pressesprecher 06_19 krise

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Quadriga Media Berlin GmbH

Ausgabe 6/19

www.pressesprecher.com

KRISE Monsanto und kein Ende Wie Kommunikationschef Michael Preuss Bayer aus der Defensive befreien will.

Vorbereitung ist alles Unternehmen simulieren mögliche Krisenszenarien. Worauf es dabei ankommt.

Ständig auskunftsbereit Was bedeutet der 24/7 News Cycle für die Unternehmenskommunikation?


Tagung Interne Kommunikation

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IV UELL W E HRE M TARBE TEN EN 17. — 18. März 2020, Berlin

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Ihr Update für die Interne Kommunikation


E D I TO R I A L

Vision statt Krise „Krise“ – so lautet der Titel dieser Ausgabe des „pressesprecher“. In Fachbüchern und Expertenbeiträgen mangelt es nicht an Ratschlägen zur Krisenkommunikation. Die klingen in etwa so: Die Salamitaktik hat ausgedient. Krisenkommunikation ist Chefsache. Alle Fakten gehören auf den Tisch. Transparenz und Schnelligkeit sind entscheidend. Ein Unternehmen muss mit einer Stimme sprechen. Wer würde dem widersprechen? Eine Reihe namhafter Unternehmen in Deutschland kriselt: die Automobilindustrie, die Banken und die Energiekonzerne an der Spitze. Diese Branchen stehen in der Kritik, weil ihr Geschäftsmodell in Frage gestellt wird. Es handelt sich nicht um Kommunikationskrisen. Es sind Unternehmenskrisen, die sich mit Kommunikation nicht aus der Welt schaffen lassen. Für Kommunikationsabteilungen ist dieser Zustand unangenehm. Sie müssen fast ausschließlich verteidigen. Es gibt kaum noch Möglichkeiten, mit positiven Botschaften durchzudringen. Genau diese wären notwendig. Angesichts der latent depressiven Stimmung in Deutschland wären von Unternehmen Visionen gefordert. Wie lässt sich der Wunsch weiter Teile der Öffentlichkeit nach mehr Nachhaltigkeit und Umweltschutz mit Innovationen verbinden? Welchen Beitrag kann ein Unternehmen dabei leisten? Hier wären Antworten gefragt. www.pressesprecher.com

Im Interview ab Seite 8 erläutert Bayer-Kommunikationschef Michael Preuss, wie die Monsanto-Übernahme die Kommunikation beeinflusst und warum bei der aktuellen Kampagne die Mitarbeiter im Vordergrund stehen. RWE ist ein weiteres Unternehmen, das aufgrund von Kohle und Atomenergie in der Kritik steht. In der Öffentlichkeitsarbeit betont der Energiekonzern jetzt überwiegend seine ÖkostromAktivitäten (Seite 46). Einige Unternehmen verstehen offenbar nicht, dass nicht jeder kritische Kommentar gleich ein Shitstorm und schon gar keine Krise ist. Ein aktuelles Beispiel ist die ängstliche Löschung eines HomöopathieWitzes von Dr. Oetker. Ein Gastbeitrag auf Seite 36 widmet sich solchen mehr oder weniger relevanten Shitstorms. Diverse Kommunikationskrisen ausgelöst hat der Reporter Günter Wallraff, der in dieser Ausgabe genauso Thema ist wie die 24/7-Kommunikation. Ich wünsche Ihnen frohe Weihnachten und einen guten Start ins neue Jahr. Bis Februar!

Volker Thoms, Chefredakteur 3


I N H A LT

8  Raus aus der Defensive Bayer-Kommunikationschef Michael Preuss über die Reputation des Konzerns, Monsanto und den Umgang mit Medien. T I T E LT H E M A KRISE

16 Vertrauensverlust

8

Der ehemalige „Handelsblatt“-Chefredakteur Bernd Ziesemer über Unternehmen in Krisensituationen.

18 Günter Wallraff Der Investigativ-Reporter und sein Team recherchieren meist undercover. Sie ernten Respekt und Kritik.

22 Gut vorbereitet Simulationen helfen Unternehmen, sich auf Krisenszenarien vorzubereiten.

26 Mehr als Ausputzer? Kommunikatoren sollten mehr Einfluss auf die Unternehmensstrategie nehmen. Sie sollten zu Gestaltern werden.

18

Günter Wallraff: Seit mehr als 50 Jahren deckt der Reporter Missstände auf – und bringt Unternehmen damit in Bedrängnis. 4

24/7 – was bedeutet der kontinuierliche Nachrichtenfluss für PR und Krisenkommunikation?

36 Shitstorm oder nicht?

I M W ORT L AUT

Bayer-Kommunikationschef Michael Preuss sieht in der neuen Kampagne #voranbringen einen Baustein, um aus der Defensive zu kommen.

32 Immer auskunftsbereit

28 Konfrontation Wenn „Frontal 21“ und Co. anklopfen, wird es selten schön. Wie sollen Kommunikatoren mit Investigativ-Medien umgehen?

Warum nicht jeder negative Kommentar ein Shitstorm und nicht jeder Shitstorm eine Krise ist. I M FOKUS VISION

38 Purpose Wie Unternehmen für sich den richtigen Purpose finden.

42 Visionäres Denken Hirnforscher Henning Beck über Strategien, um kreativer zu werden.

46 Ein bisschen grüner Mit der Kampagne „die neue RWE“ will der Energiekonzern seinen Nachhaltigkeitskurs kommunikativ unterstreichen.

48 Fridays for Future Pressesprecherin Nele Brebeck über die Öffentlichkeitsarbeit der Aktivistengruppe und deren Ziele. PRAXIS

52 Der richtige Frame Framing ist in Verruf geraten. Die Methode kann helfen, Bekanntes aus einem neuen Blickwinkel zu betrachten.

54 Kreative Köpfe Marc Raschke und sein Team entwickeln für das Klinikum Dortmund ungewöhnliche Kampagnen. Ein Porträt.

Dezember 2019 / Januar 2020

Foto: Selina Pfrüner; Illustration: Rebecca Metz

Inhalt 6/ 2019

3 Editorial 6 Glosse, Kommentar & Feedback 76 Sprecherkarte 77 Impressum


I N H A LT

58 Moralische Grenzgänger Lars Rademacher vom PR-Rat über Verstöße der Branche gegen ihre eigenen Verhaltensregeln.

60 Mächtig oder machtlos? Wie die Kommunikationsabteilung im Unternehmen eingegliedert sein sollte. Vier Beispiele.

64 Influencer-Marketing Rezension von Alina Ludwigs Buch „Influence!“.

65 Noch zwei Bücher Alessandro Baricco analysiert in „The Game“ die Topographie der digitalen Welt. Christof Ehrhart widmet sich dem „Erfolgsfaktor PR“. KARRIERE

66 Neuer Job Warum Boris Radke wieder in die Kommunikationsbranche zurückkehrt.

72 Was mit Medien ...

Nina Höhler und Daniela Weltz beschreiben, weshalb sie sich für Jobs in der Kommunikation entschieden haben.

AGENTUREN

74 Ilan Schäfer Der neue Deutschland-CEO will mit Weber Shandwick mehr kreative Ausrufungszeichen setzen.

86 Die besseren Influencer Mit Petfluencern können Marken positive Emotionen erzeugen.

54

Klinikum Dortmund: Die Kommunikationsabteilung um Marc Raschke begeistert mit ungewöhnlichen Kampagnen.

48

Von null auf hundert: Sprecherin Nele Brebeck über die Pressearbeit von Fridays for Future und die Ziele der Aktivistengruppe.

68 Alltagssexismus

Fotos: Annika Haarhaus; Jana Legler

Die Journalistin Julia Korbik über frauenfeindliche Sprüche und anzügliche Blicke.

78 Verband Gehälter im öffentlichen Dienst, BdP-Awards, Rückblicke der Fachund Landes­gruppen, Neumitglieder. www.pressesprecher.com

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Illustration: Rebecca Metz


TITEL KRISE

Gut vorbereitet in die Krise Unternehmen und Behörden simulieren regelmäßig mögliche Krisenszenarien. Glaubwürdigkeit gegenüber der Öffentlichkeit sollten sie allerdings bereits im Tagesgeschäft aufbauen.

Foto: Bernd Lammel/BKW

Von MIRJAM STEGHERR

„Misere“, „Sackgasse“ und „Schlamassel“ schlägt der Duden als Synonyme für „Krise“ vor. Der Schriftsteller Max Frisch sah das anders: Eine Krise sei „ein produktiver Zustand“, schrieb er. „Man muss ihr nur den Beigeschmack der Katastrophe nehmen.“ Dafür gibt es in der Kommunikation Hilfsmittel: Krisenleitfäden zum Beispiel, die Schritte und Verantwortlichkeiten definieren. Oder Krisenübungen, die ein Katastrophenszenario simulieren, um Abläufe zu trainieren. Das kostet zwar Zeit und Geld, lohnt sich für viele Institutionen aber weit über die Krise hinaus. Für öffentliche Einrichtungen und Behörden sind Krisenübungen unerlässlich. Kommunen, Feuerwehr, Polizei, Ämter und Ministerien proben die Zusammenarbeit bei Umweltkatastrophen, Cyberangriffen oder Pandemien. Versorger oder sicherheitsrelevante Unternehmen sind meist ebenfalls beteiligt. Kommunikation ist stets ein wichtiger Teil, entweder um intern zu informieren, die Bevölkerung zu warnen oder die Information von Medien und Öffentlichkeit über Social Media sicherzustellen. Seit 2004 trainiert das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe seine Abläufe im Rahmen von „LÜKEX“, einer ressort- und länderübergreifenden Übung für strategisches Krisenmanagement. Seit 2005 gibt es eine eigene Einheit für Kommunikation: das „Nationale Medienzentrum“. www.pressesprecher.com

Fiktive Nachrichtensendung mit echtem Sprecher: Thorsten Schröder von der „Tagesschau“ im LÜKEX-Einsatz.

„Echte Journalistinnen und Journalisten“ simulieren eine „echte Medienwelt“, mit Zeitungsberichten, einem Facebook-Pendant („lükbook“) und „LÜKEX TV“, einer fiktiven „Tagesschau“. Bei derartigen Übungen soll sich alles real anfühlen – auch der Stress. Das ist das Einmaleins der Krisensimulation. Von einem „hilfreichen Schock“ spricht ein Anbieter im Netz: Vielen würde erst durch 23


KRISE


Illustration: Rebecca Metz


TITEL KRISE

Gestalter oder Ausputzer? Krisen sind Sternstunden für Kommunikationsabteilungen: Sie können zeigen, was sie draufhaben. Manche Krise ließe sich allerdings vermeiden, wenn Kommunikatoren mehr Einfluss auf die Unternehmensstrategie hätten.

In der Krisenkommunikation sollte man zwischen zwei Perspektiven unterscheiden: zwischen der Sicht einer Organisation als Ganzes und der einer Kommunikationsabteilung. Für die Organisation ist eine Krise meist mit einem realen oder zumindest potenziellen Schaden verbunden. Geld geht verloren, der Aktienkurs stürzt ab, Mitarbeiter kündigen, Image und Vertrauen bei Stakeholdern, Kunden und in der breiten Öffentlichkeit sinken. Für die PR-Abteilung bedeuten Krisen vor allem viel Arbeit und Druck. Krisen sind auch eine spannende Zeit: Die Zahl der Medienanfragen erhöht sich. Die Arbeit der Kommunikatoren wird sichtbarer. Deren Meinung ist intern sehr gefragt. Plötzlich rückt die Kommunikation in den Mittelpunkt des Handels 26

der gesamten Organisation. Krisen sind eine Chance für die PR-Experten eines Unternehmens zu zeigen, was sie können. Zur Krisenkommunikation und -prävention gehört es, sich auf mögliche Szenarien vorzubereiten. Airlines haben Pläne für Flugzeugabstürze in der Schublade. Banken sind für Hackerangriffe und Datendiebstahl sowie Energiekonzerne für Kraftwerksausfälle kommunikativ gerüstet. Die Höhe des Schadens hängt entscheidend davon ab, wie sich ein Unternehmen oder eine Organisation in der Krise verhält. Gelingt es, Empathie zu zeigen? Agiert die Führung transparent? Werden Stakeholder und Öffentlichkeit umfassend informiert? Oder entsteht der Eindruck, dass etwas vertuscht werden soll? Dezember 2019 / Januar 2020

Illustration: Rebecca Metz

Von VOLKER THOMS


TITEL KRISE

Kommunikationsgetriebene Unternehmen In der Krise sind Kommunikatoren Ausputzer und Schadensbegrenzer. Ihre Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass ein Reputationsschaden aufgrund negativer Medienberichterstattung möglichst gering ausfällt. Die Ursache einer Krise kann die PR-Abteilung selten beheben, außer sie hat sie selbst verschuldet. Die Frage ist, ob sich mehr Krisen vermeiden ließen, wenn Kommunikatoren früher in Unternehmensstrategie und Produktentwicklung einbezogen würden. Hätte man Kommunikatoren gefragt, ob es eine gute Idee ist, als Bank Finanzprodukte zu entwickeln, mit denen sich auf illegalem Weg Steuern vermeiden lassen, hätte wohl kaum einer mit „Ja“ geantwortet. Bei Dieselgate wäre es nicht anders gewesen: Im großen Stil Abgaswerte manipulieren? Das kommunikative Desaster war vorprogrammiert. Unternehmen müssen zu kommunikationsgetriebenen Gesellschaften werden. Kommunikatoren selbst zu Gestaltern, die das Handeln ihrer Arbeitgeber beeinflussen können. Welche Wirkung hat ein Produkt auf die öffentliche Wahrnehmung? Könnten uns Produkte in Verruf bringen? Oder eine Krise auslösen? Öffentlichkeitsarbeiter scheinen hier machtlose Zuschauer zu sein. Zwar haben ein Head of Communications oder Pressesprecher meist einen direkten Draht zum CEO, Minister oder Geschäftsführer. Sie sind enge Vertraute und verbringen viel Zeit mit der Leitung. Im Vorstand sitzen Kommunikatoren aber so gut wie nie. Kommunikation wird hier vom Marketing oder von Human Resources repräsentiert und genießt selten höchste Priorität. PR leidet darunter, dass sie nicht immer messbar ist. Der Wert von guter und schlechter Arbeit ist schwer quantifizierbar. Tracking-Tools für die Onund Offline-Welt entwickeln sich zwar stetig weiter. Den finanziellen Wert eines positiven Images abbilden können sie aber weiterhin kaum.

Reputationsrisiken am Anfang erkennen Gute Kommunikatoren haben ein sehr genaues Gefühl dafür, wie das Handeln ihrer Arbeitgeber in Öffentlichkeit und Medien ankommt. Sie wissen auch recht präzise, welche Medien wie berichten werden und welche auf eine Krise anspringen könnten. Sie werden nur zu selten gehört. Ein Vorstand ohne Kommunikation verfolgt ein eindeutiges Interesse. Verkaufserfolg und Geschäftszahlen stehen im Mittelpunkt. Außendarwww.pressesprecher.com

stellung und langfristige Wirkung werden vernachlässigt. Das ist die Kernkompetenz von Kommunikatoren. Haltung ist ein inflationär gebrauchter Begriff. Aber können sich Unternehmen wirklich sicher sein, dass ihre Zielgruppen und vor allem die Jugend ihre Kaufentscheidungen weiterhin hauptsächlich vom Preis abhängig machen? Dass sie sich wenig Gedanken um Nachhaltigkeit und Integrität machen? Sie mit Blick auf das Klima – überspitzt gesagt – zusehen, wie Unternehmen ihre Zukunft verspielen?

Kommunikatoren haben ein sehr gutes Gefühl dafür, wie das Handeln ihrer Arbeitgeber in Öffentlichkeit und Medien ankommt. Die Fridays for Future zeigen, dass es möglich ist, Menschen in großer Zahl für eine Sache zu mobilisieren. Bisher haben Aktivistengruppen ihr Auge selten konsequent und langfristig auf einzelne Unternehmen gerichtet. Boykottaufrufe gibt es immer wieder mal. Sie verlaufen meist im Sand, weil es an prominenten Unterstützern und professioneller Öffentlichkeitsarbeit mangelt. Zwar kommt eine Umfrage von Civey im Auftrag der Agentur JP/Kom 2018 zu dem Ergebnis, dass mehr als 67 Prozent der Befragten schon einmal ein Unternehmen oder dessen Produkte aus politischen Gründen boykottiert hätten. Aber wie lange? Wie konsequent? Zusammenschlüsse von Aktivisten, Influencern, politischen Gruppierungen und Celebrities könnten in Zukunft häufiger auftreten. Aufgrund von Social Media könnten sie enorme Wucht entfalten. Das Rezo-Video hat gezeigt, dass ein einzelner Einfluss auf Wahlergebnisse nehmen kann. Unternehmen sind also gut beraten, sich auf Krisenszenarien wie „Mega-Shitstorms“ und Boykotts vorzubereiten. Die effektivste Krisenprävention wäre, ein Geschäftsgebaren an den Tag zu legen und Produkte anzubieten, die gar nicht erst Anlass für Ablehnung und Hass bieten, sondern die moralisch vertretbar sind. Dafür müssten Unternehmen kommunikative Bedenken frühzeitig berücksichtigen und ihre Produkte gegebenenfalls anpassen – zulasten des Gewinns. Es scheint zweifelhaft, ob Firmen dafür bereit sind. × 27


TITEL KRISE

„Die Unbestechlichen“: Robert Redford und Dustin Hoffman als investigative Watergate-Aufklärer.

Mut zur Nähe Berichten Medien kritisch über Unternehmen, gibt es oft Konflikte. Gerichtliche Auseinandersetzungen sowie ein negatives Image des Unternehmens können die Folge sein. Das muss nicht sein. Über den Umgang mit investigativen Reportern und Boulevardjournalisten.

Oft begegne ich Konzern-Pressesprechern, die mit triumphierendem Lächeln verkünden: „‚Frontal 21‘ & Co.“ geben wir schon lange keine Interviews mehr. Vor der Kamera hast du keine Chance.“ Eine fatale Fehleinschätzung. Zugegeben: Es gibt unzählige CEOs und Sprecher, die in TV-Magazinen gnaden28

los vorgeführt wurden. Etliche haben sich auf naive Weise um Kopf und Kragen geredet. Doch selbst alte Hasen haben die eigene Reputation und das Unternehmensimage massiv beschädigt. Was alle eint: Es fehlten Insiderkenntnisse über Arbeitsweise und Strategien kritisch-investigativer Journalisten. Dezember 2019 / Januar 2020

Foto: United Archives/IFTN / picturealliance

Von TILMAN BILLING


TITEL KRISE

Gesicht zeigen statt Mail-Statements Mit Statements per E-Mail vermeidet man zwar die maximale Blamage und rettet so seinen Job. Man beraubt sich jedoch aller Chancen, auf das Meinungsbild des Publikums einzuwirken. Warum? Es geht immer um ein Opfer, mit dem sich der Zuschauer emotional identifiziert. Das perfekteste schriftliche Wording ist wirkungslos, wenn es einem geprellten Bahnkunden oder einer „ausgebeuteten Mitarbeiterin“ gegenübersteht. Man kann die Meinung und die Emotionen der Zuschauer nur beeinflussen, wenn man sich erstens aufs Spielfeld begibt und zweitens so gut trainiert ist, dass man auf Augenhöhe agiert. Gesicht und Haltung zeigt. So gelingt das Kunststück, investigative Journalisten mit ihren eigenen Waffen zu schlagen. Mit einer Master-Strategie kann man sogar selbst bestimmen, was gesendet wird. Drei mögliche Szenarien: 1. Es gelingt uns, die Glaubwürdigkeit der Vorwürfe gegen uns zu zerstören und damit große Teile oder die überwiegende Mehrheit des Publikums für uns zu gewinnen. 2. Wir wirken als tatkräftiges Unternehmen, das glaubwürdig Defizite beseitigt, oder fungieren als Sympathieträger, der sich positiv von den vielen schwarzen Schafen abhebt. 3. Die Redaktion stellt fest, dass wir als „Bösewicht“ nicht mehr funktionieren, und nimmt stattdessen eine andere Firma ins Fadenkreuz oder verzichtet ganz auf die Ausstrahlung des Beitrags. Einerseits sind investigative Journalisten wichtig für unsere Demokratie, weil sie oft Missstände aufdecken, wie die Flick-Affäre oder den Cum-Ex-Steuerbetrug, und Mächtigen den Spiegel vorhalten. Anderseits gibt es viele Reporter, im TV wie bei Print, immer mehr auch in regionalen Medien, die die journalistische Sorgfaltspflicht missachten. Das gilt ebenso für bestimmte Boulevardjournalisten. Da stehen These und Drehbuch, ungeachtet der weiteren Recherche, von vornherein oft fest. Man konzentriert sich auf einen kleinen Ausschnitt der Realität, sucht ausschließlich Studien und „Experten“, die die eigene These untermauern. Gleichzeitig blendet man alles aus, was dagegenspricht oder das Gegenteil belegt. Das sorgt für Dramatisierung und große Emotionen. www.pressesprecher.com

Es entstehen eine verzerrte Wahrnehmung und eine tendenziöse Berichterstattung. Es gibt immer drei Hauptrollen: das Opfer, den Experten – oft als Ankläger und Richter in einer Person – und den Bösewicht. Dazu kommt gelegentlich ein „Robin Hood“ – diese Rolle wird häufig von Reporter und Redaktion selbst besetzt. Der treibende Faktor ist vielfach Druck oder Gier nach Quote und Auflage.

Emotionen zeigen hilft Folgende elf „goldene Regeln“ sind entscheidend beim Umgang mit investigativen Reportern und Boulevardjournalisten: 1. Wer steht auf der anderen Seite und für welche Redaktion arbeitet der Kollege? Viel im Netz lesen, hören und anschauen, um ein differenziertes Bild zu erhalten, ob dieser Journalist kritisch, aber fair oder tendenziös berichtet. 2. Welche Rolle sollen Sie spielen? In Frage kommen für Sie nur zwei: Experte oder Bösewicht. Als Experte können Sie einfach Ihre Key Messages platzieren. Wenn Sie dagegen am Pranger stehen, gibt es drei Optionen: 1. Sie werden gegrillt, 2. Sie nehmen sich selbst aus dem Spiel und verlieren freiwillig oder 3. Sie können so exzellent kommunizieren, dass Sie den Spieß umdrehen und das öffentliche Meinungsbild dominieren.

Gesicht und Haltung zeigen. So gelingt das Kunststück, investigative Journalisten mit ihren eigenen Waffen zu schlagen. 3. Spielen Sie mit und bestimmen Sie die Spielregeln Bei Interviews gilt: Legen Sie Form, Ort und Dauer fest! Lassen Sie sich nicht unnötig unter Zeitdruck setzen! Beachten Sie Ihre unterschiedlichen Rechte gegenüber Print-, TV- und Radiojournalisten. Wenn Sie bestimmte Tricks anwenden, können Sie bei schriftlichen Antworten bis zu einem hohen Maße selbst bestimmen, was gedruckt wird; bei TV-Inter29


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hhaltigen Mehr zum nac der KfW: Engagement es/plastik kfw.de/stori

Weiterdenker bekämpfen künstliche Feinde: Tüten, Becher, Folien. Die KfW fördert nachhaltige Projekte zur Reduzierung von Plastikmüll. Durch die Finanzierung von Meeresschutzzonen und innovativem Abfallmanagement leistet die KfW einen wichtigen Beitrag gegen die Verschmutzung der Meere. Schließlich bieten sie Nahrung für zwei Milliarden Menschen und sind von elementarer Bedeutung für unser Klima und die Artenvielfalt. Plastik gefährdet dieses sensible Ökosystem – und damit uns alle. Als nachhaltige und moderne Förderbank unterstützt die KfW Weiterdenker, die zukun sweisende Lösungen zur Abfallvermeidung, -verwertung und -entsorgung in die Tat umsetzen. Weitere Informationen unter kfw.de/stories/plastik


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