenk, Gerhard Englert, ganz vorne Christine Michel, auf dem Traktor Ernst Michel In der rechten Spalte oben Leo Englert, Ludwig Reinhard und Günther Auernhammer beim Pfosten setzen; darunter ein maschineller Bohrer mit Josef Ohnhaus, Albin Wolfert, Valentin Reinhard und Wolfgang Simon; unten Wolfgang Simon und Josef Ohnhaus beim Baum pflanzen

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Neugestaltung Ried 1976: In der linken Spalte oben Pumpeinsatz der Feuerwehr Unterwittighausen mit von links nach rechts Berthold Zorn, Johannes DĂźrr, abgewandt Hermann Michel, Manfred und Josef Skazel; darunter Ludwig Reinhard als Mahner Die rechte Spalte zeigt oben Herbert Reinhard und Matthias Loske mit einer Vermessungsstange; unten Hermann und Christine Michel im Wasser, beobachtet von Leo Englert


vergrößerte sich. Damit fanden auch immer mehr Amphibien, beispielsweise Frösche, einen neuen Lebensraum. Auch die Erdkröten in der Umgebung entdeckten das Ried als Laichgewässer und steuern es seit geraumer Zeit im Frühjahr in immer größerer Anzahl an. So kam es, dass im Jahre 2006 bei der Krötenwanderung eine Vielzahl von ihnen auf der Kreisstraße nach Bütthard überfahren wurde. Zum Schutz der Autofahrer und der Kröten stellt nun die Straßenmeisterei von Baden-Württemberg seit 2007 einen Krötenzaun auf. Ein weiterer Teil, jenseits der Landesgrenze, wird von den bayerischen Kollegen gestellt. Die Betreuung, sprich das Einsammeln der Kröten, erfolgt seit dieser Zeit von den NABU-Mitgliedern. Die Anzahl der geretteten Erdkröten bewegt sich je nach Jahr zwischen 300 und 1100. Der Biber ist da! Im Jahr 2011 wurden erstmals Spuren des Bibers am Ried nachgewiesen. Dieser war bis auf kleine Restbestände an der Elbe in Deutschland ausgerottet worden. Seitdem er unter Naturschutz steht, hat er sich wieder vermehrt und seine ursprünglichen Lebensräume zurückerobert. Über den Main und die Tauber ist er inzwischen auch bis in die Seitengewässer wie Grün- und Wittigbach eingewandert. Wenn es die einen auch als historischen Moment erleben, dass sie die Wiederausbreitung eines fast ausgestorbenen Wildtieres erleben, sehen es die anderen sehr kritisch, da es oft zu Konflikten mit den angrenzenden Landbewirtschaftern kommt. Auf jeden Fall hat der Biber durch seine Staumaßnahmen zu einer deutlichen Vergrößerung der Wasserflä-

che im Ried gesorgt. Die großen Gewinner dieser Tatsache sind eindeutig die Wasservögel. So haben sich in den letzten Jahren neben Stockente, Bläss- und Teichhuhn, auch Reiher-, Krickund Knäkente angesiedelt. Zudem verweilen Grau- und Silberreiher sowie die Nilgans im und am Ried.

Ried 2015: Die Biberburg hat sich zu einem mächtigen Bauwerk entwickelt – in nicht einmal vier Jahren

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Wasserbüffel 2015: In den Sommermonaten beweidet eine kleine Büffelherde das Naturdenkmal Ried Ried 2015: Winter am ehemaligen Eisweiher – auch hier hat der Biber schon gestalterisch eingegriffen (Foto Seite 29)

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Geländezuwachs Als Ausgleichsmaßnahme für den Bau von Windrädern in Poppenhausen konnte die Gemeinde den Eisweiher erwerben und somit aus der privaten Nutzung nehmen. Nach dem Erwerb von zwei Ackerflächen zwischen dem Ried und der Kreisstraße durch die Gemeinde im Jahre 2014 wurden zwei weitere Tümpel für die Um- und Ansiedelung von Gelbbauchunken angelegt. Die NABU-Gruppe Wittighausen konnte, neben der Gemeinde selbst, immer wieder Grundstücke erwerben, so dass der Natur heute eine zusammenhängende Fläche von etwa sechs Hektar zur Verfügung steht. Das Ried entwickelt eine immer größere Anziehungskraft auf Naturinteressierte. Dies hat sicherlich mit den Aktivitäten des Bibers zu tun, der das Landschaftsbild ständig in Bewegung hält. Aber auch die Beweidung der Seitenfläche durch eine kleine Herde Wasserbüffel seit 2015 steigert die Attraktivität des Rieds. Die Gemeinde hat durch das Aufstellen einer überdimensionalen Bank das Beobachten des Lebens dort noch attraktiver gemacht. Insgesamt gesehen ist die Entwicklung des Rieds eine Erfolgsgeschichte für viele bedrohte Tierarten, die wieder ein Zuhause gefunden haben – und auch für die Einwohner von Wittighausen mit einem hautnah zu erlebenden Naturparadies vor ihrer Haustür. Um speziell die junge Generation für die Natur und deren Erhalt zu begeistern, führt die NABU-Gruppe jedes Jahr in Zusammenarbeit mit der Grundschule eine Exkursion zum Thema „Krötenwanderung und Biber“ ans Ried durch. (Jürgen Hönninger)


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LANDSCHAFTSPFLEGE NATURDENKMAL MÜHLBERG

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Mühlberg 2011: Der schräge Hang des Naturdenkmals Mühlberg oberhalb der landwirtschaftlich genutzten Flächen wurde und wird

Als Glanzstück unter den NABU-Pflegeflächen kann zweifelsfrei das Naturdenkmal Mühlberg, zwischen der Langen- und Neumühle gelegen, mit einer geschlossenen Fläche von etwa zwei Hektar angesehen werden.

entbuscht – der zudem magere Boden ist Grundlage zur Ansiedlung spezieller Pflanzen

Nach dem Zweiten Weltkrieg stand die Ernährung der Bevölkerung im Mittelpunkt. Im Sinne einer damals durchaus verständlichen Philosophie maximaler Produktionssteigerung und Maschinennutzung wurden im Zuge von Zusammenlegungen störende Hecken und Feldgehölze beseitigt, Feuchtwiesen trockengelegt und in Äcker verwandelt, Tümpel zugeschüttet, Fließgewässer begradigt und vertieft. Das Bild einer ausgeräumten, veränderten Landschaft stellt sich besonders deutlich hier am Übergang zum Ochsenfurter Gau dar – im Vergleich zum Taubertal und seinen Seitentälern, wo Beschaffenheit und Steillagen einer landwirtschaftlichen Nutzung Grenzen setzen. Diese Veränderung der Landschaft ging einher mit einer großen Verringerung der Artenvielfalt bei Pflanzen und Tieren. Die Naturschutzverbände schlugen Alarm und setzen sich seitdem für den Schutz der verbliebenen Lebensräume

ein. Auch die Politik erkannte den Mangel und legte Förderprogramme für die Landschafts- und Biotoppflege auf. Schaffung einer Trockenrasenfläche Seit 1991 beteiligt sich die NABU-Gruppe Wittighausen an dieser Landschaftspflege. In Abstimmung mit Projektleiter Lorenz Flad wurde an Ort und Stelle entschieden, welche Flurstücke als schützens- und erhaltenswert in Frage kommen. Bei einer sogenannten Erstpflege wurden landwirtschaftlich nicht mehr genutzte und häufig von Schlehen und Hartriegel zugewachsene Flächen entbuscht. Diese wurden so ausgelichtet, dass einerseits interessante Trockenrasenpflanzen Licht und Luft bekommen, andererseits aber Wildtiere dadurch nicht Schutz und Unterstand verlieren. Um einer erneuten Verbuschung vorzubeugen, werden die Flächen seitdem einmal jährlich gemäht. Das Mähgut wird der Fläche entzogen und auf Haufen zusammengesetzt, so dass dem Boden immer mehr Nährstoffe verloren gehen. Diese Ausmagerung hat die Wiederansiedlung von Pflanzen zur Folge, die in nährstoffreichen Böden keine Lebenschancen haben. Orchideenpracht am Südhang Als ehemaliger Steinbruch mit teilweise aufgefülltem Abraummaterial weist der Mühlberg von Haus aus schon eine sehr geringe Bodenqualität auf. Durch die topographische Lage als ausgesprochener Südhang können nur die Pflanzen gedeihen, die mit der sehr intensiven Sonnenein-


MĂźhlberg 2015: Die BlĂźte der Bocks-Riemenzunge hat es Amelie Weber angetan

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Mühlberg 2013: Die „neue“ Trockenmauer wurde im Auftrag des Landschaftspflegeverbandes ausgebessert und größtenteils sogar neu aufgesetzt; das untere Foto zeigt Franka Michel, Gerd Konrad und Hermann Michel bei der Errichtung einer Informationstafel

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strahlung und dem geringen Wasserhaushalt zu Recht kommen. Im Frühjahr kann sich der Naturliebhaber auf dem Halbtrockenrasen an der Blütenpracht der Küchenschelle erfreuen. Außerdem haben sich einige Orchideenarten, allen voran aber die Bocksriemenzunge angesiedelt. Galt diese vor einiger Zeit noch als Sensation in unserer Gegend, so breitet sie sich in den letzten Jahren immer mehr aus und das nicht nur in Wittighausen, sondern im gesamten Main-Tauber-Kreis. Mit den Raritäten Schmalblättriger Lein und Bienenragwurz wurden 2015 auch zwei Pflanzenarten der Roten Liste am Mühlberg nachgewiesen. Ihre Standorte wurden mit GPS eingemessen und an das Umweltministerium nach Stuttgart gemeldet. Bei einem Gang über den Mühlberg kann sich der Naturfreund vom Frühjahr bis in den Spätsommer an der Pracht seltener Pflanzen erfreuen. Vom Blütenangebot begeistert sind auch viele Schmetterlingsarten dort anzutreffen. Erhalt der Trockenmauer Am Fuß des Trockenhanges wird seit Jahren eine Trockenmauer gepflegt und von Bewuchs freigehalten. Der Landschaftspflegeverband hat die Wertigkeit des Biotops „Trockenmauer“ dadurch gewürdigt, dass er im Jahr 2013 die Mauer ausbesserns beziehungsweise großteils neu aufsetzen ließ, um somit den langfristigen Erhalt zu sichern. Die NABU-Gruppe hat für alle Naturinteressierten eine Infotafel errichtet. Teilstücke des Wittighäuser Wandernetzes führen direkt an der Trockenmauer vorbei.


Kräuter- und Blumenwiese Oberwittighausen Neben dem Naturdenkmal Mühlberg kann die Kräuter- und Blumenwiese am Wingertsberg in Oberwittighausen als weiterer großer landschaftspflegerischer Erfolg der NABU-Gruppe Wittighausen angesehen werden. Durch das Abräumen der Mahd wurde der Boden-Nährstoffgehalt des 1981 erworbenen Grundstücks reduziert. Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten. Die Artenvielfalt an Kräutern und Blumen nahm und nimmt immer mehr zu. Die Kräuter verbreiten Ihren aromatischen Duft und die Blütenpracht lockt eine Vielfalt von Schmetterlingen an. Je nachdem welche Pflanzenart gerade blüht, dominiert eine ganz bestimmte Art den Hang. Wenn die Landschaftspflege auch sehr mühsam und körperlich anstrengend ist, da viele Flächen wegen der unwegsamen Geländeform nur mit der Motorsense gemäht werden können, gibt der Erfolg den Verantwortlichen Recht und spornt an, diesen Weg auch konsequent weiterzuverfolgen. Ohne Pflege würde innerhalb weniger Jahre die Verbuschung zurückkehren. (Jürgen Hönninger)

Mühlberg 2014: Küchenschellen auf dem vertrockneten Pflanzenteppich des Vorjahres Kräuter- und Blumenwiese 2014: Schmetterlingsjagd zur genaueren Untersuchung – danach erfolgt natürlich die Freilassung – von links nach rechts Ralf Riemann, Robin Wolf und Franka Michel

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GEWÄSSER ZWEITER ORDNUNG VORSICHT: WITTIGBACHBEGRADIGUNG!

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Nüchtern und frei aller Romantik wie die amtliche Bezeichnung - Gewässer zweiter Ordnung - präsentiert sich der Wittigbach heute. Flüsse und Bäche sind Lebensadern einer Landschaft, deren Wirkungsbereich weit über das Ufer hinausreicht. Den Gesetzen der Natur gehorchend, stimmt ihr Lauf selten mit menschlichen Planungen und Wünschen überein. Was liegt daher näher, als sie den jeweiligen Erfordernissen anzupassen. Regulierungen nennt man solch eine wasserbauliche Maßnahme, als sei der natürliche Zustand etwas unordentliches. Dreimal wurde eingegriffen Drei große Eingriffe musste der Wittigbach über sich ergehen lassen. Eingriffe, die ihn bis auf kümmerliche Reste völlig verändert haben. Im 19. Jahrhundert war es der Bau der Bahnstrecke, fertiggestellt 1866. Dort, wo er der Bahntrasse im Wege war, bereitete man ihm ein neues, schnurgerades Bett mit tiefem V-Profil. Größere Wassermassen sollten ja nicht mehr in die Breite, sondern möglichst schnell ablaufen. Schon die Ingenieure der „Großherzoglichen Badischen Bahn“ wussten, ein gerader Wasserlauf bewirkt eine höhere Fließgeschwindigkeit und fördert die Erosion. Dem zu begegnen pflasterte man die Bachsohle und die unteren Uferränder. Aus dem mäandrierenden Bach war ein Kanal geworden. Es ist angedacht, im Zuge der anstehenden Waldflurbereinigung diese Pflasterung wieder herauszunehmen, um das Gewässer wenigstens minimal ökologisch aufzuwerten. In den 1950er Jahren lief eine Flurbereinigung

in Oberwittighausen. Wie zu erwarten, waren Wege- und Gewässerplan mit dem natürlichen Wasserlauf nicht deckungsgleich, und so spendierte man dem Teilabschnitt Oberwittighausen ein begradigtes Bachbett ebenfalls mit tiefem V-Profil. Lief nun das Wasser in Oberwittighausen schneller ab, so kam es in Unterwittighausen früher und konzentrierter an. Schon normale Gewitter ließen die Wasser über die Ufer treten. Was blieb also Bürgermeister Adam Zipf und seinen Gemeinderäten anderes übrig, als das in Oberwittighausen begonnene Werk vom Sportplatz bis zum Schlossberg fortzuführen. Der damals alles beherrschende Gedanke war, das Wasser möglichst schnell abzuleiten. Nichts durfte im Wege stehen, damit auch das fiktiv berechnete Jahrhunderthochwasser abfließen konnte. Noch 1974 heuerte Bürgermeister Erhard Ziegler zwei Rentner an, die alles Gebüsch und Gesträuch zwischen den beiden Bachbrücken Boxbaum und Beckengäßlein aus dem Uferbereich entfernen mussten. Erste Bachpatenschaft im „Ländle“ In den 1980er Jahren herrschte in der Bevölkerung eine breite Übereinstimmung: Wir müssen etwas für unsere Umwelt tun. Umweltminister Gerhard Weiser aus BadenWürttemberg nutzte diese Bereitschaft und rief die Bürger auf, sich um die Gewässer zu kümmern und Bachpatenschaften in Übereinstimmung mit den Gemeinden und den Wasserwirtschaftsämtern zu übernehmen. Die NABU-Gruppe Wittighausen (damals noch


DBV) war die erste im Main-Tauber-Kreis, die sich um eine Patenschaft bewarb und die erste im DBV-Landesverband, die eine Vereinbarung am 27. August 1984 abschließen konnte. Nach eigenem Bekunden verwendete der Landesverband dieses Verhandlungsergebnis als Muster für weitere DBV-Gruppen. Ernüchterung und Durchhaltevermögen Obwohl es in der oben genannten Vereinbarung festgelegt war, machte die Gemeinde einen Rückzieher und stellte die nötigen Pflanzen für eine Begrünung nicht zur Verfügung. Die Mittel im Haushalt waren dafür doch nicht vorgesehen. Die Wittighäuser Aktivisten ließen sich nicht entmutigen, besorgten die Setzlinge aus der Natur, und der Zweite Vorsitzende Leo Englert nutzte seine guten Beziehungen zur Baumschule Zebula, um weitere Pflanzen unentgeltlich zu erhalten. So konnten von der Grenzenmühle in Oberwittighausen bis zur Büttharder Bachbrücke in Unterwittighausen mittels mehrerer Einsätze die Ufer bepflanzt werden. Der Verein hatte all‘ die Jahre ein wachsames Auge auf „unseren“ Wittigbach. Die Aktivitäten der Biber werden diese Wachsamkeit noch verstärken. (Hermann Michel)

Uferbepflanzung Mitte der 1980er Jahre: Von links nach rechts sind zu sehen Hermann Michel, Astrid Gans, Peter Eberl sen., Bernhard Fell, Marion Eberl und Peter Lakatos Biberidyll 2015: Imposanter Damm im Wittigbach nahe der Grenzenmühle bei Oberwittighausen

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UNVERZICHTBAR IN WALD UND FLUR TÜMPEL UND SEEN

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Die linke Reihe von oben nach unten zeigt: Großer Uhlbergsee; kleiner Uhlbergtümpel; ausgetrockneter Buhlleitentümpel Die rechte Reihe von oben nach unten zeigt: Bergwaldtümpel/ Weg oberhalb, Bergwaldtümpel/ Weg unterhalb, Tümpel Krens-

Wasser ist Leben – wo es ist, stellt es sich schnell ein. Wittighausen zählt in der Region zu den Orten mit den geringsten Niederschlägen. Entsprechend wasserarm ist die Gemarkung. Diesem Zustand versucht die NABU-Gruppe entgegenzuwirken. Erst wurde das Ried umgebaut, dann begann die Suche nach möglichen Standorten für Tümpel und kleine Seen.

den Abfluss zugeschüttet. Die damals schlagkräftige Jugendgruppe schuf mit großer Begeisterung und schweißtreibender Handarbeit einen prächtigen Tümpel, der ganzjährig Wasser führt. Forstwart Peter Kugler erlaubte auf der Wegseite gegenüber den Bau eines weiteren Tümpels, diesmal mittels einer Laderaupe. Berg- und Teichmolche bevorzugen das Gewässer, vielleicht der Lichtverhältnisse wegen.

Zwei Seen im Uhlberger Wald

Misserfolg in der Buhlleite

Man wurde bald fündig. Ein von den Jägern im Großen Uhlberg gegrabenes Wasserloch wurde ausgebaggert und daraus entwickelte sich schnell ein kleiner See. Anfänglich wollte man der Natur mit dem Einbringen von Wasserpflanzen und Amphibien auf die Sprünge helfen, doch bald konnte man mit Staunen feststellen, wie das Wasser, ohne eigenes Zutun, Leben magnetisch anzog. Kurz vor seinem Weggang genehmigte der damalige Forstwart Stephan Grethlein im Uhlberg den Bau eines weiteren Sees, dreimal so groß wie der erste. In trockenen Sommern schrumpft die Wasserfläche oft bis auf wenige Quadratmeter zusammen. Dadurch hat sich dort eine völlig andere Pflanzenwelt eingefunden, als im ersten Projekt. Die wasserreiche Zeit genügt den Grasfröschen, Kröten und Molchen.

1983 ließ die NABU-Gruppe einen kleinen See auf dem eigenen Grundstück in der Buhlleite ausschieben. Noch im Juli konnte man sich dort ohne Gummistiefel nasse Füße holen. Das Wasser stellte sich auch wie gewünscht ein. Die dort schon heimischen Gelbbauchunken nahmen das Gewässer sofort in Besitz. Mit Freude wurden die riesigen Quappen dieser Art bestaunt. Doch die Freude währte nicht lange – der Wasserspiegel sank und sank, bis nur noch ein schlammiges Loch übrig blieb. Dieser Zustand dauerte bis 2008. Plötzlich stellte sich das Wasser wieder ein und füllte den See – Jubel! Doch so schnell das Wasser gekommen war, verschwand es auch wieder. Der einzige Misserfolg im Reigen der Gewässer-Projekte.

Zwei Tümpel im Bergwald

In der Winne in Oberwittighausen plätscherte eine kleine Quelle, deren Wasser einige Meter weiter wieder versickerte. Eigentümer Anton Simon erlaubte der Gruppe, eine Mulde anzulegen.

heimer Straße

Die Jugendgruppe schuf in den 1980er Jahren in schweißtreibender Handarbeit einen Tümpel im Bergwald

Im Bergwald hatte die Gemeinde Unterwittighausen einer kleinen Sickerquelle beim Wegebau

„Antoniussee“ in der Winne


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Die linke Reihe von oben nach unten zeigt: Gartenteich vor der Vereinshütte; Tümpel Lochwiese; Tümpel Poppenhausen Die rechte Reihe von oben nach unten zeigt: Dreimal den Tümpel in der Winne, auch Antoniussee genannt; bei den Bauarbeiten, während eines Wasserhochstandes und im Jetztzustand als Wildschweinsuhle; auf dem oberen Bild sind (v.l.n.r.) Anton

Bald sammelte sich darin eine größere Menge Wasser, in die ein unverständiger Zeitgenosse Fische einbrachte. Amphibien und Fische auf kleinem Raum sind nicht die ideale Kombination. Leider schüttete die Quelle, aus ungeklärten Gründen, immer weniger Wasser. Das Fischproblem erledigte sich dadurch von selbst. Der Zulauf wurde daraufhin verrohrt, um möglichst alles Wasser in das Becken zu bringen. Momentan reicht es den Molchen, Fröschen und Kröten für ihr Laichgeschäft und ihre Entwicklung. Nebenbei freuen sich auch die Wildschweine über das Nassstelle. Also doch ein Erfolg.

See. Die NABU-Gruppe fungierte zwar als Bauherr, die Planung und alle organisatorischen Arbeiten erledigten der damalige Bürgermeister Bernhard Henneberger und Bauleiter Ludwig Ohnhaus. Die Erdarbeiten besorgte die Firma Haaf aus Gaubüttelbrunn. Auch hier ließ man der Natur freie Hand, sich zu entwickeln. Es wurden weder Pflanzen noch Tiere eingebracht. Leider hatte wieder jemand das Bedürfnis, Fische einzusetzen. Gelbbauchunken im Gewann Eichelsee

Simon, Philipp Wülk, Hermann Michel und auf der Raupe Otto Merkert zu sehen

Nur wenig Wasser in Poppenhausen Poppenhausen besaß einen Fischteich in privater Hand. Er war über Jahrzehnte leider nur noch eine feuchte Pfütze. Im Zuge der Flurbereinigung setzte sich unsere Ortsgruppe dafür ein, eine Wasserfläche in öffentlichem Besitz zu schaffen. Zuerst sah alles hoffnungsvoll aus – eine ausreichende Größe mit flachen Ufern und etwas Umland drum herum war vorgesehen. Je länger das Verfahren dauerte, um so mehr wurde das Vorhaben beschnitten, bis nur noch ein Wasserloch mit steilen Ufern übrig blieb. Immerhin etwas. Immer diese Fische ... Das aufwendigste und teuerste örtliche Projekt ist der Teich in der Lochwiese in Oberwittighausen. Angeregt durch Jagdpächter Andre Klingert, schuf die Gemeinde mit Zuschuss der EU diesen

Das jüngste Kind in der Familie der Wittighäuser Gewässer ist im Gewann Eichelsee zu finden. Eine Feuchtstelle, von der Flurbereinigung der Gemeinde Wittighausen übereignet. Neben dem schon vorhandenen Tümpel wurde von der Gemeinde eine neue Mulde angelegt, die ganzjährig Wasser führt. Hier brachte Bürgermeister Marcus Wessels Gelbbauchunken ein, die am Steinwerk Hemm ausquartiert werden mussten. Torfmoos vor der Hütte Acht Kubikmeter Beton ließ der Verein anfahren und formte daraus neben der eigenen Hütte eine stahlbewehrte Schale nach Art eines Gartenteiches. Nur hier war eine Bepflanzung nötig. Frösche, Molche und Kröten entdeckten das Gewässer alleine. 2015 überwucherten Torfmoose die ganze Wasserfläche, was natürlich nicht im Sinne des Erfinders war – aber immerhin dienten sie als ein Anschauungsobjekt. So entsteht ein Torfmoor. (Hermann Michel)


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UNVERZICHTBAR IN WALD UND FLUR AMEISEN, HIRSCHKÄFER UND CO.

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Artenschutzprojekte in der Gemeinde Wittighausen – die meisten Einwohner merken nichts davon, doch selbst mit kleinen Ansätzen kann man auf lokaler Ebene viel bewirken. Immer schon war die NABU-Gruppe experimentierfreudig und im Naturschutz neuen Ideen gegenüber aufgeschlossen. Gründungsmitglied Anton Dürr stellte den Kontakt zu den Arbeiten von Professor Karl Gößwald von der Universität Würzburg über die Ameisen und ihren Schutz her. Ziel war es, die für den ökologischen Haushalt der Wälder wichtige Rote Waldameise durch Teilung der Nester zu vermehren. Vermehrt wurde diese nicht, aber vom Standort her gefährdete Völker umgesiedelt. Durch Überspannung der Nester mit Nylonnetzen sollte der Grünspecht von den Ameisen ferngehalten werden. Waldameisen stehen auf seiner Speisekarte. Das an Ameisenhaufen immer anzutreffende Klettenlabkraut nutzte die Netze als willkommenes Klettergerüst und wickelte die Völker regelrecht ein. Es wuchs die Überzeugung: Der beste Ameisenschutz besteht darin, darauf zu achten, dass die Haufen nicht zuwachsen und sie ansonsten in Ruhe zu lassen. Käferansiedlung Publikationen über den, auch bei uns heimischen, sehr seltenen Hirschkäfer gibt es viele. Aber Ernst Tochtermann, Förster in Bischbrunn, war wohl der erste, der sich ernsthaft mit der Biologie des Käfers beschäftigte. Er entwickelte einen Meiler aus Eichenholz, um den Fortbestand der Art zu fördern. Die NABU-Gruppe besuchte einen Vor-

trag über seine Arbeit und baute in den heimischen Wäldern drei Käfermeiler. Das dafür nötige Eichenholz hatte die Gemeinde unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Larven aus gefährdeten Standorten wurden eingebracht. Die Entwicklung vom Ei zum fertigen Käfer dauert sechs Jahre. Außer Nashorn-, Rosen- und zwei Bockkäferarten konnte noch kein Nachweis verbucht werden. Hornissen und Gartenpracht Ein weiteres Artenschutzprojekt wurde für die Hornisse gestartet. Für deren Bedürfnisse passend gebaute Kästen brachten den Erfolg. Immer wieder nutzen Königinnen das Angebot und gründen dort neue Völker. Als Nebeneffekt kann man ein vermehrtes Aufkommen der Wollschwebfliege feststellen. Diese ist ein Parasit der Hornisse und schmuggelt ihre Eier in die Waben. Ein Artenschutzprojekt mit Konfliktpotenzial ist der Garten am Bahnhof, der von der Deutschen Bahn gepachtet wurde. In jahrelanger Handarbeit, Herbizide kamen nicht in Frage, schufen zahlreiche Helfer aus dem mit Disteln besetzten Grundstück ein Paradies für Schmetterlinge, Bienen, Hummeln und alle anderen Nektarnascher. Über siebzig verschiedene Blumenarten konnten angesiedelt werden. Sie stehen aber nicht in Reih und Glied und sind hoch aufgewachsen. Das empfinden manche Mitbürger als unordentlich und daher ärgerlich. Den Samen, der von den abgeblühten Blumen gesammelt wird, bringt der NABU auf ein trockenes Grundstück am Ried. Langsam entsteht auch dort eine Blumenwiese. (Hermann Michel)


Die linke Reihe von oben nach unten zeigt einen fertigen Käfermeiler, wobei der eigentliche Mullhaufen von Eichenholzstücken umrandet wird; Michael Dürr, Roland Lurz und Carsten Zimmermann bewegen ein solches Holzstück in eine vorher gegrabene Kuhle Das rechte Foto zeigt die Ortsbegehung eines Ameisenhaufens mit dem im Text beschriebenen Nylon-Schutznetz um 1980 – zu sehen sind von links nach rechts Forstwart Stephan Grethlein, Professor Viktor Gutschick aus Würzburg, Ewald Schäffner aus Grünsfeld und Leo Englert

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Rückseite Oben links Wallfahrtsbild mit Johannes Konrad, Daniel und Jan Hönninger sowie Paul Konrad; das Bild unten rechts zeigt Maren Riemann

WITTIGHÄUSER HEFTE 27

Foto: K. Karkow

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November 2016 Herausgeber: Naturschutzbund Deutschland Gruppe Wittighausen

Idee, Recherche und Texte: Günther Auerhammer, Unterwittighausen Jürgen Hönninger, Unterwittighausen Hermann Michel, Unterwittighausen Gestaltung: Edgar Braun, Unterwittighausen und Höchberg office@grafik-braun.de Fotografie: Günther Auernhammer, Unterwittighausen Jürgen Hönninger, Unterwittighausen Marcus Wessels, Unterwittighausen NABU-Bundesverband, Berlin Mitarbeit: Marianne Auernhammer, Unterwittighausen Frank Lurz, Unterwittighausen Elke Schuler, Oberwittighausen

s e i d a r a p r u t a N sucht Pate! Bewahren Sie mit uns einzigartige Natur. Für wild lebende Tiere und Pfl anzen in Deutschland. unter

Mehr dazu e.de www.naturerb

Informationen zum Verband gibt‘s beim NABU-Bundesverband, 10108 Berlin, Telefon 030 / 28 49 84-0 nabu@nabu.de Werden Sie Mitglied in der NABU-Ortsgruppe Wittighausen. Infos gibt‘s bei Hermann Michel, Wittigostraße 26, 97957 Wittighausen oder Jürgen Hönninger, Am Damm 14, 97957 Wittighausen oder auf der Homepage www.nabu-wittighausen.de



www.nabu-wittighausen.de


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