Wittighäuser Hefte 4 - St. Sigismund

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St. Sigismund

in Oberwittighausen

WITTIGHĂ„USER HEFTE 4



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OTTO TRIER

EINE FRIEDHOFSKAPELLE DER TEMPLER

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HANS BAUER

DAS PORTAL UND SEINE BILDSPRACHE

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GESCHICHTE UND ARCHITEKTUR

26 WILHELM KRATT

GLASNEGATIVE AUS ALTER ZEIT

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Beispielseiten aus dem Buch von Oskar Heckmann „Romanische Achteckanlagen im Gebiet der mittleren Tauber“, 1940

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OTTO TRIER EINE FRIEDHOFSKAPELLE DER TEMPLER

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Um den Ursprung der Sigismundkapelle ranken sich Vermutungen und Sagen. Dies hängt eng zusammen mit den fremdartigen Reliefdarstellungen auf den acht Bogensteinen des Portals, deren Motive in der ganzen übrigen abendländischen Kunstgeschichte keine Parallele haben. So hat man die Kapelle in Zusammenhang gebracht mit einer vorzeitlichen Kultstätte, die später zu einem christlichen Heiligtum umgewandelt worden sein soll. Man hat der unverständlichen Zeichen wegen vermutet, es handle sich hier um eine ehemals römische Sternwarte, und noch 1957 wurde der Inhalt des Reliefs als nicht deutbar und „als für immer unlösbar“ erklärt. Im Einzelnen wird nachgewiesen, dass es sich bei der Kapelle in Oberwittighausen um eine Friedhofskapelle handelt, der zwei weitere derartige Kapellen zugeordnet waren: die St. Achatiuskapelle in Grünsfeldhausen und die St. Michaelskapelle in Gaurettersheim. Erbaut wurden alle drei Kapellen vom Ritterorden der Templer, der während der Zeit der Kreuzzüge von 1096 bis 1291 über großen Reichtum und enorme Macht verfügte. Es ist wichtig zu wissen, dass Friedhofskapellen eine besondere Bewandtnis hatten: zunächst als Kapelle mit einem Friedhof für Ordensangehörige erbaut, hatten sie im Laufe der Zeit von Rom ein besonderes Begräbnisrecht insofern erhalten, als nicht mehr nur Ordensmitglieder, sondern auch all jene sich hier bestatten lassen durften, die mit dem Orden in näherer Beziehung standen. Das waren nicht nur Handwerker und Zulieferer, sondern vor allem jene, die sich dem Orden durch Schenkungen und Stiftungen verbunden zeigten.

In der Nähe von Mitgliedern eines Ordens bestattet zu sein, die die Rückgewinnung des Heiligen Landes unter Einsatz ihres Lebens betrieben, galt als ein Vorrecht insofern, als man glaubte, am jüngsten Tage sei man in der Nähe derer, die ins Himmelreich eingehen und die für einen bitten könnten. Diese Auffassung machte den Orden in relativ kurzer Zeit sehr reich, brachte ihm aber auch harte Auseinandersetzungen mit der weltlichen Geistlichkeit, der solcherart die eigenen Einkünfte empfindlich beschnitten wurden. Der Templerorden hatte viele solcher gewinnbringenden Friedhöfe gehabt. Auf der Suche nach neuen Geldquellen, wie sie die Unternehmungen im Heiligen Land erforderlich machten, ist man dann in das „Vakuum“ zwischen Würzburg und Mergentheim gestoßen, und zwar gleich mit drei Kapellen, unter denen aber die von Oberwittighausen die übergeordnete war. Die Bauform und der Bautrupp Es gibt in Europa nur noch zwei derartige Kapellen, deren Herkunft von den Templern einwandfrei belegt werden kann: das sind „La Chapelle des Templiers“ in Laon, sie wurde 1160 errichtet, und die Kapelle in Metz, die zwischen 1180 und 1220 erbaut wurde. Beide Kapellen sind achteckige Zentralbauten, was auf die Gebäude in Oberwittighausen und Grünsfeldhausen ebenso zutrifft wie auf die im 19. Jahrhundert abgerissene Kapelle in Gaurettersheim. Es liegt nahe, in diesen Bauformen eine Kopie der Jerusalemer Omar-Moschee, des Salomontempels, zu sehen, was um so näher liegt, als die Templer ihren Namen gerade auf diesen Tempel


zurückführen. Allein, dies ist ein Irrtum: der Tempel Salomons, die spätere Omar-Moschee, war ursprünglich ein Kuppelbau; erst später ist ein achteckiger Umgang hinzugefügt worden. Hier ist der Hinweis wichtig, dass die Seldschuken ihre Grabbauten in der Regel achteckig anlegten. Errichtet wurden solche Gebäude von darauf spezialisierten Bautrupps, die vertraglich auf Bauprojekte verpflichtet waren. Da die Steinmetzkunst in der Tradition der Antike im Mittelmeerraum weiterhin beheimatet geblieben war, bedienten sich sowohl die Bischöfe wie die Kalifen dieser Arbeiter. So arbeiteten die lombardischen Bautrupps zuerst in Speyer, danach in Mainz, später in Südschweden. Die Bartholomäuskapelle bei Paderborn bauten griechische Bauleute, und überhaupt bestanden die Bautrupps bald aus Griechen, bald aus Kopten, bald aus Christen, bald aus Mohammedanern. Der in Oberwittighausen arbeitende kam aus Sizilien, wo die Normannen nach langer Zeit islamischer Herrschaft das Christentum wieder als Staatsreligion einführten, was das Nebeneinander der drei Religionsgemeinschaften (Christen, Juden, Moslems) aber nicht weiter beeinträchtigte. Aus diesem Milieu rekrutierte nun der Templerorden, für welchen Sizilien strategische Bedeutung hatte, seine Bautrupps. Die Art und Weise, wie diese muslimischen Bauleute arbeiteten, ist bekannt und wurde auch an der Sigismundkapelle nachgewiesen. Die Fremdartigkeit des Gebäudes für die Einheimischen rührt denn unter anderem davon her, dass sie praktisch ein steingewordenes Nomadenzelt darstellte: niedrig, fast fensterlos, vieleckig. Die Motive im Relief des Portals vertiefen nur den Eindruck des Fremden.

Der Umbau Der Eingang bestand ursprünglich nur aus dem Stufenportal. Der oberhalb des Bogens angebrachte und rechtwinklig eingerahmte Portalschmuck stammt aus dem Umbau von 1285, als man die Kapelle zu einem Wallfahrtsmittelpunkt erheben wollte, um nach dem Verlust erheblichen Vermögens im Heiligen Land dem Orden neue Geldquellen zu erschließen. Damals wurde nach der genannten weiteren Portalausschmückung eine Totenlaterne aufgesetzt, wie sie die beiden jüngeren Kapellen St. Achatius und St. Michael

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Um die Sigismundkapelle verläuft eine bis zu 1,80 m hohe Mauer aus Kalkbruchsteinen.


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Ein Ungeheuer, das an einen Pfahl gekettet ist und in der Rechten ein Menschlein hochhält? Welchen Sinn kann man der unten abgebildeten Szenerie zuordnen?

bereits besaßen; es wurde aber auch die Kapelle insgesamt erhöht und in der Mitte des Hauptraumes eine quadratische, nach allen Seiten offene Aufbahrungskapelle errichtet. Das Baumaterial gewann man weitgehend durch Abtragen eines Steinbruchs östlich der Apsis, unmittelbar hinter der jetzigen Friedhofsmauer. Die im Innern der Kapelle jetzt errichtete Aufbahrungskapelle stellte zugleich das Fundament für die aufgesetzte Laterne dar; im übrigen wurde die ganze Kapelle etwas erhöht, wodurch die ästhetische Notwendigkeit einer Erweiterung des Portals um die genannte rechtwinklige Einfassung folgte. Dieser Rahmen ist aus Kalkstein und seine Motive wurden recht und schlecht dem ursprünglichen Portal nachgearbeitet. Die Totenlaterne selbst galt im Mittelalter als Bestandteil eines Friedhofes. Ein Leuchtfeuer während der Nacht sollte „zu Ehre der ruhenden Gläubigen alle Nächte den geweihten Ort mit

dem Schimmer beleuchten“. Der Zugang zu dem Feuer ging über eine in die Mauer eingehauene Treppe: sie ist in St. Sigismund zu sehen. In St. Achatius führt innerhalb des Chores eine Treppe zur Laterne, was zeitweise der fälschlichen Vermutung Vorschub leistete, es habe sich um eine Wehrkirche gehandelt. Das Portalrelief Der sizilianische Baumeister hatte den Auftrag, den Kapelleneingang als „Predigt über den Tod und seine religiöse Begründung“ darzustellen, dass der Tod auf den Satan zurückgeht und dass jeder Tote, der durch dieses Portal getragen wird, ihm sein Ende verdankt. Nicht die bildliche Darstellung der tröstenden Erlösung steht indessen im Mittelpunkt, sondern eine ausgiebige Darstellung des Teuflischen. Dies hängt unter anderem damit zusammen, dass im 13. Jahrhundert der Teufelsglaube die Gelehrten wie das Volk bis zum Exzess beschäftigte, zu einem Teufelskult tendierte und in vieler Hinsicht den Bogen für die Hexenprozesse des folgenden Jahrhunderts bereitete. Die Zahl der mit Reliefs geschmückten Bogensteine des Portals beträgt acht. Dies ist zu erklären mit dem Umstand, dass das frühe Mittelalter die Achtlasterlehre der Kirche vertrat, was auf das 4. Jahrhundert zurückgeht. Dem entsprechen auch die acht Bogen der rechtwinkligen Umrahmung. Die Reliefsteine sind der muslimischen Lesart entsprechend von rechts nach links zu betrachten. Der Autor bezeichnet sie ihren Motiven nach als „Künstler- und Themenstein / Al-Sakkum-Stein / Krokodilstein / Satanstein /


Würmerstein / Vegetationsstein / Ungeheuerstein / Taucherstein“. Die einzelnen Motive werden von ihm ganz bestimmten Suren des Koran zugeordnet und von daher überzeugend gedeutet. Die Summe der Sternschnuppen auf den Reliefsteinen beträgt zwölf und weist auf den Tierkreis hin. Da die fünffache Gewandung des Portals die Himmelssphären darstellt, in welche die bösen Geister aufsteigen können, beim Belauschen des Himmels aber von den Engeln mit Feuer vertrieben werden, wovon die Sternschnuppen und Kometen Zeugnis ablegen, so passt sich auch dies in das Gesamtthema ein: „Auch haben wir den Tierkreis an den Himmel gesetzt und ... geschmückt und sie vor ... dem Satan geschützt. Wenn einer aber doch heimlich lauscht, so verzehrt ihn die lodernde Flamme“ (Koran, Sure 15). In den rechristianisierten Gebieten des Islam galten die im Portal eingeführten Sternschnuppen daher als Abwehr der bösen Geister.

Der Ablass und die Aufhebung der Templer Im Jahre 1285 gewährte Papst Honorius IV. dem Templerorden, insbesondere aber laut Urkunde der Kirche in Superiori-Wythigehusen (Oberwittighausen) und allen, die in dieser Kirche ehrlich beichten, einen Ablass von 40 Tagen, und zwar an den folgenden Tagen (...). Damit wurde Oberwittighausen zum Wallfahrtsort aufgewertet, zu dem von weither die Pilger kamen. So erklärt sich auch der in den östlichen Gemarkungen des Ortes befindliche „Böhmerpfad“. Ein Ordenskaplan hatte die Wallfahrtskirche sowie die beiden Kapellen in Grünsfeldhausen und Gaurettersheim zu betreuen. Die günstige Entwicklung wurde aber schon bald unterbrochen. Im Jahre 1291 fiel die letzte Stadt im Heiligen Land an den Islam zurück. Die Templer verlegten ihren Hauptsitz nach Frankreich, wo der Papst residierte und dem Druck des französi-

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Als „Predigt über den Tod und seine religiöse Bedeutung“ sollte der Kapelleneingang verstanden werden – der „abgeschlagene Kopf“ ist ein Teil davon. Die Tiefenstaffelung der fünffachen Gewandung wird durch den Wechsel dreier Rundsäulchen und zweier spitzwinkliger Vorlagen erreicht.


Der um 1657 entstandene Aufbau stand anfangs auf dem romanischen Steinaltar im Chor.

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schen Königs ausgesetzt war. Um an das Vermögen der Templer zu kommen, betrieb der König deren Aufhebung. In einer nächtlichen Aktion ließ er alle in Frankreich wohnhaften Ritter einkerkern und durch Folterung zu Geständnissen pressen, die Grundlage für ein Verbot durch den Papst sein sollten. Tatsächlich wurde der Orden dann 1312 von Papst Clemens V. aufgehoben. Das Ordensvermögen wurde eingezogen und die Liegenschaften laut Päpstlicher Bulle den Hospitalitern übertragen. So kamen die Besitzungen von Oberwittighausen an diese nach Würzburg. Ab dieser Zeit waren die Wallfahrten zu Kapellen der Templer verboten, desgleichen Bestattungen auf ihnen ehemals zugehörigen Friedhöfen. Bei Strafe der Exkommunikation war das Aussprechen des Wortes „Templer“ untersagt. Aufgrund der durch Folterungen erpressten Selbstbeschuldigungen der Templer wurden fortan dem gläubigen Volk zu dessen großem Erstaunen diese Ordensritter als Heiden und Ungläubige gepredigt. Der Erfolg war nachhaltig: noch 1919 wurde ein oktogonaler Pfeilerrest, der im Hauptraum der Achatiuskapelle von Grünsfeldhausen lag, als „heidnisches Werk“ deklariert und daraufhin von den Dorfbewohnern eigenmächtig entfernt. Bleibt nachzutragen, dass die Sigismundkapelle 1827 auf Abbruch versteigert wurde. Nur mit finanzieller Unterstützung des Großherzogs von Baden konnte die Gemeinde Oberwittighausen das Gebäude erwerben. Otto Trier, „Das Portal der Sigismundkapelle Oberwittighausen“ in Badische Heimat - Ekkhart, Heft 4, 1980, Freiburg (der aus Oberwittighausen stammende Amateur-Historiker praktizierte als Arzt in Speyer und starb im Jahr 1982)


HANS BAUER DAS PORTAL UND SEINE BILDSPRACHE

Von welcher Seite man sich dem Ort Oberwittighausen auch nähern mag: die Sigismundkapelle beherrscht die Landschaft. Der Vorplatz der Kapelle wird von einer jahrhundertealten Linde beherrscht, um die sich eine wettergegerbte Holzbank zieht. Es ist ein stimmungsvoller Augenblick, sich hier niederzulassen, die Ruhe und die Ausstrahlung dieses geschichtsträchtigen Ortes auf sich wirken zu lassen und sich an dem beeindruckenden figurenreichen Portal zu erfreuen. Sechsundvierzig verschiedene Ornamente, Sinnbilder, Fabeltiere und Mischwesen bilden ein unentwirrbares Kaleidoskop, eine Vermengung christlicher und heidnischer Heilssymbole – ein kunterbuntes rätselhaftes Durcheinander. Auf mehreren Bildebenen muss der Betrachter „lesen“, wenn er eine Ordnung in die vielfältigen Eindrücke bringen will. An den Kämpfersteinen, die den Rundbogen stützen, begegnen uns verschiedenartige Blätter, aber auch Greifvögel und ein wolfsartiges Tier. In der abgeschrägten Fläche des Rundbogens reihen sich Bestien, Sterne und andere Glückssymbole aneinander. Besonders wirkungsvoll sind die Bilder auf der Stirnseite des Rundbogens: vielfältig verschlungenes Blattwerk sehen wir dort, einen geflügelten Drachen mit Flossenschwänzen, Blütenkronen, volutenförmig gerollte Blätter, einen Menschenkopf mit Hörnern, langen Ohren und Flügeln, ein Krokodil mit aufgerissenem Maul und einen Hirsch, der von einem Baum mit gewundenem Stamm Blätter frisst. Im rechteckigen Blendrahmen sind erneut fremdartige Blattwerke zu sehen, aber auch kriechende Tiere, Sterne,

Pyramiden und ein Zinnenfries. Sehr befremdlich sind schließlich verschiedene Einzelplastiken, die, ohne dass wir ein System, eine Grundidee erkennen könnten, über das Bogenfeld selbst verteilt sind (von links unten nach rechts): ein Adler ohne Kopf, eine sitzende Menschengestalt mit einem Stab in der Rechten, ein Löwenhund mit Menschenkopf, ein Pilger in geistlichen Gewändern mit Stab, Tasche und dem Symbol der Jakobsmuschel, darunter ein Menschenkopf, der vielleicht früher Teil einer Statue war und schließlich, außen an der Wand, ein Ungeheuer, das an einen Pfahl gekettet ist und in der Rechten ein Menschlein hochhält. Was bedeutet was? Über die Deutung des figurenreichen Portals haben sich kluge Köpfe immer wieder Gedanken gemacht. 1872 glaubte der damalige Ortspfarrer, die Bilder seien die symbolische Konkretisierung der Ideenlehre Platons. Eine groteske Interpretation, der man ebenso wenig zustimmen kann wie der vernichtenden Kritik eines Kunsthistorikers, der sich 1933 in einer Abhandlung wörtlich äußerte: „An kleineren Kirchen schlugen sich die neuen Gedanken der Romanik aus Frankreich über Norditalien und die Schweiz, den Oberrhein entlang nach Norden und Osten nieder, meist unbeholfen in der Technik, durchsetzt mit allerhand deutschen Ansprüchen auf breite behagliche Erzählung und verzichtend auf den Sinn und Zusammenhang der grundlegenden Idee. Die Portale werden kurios. Es ist ein Lallen und Nachstammeln der großartigen Werbepredigten französischer Portale“.

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Willi Müller hat das Portal in seine verschlungenen Theorien über das Grabtuch Jesu eingewoben. Jede Figur, jedes Detail kann er erklären und in einen nach seiner Meinung verbindlichen Zusammenhang bringen. Das Grabtuch selbst, aber auch der hier nach seiner Meinung als Eremit lebende Templer André de Joinville und viele andere Einzelheiten seien wiederzuerkennen. Es ist zu mühsam und wohl auch nutzlos, jede einzelne seiner Interpretationen zu benennen, wohl aber interessant, vielleicht sogar ein wenig amüsant, die wichtigsten Bilder seiner Theorie zu erläutern. Auch hier leuchtet die Erkenntnis auf, dass die vorgefasste Intention, etwas beweisen zu wollen, in eine Sackgasse der Argumentation führt, aus der man sich nicht mehr befreien kann und die keine Gegenargumente mehr zulässt oder gar die Tür zur Einsicht in gegensätzliche Meinungen offen hält. Portal-Deutung nach Willi Müller Die seltsame Figur rechts neben dem Portalbogen (1) soll der „Initialstein“ der narrativen Deutung des Portals sein. Er zeigt den Kreuzritter Sigebodo von Zimmern, der in die Gefangenschaft

der Sarazenen geraten sei und zu Hause für tot gehalten wurde: zu seinem Gedächtnis habe man die Kapelle errichtet. Sigebodo lebte nach seiner glücklichen und unerwarteten Rückkehr als Eremit in einer Klause an der Kirche. Über die kleine Figur, seinen Enkel Gernot von Zimmern in seiner Rechten, verweist er auf die Geschichte, die das Portal erzählt und auf den über ihm abgebildeten André de Joinville (2), der zusammen mit Konrad von Hohenlohe-Brauneck (7), das Grabtuch Jesu auf gefährlichen Wegen über das Mittelmeer und quer durch Frankreich nach Tauberfranken geschafft hatte. Der Ritter André de Joinville ist mit einem Stab ausgerüstet, der unter ihm abgebildete Kopf (3) sei das Symbol des Templerordens, dem er angehörte. Müller übersieht in seiner detailreichen Beschreibung die Pilgertasche mit der Muschel – dieses Merkmal passte nicht in seine Interpretationskette. Konrad von Hohenlohe (7) ist durch das Bild eines Leoparden symbolisiert; sein volutenförmiger Schwanz berichte von der erfolgreichen Heimkehr des Ritters in die Heimat und der glücklichen Vollendung seines Auftrages. Der Stein am rechten unteren Ende des Rundbogens (H) sei der direkte Hinweis auf das Grabtuch. Das dort in den Stein gravierte Viereck müsse als Abbild des Schreines gedeutet werden, in dem


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das Grabtuch in Konstantinopel aufbewahrt worden sei. Die verschlungenen Figuren darüber deuteten auf brennende Gebäude hin – für den Autor der Beweis, dass damit der große Brand von 1203 gemeint sein muss, in dessen Wirrnissen das heilige Leinentuch in die Hände des Ritters Joinville gelangt sei. Ein weiterer unmissverständlicher Beleg, dass hier die Reise des Grabtuchs beschrieben werde, sei im gegenüberliegenden Portalstein am linken unteren Ende zu finden (A), denn er zeige die Identifikation der Geißelspuren auf der Rückseite des Grabtuchs; links erkenne man eine Geißel, rechts sei das Tuchsymbol von dreieckigen Fadenschlingen umsäumt. Im Innern des Portalbogens sei der Wächter am Grab Jesu Christi zu sehen, der wie tot zu Boden gefallen ist, darüber der in Binden gewickelte heilige Leichnam (4). Die Bilder darüber (5, 6) berichten vom Machtkampf zwischen Friedrich II. und Papst Gregor IX.: das eine Bild zeige den Papst, der sich über den Kaiser erhebt (6), das andere den Adler als Merkmal der päpstlichen Macht (5). Im Übrigen könne jedes andere Detail auf die Geschichten des Transports des Grabtuchs verweisen, wie beispielsweise jener Bildstein, der wild bewegte

Wellen zeigt (D) – ein Bericht von der gefährlichen Überfahrt von Akkon nach Südfrankreich. Müller hat seine Grabtuchtheorie durch intensive Literaturstudien aufgebaut. Ein bewegender Moment war für ihn ein mehrtägiger Besuch in Franken; auf dieser Forschungsreise, die ihn zusammen mit anderen Experten vor allem nach Grünsfeldhausen, Burgerroth, Oberwittighausen und Standorf führte, kamen die beschriebenen Thesen zustande. Es ist jedem Besucher der Sigismundkapelle, so wie in Standorf auch, selbst überlassen, was er glauben oder als Phantasie bezeichnen will!

Hans Bauer, „Geheimnisvolles Franken, Band 3“, 2006 ISBN 3-89754-116-5 (2010 leider vergriffen) J.H. Röll Verlag, Dettelbach, www.roell-verlag.de


RUTH VINES GESCHICHTE UND ARCHITEKTUR

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Im Rahmen einer Facharbeit für den Kunstunterricht hat Ruth Vines im Jahr 1990 eine kunstgeschichtliche Abhandlung geschrieben. Hierbei hat sie auf diverse Veröffentlichungen zurückgegriffen und diese kompakt und leicht verständlich zusammengefasst. Lage und Patronat Die Sigismundkapelle liegt im Wittigbachtal, das uraltes, vorgermanisches Siedlungsgebiet war, auf einer Höhe nordwestlich von Oberwittighausen. Sigismund war König von Burgund, der sich mit seinem arianischen Volk dem christlichen Glauben anschloss und nach einer Niederlage gegen die Franken 523 in einem Brunnen ertränkt wurde. Das Fest des Hl. Sigismund wird am 2. Mai gefeiert. Er gilt als Beschützer von Mensch und Vieh. Man opferte ihm Geld, Tiere, Getreide und rief ihn bei giftigen Krankheiten und Seuchen an. Im Volksmund wurde die Kapelle wegen der vielen Salzopfer auch „Salzkapelle“ genannt.

Durch eine Fehde zwischen Bischof Hermann und Ludwig II., Graf von Rieneck, ging die Kapelle 1243 als Lehen an das Hochstift Würzburg. 1488 fiel die Herrschaft über Grünsfeld dem Gatten einer von Rieneck zu, dem Landgrafen von Leuchtenberg. Nach Aussterben dieses Geschlechtes 1645 herrschten die Würzburger über dieses Gebiet, zu dem neben Ober- und Unterwittighausen auch Grünsfeldhausen und Zimmern gehörten. Durch die Säkularisierung fiel die Herrschaft Grünsfeld 1803 dem Fürstentum Salm-Krautheim zu und gehörte ab 1806 endgültig zum Großherzogtum Baden. Nach dem Zweiten Weltkrieg entstand im Zuge der Neustrukturierung der Bundesrepublik Deutschland das Bundesland Baden-Württemberg. Innerhalb der Landkreis-Neustrukturierung in den 1970er Jahren wurde der neugeschaffene Main-Tauber-Kreis dem Regionalverband Franken (Heilbronn) zugeordnet. Damit ist Wittighausen nun württembergisch! Nutzung in den letzten zwei Jahrhunderten

Besitzverhältnisse Im 12. Jahrhundert hatten die Herren von Zimmern und Luden die Herrschaft über das Grünbach- und Taubergebiet um Lauda inne – dazu gehörte auch die Kapelle bei Oberwittighausen. Diese Geschlechter starben kurz hintereinander Anfang des 13. Jahrhunderts (1210 und 1213) aus und das Bauwerk gelangte durch eine Erbtochter an die Grafen von Rieneck, die im Mittelalter zu den bedeutendsten Geschlechtern Frankens gehörten.

Am 2. Mai 1826, dem Festtag des Hl. Sigismund, wurde ein Bauer im Wirtshaus von Oberwittighausen von Betrunkenen erstochen. Ab dem 4. April 1827 fielen deshalb die sonst regelmäßigen Gottesdienste in der Kapelle gänzlich aus. Die dort eingepfarrten Familien wurden Unterwittighausen zugewiesen. Bis 1843 durfte die Kapelle nicht benutzt werden und sollte wohl gezielt dem Verfall preisgegeben werden. Als das Bauwerk „auf Abbruch“ zum Verkauf stand, erwarb es die Gemeinde Oberwit-


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tighausen und setzte es instand. Etwa Mitte des 19. Jahrhunderts diente die Kapelle einigen Familien in Oberwittighausen als Pfarrkirche. Während 1683 noch 11 Familien eingepfarrt waren, reduzierte sich deren Anzahl 1820 auf nur noch drei, 1827 waren es wieder vier. Die Neuweihe erfolgte am 1. September 1846, dem Jahrestag des Hl. Ägidius, Schutzpatron der barocken Pfarrkirche von Oberwittighausen. Einen Tag später wurde der erste Gottesdienst gehalten. Die Kapelle als Wallfahrtsort 1354 wurde ein Teil der Gebeine des Hl. Sigismund von Burgund nach Prag in den Veitsdom

überführt. Da der Weg der Sage nach über Oberwittighausen führte, wurde die vorhandene Kapelle in St. Sigismundkapelle umbenannt, nachdem sie vorher St. Martin und Nikolaus von Myra geweiht war. Das Gebäude wurde zur vielbesuchten Wallfahrtstätte und soll sogar Pilger aus dem fernen Böhmen angezogen haben. Einige Flurnamen weisen noch heute auf diesen Sachverhalt hin, beispielsweise das Feldstück „Pilgerspfad“ zwischen Oberund Unterwittighausen oder der Ackerstreifen „Sigismundpfad“ am Hang des Kapellenberges. Ein hochgelegener Flurstreifen auf Gemarkung Oberwittighausen trägt den Namen „Jerusalem“. Außerdem gibt es zwischen Gaubüttelbrunn und Oberwittighausen einen sogenannten „Böhmerweg“.

Das Fresko aus dem Jahr 1658 an der südlichen Turmwand zeigt das Jüngste Gericht – für mittelalterliche Besucher ein anschauliches Beispiel, sich durch einen christlichen Lebenswandel gegen die Verdammnis der Hölle zu entscheiden. Seite 12 Die in der Spätrenaissance um 1600 entstandene Madonna mit Kind steht an der Nordwand der Kapelle.


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Die Hammerwurflegende Da es in der näheren Umgebung der Sigismundkapelle noch zwei weitere „ungewöhnliche“ Kapellen gibt (die Achatiuskapelle in Grünsfeldhausen) oder gab (die Michaelskapelle in Gaurettersheim), entstand im Volksglauben die sogenannte „Hammerwurflegende“. Demnach soll ein Riese jeweils nach Vollendung einer Kirche seinen Hammer weggeworfen und an der Fundstelle eine weitere gebaut haben. Nur so konnte man sich die Existenz dieser ähnlichen Bauwerke erklären. Kirchhof, Grundriss, Raum, Turm und Fenster Die Kapelle ist umgeben von einer bis zu 1,80 m hohen Mauer, die aus plattenartigen Kalkbruchsteinen trocken aufgebaut wurde. Der Kirchhof im Süden ist mit seinen 6 x 12 m unregelmäßig angelegt. Einstmals standen dort zwei Jahrhunderte alte Linden, von denen jetzt nur noch eine existiert. Das Gebäude besteht aus einem unregelmässigen Zentralbau mit Zeltdach und Dachreiterturm. Aus der Ostseite des Oktogons ist der Chor herausgebildet. Der Eingang mit seinem prächtigen Portal befindet sich auf der Südseite. Der Turm in der Mitte hat einen quadratischen Grundriss, der über der Decke des Kapellenraums in ein Achteck übergeht. Der Zentralraum besitzt keine architektonische Gliederung. Seine Umfassungswände sind geputzt und nur durch je ein großes Fenster in der Südost- und Nordwand durchbrochen. Rechts neben dem Eingang befindet sich eine Tür mit


glattem Kalksteingewänd, die den Durchgang zu einer innerhalb der Mauer angelegten Treppe bildet. Diese führt zum Dachstuhl und wird durch ein kleines Fenster zum Inneren der Kapelle erhellt. Die Decke wird durch die Balkenlage des Dachstuhls gebildet. Diese Deckenbalken sind mit Brettern verschalt. In der Ostwand befindet sich die Öffnung zum Chor hin, die in einem gedrückten Spitzbogen überwölbt ist. Die Mitte wird von den vier Pfeilern des Turmes beherrscht. Der Turm mit Knauf und Kreuz befindet sich in der Mitte des Zentralraumes und ist nach allen vier Seiten durch hohe Spitzbogen geöffnet. Die schweren Eckpfeiler stehen auf kräftig ausladenden, einfach abgeschrägten Sockeln und sind an der inneren Ecke ausgeklinkt. Das Turmquadrat ist von einem Rippenkreuzgewölbe überdeckt, dessen Rippen auf beiden Seiten mit Ornamenten in dunkler Farbe verziert sind. Diese Rippen setzen 1,32 m über dem Boden ohne Vermittlung eines Dienstes an. Die äußeren Mauerflächen des Turmeinbaus sind verputzt; der obere Teil der Südwand zeigt das Jüngste Gericht in Freskotechnik. Die Leibungsflächen der Spitzbogenöffnungen sind getünchte Kalksteinquaderflächen. Nach dem Durchstoßen der Holzbalkendecke wird der viereckige Einbau nun achteckig weitergeführt. Große Eckflächen und Mauerabsätze dienen als Aufleger für die Dachbalkenlage. Durch Überbrückung der Ecken mittels dreier, nacheinander immer stärker hervortretender Quadersteine wird die Entwicklung des Achtecks aus dem Quadrat erreicht. Der Zugang zum Turm besteht aus einer Schlupf-

öffnung in Höhe der Balkendecke des Zentralraumes. Licht fällt dort durch schmale Schlitze mit Werksteinumrahmungen ein. Das Mauerwerk des Turmes ist aus unverputztem Kalkbruchstein. Im Innern befinden sich drei Reihen übereinanderliegender Rüstlöcher. Ursprünglich sind nur noch die drei Fenster im Chor. Die übrigen entstanden erst im 19. Jahrhundert im Zuge des Wiederaufbaus. Das Steinmaterial Die unteren Teile der Kapelle und die Werkstücke des Portals sind aus dichtem, dauerhaftem, blaugrau verwitterndem Muschelkalkstein. Auf einen ordnungsgemäßen Verband des Mauerwerkes wurde wenig geachtet, dagegen wurden die Quader sehr sorgfältig zusammengefügt. Die feinen Fugen sind ausgewaschen und in jüngster Zeit durch Zementmörtel dick verstrichen. Die Ansichtsflächen der Quader wurden mit dem Flächhammer glatt gearbeitet, ebenso die der Quader an den Leibungsflächen des Chorbogens im Innern. Olivgrün-grauer Lettenkohlensandstein taucht vereinzelt am gesamten Bauwerk auf, der Spitzbogenfries des Chores ist ganz aus diesem Material. Auch wurde diese Steinart für die Renovierung der Kapitelle und Rippen des Chorgewölbes sowie einzelner Rippenstücke in der Turmhalle verwendet. Leider sind diese Teile durch die starke Verwitterung zum Teil zerstört. Der Turm besteht aus Muschelkalkstein, der technisch besser bearbeitet wurde als die Umfassungsmauern der Kapelle. An den Kanten finden sich teilweise sauber behauene Ecksteine.

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Das Portal Den Schwerpunkt des an sich streng und ruhig gegliederten Bauwerks bildet das mit vielen Plastiken und Reliefs bedeckte Portal. Der Eingang ist in reinem Rundbogen überwölbt und durch eine Rechteckumrahmung nach oben abgeschlossen. Das Gewänd ist dreifach abgestuft. Die Tiefenstaffelung wird durch den Wechsel dreier Rundsäulchen und zweier spitzwinkliger Vorlagen erreicht (siehe Skizze oben). Die Säulen stehen auf niedrigem glatt durchlaufendem Sockel, der ehemals gedrückte, 5 cm hohe attische Basen besaß, die nun durch die Verwitterung nicht mehr zu erkennen sind. Die Bündel aus Säulen und Vorlagen werden durch ein friesartiges Band von Kapitellen in einer Höhe von 2,08 m über der Schwelle zusammengefasst. Die Portalleibungen und die Kapitelzone sind jünger als die Portalbogensteine und der viereckige Rahmen (Rudolf Kuhn „Die Sigismundkapelle...“, Seite 3). Beim Bau der unterhalb der Kämpferzone liegenden Teile des Portals gegen Ende des 12. Jahrhunderts wollte man Teile des älteren Portals und des Rahmens einbrechen und zwängte dabei den älteren Rahmen mit dem ersten und letzten Bogenstein ein. Die Fläche zwischen Portalbogen und Umrahmung ist ausgefüllt von einem roh gearbeiteten Spitzbogenfries auf Konsolen. Die acht Bogen des Frieses sind ungleichmäßig hoch und zeigen wie die Konsolen unterschiedliche Profile. Unterhalb der Konsolen zeigt sich eine Nahtstelle im Mauerwerk: bis hierher blieb das Bauwerk im 30-jährigen Krieg erhalten. Bei den nachfolgenden Renovierungen wurde das übrige Portal-

mauerwerk sehr lieblos zusammengesetzt. Der Fries zeigt unterschiedliche Konsolen, von denen zwei durch eine hundeähnliche Plastik ersetzt wurden. Diese wurde, wie die übrigen Plastiken auch, nicht mehr an seinen ursprünglichen Platz, sondern willkürlich und unwissend irgendwo hingesetzt. Ein Überrest des Portalschmucks wurde rechts außerhalb der Umrahmung in das Mauerwerk eingelassen. Im Spitzbogenfries erkennt man die plumpen Bogensteinformen als nachträgliche Ergänzung, ebenso den glatten, bildlosen Stein am Scheitel des Bogens. Auch das Auseinanderklaffen der Werksteine zwischen dem äußeren runden und dem folgenden eckigen Profil zeigt, dass man sich nicht sehr um die Instandsetzung gekümmert hat. Portal-Deutung nach Rudolf Kuhn Die Einzelplastiken zeigen eine altertümliche Darstellungsweise. Der Betrachter sieht die Figuren streng von vorn, bei der hundeähnlichen Gestalt wird der Körper auch von der Seite gezeigt. Insgesamt sind diese recht primitiven Figuren von starker Plastizität. Da schon der Aufbau ein Konglomerat von Architekturstücken ist, darf man in dem Bildschmuck des Portals keinen leitenden Grundgedanken ausgedrückt suchen. Es ist jedoch anzunehmen, dass die Art der Reliefs der Bogensteine beinflusst wurde durch die ausklingende germanische Holzbaukunst. Durch diese Vermischung der ausschmückenden Figuren mit den symbolhaften christlichen Bildern geht der ursprüngliche Sinn verloren. Jedoch kann man allgemein die Absicht erkennen,


mit den Darstellungen die Menschen an die drohenden Strafen der Hölle zu erinnern, vor denen die christliche Kirche mit ihren Verheißungen Schutz bietet. Auch könnten die Tier- und Sternplastiken auf den Bogensteinen bedeuten, dass man sich vor dem Betreten des Heiligtums von Luft- und Wassergeistern, von Astrologie und anderen Einflüssen böser Geister reinigen muss. Wie schon beschrieben, wurden die Einzelplastiken recht willkürlich in das Rechteck des Portals gesetzt. Links erkennt der Betrachter einen sitzenden, adlerähnlichen Vogel (5), dessen Kopf heute fehlt. Darüber ist ein ebenfalls kopfloser, sitzender Bischof mit einem Stab (6) eingelassen, der in der Linken ein Buch hält. Oskar Heckmann sieht in dieser Gestalt im Gegensatz zu Rudolf Kuhn eine Nonne mit der Andeutung eines Schleiers. Oberhalb liegt der Löwe oder Hund (7), der zwei Konsolen des Frieses ersetzt. Dieser scheint als einzige Figur noch ursprünglich. Auf der rechten Seite sieht man im Zwickel zwischen Bogenstein und Rahmung einen schmalen, wohl weiblichen Kopf (3) mit Halsring. Er gehörte wahrscheinlich zu einer größeren Figur. Die relativ gut erhaltene Plastik darüber zeigt einen Mönch oder Bischof (2) mit gedrehtem Stab. Die linke Hand, die wahrscheinlich ebenfalls ein Buch hielt, ist nicht mehr vorhanden. Außerhalb des Portalrahmens wird ein Teufel (1) dargestellt, der eine „arme Seele am Kragen“ hält, während er selbst mit einer dicken Kette an einen Pfahl gefesselt ist. Die Bischöfe sind die beiden alten Patrone St. Martin und St. Nikolaus, in deren Mitte als Zeichen eines Exorzismus ursprünglich der Teufel stand.

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Die übrigen Motive sind allesamt nicht-christliche Darstellungen und somit schwer in einen Zusammenhang zu bringen. Die Deutung der acht Bogensteine beginnt mit dem ersten Stein links unten. Bitte beachten Sie hierzu die doppelseitige Abbildung in der Mitte der Broschüre. Die Frontseite (A) zeigt wellenähnliche Linien, aus denen eine Art Pflanze auftaucht. Auf der Fase (4) erkennt man eine menschliche, stürzende Figur mit Fischflossen, die Gestalt dicht dabei könnte einen Wassermann darstellen, worauf der schuppenbedeckte Körper hinweist – eine „herausgebannte Sirene“. Oskar Heckmann sieht in dieser Figur ein Wickelkind. Der Betrachter erkennt im zweiten Stein (B) einen schwebenden oder herabstürzenden Drachen mit gefletschten Zähnen. Die Fase zeigt fünf verschiedene Sterne. Vielleicht wird hier das Sternbild des Drachen gebannt. Der dritte Stein (C) erinnert durch die etwas unbeholfen dargestellten, mehrteiligen vier Blätter an frühe Palmetten – ein symmetrisch geordnetes, fächerähnliches Ornament, als Friesband oder Einzelform verwendet. An der Fase zeigen sich dem Betrachter zwei sich an der Schnauze berührende Ferkel oder bärenartige Tiere. Im vierten Portalstein (D) sind fünf gleichartige Zeichen dargestellt, ein sechstes rechts und links angeschnitten, die untereinander verbunden sind. Die Fase zeigt zwei Sterne und zwei pyramidenförmige Gebilde. Wörtlich schreibt Rudolf Kuhn in seinem Sigsimund-Buch auf Seite 5: „Die verschlungenen Ornamente des Frontsteines weisen uns hin auf die Bandornamente der

Langobardischen Kunst (laufender Hund) und somit auf die mutmaßlichen Künstler des Portals von St. Sigismund“. Im Scheitel sitzt der schmucklose Keilstein, der vielleicht 1647 aus statischen Gründen bei der Restaurierung eingesetzt wurde, jedoch keinen Zusammenhang mit der Folge des ursprünglichen Portals besitzt. Das fünfte Flachrelief (E) ist ein Teufelskopf mit Hörnern und Eselsohren. Durch die Darstellung der Flügel ist wahrscheinlich versucht worden, einen ausgetriebenen bösen Geist, der nun verschwindet, zu zeigen. An der Fase ist eine Figur mit Fischleib und Vogelkopf dargestellt. Rechts daneben sitzt eine menschliche Gestalt mit froschähnlichen Beinen und Flossenfüßen. Die henkelförmigen Arme halten ein traubenähnliches Gebilde. Bemerkenswert am sechsten Stein (F) ist, dass der krokodilartige Drache, der dem des Steines B ähnelt, am äußeren Bogen, also „am Himmelsgewölbe“ entlangläuft. Die Fase zeigt drei Sterne. Der Baum des siebten Portalsteins (G) hat einen zweiteiligen Stamm, der sich dreimal „in der Art langobardischen Flechtwerks“ windet und in einer dreifachen, strähnigen Blattkrone endet. Rechts frisst ein merkwürdigerweise liegender Hirsch am Blatt. Wahrscheinlich wird hier das Motiv des Lebensbaumes dargestellt. An der Fase sitzt ein adlerähnlicher Vogel auf einer Kugel. Darunter befindet sich ein schiffchenähnliches Gebilde mit knotenförmigen Verdickungen an den Enden, nach Kuhn ein „anatomisches Gebilde mit Symbolgehalt“. Die Zeichen am achten und letzten Bogen (H) haben hieroglyphenartigen Charakter und erinnern nach Kuhn an die „Würzburger Domspiralen und


ihre Abkömmlinge“. Sie haben wahrscheinlich eine unheilabwehrende Bedeutung. Die Motive kommen auch auf langobardischen Gürtelschnallen vor. Auf der Fase windet sich eine Schlange, die ein heiliges Tier der antiken Frühzeit und der Langobarden ist. Einen sinnvollen Zusammenhang kann man in diesen Motiven, die zudem oft nur schwer identifiziert werden können, nicht finden. Allgemein lässt sich für die Deutung des Gesamtportals sagen, dass die Stelle eines Kirchenbaues von bösen Luft- und Wassergeistern gereinigt sein muss (Rudolf Kuhn „Die Sigismundkapelle...“, Seite 9). Auch der Analphabet sah sofort die Notwendigkeit, die Kirche von Sünden frei zu halten. Die häufigen Tier- und Sternmotive sollten eventuell eine Verdammung der Astrologie ausdrücken. Baugeschichte – Die Entstehungszeit Das Wittigbachtal, in dem die Kapelle liegt, ist uraltes, vorgermanisches Siedlungsgebiet. Dies wird bestätigt durch die Existenz von sieben Grabhügeln, die im Waldstück „Zollstock“ zwischen Oberwittighausen und Poppenhausen liegen. Weitere befinden sich zwischen Hof Lilach und Kirchheim. Ebenso wurden hier vier Goldmünzen aus der La-Tène-Zeit (die letzten vier Jahrhunderte vor Christus) gefunden. In dieser keltisch-germanischen Höhensiedlung soll auch ein heidnisches Heiligtum gestanden haben, das wahrscheinlich dem Wasserkult gedient hat. „Bereits in den frühen Missionszeiten ließ sich ein Achteckbau leicht aus Holz errichten, wenn

er nicht schon zu heidnischen Zeiten als Schutz einer Quelle vorhanden war. Später wurde der Holzbau dann von einem Steinbau gleicher Form ersetzt und auch weiterhin beibehalten.“ (Rudolf Kuhn „Die Sigismundkapelle...“, Seite 3). Die Umwandlung einer heidnischen Kultstätte in eine christliche Kirche ist nicht ungewöhnlich und geht auf eine Anweisung Papst Gregors des Großen zurück, die besagt, dass diese Stätten nicht zerstört, sondern nur von Götzenbildern gereinigt werden sollten. Vielleicht erbauten auch langobardisch-lombardische Wanderkünstler das Bauwerk anstelle eines heidnischen Wasserheiligtums. Da die Meister versuchten, eine Quelle im Nordwesten in die Anlage einzubeziehen, erhielt sie einen unregelmäßigen Grundriss. Die Künstler kamen aus der Schweiz und zogen über den Schwarzwald, Schwaben, Franken bis nach Skandinavien. Ähnliche Kapellen befinden sich in Thüringen, Niedersachsen und im südschwedischen Lund. Nach Rudolf Kuhn stimmen sie größtenteils im Grundriss und bei den bauplastischen Formen mit der Sigismundkapelle überein. Die Entstehung der Anlage könnte jedoch auch andere Hintergründe haben. Kreuzfahrer brachten die Achteckform (vgl. die Omar-Moschee und das Heilige Grab in Jerusalem) in Anlehnung an syrische Zentralbauten ins Abendland. Nach Dr. Otto Trier erbaute der Templerorden, der Anfang des 14. Jahrhunderts aufgehoben wurde, die Kapelle und drückte in den Reliefs am Portal einzelne Suren des Korans aus. Diese Theorie stützt sich auf Vermutungen, die bisher nicht bewiesen werden konnten.

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22 Rudolf Kuhn bringt eine weitere These ins Gespräch: Der Bau sei direkt durch die Burgkapelle auf dem Marienberg in Würzburg angeregt worden.

Das polygone Gewölbe im Chor als Heckmann-Zeichnung (oben) und als extreme Weitwinkelaufnahme.

Da die Kapelle zur Pfarrei Poppenhausen und somit zum Mainzer Einflussbereich gehörte (Oberwittighausen gehörte von jeher zu Würzburg), war sie wahrscheinlich als Urpfarr- und Taufkirche Stützpunkt der nachkilianischen Mission von Tauberbischofsheim aus. Als Pfarr-Taufkirche war sie eigentlich für diesen Zweck zu groß, auch wenn man die Orte der Umgebung einbezieht. Vielleicht war die Sigismundkapelle in ihrer frühen Zeit eine erste Pfarrkirche für eine gewisse Anzahl von Orten der Umgebung, bevor Poppenhausen 1184 eine eigene Pfarre wurde und

Unterwittighausen eine Kirche bekam. Nach dem Einbau des Turms waren keine Gottesdienste mehr möglich und die Kapelle wurde zum Wallfahrtsort deklariert. Baugeschichte – Romanik Ob der Nebenbau, also der Chor, zusammen mit dem Hauptbau entstand, ist nicht sicher. Der durchgehende Sockel, der Mauerwerksverband und die gleichartige Steinverarbeitung lassen auf eine gleichzeitige Erbauung schließen. Das polygone Chorgewölbe und der leichte Spitzbogen der Choröffnung sind Hinweise auf bereits gotische Einflüsse. Da die Kapelle heute noch Wehrcharakter besitzt, der früher, ohne Choranbau, noch stärker ausgeprägt war, glaubte Rudolf Kuhn, dass das Bauwerk eine Art Wehrkirche mit fensterlosem Untergeschoss war. Ursprünglich soll es zweigeschossig gewesen sein und höhergelegene Fensterchen besessen haben, bis Anfang des 13. Jahrhunderts die Chorapsis angebaut worden sein soll. In den ersten Jahrzehnten ihres Bestehens erlitt die Kapelle schon größere Beschädigungen, die um das Jahr 1285 ausgebessert wurden. Besonders der Chor war reparaturbedürftig – das obere Quadermauerwerk war zerstört und wurde bei der Wiederherstellung nicht mehr ergänzt. Deshalb verläuft der Spitzbogenfries viel tiefer als der ursprüngliche Hauptfries des Oktogons, der nun nicht mehr vorhanden ist.


23 Das Portal entstand in den ersten Jahrzehnten des 12. Jahrhunderts. Der Portalrahmen sowie die Bogenreliefs sind etwas älter als die Plastiken, die wahrscheinlich von langobardischen Wanderkünstlern geschaffen wurden. Die Bau- und Schmuckformen der älteren Teile des Portals stammen ebenso wie die Lisenen des Oktogons und die Kalksteinteile des Chors aus dem zweiten Jahrzehnt des 13. Jahrhunderts. Bis in zwei Meter Höhe ist das Portal ursprünglich, das übrige wurde dagegen im 13. Jahrhundert nach den Beschädigungen in der Frühzeit erneuert. In der Nordwand der Apsis befindet sich eine Sakramentsnische in Kleeblattform mit Falz aus der Erbauerzeit. Um 1200 entstanden die Kelchkapitelle (siehe oben), auf denen die Gewölberippen der Chorapsis stehen. Sie zeigen diamantierte Ranken. Der romanische Altar steht noch original in der Mitte des Chores. Darin befinden sich Reliquien des Hl. Benedikt, des Hl. Amendus und der Hl. Speziosa – ein Geschenk des Würzburger Bischofs Johann Georg. Der Taufstein, der neben der Öffnung zur innerhalb der Mauer liegenden Treppe steht, ist sehr alt – wahrscheinlich auch aus der Romanik. Baugeschichte – Gotik

fries am äußeren Chormauerwerk zeigt mit seinen Spitzbögen bereits gotischen Einfluss, ebenso die Polygonalität des Chorgrundrisses und der leichte Spitzbogen der Choröffnung. Dies lässt darauf schließen, dass die Apsis wohl doch erst nachträglich angebaut wurde. In der Frühzeit der Gotik wurde der Turm eingebaut, um auch eine Glocke dort unterzubringen. Der gotische Baumeister hielt die einmal festgelegten Abmessungen für den Einbau genau ein. Allerdings sind die Sockel der Turmpfeiler an den inneren Ecken noch auf romanische Weise ausgebildet. Fortschrittlich ist hingegen die Oberflächenbehandlung sowie die Fugung des Quaderwerkes, die sehr sauber ausgeführt wurde. Bei der Wölbung der Turmhalle wurde auf Rund-

Der Taufstein, der neben der Öffnung zur innerhalb der

Nach den Renovierungen im 13. Jahrhundert übernahm wohl ein Meister die Bauleitung, der schon mit der Gotik vertraut war. Der Sandstein-

Mauer liegenden Treppe steht, ist sehr alt – wahrscheinlich auch aus der Romanik.


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Baugeschichte – Renaissance

Die gotische Grabplatte an der Nordwand der Kapelle

In dieser Epoche wurde die Inneneinrichtung des Bauwerks um einige Stücke ergänzt. So bekam der romanische Altar einen mit Floris-Ornamentik versehenen Aufbau, der um das Jahr 1657 entstand, aber erst 1697 aufgestellt wurde. Eine Madonna mit Kind wurde an der Nordwand aufgestellt. Die Figur ist in der Spätrenaissance um 1600 entstanden, zeigt aber noch gotischen Einfluss.

zeigt einen Mann mit Gugel und spitzen Schuhen.

Baugeschichte – Barock

dienste verzichtet und die Rippen schwingen unmittelbar aus der Ecke heraus. Die Renovierungen wurden in dem bis dahin allgemein noch nicht oft verwendeten Lettenkohlesandstein vorgenommen. Er taucht vereinzelt im Chor und Turmgewölbe auf. In diesem Zusammenhang entstand auch das dreiteilige Birnstabprofil der Chorrippen, die allerdings noch reine Rundbogen sind. Im 14. Jahrhundert entstand die Grabplatte, die im nördlichen Teil des Fußbodens verlegt war, nun aber aus Erhaltungsgründen an der Nordwand lehnt. Pfarrer Steinmann aus Poppenhausen entdeckte sie 1816. Sie zeigt einen bärtigen Mann mit Gugel (kapuzenähnliche Haube) und spitzen Schuhen.

Im 30-jährigen Krieg (1618 - 1648) wurde das Bauwerk ein zweites Mal zerstört. Die Naht unterhalb des Spitzbogenfrieses, der als Verlegenheitslösung nach der ersten Zerstörung betrachtet wird, zeigt, dass die Grundmauern damals nur bis etwa 3 m Höhe erhalten blieben. Im 17. Jahrhundert ging nun das Hauptgesims verloren und die verfallende Kapelle wurde von Bauern sogar als Steinbruch benutzt. Die Wiederherstellung war ärmlich, die Mauern wurden mit Bruchsteinen hergerichtet. Besonders augenfällig wird dies an der Nordwestseite und am Portal. In diesem Zusammenhang wurden die Chormauern erhöht, um die gleiche Traufhöhe mit dem Oktogon zu erreichen. Außerdem nahm man die Gewände einiger der acht schmalen, spitzbogenartigen Schallöffnungen des Turmes heraus und verbreiterte sie so. In der Südwand wurde rechts neben dem Portal ein flachbogiges Fenster herausgebrochen. Die Gemälde des Hl. Sigismund (siehe Umschlagrückseite) im Chor und des Jüngsten Gerichts


an der südlichen Turmwand wurden erst 1929 wiederentdeckt. Den Jahreszahlen nach wurden beide 1658 gleichzeitig fertiggestellt. Das gesamte Innere erhielt einen neuen, lebhaften Anstrich, der nun jedoch sehr verblasst ist. Die Rippen des Turmgewölbes waren ursprünglich schwarzgrau gestrichen und von Ornamenten, die noch existieren, eingefasst. Nun wurden Wände und Architekturteile gleichmäßig gelblich weiß gestrichen und die Rippen bekamen ein kräftiges Ziegelrot, das sich bis heute in ein dezentes Lichtrot verwandelt hat. Die frühbarocke Kanzel, die etwa 1650 entstanden ist, wurde 1697 an der Nordseite aufgestellt. Wegen der zahlreichen Spenden erhielt die Kapelle 1690 einen steinernen Opferstock, an dessen verdeckter Hinterseite man eine ältere Jahreszahl vermutet.

Während der Renovierung 1969 bis 1974 kam es zu einschneidenden Veränderungen. Alle Fenster wurden nach Entwürfen von Valentin Feuerstein aus Neckarsteinach erneuert. Der Boden bekam einen Belag aus Muschelkalkplatten, die Decke wurde komplett erneuert. Im Osten wurde eine kleine, viereckige Öffnung im Gemäuer eingefügt, die zur Aufbewahrung von Sakralgegenständen genutzt werden kann. Die vom Würzburger Bildhauer Otto Sonnleitner (1906 - 1985) gestaltete neue Eingangstür aus Bronze soll eine Erinnerung an das frühere Wasserheiligtum sein. Die Türgriffe stellen zwei nach Wasser lechzende Hirsche dar.

Baugeschichte – 19. und 20. Jahrhundert Nach dem Mord 1826 (siehe Seite 12) sollte das Bauwerk auf Abbruch verkauft werden. Die Gemeinde Oberwittighausen erstand die Kapelle und erhielt sie auf diese Weise. Für einige Familien aus dem nahen Ort war sie Pfarrkirche, wie einem Bericht Pfarrer Henningers aus dem Jahr 1843 zu entnehmen ist. Dort wird auch auf Dachausbesserungen hingewiesen, um dem damaligen Gesetz zur Erhaltung der alten Baudenkmäler nachzukommen. Im Sommer 1929 war eine weitere Instandsetzungsmaßnahme notwendig. Hierbei kamen die beiden Fresken aus dem Jahr 1658 zum Vorschein. Der romanische Unterbau des Hauptaltars wurde neu gefasst. Die Arbeiten wurden 1932 beendet.

Der Renaissance-Altaraufsatz (siehe Seite 8) wurde vom romanischen Unterbau entfernt und an die gegenüberliegende Westseite gebracht.

Ruth Vines, geborene Lang, „Sigismundkapelle in Oberwittighausen – eine kunstgeschichtliche Untersuchung“, 1990, Facharbeit aus dem Kunstunterricht am Matthias-Grünewald-Gymnasium in Würzburg (verkürzter und teilweise ergänzter Abdruck)

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Die Türgriffe der von Otto Sonnleitner gestalteten Tür zeigen zwei nach Wasser lechzende Hirsche.


WILHELM KRATT GLASNEGATIVE AUS ALTER ZEIT

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Die fünf Glasnegative von Wilhelm Kratt (1869 - 1949) stammen wahrscheinlich aus der Zeit von 1900 bis 1915 und zeigen die Sigismundkapelle vor den beiden letzten Renovierungen. Der in Karlsruhe geborene Kratt übernahm 1898 ein Fotoatelier in Heilbronn. Zuvor hatte er seinen Schauspielerberuf wegen eines Gehör- und Lungenleidens aufgeben müssen. Schon bald begann er seine Tätigkeit als Fotograf badischer und württembergischer Baudenkmäler und die Mitarbeit an den Inventarisierungsbänden des badischen Denkmalamtes. Der zum Hoffotografen ernannte Kratt gründete 1905 in Karlsruhe das „Institut für kunsthistorische Fotografie“, aus dem allmählich sein “Badisches Denkmälerarchiv“ hervorging. Das Format der Originale beträgt 18 x 24 cm. Diese befinden sich im Besitz des Regierungspräsidiums Karlsruhe, Referat Denkmalpflege.


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WITTIGHÄUSER HEFTE 4

Bei der Erstellung dieser Broschüre wurde auf die nachfolgend aufgeführte Literatur zurückgegriffen:

November 2010 Herausgeber: Pfarrgemeinde Oberwittighausen Idee und Gestaltung: Edgar Braun, Unterwittighausen und Höchberg office@grafik-braun.de Mitarbeit: Ingrid Seubert, Oberwittighausen Elke Schuler, Oberwittighausen Birgit Schwägerl, Gerbrunn Fotografie: alle Fotos von Jochen Schreiner, info@jochenschreiner.de, mit Ausnahme Seite 5 von Frank Lurz, f.lurz@wittighausen.de, mit Ausnahme Seiten 26 bis 29 von Wilhelm Kratt, freigegeben zur Veröffentlichung durch das Regierungspräsidium Karlsruhe, Abteilung 2, AZ 26Reg3 vom 3.9.2010 Zeichnungen: aus dem rechts genannten Buch von Oskar Heckmann Es gelang trotz sorgfältiger Recherche nicht in allen Fällen, die Rechte-Inhaber zu ermitteln. Für den Fall, dass Urheber- oder Veröffentlichungsrechte verletzt worden sein sollten, bitten wir um Benachrichtigung.

Hans Bauer, Kitzingen „Geheimnisvolles Franken, Band 3“, 2006, J.H. Röll Verlag, Dettelbach Oskar Heckmann, Mannheim/Berlin „Romanische Achteckanlagen im Gebiet der mittleren Tauber“, 1940 Rudolf Kuhn, Würzburg „Die Sigismundkapelle zu Oberwittighausen“, 1957 Adolf von Oechelhaeuser (Herausgeber) „Die Kunstdenkmäler des Großherzogtums Baden, Band IV, Kreis Mosbach, 1. Abteilung Amtsbezirk Wertheim, 2. Abteilung Amtsbezirk Tauberbischofsheim“, 1898, Freiburg, Leipzig, Tübingen Otto Trier, Speyer „Das Portal der Sigismundkapelle Oberwittighausen“ in Badische Heimat – Ekkhart, Heft 4, 1980, Freiburg Ruth Vines, geborene Lang, Unterwittighausen „Sigismundkapelle in Oberwittighausen – eine kunstgeschichtliche Untersuchung“, 1990, Facharbeit aus dem Kunstunterricht am Matthias-Grünewald-Gymnasium in Würzburg



www.sigismundkapelle-oberwittighausen.de


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