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Ausgabe 06/12 | Oktober 2012 | Helios Media Gmbh | ISSN 1612-7668 | www.pressesprecher.com

Magazin f端r Kommunikation

pressesprecher

Erinnert sich noch wer an Second Life?

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EDITORIAL

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Aus der Redaktion

Ausgeschlafen?

Foto: Archiv

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as haben Ex-Nokia-Chef Olli-Pekka Kallasvuo, Erich Honecker und zahlreiche Manager der NeckermannGruppe gemeinsam? Sie haben in ihrem Umfeld wichtige Trends verschlafen. Den Unwillen, auf Änderungen zu reagieren, haben sie mit ihrem Rauswurf bezahlt. Wer wichtige Trends in seinem Marktumfeld verpasst, riskiert nicht selten nur seinen eigenen Kopf, unter Umständen setzt er auch die Existenz des eigenen Unternehmens aufs Spiel. Die Angst, einen Trend zu verschlafen, ernährt eine ganze Armada an so genannten Trendscouts, Wettbewerbsanalysten und Marktforschern. Aber muss man jeden Trend mitmachen? Schließlich ist auch Schwarzarbeit gerade total angesagt, glaubt man der „Welt“. Und dass die Make-Up-Farben des Herbstes pink und amethyst sind, mag die Kosmetikbranche freuen. Ob sie damit aber wirklich einen erfolgreichen Trend schafft oder lediglich die Produktion künftiger Ladenhüter ankurbelt, sei dahingestellt. Unsicherheit zu aktuellen Trends herrscht nicht nur in der Technologiebranche, auch die PR tut sich manchmal schwer mit Änderungen, verschläft Trends oder springt zu früh auf Modewellen auf. Während Unternehmen, die sich dem Dialog mit ihren Zielgruppen im Social Web verweigern, abgestraft werden, erntet das vor fünf Jahren als „Zukunft des Webs“ hochgejubelte Second Life heute nur noch ein Gähnen. Warum es für die PR entscheidend ist, eigene Akzente zu setzen, statt jeder kurzlebigen Mode hinterherzuhecheln, lesen Sie in unserer Titelgeschichte ab Seite 20. Noch ein paar Sätze in eigener Sache: Von Ihnen, liebe Leser, möchte ich mich mit dieser Ausgabe verabschieden. Nach sechs spannenden Jahren beim pressesprecher stelle ich mich neuen beruflichen Herausforderungen. Ich danke Ihnen für Ihre Treue, Ihre Anregungen, Kritik und die hervorragende Zusammenarbeit. Ich wünsche viel Spaß beim Lesen. Sebastian Gülde

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PRAXIS

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Mit einer guten Reputation lässt sich Geld verdienen Die Versicherer kämpfen mit ihrem schlechten Image und vergeben Geschäftspotenzial. Ein Appell für professionelleres Reputationsmanagement in der Versicherungsbranche und was Kommunikation dazu beitragen kann. TEXT RAINER MÖLLER

In Deutschland gibt es mehr als 450 Versicherungsunternehmen, darunter sämtliche Versicherungszweige und Rechtsformen, den Verband der privaten Krankenversicherung sowie Zweigniederlassungen ausländischer Gesellschaften und Versicherer mit Sitz im Ausland. Die deutsche Versicherungswirtschaft zählt rund 230.000 Beschäftigte und Auszubildende und erfüllt als Kapitalsammelstelle mit einem Anlagevolumen von mehr als einer Billion Euro eine zentrale volkswirtschaftliche Funktion bei privaten, betrieblichen und öffentlichen Investitionen. Jedoch korrelieren Image und Verhalten der Branche nicht mit ihrer Bedeutung. Die Versicherer sind nun mehr denn je gefordert, ein glaubwürdiges Reputationsmanagement zu betreiben. Denn nicht nur ihr Image ist angekratzt, vielmehr ist eine gute Reputation künftig eine entscheidende Geschäftsgrundlage. Versicherungsmarken gelten als abstrakt und weisen keine emotionalen Komponenten auf. Sie vertreiben ein immaterielles Gut, welches erklärungsbedürftig und kaum vergleichbar ist. Und ein ho44

her Preis-, Produkt- und Bedingungswettbewerb sorgt für zunehmende Intransparenz im Markt. Hinzu kommt eine andauernde Negativ-Berichterstattung, in der Vorurteile ihre Bestätigung finden und sowohl die Branche als auch die Mitgliedsunternehmen in einen permanenten Verteidigungsmodus drängen. Dies wirkt umso schwerer, als die Geschäftstätigkeit der Versicherungswirtschaft in besonderem Maße auf Vertrauen der Kunden in die Glaubwürdigkeit eines Zahlungsversprechens beruht. Doch in den letzten Jahren hat sich das öffentliche Umfeld für die Assekuranz gewandelt: Der Boom bei Social Media, strengere Transparenzregeln sowie eine immer komplexere Medienlandschaft führen zu einer dauerhaften multimedialen Beobachtung. Die Öffentlichkeit erwartet weitestgehende Transparenz und Authentizität von den Unternehmen. Ein gutes Unternehmen erwirtschaftet nicht nur eine positive Umsatzrendite, es setzt auch ethische Maßstäbe und schafft Vertrauen. Neben Finanzkennziffern wird heute bei der Beurteilung eines Unternehmens – gerade auch

durch Ratingagenturen – zunehmend darauf geachtet, wie nachhaltig eine Firma wirtschaftet. Die Einhaltung sozialer und ökologischer Maßstäbe findet ihren Niederschlag in der Marktposition und dem Wert der Marke. Umsatz, Gewinn, Rendite, Schadenzah-

»Ein gutes Unternehmen erwirtschaftet nicht nur eine positive Umsatzrendite, es setzt auch ethische Maßstäbe und schafft Vertrauen.« lungen, Leistungen sind relevante Kenngrößen in der Assekuranz, spiegeln jedoch nur das Ergebnis, nicht aber den Grund für wirtschaftlichen Erfolg wider. Eine Erweiterung unter anderem um den Parameter Kundenvertrauen er-

scheint notwendig. Ein weiterer veränderter Umweltfaktor ist: Wir leben in einer Empfehlungsökonomie. Umsätze steigen nicht länger proportional zum Werbedruck, sondern mit der Güte der Reputation, der Wertigkeit der Mundpropaganda und der Zahl der aufrichtigen Weiterempfehlungen. Einer aktuellen Nielsen-Studie zufolge vertrauen in Deutschland 88 Prozent der Befragten auf Empfehlungen von Menschen aus ihrem Umfeld, 64 Prozent vertrauen dem, was Menschen im Web zu berichten wissen, aber nur 25 Prozent der Werbung von Anbietern im Markt. Neben der Verbesserung der unternehmerischen Leistungserbringung gewinnt der Vertrauensaufbau mit der Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung an Bedeutung. Und dabei sind nun auch verstärkt die Kommunikationsabteilungen gefragt.

Die Ausgangslage

Eine im Juni veröffentlichte repräsentative Forsa-Umfrage im Auftrag der Ergo-Versicherungsgruppe zeigt, dass in Sachen Unverständlichkeit die Produktinformationen der Versicherer


PRAXIS

Foto: Sarah Heuser

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Platz zwei nach der Steuererklärung einnehmen. Zudem mutmaßte die Hälfte der Befragten bei Versicherungen und Lebensmittelverpackungen, dass diese absichtlich unverständlich formuliert seien. Jeder dritte Bürger beklagt die Überforderung durch Informationen aus den Lebensbereichen Geldanlagen, Lebensmittel, Medizin, Mobilfunk, Steuern, Strom und Versicherungen. Und der provisionsorientierte Produktverkauf bestimmt weiterhin die Vertriebsstrategien der Versicherer. So prägen anrüchige Vertriebe, Provisionsexzesse oder fragwürdige Incentive-Reisen, wie zuletzt im Fall der Ergo-Versicherung, das Branchenimage und nehmen Unternehmen mit konservativer Geschäftspolitik in Sippenhaft. Häufig muss der Gesetzgeber Vorgaben einleiten. Die Selbstregulierungskräfte der Branche versagen. Vertrauensdefizite, traditionelle Imageprobleme – das Bild, mit dem einige Unternehmen die öffentliche Wahrnehmung einer ganzen Branche prägen, muss sich wandeln, damit die Assekuranz insgesamt nicht noch weiter und dauerhaft Schaden nimmt, wei-

ter an gesellschaftlicher Akzeptanz verliert und so Geschäftspotenzial nicht hinreichend ausschöpft.

Die Aufgabe

Die Branche muss sich öffnen, sie muss transparenter werden und ihre volkswirtschaftliche Bedeutung sowie ihren Beitrag für die Gesellschaft über eine aktive Kommunikation glaubwürdig transportieren. Dabei sollte sie Angriffsflächen minimieren und die thematische Agenda setzen. Reputationsmanagement umfasst die Gesamtheit aller systematischen Unternehmensaktivitäten, die dem Aufbau, der Erhaltung und Verbesserung einer positiven Unternehmensreputation dienen. Ziel ist es, damit den Unternehmenswert nachhaltig zu steigern. Es ist eine Verpflichtung zu einer verantwortungsvollen Kommunikation mit allen Interessengruppen und reflektiert die Unternehmenskultur; es ist kein opportunistisches Lippenbekenntnis. Die Unternehmen sollten unter Berücksichtigung ihrer jeweiligen spezifischen Ausgangssituation ihre Strategie zweigleisig ausrichten. Einerseits sollten die unternehmerischen

Leistungen, wie Beratung, Service, Schadenmanagement und Transparenz, verbessert werden. Andererseits die gesellschaftliche und soziale Verantwortung des Unternehmens sowie eine starke Marke betont werden. EIN GUTES REPUTATIONSMANAGEMENT IST GANZHEITLICH ANGELEGT, DARAUS RESULTIEREND WIRKT SICH EINE POSITIVE REPUTATION AUF ALLE INTERESSENGRUPPEN AUS: – Kunden haben mehr Vertrauen in die Werbeaussagen; – potentielle Arbeitnehmer bewerben sich häufiger (Employer Branding); – Lieferanten/Dienstleister passen nachweisbar ihre Konditionen an; – Ratingagenturen ziehen Reputationstreiber wie Verantwortung und Nachhaltigkeit als weiche Faktoren in der Bestimmung ihrer Rankings heran.

Denn eine gute Reputation, Vertrauen und eine starke Marke sind Anker- und Orientierungspunkte für Kaufentscheidungen der Verbraucher und unterstützen den Vertrieb. Sie schaffen Voraussetzungen für den ökonomischen Geschäftserfolg und müssen deshalb in der Zielpyramide ganz oben stehen. „Mit einer guten Reputation lässt sich Geld verdienen!“ Reputation braucht Inhalte. Aus

der Wahrnehmung dieser Fakten durch die Kunden entstehen Einstellungen, die wiederum umsatzrelevantes Verhalten auslösen. Die effektivste Stellschraube, um Wahrnehmung, Einstellungen und Verhalten zu beeinflussen, ist die vom Unternehmen ausgehende Kommunikation. Dabei ist eine Fokussierung auf Inhalte am effizientesten, die der Erwartungshaltung von Kunden entsprechen: • Hohe Markenstärke mit den Indikatoren Bekanntheit, Klarheit, Bedürfnisorientierung, Sympathie, Vertrauen, Einzigartigkeit und Imagebatterien wie Sortiment, Preis, Personal • Kundenorientierung, Innovationskraft, Nachhaltigkeit, Employer Branding, wirtschaftliche Stärke, Kapitalmarktattraktivität In Sachen Kundenorientierung geht die Allianz mit gutem Beispiel voran. Sie erstellt in ihrem Vorstandsressort Marktmanagement einen regelmäßigen Kundenzufriedenheitsbericht, veröffentlicht diesen jährlich und stellt so die Sicht ihrer 9 Millionen Kunden in den Mittelpunkt. Die Bewertungen beruhen auf Rückmeldun45


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nem Unternehmen geliefert, die zu neuen und langfristigen Kundenbeziehungen führen. Und mit sogenannten ,Healthy Living‘-Konzepten erhalten und steigern Unternehmen die Leistungsfähigkeit und Produktivität

»Der Einfluss der Reputation auf die Wertschöpfung sollte in regelmäßigen Abständen untersucht werden.« ihrer Mitarbeiter und liefern maßgebliche Aspekte zum Employerund Employee Branding. Sport, Vorsorge, Bio-Essen oder familienfreundliche Personalpolitik werden bei der Entscheidung für einen Arbeitgeber immer wichtiger und sind auch für die Außendarstellung im Sinne des Reputationsmanagements von hoher Bedeutung. Doch nicht nur die einzelnen Versicherungsunternehmen sind gefragt. So könnte zum Beispiel der Branchenverband die Kataly-

satorenwirkung einer neu positionierten Versicherungswirtschaft für die gesamte Volkswirtschaft betonen. Dies könnte mit gezieltem Issue Management und digitalem Storytelling von Branchenthemen erfolgen, die eine übergreifende gesellschaftliche Relevanz und Nutzwert für die Verbraucher aufweisen. Auch ein öffentlichkeitswirksamer Ideenwettbewerb ,Good Reputation‘ mit Einbindung der interessierten Öffentlichkeit könnte den Dialog zwischen der Branche und seinen Kunden stärken. Warum gibt es noch kein Assurance Lab, das sich mit Zukunftsfragen und -themen auseinandersetzt? Der Verband benötigt einen ,Anchorman‘ der bundesdeutschen Assekuranz, der medienwirksam die Branche nach außen vertritt. Ein gutes Reputationsmanagement kann als Marktbereitung für die kommenden Jahre eingesetzt werden. Mit einer AssekuranzAgenda 208 – einer ,Vertrauensinitiative‘ – könnte der Branchenverband seine Maßnahmen über einen Spannungsbogen aufbauen und so eine mittelfristige Optimierung der Branchenreputation anvisiert werden.

Die Evaluation

Der Einfluss der Reputation auf die Wertschöpfung sollte in regelmäßigen Abständen untersucht werden. Inhalte der Befragungen sollten die Beurteilung wesentlicher Reputationsinhalte, die emotionale Verbundenheit der Konsumenten mit dem Unternehmen und die Operationalisierung des Kaufverhaltens betreffen. Bezugsbasis bilden die jeweiligen Unternehmensumsätze. Die Erfolgsfaktoren der Reputation zur Steigerung des wirtschaftlichen Erfolgs sind für jedes einzelne Unternehmen zu bestimmen. Sind die relevanten Reputationstreiber bekannt, können daraus entsprechende Kommunikationsbotschaften formuliert werden. Die Kommunikationsarbeit muss in den Unternehmen der Versicherungswirtschaft einen neuen Stellenwert bekommen und sich an veränderten Marktverhältnissen orientieren. Sie muss als integraler Bestandteil frühzeitig in den Geschäftsprozessen ansetzen

und als zentraler Wertschöpfungstreiber verstanden werden. Glaubwürdige, aktive Kommunikation mit den Stakeholdern ist dabei die wesentliche Voraussetzung für den ökonomischen Geschäftserfolg. Nur so können Einstellungen und Verhalten der Interessengruppen und insbesondere der Kunden positiv beeinflußt und in nachhaltiges, solides Wachstum umgewandelt werden. Wesentliche Voraussetzungen für ein Umdenken in den Unternehmen sind entsprechende Anreizsysteme und die Schnittstellenfunktion eines ,Corporate Reputation Officers‘ um die genannten Aufgaben zu erfüllen. Außerdem sollte der Branchenverband seine Rolle als ,Marktvorbereiter‘ noch aktiver ausfüllen und die Umfeldbedingungen für die Mitgliedsunternehmen wesentlich positiver gestalten. AUSWAHL DER HANDLUNGSFELDER DER EVALUATION: – Methodologie der Reputationsmessung (umfragebasiert und medienbasiert) – Wirkungsforschung: Wirkung von Medien, Werbung und Word-of-MouthErforschung von Regularitäten der Reputationskonstitution (unter anderem Effekte der Personalisierung und von CSR-Kampagnen) – Reputation als Erfolgs- und Wertschöpfungsfaktor: Einfluss auf Aktienkurse, Kundenbindung, Mitarbeiterakquisition – Effektivität von Kommunikation gemessen an: Media Coverage & Engagement der Mitarbeiter. Wichtig: öffentliche Aufmerksamkeit & Einstellung zum Unternehmen – Regelmäßige Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheitsbefragungen – Markenbekanntheit/Imageprofilierung/ Imagepolaritäten – Image-Rankingergebnisse – Social-Media-Überwachungs- und Reputationsmanagement-Dienste, die die Entwicklung screenen. Aus allen OnlineBewertungen, Tweets und Postings wird eine umfassende Gesamtbewertung erstellt, die die Online-Reputation eines Unternehmens widerspiegelt.

Rainer Möller, langjähriger Kommunikationsmanager, Unternehmenssprecher und Markenverantwortlicher verschiedener Versicherungsunternehmen, ist Gründer der Strategie- und Beratungsagentur Alsterconcept. Der Branchenfokus liegt auf der Versicherungsindustrie. Schwerpunkte sind die Entwicklung und Umsetzung ganzheitlicher Kommunikations- und Markenkonzepte mit hoher Umsetzungsorientierung.

Fotos: Allianz AG

gen und Befragungen von Kunden und umfassen deren Zufriedenheit zu Prinzipien und Werten wie Transparenz, Schnelligkeit oder Kompetenz ebenso wie insgesamt sechs Aktionsfelder. Diese beinhalten Leistungsbereiche wie Produkte, Beratung, Service Schaden oder Kommunikation. So wird das Vertrauen der Kunden als wesentlicher Gradmesser für den ökonomischen Erfolg des Unternehmens eingeordnet. Beim Reputationstreiber Nachhaltigkeit reüssiert die Versicherungskammer Bayern mit dem Neubau ihrer Konzernzentrale. Diese erhielt im Juli dieses Jahres das US-amerikanische Nachhaltigkeits-Label LEED (Leadership in Energy and Environmental Design) in Platin. In Europa gibt es bisher nur zwei mit diesem Label ausgezeichnete Bestandsgebäude, weltweit 50. Außerdem verweist das Unternehmen auf die Prinzipien der Nachhaltigkeit, die Grundlage der langfristigen Strategie des Konzerns seien. Dieser richtet sich konsequent an ökonomischen, ökologischen und sozialen Zusammenhängen aus. So werden positive Orientierungspunkte für die Verbraucher und deren Wahrnehmung von ei-

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AGENDA

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Heiße Ware TEXT LUCIA DETTMER

Als Bioplastik auf den Markt kam, war die Euphorie groß. Hersteller und Umweltverbände umjubelten den biologisch basierten Rohstoff als die Lösung gegen Erdölknappheit. Beim Konsumenten wurden Erwartungen geweckt, die nicht eingehalten werden konnten. Die Stimmung ist umgeschlagen.

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AGENDA

Foto: Sarah Heuser

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Wer vor wenigen Monaten im Supermarktregal nach Milchprodukten suchte, dem fiel ein Produkt besonders auf: der Joghurt „Activia“ von Danone. Die dunkelgrüne Packung versprach Außerordentliches. Auf der Viererpackung Joghurt prangte neben dem Ökotest-Siegel mit dem Prädikat „sehr gut“ nicht nur das Logo des WWF. Außerdem war auf der Packung ein Joghurtbecher abgebildet, aus dem ein grünes Blatt mit dem Hinweis „Becher aus nachwachsenden Rohstoffen“ spross. Bioplastik, das schien für die umweltbewussten Verbraucher wie die Lösung vieler Probleme. Vorbei sein sollten die Zeiten, in denen Erdölvorkommen für Verpackungen geplündert werden mussten, um dann unverrottbar in die Umwelt zu gelangen. Plastik, das in den Biokompost gegeben werden kann? Für Kritiker schien das zu gut, um wahr zu sein. Und sie sollten Recht behalten. Denn nur wenige Wochen, nachdem Danone den vermeintlich ‚umweltfreundlicheren‘ Becher lanciert hatte, reichte die Deutsche Umwelthilfe (DUH) Beschwerde ein. Grund sei „eine ungewöhnlich dreiste Art der Verbrauchertäuschung“. Der DUH zufolge belegt eine Studie, dass der Joghurtbecher aus Bioplastik keine Vorteile gegenüber herkömmlichen Plastikbechern hat. Doch genau damit warb Danone. Zwar wies der Lebensmittelhersteller die Vorwürfe entschieden zurück, doch die Öffentlichkeit reagierte empört. Foodwatch sprach von „Etikettenschwindel“ und die Medien zerrissen Danones Produktdesign als dreistes Greenwashing. „Der Fall Danone demonstriert einen Kommunikationsfehler“, sagt Kristy-Barbara Lange, Head of Communications beim Interessenverband European Bioplastics, „das Produkt ist gut, jedoch wurden die Verbesserung beziehungsweise die Änderungen an der Verpackung von Activia nicht spezifisch genug kommuniziert“. Über die Eigenschaften des Rohmaterials schwieg Danone. Die Nichtkommunikation wurde dem Unternehmen zum Verhängnis. Denn das Thema Bioplastik ist

für Laien nur schwer fassbar. Zum einen gibt es den Rohstoff, der auf Basis nachwachsender Rohstoffe hergestellt wird, und zum anderen gibt es Bioplastik, das kompostiert werden kann. Dieses kann jedoch auch aus Erdöl bestehen. Umgekehrt gibt es Plastik auf Basis nachwachsender Rohstoffe, das jedoch nicht kompostiert werden kann. Hinzu kommen diverse Mischformen aus Erdöl und natürlichen Rohstoffen. Eine klare Definition darüber, was Bioplastik ist, gibt es bislang nicht. Auch wie hoch der Anteil an nachwachsenden Rohstoffen sein muss, um sich „bio“ nennen zu dürfen, ist bislang ungeklärt. Die Folge: Die Konsumenten fühlen sich betrogen. Die Euphorie der Anfangstage um das grüne Siegel ist verflogen. „Es hat sich Katerstimmung breitgemacht“, sagt Jörg Lacher, Pressesprecher beim Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung, „denn vieles von dem, was beworben wurde, hat sich als Greenwashing herausgestellt und keinen umweltrelevanten Nutzen“. Bioplastik ist ein Rohmaterial, das ebenso Kritiker wie Befürworter findet. „Für die Produktion von Biokunststoff werden nachwachsende Rohstoffe verwendet, die für die Lebensmittelproduktion wegfallen“, sagt Lacher, „außerdem findet die Bewirtschaftung der Felder meistens in Monokulturen statt, in denen Dünger verwendet wird, der die Böden nachhaltig auslaugt.“ Und ausgerechnet kompostierbares Bioplastik habe sich beim Recycling als wahrer Störstoff herausgestellt. Während sich das Material in industriellen Kompostierungsanlagen weit langsamer abbauen lässt als zunächst gedacht, wird es im gewöhnlichen Kompost zu einem echten Problem. Hier umschließt es den gewöhnlichen Abfall, so dass dieser nicht mehr problemlos verwertet werden kann. Bioplastik hingegen, das auf Basis von Polyatylen hergestellt wird, kann zwar nicht kompostiert werden, ähnlich wie herkömmliches Plastik kann seine Verbrennung jedoch zur Energiegewinnung genutzt werden. Während die kritischen Stimmen die Medien

derzeit dominieren, ist von Seiten der Befürworter nur wenig zu hören. Auch auf Anfrage des pressesprecher zeigte sich kein einziges der Unternehmen, die Bioplastik verwenden, dazu bereit, über das Thema zu sprechen. Dabei stehen die Chancen für das biologisch basierte Material nicht schlecht. Stefan Albrecht, Gruppenleiter Werkstoffe und Produktsysteme an der Universität Stuttgart, erforscht das Material seit längerem. Die Abteilung Ganzheitliche Bilanzierung befasst sich mit der Ökobilanzierung von Kunststoffen und Verpackungssystemen. „Für die Industrie wird es zunehmend interessanter, Biokunststoff zu verwenden, denn ihr Vorhaben ist maßgeblich ökonomisch getrieben. Aufgrund der Knappheit von Erdöl ist ein Umdenken zwingend notwendig – Nahrungsmittelknappheit ist ein wichtiges Thema, darf aber kein Totschlagargument sein“, sagt Albrecht. Ein weiterer Vorteil, den Biokunststoff bringt ist, dass bei der Herstellung von Bioplastik häufig weniger CO2 entsteht als bei herkömmlichem Plastik. „In diesem Sinne gibt es kein richtig oder falsch“, sagt Albrecht. Die Kommunikation des Biomaterials gestaltet sich dementsprechend kompliziert. „Eine Möglichkeit für die Unternehmen ist es, zu erklären, transparent zu bleiben und das Marketing und die PR eng miteinander zu verzahnen“, sagt Christian Dietz, Inhaber und Geschäftsführer der Kommunikationsagentur wortsuchttext. Dietz begleitete mit seiner Agentur die ersten Schritte eines Bioplastik-Herstellers. „Eine weitere Möglichkeit ist es, das Biomaterial mit zusätzlichem Nutzen aufzuladen“, sagt Dietz, „die Biofolien unseres Kunden etwa wurden mit Biostrom hergestellt, um den CO2-Fußabdruck niedrig zu halten. Zudem hat unser Kunde CO2-Ausgleichszertifikate erworben – auf diese Weise konnte das Material klimaneutral vermarktet werden. Außerdem wurde der Kunststoff aus landwirtschaftlichen Abfallprodukten produziert.“ Die Erwartungshaltung der Konsumenten sei eine der gravierendsten Stolperfallen, sagt

Dietz. Die Verbraucher hatten erwartet, dass Bioplastik auf den Kompost gebracht werden könne. „Das entspricht jedoch nicht der Realität“, sagt er. Denn ein in sich geschlossenes System, um Biokunststoffe effizient zu kompostieren, läge noch in ferner Zukunft. Wichtiger sei es hingegen, ein effektives Recyclingsystem zu entwickeln. Nach der Medienschelte an Danone und dem Flop des Biosprits sind die Unternehmen vorsichtiger geworden. „Zurzeit halten sich Unternehmen, die Biokunststoffe anbieten oder nutzen, noch zu stark in der Kommunikation zurück – speziell bei kritischen Journalistenanfragen“, sagt Lange von European Bioplastics. „Die Unternehmen brauchen mehr Mut, den aktuellen Stand der Dinge zu kommunizieren. Die Konsumenten verstehen momentan noch nicht, was Bioplastik genau ist – es braucht daher zwei bis drei Argumente für das Material.“ Für PR-Manager ist vor allem eine gute Vorbereitung wichtig. „Wir haben Workshops durchgeführt und FAQ-Listen erarbeitet, um uns zu informieren und uns auch kritischen Fragen stellen zu können. Neben einer WerbeWebseite des Unternehmens, gab es darüber hinaus auch eine Online-Informationsplattform, auf der sich Konsumenten und Journalisten eingehend über das Thema informieren konnten“, sagt Dietz. Setzen die Unternehmen auf Transparenz, so kann das Material für sie eine große Chance bedeuten, um eine positive Unternehmenskultur zu vermitteln. Denn trotz der aktuell negativen Stimmung boomt der Markt für das neue Material. European Bioplastics verzeichnet ein derzeitiges Wachstum des Sektors um circa 20 Prozent. Etwa 80 Hersteller und Unternehmen zählt der Verband aktuell, Tendenz steigend. Der Trend geht hin zum Biokunststoff. Für die PR-Verantwortlichen der wachsenden Branche ist eine gute Vorbereitung dabei essentiell. Denn eine aktive Kommunikation kann dem Vorwurf des Greenwashing Paroli bieten. 15


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Karl Lagerfeld ist 체be nicht l채nger als sechs das nur f체r Mode? W PR mit Risiko, viel Ar verbunden sind.

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rzeugt: „Trends halten Monate.“ Doch gilt arum Trends in der beit und Mut

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Aus Angst, einen Trend zu verpassen, springen einige Unternehmen auf jede PR-Mode an. Das kostet Zeit und Geld – und schadet manchmal sogar dem Image.

Nicht alles mitmachen Der „Spiegel“ tut es jetzt also auch. Seit Ende September betreibt das Nachrichtenmagazin ein eigenes Blog. „Spiegel“-Chefredakteur Georg Mascolo schreibt im Eröffnungsbeitrag: „Die Debatte über unsere Arbeit findet heute häufig im Internet statt. Es ist der Ort, an dem unsere Geschichten der aktuellen Ausgabe zuerst aufgegriffen, analysiert und kommentiert werden.“ Eine Erkenntnis, die zunächst ein wenig schnurrig wirkt, angesichts der Tatsache, dass Mascolos Kollegen von Spiegel Online seit Jahren das Internet-Leitmedium schlechthin hervorbringen. Und seit zehn Jahren bloggt in Deutschland jeder, der ein gesteigertes Mitteilungsbedürfnis hat, vom Dax-30-Konzern bis zur Provinzzeitung. Erst jetzt wollen die Kommunikationsprofis aus der Hamburger Hafen-City auch auf den Trichter gekommen sein? Wer boshaft ist, unterstellt dem „Spiegel“, mal wieder zuverlässig einen Trend verschlafen zu haben. Vielmehr steckt aber weniger Bräsigkeit hinter dem zögerlichen Umgang mit Online-Kommunikation, sondern eine kalkulierte, konsequente Haltung, die man nun leichtfertig aufgegeben hat. Denn 26

die Journalisten vom gedruckten „Spiegel“ kultivieren voller Lust ihren Standesdünkel gegenüber den Onlinern im eigenen Haus, die Redaktionen arbeiten strikt voneinander getrennt. Das mag eitel und unzeitgemäß wirken, dafür war aber dem Leser immer klar: Den „Spiegel“ gibt es nur als Heft am Kiosk, alles Digitale findet man auf Spiegel Online. Jetzt ist der gedruckte „Spiegel“ also auch ein bisschen digital und auch ein bisschen zum Mitdiskutieren und auch ein bisschen auf Twitter. Ob das die Leser kapieren? Es wirkt, als habe der Print-„Spiegel“ plötzlich Muffensausen – davor, jüngere OnlineLeser nicht mehr an den Kiosk zu locken, altbacken anzumuten, den Anschluss zu verlieren.

Gefahr des Verzettelns

Doch die Angst, einen Trend zu verpassen, verleitet dazu, blindlings eine tradierte Haltung über Bord zu werfen. Und Angst ist ohnehin ein schlechter Ratgeber bei der Wahl von Kommunikationsmitteln. Das gilt für Medien gleichermaßen wie für Unternehmen. Sich regelmäßig auf den nächsten Trend zu stürzen, bedeutet zum einen hohen Aufwand an Res-

sourcen (vor allem Zeit und Personal). Zum anderen evoziert es die Gefahr des Verzettelns und Verquatschens; die unterschiedlichen Kommunikationskanäle wollen schließlich bedient werden – und zwar sinnvoll –, und die Botschaften sollen ihre Empfänger auch erreichen. Noch eine Gefahr: Einem Trend unreflektiert hinterherzuhecheln, macht blind dafür, ob der Hype überhaupt relevant ist. Das zeigen mehrere Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit, vor allem aus der Sphäre des Digitalen. Wer erinnert sich noch an den Irrsinn namens „Second Life“? Das 3-D-Spiel wurde vor rund fünf Jahren als das große Internet-Ding hochgejubelt; die virtuelle Welt galt als die perfekte Kopie der reellen. Das Pixel-Paradies zog zahlreiche Unternehmen an, es wurde ein Experimentierfeld für PR-Verantwortliche. Der Springer-Verlag brachte mehrere Jahre sogar eine eigene „Second Life“-Zeitung heraus (den Print-„Spiegel“ suchte man in der Parallelwelt übrigens vergeblich). Adidas, Mercedes, BMW oder Sony investierten hohe Summen für Marketing-Projekte in der komplexen „Second Life“Software. Dabei war gar nicht klar,

wie viele regelmäßige Mitspieler „Second Life“ überhaupt hatte, auch eine zielgruppenspezifische Ansprache war in dem neuen Medium kaum möglich – viel Hype, wenig Reichweite. Und hatte man endlich Sinn und Unsinn von „Second Life“ halbwegs verstanden, war das Spiel schon tot gespielt. Weil es auf Dauer langweilig ist, wenn alle Frauen blond und großbrüstig sind; aber auch weil sich das Utopia bald so anfühlte wie die durchkommerzialisierte echte Welt. Die meisten Nutzer kehrten laut einer Studie nicht wieder zurück. „Eine echte Innovation, die über die ohnehin schon vorhandenen Möglichkeiten des Webs hinausgeht, ist in ‚Second Life‘ nicht zu erkennen“, resümierte vor fünf Jahren der Social-Media-Experte Matthias Fank. Die echte Innovation in Form der sozialen Netzwerke startete damals gerade erst ihren Siegeszug. In Deutschland waren das zunächst vor allem Myspace, StudiVZ und Xing, später Facebook und Twitter, schließlich Google Plus. Wieder etwas, vor dem Kommunikationsprofis Angst haben mussten, es zu verpassen. Und auch wieder neue Technologien, die man erst mal

Illustrationen: Marcel Franke

TEXT WENDELIN HÜBNER


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Club der Netzelite

Und umgekehrt gilt: „Gefällt mir“Daumen und Kommentare machen den Grad der Verbreitung von PR-Botschaften zwar wunderbar messbar; sie sagen aber nach wie vor wenig aus über die tatsächliche Reputation eines Unternehmens. Erst recht nicht, wenn Fans nur durch Gewinnspiele oder – viel schlimmer – durch Zukauf gewonnen werden. Was nutzen hunderttausende Fans, wenn sie sich für die Informationen eines Unternehmens gar nicht interessieren? Eine amerikanische Internetfirma glaubt, den digitalen Jahrmarkt der Eitelkeiten mit noch mehr Bedeutung aufladen zu müssen: Ihr Dienst „Klout“ misst, wie effektiv jemand soziale Netzwerke nutzt

und andere damit beeinflusst. Jeder, der bei „Klout“ mitmacht, bekommt – je nach Einfluss – einen „Klout Score“. So soll ein Club der Netzelite entstehen. „Das Leben der Leute wird mehr und mehr von dummen Algorithmen bestimmt“, schimpft bereits der Netzkritiker Jaron Lanier. In Deutschland hat sich „Klout“ freilich noch nicht in der breiten Masse durchgesetzt.

Beharrlichkeit und Konsistenz in der Kommunikationsstrategie. Die große Unternehmensgeschichte erzählt man nicht schnell mal nebenbei auf Facebook. Die sozialen Medien sollten nur ein Werkzeug von vielen sein, die helfen, den Informationsfluss zu steuern und die große Geschichte in den Köpfen von Journalisten und Kunden zu verankern.

Dennoch: Vor lauter fiebriger Jagd nach Einfluss, Fans und Followern vernachlässigen immer wieder auch Kommunikationsprofis das vollkommen trendunabhängige Grundprinzip von PR: das Erzählen guter, stringenter Geschichten – und zwar losgelöst von einem Kommunikationskanal oder einer technischen Plattform, wie sie Facebook oder Youtube darstellen. Was sind die Mythen, die sich um eine Marke ranken? Wer sind die Köpfe, die hinter einem Unternehmen stehen? Was begeistert die Kunden eines Produkts? Das eigene Image lässt sich mithilfe inspirierender, gut erzählter Geschichten wirksam gestalten. Die zahlreichen Mythen um die genialen Garagen-Bastler Steve Jobs oder Bill Gates sind Beispiele, die jeder kennt. Storytelling funktioniert aber nicht, indem man schnappatmend jeden Trend mitmacht; es erfordert

Kommunikatoren sollten sich ohnehin nicht abhängig machen von ein paar wenigen technischen Infrastrukturen wie die von Facebook, Twitter oder auch Apple. Klar, das Web 2.0 ist kein flüchtiger Trend, der im nächsten oder übernächsten Jahr schon wieder verflogen sein wird. Doch es brodelt im Netz, die ewige Herrschaft über das Internet ist FacebookGründer Mark Zuckerberg keineswegs sicher – stagnierende Nutzerzahlen und ein Börsenkurs im freien Fall sind hierfür Indikatoren. Und den raschen Niedergang von Facebook-Vorgängern wie Myspace oder Friendster hatte ja auch niemand vorhergesehen. Der amerikanische Medientheoretiker und Publizist Douglas Rushkoff ruft bereits dazu auf, „das Internet aufzuspalten“ und „the next net“ – das nächste Internet – hervorzubringen: „Überlassen wir das heutige Netz den Unternehmen,

die es betreiben, und denken wir darüber nach, etwas anderes für uns selbst aufzubauen.“ Zahlreiche Programmierer träumen von einem Internet, in dem nicht der Kommerz im Vordergrund steht, sondern das globale Wissensnetzwerke entstehen lässt. (Im Übrigen eine Chance für Unternehmen als Hüter von Unmengen an Daten und Spezialwissen, diese Netzwerke aktiv mit aufzubauen.) Womöglich bricht also demnächst wieder ein neues Medienzeitalter heran, das die PR vor neue Herausforderungen stellt. Oder, um es mit Winston Churchills Worten zu sagen, die Zukunft ist mal wieder ein verfluchtes Ärgernis nach dem anderen. Kommunikationsabteilungen werden wieder vor der Wahl stehen, ob sie „First Mover“ sein wollen, und mit viel „Trial and Error“ alles ausprobieren, was kommt. Oder ob sie zunächst beobachten, wie die neuen Technologien unsere Art zu kommunizieren verändern – und daraufhin eine langsame, aber durchdachte Entscheidung treffen. Egal aber, wie die nächste PR-Mode auch heißen mag: Ein Unternehmen sollte sich immer die Frage stellen, ob der neue Trend auch zu der großen Geschichte passt, die es erzählen will. Und wer auf einen Trend aufspringt, sollte sich der Gefahr für das Image bewusst sein, die es bedeutet, wenn man nach der ersten Euphorie seine Aktivitäten wieder einstellt. Was wird etwa der „Spiegel“ tun, wenn sich kein Mensch für seinen Blog interessiert? Klaus Wowereit sagte einmal: „Die Visionen meines Vorgängers sind meine Schulden von heute.“ Im Zweifel lohnt sich also: Haltung bewahren und nicht alles mitmachen.

Wendelin Hübner, Journalist und Kommunikationsberater: www.wendelinhuebner.de

Foto: Privat

verstehen lernen musste. Wieso sollte man kritische Kommentare nicht von der Pinnwand löschen? Wie dampft man die schöne Pressemitteilung auf 40 Zeichen ein? Und vor allem: warum? Heute zweifelt kaum ein Unternehmen noch an der Relevanz sozialer Medien, vor allem nicht an Facebook mit den eine Milliarde Mitgliedern. Die „Gefällt mir“- und „Teilen“-Buttons sind die wichtigsten Werkzeuge für die schnelle und virale Verbreitung von Botschaften und Kampagnen. „Mund-zu-Mund-Propaganda“ transformierte längst zu „Mauszu-Maus-Propaganda“. Doch nach wie vor sind etliche Unternehmen und Institutionen ohne echte Strategie aktiv in Facebook, Twitter, Blogs und Foren. Oft sind es einzelne Mitarbeiter oder Abteilungen, die das Thema intern initiieren. Sie basteln einen Unternehmensblog, füttern den Twitter-Kanal oder starten einen Facebook-Auftritt. Ergebnis: Nicht selten fehlt ein übergeordneter, strategischer Rahmen, der die Kommunikationsziele vorgibt, die durch den Einsatz sozialer Medien erreicht werden sollen. So bleibt der Facebook-Auftritt vieler Unternehmen oft nicht viel mehr als eine kleine, ungehörte Stimme an der größten Quatschbude der Menschheitsgeschichte. Wer nichts zu sagen hat, der versagt auf den hart umkämpften Aufmerksamkeitsmärkten und geht unter im medialen Grundrauschen.

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Musiker und Produzent Leslie Mandoki im Interview über den Klang von Autos, Musik als Kommunikationsmittel und Persönlichkeiten, die die Gesellschaft verändern.

„Antwortgeber müssen mutig und unbequem sein“ pressesprecher: Herr Mandoki, Sie kommen gerade von der Autoshow in Paris. Seit Jahren inszenieren Sie für den Volkswagenkonzern musikalisch die Weltpremieren verschiedener Fahrzeugmodelle. Wie klingt ein Auto? Eine Frage, die auch mich immer wieder fasziniert. Jedes Modell, jedes Produkt und jede Marke klingt anders. Das Automobil ist nicht nur ein Fortbewegungsmittel. Es ist ein sehr emotionales Produkt und entsprechend breit gefächert sind die Musikstile, mit denen es sich darstellen lässt beziehungsweise wie es klingt. Der Unterschied zwischen der musikalischen Welt eines Audi A8 und eines Golfs beispielsweise ist enorm. Der A8 ist gediegen, kein Angebermodell, aber eine Marke für Menschen, die auf Wertigkeit und Fortschrittlichkeit in vollendeter Form achten. Entsprechend muss die Musik dafür klingen. Der Golf steht für deutsche Grundwerte wie Zuverlässigkeit und langlebiges Handwerk. Beim Touareg hingegen kann es dann schon etwas frecher, wilder und rockiger werden. Wo lassen Sie sich für Ihre Arbeit inspirieren? 34

Ich brauche keinen besonderen Ort oder Umstand. Ich gehe auf die Straße, unterhalte mich mit den unterschiedlichsten Menschen, sehe Nachrichten oder höre mir an, was Kollegen gerade tun und tauche in den Zeitgeist ein. Egal, ob es der Koreaner ist, der mit einer witzigen Tanznummer in England und den USA eine gute Chartplatzierung erreicht oder aber die spanischen Jugendlichen, die öffentlichkeitswirksam auf die Jugendarbeitslosigkeit in ihrem Land aufmerksam machen. Es geht vielmehr darum, die gewonnenen Eindrücke zu reflektieren und in Musik umzuwandeln. Doch eine Idee ist noch lange kein fertiges Lied. Wie entsteht aus einer Idee eine vollständige Komposition? Das Klangbild habe ich in den meisten Fällen bereits im Kopf. Der anschließende Prozess ist dann relativ einfach. Darin geht es eigentlich nur noch darum, die richtigen Töne, also die richtige Form und Balance, zu der bestehenden Vorstellung zu finden. Aber vielleicht lässt sich das an einem Beispiel besser erklären. Das Lied ‚Last Day of Summer‘ entstand vor einigen Jahren nach einer harten Studio-

woche in New York. Es war Ende September. Nach einer durchgearbeiteten Nacht und kurz vor meinem Rückflug nach Deutschland fuhr ich noch einmal zu meinem Lieblingsstrandcafé auf Long Island. Dort habe ich beobachtet, wie die Kellnerin, eine junge Studentin, einem älteren Herrn, um die siebzig Jahre alt, seinen Kaffee brachte. Als ich die Szene vor mir beobachtete, kam mir der Gedanke, dass das Mädchen wahrscheinlich am nächsten Tag zurück an die New York University geht und der Kerl betrachtet fasziniert dieses Mädchen und es war sein letzter Sommertag. Und dann war die Melodie auf einmal in meinem Kopf. Ich nahm mein Diktiergerät und zeichnete die Melodie schon mit Text auf. Ich habe einer realen Situation nur noch die Melodie und den Text hinzugefügt. Ein Musiker spürt, welche Musik wohin passt. Und bei Automodellen funktioniert das genauso? Fast. Bei einem Automobil oder generell wenn Musik als Kommunikationsmittel im Bereich Öffentlichkeitsarbeit oder Marketing eingesetzt wird, müssen sowohl rationale als auch emotionale Aspekte berücksichtigt werden. Einer-

seits sind es die Werte, für die eine Marke oder das entsprechende Automodell stehen soll. Doch diese sind meist schon festgelegt bevor die musikalische Arbeit beginnt. Andererseits muss man diese Werte später in der Musik auch spüren können. Für mich ist es dann eine Mischung aus Gefühl und Verstand. Idealerweise: Fühlen mit Verstand oder Verstehen mit dem Herzen. Wenn ich in der abgesperrten Design-Abteilung stehe und der Chefdesigner gemeinsam mit den Ingenieuren auf sehr emotionale Art und Weise den neuen Golf erklärt, dann ist es vergleichbar mit ‚Last Day of Summer‘. Sie sagten einmal von sich, dass Sie in einer Generation aufgewachsen seien, in der die Musik noch die Gesellschaft verändern wollte. Wie kann Musik gesellschaftliche Entwicklungen beeinflussen? Viele gesellschaftliche Bewegungen haben zwar eine gewisse rationale, vielleicht auch intellektuelle Basis, getragen werden sie jedoch von Emotionen. An dieser Stelle können Musiker ansetzen und eine Gesellschaft mitgestalten. Musik ist Emotion und der Musiker der Transformator. Insbeson-

Foto: Sabine Brauer Photos

INTERVIEW JUDITH SCHULDREICH


Portrait auf der Bühne: Leslie Mandoki am Schlagzeug.

dere Rockmusiker, die zumindest anfangs abseits des Mainstreams agieren, vertonen gesellschaftliche Veränderungen, emotionalisieren diese und treiben die Veränderung damit im Idealfall voran. Ich selbst habe als junger Musiker in Ungarn mit Rockmusik gegen eine Diktatur gekämpft und bin dafür oft verhaftet worden. Musik kann Massen mobilisieren. Bands wie die Beatles, das Woodstock-Festival, das noch heute stellvertretend für die Lebenseinstellung einer ganzen Generation genannt wird, oder die Rockoper ‚Jesus Christ Superstar‘, die Ende der 970er Jahre versuchte mit Musik an der Starrheit der Religionsverständnisse zu rütteln, zeigen das. Aber welchen Vorteil hat gerade die Rockmusik gegenüber anderen Musikstilen bei der Gestaltung einer Gesellschaft? Rockmusik ist unbequem. Und damit meine ich nicht die industrialisierte Massenware, die von vielen Entertainmentkonzernen auf den Markt geworfen wurde. Das war reine Unterhaltungsmusik bei der jeder Titel nach dem Schema ‚I love you, you love me‘ zusammengestellt war. Diese Musik war eine akustische Umweltverschmut-

zung. Unnötige Musik. Ich spreche bei Rockmusik vielmehr von der Musik abseits des Mainstreams mit Größen wie Cream, Jimi Hendrix, Jethro Tull oder Pink Floyd. Diese Musik hat bei ihrer Entstehung Ecken und Kanten und dennoch einen entscheidenden Vorteil. Sie erreicht eine große Zahl an Menschen. Musikrichtungen wie Jazz oder Klassik sind beide für sich wunderbare Stilarten, aber sie haben und werden nicht das breite Publikum erreichen, das es für eine gesellschaftliche Bewegung braucht. Michail Gorbatschow hat mir einmal erzählt, dass es in der Sowjetunion gelungen sei, Informationen aus der westlichen Tagespresse völlig aus dem Gebiet hinter dem Eisernen Vorhang fernzuhalten. Westliche Presse oder gar Fernsehen erreichten die Sowjetunion nicht. Selbst Radiosender wie Freies Europa oder Voice of America wurden technisch gestört. Was aber, laut Gorbatschow, am meisten an der Mauer zwischen den Systemen bohrte, war die Rockmusik. Sowohl die eingeschmuggelte westliche Rockmusik als auch deren Wirkung auf die Rockmusiker in der sogenannten ‚2. Welt‘. Einzig die vielen jungen,

rebellischen Rockmusiker hätten sie nicht im Griff gehabt. Deshalb hat man dort den Schlager unterstützt und die Rockmusik so weit wie möglich gegängelt. Sie komponieren Musik für Autokonzerne, setzen für den FC Bayern München die Fans musikalisch in Szene und schreiben Wahlkampfsongs für Angela Merkel. Muss ein Künstler immer hinter dem stehen, was er tut? Natürlich sollte es so sein. Und glücklicherweise kann ich heute sagen, dass es bei mir auch schon seit langem so ist. Allerdings habe auch ich als Musiker nicht immer das gespielt, was mein Künstlerherz verlangt hat. Aber auch die Zeit als ‚Popstar‘ (als Mitglied der Musikgruppe Dschingis Khan, Anmerk. d. Red.) hatte ihr Gutes. Ich musste und habe viel über das Musikbusiness gelernt und viele Freundschaften geschlossen, die bis heute halten. Seit langem leiste ich mir jedoch den Luxus, nur noch Projekte umzusetzen, von denen ich wirklich überzeugt bin. Dschingis Khan ist lange her. In der Retrospektive erscheint vieles lustiger als ich es damals empfand. Und das gilt nicht nur für die Musik. Ich bin vor kurzem gefragt

worden, ob ich an einer Kampagne teilnehmen möchte, die sich mit dem Thema Integration befasst. Es ging um eine Aufforderung, mehr für die Integration zu tun. Bei dieser Kampagne habe ich sofort zugesagt. Als ich mit 22 Jahren nach Deutschland kam, hatte ich lange Haare, war ein ausgebildeter, aber illegal eingewanderter Musiker. Zudem sprach ich kein Wort Deutsch. Allerdings habe ich hier so viel Herzlichkeit, Liebe, Toleranz, Aufnahmebereitschaft und Respekt erfahren, dass ich geblieben bin, weil ich die Menschen, die Mentalität und die Kultur kennen und lieben gelernt habe. Da ist es nur konsequent, wenn ich heute nach vielen Jahren der erfolgreichen Zusammenarbeit mit vielen englischen, amerikanischen und deutschen Künstlern als Songschreiber und Produzent mich über die Ehre freue, Angela Merkel in der Wahlkampagne musikalisch zu unterstützen, die Ingenieurkunst von Martin Winterkorn musikalisch emotionalisieren zu dürfen oder für Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge musikalisch die Gesänge der Fans mitgestalten zu dürfen. Aber ebenso ist es für mich ein Privileg,


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für Allianz, Sixt, Disney und viele Fernsehshows von Gründerpreis, Herz für Kinder oder eine der international erfolgreichsten Dailys „Sturm der Liebe“ musikalisch gestalten zu dürfen. Die Integration in Deutschland war nicht wirklich schwierig. Ich fühle mich hier zu Hause und gerade aus diesem Grund nehme ich mir auch das Recht anderen Einwanderern zu sagen, entweder liebt ihr dieses Land oder geht lieber weiter. Identifiziert euch mit der Kultur, den Menschen, der Mentalität, denn sie sind fabelhaft. Diese Aussagen gefallen nicht jedem, aber sie sind meine Meinung. Mich stört es nicht, falls ich damit anecke. Bei Ihrem Vortrag während des diesjährigen Kommunikationskongresses rieten Sie den anwesenden Kommunikationsverantwortlichen davon ab, Prominente als Markenbotschafter für ihre Unternehmen zu verpflichten. Warum? Ich riet den Kommunikationsverantwortlichen ab, Markenbotschafter zu engagieren, die keine persönliche Botschaft haben. Da muss es eine Wertekompatibilität und eine große Schnittmenge und Übereinstimmung an Visionen geben. Es geht schließlich nicht um Botschaften wie Gewinnmaximierung, sondern zum Beispiel darum, die besten Autos zu bauen. Dieser Qualitätsanspruch ist es, der einen Ingenieur und einen Künstler verbindet. Beide wollen das Beste aus sich herausholen und ihre Ideen und Visionen wahr werden lassen. Und diesen Anspruch können Kommunikationsverantwortliche für ihr Unternehmen nutzen. Statt mehrere Millionen Euro in einen „Superstar“ zu investieren, sollten sie sich an Künstler wenden, die das Unternehmen musikalisch in den Vordergrund stellen. Manche Popstars wissen oftmals nicht, wo oder für wen sie gerade auf der Bühne stehen. Das Management regelt alles im Hintergrund. Ich will den Verantwortlichen nicht ausreden diese Künstler zu engagieren. Sie sollten sich jedoch die Frage stellen, ob man eine Rihanna, Beyoncé oder einen Justin Bieber nur weil diese gerade ‚in‘ sind engagiert, oder ob über diese Prominenten auch die Leistungen 36

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und Botschaft der Marke identifizierbar bleiben. Das Titelthema dieser pressesprecher-Ausgabe sind Trends. Wie definieren Sie Trends? Jede Entwicklung ist meiner Ansicht nach eine Antwort auf bestehende Fragen oder Veränderungen in der Gesellschaft. Ob man diese Entwicklungen wirklich als Trend bezeichnen sollte, darüber lässt sich streiten. Positive Entwicklungen sind für mich, um nur ein Beispiel zu nennen, die Verbreitung der sozialen Me-

Das beides schließt sich ja nicht aus. Wir sind alle mehr oder minder in unserer Zeit gefangen. Wir leben in einer Gesellschaft in der man sich gegenseitig beeinflusst. Sich von solchen Einflüssen oder Trends lösen zu wollen, ist glaube ich sehr schwer. Da müsste man wahrscheinlich wie ein Einsiedler leben. Daher hat man als Musikproduzent natürlich immer einen Blick auf aktuelle Entwicklungen und passt sich teilweise bei der Form und den Inhalten dem Zeitgeist an. Aber es ist wichtig, das

dien. Durch die sozialen Medien konnten wir beobachten, wie die Bevölkerung in vielen arabischen Ländern gegen ihre Unterdrückung protestierte. Youtube-Videos hielten uns auf dem Laufenden als keine Fernsehteams vor Ort waren. Doch Facebook, Twitter und Youtube haben auch eine Schattenseite. Viele Millionen Menschen leiden an einer kommunikativen Inkontinenz und einem pathologischen Mitteilungsbedürfnis. Jedes Detail und jede irrelevante Situation wird gepostet, geliked und mitgeteilt – für mich, der ich meine Daten und mein Leben noch als persönliche Intimsphäre betrachte, ist dieses Verhalten nicht immer nachvollziehbar. Aber ein Trend. Sollte man als Musikproduzent eigentlich immer die Branchentrends im Blick haben oder verfolgen Sie konsequent ihren eigenen Stil?

nicht unreflektiert zu tun. Manchmal ist die gesellschaftliche Entwicklung nicht die richtige Antwort, die für einen persönlich oder aber für ein bestimmtes Unternehmen von Nutzen ist. Das sollte man dann auch selbstbewusst für sich festhalten. Gibt es für Sie denn Trendsetter? Genauso wenig wie ich daran glaube, dass man gezielt Trends setzen kann, glaube ich an Trendsetter. Ich bin vielmehr der Meinung, dass es Persönlichkeiten gibt, die einen großen Einfluss auf die gesellschaftlichen Entwicklungen haben. Für mich sind es Antwortgeber. Also jene Persönlichkeiten, die – sei es politisch, gesellschaftlich, künstlerisch oder in der Wirtschaft – aktuelle Entwicklungen analysieren und entsprechende Antworten oder Produkte entwickeln. Sie geben durch ihre Ideen und Entwicklung den gesellschaftlichen Strömungen im besten Fall neue Impulse. Was zeichnet diese Antwortgeber Ihrer Meinung nach aus? Antwortgeber sind in erster Linie ‚Macher‘. Sie erkennen ein Problem als Aufgabe und Herausforderung und suchen nach einer

Lösung oder einer Antwort. Doch dazu brauchen sie Mut. Antwortgeber müssen mutig genug sein, um Bewegungen zu erzeugen und Impulse zu geben. Das ist nicht immer leicht. Oft muss man dazu unbequeme Antworten liefern oder Themen konträr diskutieren. Wer selbst zu einem Antwortgeber werden will, dem muss bewusst sein, dass er nicht überall beliebt sein wird. Das muss man aushalten können. Aber an dieser Stelle schließt sich für mich der Kreis zwischen Musikern und Visionären in der Wirtschaft oder Politik. Sie streben alle auf ihrem Fachgebiet nach einer perfekten Umsetzung ihrer Visionen. Kommen wir noch einmal auf Musik als Kommunikationsmittel der Öffentlichkeitsarbeit zurück. Würden Sie einem Kommunikationschef raten einem Trend zu folgen oder ihn davon überzeugen den altbewährten Weg zu gehen? Es wäre anmaßend, wenn ich an dieser Stelle Kommunikationsverantwortlichen einen allgemeingültigen Ratschlag erteilen wollte. Jede Aufgabe muss individuell betrachtet werden. Generell bin ich der Meinung, dass man bei der Ideenfindung immer individuelle und authentische Antworten suchen und möglichen Trends nicht einfach hinterher laufen sollte. So etwas entsteht oft in einem bilateralen Gespräch, das einem neue Welten eröffnet. Bei mir ist dieser inspirierende kreative Gesprächspartner für Ideen und Konzepte des Volkswagenkonzerns, Kommunikationschef Stephan Grühsem. Meine Rolle ist es musikalische Antworten zu formulieren. Vielleicht ist es schwer nachzuempfinden, aber ein ganz wichtiger, aber schwer zu akzeptierender Aspekt ist: Gehör lässt sich nicht so einfach verschaffen. Vielmehr ist das Ziel die dauerhafte Öffnung des emotionalen Aufmerksamkeitsfensters. Das ist unsere Aufgabe. Da ist Musik oft das richtige Mittel.

Leslie Mandoki ist Musiker und Musikproduzent. Er studierte am Musikkonservatorium in Budapest und floh 1975 aus Ungarn. Als Produzent arbeitete er bereits mit internationalen Weltstars wie Lionel Richie, Phil Collins, Joshua Kadison und Jennifer Rush zusammen.


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Sei nicht traurig kleine Sprecherin Sei nicht traurig kleine Sprecherin, nimm’ das alles einfach hin. Ertrage die, für die du sprichst, indem du sie am Abend schlicht vergisst. Wenn’s dämmert, dann schlägt deine Stunde, geht’s nur noch strikt nach deinem Munde. Iss’ Eis ganz ohne jede Reue, sauge Vodka bis zur Bläue. Leg’ dich hin und lass’ dich gehen, du musst heut’ keinen mehr verstehen. Tu’ dir am Abend nicht mehr weh, mal’ dir Lack auf jeden Zeh. Schokolade, Pommes, voll ok, und lies’ weiter „Shades of Grey“.

Foto: Albrecht Noack

VON JÖRG THADEUSZ

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